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Kolloquium Bauen in Boden und Fels
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2024
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Helgoland – Erkundungsarbeiten unter Hochseebedingungen

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Holger Jud
Klaus Warber
Die bestehenden Molen auf Helgoland sollen in den nächsten Jahren saniert und auf erhöhte Meereswasserspiegel angepasst werden. Hierzu war über eine Molenlänge von insgesamt rund 1.250 m der Baugrund und das Molenbauwerk selbst zu erkunden. Neben den logistischen Herausforderungen aus der Insellage, den Einschränkungen durch Kampfmittel, den wetterbedingten Randbedingungen waren aus der Aufgabenstellung sowohl die Mole als auch den Baugrund zu erkunden auch besondere Anforderungen an die Bohrtechnik gestellt. Im Beitrag werden die Erkundungsaufgabe, die eingesetzte Bohrtechnik, Besonderheiten bei der Ausführung sowie die Ergebnisse der Erkundung vorgestellt.
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14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 223 Helgoland - Erkundungsarbeiten unter Hochseebedingungen Dipl.-Ing. (FH) Holger Jud Smoltczyk & Partner GmbH, Stuttgart Dipl.-Geol. Klaus Warber BTR Bohrtechnik Roßwag GmbH & Co.KG, Vaihingen/ Enz - Horrheim Zusammenfassung Die bestehenden Molen auf Helgoland sollen in den nächsten Jahren saniert und auf erhöhte Meereswasserspiegel angepasst werden. Hierzu war über eine Molenlänge von insgesamt rund 1.250 m der Baugrund und das Molenbauwerk selbst zu erkunden. Neben den logistischen Herausforderungen aus der Insellage, den Einschränkungen durch Kampfmittel, den wetterbedingten Randbedingungen waren aus der Aufgabenstellung sowohl die Mole als auch den Baugrund zu erkunden auch besondere Anforderungen an die Bohrtechnik gestellt. Im Beitrag werden die Erkundungsaufgabe, die eingesetzte Bohrtechnik, Besonderheiten bei der Ausführung sowie die Ergebnisse der Erkundung vorgestellt. 1. Einführung Helgoland ist die einzige Hochseeinsel Deutschlands und liegt rund 50 km von den deutschen Küsten entfernt in der Nordsee. Der überwiegende Teil der Hafenanlage Helgolands im Westen der Insel mit seine langen Molen wurde zumeist zwischen 1903 und 1927 erbaut, als König Wilhelm II die Insel zu einen Marinestützpunkt ausbaute. Nach dem 1.-Weltkrieg musste ein Großteil der Hafeneinfassung erneuert werden und haben seither etwa den heutigen Grundriss (Abbildung 1). Abb. 1: Veränderungen von Helgoland (Hauptinsel) seit 1890 (KRUMBEIN, 1975) Sturmfluten, Vereinbarungen im Rahmen des Versaillers Vertrags und insbesondere der „Big Bang“ im Jahr 1947, sowie weitere Kriegsbombardements im 2.- Weltkrieg fügten der Hafeneinfassung massive Schäden zu und führten auch zu Auflockerungen im anstehenden Fels. Aktuell zeigen die Molenbauwerk daher Schäden in der Bauwerkssubstanz aber auch in Form von Setzungen, Setzungsdifferenzen auf. Standsicherheitsprobleme können daher nicht ausgeschlossen werden. Vor diesem Hintergrund wurden Erkundungsarbeiten als Grundlage für die zu planenden Bauwerks-sanierungen ausgeschrieben. Dabei sollten neben den Bauwerken selbst, mögliche Hohllagen und Ausspülungen unterhalb der Fundamente und der zur Tiefe anstehende Fels aufgeschlossen werden. Bei der Planung der Erkundungsarbeiten war außerdem zu berücksichtigen, dass der anstehende Fels nicht ausschließlich als Sandstein, sondern in Teilbereichen auch Dolinen, Erdfälle, quartäre Verfüllungen und Wechsellagerungen aus Gipssteinen, Sand- und Tonsteinen sowie deren Verwitterungsprodukten zu erwarten waren. Insgesamt wurden 84 Erkundungsbohrungen mit rund 1.250 Bohrmeter mit zwei besonders ausgestatteten Bohrgeräten und einer Bohrdatenerfassung abgeteuft. 2. Geologie Der heute über die Nordsee aufragende sichtbare Teil Helgolands baut sich aus den überwiegend roten Sandsteinen des sogenannten Buntsandsteins auf und lässt damit ein wesentlich höheres Alter als die anderen friesischen Inseln erkennen. Die einzige Felseninsel der Deutschen Bucht verdankt ihre Entstehung den im tieferen Untergrund anstehenden Salz- und Gipsmassen, die vor rund 250 Millionen Jahren im sog. Zechsteinmeer, einem flachen Epikontinentalmeer der Permzeit, durch Verdunstung entstanden sind. Die Salzmassen reagierten unter der Auflast der darüber abgelagerten jüngeren Sedimente des Mesozoikums plastisch. Aufgrund der geringeren Dichte des Salzes zum überlagernden Gestein kam es in vielen Regionen Nordwestdeutschlands, vor allem entlang von Störungen und Schwächezonen, zum Aufstieg des Salzes und zur Bildung von Salzhorsten, Salzstöcken und Diapiren, die die Deckschichten aufbeulten, deformierten und z. T. auch durchstießen und randlich steil aufstellten. 224 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Helgoland - Erkundungsarbeiten unter Hochseebedingungen Abb. 2: Molenkonstruktion im Sanierungsbereich nach Sturmschäden 1954 Die Insel Helgoland liegt im Zentrum einer solchen elliptischen, in Längsachse Nordwest nach Südost orientierten Gesteinsaufwölbung, die durch den Salzaufstieg im Gewölbekern tektonisch herausgebildet wurde. Dadurch wurden die normalerweise in rund 3.000 m Tiefe liegenden Gesteine des Buntsandsteins bis an die Meeresoberfläche aufgewölbt und schräggestellt. Mit der als Felsmasse heute allein über die Wasserlinie aufragenden Platte des Mittleren Buntsandsteins wurden zugleich die darunterliegenden Schichtfolgen des Unteren und die nach Nordosten zu überlagernden Sedimente des Oberen Buntsandsteins (Röt) sowie die im Hangenden folgenden Ablagerungen des Muschelkalks und der Kreideschichten emporgehoben. Die Mitte der Aufwölbung mit Helgoland ist dadurch von dem Klippengürtel der Muschelkalk- und der Kreide-Formationen umgeben, die im Wesentlichen aus Kalksteinfolgen bestehen und auch den Untergrund der heute nahezu vollständig durch Dammbauten be-festigten Flugsandinsel „Düne“, östlich von Helgoland, bilden. Im 18. Jahrhundert hat eine Sturmflut Helgoland und die „Düne“ voneinander getrennt. Das unterste Schichtglied des Mittleren Buntsandsteins, die Volpriehausen-Folge, bildet im Wesentlichen den standfesten Sockel des Buntsandsteins der Insel Helgoland. Wegen des nordöstlichen Einfallens der Schichten treten ihre Tonmergel- und Sandsteinfolgen hauptsächlich an der Südwestküste und im Norden zu Tage und bilden hier auch das Felswatt. Die darüber liegenden Schichten der Detfurth-, Hardegen und Solling-Folge sind auf dem Inselplateau weitgehend überdeckt und kommen vornehmlich nur an den Küsten-streifen im Westen und Osten zum Vorschein. Das jüngste Schichtglied des Buntsandsteins, der Obere Buntsandstein (Röt) ist ebenso wenig wie der Untere Buntsandstein oberirdisch aufgeschlossen. Seine weichen Ton-, Gips-, und Salzgesteine streichen in der Meeresstraße zwischen dem Mittleren Buntsandstein Helgolands und dem Muschelkalk der Düneninsel aus. Neben der etwa Nordwest-Südost streichenden großen Helgoländer Störung, südwestlich von Helgoland, die die Beulenstruktur in zwei Hälften teilt und um rund 1.000-m gegeneinander versetzt, wurden weitere kleinere Verwerfungen auch im Bereich der Insel nach-gewiesen. Insgesamt wird der tektonische Bau der Insel von kleintektonischen Strukturen (Gräben, Horsten und Verwerfungen mit geringen Versätzen) sowie Kluftsystemen bestimmt, die im Wesentlichen durch die dehnende Gesteinsbeanspruchung im Zuge der Aufwölbung entstanden sind. 3. Erkundung 3.1 Erkundungsziel Die Molenbauwerke haben eine Höhe von rund 10 m, eine Breite von etwa 8 m und sind als Schwergewichtsbauwerke ausgebildet. Teilweise sind es mit grobkörnigen Materialen verfüllte Schwimmkästen mit einer Abdeckelung, teils unterschiedlich ausgebildete Schwergewichtswände aus Betonfertigteilen. Auf Grund der historisch bedingten Beschädigungen liegen die unterschiedlichsten Mauerquerschnitte vor, in einem Teilbereich wurden Sturmschäden mit einem verfüllten und seitlich gestützten Holzsenkkasten mit Abdeckelung saniert (Abbildung 2). 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 225 Helgoland - Erkundungsarbeiten unter Hochseebedingungen Auf Grund der teilweise sichtbaren Setzungen des Molenbauwerks, den stark wechselnden Mauer-konstruktionen und den zu erwartenden wechselnden Baugrundverhältnissen wurde ein enges Erkundungs-raster mit den folgenden Erkundungszielen aufgesetzt: • Zusammensetzung der Schwimmkasten-verfüllungen; • Feststellungen zur Aufstandsebene der Schwer-gewichtsmauern, insbesondere zu möglichen Ausspülungen oder Schwächezonen durch Auslaugung von Gipsgesteinen oder Dolinen-verfüllungen; • Baugrund- und Felserkundung bis zur Einflusstiefe des Bauwerks. •Hierzu wurden insgesamt 84 Bohrungen abgeteuft. Die Bohrtiefen betrugen zwischen rund 15-m im Bereich gut tragfähigem Fels und bis 50-m im Bereich von Auslaugungsbereichen und vollständig zu Schluff und Ton verwitterten Felsschichten. 3.2 Erkundungsbohrungen und -technik Aus vorangegangenen Erkundungskamapagnen war bekannt, dass insbesondere in den Schwimm-kastenverfüllungen neben den zu erwartenden Steinen und Blöcken auch mit anderen Bohrhindernissen, z. B. Holz und Stahl zu rechnen war. Steine und Blöcke weisen zudem hohe Druckfestigkeiten auf, da Teile der Hafenbauwerke aus Granit gefertigt sind. Üblicherweise geht das Räumen von Bohrhindernissen auch mit Kernverlust einher, was jedoch im Gegensatz zu den Erkundungszielen, insbesondere dem Erkunden der Schwimmkastenverfüllung und dem zuverlässigen Bewerten des Übergangs vom Bauwerk zum Fels, steht. Die Bewertung der Schwimmkastenverfüllung und der Fundamentaufstandsfläche erfordert einen möglichts vollständigen Kerngewinn. Abb. 3: Bohrkopf mit Sonic-Einheit und Bohrantrieb für Seilkernbohrung (Quelle: Eijkelkamp) Deshalb wurden spezielle Bohrgeräte, die mit einem Wechselkopf für Sonic-Bohrungen und Seilkernbohrungen ausgestattet waren (Abbildung 3) eingesetzt. Für beide Bohrverfahren waren an den Geräten Sensoren verbaut die es ermöglichten, die maßgeblichen Daten des Bohrvorgangs kontinuierlich aufzuzeichnen, zu erfassen und bereits beim Bohrvorgang grafisch am Display des Steuerstandes zu überwachen. Beim Sonic-Bohren werden im Unterschied zur Seilkernbohrung zusätzlich zur Rotation und dem Anpressdruck hochfrequente (50 bis 150 Hz) vertikale Schwingungen über das Bohrgestänge in den Bohrkopf eingeleitet. Mit der so eingebrachten Energie können ohne oder unter Zugabe von Wasser nahezu vollständige Kerngewinne erzielt werden, unabhängig von den Baugrundeigenschaften. Die Sonic-Bohrung wird wegen des hohen Kerngewinns häufig in Erkundungen des Bergbaus eingesetzt und ist zwischenzeitlich in den meisten Ländern in normative Vorgaben für Erkundung (z. B. USA (ASTM), UK (BS) und Deutschland (DIN)) mit aufgenommen. Mittels Sonic-Bohrung war daher eine nahezu vollständige Kerngewinnung und damit die Erkundung der Schwimmkastenverfüllungen auch beim Antreffen von Bohrhindernissen zu erwarten. Zudem war geplant auch den Übergang vom Bauwerk zum anstehenden Baugrund mittels Sonic-Bohrung zu erkunden, da bei anderen Bohrverfahren besonders im Übergang von Beton zu anstehenden Böden meist hohe Kernverluste auftreten. Als nicht geeignet und nicht vorgesehen waren Sonic- Bohrungen im Fels bzw. in den Betonbauteilen. Grund hierfür ist die Veränderung des Gesteins, insbesondere mit zunehmenden Bohrwiderstand, da einerseits durch die eingetragene Energie eine deutliche Reduzierung des Wassergehalts im Fels gegeben ist, und andererseits eine Entfestigung durch die vertikalen Schwingungen des Bohrkopfes im Sedimentgestein nicht zu vermeiden ist. Alle Kernbohrungen im anstehenden Fels wurden daher im Seilkernverfahren ausgeführt und die Felsproben im Liner gewonnen. Die eingesetzten Bohrgeräte ermöglichten zu jeder Zeit der Bohrung einen Wechsel zwischen den Bohrverfahren, so dass abhängig von den zu durchteufenden Bereichen oder eventuell festgestellten Gegebenheiten bei der Bohrung vor Ort durch den Bohrmeister reagiert werden konnte. Sofern Wasser zugegeben muss, kann bei der Kernentnahme ein doppelwandiges Rohr eingesetzt werden, so dass der Bohrkern von der Wasserzugabe nur wenig beeinflusst wird und Ausspülungen von Bohrgut weitgehend reduziert werden (Abb. 4). 226 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Helgoland - Erkundungsarbeiten unter Hochseebedingungen Abb. 4: Bohrkrone bei Einsatz eines doppelwandigen Rohres mit außenliegenden Öffnungen für Wasserzugabe (Quelle: Eijkelkamp) 3.3 Datenaufzeichnung In allen Bohrungen wurden maßgebliche Bohrparameter kontinuierlich während des Bohrfortschrittes aufgezeichnet. Mit den aufgezeichneten Daten sollten insbesondere Zusatzinformationen zu nicht vollständig zu vermeidenden Kernverlusten im Sandstein mit geringer Bindung und am Übergang von Bauwerk zum Baugrund gesammelt werden. Die Aufzeichnungen sind am Steuerstand des Bohrgerätes jederzeit einsehbar (Abb. 5) und sind zusätzliche Indikatoren zum Einsatz des geeigneten Bohrverfahrens: Sonic- Bohrung oder Seilkernbohrung. Abb. 5: Bohrgerät mit Doppelbohrkopf und Steuerstand mit Display für Bohrparameter 4. Logistik und Kampfmittel Auf Grund der exponierten Lage der Molen können Erkundungsarbeiten nur zwischen Juni und September ausgeführt werden. Schweres Gerät kann nur mittels Landungsbooten und damit nur bei leichtem Seegang antransportiert werden, da im Hafen keine Möglichkeit einer Entladung von mehr als 7 Tonnen besteht. Abb. 6: Landungsboot mit Bohrequipment Während der Bohrarbeiten sind die Baugeräte und Material so auszulegen, dass die Bohrstellen bei Sturmwarnung innerhalb von 24 Stunden vollständig geräumt und täglich bei Arbeitsschluss sturmsicher vertäut werden können. Auf Grund des Umfangs der Arbeiten wurden 2-Bohrgeräte eingesetzt. Das vorgesehene Sonic-Bohrverfahren erleichterte die terminliche Planung, da nicht davon auszugehen war, dass auf Grund von Bohrhindernissen unkalkulierbare Ausführungszeiten gegeben waren. Um umfangreiche Bohrkerntransporte zu vermeiden, erfolgte die Kernaufnahme sowie die an Felsproben auszuführenden, klassifizierenden Punktlastversuche vor Ort in dem eigens hierfür aufgebautem Kernlager und einem zur Aufnahme der Bohrung vorbereiteten Seecontainer. Durch das gewählte Vorgehen konnte Bohrkerntransporte weitgehend reduziert werden. Dort wo auf Grund von Kampfmittelverdacht im Molenbauwerke das Bauwerk nicht durchbohrt werden durfte, konnte der Bohrpunkt am Fuß der Mole freigemessen werden. Dafür kamen ein Seilbagger und Taucher zum Einsatz. Für die Erkundungsbohrung wurde ein zusätzliches Konsolarbeitsgerüst als Arbeitsebene vor dem Bohrgerät installiert (Abb. 7). Dieses wurde für jede Bohrung auf- und wieder abgebaut. Die Nutzung des Anliegers erforderte die Ausführung je Bohrpunkt zwischen 17: 00 und 7: 00. Tagsüber durfte wegen anlegenden Schiffen keine Arbeitswerkzeug am Bohrpunkt verbleiben und es musste eine vollständige Räumung des Arbeitsbereiches erfolgen. 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 227 Helgoland - Erkundungsarbeiten unter Hochseebedingungen Abb. 7: Bohrgerät und Arbeitsgerüst 5. Erkundungsergebnisse und Geologisches Modell 5.1 Kerngewinn Die Bohrungen konnten wie geplant ausgeführt werden. Der Kerngewinn in den Schwimmkastenverfüllungen war nahezu 100 %, obwohl mehr Hindernisse als erwartet durchbohrt werden musste. Beispielhaft ist das Foto eines Bohrkerns in Abbildung-8 dargestellt. Es zeigt den Bohrkern von Bauwerksbeton von (4-m bis 4.75-m), die Bauwerksverfüllung bis 11 m Tiefe, den Fundamentbeton (bis 12.5-m) und den Fels im Übergang zum Fundament. Massive Stahlteile an der Basis der Verfüllung beeinflussen dabei den Kerngewinn nicht. Zusammen mit den aufgezeichneten Bohrparameters konnte sicher festgestellt werden, dass zwischen dem Bauwerksbeton bei -4,75 m und der Verfüllung ein Hohlraum von rund 15 cm vorhanden sein muss und nicht im Spülverlust begründet liegt. 5.2 Geotechnisches Model Mit den ausgeführten Erkundungsbohrungen konnte das Bauwerk einschließlich seiner Verfüllungen gut beschrieben werden und aussagekräftige Kerne für weitere Untersuchungen an Bauwerksproben entnommen werden. Abb. 8: . Bohrkern der Bohrung BKF -W-12/ 2021; 4 m bis 15 m Auch der Übergang vom Fundamentbeton zum anstehenden Baugrund konnte mit Blick auf mögliche Fragestellungen zur Standsicherheit eindeutig beschrieben werden. Mittels der Auswertung der Datenschreiber konnten zusammen mit den gewonnen Bohrkernen detaillierte Angaben zu Hohllagen der Molenabdeckungen zu den Verfüllungen gemacht werden. Zudem haben wir auf Basis der Bohrdaten auch mögliche Schwachstellen im Fundamentbeton aufgezeigt. Auf Grund der hohen Qualität der Bohrkerne, und mit Unterstützung der Datenaufzeichnungen zum Bohrvorgang konnten kurzfristig erste Angaben zu möglichen Standsicherheitsrisikien der Molen aus geotechnischen Gesichtspunkten gemacht werden. Ausspülungen unter dem Fundamentbeton konnten bei allen Bohrungen sicher ausgeschlossen werden. Ebenfalls waren an den Wandabschnitten mit sichtbaren Setzungen keine setzungsgefährdeten Schichten oder Hohlräume auffällig geworden. Dagegen zeigten die Bohrergebnisse der Molen Mängel im Bauwerk selbst auf, die auch die Setzungen und Verschiebungen des Bestandes erklären lassen. Mit den Bohrergebnissen lassen sich damit weitergehende Bauwerksuntersuchungen sicher planen. 228 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Helgoland - Erkundungsarbeiten unter Hochseebedingungen In Abbildung- 9 ist eine Teilmodel aus den Unter-suchungsergebnissen an der Ostmole dargestellt. Sowohl die Stratigrafie, die Qualität der erbohrten Böden und Felsschichten konnten trotz stark wechselnder Verhältnissen sicher beschrieben und in den Gesamtkontext der Geologischen Gegebenheiten gebracht werden. Quartäre Ablagerungen in einer Dolinenstrukktur aus Gipsauslaugung, Verwitterungs-produkte von Halbfestgesteinen und Gipsaus-laugungsreste konnten sicher mit dem Sonic-Verfahren aufgeschlossen werden. In Gips- und Schlufftonsteinen kam das Seilkernverfahren zum Einsatz. Abb. 9: . Geologisches Teilmodel der Ostmole Darüber hinaus wurden auch Bohrlochramm-sondierungen und die Entnahme von Sonderproben ausgeführt, wo das Sonic-Bohrverfahren zur Anwendung kam. Damit war es möglich auch die stark verwitterten Halbfestgesteine zu klassifizieren sowie geotechnischen Rechenparameter insbesondere die Steifigkeit festzulegen. In vergleichbaren Böden kommen üblicherweise rammende Verfahren zum Einsatz. 6. Zusammenfassung Das Erkundungsprogramm mit insgesamt 84 Bohrungen und rund 1.250 Bohrmeter konnte trotz schwieriger Randbedingungen und komplexen Aufgabenstellungen erfolgreich im zur Verfügung stehenden Zeitfenster erfolgreich abgeschlossen werden. Der flexible Wechsel zwischen dem Sonic-Bohrverfahren und Seilkern-verfahren ermöglichte ein dem Erkundungsziel angepasstes Vorgehen, so dass im Ergebnis gerade bei den für weitere Bewertungen wichtigen Angaben zur Bauwerksverfüllungen eine Kerngewinn von nahezu 100 % erreicht werden konnte. Trotz teils massiver Bohrhindernisse, zumeist Stahl und Holz aber auch Blöcke innerhalb locker gelagerter grobkörniger Auffüllungen beeinträchtigten die Bohrergebnisse nicht nachhaltig. Auch die unterschiedlichsten Qualitäten des unter dem Fundamentbeton anstehenden Baugrundes konnte sicher bestimmt und die erforderlichen geotechnischen Berechnungsparameter festgelegt werden. Kernverluste konnte mittels den Datenaufzeichnungen zum Bohrvorgang jederzeit bewertet werden. Häufig schwer zu beurteilenden Übergängen von Bauwerk zum anstehenden Boden konnten mit dem gewählten Verfahren so aufgeschlossen werden, dass deren Bewertung sicher möglich war. 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 229 Helgoland - Erkundungsarbeiten unter Hochseebedingungen Literatur [1] Bednarczyk, K., Heeling, A., Schaller, D., & Vierfuss, U. (2008). Coastal Protection at the North and Baltic Sea: Helgoland Island. Die Küste 74, pp. 143-157. [2] Krumbein, W. E.: Verwitterung, Abtragung und Küstenschutz auf der Insel Helgoland. Abhandlungen und Verhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins in Hamburg, Bd. 18/ 19, 1975. [3] Orberger, B. (2018). Increasing Resources efficiency through sonic drilling. SEG Newsletter No. 114, 1-12. [4] Wüster, O., & Ullrich, N. (2003). Hafenbau auf Helgoland (Studienarbeit). Hamburg: Technische Universität Hamburg Harburg (TUHH).