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Brückenkolloquium
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Die genieteten Yorckbrücken in Berlin – Instandsetzung und Umnutzung

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Thomas Klähne
Thomas Abel
Die Yorckbrücken in Berlin stellen mit ihren insgesamt noch 33 Brücken ein Gesamtensemble dar und haben aus Sicht des Denkmalschutzes und ihrer städtebaulichen Einordnung eine besondere Bedeutung für die Stadt. Ursprünglich waren sie Teil der Potsdamer, Anhalter und Dresdner Bahn. 24 der noch vorhandenen Brücken sind derzeit ohne Nutzung. Fünf Brücken des gesamten Ensembles wurden in den Jahren 2019-2020 umgebaut, um als Geh- und Radwegbrücken die beiden anliegenden Parks zu verbinden und damit Bestandteil des Radfernweges Berlin – Leipzig zu werden. Bei der Umplanung und Bauausführung waren neben den verkehrlichen und normativen Forderungen vor allem Denkmalschutzanforderungen zu berücksichtigen. Im Beitrag wird ausgehend von dem vorgefundenen Zustand der Brücken auf die konstruktiven und gestalterischen Änderungen im Zusammenhang mit der Umnutzung eingegangen. Besonderer Wert wird dabei auf die Ertüchtigung der genieteten Stahlkonstruktionen durch die Anwendung der Niettechnik, durch Änderung und Reparatur stahlbaulicher Details sowie Neuaufbau der Fahrbahn und Ausstattungen gelegt.
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4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 427 Die genieteten Yorckbrücken in Berlin - Instandsetzung und Umnutzung Dr.-Ing Thomas Klähne KLÄHNE BUNG Beratende Ingenieure im Bauwesen, GmbH, Berlin Thomas Abel KLÄHNE BUNG Beratende Ingenieure im Bauwesen, GmbH, Berlin Zusammenfassung Die Yorckbrücken in Berlin stellen mit ihren insgesamt noch 33 Brücken ein Gesamtensemble dar und haben aus Sicht des Denkmalschutzes und ihrer städtebaulichen Einordnung eine besondere Bedeutung für die Stadt. Ursprünglich waren sie Teil der Potsdamer, Anhalter und Dresdner Bahn. 24 der noch vorhandenen Brücken sind derzeit ohne Nutzung. Fünf Brücken des gesamten Ensembles wurden in den Jahren 2019-2020 umgebaut, um als Geh- und Radwegbrücken die beiden anliegenden Parks zu verbinden und damit Bestandteil des Radfernweges Berlin - Leipzig zu werden. Bei der Umplanung und Bauausführung waren neben den verkehrlichen und normativen Forderungen vor allem Denkmalschutzanforderungen zu berücksichtigen. Im Beitrag wird ausgehend von dem vorgefundenen Zustand der Brücken auf die konstruktiven und gestalterischen Änderungen im Zusammenhang mit der Umnutzung eingegangen. Besonderer Wert wird dabei auf die Ertüchtigung der genieteten Stahlkonstruktionen durch die Anwendung der Niettechnik, durch Änderung und Reparatur stahlbaulicher Details sowie Neuaufbau der Fahrbahn und Ausstattungen gelegt. 1. Entwicklung des Stahlbrückenbaus zwischen 1870 und 1920 in Deutschland und Niettechnik Die Entwicklung des Stahlbrückenbaus ist in den Jahren 1870-1920 insbesondere durch den Eisenbahnbrückenbau und die rasante Entwicklung des deutschen Eisenbahnschienennetzes gekennzeichnet. Mit der Einführung des Bessemerverfahrens konnte das durch das Puddelverfahren erzeugte Schmiedeeisen durch Flussstahl abgelöst werden, welches bereits Streckgrenzen in der Größe eines heutigen S 235 erreichte. Bleche mit Dicken bis zu 28 mm wurden verwendet [1]. Bei Notwendigkeit stärkerer Blechdicken wurden mehrere Lamellen angeordnet. Die damalige Verbindungstechnik war hierbei vorzugsweise das Nieten; das Schweißen wurde erst in den dreißiger Jahren in Deutschland entwickelt. In Abbildung 1 ist ein typisches Bauwerk aus jener Zeit dargestellt. Es handelt sich um die Bösebrücke, die in den Jahren 1912-1916 errichtet wurde. Abb. 1: Konstruktion der Hindenburgbrücke (heute Bösebrücke, Berlin) [2] Das Nieten ist dadurch gekennzeichnet, dass durch Zusammenhalten der zu verbindenden Bleche der im Nietofen weißrot geglühte Niet in das Nietloch eingesetzt, gegengehalten und durch Schlagen des Niets mittels 428 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Die genieteten Yorckbrücken in Berlin - Instandsetzung und Umnutzung Döpper zusammengepresst wird und damit das Nietloch vollständig ausfüllt. Durch die nachfolgende Abkühlung und damit Verkürzung des Niets kommt es zusätzlich zu einer Vorspannung der miteinander vernieteten Bauteile. Die Nieten selbst können in der Regel eine Länge bis zu 5 x d (max. 9 x d) erreichen und damit mehrere Blechpakete miteinander verbinden. Die Nietverbindungen sind damit eigentlich vorgespannte Scherlochleibungsverbindungen, das eingeklemmte Blechpaket verhält sich gleichwohl nicht starr. Bei den Nieten wird im Regelfall dennoch die Streckgrenze erreicht. Durch die verwendeten Werkzeuge ist ein gewisser Abstand der Niete vonnöten. Es entwickelten sich aus der Bemessung, Konstruktion und Herstellung konstruktive Grundsätze, die von den damaligen Stahlbaufirmen bei der Niettechnik berücksichtigt wurden. 2. Die Entwicklung des Yorckbrückenensembles in Berlin 2.1 Yorckbrücken als Bestandteil der Potsdamer, Dresdner und Anhalter Bahn Die Yorckbrücken wurden zur Überquerung der Yorckstraße in Berlin Schöneberg errichtet. Dabei stellt der östliche Teil den Bereich der Dresdner Bahn und der westliche Teil den Bereich der Anhalter Bahn dar. Insgesamt wurden zur Überquerung der Yorckstraße 45 Brücken errichtet, wobei die älteste Brücke von 1875 stammt, die übrigen historischen Bauwerke wurden zwischen 1905 und 1934 errichtet. Der überwiegende Teil der Yorkbrücken wurde von den Architekten Franz Schwechten und Heinrich Seidel für die Anhalter Bahn entworfen. Es handelt sich hier um Blechträgerbrücken, die auf gelben klinkerverblendeten Widerlagern und gusseisernen Hartungschen Säulen auflagern. [3]. Abb. 2: Lage der heute noch vorhandenen Yorckbrücken 2.2 Konstruktion der Yorckbrücken Die Konstruktion der einzelnen Yorckbrücken sind im Wesentlichen gleich: Es handelt sich um Gerbergelenkbrücken, wobei der mittlere, die Straßen überspannende Teil ein Einfeldträger mit einer Länge von ca. 15,60 m mit leicht seitlich auskragenden Teilstücken ist, welcher auf Stützen gelagert ist. An den Enden dieses Einfeldträgers schließt jeweils über ein Gerbergelenk der 6,40 m lange Teilträger an, der den Gehweg überspannt und sich einerseits auf das Widerlager und andererseits auf dem Gerbergelenk abstützt. Die Stützen stehen unmittelbar am Fahrbahnrand und sind daher anprallgefährdet. Abb. 3: Die Yorckbrücken vor Beginn der Sanierung Die Brücken sind Trogbrücken, die durch Verbände in der Untergurtebene ausgesteift werden. Sie sind über Querträger miteinander verbunden. Zwischen den Querträgern und den beiden Hauptträgern sind jeweils Buckelbleche angeordnet, auf denen die Schotterfahrbahn ruht. 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 429 Die genieteten Yorckbrücken in Berlin - Instandsetzung und Umnutzung Grundsätzlich können die Konstruktionen der noch vorhandenen 33 Yorkbrücken den unterschiedlichen Entstehungszeiten zugeordnet werden. Die Brücken nach 1880 sind genietete Blechträgerbrücken, die auf Hartungschen Säulen gelagert wurden. Diese Pendelstützen bestehen aus Gussrohren, die zur Mitte hin dicker werden und am Kopf und Fuß Gelenke besitzen. Bei einigen dieser Brücken wurden die ursprünglichen Hartungschen Säulen durch die BVG aus Verkehrssicherungsgründen gegen geschweißte Stahlstützen ersetzt. Bei anderen wurde der Fußbereich aus Gründen des Anprallschutzes mit Beton ummantelt. Die S-Bahn Brücken der Anhalter und Dresdner Bahn sind ebenfalls vernietete Blechträgerbrücken, die auf portalartig vernieteten Stützen aus Walzstahlprofil lagern. Abb. 4: Hartungsche Säulen; Quelle: DB Netz AG 3. Planung der Sanierung und Umnutzung 3.1 Aufgabenstellung Das Ziel der Baumaßnahme bestand in der Herstellung einer durchgängigen Fuß- und Radwegeverbindung zwischen dem Park am Gleisdreieck auf der Nordseite und dem Flaschenhalspark auf der Südseite. Dabei sollten die Brücken 10,11,14 und 17 zu Geh- und Radwegbrücken umgebaut und Teil des Radfernweges Berlin-Leipzig werden, siehe Abbildung 5. Abb. 5: Geplante Verbindung des Flaschenhalsparks und des Parks am Gleisdreieck durch die Yorckbrücken; Quelle: Grün Berlin Bei der Planung waren zunächst einmal die Denkmalschutzanforderungen zu berücksichtigen. Durch den Entfall des Bestandsschutzes waren die aktuellen technischen Regeln und Vorschriften hinsichtlich Lastannahmen, Berechnungsmodellen und Bemessungskonzepten sowie Verwendbarkeit von Bauprodukten einzuhalten. Weitere Forderungen entstanden aus den einzuhaltenden Lichtraumprofilen, der Notwendigkeit einer Entwässerung und einer Absturzsicherung sowie der weiter unten dargestellten funktionalen und physischen Trennung der Stützen von den Brücken. 3.2 Anforderungen des Denkmalschutzes Im Laufe der Zeit und letztlich durch die Neuorganisation des Eisenbahnnetzes in Berlin (Pilzkonzept) wurde eine Vielzahl der Yorckbrücken nicht mehr benötigt. Die Abrisspläne der Deutschen Bahn AG wurden nicht umgesetzt, da sie zum einen kostenintensiv und zum anderen infolge einer öffentlich angestoßenen Diskussion zum Erhalt der Yorckbrücken als Baudenkmal nicht mehr ohne weiteres möglich waren. Seit der Aufnahme der Yorckbrücken in die Denkmalliste Berlins im Jahre 1993 unterliegt das gesamte Brü- 430 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Die genieteten Yorckbrücken in Berlin - Instandsetzung und Umnutzung ckenensemble dem Denkmalschutz. Das bedeutet unter anderem, dass alle Bestandteile wie Einzeldenkmale zu behandeln sind und Änderungen immer dem denkmalrechtlichen Genehmigungsvorbehalt unterliegen. Die älteste Brücke 5 wurde im August 2012 nach der Sanierung wieder eingesetzt, wobei sie zunächst ohne weitere Nutzung blieb. In dem zwischen der DB AG und der Stadt Berlin geschlossenen Yorckbrückenvertrag 2014 wurde festgelegt, dass ein Teil der Yorckbrücken saniert und zu Geh- und Radwegbrücken umgenutzt werden. Die Brücken 11, 14, 15 und 17 wurden im Januar 2016 ausgehoben, um sie zu sanieren. Für die Sanierung dieser Brücken bestand die wesentliche Forderung des Denkmalschutzes in der langfristigen Sicherung, Instandsetzung und dem Erhalt der gusseisernen Hartungschen Säulen sowie der originalgetreuen Sanierung der Überbauten. Zierelemente sollten nicht ersetzt werden, sodass eine deutliche gestalterische Unterscheidung von neuen und historischen Elementen, zum Beispiel bei den Geländern möglich war. Es wurde weiter gefordert, dass die Niettechnik zum Einsatz kommen sollte - was bedeutete, dass hochfeste oder nietähnliche Schrauben oder auch HRC-Schrauben, die im Regelfall bei derartigen Sanierungen zum Einsatz kommen, nicht verwendet werden durften. Weitere Forderungen waren die originalgetreue Mauerwerkssanierung der Widerlagerflächen, der Erhalt von Natursteinabdeckungen sowie die Entfernung der in der Zwischenzeit angeordneten Betonummantelung der Sockelfüße aus Gründen des Anprallschutzes. 3.3 Vorgefundener Zustand Vor Beginn der Planung wurde der Zustand der zu sanierenden Brücken festgestellt. Wegen der unsachgemäßen Demontage und ungeschützten Lagerung der ausgehobenen Brücken waren diese allerdings in einem bedauernswerten Zustand. Im Wesentlichen wurde folgendes festgestellt: - erhebliche Schäden des Korrosionsschutzes, teilweise großflächige Durchrostungen, Korrosionsschutz nicht mehr vorhanden, weitere Schäden durch Bewuchs, Graffiti - nicht mehr vorhandene oder stark abgerostete Nieten - grobe Schäden infolge unsachgemäßen und unplanmäßigen Schneidens mit Schneidbrenner bei der Demontage, insbesondere im Bereich der ehemaligen Gerbergelenke - Anprallschäden, fehlende Ausstattungsbauteile (Geländer, Verzierungen) - Lagerbänke und Kammerwände durch Frost-Tauwechsel und Wurzeldruck teilweise zerstört, Lager durch Korrosion zerstört oder nicht mehr vorhanden - Stützen: Korrosionsschutzschäden, Betonummantelungen zum Anprallschutz Abb. 6: Vorgefundener Zustand Überbauten Abb. 7: vorgefundener Zustand Überbauten Abb. 8: Unsachgemäßer Trennschnitt in den Gerbergelenken Abb. 9: Bewuchs 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 431 Die genieteten Yorckbrücken in Berlin - Instandsetzung und Umnutzung Abb. 10: Lagerbank mit Resten vorhandener Lager 3.4 Wesentliche Konstruktionslösungen der Planung 3.4.1 Grundsätzliche technische Lösung Seit der Entscheidung zur Umnutzung der Brücken wurden mehrere Anläufe genommen, um eine genehmigungsfähige Sanierungsplanung zu erstellen. Zur grundsätzlichen technischen Lösung gab es verschiedene Variantenuntersuchungen, bei denen die unterschiedlichen Randbedingungen berücksichtigt werden mussten. Hierbei war es erforderlich, neben den technischen Möglichkeiten und den denkmalschutzrechtlichen Anforderungen auch die Belange des späteren Baulastträgers (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin) sowie die Bedürfnisse weiterer Beteiligter zu berücksichtigen. Eine der schwersten Einschränkungen bei allen Überlegungen zur Sanierung und Umnutzung stellte die Stellung der Stützen im Bezug zu den Fahrbahnen der Yorckstraße dar. Bis auf eine Brücke befinden sich alle Stützen am unmittelbaren Fahrbahnrand der vielbefahrenen Yorckstraße im unmittelbar durch Anprall gefährdeten Bereich. Dieser Umstand hatte in früheren Jahren dazu geführt, dass beinahe alle Stützen mit einem als Anprallschutz fungierenden Betonsockel versehen wurden, die aber dem Denkmalschutz zuwiderliefen. Um dieses Problem zu lösen, wurden im Rahmen der Sanierungsplanung mehrere Varianten untersucht: - Nachweisführung der Stützen auf Anprall - Verringerung der Straßenbreite (womit die Stützen aus dem Anprallbereich herausfallen) - Veränderung der Stützenposition (Verlegung weg vom Fahrbahnrand) - Änderung des statischen Systems der Überbauten, um die Stützen überflüssig zu machen Abb. 11: Änderung des statischen Systems zum Einfeldträger durch Gerbergelenk- und Stützenentfall Von den genannten Varianten wurde die letzte als wirtschaftlich und statisch vertretbare Lösung weiterbearbeitet. Aus den Gerbergelenkträgern der Überbauten sollten Einfeldträger gemacht und die Überbauten von den Stützen getrennt werden, siehe Abbildung 11. Diese Lösung stellte für den Denkmalschutz eine erhebliche Herausforderung dar, da die ursprüngliche Funktion der Stützen entfiel und diese nur noch als Stadtmöbel fungieren würden. Letztlich wurde gemeinsam mit dem Denkmalschutz nach Abwägung aller Schutzziele und Anforderungen die Variante als der geringste Eingriff in die Substanz gewertet. 3.4.2 Konstruktive Detaillösungen und Sanierungsarbeiten Folgende konstruktive Detaillösungen wurden im Zusammenhang mit der Änderung des statischen Systems erforderlich. - Schließen der Gerbergelenke - Anordnung und Vernietung zusätzlicher Lamellenpakete - Trennung der Stützen vom Überbau und Einbau einer Sicherungskonstruktion im Falle eines Fahrzeuganpralls sowie Sicherung des Überbaus gegen Schwingungen 432 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Die genieteten Yorckbrücken in Berlin - Instandsetzung und Umnutzung Folgende weitere Sanierungsarbeiten wurden im Zusammenhang mit den Stahlbauarbeiten erforderlich: - Instandsetzung von korrosionsgeschädigten Bauteilen - Ersatz von Bauteilen, die nicht mehr instandgesetzt werden konnten - ersatzlose Demontage von Bauteilen, die stark geschädigt waren und nicht der ursprünglichen Bauzeit der Brücken zuzuordnen waren - vollständige Erneuerung des Korrosionsschutzes Folgende weitere Sanierungsarbeiten wurden im Zusammenhang mit der Gesamtbaumaßnahme weiter erforderlich: - vollständige Erneuerung von Lagerbänken und Lagersockeln - Sanierung des Sichtmauerwerks unter Begleitung eines Restaurators - Einbau neuer Brückenlager - Änderung der Gehbahnen durch Entfernung des alten Gleisbettes und Einbau einer neuen Gehbahn bestehend aus einer Leichtbetonschicht und darauf aufgebrachtem Gußasphalt - Einbau einer neuen Übergangskonstruktion zwischen Brückenbelag und angrenzendem Parkweg - Einbau neuer Geländer - Installation von Vogelschutzmaßnahmen Die wesentlichen Sanierungsarbeiten sind nachfolgend in Planung und Ausführung beschrieben. Abb. 12: Geplanter Querschnitt 4. Ausführung Reinigung und Instandsetzung geschädigter Bauteile Nach dem Transport der Brücken zum Fertigungsbetrieb wurden alle Brückenteile gereinigt. Wegen der unsachgemäßen Lagerung führte die Kombination aus Korrosionsschäden, mechanischen Schäden und Pflanzenbewuchs zunächst zur untypischen Grundreinigung, die darin bestand, erhebliche Erdanhaftungen und Pflanzenbewuchs zu beseitigen. Nach dieser Grundreinigung wurden die Brücken von den restlichen Asphaltanhaftungen im Bereich der ehemaligen Gleisbetten befreit. Die ursprünglich geplante Entfernung der Asphaltreste durch Sandstrahlen erwies sich als untauglich, weil es durch den hohen Energieeintrag beim Sandstrahlen zu einer Erwärmung des Asphalts kam und dieser lediglich auf dem Stahl zusammengeschoben wurde. Die Asphaltreste mussten also in mühevoller Handarbeit abgestemmt werden. Abb. 13: Typisches Schadensbild im Bereich der Auflager Nachdem die Brücken von Asphalt und Erdanhaftungen befreit waren, konnten sie mittels Sandstrahlen gereinigt werden und erhielten unmittelbar im Anschluss einen Grundierungsanstrich als Montagebeschichtung. Bei der darauffolgenden Schadensaufnahme sollten möglichst viele Schäden systematisiert werden, was aber nur teilweise gelang. Der größte Teil der Schäden war an allen Brücken zu beobachten, so dass für bestimmte Schadensbilder Regeldetails für die Sanierung entwickelt werden konnten. Dies betraf vor allem Schäden an Bauteilen der Dienstgehwege sowie an den außenseitigen Bauteilen der Brücken. Alle Brücken wiesen in den Lagerbereichen Korrosionsschäden auf, die darauf zurückzuführen waren, dass die Brückenenden direkt mit dem Erdreich in Kontakt waren. Die Abbildungen 13 und 14 zeigen typische Schadensbilder im Bereich der Auflager. Abb. 14: Typische Schadensbilder in den Lagerbereichen 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 433 Die genieteten Yorckbrücken in Berlin - Instandsetzung und Umnutzung Auch horizontale Flächen, von denen das Wasser schlecht ablaufen konnte, waren bei allen Brücken stark korrodiert. Teilweise waren die Flansche der Untergurte an den Hauptträger vollständig abgerostet. Weiter waren vereinzelt über die gesamte Brückenlänge linienförmige Korrosionsschäden an den Hauptträgerstegen erkennbar, die tragfähigkeitsrelevant waren und nach rechnerischer Überprüfung zwingend zu verstärken waren. Die gemessenen Abrostungen betrugen teilweise bis zu 8 mm an den ursprünglich 12 mm dicken Stegen. Die Verstärkung durch ein aufgenietetes durchgehendes Pflaster ist in Abbildung 15 gezeigt. Abb. 15: Aufgenietetes Pflaster als Stegverstärkung infolge Abrostung Im Bereich der Gehbahn waren die Konstruktionen teilweise durch Asphaltanhaftungen geschützt. Allerdings zeigte sich nach der Reinigung und einer stichprobenartigen Demontage von Anbauteilen, dass auch dort erhebliche Korrosionsschäden vorhanden waren. An den Nieten wurden ebenfalls Schäden erkannt, die für alle Brücke nahezu identisch waren. Ausnahmslos alle Schäden an Verbindungsmitteln waren durch Korrosion verursacht, wobei der Schädigungsgrad von Brücke zu Brücke variierte. Oft war das Umgebungsmaterial um die Niete erheblich geschädigt, während die Niete selber fast unbeschädigt waren. Dies ist möglicherweise auf das unterschiedliche Material des Grundwerkstoffs und der Nieten in Bezug auf die elektrolytische Reihe zurückzuführen (Abbildung 16). Abb. 16: Materialschwächungen Alle diese Schäden sollten unter strenger Beachtung des Denkmalschutzes saniert werden. Da aufgrund der nur bedingt schweißgeeigneten Materialien umfangreiche Schweißarbeiten nicht ausgeführt werden konnten, hieß das letztendlich, dass alle neu einzubauenden Verstärkungen durch Nieten zu verbinden und die nicht mehr funktionsfähigen Niete durch neue Niete zu ersetzen waren. Schließen der Gerbergelenke Zum Schließen der Gerbergelenke (Abbildungen 8 und 17) mussten sowohl die Stege als auch die Gurte der Hauptträger konstruktiv verändert werden. Dabei waren auch die während des Ausbaus der Brücken entstandenen Schäden zu berücksichtigen. Die geplante Stegverstärkung besteht aus Blechen, die auf den Innen- und Außenseiten der Hauptträger das Gelenk überbrücken. Dazu mussten die neben den Gelenken angeordneten Steifen entfernt und die durch den Ausbau der Brücken entstandenen unkontrollierten Brennschnitte durch Begradigung der Schnittkanten beseitigt werden. Diese Schäden rühren daher, dass beim Ausbau der Brücken die Gelenkbolzen nicht gelöst wurden, sondern die Blechpakete im Gelenkbereich mit Brennschnitten zertrennt wurden, siehe Abbildung 17. Abb. 17: Zustand der Gerbergelenke vor der Sanierung Nach der Demontage der gelenknahen Steifen und überflüssig gewordener Bleche wurden alle Kanten sauber beschliffen. Eine Forderung des Denkmalschutzes war, dass sich das Nietbild der Verstärkungen an dem historischen Nietbild orientiert, d.h. Nietdurchmesser und - abstände sollten mit den originalen Nietbildern optisch zumindest harmonieren und im besten Fall übereinstimmen. Hinzu kam die Forderung des zukünftigen Unterhaltungslastträgers nach dem Verschluss nicht mehr genutzter Nietlöcher. Um beiden Forderungen mit möglichst wenig Aufwand gerecht zu werden, wurden die 434 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Die genieteten Yorckbrücken in Berlin - Instandsetzung und Umnutzung vorhanden Nietlöcher genau vermessen und die Bemessung für die neuen Blechlaschen darauf abgestimmt. Abb. 18: Zertrennte Blechpakete im Gelenkbereich Das Ergebnis sind Steglaschen, denen man kaum ansieht, dass sie nachträglich angebaut wurden, siehe Abb. 19. Abb. 19: Planung und Ausführung der Gelenkschließung Tab. 1: Korrosionsschutzangaben Anordnung neuer Gurtlamellen Zur Erhöhung der Biegesteifigkeit war es erforderlich, die Lamellenpakete der Ober- und Untergurte zu verstärken. Diese Lamellenpakete wurden geöffnet und durch zusätzliche Lamellen verstärkt. In Brückenmitte war es nicht erforderlich, die Anzahl der Lamellen zu erhöhen. Lediglich die Länge der Lamellenpakete wurde erhöht und so dem neuen Momentenverlauf angepasst. Korrosionsschutz Nach Abschluss der stahlbaumäßigen Bearbeitung wurde der Aufbau des Korrosionsschutzes gemäß ZTV-ING und Abstimmung mit dem Baulastträger gemäß Tab. 1 in der Werkstatt ausgeführt. Dies erfolgte überwiegend mit Spritzpistole im Schutzzelt. Schwer zugängliche Bereiche wurden mit Pinsel und Rolle bearbeitet. 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 435 Die genieteten Yorckbrücken in Berlin - Instandsetzung und Umnutzung Trennung der Überbauten und Sicherung gegen Schwingungen Die Trennung der Überbauten von den Stützen vollzog sich relativ einfach, da die Lager und die Lagersockel erneuert werden mussten. Die Höhe der neuen Lagersockel wurde so abgestimmt, dass unter Volllast noch ein planmäßiger Spalt von 2 cm zwischen OK Stütze und UK Hauptträger bleibt. Da die Brücken Teil einer Parkanlage sind, die sich sehr großer Beliebtheit bei jungen Leuten erfreut und im Umfeld regelmäßig Veranstaltungen stattfinden, wurde auch die eher dem Vandalismus zuzurechnende Belastung aus der theoretisch möglichen gezielten Schwingungsanregung durch größere Menschenmengen beachtet. Die 1. vertikale Eigenfrequenz der Brücken liegt mit ca. 2,6 Hz außerhalb des kritischen Bereiches. Trotzdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine harmonische Anregung durch größere Menschenmengen zu Schwingungsamplituden führt, die für das Bauwerk unerwünscht sind und durch die sich die Brücken auf den Stützen absetzen könnten. Zu diesem Zweck wurden auf den Stützenköpfen Elastomerkissen angeordnet, die einen harten Stoß dämpfen und eine weitere Amplitudenzunahme unmöglich machen. Stützensanierung und Einbau der Sicherungskonstruktionen gegen Fahrzeuganprall Die Stützen wurden im Rahmen der Sanierung in ihre Einzelteile zerlegt wobei, wobei sich nur geringe Schäden zeigten. Diese Schäden waren vorrangig auf die Verzierungselemente beschränkt. Irreparabel geschädigte Elemente wurden gemäß den Forderungen des Denkmalschutzes jedoch nicht ersetzt, so dass an den sanierten Stützen die zeitabhängigen Schäden noch ablesbar sind. Da die Stützen nach der Sanierung weder die Betonummantelung haben noch mit den Brücken verbunden sein sollten, wären sie ohne konstruktive Änderungen nicht standsicher gewesen. Die Lösung bestand darin, in die Stützen ein Rohr einzusetzen, welches in das Fundament einbetoniert wird. Die Kapitelle, die ursprünglich fest mit den Brücken verbunden waren und ein Kalottenlager enthielten, wurden kraftschlüssig mit Stütze und Rohr verbunden. Auf den Oberseiten der Kapitelle wurden Elastomerkissen angebracht. Im Endzustand entsteht so der Eindruck, dass die Stützen immer noch die Brücken tragen. Die nun als Stadtmöbel deklarierten Stützen sind gemeinsam mit ihrem innen liegenden Tragrohr für eine verminderte Anpralllast bemessen, so dass sie im Falle eines Unfalls nicht schlagartig versagen. Einbau neuer Brückenlager einschl. Erneuerung der Lagerbänke und -sockel Die historischen Brückenlager bestanden aus Gleitlagern aus Stahl. Diese Lager waren teilweise durch Korrosion fast vollständig zerstört und mussten ersetzt werden. Aus unterhaltungstechnischen Gründen wurde entschieden, moderne Elastomerlager einzubauen. Da auch die Lagersockel und Lagerbänke aufgrund ihres Zustandes erneuert werden mussten, stellte der Einbau neuer Lager keine größere Herausforderung dar. An den Brücken wurde das Ziel verfolgt, die obere Lagerplatten und die Keilplatten so schmal wie möglich auszubilden, damit sie nur wenig über die tatsächlich sehr schmalen Untergurte der Hauptträger hinausragen. Die Kammerwände, Lagersockel und Lagerbänke wurden an allen Brücken erneuert. Aus Gründen der Dauerhaftigkeit wurden diese Bauteile in Stahlbeton ausgeführt. Die Kammerwände wurden durch eine gemauerte Vorsatzschale der historischen Optik angepasst. Parallel zur Sanierung der Brücken und Lagerbereiche wurde durch die DB AG auch das Vorsatzmauerwerk aller angrenzenden Bereiche saniert. Oberhalb der Yorckstraße wurden parkseitig die Balustraden neu hergestellt und mit Geländern versehen (Abbildung 20). Abb. 20: Gemauerte Vorsatzschale in historischer Optik Einbau einer neuen Gehbahn einschl. Entwässerung und Übergangskonstruktion Für die Nutzung als Geh- und Radwegbrücken wurden zwei Varianten der Gehbahnausbildung untersucht. Die Variante der Ausbildung mit einem GFK-oder Holzbelag 436 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Die genieteten Yorckbrücken in Berlin - Instandsetzung und Umnutzung wurde relativ schnell verworfen, weil die Frage der Entwässerung nicht zufriedenstellend gelöst werden konnte und zudem der Belastungsansatz eines Dienstfahrzeuges nicht oder nur sehr schwer hätte realisiert werden können. Als zweite und schließlich auch umgesetzte Variante wurde die Ausbildung einer Asphaltdeckschicht auf einer Betonunterlage mit dazwischenliegender Bitumenabdichtung untersucht. Hierzu wurden die Buckelbleche erhalten und im Falle von Undichtigkeiten korrosionsgeschützt. Zu beachten waren dabei die Einhaltung konstruktiver Regeln für den Beton, die Mindestdicke der Asphaltdecke, die Ausbildung der Entwässerung sowie die Führung der Abdichtung. Insbesondere die Führung der Abdichtung aus Bitumenschweißbahnen erwies sich dabei als Zwangspunkt, da in den Randbereichen der Gehbahnen eine große Menge an Nieten vorhanden waren und die Verklebung oder Klemmung der Bitumenbahnen in diesen Bereichen nicht möglich ist. Andererseits wurde die Betondicke geringgehalten, um das Gewicht der Gehbahn zu reduzieren. Der endgültige Querschnitt ist in Abb. 21 dargestellt. Abb. 21: Neuer Gehbahnaufbau Der Bereich vom Boden der Buckelbleche bis über die Querträger wurde mit Leichtbeton aufgefüllt. Die erforderliche Dicke des Betons über den Querträgern ergab sich aus der Höhe der Entwässerungsrinnen, die in den Asphalt und den Beton eingelassen ist. Die Abdichtung wird seitlich auf die Schotterbegrenzungsbleche geführt und dort mit einer Klemmleiste befestigt. Damit endet die Abdichtungsebene unterhalb der über die Brückenlänge durchgehenden Nietreihe zur Befestigung der Schotterbegrenzungsbleche am Steg der Hauptträger, siehe Abbildung 22. Die Entwässerung der Brücken erfolgt von der Mitte der Brücken ausgehend in Längsrichtung zu den Widerlagern. Durch die Ausbildung von Gefällebereichen wird das Wasser zu den an den Brückenenden nahezu mittig angeordneten Entwässerungsrinnen geführt. Abb. 22: Gefälleausbildung Die erforderlichen Gefälle auf dem Belag wurden bereits im Leichtbeton angelegt, so dass der Asphalt an allen Stellen die gleiche Dicke aufweist, siehe Abbildung 23. Während der Bauausführung stellte sich heraus, dass die Kombination aus Leichtbeton, Bitumenschweißbahn und Asphalt nicht unproblematisch ist. Die Entwicklung der Restfeuchte des Leichtbetons ist gegenüber Normalbeton deutlich verzögert und die erreichbare Restfeuchte liegt aufgrund der Zuschläge im Beton ohnehin über der von Normalbeton. 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 437 Die genieteten Yorckbrücken in Berlin - Instandsetzung und Umnutzung Abb. 23: Gehbahn Randdetail Bei ungünstigen Witterungsverhältnissen kann dieser Schichtenaufbau dazu führen, dass sich die erforderliche Restfeuchte im Leichtbeton nicht einstellt und es nach dem Aufbringen der ersten Asphaltschicht zur Blasenbildung im Asphalt kommt. Um das Risiko einer solchen Blasenbildung zu vermeiden wurden eine Probefläche angelegt und daraufhin unter Hinzuziehung eines Sachverständigen der Schichtenaufbau optimiert. Einbau neuer Geländer Da die Brücken als kombinierte Geh- und Radwege genutzt werden sollen, mussten neue Geländer mit einer Höhe von 1,30 m ab OK Gehbahn installiert werden. In Abstimmung mit dem Denkmalschutz wurde ein Geländerentwurf ausgewählt, der durch seine Sachlichkeit die Charakteristik der Brücken als Technikdenkmal unterstreicht und durch seine Farbgebung als nachträglich ergänztes Element erkennbar sein soll, siehe Abbildung 24. Aus gestalterischen Gründen wurde festgelegt, die Fußplatten der Geländerpfosten mit der Brücke zu vernieten. Die Fußplatten sitzen auf den Lamellen und die Nietlöcher mussten auf das Nietbild der Lamellenbefestigung abgestimmt werden, was zu individuellen Geometrien für jede Fußplatte führte. Abb. 24: Geländerplanung Auch die Geländerpfosten sind Einzelfertigungen, da sie wegen der abgestuften Lamellenpakete in ihrer Länge differieren. Die endgültige Ausführung der Geländer ist in Abbildung 25 gezeigt. Abb. 25: Geländerausführung 5. Projektbeteiligte Bauherr Grün Berlin Stiftung - Brücken 10, 11, 14, 17 DB Netz AG - Brücke 15 Unterhaltung nach Fertigstellung Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz - Brücken 10, 11, 14, 17 DB Netz AG - Brücke 15 Entwurfsverfasser Klähne Beratende Ingenieure im Bauwesen GmbH LPH 4 - 9 KLÄHNE BUNG Beratende Ingenieure im Bauwesen GmbH BUNG Ingenieure AG, Heidelberg Prüfingenieur Dipl.-Ing. Josef Seiler Bauausführung Heckmann GmbH & Co. KG 438 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Die genieteten Yorckbrücken in Berlin - Instandsetzung und Umnutzung Denkmalschutz Landesdenkmalamt Berlin Untere Denkmalschutz-Behörde Tempelhof-Schöneberg Literaturverzeichnis [1] Georg Mehrtens: Der deutsche Brückenbau im XIX. Jahrhundert, Verlag von Julius Springer, Berlin 1900 [2] F.Krause; F.Hedde: Die Brückenbauten der Stadt Berlin von 1897 bis Ende 1920, Zeitschrift für Bauwesen, Jahrgang 1022; Verlag von Wilhelm Ernst u. Sohn, Berlin [3] www.wikipedia.de: Yorckbrücken