Kolloquium Bauen in Boden und Fels
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2510-7755
expert verlag Tübingen
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2024
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Baugrube in Beckenton
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Igor Arsic
Der Neubau von zwei flachgegründeten Mehrfamilienhäusern mit Tiefgarage ist an der Brandenburger Straße in Konstanz geplant. Die Baugrube zeichnet sich durch mehrstöckige, flachgegründete Bestandsbebauung in unmittelbarer Nähe aus. Wegen der anstehenden weichen Beckentonschicht wurde die Baugrube mit Einbau einer bewehrten Unterbetonsohle in Streifen geplant. Im vorliegenden Beitrag werden die Baugrund- und Grundwasserverhältnisse, sowie der Bauablauf vorgestellt. Anschließend wird auf die geplanten Baugrubenumschließung und die Planung des Aushubs und der bewehrten Unterbetonsohle eingegangen. Die Verwendung von FE-Berechnungen nicht nur zur Prognose von Verformungen, sondern auch für das Führen von geotechnischen Nachweisen wird vorgestellt.
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14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 323 1. Angaben zum Bauvorhaben Auf einer Freifläche in Konstanz, entsteht der Neubau von zwei Mehrfamilienhäusern. Er besteht aus zwei Geschossbauten mit Erdgeschoss und fünf Obergeschossen auf einem durchgehenden Untergeschoss mit Kellerräumen und Tiefgarage. Die Lastabtragung der Gebäudelasten in den Baugrund erfolgt über eine elastisch gebettete Bodenplatte. Das Neubauvorhaben grenzt im Norden, Süden und Westen unmittelbar an Bestandsbebauung an, siehe Lage in Abb. 2. Die 8bzw. 9-stöckige Bestandsbebauung im Süden und Westen wurde in den 60er Jahren in Leichtbauweise errichtet. Die Kellergeschosse des Bestandes wurden als Gründungskeller in Ortbetonbauweise erstellt. Die Gründungsplatte wurde mit einem Plattenüberstand von 1,65m gegenüber dem aufgehenden Gebäude dimensioniert. Den Auftrag für die Tief bauarbeiten und den Rohbau erhielt die Ed. Züblin AG - Bereich Bodensee. Das technische Büro Tief bau der Zentralen Technik der Ed. Züblin AG hatte den Auftrag für die Ausführungsplanung der Baugrube bekommen. Baugrube in Beckenton Dr.-Ing. Igor Arsic Ed. Züblin AG, Zentrale Technik, Technisches Büro Tiefbau, Stuttgart Zusammenfassung Der Neubau von zwei flachgegründeten Mehrfamilienhäusern mit Tiefgarage ist an der Brandenburger Straße in Konstanz geplant. Die Baugrube zeichnet sich durch mehrstöckige, flachgegründete Bestandsbebauung in unmittelbarer Nähe aus. Wegen der anstehenden weichen Beckentonschicht wurde die Baugrube mit Einbau einer bewehrten Unterbetonsohle in Streifen geplant. Im vorliegenden Beitrag werden die Baugrund- und Grundwasserverhältnisse, sowie der Bauablauf vorgestellt. Anschließend wird auf die geplanten Baugrubenumschließung und die Planung des Aushubs und der bewehrten Unterbetonsohle eingegangen. Die Verwendung von FE-Berechnungen nicht nur zur Prognose von Verformungen, sondern auch für das Führen von geotechnischen Nachweisen wird vorgestellt. Abb. 1: Schnitt durch geplanten Neubau [1] Abb. 2: Lage Bauvorhaben 2. Baugrund Die Geländehöhen liegen zwischen +400,8 mNHN und steigen westlich des Parkplatzes auf +402,5 mNHN an. Das Baugelände liegt in einem Bereich wo Schichten der Grundmoräne und Beckenton aneinandergrenzen. Der Beckenton wird von Ablagerungen des Bodensees über- 324 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Baugrube in Beckenton lagert und von Schichten der Grundmoräne unterlagert. Die Grundmoräne ist in der Regel als Geschiebemergel ausgebildet und besteht aus einem fest gelagerten Gemenge aus Ton und Sand mit Geröllen (Kies) und Geschieben (Steine und Blöcke). Folgende Hauptschichten wurden von oben nach unten erkundet: • Oberboden und Auffüllungen • Schwemmschicht (lokal) • Beckenton • Aufgearbeitete Grundmoräne • Grundmoräne. Die maßgebenden Schichten sind im Schnitt von West nach Ost in Abb. 3 dargestellt. Abb. 3: Schnitt West-Ost Auffüllungen Anthropogene Auffüllungen wurden bis in Tiefen zwischen 1,1 m und 3,9 m unter Gelände angetroffen. Sie werden als Kies mit wechselndem Sand und Feinkornanteil sowie Steinanteil angesprochen. Bereichsweise wurden bindige Auffüllungen angetroffen, die Konsistenz der bindigen Auffüllungen ist steif bis halbfest. Schwemmschicht Jüngere Ablagerungen unter den Auffüllungen stehen als bindige tonige Böden und lokal nichtbindiger Sand an. Die Konsistenz des Tons ist weich und weich bis breiig. Wo angetroffen, weist die Schwemmschicht Dicken zwischen ca. 0,5 m und 2 m auf, sie reicht bis in Tiefen zwischen 2 m und 4 m unter Gelände. Beckenton Der Beckenton weist wechselnde Anteile an Sand und Kies auf. Er keilt tendenziell nach Osten hin aus, dort stehen die Schichten der Grundmoräne oberflächennäher an. Die Konsistenz des Beckentons reicht von breiig bis steif bis halbfest. Dabei treten die höheren Konsistenzen üblicherweise in den oberen etwa 2m der Schicht auf, die geringen Konsistenzen werden ab Tiefen von ca. 4 m unter Gelände angetroffen. Die Plastizität streut und wird als gering, mittel und ausgeprägt angetroffen. Bei geringer bis mittlerer Plastizität ist der Beckenton wasserempfindlich und entfestigt bei Wasseraufnahme. Der Beckenton ist erschütterungsempfindlich. Aufgearbeitete Grundmoräne Die Grundmoräne ist in ihrer oberen Zone durch Gletscherbewegung aufgearbeitet und durch Verwitterung entfestigt. Sie besteht aus weitgestuften bindigen Böden, und wird als Ton mit wechselnden Sand-, Kies- und Steinanteil angesprochen. Die aufgearbeitete Grundmoräne ist als weich und steif beschrieben. Sie weist eine geringe bis sehr geringe Plastizität auf und ist dadurch sehr wasserempfindlich, bereits bei geringer Wasseraufnahme entfestigen diese Böden. Die Oberkante der aufgearbeiteten Grundmoräne Die Oberkante der aufgearbeiteten Grundmoräne steigt nach Osten hin an und liegt in Tiefen zwischen etwa 9m und 13m unter Gelände an. Grundmoräne Der Grundmoräne zeigt eine Konsistenzzunahme auf steif, steif bis halbfest und dann halbfest. Zur Tiefe hin ist in der Grundmoräne auch feste Konsistenz vorhanden, dann weist die Grundmoräne eine felsartige Verfestigung auf (Halbfestgestein). Sie besteht aus weitgestuften bindigen Böden, die als Ton mit wechselnden Sand-, Kies- und Steinanteil angesprochen werden können. Der Grobkornanteil ist höher als in der aufgearbeiteten Grundmoräne. Die Oberkante der Grundmoräne liegt in Tiefen zwischen etwa 13m und 15m unter Gelände. Die charakteristische Bodenkenngrößen der Hauptschichten sind in Tab. 1 zusammengefasst. Tab. 1: Charakteristische Bodenkennwerte Schicht g k / g ‘ k [kN/ m³] j‘/ j u [°] c‘/ c u [kN/ m²] E m [MN/ m²] Auffüllung (nichtbindig) 19/ 10 32,5/ - 0/ - - Auffüllung (bindig) 20/ 10 27,5/ - 2/ - - Schwemmschicht 19/ 9 25/ 0 0/ 15 2-4 Beckenton 19,5/ 9,5 22,5/ 0 0/ 20 4-6 Aufgearbeitete Grundmoräne 21/ 11 27,5/ - 5/ - 12 Grundmoräne 22/ 12 30/ - 10/ - 30-50 2.1 Grundwasser Drei voneinander unabhängige Grundwasser-vorkommen liegen vor: • Oberflächennahes Stau- und Schichtenwasser in den Auffüllungen und in der Schwemmschicht, das weitgehend durch Sickerwasser gespeist wird, • Grundwasser im Beckenton (tritt in den eingelagerten Sandbändern auf), • Grundwasser in nichtbindigen Schichten der aufgearbeiteten Grundmoräne und der Grundmoräne (kann gespannt und artesisch gespannt sein). Der Bemessungswasserstand für den Neubau wurde mit der Geländeoberkante angesetzt. Der bauzeitliche Be- 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 325 Baugrube in Beckenton messungswasserstand für die temporären Arbeiten wurde bei +399,5 m NHN festgelegt. 3. Baugrubenkonzept Die UK der Bodenplatte des Neubaus liegt im tiefsten Punkt bei +397,95 mNHN und damit in großen Teilen weniger als drei Meter unter Gelände. Bei der Wahl des Baugrubenkonzeptes war die Nähe der Bestandsbebauung zum Neubau von entscheidender Bedeutung. Neben geometrischen Restriktionen - z. B. Straße im Osten - die eine (Vor-)Böschung behinderten mussten die Standsicherheit sowie mögliche Verformungen der Bestandsbauten berücksichtigt werden. Frei auskragende Spundwände - lokal mit geböschtem Voraushub wurden als Regel-Baugrubenverbau gewählt. Im süd-östlichen Bereich des Baufeldes wurde zusätzlich eine Kopfaussteifung gewählt. Auch bei sehr großen Einbindetiefen ist im Beckenton ein ausreichendes Erdauflager des Baugrubenverbaus nicht erreichbar. Es wurde daher in Anlehnung an EAB EB93 [2] (siehe Abb. 4) eine Abstützung nach innen durch eine abschnittsweise eingebaute, verstärkte Unterbetonsohle (UBS) angeordnet. Abb. 4: Aushub gem. EB93 [2] Da unterhalb der verstärkten Sohle eine Flächendrainage eingebaut wurde, war ein Abtrag der Stützkraft der UBS- Scheiben über Reibung baupraktisch nicht möglich. Aus diesem Grunde wurde in Baufeldmitte vorlaufend eine verstärkte Unterbetonsohle (Kern-UBS) mit Grundrissabmessung von ca. 43 m x 25 m hergestellt, gegen die sich später die UBS-Streifen aussteifen sollten. Dies ist eine Version der Kernbauweise, bei der allerdings keine Aussteifung gegen den Rohbau geschieht. Die Verbauwände wurden während der Herstellung der Kern-UBS durch umlaufende Stützbermen gesichert, siehe Abb. 5. 4. Baugrube Die zur Herstellung des Untergeschosses notwendige Baugrube hat Grundrissabmessungen von ca. 67 m x 50 m (Abb. 5) und weist im süd-östlichen Bereich einen Abstand von lediglich 5 m zum Bestandsgebäude auf. Abb. 5: Aufsicht Baugrube / Kern-UBS 4.1 Bemessung Um mögliche Verformungen der Bestandsbebauung prognostizieren zu können, waren Berechnungen mit der FEM vorgesehen. Daher wurde entschieden auch die statischen Berechnungen mit Hilfe des FE-Programms PLAXIS 2D, Version 22 an sechs Schnitten durchzuführen. Die damit ermittelten Spannungsverläufe lagen den gemäß DIN 1054 [3] erforderlichen Nachweisen zugrunde. Für die Abbildung des anstehenden Bodens wurde das “Hardening-Soil small“-Modell verwendet; die hierfür benötigten Parameter wurden, in Abstimmung mit dem Baugrundgutachter, vom Technischen Büro Tief bau bestimmt. Die Berechnungen erfolgten mit dem Undrained(A) Drainagetyp, dabei basieren Steifigkeit und Scherfestigkeit auf effektiven Parametern. Konsolidierungsphasen wurden basierend auf dem angenommenen Bauablauf implementiert. Die Spundwand wurde mit elastisch-ideal plastischem Verhalten modelliert. Nach [4], [5] ist die Ermittlung von Widerständen im Boden mithilfe der FEM mit Unsicherheiten verbunden. Daher wurden Einwirkungen und Beanspruchungen aus den Berechnungen mit der FEM in die Nachweise übernommen, die Widerstände dagegen wurden gemäß der klassischen Erdstatik analytisch angesetzt. Dies betrifft insbesondere den Nachweis ausreichenden Erdwiderlagers in horizontaler Richtung als auch den Nachweis der vertikalen Tragfähigkeit. Alle Nachweise wurden mit den Teilsicherheiten für BS-T geführt. Versagen Erdwiderlager Die Reaktionskräfte des Bodens wurden durch Integration der Spannungskurven auf Baugrubenseite bis zum theoretischen Fußpunkt des Verbaus bestimmt. Die Spannungen wurden am Interface der Verbauwand ausgelesen. Der Fußpunkt wurde mithilfe des Belastungsnullpunktes 326 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Baugrube in Beckenton der ständigen Einwirkungen festgelegt. Der Nachweis im GZ 1B musste folgende Bedingung erfüllen: Der mobilisierte Wandreibungswinkel δ p wurde aus der FE-Berechnung, ebenfalls durch Auslesen der Interfacespannungen, ermittelt mit: Vertikale Tragfähigkeit Der Nachweis wurde mit der Summe der vertikalen Einwirkungen auf die Wand geführt: Hierfür wurden die Spannungen an den Interfaces der Spundwand auf aktiver und passiver Seite ausgelesen. Gesamtstandsicherheit Die globale Standsicherheit wurde in den FE-Berechnungen nach unterschiedlichen Bauphasen über die j-c-Reduktion ermittelt. Dabei werden die Scherparameter so lange inkrementell abgemindert, bis ein Grenzgleichgewicht erreicht wird. Der in Plaxis ermittelte Reduktionsfaktor SM sf kann in einen Ausnutzungsgrad m umgerechnet werden: 4.2 Modellierung streifenweiser Aushub Die Berücksichtigung räumlicher Effekte, die sich bei einem streifenweisen Aushub und Einbau von UBS- Scheiben einstellen, wurde im 2D-Modell in Anlehnung an [6], [7] modelliert. Dort erfolgt die Berechnung des Vollaushubs mit Sohlsstützung zweistufig. Zunächst wird im primären Berechnungsschritt ein Vollaushub berechnet, allerdings nur bis zu einem vorgegebenen Faktor m stage <1,0. In einem anschließenden Berechnungsschritt wird der unvollständige Berechnungsschritt bei gleichzeitiger Aktivierung der UBS abgeschlossen. Dieses Vorgehen ist ähnlich dem Ansatz einer rechnerischen Ersatzebene gem. EAB EB98. In [8] wurde gezeigt, dass eine manuelle Modellierung des Aushubs bis zu einem Ersatzaushubfaktor Dh/ H (Dh ≙ 1/ 3t und H ≙- t in EB98) gleichwertig zur Modellierung mit dem Faktor m stage ist. Die manuelle Modellierung wurde hier gewählt. Die modellierten Phasen mit 1/ 2t Ersatzaushub sind in Abb. 6 dargestellt. Abb. 6: Berücksichtigung räumlicher Effekt 2D In Abb. 6 oben ist der Aushub des Kernbereichs mit verbleibender Stützberme dargestellt. Im Bild darunter ist der Berechnungsschritt mit Reduktion der Stützbermenhöhe um 1/ 2t zu sehen. Anders als mit dem m stage Faktor, wurde dieser Berechnungsschritt abgeschlossen. Im untersten Bild ist der letzte Berechnungsschritt mit aktiver UBS abgebildet. Diesem Schritt folgte eine abschließende Konsolidationsphase. Die mit Plaxis 2D ermittelten Verformungen wurden mit Hilfe eines Plaxis 3D-Modells validiert, es wurden vergleichbare Verformungen mit dem 3D-Modell ermittelt. In Abb.7 ist ein Ausschnitt der Berechnungsphase Einbau der UBS im Kernbereich aus dem 3D-Modell dargestellt. 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 327 Baugrube in Beckenton Abb. 7: Plaxis 3D-Modell 4.3 Verbau Abb. 8 zeigt einen Schnitt im Norden der Baugrube. Hier wurde ein geböschter Voraushub von ca. 1,6 m hergestellt. Die verbleibende Stützberme zum Kernbereich hat eine Höhe von ~2,5 m und eine Breite von mindestens 5 m an der Krone. Wegen des geringen Höhenunterschieds wurde die Böschung zum Kernbereich gem. DIN 4124 [9] mit 40 ° ausgeführt. Abb. 8: Schnitt Nord Die Spundwände reichen alle bis in die aufgearbeitete Grundmoräne und verbleiben im Baugrund. Eingebracht wurden sie mit einem Hochfrequenzrüttler. 4.4 Sohlaussteifung Die Herstellung der Unterbetonsohle wurde in fünf Phasen unterteilt. • Phase 1: UBS in BG-Ecken, Abb. 10 oben • Phase 2: UBS im Kernbereich, Abb. 11 • Phase 3: UBS von West nach Ost, Abb. 12 • Phase 4: UBS von Süd nach Nord, Abb. 13 • Phase 5: UBS Eckenschluss, Abb. 10 unten Um Verformungen des Bestandes zu minimieren, wurde eine Regelbreite der Sohlstreifen von b=1,5m gewählt. Es wurde zudem darauf geachtet eine Durchsteifung zu gewährleisten, d. h. eine einseitige Belastung der Kernsohle, bei der lediglich das EG der Kernsohle sowie Reibung zwischen Sohle und Erdreich der Stützkraft entgegenwirken, wurde vermieden. Der Aushub und der Einbau der UBS in den Phasen 3, 4 begannen in der Mitte des Baufelds und wurden dann gleichmäßig, lammelenweise nach außen fortgeführt, siehe Abb. 9. Dabei wurden immer gleichzeitig gegenüberliegende Lamellen hergestellt. Dadurch konnten zu Beginn nur zwei Streifen in Tagesleistung hergestellt werden, nachfolgend war die Herstellung von jeweils vier Streifen möglich. Die Arbeitsfuge zwischen den Streifen wurde gem. DIN EN 1992-1-1, Abschnitt 6.2.5 [10] verzahnt ausgeführt. Abb. 9: Regeldetail Herstellung UBS-Streifen Abb. 10: Sohlaussteifung - Phase 1 & Phase 5 328 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 Baugrube in Beckenton Abb. 11: Sohlaussteifung - Phase 2 Abb. 12: Sohlaussteifung - Phase 3 Abb. 13: Sohlaussteifung - Phase 4 Die Sohlaussteifung selbst wurde mit der Software RFEM nach DIN-EN 1992-1-1 [10] bemessen. Im Kernbereich wurden die umlaufenden Lasten aus den UBS-Streifen, ebenso wie Baggerlasten in ungünstigen Stellungen angesetzt. Die Stützlasten der UBS-Streifen wurden aus den Plaxis 2D FE-Berechnungen ausgelesen und gemäß DA2* [11] mit den RFEM-Berechnungen bemessen. In der Ausführungsphase wurde die UBS im Kernbereich in zwei Abschnitten hergestellt. 4.5 Gurtung Vor Beginn des Aushubs muss gem. EB93 unabhängig von der Baugrubentiefe, eine umlaufende Kopfstützung eingebaut werden, die Erddruckkräfte aus dem Bereich eines freigelegten Streifens auf die benachbarten, gestützten Bereiche umzulagern vermag. Als Stützung wurde hier ein auf Konsolen aufgelagerter HEM 220 Stahlträger gewählt. Bei der Bemessung wurden die umzulagernden Erddruckkräfte aus dem in Abb. 4 eingewolkten Bereich (Breite ca. 6,4 m) angesetzt. Um die Erddruckkräfte umlagern zu können, muss der Gurt an jedem Spundwand- Berg, jeweils am Flansch des Gurtes oben und unten verschweißt werden. Die Belastung in den maßgebenden Schweißnähten wurde an einem federgelagerten Durchlaufträger mit der Software RStab ermittelt (Abb. 14 oben), dabei wurden die Federsteifigkeiten aus Verformungsgrößen der Plaxis-Berechnungen zurückgerechnet. Die höchste Beanspruchung des Gurtes trat dabei infolge des Momentes am Anschnitt Flansch-Steg des Gurtes auf, siehe Abb. 14 unten. 14. Kolloquium Bauen in Boden und Fels - Januar 2024 329 Baugrube in Beckenton Abb. 14: Gurtung, Modell Durchlaufträger, Ausnutzung Stahl infolge Umlagerung Bei der Ausführung wurde alternativ dazu eine Lösung angewendet, bei der ein HEB450 auf den Spundbohlen aufgelegt und kraftschlüssig verbunden wurde, siehe Abb. 15. Dies setzte voraus, dass die OK der Spundbohlen keine Höhensprünge aufwiesen. Obwohl diese Lösung Stahl-Mehrmassen in Höhe von 30 % nach sich zog, überwogen die Vorteile, z. B. der deutliche reduzierte Schweißaufwand, insbesondere der Entfall der am unteren Flansch notwendigen Schweißnähte. Einspareffekte werden auch bei dem Rückbau der Gurtung erwartet. Abb. 15: ausgeführte Gurtung 5. Anmerkungen zur Planung und Ausführung Die ganzheitliche Verwendung von FE-Berechnungen nicht nur zur Prognose von Verformungen, sondern auch für das Führen von geotechnischen Nachweisen konnte an diesem Projekt erfolgreich angewendet werden. Dies war allerdings mit einem hohen Aufwand bei der Auswertung der Ergebnisse der FE-Berechnungen und deren Implementierung in die entsprechenden geotechnischen Nachweise verbunden. Das vorgestellte Baugrubenkonzept soll eine möglichst verformungsarme Herstellung der Baugrube ermöglichen. Zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrags, ist die Herstellung der UBS in Phase 2 noch nicht abgeschlossen. Messdaten der Setzungen der Bestandsbebauung lagen für diese Phase noch nicht vor. Literatur [1] Baugesuchsplan, 221-BG-Schnitte Ansichten_221, März 2022. [2] Empfehlungen des Arbeitskreises „Baugruben“ (EAB), April 2021. [3] DIN 1054, Baugrund - Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau - Ergänzende Regelungen zu DIN EN 1997-1, April 2021. [4 Heibaum, M. & Herten, M.: Nachweise nach EC 7 / DIN 1054 mit numerischen Methoden, Johann- Ohde-Kolloquium, 2007. [5] Herten, M.: Die Verwendung von Finiten Elementen bei Standsicherheitsnachweisen Berechnungsbeispiele, BAW-Kolloquium „Neue Normen in der Geotechnik“, März 2007. [6] Berhane, G.: Experimental, Analytical and Numerical Investigations of Excavations in Normally Consolidated Soft Soils, Schriftenreihe Geotechnik Universität Kassel, Heft 14, September 2003. [7] Becker, P.: Zeit- und spannungspfadabhängiges Verformungsverhalten bei Baugruben in weichen Böden, Schriftenreihe Geotechnik Universität Kassel, Heft 22, November 2009. [8] Fritsch, T.: Untersuchungen zu räumlichen Effekten und deren Vereinfachung in ebenen FE-Modellen von Verbausystemen, Master-Thesis, Oktober 2015. [9] DIN 4124, Baugruben und Gräben - Böschungen, Verbau, Arbeitsraumbreiten, Januar 2012. [10] DIN EN 1992-1-1, Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau; Deutsche Fassung EN 1992-1-1: 2004 + AC: 2010, Januar 2011. [11] Frank et al., Designer’s guide to EN 1997 Eurocode 7 - Geotechnical design, Thomas Telford, London, 2005.