Brückenkolloquium
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Nutzung des Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) im ASTRA – Rückblicke und Perspektiven
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Stéphane Cuennet
Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) ist seit seiner Gründung 1998 die Schweizer Fachbehörde für die Strasseninfrastruktur und den individuellen Strassenverkehr. 2005, also weniger als 10 Jahre nach seiner Gründung, führte das ASTRA bereits zwei Projekte mit UHFB durch, wobei dieser handwerklich auf bestehenden Brückenteilen eingebracht wurde. 2014 wurde der Chillon-Viadukt auf über fünf Hektaren mit einer dünnen Schicht maschinell eingebrachtem UHFB verstärkt. Seither kam UHFB bei mehreren ähnlich dimensionierten Grossprojekten auf unserem Strassennetz zum Einsatz.
Auch im Tunnelbau zeigt man Interesse an diesem Hightech-Baustoff. Im Frühling 2019 wurde beschlossen, für die N01 zwischen Genf und Lausanne eine ganz neue Generation von integralen Überführungen mit einem Überbau aus vorgespanntem UHFB zu planen. Für UHFB zählen wir derzeit rund zehn Interventionsarten bei gut zwanzig Anwendungen in Projekten unterschiedlichen Umfangs.
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4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 381 Nutzung des Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) im ASTRA - Rückblicke und Perspektiven Stéphane Cuennet Bundesamt für Strassen (ASTRA)- Ittigen (CH) Zusammenfassung Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) ist seit seiner Gründung 1998 die Schweizer Fachbehörde für die Strasseninfrastruktur und den individuellen Strassenverkehr. 2005, also weniger als 10 Jahre nach seiner Gründung, führte das ASTRA bereits zwei Projekte mit UHFB durch, wobei dieser handwerklich auf bestehenden Brückenteilen eingebracht wurde. 2014 wurde der Chillon-Viadukt auf über fünf Hektaren mit einer dünnen Schicht maschinell eingebrachtem UHFB verstärkt. Seither kam UHFB bei mehreren ähnlich dimensionierten Grossprojekten auf unserem Strassennetz zum Einsatz. Auch im Tunnelbau zeigt man Interesse an diesem Hightech-Baustoff. Im Frühling 2019 wurde beschlossen, für die N01 zwischen Genf und Lausanne eine ganz neue Generation von integralen Überführungen mit einem Überbau aus vorgespanntem UHFB zu planen. Für UHFB zählen wir derzeit rund zehn Interventionsarten bei gut zwanzig Anwendungen in Projekten unterschiedlichen Umfangs. 1. Lange vor dem ASTRA - ein kurzer Blick zurück 1.1 Ein Vogelnest als Inspiration Die Idee, ein homogenes Trägermaterial mit Fasern zu verstärken, ist wohl kaum eine Erfindung des Menschen. Schon seit Jahrhunderten baut der Rosttöpfer, eine kleine südamerikanische Vogelart, seine Nester aus Erde und Lehm, dem er Strohhalme beimischt. Der Bau des Nestes, an dem sich beide Elternteile beteiligen, dauert rund eine Woche. Die Vögel verwenden verschiedene Materialien (Schlamm, Haare, Halme, Wurzeln, Fäkalstoffe usw.) für den «Mörtel», den sie mit dem Schnabel an die gewünschte Stelle packen. Die Regelmässigkeit der Nestformen dieser Gattung lässt auf eine angeborene Verhaltensweise schliessen. Abb. 1 Lehmnest des Rosttöpfers (Familie der Töpfervögel) 1.2 Der erste Verbundstoff der Menschheitsgeschichte Als erster Verbundstoff der Geschichte gilt Lehm, der aus einer plastischen Matrix (Ton-Sand-Mischung) und verstärkenden Fasern (Pflanzenfasern oder Tierhaaren) besteht. 382 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Nutzung des Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) im ASTRA - Rückblicke und Perspektiven Lehm wird seit dem Neolithikum im europäischen Raum für den Hausbau verwendet. Die Kelten nutzten diese Technik für den Bau ihrer Wallanlagen. Der Lehmbau ist typisch für Regionen mit tonhaltiger Erde, die leicht klebt und bröckelt und durch Zugabe von Stroh verbessert wird. Ausgehend von den rudimentären Anfängen und überlieferten Einsatzmöglichkeiten hat der menschliche Erfindergeist die Idee stetig weiterentwickelt - bis hin zur «Hightech»-Version UHFB mit hydraulisch erhärteter Matrix. Originalität ist meistens nichts anderes als ein noch nicht entdecktes PlagiatVoltaire (1694-1778) 2. Der Zeit ihre Kunst. Der Kunst ihre Freiheit [1] Dieses Kapitel gibt einen kurzen Überblick über die Baustoffe, die in verschiedenen Epochen bei Kunstbauten verwendet wurden, wobei nicht auf lokale Bautraditionen eingegangen wird. 2.1 Bis zum 18. Jahrhundert Die Zeit bis zum Ende des Jahrhunderts der Aufklärung gilt - abgesehen von Holzbrücken - als Ära der Brücken aus Natursteinmauerwerk. Diese Bauten, die in erster Linie Druckbelastungen standhalten müssen, haben sich bis heute als ausserordentlich beständig erwiesen. Gewisse Brücken aus der Römerzeit sind auch nach zwei Jahrtausenden und allen Jahreszeitenzyklen immer noch «fit» und verkehrstüchtig. Diese Bogenbrücken aus Natursteinmauerwerk zeigten sich dem wachsenden und wandelnden Verkehrsaufkommen - vom Pferdegespann bis zum 40-Tönner - eindrücklich gewachsen. Schöne Beispiele finden sich in vielen europäischen Grossstädten. 2.2 Das 19. Jahrhundert Das 19. Jahrhundert war das Zeitalter der Industrialisierung und der imposanten Konstruktionen aus genietetem Stahl. Sie faszinierten auch den impressionistischen Maler Claude Monet (1840-1926), der dem Genie der Ingenieure dieser Brücken zur Moderne ein Denkmal setzte. 2.3 Das 20. Jahrhundert Das 20. Jahrhundert sah die Entwicklung des Stahlbetonbaus, von Spannbetonbrücken mit enormer Spannweite, Hänge- und Schrägseilbrücken und orthotropen Platten, die auch bei weitgespannten Brücken besonders schlanke Überbauten ermöglichten. In diesem Jahrhundert entstand der grösste Teil des Schweizer Nationalstrassennetzes, wobei die meisten Kunstbauten aus Stahl- und Spannbeton gebaut wurden. Heute müssen wir uns der «Kinderkrankheiten» dieses Baustoffs annehmen; denn die Kenntnisse dieses Baustoffs waren zum Zeitpunkt, als der Grossteil unserer Kunstbauten entstand (nur 10% der Strassenbauinfrastruktur wurde nach dem Inkrafttreten der modernen SIA-Normen von 1989 erstellt), noch unzureichend. 2.4 Das 21. Jahrhundert Dieses Jahrhundert brachte in der Industrie den Durchbruch von bewehrtem Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB), einem Hybridmaterial zwischen Beton und Stahl. Abb. 2 Pont de la République in Montpellier (2011) Dieser moderne Baustoff ermöglicht Ingenieuren viel gestalterische Freiheit bei der Planung von kühnen Bauten, die mit schlanken Formen und gleichzeitig hoher Beständigkeit bestechen. In Kombination mit Betonstahl und/ oder Spannstahl bieten sich Möglichkeiten für die Realisierung eleganter und hocheffizienter Fahrbahnplatten. Das Verhältnis von Eigenlast zu Nutzlast ist günstig im Vergleich zu einem Bauwerk in Stahlbeton- oder Spannbetonbauweise. Effizienzmässig ist die UHFB-Struktur zwischen einer orthotropen Platte und einer Fahrbahnplatte aus Stahl- oder Spannbeton anzusiedeln. 3. Die Suche nach dem Gleichgewicht zwischen den Regeln der Kunst und der Freiheit der Kunst Unsere Generation erlebt derzeit eine in der Weltgeschichte noch nie dagewesene Dynamik des Wandels. Dies ist in allen Bereichen zu beobachten und gilt natürlich auch für das Bauwesen. Allzu dogmatische Regeln schränken die Freiheit der Kunst unnötig ein. Die stetige Suche nach dem fragilen Gleichgewicht zwischen einem zu starren Regelwerk und einer zu grossen Gestaltungsfreiheit stellt denn auch eine tägliche Herausforderung für das ASTRA dar. Die Veränderung packt man besser am Schopf, bevor sie einen an der Gurgel packt Winston Churchill (1874-1965) 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 383 Nutzung des Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) im ASTRA - Rückblicke und Perspektiven 3.1 Standards für Nationalstrassen Das ASTRA legt Standards für Nationalstrassen fest, die es unter www.astra.admin.ch bereitstellt. Diese umfassen Weisungen, Richtlinien, Fachhandbücher und Dokumentationen, welche die technischen Grundlagen für die Projektierung bilden. Damit die Nationalstrassen, wie von Art. 5 des Bundesgesetzes über die Nationalstrassen verlangt, den hohen verkehrstechnischen Anforderungen genügen und eine sichere und wirtschaftliche Abwicklung des Verkehrs gewährleisten, müssen die Fachhandbücher stets den neusten technischen Anforderungen entsprechen. Sie werden deshalb regelmässig überarbeitet. Wenn die Standards vom technisch-wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen keine akzeptable Lösung bieten, kann der Projektverfasser jedoch eine andere technisch machbare und dem Kosten-Nutzen-Verhältnis angemessene Lösung erarbeiten und unterbreiten. Die Allgemeine Einleitung zu den Fachhandbüchern nennt 12 Ziele, die mit den Fachhandbüchern zu erreichen sind. Dabei wird auch erwähnt, dass die Fachhandbücher zwar dem Stand der Technik entsprechen, aber keine fertigen Rezepte liefern, um den projektierenden Ingenieuren Spielraum und Flexibilität für die Projektentwicklung zu gewähren. Auch ist klar festgehalten, dass Fachhandbücher die Forschung und Entwicklung von technischen Produkten nicht unnötig behindern dürfen. Und nicht zuletzt entbinden Fachhandbücher die Projektverfasser nicht von ihrer Aufgabe, eine durchdachte und an die Verhältnisse angepasste Lösung zu finden. In diesem Sinne bieten Pilotprojekte dem ASTRA eine Gelegenheit zur Umsetzung von innovativen Produkten oder Technologien. Pilotprojekte sollen Erfahrungen im Hinblick auf einen allfälligen künftigen Einsatz als Norm liefern. Beispiel eines derartigen Pilotprojekts ist etwa die Verstärkung der Brücken Boli, Mettlen und Linden auf der N04 mit einer Abdichtung aus UHFB. 3.2 Allgemeine Grundsätze für die Projektierung von Kunstbauten Bei der Projektierung und Ausführung von Kunstbauten für Nationalstrassen sind Projektierungsgrundsätze bezüglich Konzept, Robustheit, konstruktive Einzelheiten, Unterhalt, zukunftsorientierte Nutzung und Ästhetik zu berücksichtigen. 3.2.1 Konzept Bewährte Konzepte bürgen normalerweise für die Qualität der Kunstbauten. Erprobte Lösungen müssen jedoch auf ihre Verträglichkeit mit den lokalen Bedingungen geprüft und an Sonderfälle angepasst werden. Innovative Lösungen sucht man in der Regel bei Aufgaben, für welche übliche Lösungen nicht befriedigen. In diesem Fall muss das ASTRA in einer frühen Phase der Projektierung beteiligt werden. Das ASTRA kann den Beizug eines oder mehrerer Fachexperten für Projektierung und Projektbegleitung verlangen. Dies war der Fall bei der Instandsetzung des Chillon-Viadukts und bei der neuen Generation von Überführungen (ÜF), die im Folgenden vorgestellt werden. 3.2.2 Konstruktive Einzelheiten Gut gearbeitete Details sind erfahrungsgemäss für das Verhalten der Bauwerke und deren Dauerhaftigkeit von grösster Bedeutung. Sie müssen vom Konzept und ihrer Ausgestaltung (Form, Material, Ausführung) her immer wohl durchdacht sein. Unsere Normen sind angesichts unserer Bautradition mehrheitlich auf die baulichen Einzelheiten der Betonbauweise angelegt. Mit dem steigenden Anteil von Strukturen in Mischbauweise mit Stahlbeton und UHFB wird sich die Dokumentation diesem Trend anpassen. Der Teufel steckt im Detail Friedrich Nietzsche (1844-1900) 3.2.3 SIA-Normen Auch die SIA-Normen tragen dieser schnellen technologischen Entwicklung Rechnung mit der Veröffentlichung technischer Merkblätter mit einer Gültigkeit von 5 Jahren (erneuerbar), insbesondere dem Merkblatt SIA 2052 «Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) - Baustoffe, Bemessung und Ausführung», sowie einem in jeder Norm enthaltenen Kapitel «Abweichungen». Unter bestimmten Bedingungen ist eine Abweichung von den SIA-Normen und den technischen Merkblättern absolut zulässig. Die Forschungsberichte zum Brückenbau der AGB erfüllen beispielsweise diese Bedingungen und kommen täglich zum Einsatz, um unnütze und kostspielige Verstärkungsarbeiten an unseren Kunstbauten zu vermeiden. Bei der Erhaltung von bestehenden Werken gilt beispielsweise die Anwendung der Normenreihe SIA 269 als Grundlage, die durch die neusten bestätigten Forschungsergebnisse ergänzt werden muss. 4. Verschiedene Anwendungen im Rückblick UHFB kam beim ASTRA erstmals 2006/ 2007 zum Einsatz, also gut zehn Jahre vor dem Inkrafttreten des technischen Merkblattes SIA 2052. Diese Premiere bestand aus dem Einbau von UHFB auf Leitmauern einer Brücke sowie auf dem Schutzelement eines Mittelpfeilers einer Überführung der N01 im Kanton Aargau. Dass wir uns zunehmend für diesen «Hightech»-Baustoff interessieren, hat mit seinen herausragenden Eigenschaften zu tun, insbesondere seiner hohen Festigkeit, die einerseits die Dauerhaftigkeit der Elemente verbessert und anderseits den Unterhaltsbedarf senkt. Dies wieder- 384 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Nutzung des Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) im ASTRA - Rückblicke und Perspektiven um bedeutet weniger Beeinträchtigungen für unsere Endkunden - die Verkehrsteilnehmer. Gegenwärtig zählen wir über zwanzig Anwendungen, die bereits realisiert oder noch in Planung sind. Rückblickend lassen sich die verschiedenen Anwendungen wie folgt einteilen: Mischbauweise UHFB-Beton: 1. Verstärkung und/ oder Abdichtung der Fahrbahnplatte und verschiedener Tragewerke 2. Schutz vor chemischen Einflüssen (Chloridwiderstand): Mittelpfeiler, Widerlager, Leitmauern und Konsolköpfe 3. Schutz vor mechanischer Belastung (starker Abrieb): Gewölbebogen 4. Profilierung von Elementen (Ersatz für herkömmlichen Mörtel) Die Besonderheit dieses Baustoffes liegt in seiner Fähigkeit, gleichzeitig die funktionalen Anforderungen aller Anwendungen zu erfüllen. Tragewerke in UHFB: 5. Neues Strukturelement am Bauwerk: Streben an Brückenkonsolen Die nun folgenden Beispiele verstehen sich nicht als abschliessende Präsentation, sondern sollen einen kurzen Überblick geben über die Problemstellung, den jeweiligen Lösungsansatz und die Erfahrungen aus den Prüfungen. 4.1 Verstärkung und «Abdichtung» der Fahrbahnplatte - N09 Chillon-Viadukt [2] Dieses Bauprojekt ist aus zahlreichen Publikationen und Präsentationen bekannt, weshalb hier nur die wichtigsten Erfahrungen und Erkenntnisse zusammengefasst werden sollen. Der Beton dieser 2 km langen Zwillingsbrücke weist gegenüber anderen Schweizer Bauwerken eine sehr hohe Reaktivität aus. Er wurde zwischen 1966 und 1969 mit Gesteinskörnungen aus dem Genfersee und der Rhonemündung hergestellt (langsam fortschreitende AAR). Das ASTRA sah sich bei der Instandsetzungsplanung damit konfrontiert, das Bauwerk kurzfristig zu unterhalten, um noch von einer relativ gesunden Trägerstruktur profitieren zu können. Bei einem Aufschub der Erhaltungsarbeiten um 20 Jahre hätte Gefahr bestanden, das gesamte monumentale Bauwerk ersetzen zu müssen. Ein schnelles Eingreifen war deshalb angezeigt, um die Risiken zu identifizieren und zu kontrollieren - eine Herausforderung, die nur im Team und dank dem Engagement aller Beteiligten erfolgreich gemeistert werden konnte. Zusammenkommen ist ein Beginn, zusammenbleiben ist ein Fortschritt, zusammenarbeiten ist ein Erfolg Henri Ford (1863-1947) Ziel der Intervention war, die Auswirkungen der AAR zu begrenzen und Bedingungen für eine langsamere Schadensentwicklung zu schaffen sowie die Tragfähigkeit der Fahrbahnplatte durch bewehrten UHFB zu ertüchtigen. Die Fahrbahnplatte war 2014 beispielsweise gerade noch konform, bei allfälligen künftigen mechanischen Verschlechterungen infolge der AAR wäre die Konformität jedoch nicht mehr gewährleistet gewesen. Durch das Ausbringen einer dünnen Schicht von 4 bis 5 cm UHFB konnte die Fahrbahnplatte verstärkt und die strukturelle Reserve dieses vitalen Elements erhöht werden. Obwohl UHFB wasserdicht ist, entschieden wir uns, die gesamte vorgängig mit Hochdruckwasserstrahl bearbeitete und mit einer PMMA-Grundierung behandelte Oberfläche mit Dichtungsbahnen (PBD EP5) abzudecken. Technische Gründe für diese Wahl: 1. Gewährleistung einer totalen Abdichtung der UHFB-Arbeitsfugen durch Vermeidung jeglicher Wasserzufuhr, auch lokaler, die die AAR antreiben könnte. 2. Bestmögliche Haftung des Gussasphalts MA-H auf dem UHFB. Wir wollten keine «schwimmende» Lösung mit dem Risiko, dass sich an der Schnittstelle zwischen UHFB und Belag Wasser ansammelt. 3. Verringerung der UHFB-Schicht bei gleichzeitigem Schutz der Bewehrung, deren theoretischer Schutz lokal ungenügend war. Eine zusätzliche Schicht von 1 cm UHFB, wie sie lokal zur Umhüllung nötig gewesen wäre, hätte mehr gekostet als die PBD-Abdichtung. Um unseren Wissensstand im Hinblick auf künftige Projekte zu erweitern, liessen wir den Verbund von UHFB mit Gussasphalt MA von der ETH Lausanne [3] mittels vier als aussagekräftig geltenden Prüfverfahren testen. Die Prüfreihe brachte für nur ein einziges Produkt zufriedenstellende Ergebnisse. Eine direkte Haftung ohne Haftmittel wurde nicht geprüft. Ohne Erfahrungswerte bezüglich der Haftung wurde das Risiko (Auswirkung x Eintretenswahrscheinlichkeit), auf eine PDB-Dichtungsbahn an der über fünf Hektaren grossen Schnittstelle zwischen UHFB und MA zu verzichten, als zu hoch eingestuft. Diese von vornherein vorsichtige Annahme sollte sich bei der Umsetzung als richtig herausstellen. Der Experte «UHFB Ausführung» [4] hielt in seinem Schlussbericht fest: «Die Option zur Abdichtung der Arbeitsfugen (und die anschliessende pragmatische Ausweitung auf die gesamte Oberfläche) erwies sich für den hoch thixotropen UHFB des Chillon-Viaduktes somit als angebracht.» 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 385 Nutzung des Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) im ASTRA - Rückblicke und Perspektiven Um eine sichere Abdichtung zu gewährleisten, wurden die Arbeitsfugen gemäss den Vorschriften des technischen Merkblatts SIA 2052 Art. 5.4.3 ausgeführt. Die Erfahrung sowie die Versuchsreihen an durchbiegenden Prüfkörpern im Labor (LMC EPFL) zeigten, dass die Arbeitsfugen auch unter Belastung (Schwingungsreduktion und Biegezugfestigkeit) ihre Funktion erfüllten. Trotz aller Aufmerksamkeit für diesen Punkt und ungeachtet der eigens dafür entwickelten Stahlschalungen reichte die Vibrationsenergie der Einbaumaschine nicht aus, um den hoch thixotropen Frisch-UHFB unter die Schalungen einzubringen, erst recht nicht bei Quergefälle. Abb. 3 Arbeitsfuge in der UHFB-Schicht mit Stahlschalung - links: korrekte Ausführung / rechts: problematische Ausführung Das ASTRA ist sich bewusst, dass dieser hochwertige - und entsprechend kostspielige - Hightech-Baustoff bestens genutzt werden sollte. Deswegen lancierten wir Pilotprojekte für den Einsatz von UHFB zur Verstärkung und Abdichtung von Fahrbahnplatten. Diese Projekte [9] zeigten, dass auch ohne Haftmittel ein guter Haftverbund zwischen HFB und MA erreicht werden kann. Aufgrund der Versuchsergebnisse, insbesondere zur Problematik der Arbeitsfugen bei Verwendung eines hoch thixotropen UHFB sowie gestützt auf die Resultate des Monitoringprogramms und künftiger Forschungsarbeiten hoffen wir, dass die mineralische Abdichtung in eine der nächsten Ausgaben der Norm SN 640 450 «Abdichtungssysteme und bitumenhaltige Schichten auf Betonbrücken» (Ausgabe 2017-12) Eingang finden wird. 4.2 Schutz vor chemischen Einflüssen - N1 Überführung Chlosterstrasse [5, 6] Bei der Instandsetzung des Mittelpfeilers der Überführung Chlosterstrasse der N1 zwischen Dietikon und Schlieren wurde ein Vergleichstest durchgeführt zwischen einem Schutz mit UHFB (Typ Holcim 707, Stahlfasern 3,0 Vol.-% [240 kg/ m 3 ]) auf der einen Hälfte des Prüfabschnitts und einem bewehrten Faserbeton mit OS2-Beschichtung auf dem restlichen Abschnitt gemäss Schema unten. Abb. 4: Querschnitt des Mittelpfeilers mit unterschiedlichen Instandsetzungsmethoden auf einer Höhe von 3 m Bei der Ausführung zeigte sich, dass der Einbau von UHFB keine zusätzlichen Erfahrungen gegenüber herkömmlichen Betonarbeiten unter vergleichbaren Umständen erfordert. Derartige Arbeiten können von Unternehmen, die sich auf die Instandsetzung von Betonbauten spezialisieren, kompetent ausgeführt werden. Von den Kosten für Monitoring und Vorversuchen einmal abgesehen, belaufen sich die Kosten für die Instandsetzung mit Faserbeton auf ungefähr CHF/ m 2 1500.- gegenüber CHF/ m 2 2300.- mit einem UHFB. Da es sich hier jedoch um ein «Pilotprojekt» handelt, können die Kosten für den UHFB-Einsatz nicht unbedingt als repräsentativ gelten. Für künftige Anwendungen von UHFB dürften die Kosten um gut 10 bis 30% tiefer ausfallen. Beim Abschluss des Monitorings im Jahr 2023 wird man ebenfalls 386 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Nutzung des Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) im ASTRA - Rückblicke und Perspektiven den erhofften Mehrwert in Bezug auf Beständigkeit der UHFB-Lösung berücksichtigen können. Der Pfeiler wurde mit Sensoren bestückt und wird bis 2023 (während zehn Jahren) eng überwacht. Das Monitoringprogramm umfasst nichtdestruktive Prüfungen (Fühler) sowie Entnahmen aus Probekörpern, die am Fusse des Pfeilers unter gleichen Bedingungen lagern. 1,5 Jahre nach der Umsetzung wurde ein Zwischenbericht für das Monitoring verfasst. Leider ist der Zeitabstand noch zu kurz für einen aussagekräftigen Vergleich über die Unterschiede bezüglich Eindringen von Chloridionen und Fortschreiten der Karbonisierung zwischen den beiden Interventionsmethoden. Optisch sind jedoch an einigen Stellen auf der Oberfläche Haarrisse im UHFB zu erkennen. Die Fläche muss vorgängig mit Wasser besprüht werden, damit die Risse von blossem Auge einfach zu erkennen sind. Die Rissweitenöffnungen liegen mehrheitlich bei 0,1 mm bzw. lokal bei 0,2 mm und haben keine Auswirkungen auf die Dauerhaftigkeit. Der Schlussbericht des Monitorings wird 2023 erstellt. 4.3 Schutz vor mechanischer Belastung (Abrieb) - N01 Durchlässe Gobé [7] Die Durchlässe des Gobé (Gobé supérieur und Gobé inférieur) sind insgesamt an die 300 m lang und befinden sich in der Nähe der Verzweigung Le Vengeron. Der Innendurchmesser des Durchlasses beträgt 2,00 m, die Dicke liegt zwischen 25 und 30 cm, je nach Höhe der Aufschüttung auf der Kalotte. Die Durchlässe sind mit Zustand 3 als «defekt» qualifiziert. Gewisse Bereiche der Sohle sind erodiert, die Bewehrungseisen sind sichtbar und korrodiert. Im Gesamtkonzept wurden die folgenden Varianten analysiert: Instandsetzung mit Harz, Instandsetzung mit Hobas-Rohren und Instandsetzung mit einer 3 cm dicken UHFB-Schicht. Die UHFB-Variante erwies sich als vorteilhafteste Lösung und wird für die weiteren Projektphasen empfohlen. Im Vergleich zu einem Beton C30/ 37 kann mit UHFB der Abrieb um ungefähr 60% reduziert werden. Ausserdem erfolgt der Festigkeitsverlust allmählich und ohne Gefährdung der Struktur [8]. 4.4 Profilierung von Elementen - N04 Brücken Boli-Mettlen-Linden [9] Diese drei Zwillingsbrücken zeigen die vielfältige Anwendungspalette dieses Baustoffs zur Verstärkung, Abdichtung und Profilierung (Pilotprojekte des ASTRA). Besondere Erwähnung verdient die Instandsetzung vor Ort der Stege/ Sockel der Träger mit UHFB anstelle einer Profilierung mit herkömmlichem Mörtel. Die Matrix des UHFB besteht aus Körnungen, deren Durchmesser nicht grösser ist als jener eines herkömmlichen Mörtels, weshalb sich der Baustoff bestens als Betonersatz (Grundsatz 3 gemäss Tabelle 5 SIA 269/ 2) eignet. Vorteile gegenüber herkömmlichem Mörtel (Klasse R3/ R4) bei vergleichbarem Preis: • Ausgezeichnete Haftung am fachgerecht vorbereiteten Trägermaterial • Mischbauweise UHFB-Beton bewirkt beim Element aufgrund des hohen Fasergehalts eine Selbstspannung, was Rissbildung vermeidet bzw. markant verringert • Hydrophobe Oberfläche mit Chloridschutz 4.5 Neues Strukturelement am Bauwerk - N09 Paudèze-Brücken [10] Im Osten von Lausanne wurde an den Brücken über die Paudèze eine weitere UHFB Anwendung getestet. Hier sollen nur kurz die Vorteile erwähnt werden, die diese Lösung für die Bauherrschaft beinhaltet. In Längsrichtung angebrachte Streben (Anordnung nach Warren-Träger) stützen die um einige Dezimeter erweiterten Auskragungen der Paudèze-Brücken (kein Ausbau der Verkehrskapazität). Die statischen Analysen zeigten, dass die Streben aufgrund der Verbreiterung des Überbaus und mit dem Erhalt der Fahrbahnplatte im Mittelteil notwendig waren. Für die neuen Elemente fiel die Wahl auf vorfabrizierte UHFB-Teile, dies aufgrund der einfacheren Montage, des geringeren Gewichts und um den Charakter einer Freivorbaubrücke aus Beton zu erhalten. Die vorfabrizierten Streben wurden mithilfe von vor Ort betonierten UHFB-Riegeln sukzessive in die bestehende Struktur integriert. Im Gegensatz zur klassischen Methode mit einer Stahlkonstruktion, die am Überbau künstlich ausgesehen hätte (wie eine Prothese), integrieren sich die Streben bestens in das Bauwerk. Die Variante mit Stahlprofilen hätte zudem regelmässige Kosten für die Erneuerung des Korrosionsschutzes (Schutzdauerklasse H > 15 Jahre) bedeutet - eine komplexe und kostspielige Operation, da sie unterseitig und unter Einhaltung strenger Umweltschutzanforderungen zu erfolgen hätte. Die geringeren Unterhaltskosten und die formale Eleganz überzeugten den Bauherrn von der UHFB-Lösung. 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 387 Nutzung des Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) im ASTRA - Rückblicke und Perspektiven Abb. 5 UHFB-Fachwerks (Riegel und Streben) 5. Gegenwart und Visionen für die Zukunft Neue und mögliche künftige Anwendungen für UHFB sind: Ausblick 1. Brückenplatten oder sogar vollständige Überbauten (vorfabrizierter und/ oder vor Ort gegossener UHFB, Mischbauweise mit UHFB); 2. Tunnelbauelemente (spritzbarer UHFB usw.) 3. Neue Brückenränder 4. … Platz für Kreativität und neue Ideen 5.1 Neue Generation von Überführungen (ÜF) zwischen Genf und Lausanne [11] Der Unterhaltsplan (UPlaNS) des ASTRA sieht einen Spurausbau (von 2x2 auf 2x3 Fahrstreifen) der Autobahn N01 zwischen Le Vengeron und Nyon vor mit dem Ziel, diesen Abschnitt zu unterhalten und die durch die konstante Verkehrszunahme entstandenen Engpässe zu beseitigen. Die im Rahmen des Generellen Projekts (GP) auf dem Abschnitt Le Vengeron-Coppet-Nyon geplanten Erweiterungen machen Arbeiten an den Kunstbauten nötig, wie den Rück- und Neubau der Überführungen (ÜF), da deren aktuelle Bemessung keinen Spurausbau auf 2x3 Fahrstreifen ermöglicht. Ein Ingenieur- und Architektenduo erarbeitete im Rahmen eines Ideenauftrags ein Architektur- und Landschaftskonzept für die Überführungen (ÜF) zwischen Genf und Lausanne mit einer neuen Generation von ÜF. Das gewählte Konzept ist eine beidseitig eingespannte Balkenbrücke mit T-Trägern ganz aus UHFB. Das Siegerprojekt besticht mit einer eleganten, schlanken Linienführung, die die historische Form des Tragewerks aufgreift und ihre statische Effizienz neu interpretiert. Das statische System beidseitig eingespannter integraler Brücken ist delikat, aber bewährt. Abb. 6 3D-Ansicht der neuen Generation von ÜF mit UHFB-Platte [11] 388 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Nutzung des Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) im ASTRA - Rückblicke und Perspektiven Abb. 7 Konzeptidee [11] Abbildung 7 illustriert die Entwicklung ausgehend von der bisherigen Form der Kunstbauten mit Pfeiler bis zur neuen Generation von modernen integralen ÜF, die dank einem innovativen und langlebigen Baustoff wie UHFB möglich wurde. Dass weder Fahrbahnübergänge noch Tragwerke vorhanden sind, erleichtert den Unterhalt deutlich. Mit UHFB kann grundsätzlich auf eine weitere Abdichtung verzichtet werden (laufende Pilotstudie beim ASTRA). UHFB ist ein zwar teurer, jedoch auch ausgesprochen hochwertiger Baustoff, was nach einer optimalen Dimensionierung der Bauwerke verlangt, damit die Kosten dieser Bauweise im Rahmen herkömmlicher Brückenprojekte liegen. Das Konzept ist unserer Ansicht nach sinnvoll und innovativ, aber dennoch kühn. Da UHFB immer häufiger zum Einsatz kommt, verfügen wir inzwischen doch über einen Erfahrungsschatz von zwei Jahrzehnten. Bevor wir das Konzept bei einer ganzen Serie von Bauwerken anwenden, wollen wir es im Rahmen vorgezogener Massnahmen an zwei Projekten auf der N09 zwischen Genf und Lausanne testen. Die Projekte werden angesichts ihres innovativen Charakters durch einen Experten begleitet. Das gemäss Ideenauftrag vorgeschlagene Konzept soll von den Projektverfassern in Zusammenarbeit mit dem Architekten des ausgezeichneten Entwurfs verfeinert werden. Es geht nicht darum, einen Industriellen Standard für ÜF auszuarbeiten, wie damals für die Realisierung des Autobahnnetzes in den 1960er-Jahren. Die baulichen Umgebungsbedingungen beinhalten zu viele Zwänge, als dass sich die Bauten einfach serienmässig wiederholen liessen. Das Ziel ist vielmehr, eine gewisse konzeptuelle und ästhetische Einheit zu schaffen und ein Gefühl von Kohärenz zu vermitteln. Beide Bauwerke werden mit einem Monitoringsystem ausgerüstet, um das kurz- und längerfristige Verhalten der Bauwerke zu überwachen. Mittels Anpassungen beidseitig der Widerlager möchten wir diese beiden ÜF während mindestens zwei Jahren ohne Asphaltbetonbelag in Gebrauch nehmen, um den Oberflächenzustand der UHFB-Platte zu kontrollieren (Fehlen von Rissbildung nach 2 Jahreszeitenzyklen). Wir müssen deshalb die Oberflächenbehandlung für UHFB festlegen, damit die Verkehrstauglichkeit nach den gleichen Kriterien wie bei Betonstrassen gewährleistet ist. Unter den Arbeitsfugen können Feuchtigkeitsfühler eingebaut werden, die eventuelle Wasserinfiltrationen erkennen und jederzeit Aufschluss geben über die Wasserdichtigkeit der vor Ort eingebauten UHFB-Schicht. Wir sind zuversichtlich, zusammen mit unseren Partnern und Experten bald ein Konzept entwickeln und den Verkehrsteilnehmern präsentieren zu können. Wer baut, wirkt mit der Erde zusammen: bauen heisst, einer Landschaft ein menschliches Siegel aufzuprägen, das sie für immer verändert Marguerite Yourcenar (1903-1987) 5.2 Pilotprojekte in den Tunneln des Nationalstrassennetzes [12] Der bergseitige Abschnitt der N16 zwischen La Heutte und Bözingenfeld zählt mehrere Tunnel, die zwischen 1960 und 1970 gebaut wurden. Die Bauwerke befinden sich in einem schlechten Allgemeinzustand mit zahlreichen Wasserinfiltrationen im Fahrraum. Zudem entsprechen sie nicht mehr den geltenden Normen und Standards des ASTRA, sodass Instandsetzungsarbeiten notwendig sind. Die Gewölbeschicht aus nicht bewehrtem Beton wurde ohne eine irgendwie geartete Abdichtungsschicht direkt gegen den Fels betoniert. Normalerweise würde man zur dauerhaften Behebung des Problems zuerst den Innenring aus Beton demolieren, dann eine Abdichtungsschicht und darauf eine neue Betonverkleidung einbringen. Gemäss den Rahmenbedingungen des ASTRA für die Unterhaltsplanung müssen während Bauarbeiten bei Tag stets zwei Fahrspuren offen bleiben. Bei einem vollständigen Abbruch des Betoninnenrings im Tunnel bestünde hingegen das Risiko, dass der Tunnel bei Tag nicht geöffnet werden könnte. Drei Pilotprojekte, darunter zwei Projekte mit UHFB, sollen dank innovativen Lösungsansätzen ein Resultat erzielen, das im Vergleich mit einem Neubau gut abschneidet, und das ohne den kompletten Abbruch des Bauwerks. Beide Projekte bauen auf einer Optimierung des ersten Pilotprojekts auf, das ein partielles Abfräsen des Gewölbes und den Einbau eines Entwässerungssystems und einer Abdichtung vorsieht, auf die anschliessend eine neue Verkleidung aus SCC-Beton betoniert wird. Dieses Basis-Pilotprojekt befindet sich derzeit in 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 389 Nutzung des Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) im ASTRA - Rückblicke und Perspektiven einem der Tunnel in Ausführung. Die beiden Varianten aus UHFB stehen in der Projektentwicklungsphase und werden von einem Experten [6] begleitet. VA: Instandsetzung mittels UHFB-Gewölbe Eine Instandsetzungsoption besteht in der Ausführung des Innenrings aus UHFB anstelle von herkömmlichem Beton. Aufgrund der Merkmale von UHFB erübrigt sich das Anbringen von Dichtungsbahnen, sodass auch weniger vom bestehenden Gewölbe abgefräst werden muss. Im Gegensatz zur VB ist bei vor Ort gegossenem UHFB jedoch ein mobiles Schalgerüst notwendig. Weltweit wurde bis heute noch kein einziges Tunnelgewölbe integral in UHFB realisiert, noch dazu in einer einzigen Betonierungsetappe und bei gleichzeitiger Gewährleistung von zwei offenen Fahrstreifen während des Tages. Vor Beginn der Arbeiten wird ein Testversuch unter realen Bedingungen durchgeführt. VB: Instandsetzung mittels UFB-Fertigteilen Bei dieser Variante ist geplant, für den Innenring aus Beton sehr dünne UHFB-Fertigelemente anstelle von Ortsbeton mit Verschalung zu verwenden. Mit dieser Methode lassen sich die Nachteile des Einsatzes einer Verschalung umgehen. Überdies kann allenfalls die Höhe der im bestehenden Gewölbe abzufräsenden Schicht reduziert werden. Diese Methode wurde international bereits erfolgreich angewandt [13], jedoch bei erheblich grösseren Deckendicken und mit einer vollständigen Schliessung der Tunnel. 5.3 Neue Brückenränder [14] Leitmauern und Brückenränder von Strassenbrücken stellen Verschleissteile dar; sie gelten generell als nichttragend und sind Salzwasserspritzern ausgesetzt. Diese Schutzeinrichtungen nehmen bei einem Aufprall die Kräfte auf und ermöglichen die Abdichtung der Fahrbahnplatte. Sie werden regelmässig nach unseren Standards instandgesetzt oder erneuert. Folglich wird ihr Beitrag an die Beständigkeit des Bauwerks wenig beachtet. Die Aussenränder von Brücken mit einer Konsolkopfbreite von 70 cm sind jedoch massive Elemente mit einem Totgewicht von ungefähr 10 kN/ m. Mit einer neuen Lösung für Leitmauern bzw. neuer Brückenränden aus UHFB könnten diese Elemente die gleiche Lebensdauer aufweisen wie das Gesamtbauwerk, was den Bedarf an Instandsetzungs- und Erneuerungsarbeiten - und damit den Einsatz von Schalwagen - reduziert. Entsprechende Forschungsarbeiten wurden bereits in Zusammenarbeit mit der École Polytechnique de Montréal, Kanada, [15] durchgeführt. Die neue Lösung dürfte mit Sicherheit die Geometrie der L-förmigen, aufgesetzter Brückenränder [14] optimieren, um mit einer schlanken und materialsparenden Anwendung das Kosten-Nutzen-Verhältnis weiter zu verbessern. Diese neue Art von Konsolköpfen wird für die neue Generation von Überführungen entwickelt, die wir in Abschnitt 5.1 vorgestellt haben. Damit wir die Wahl dieser Lösung auch wirtschaftlich begründen können, werden wir ihre konstante Annuität im Vergleich zu einem Konsolkopf in traditioneller Betonbauweise mit regelmässigem Instandsetzungsbedarf nach UPlaNS analysieren. 6. Schlussfolgerungen Die vorgestellten Projekte illustrieren die breite Palette von Anwendungsmöglichkeiten dieses Hochleistungsbaustoffes im Bereich Kunstbauten des ASTRA. Sie zeigen uns auch den Weg auf, den wir in den 15 Jahres des Einsatzes von UHFB auf unserem Nationalstrassennetz bereits zurückgelegt haben. Die in diesem Artikel angesprochene grösste Herausforderung wird sein, mit nur einem Überbau ganz aus UHFB die gesamte Autobahnbreite zu überbrücken. Der breitere Einsatz dieses Baustoffs dürfte die Konkurrenz beleben und damit die Gestehungs- und Umsetzungskosten nochmals senken, was die Attraktivität von UHFB zusätzlich steigern sollte. Unsere Standards sind angesichts unserer Bautradition mehrheitlich auf die baulichen Einzelheiten der Betonbauweise angelegt. Bei ihrer Weiterentwicklung werden hingegen zweifellos die zahlreichen praktischen Erfahrungen mit diesem Hochleistungsbaustoff zu berücksichtigen sein. Die Eigenschaften dieses Baustoffs ermöglichen eine signifikante Reduktion der Unterhaltszyklen. Dies macht ihn besonders interessant für Bauherren, die sich täglich mit dieser Problematik konfrontiert sehen, denn die Instandsetzungszyklen bedeuten erhebliche direkte und indirekte Kosten für die Allgemeinheit. Angesichts der unaufhaltsamen Zunahme des Verkehrsaufkommens sind Lösungen gefragt, die die Unterhaltsmassnahmen und die damit einhergehenden Beeinträchtigungen für die Verkehrsteilnehmer auf ein Minimum beschränken. Du kannst alles wagen - schwierig ist nur, mit Weisheit zu wagen Bernard Fontenelle (1657-1757) Referenzen [1] Motto der Gründer der Wiener Secession (Vereinigung bildender Künstler Österreichs Secession), die sich 1897 in Abspaltung (Secession) vom Wiener Künstlerhaus formierten. [2] Projektverfasser: MONOD-PIGUET + ASSOCIES SA [3] Belag des Chillon-Viadukts - Schnittstelle UHFB-Belag - Prof. A.-G. Dumont (2014) 390 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Nutzung des Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) im ASTRA - Rückblicke und Perspektiven [4] OPAN Concept SA: Blaise Fleury - Experte UHFB Ausführung: Auszug aus dem Expertenbericht über die Kontrolle der UHFB-Realisierung auf dem Chillon-Viadukt N9 [5] Projektverfasser: Locher Ingenieure AG [6] Prof. Dr. Dipl. Ing ETH/ SIA/ IABSE - Eugen Brühwiler EPFL [7] Gruppe TCIN - Arbeiten durch T ingénierie SA [8] Fachtagung UHFB vom 27.10.2011 - Exemples conceptuels d’utilisation du BFUP (Blaise Fleury, Cornelius Oesterlee, Kerstin Wassmann) ISBN 978-2-8399-0951-8 [9] N04 Brücken Boli-Mettlen-Linden: Projektverfasser und öBL: INGE A4SZ (Jauslin Stebler AG [Pilotprojekt], B+S AG, Locher Ingenieure AG) / Ausführung: Konsortium ARGE N4 EP KüBru c/ o Implenia Schweiz AG (Porr AG, Cellere) [10] Projektierung: LIG-A c/ o Lombardi SA - Projektverfasser: INGPHI concepteurs d’ouvrages d’art [11] Atelier Jordan + Comamala-lsmaïl Architectes / Sollertia Ingenieure [12] Gruppe GIS - Arbeiten durch IUB Engineering SA [13] Beispiele: http: / / www.crezza.com/ category/ realizzazioni/ [14] Richtlinie ASTRA 12004 K04 Brückenrand und Mittelstreifen (Abbildung 15) [15] Prof. J.-P. Charron und Bruno Massicotte, Ecole polytechnique de Montréal (Canada) - Utilisation structurale des BFUP pour les parapets préfabriqués (rapport de recherche SR13-05 - Mai 2013).