Brückenkolloquium
kbr
2510-7895
expert verlag Tübingen
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Nachrechnung und Ertüchtigung der Illerbrücke Egelsee A7
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Hermann Weiher
Ilaria Galasso
Katrin Runtemund
Sascha Weber
Die Illerbrücke Egelsee ist Teil der A7 und wurde 1969-1970 als semi-integrales, stark schiefwinkliges Spannbetonbauwerk über zwei Felder mit einzelligem Kastenquerschnitt erstellt. Das Bauwerk wurde für das Verkehrslastmodell LM1 nachgerechnet; hierbei ergaben sich umfangreiche Defizite. Aufgrund des geplanten 6-spurigen Ausbaus der A7 wurde zur Minimierung der baulichen Ertüchtigungsmaßnahmen das Ziellastniveau auf die BK60/30 und die Nutzungsdauer auf 30 Jahre (Nachweisklasse C) reduziert. Zur Sicherstellung der Tragfähigkeit des Bauwerks bis zum Ersatzneubaus konnte so der Verstärkungsumfang auf eine Ertüchtigung der Gurtanschlussbewehrung der Bodenplatte an die Stege mit Querspanngliedern sowie der Querkrafttragfähigkeit des Pfeilerfundamentes beschränkt werden. Herausforderung bei der Planung und Umsetzung der Maßnahme war die starke Schwiefwinkligkeit des Bauwerks, die sehr enge und komplexe Geometrie der Bestandsspannglieder der Stege und – damit verbunden – die erforderliche hohe Genauigkeit beim Herstellen der geneigten Kernbohrungen, um nicht nur eine Schädigung der Bestandsspannglieder, sondern auch der Bügelbewehrung auszuschließen. Die Querspannglieder wurden z.T. im nachträglichen Verbund innerhalb der Bodenplatte sowie als externe Spannglieder bodenplattennah durch die Stege bzw. unterhalb des Bauwerks geführt, wobei die Verankerung im letztgenannten Fall über eine Stahlkonstruktion an der Außenseite der Stege erfolgte. Die Ertüchtigung des Pfeilerfundamentes ist mithilfe von Verbundankerschrauben als nachträgliche Schubbewehrung geplant. Die Ertüchtigung des Überbaus wurde im Jahr 2019 und 2020 ausgeführt; die Verstärkung des Pfeilerfundamentes ist für 2021 vorgesehen.
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4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 35 Nachrechnung und Ertüchtigung der Illerbrücke Egelsee A7 Hermann Weiher, Ilaria Galasso, Katrin Runtemund matrics engineering GmbH, München, Deutschland Sascha Weber Autobahndirektion Südbayern, Kempten, Deutschland Zusammenfassung Die Illerbrücke Egelsee ist Teil der A7 und wurde 1969-1970 als semi-integrales, stark schiefwinkliges Spannbetonbauwerk über zwei Felder mit einzelligem Kastenquerschnitt erstellt. Das Bauwerk wurde für das Verkehrslastmodell LM1 nachgerechnet; hierbei ergaben sich umfangreiche Defizite. Aufgrund des geplanten 6-spurigen Ausbaus der A7 wurde zur Minimierung der baulichen Ertüchtigungsmaßnahmen das Ziellastniveau auf die BK60/ 30 und die Nutzungsdauer auf 30 Jahre (Nachweisklasse C) reduziert. Zur Sicherstellung der Tragfähigkeit des Bauwerks bis zum Ersatzneubaus konnte so der Verstärkungsumfang auf eine Ertüchtigung der Gurtanschlussbewehrung der Bodenplatte an die Stege mit Querspanngliedern sowie der Querkrafttragfähigkeit des Pfeilerfundamentes beschränkt werden. Herausforderung bei der Planung und Umsetzung der Maßnahme war die starke Schwiefwinkligkeit des Bauwerks, die sehr enge und komplexe Geometrie der Bestandsspannglieder der Stege und - damit verbunden - die erforderliche hohe Genauigkeit beim Herstellen der geneigten Kernbohrungen, um nicht nur eine Schädigung der Bestandsspannglieder, sondern auch der Bügelbewehrung auszuschließen. Die Querspannglieder wurden z.T. im nachträglichen Verbund innerhalb der Bodenplatte sowie als externe Spannglieder bodenplattennah durch die Stege bzw. unterhalb des Bauwerks geführt, wobei die Verankerung im letztgenannten Fall über eine Stahlkonstruktion an der Außenseite der Stege erfolgte. Die Ertüchtigung des Pfeilerfundamentes ist mithilfe von Verbundankerschrauben als nachträgliche Schubbewehrung geplant. Die Ertüchtigung des Überbaus wurde im Jahr 2019 und 2020 ausgeführt; die Verstärkung des Pfeilerfundamentes ist für 2021 vorgesehen. 1. Bauwerk Der Verkehr der A7 wird über zwei baugleiche Spannbetonüberbauten mit zwei Feldern geführt: - 1970 Fertigstellung - Semi-integrale Spannbetonbrücke mit 2 Feldern von je 80 m Länge (160 m), Schiefwinkligkeit 60 gon - Errichtung auf Gerüst in einem Bauabschnitt - Kastenquerschnitt mit quer vorgespannter Fahrbahnplatte, Träger stark gevoutet mit variabler Konstruktionshöhe zw. 2,21 m (WL) bis 4,49 m (Mittelpfeiler) - Stege, Boden- und Fahrbahnplatte des Hohlkastenquerschnitts in Längsrichtung im nachträglichen Verbund vorgespannt; Spanngliedgeometrie entsprechend Hauptspannungstrajektorien, ca. 430 verschiedene Spanngliedgeometrien, s. Bild 4 - Pfeiler monolithisch mit dem Überbau verbunden, Flachgründung - Widerlager, Flachgründung Bild 1: Bauwerk 36 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Nachrechnung und Ertüchtigung der Illerbrücke Egelsee A7 Bild 2: Bauwerk Ansicht, Längsschnitt, Draufsicht Bild 3: Querschnitt eines Überbaus Bild 4: Spanngliedgeometrie 2. Nachrechnung Die Nachrechnung des Überbaus einschließlich des Mittelpfeilers wurde in Stufe 1 (DIN Fachberichte bzw. Eurocode 2) und Stufe 2 der Nachrechnungsrichtlinie für das Ziellastniveau LM1 durchgeführt. Mit dem Ziel eine Ertüchtigung des Überbaus zu vermeiden, erfolgte in Stufe 2 die Nachweisführung zusätzlich für das Ziellastniveau BK60/ 30 unter Ansatz der am Bauwerk durch Materialuntersuchungen festgestellten Betondruckfestigkeit des Überbaus von C50/ 60 (statt C30/ 37). Folgende wesentliche Defizite wurden ermittelt: In Längsrichtung verblieben auch für das Lastmodell der BK60/ 30 sowie unter Ansatz einer höheren Betondruckfestigkeit von C5060 Defizite beim Nachweis Querkraft und Torsion und beim Nachweis des Gurtanschlusses Steg / Bodenplatte. Tabelle 1: Maximale Ausnutzungsfaktoren für die wesentlichen Nachweise in Längs- und Querrichtung Tabelle 2: Maximale Ausnutzungsfaktoren für das Pfeilerfundament In Querrichtung konnten die Nachweise im GZT unter Ansatz des reduzierten Lastmodells der BK60/ 30 erfüllt werden. Für den Nachweis der Ermüdung waren aufgrund identischer Berechnungsannahmen die Ergebnisse der Stufe 1 maßgebend. Der Nachweis der Ermüdung des Spannstahles der Verankerungen und des Bewehrungsstahles kann unter Ansatz des Lastmodells ELM3 somit nicht erbracht werden. Bei der Nachrechnung des Pfeilers verbleiben für das Lastmodell BK60/ 30 Querkraftdefizit des Pfeilerfundamentes. Nachfolgend sind in Bild 5 und Bild 6 exemplarisch die vorhandene und die erforderliche Bewehrung für den Nachweis Querkraft und Torsion sowie den Gurtanschluss Bodenplatte für die Berechnung in Stufe 2, C50/ 60 dargestellt. Bild 7 stellt die zulässigen und vorhandenen schädigungsäquivalenten Schwingbreiten der Bewehrung und des Spannstahls gegenüber. Während sich ein Ermüdungsbruch des Spannstahles und der Bewehrung durch Rissbildung am Bauwerk ankündigt, erfolgt ein Versagen infolge der Defizite beim Querkraftnachweis und beim Nachweis der Gurtanschlussbewehrung der Bodenplatte i.d.R. spröde, d.h. ohne Ankündigung durch Rissbildung. 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 37 Nachrechnung und Ertüchtigung der Illerbrücke Egelsee A7 Bild 5: Querkraft/ Torsion, erforderliche Bügelbewehrung und Überschreitungen (rot), BK60/ 30 mit C50/ 60 Bild 6: Schubanschluss Bodenplatte an, erforderliche Bügelbewehrung und Überschreitungen (rot), BK60/ 30 mit C50/ 60 Bild 7: Vorhandene und zulässige Schwingbreiten der der Längs- (oben) und Bügelbewehrung (Mitte) und der Längsspannglieder (unten), defizitäre Bereiche (rot) Die festgestellten Defizite waren daher als kritisch einzustufen und weitere Maßnahmen (verkehrliche Kompensationsmaßnahmen, Notertüchtigung) zur Sicherstellung der Tragfähigkeit bis zur Umsetzung des geplanten Ersatzneubaus erforderlich. Mit dem Ziel eine Ertüchtigung des Bauwerks zu vermeiden bzw. zur Quantifizierung der erforderlichen Maßnahmen und zum Nachweis der Wirksamkeit wurden noch weitere Tastrechnungen unter Ansatz - des Lastmodells BK60/ 30 bzw. BK60 mit/ ohne Seitenstreifensperrung (StS) und mit/ ohne reduzierten Restflächenlasten (RF) von 3,0 kN/ m² auf 1,0 kN/ m² (Bild 8) und - ggf. reduzierter Sicherheit der Eigengewichtslasten (Sicherheit 1,20 statt 1,35 → nicht verifizierte Annahme) und - ggf. einer Nutzungsbeschränkung auf 20 Jahre infolge der Erhöhung des Grenzwertes des zulässigen Druckstrebenwinkels cotθ von 2,50 auf 3,00 (Nachweisklasse C) gemäß 1. Ergänzung zur Nachrechnungsrichtlinie, Abschnitt 12.4.3.3(3) und - ggf. Ansatz eines genauer (iterativ) ermittelten Schubrisswinkels bei der Ermittlung der Druckstrebenneigung beim Nachweis Querkraft und Torsion gemäß 1. Ergänzung zur Nachrechnungsrichtlinie, Abschnitt 12.4.3.3(2), Gl. 12.13 durchgeführt. Bild 8: Verkehrliche Kompensationsmaßnahmen Der Nachweis Querkraft und Torsion konnte bei einer Nutzungsbeschränkung auf 20 Jahre und unter Ansatz des Schubrisswinkels für das volle Lastmodell BK60/ 30 knapp mit einer Ausnutzung der Bewehrung von a sw,erf / a sw,vorh = 0,99 erfüllt werden. Auf eine globale, umfassendere Ertüchtigung des Überbaus mit z.B. einer externen Längsvorspannung kann unter diesen Randbedingungen somit verzichtet werden. Der Nachweis des Gurtanschlusses der Bodenplatte konnte auch unter dem reduzierten Lastmodell BK60 mit Seitenstreifensperrung und reduzierten Lasten aus Eigengewicht nicht erfüllt werden. 38 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Nachrechnung und Ertüchtigung der Illerbrücke Egelsee A7 Es verblieben Defizite über eine Länge von ca. 50 m im Bereich des Mittelpfeilers, so dass eine Ertüchtigung bis zur Umsetzung des Ersatzneubaus bzw. für die Restnutzung von 20 Jahren gemäß Nachweisklasse C erforderlich wurde. 3. Ertüchtigung Bei der Nachweisführung in Längsrichtung verblieben in Stufe 2 für das Lastmodell BK60/ 30 und einer Nutzungsbeschränkung auf 20 Jahre Defizite bei den Nachweisen - Gurtanschlusses der Bodenplatte - Querkraftnachweis der Fundamentplatte - Ermüdung des Spannstahls und der Bewehrung Die Defizite beim Nachweis Ermüdung können derzeit als unkritisch bewertet werden, da im Rahmen der Hauptprüfung 2018 keine ermüdungsrelevanten Risse festgestellt wurden. Es wird daher auf eine Ertüchtigung der rechnerischen Defizite verzichtet. Sofern der Querschnitt auch zukünftig in den betroffenen Bereichen im ungerissenen Zustand verbleibt, kann eine Ermüdungsbruchgefährdung ausgeschlossen werden. Die Risssituation ist hierzu zukünftig im Zuge der einfachen Prüfung der Hauptprüfung unter Beachtung der erarbeiteten Prüfanweisung zu erfassen und die Ermüdungsbruchgefahr zu bewerten. Zur Sicherstellung der Tragfähigkeit des Bauwerks bis zum Ersatzneu ist eine Ertüchtigung der Gurtanschlussbewehrung der Bodenplatte an die Stege mit Querspanngliedern und des Pfeilerfundamentes mit Verbundankerschrauben als nachträgliche Schubbewehrung vorgesehen. Als Ziellastniveau wurde die BK60/ 30 gemäß DIN1072 vereinbart. Die Nachweisführung erfolgte gemäß Stufe 2 der Nachrechnungsrichtlinie für die Nachweisklasse C. Aufgrund des geplanten Ersatzneubaus wurden etwaige Defizite im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit nicht untersucht/ betrachtet. 3.1 Ertüchtigung des Überbaus 3.1.1 Ertüchtigungsumfang Die Ertüchtigung der Defizite der Anschlussbewehrung des Gurtanschlusses erfolgt durch Aufbringen einer Quervorspannung der Bodenplatte. Für die Verstärkung des Gurtanschlusses ist eine Quervorspannung der Bodenplatte mit insgesamt - 82 Stabspannglieder je Überbau mit einer dauerhaften Vorspannkraft im Endzustand von 500 - 750 kN und - 28 Stabspannglieder mit Feingewinde für die Montage einer Verankerungs-konstruktion mit einer dauerhaften Vorspannkraft von 200 kN erforderlich, vgl. Bild 9. Bild 9: Übersicht Quervorspannung der Bodenplatte Die Lasteinleitung muss möglichst bodenplattennah erfolgen. Aufgrund der komplexen Spanngliedgeometrie sind zur Vermeidung einer Schädigung der Bestandsspannglieder bei Herstellung der erforderlichen Kernbohrungen drei Spanngliedtypen erforderlich: Typ 1: Im Pfeilerbereich werden 12 Stabspannglieder je Überbau mit nachträglichem Verbund innerhalb der Bodenplatte geführt, vgl. Bild 10. Bild 10 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 39 Nachrechnung und Ertüchtigung der Illerbrücke Egelsee A7 Bild 10: Spannglieder durch die Bodenplatte (Typ 1) am Mittelpfeiler Typ 2: Im Feldbereich werden 56 Stabspannglieder ohne Verbund extern ca. 20 cm oberhalb der Bodenplatte durch die Stege geführt, vgl. Die Verankerungen sind im Wesentlichen vergleichbar mit den in Bild 10 dargestellten des Typs 1 und werden nicht dargestellt. Bild 11: Spannglieder durch die Stege (Typ 2) Aufgrund der sehr engen Lage der Bestandsspanglieder wurden im Feldbereich 14 externe Stabspannglieder unterhalb der Bodenplatte geführt, vgl. Bild 12. Die Lasteinleitung erfolgt über eine an der Stegaußenseite montierte Stahlkonstruktion mit Druckplatten auf Höhe der Bodenplatte. Die 28 Stahlkonstruktionen werden zum Herstellen des Gleichgewichts mit je einem Stabspannglied (insgesamt 28 Stk.) mit schlupfarmen Feingewinde an den Steg gespannt. 40 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Nachrechnung und Ertüchtigung der Illerbrücke Egelsee A7 Bild 12: Spannglieder unterhalb des Bauwerks (Typ 3) mit Detail Stahlkonstruktion zur Lasteinleitung und Ansicht Steg (unten) und Ansichten der eingebauten Konstruktion Nachfolgende Abbildung zeigt die Übersicht der Maßnahme in Ansicht und Draufsicht. Bild 13: Ansicht und Draufsicht der Maßnahme 3.1.2 Spannverfahren Als Spannverfahren kam das System Stahlwerk Annahütte Stabspannverfahren St950/ 1050 gemäß ETA- 05/ 0122 in Kombination mit den Anwendungsregeln des Deutschen Instituts für Bautechnik für internen Einsatz mit Verbund gemäß Z-13.71-50122 und externe Führung gemäß Z-13.73-50122 zum Einsatz. 3.1.3 Ortung des Bestands und Kernbohrungen Zur Vermeidung einer Schädigung der Bestandsspannglieder und der Bügelbewehrung in den Stegen wurde bereits im Vorfeld der Baumaßnahme die planmäßige Lage der geneigten Kernbohrungen an der Trägeraußen- und Trägerinnenseite eingemessen und die Lage der Stegspannglieder sowie (Bügel-)Bewehrung erfasst. Die planmäßige Lage der Kernbohrungen wurde derart bestimmt, dass ein Mindestabstand zum nächstgelegenen Hüllrohr von mind. 10 cm eingehalten ist. Aufgrund der statisch bereits voll ausgenutzten vorhandenen Bügelbewehrung musste eine Beschädigung der Bewehrung am maßgebenden Steg durch Bewehrungsortung jeweils ausgeschlossen und begrenzt werden. Bild 14: Spannglieder- (rot) und Bewehrungs-(blau) Ortung 3.1.4 Verankerung Die durch die Bodenplatte und durch die Stege geführten Spannglieder wurden mit aufgesetzten und geneigten Stahlankerplatten auf dem Bestandsbeton verankert. Die Neigung der Ankerplatten ist variabel und beträgt planmäßig in vertikaler und horizontaler Richtung Richtung zwischen 0 - 4°. 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 41 Nachrechnung und Ertüchtigung der Illerbrücke Egelsee A7 Die Platten wurden gemäß ZTV-ING korrosionsgeschützt und wurden alle mit einem dünnen Mörtelbett zum Formschluss mit dem Bestandsbeton versehen. Die Lasteinleitung der unterhalb des Bauwerks geführten Spannglieder (Typ 3) erfolgt an der Stegaußenseite ausschließlich über den Bestand mithilfe - einer an der Stegaußenseite zuvor montierten Stahlkonstruktion mit angeschweißten Druckplatten im Bereich der Bodenplatte und im Stegbereich - über Ankerplatten an der Steginnenseite Die Stahlkonstruktion ist in Bild 15 dargestellt (Ansichten der ausgeführten Variante siehe Bild 12). Die obere Verankerung ist dabei nicht fest mit der Konstruktion verbunden. Damit konnte erreicht werden, dass eine Standardkonstruktion für alle geometrischen Varianten und Neigungen verwendet werden konnte. Die Neigungen wurden erforderlich, da die Lage der Kernbohrung für das obere, kurze Spannglied sowohl vertikal als auch horizontal an die Bestandsspannglieder und -bewehrung anzupassen war und die Lasteinleitung über die untere Druckplatte in Längsrichtung möglichst gleichmäßig verteilt zu erfolgen hatte. Bild 15: Stahlkonstruktion zur Lasteinleitung, Typ 3 Die Stahlkonstruktion besteht aus zwei UPE 300 Profilen, die mithilfe von fünf Stahllaschen miteinander verschweißt sind (blau dargestellt). Für die Lasteinleitung im Bereich der Spanngliedverankerungen werden zwei mit dem Stahlträger verschweißte Kreisplatten sowie zwei Rechteckplatten (rot dargestellt) als Druckplatten vorgesehen. Für die Lastweiterleitung der Verankerungsspannglieder in die Stahlkonstruktion wurde eine lose (d.h. nicht mit dem Stahlträger verschweißte) Lastverteilplatte mit Öffnung vorgesehen, so dass gewisse Abweichungen der tatsächlichen Lage der Kernbohrungen zur planmäßigen Lage ausgeglichen werden konnten. 3.2 Ertüchtigung des Pfeilerfundamentes Bild 16: Lage Mittelpfeiler Aufgrund der Überschreitung der Querkrafttragfähigkeit des Pfeilerfundamentes ist eine Ertüchtigung des Fundamentes erforderlich. Die Ertüchtigung der Querkraftdefizite erfolgt mithilfe von Verbundankerschrauben TOGE TSM BC SB reLast gemäß Zulassung Z-15.1-339. Die Umsetzung der Maßnahme ist für 2021 geplant. 3.2.1 Ertüchtigungsumfang Eine Zusammenfassung des Ertüchtigungsbedarfs in Abhängigkeit der Betondruckfestigkeit und des gewählten Schraubendurchmessers kann Tabelle 3 entnommen werden. Gemäß Zulassung können maximal M24er Schrauben eingesetzt werden, wobei laut Herstellerangaben eine Schraubenfertigung bis 42 mm Durchmesser möglich ist. Derzeit wäre für die Anwendung der größeren Schrauben als Querkraftverstärkung eine Zustimmung im Einzelfall erforderlich. Mit dem Ziel die Anzahl der Querkraftverstärkungsmenge zu verringern, erfolgte eine Tastrechnung zur Ermittlung der Anzahl der Verbundschrauben unter Ansatz einer höheren Betondruckfestigkeit (statt C20/ 25). Der Ansatz einer geringfügig höheren Betondruckfestigkeit f ck = 23 N/ mm² liefert eine wirtschaftliche Ausnutzung von Schrauben- und Druckstrebentragfähigkeit und eine signifikante Reduktion der Schraubenanzahl. Aufgrund des Fundamentsalters ist die Annahme einer entsprechenden Betonerhärtung sehr wahrscheinlich, sie ist jdeoch noch durch Materialuntersuchungen am Bauwerk zu bestätigen. Tabelle 3: Zusammenfassung Ertüchtigungsumfang Betondruckfestigkeit [MPa] Schraube TSM BC SB Längsabstände der Schrauben sl [cm] Querabstände der Schrauben sq [cm] Gesamtanzahl [-] ≥20 22 40 40 868 32 60 60 420 42 80 80 256 ≥23 42 80 120 132 42 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Nachrechnung und Ertüchtigung der Illerbrücke Egelsee A7 Bild 17: Einbaugeometrie in der Draufsicht und im Schnitt, exemplarisch TSM-42 BC SB, sl = 80 cm, sq = 120 cm 3.2.2 Schraubendaten Die TOGE TSM BC SB reLast Verbundankerschraube besteht aus einem Injektionsmörtel und einer Betonschraube sowie einer Nord-Lock Scheibe, einer Druckverteilungsscheibe und einer Mutter. Bild 18: Geometrie TSM BC SB reLast Verbundankerschrauben 3.2.3 Einbau Das Pfeilerfundament liegt z.T. im Uferbereich mit einer Erdüberdeckung von ca. 2,30 bis 4,20 m und z.T. im Flussbett der Iller mit einer Erdüberdeckung von ca. 1,80 bis 2,30 m bei einer Wassertiefe von ca. 1,00 m. Bild 19 zeigt die Gegebenheiten am Mittelpfeiler. 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 43 Nachrechnung und Ertüchtigung der Illerbrücke Egelsee A7 Bild 19: Örtliche Gegebenheiten am Mittelpfeiler Um auf einen aufwendigen und schwer herzustellenden Verbau bei ganzer Freilegung des Fundaments zu verzichten und u.a. den Eingriff in den Fluss zu vermeiden, könnte der der Einbau der Querkraftverstärkung als Alternative zur Baugrube für das Ertüchtigen des Pfeilerfundaments in folgenden Schritten erfolgen (siehe auch Bild 20): 1. Vorbereiten des Bereichs um den Pfeiler im Flussbereich und Herstellen einer befahrbaren Schotterschicht 2. Bohrung (ca. 2 m lang mit Neigung ca. 8°) mit kleinem Bohrgerät (z.B. d = 200 mm) bis zur OK Pfeilerfundament 3. Reinigen Bohrloch und Fundamentoberfläche 4. Zentrisch geführte Stufenbohrung durch das Fundament 5. Ggf. Teilfüllung mit Verbundmörtel gem. Zulassung als Korrosionsschutz 6. Setzen und Andrehen der Betonschraube 7. Wiederholung für alle Schrauben 8. Rückbau Aufschüttung und Widerherstellen Böschung Bild 20: Einbaudetails beim Einbau ohne Baugrube 4. Beteiligte Bauherr : Autobahndirektion Südbayern, Dienststelle Kempten Nachrechnung und Planung: matrics engineering GmbH, München Prüfingenieur : Prof. Dr. Fritsche, Deggendorf Ausführung : Chembau GmbH, Mils/ Österreich 5. Kontakt Dr.-Ing. H. Weiher: matrics engineering GmbH, München 089 890 65 98 06 weiher@matrics-engineering.com
