Brückenkolloquium
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2510-7895
expert verlag Tübingen
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Zeitgemäße Planung von Holzbrücken - Gestaltung und Prüfbarkeit
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Frank Miebach
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4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 615 Zeitgemäße Planung von Holzbrücken - Gestaltung und Prüfbarkeit Frank Miebach Einleitung Im Bereich des Brückenbaus nimmt der Holzbrückenbau eine vermeintlich kleine Rolle ein. Prozentual liegt der Anteil der Holzbrücken in der Baulast des Bundes bei geschätzt 0,4% aller Brückenbauwerke [1]. Schaut man jedoch zu kleineren Verwaltungseinheiten der Länder, Landkreise und Kommunen, zeigt sich ein deutlich anderes Bild: bei größeren Kommunen liegt der Holzbrückenanteil bereits bei rund 15%, und bei kleineren ausgewählten Kommunen sogar bei über 40% [2] ! Somit haben Holzbrücken deutschlandweit durchaus eine hohe Relevanz. Grundlagenbetrachtung zum Einsatz von Holz im Brückenbau Für die Planung und Bemessung von Tragwerken ist Holz ein gut geeigneter Werkstoff, um statische Anforderungen zu erfüllen. Dies spiegelt sich beispielsweise bei großen Hallentragwerken eindrucksvoll wieder. Im Bereich des Brückenbaus kommt jedoch neben der statischen Anforderung eine wichtige Komponente hinzu: Eine exponierte Bauweise bewirkt zumeist eine Bewitterung von tragenden Bauteilen. Holz sollte jedoch generell nicht bewittert für tragende Zwecke eingesetzt werden. Somit stellt diese Erkenntnis eine spezielle Herausforderung für den Einsatz von Holz im Brückenbau dar. Um demnach Brücken aus Holz zu errichten, die gleichwertig zu anderen Materialien gelten können, sind Maßnahmen des konstruktiven Holzschutzes unabdingbar. Dies bedeutet vereinfacht einen Schutz der tragenden Teile vor oberseitiger Befeuchtung durch Regen, aber auch einen ausreichenden seitlichen Schlagregenschutz. Ein oberseitiger Schutz kann durch dichte Beläge aus anderen Materialien bestehen, aber auch durch eine separate Abdichtung bis hin zu einem Dach ausgeführt werden. Ein seitlicher Schutz hingegen kann entweder durch eine Verkleidung, aber auch durch ausreichenden Überstand eines Belags erzielt werden. 616 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Zeitgemäße Planung von Holzbrücken - Gestaltung und Prüfbarkeit Lebensdauerbetrachtung Holzbrücken Zur Beurteilung der Sinnhaftigkeit von konstruktiven Schutzmaßnahmen spielt das Kosten-Nutzen-Verhältnis und damit die Dauerhaftigkeit eines Bauwerks eine zentrale Rolle. Unter die Kategorie „konstruktiv geschützt“ fallen Holzbrücken, wenn die Haupttragstruktur vor direkter Bewitterung geschützt wird. Dies kann beispielsweise mit einem geschlossenen, ausreichend überkragenden Belag erreicht werden, aber auch durch Blechabdeckungen oder andere wasserdichte Abdeckungen unter einem offenen Belag erzielt werden. Offiziell geregelt ist dies durch die Ablösungsbeträge- Berechnungsverordnung (ABBV) vom Bundes-verkehrsministerium BMVI. Danach liegt die Nutzungsdauer konstruktiv geschützter Holzbrücken aktuell bei 60 Jahren und der Prozentsatz der jährlichen Unterhaltungskosten bei zwei Prozent. Brücken mit Überbauten aus Stahlbeton schreibt die Verordnung eine Nutzungsdauer von 70 Jahren bei 0,8 Prozent Unterhaltungskosten zu. Auszug Ablöserichtlinie des deutschen Bundesverkehrsministeriums BMVI (Stand 2010) Brückenüberbauten aus Holz Theor. Nutzung Jährl. Unterhalt Geh- / Radweg (Ungeschütztes Tragwerk) 30 Jahre 2,5 % v.H. Geh- / Radweg (geschütztes Tragwerk) 60 Jahre 2,0 % v.H. StraSSen (geschütztes Tragwerkwerk) 60 Jahre 2,0 % v. H. Konstruktiver Holzschutz Grundlage von Entwürfen moderner Holzbrücken ist die geschützte Bauweise gemäß des nationalen Anhangs zur DIN EN 1995-2 [3]. Dieser unterscheidet für geschützte Bauweisen drei unterschiedliche Fälle: a) Brücke mit untenliegender Verkehrsbahn b) Brücke mit obenliegender Verkehrsbahn c) gedeckte Brücke Abb. 1 Baulicher Holzschutz nach [3] In allen Fällen sind tragende Holzkonstruktionen durch eine wasserdichte Ebene zu schützen, so dass eine mittlere Materialfeuchte unter 20 % gewährleistet und Pilz oder Insektenbefall ausgeschlossen sind. Die Variante c) beschreibt dabei das ursprüngliche Holzschutzprinzip historischer Holzbrücken. Die Varianten a) und b) stellen modernere Entwurfsprinzipien dar, wobei sich die Variante b) mit einem ausreichenden seitlichen Überstand (>30°) eines dichten Belages auch ohne seitliche Verschalung ausführen lässt. Entsprechend der Lage und Exponiertheit der Brücke kann es empfehlenswert sein, den Überstand deutlich zu erhöhen. Weitere Regelungen zum Holzschutz sind in den Teilen 1 und 2 der DIN 68800 [4,5] festgelegt. Siehe dazu auch Handbuch „Entwurf von Holzbrücken“ [6]. Vorgaben aus der DIN 68800 Die Normenreihe der DIN 68800 priorisiert den baulichen (konstruktiven) Holzschutz gegenüber dem Einsatz von chemischen Holzschutzmitteln. Im Sinne einer nachhaltigen Bauweise gilt dieser Ansatz auch für den Holzbrückenbau. Brückenentwürfe sind so zu gestalten, dass ein möglichst großer Anteil der Bauteile problemlos recycelt bzw. einer späteren thermischen Nutzung zugeführt werden kann. Teil 1 [4] der Normenreihe definiert 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 617 Zeitgemäße Planung von Holzbrücken - Gestaltung und Prüfbarkeit in der Tabelle 1 Gebrauchsklassen, die einer definierten Feuchteexposition entsprechen. Teil 2 [5] der Norm enthält ergänzend besondere bauliche Maßnahmen, deren Ziel es ist, Konstruktionen so zu gestalten, dass alle tragenden Holzbauteile geschützt sind und eine Ausführung ohne Holzschutzmittel möglich ist. Sofern alle konstruktiven Maßnahmen erschöpft sind, lässt sich durch den Gebrauch heimischer Holzarten mit hoher Eigenresistenz dennoch auf chemischen Holzschutz verzichten. Für nicht tragende Bauteile wie Bekleidungen, Verschalungen oder Geländerfüllungen, deren konstruktiver Schutz nicht wirtschaftlich herstellbar ist, ist grundsätzlich kein chemischer Holzschutz vorzusehen. Mit resistenteren einheimischen Holzarten oder modifizierten Hölzern lässt sich eine längere Lebensdauer gewährleisten. Andernfalls sind Bauteile entsprechend häufiger auszutauschen. Brückenträger überdachter Brücken über Wasser werden der Gebrauchsklasse 2 zugeordnet [4 Anhang D Tabelle D.1]. In Rahmen eines Forschungsprojektes ließ sich keine erhöhte Belastung für Bereiche von Holzbrücken über Gewässern feststellen, sofern ein ausreichender Abstand zur Geländeoberfläche eingehalten ist [7]. Mit entsprechenden konstruktiven Maßnahmen lassen sich Bauteile bei Brücken gem. Tabelle 1 bzw. Abb. 2 zuordnen. Regelungen zu vorbeugenden chemischen Holzschutzmaßnahmen werden in Teil 3 der DIN 68800 [8] beschrieben - grundsätzlich ist der Einsatz durch konstruktive Maßnahmen zu vermeiden und bei geschützten Holzbrückenkonstruktionen nicht erforderlich. Abb. 2 Gebrauchsklassen bei gängigen Brückenquerschnitten 618 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Zeitgemäße Planung von Holzbrücken - Gestaltung und Prüfbarkeit Tabelle 1 Bauteile GK und Holzarten Häufige Bauweisen im Holzbrückenbau Deckbrücken Deckbrücken bestehen aus zwei oder mehr Hauptträgern, das Tragwerk liegt unter der Fahrbahn und wird durch den Belag abgedeckt. Diese Bauweise ist besonders einfach und wirtschaftlich. Sie wird häufig als einfeldrige Konstruktionen eingesetzt, die statisch als Biegebalken wirken. Ab Spannweiten von 10 m werden meistens zusätzliche Maßnahmen für einen Lastabtrag horizontaler Einwirkungen wie Wind erforderlich. Für eine offene Konstruktion eignet sich ein Diagonalverband aus Rundstählen. Ist die Fahrbahn wasserdicht ausgeführt, lässt sich diese als Scheibe umsetzen oder alternativ zwischen den Hauptträgern ein Fachwerk aus Holzstäben bilden. Das Holztragwerk wird durch einen wasserführenden Belag oder oberseitige Abdeckungen aus Blech oder Kunststoff vor der Witterung geschützt. Schutz vor Schlagregen bieten eine seitliche Bekleidung oder ein ausreichender Überstand der Fahrbahn. Bei wasserdurchlässigen Belagskonstruktionen ist der Schutz der Trägerinnenseiten erforderlich. Mit dieser Bauweise lassen sich Spannweiten bis 20 m wirtschaftlich realisieren. Durch den Einsatz von Unterspannungen können noch größere Distanzen überbrückt werden 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 619 Zeitgemäße Planung von Holzbrücken - Gestaltung und Prüfbarkeit Abb. 3 Deckbrücke mit Plattenbelag Blockträgerbrücken Bei dieser Bauweise bilden zu Blöcken verklebte Träger aus Brettschichtholz das unter der Fahrbahn liegende Haupttragwerk. Durch den massiven Querschnitt lassen sich statisch geringere Konstruktionshöhen erzielen. Ein Blockträger kann horizontale Einwirkungen durch Wind kompakt ohne zusätzlichen Aussteifungsverband abtragen. Die Blockträger sind durch eine dauerhafte Dichtebene oberseitig zu schützen. Ein ausreichender Überstand einer wasserdichten Fahrbahn oder eine Verschalung stellen den seitlichen Witterungsschutz sicher. Blockträgerbrücken zeichnen sich durch eine besonders kompakte Querschnittsform aus. Die Blockverklebung ermöglicht eine Herstellung von in mehrere Richtungen gekrümmten Bauteilen, wodurch sich nahezu beliebige Geometrien mit Spannweiten bis ca. 45 m realisieren lassen. 620 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Zeitgemäße Planung von Holzbrücken - Gestaltung und Prüfbarkeit Abb. 4 Blockträgerbrücke mit Asphaltbelag Trogbrücken Das Tragwerk einer Trogbrücke besteht aus zwei Hauptträgern aus Brettschichtholz, die in Geländerebene liegen und einen Trog bilden. Die Fahrbahn liegt zwischen den Hauptträgern auf U-förmigen Aussteifungsrahmen aus Stahl. Die horizontale Aussteifung erfolgt zumeist über einen Rundstahlverband. Ein Vorteil dieser Bauweise besteht in der geringen Konstruktionshöhe zwischen Oberkante des Belags und Unterkante der Brücke. Sie lässt auch bei großen Spannweiten höhere Durchflussquerschnitte für Hochwasser oder Freiraumprofile über Verkehrswegen zu. Für eine hohe Lebensdauer werden alle tragenden Elemente aus Holz oberseitig und seitlich verschalt. Trogbrücken sind wirtschaftlich mit Einzelspannweiten von bis zu 50 m realisierbar. 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 621 Zeitgemäße Planung von Holzbrücken - Gestaltung und Prüfbarkeit Abb. 5 Trogbrücke mit Holzbelag Fachwerkbrücken Die gedeckte Fachwerkbrücke gilt als traditionsreichste Ausführung von Holzbrücken. Das Tragwerk besteht aus einer aufgelösten Struktur aus Gurten, Pfosten und Diagonalen. Die statische Nutzung kleinformatiger Holzstäbe ermöglichte bereits vor der Entwicklung von Brettschichtholz Spannweiten bis zu 40 m. Heutzutage werden Fachwerkbrücken mit bis zu 80 m Länge realisiert. Die Fahrbahn ist meist an die Untergurte angeschlossen und die Obergurte dienen zusätzlich als Auflager für die schützende Dachkonstruktion. Verbandsebenen unterhalb des Belags sowie in Ebene der Obergurte nehmen die Horizontalkräfte auf. Biegesteife Rahmenkonstruktionen am Auflager aus Stahl, Beton oder Holz tragen die Horizontallasten aus der Obergurtebene in die Fundamente ab. Neben dieser klassischen Gestaltung lassen sich weitere Fachwerkformen und Unterarten differenzieren. Dazu können neben Gitterträgerkonstruktionen auch Hänge- und Sprengwerke sowie Kombinationen aus diesen gezählt werden. Der konstruktive Holzschutz wird durch einen ausreichenden Dachüberstand und/ oder eine seitliche Verschalung gewährleistet. Die früher oft geschlossene Ausführung der Verschalung wird heute teilweise durch eine offene Lamellenverschalung ersetzt. Die offene Konstruktionsweise erfordert eine sorgfältige Planung der baulichen Holschutzmaßnahmen, da durch Verwirbelungen oder Schnee geschützte Bereiche belastet werden können. 622 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Zeitgemäße Planung von Holzbrücken - Gestaltung und Prüfbarkeit Abb. 6 Abschnitt Fachwerkbrücke Holz-Beton-Verbundbrücken Holz-Beton-Verbundbrücken zeichnen sich durch die statisch sinnvolle Kombination von Holz und Beton in einem Tragwerk aus. Ziel ist die optimale Ausnutzung ihrer mechanischen Eigenschaften: Der Holzquerschnitt wird auf Zug beansprucht und die Betonplatte übernimmt die Druckkräfte. Diese Zuordnung lässt sich in Einfeldsystemen nutzen. Der Verbund wird hergestellt durch Kerven mit eingeklebter Bewehrung, Dübelleisten oder z.B. HBV®-Schubverbindern. Holz-Beton-Verbundbrücken eignen sich für Straßenbrücken mit Spannweiten bis 40 m. Der oberseitige Aufbau aus Beton bietet die Möglichkeit, die RiZ [9] der BASt ohne weiteren Planungsaufwand anzuwenden, sodass sich oberhalb des Holzträgers eine mit Betonbrücken vergleichbare Ausführung realisieren lässt. Das Holztragwerk wird als Trägerschar oder Blockträger ausgeführt und durch die auskragende Betonplatte konstruktiv gut geschützt. Die notwendige Schalung zwischen den Trägern sowie die seitliche Auskragung der Betonplatte lassen sich im Werk vorfertigen, damit unmittelbar nach Einhub die Bewehrungs- und Betonarbeiten beginnen können. 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 623 Zeitgemäße Planung von Holzbrücken - Gestaltung und Prüfbarkeit Abb. 7 Holz-Beton-Verbundbrücke Weitere Brückentypen siehe hierzu auch Handbuch „Entwurf von Holzbrücken“ [4]. Geländer aus Holz Holz wird bei der Herstellung von Geländern häufig wegen seiner einfachen Verarbeitbarkeit und Gestaltungsvarianz verwendet, zumeist bei Haupttragelementen wie Pfosten, Holmen oder Füllungen und Handläufen. Als Holzarten empfehlen sich die Kernhölzer von Lärche, Douglasie, Eiche oder Robinie ohne Behandlung. Darüber hinaus ist der Einsatz von modifizierten Hölzern möglich. Geländer sind stets der Witterung ausgesetzt mit der Folge besonderer Anforderungen an den Holzschutz. Details müssen besonders sorgfältig geplant werden, um stehende Nässe durch geneigte Flächen, ausreichende Abstände oder geschützte Verbindungen zu vermeiden. Alle Bauteile sollten leicht austauschbar und auch mit Blick auf etwaigen Vandalismus dimensioniert sein. Je nach Ausführung beträgt die Lebensdauer einer Geländerkonstruktion aus Holz 20 bis 30 Jahre. Tabelle 2 bietet Anhaltswerte für die Lebensdauer von Geländerkonstruktionen aus unterschiedlichen Holzarten. Abmessungen der Einzelbauteile für Holzgeländer in Standardbauweise lassen sich den MuZ (Musterzeichnungen) H-Gel 1 bis 5 entnehmen Tabelle 2 Anhaltswerte für die Lebensdauer von Geländerbauteilen aus Holz 624 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Zeitgemäße Planung von Holzbrücken - Gestaltung und Prüfbarkeit Abb. 8 Geländer aus Holz nach MuZ H-Gel 1-5 Verschalungen und Abdeckungen Eine entscheidende Herausforderung für den Entwurf von Holzbrücken ist der zuverlässige Witterungsschutz aller tragender Konstruktionsteile. Lässt sich dieser nicht durch einen ausreichenden Überstand einer Dichtebene oder eines dichten Fahrbahnbelags über dem Tragwerk sicherstellen, ist eine seitliche Verschalung und oberseitige Abdeckung anzuordnen [1]. Grundsätzlich eignen sich Bekleidungen entsprechend der Fachregeln für Gebäudefassaden [8] und oberseitige Abdeckungen entsprechend der Fachregeln des Dachdeckerhandwerks. Neben dem Werkstoff Holz sind Materialien wie Kunststoff, Metall, Stein oder auch Glas möglich. Primärer Zweck der Verschalungen und Abdeckungen ist der Schutz des Tragwerks vor Witterungseinflüssen. Seitliche Verschalungen Seitliche Verschalungen bilden eine vertikale Ebene für den Witterungsschutz des Tragwerks, sei es als geschlossene oder teildurchlässige Ausführung. Neben der Schutzfunktion tragen sie maßgeblich zur Bauwerksgestaltung bei. Geschlossene Verschalungen - Prüfbarkeit von tragenden Bauteilen Geschlossene Bekleidungen bilden eine witterungsdichte, meist vertikale Ebene zum Schutz des Tragwerks. Sie bestehen meist aus profilierten, horizontal oder vertikal angeordneten Holzbrettern mit einer Dicke von 18-24 mm, die durch Überlappen oder Nut und Feder eine geschlossene Ebene herstellen. Für Bekleidungen, die zur Verkehrsfläche angeordnet sind, empfehlen sich Dicken ≥ 21 mm, um Vandalismus vorzubeugen. Zur Vermeidung von Verletzungen ist der Einsatz gehobelter und gefaster Bretter vorzuziehen. Zur Hinterlüftung werden die Schalungsbretter auf einer Unterkonstruktion aus Latten (Sortierung gemäß DIN 4074-1 „10“ [9]) mit einem Abstand e ≤ 400 mm befestigt. Für das schnelle Abtrocknen ist eine Luftschicht von mindestens 20 mm vorzusehen. Informationen zur Ausführung orientieren sich an Gebäudefassaden und sind in den Fachregeln des Zimmererhandwerks - Außenwandbekleidungen aus Holz und Holzwerkstoffen [8] detailliert beschrieben. Entsprechend der Zugänglichkeit des Haupttragwerks sollten geschlossene Verschalungen mit einfachen Mitteln demontierbar sein, damit tragende Bauteile handnah geprüft werden können (siehe auch MuZ H-Schutz 6). Dies gilt auch für den etwaigen Austausch der Verschalung. Bei Überschneidungen mit anderen Konstruktionsteilen - bei- 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 625 Zeitgemäße Planung von Holzbrücken - Gestaltung und Prüfbarkeit spielsweise bei Trogbrücken mit dem Belag - sind Verschalungen entsprechend zu trennen. Es empfiehlt sich, Bauteile, die schlecht zugänglich oder einer hohen Spritzwasserbelastung ausgesetzt sind, mit dauerhafteren Materialien auszuführen. Grundsätzlich werden Verschalungen bei Brücken mit korrosionsbeständigen Verbindungsmitteln befestigt, um eine hohe Standzeit und einen späteren Austausch zu sichern. Alternativ zu Verschalungen aus Holz lassen sich Plattenwerkstoffe wie Furnierschichtholz, HPL-Platten oder Faserzementplatten einsetzen. Weitere Möglichkeiten stellen Holzschindeln, Bleche aus Titanzink, Aluminium oder Kupfer und Glas als Schindeln oder geschlossene Flächen dar. Abb 9 Vorschlag für innen- und außenseitige Verschalung einer Trogbrücke Offene Verschalungen Alternativ zu geschlossenen Verschalungen bieten offene Konstruktionen aus horizontalen Lamellen die Möglichkeit zur Realisierung eines transparenten Witterungsschutzes. Die Anordnung der Lamellen übereinander erfolgt dabei so, dass vom Tropfpunkt des oberen Brettes bis zur oberen Kante des unteren Brettes ein Schlagregenwinkel von mindestens 30° eingehalten wird. Im Gegensatz zu geschlossenen Bekleidungen ergibt sich der Nachteil, dass Regen und Schnee bei starkem Wind hinter die Verschalungsebene gelangen können. Gefährdete Konstruktionsteile in diesem Bereich - beispielsweise Fachwerkknotenpunkte - sind entsprechend zu schützen (Abb. 8.5). Von Vorteil bei offenen Bekleidungen ist die gute Einsehbarkeit der tragenden Holzbauteile. Eine Demontagemöglichkeit für Prüfungen muss nicht berücksichtigt werden. 626 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Zeitgemäße Planung von Holzbrücken - Gestaltung und Prüfbarkeit Abb 10 Offene Lamellenbekleidung Oberseitige Abdeckungen Sofern kein wasserdichter Fahrbahnbelag das Tragwerk abdeckt, ist der Schutz der Holzbauteile durch eine Abdichtungsebene herzustellen. Es lassen sich sowohl flächige als auch bauteilbezogene Abdichtungen einsetzen. Aufgrund der höheren Witterungsbelastung und schlechten Einsehbarkeit eignen sich für zusätzliche Abdichtungen Materialien wie Metall oder Kunststoffe besser als Holz oder Holzwerkstoffe. Grundlage für die Ausführung bilden die Regelungen für das Dachdecker und Spengler Handwerk. Für flächige Abdichtungen mit geringer Neigung lassen sich die Regelungen der DIN 18531 Teil 1-5 [10] anwenden. Für Abdichtungen unter Asphaltbelägen gelten zudem Teil 7 Abschnitt 1 und 2 aus den ZTV-ING [11]. Bei Abdichtungen unter offenen Belägen ergeben sich erhöhte Belastungen durch mechanische Einwirkungen, den Einsatz von Streusalzen oder Verschmutzungen. Neigungen und Aufbauten sind deshalb entsprechend zu wählen. Bei Vorgaben zu Mindestneigungen von Unterkonstruktionen sind stets die Verformungen des Tragwerks zu beachten. Schneeablagerungen können zusätzliche Abdichtungsmaßnahmen in vor Schlagregen geschützten Bereichen erfordern, zum Beispiel im Inneren von gedeckten Fachwerkbrücken. Abdeckungen aus Metall Für die flächige Abdeckung von Holztragwerken oder oberseitige und seitliche Abdeckung von Einzelträgern und Anschlussbereichen sind Titanzink-, Aluminium-, Edelstahl- oder Kupferbleche verwendbar. Die Regeldachneigung liegt je nach Ausführung bei mindestens 7°. Ein Gefälle von minimal 3° oder gefällelos (nur Edelstahl) kann durch Zusatzmaßnahmen wie zusätzliche Abdichtungen erreicht werden. Dehnungsstöße sind mindestens alle 8 m anzuordnen. Für Abdeckungen, die einer Tausalzbelastung ausgesetzt sind, eignen sich resistentere Metalle oder Kunststoffe. Titanzink oder Aluminium sind hierfür nicht geeignet. Darüber hinaus sind mögliche Kontaktkorrosionen mit Verbindungsmitteln oder Einbauteilen aus Metall zu berücksichtigen. Eine Gefahr durch Tauwasserausfall an Abdeckungen ist durch geeignete Trennlagen zu vermeiden. Weitere Informationen zur Ausführung und Verarbeitung sind in den Fachregeln für Metallarbeiten im Dachdeckerhandwerk aufgeführt. Abb 11 oberseitige Abdeckung von Hauptträgern Abdeckungen aus Kunststoff und Bitumen unter offenen Belägen Für die Ausführung von Abdichtungen mit geringem Gefälle von ≥ 1,5 % ist der Einsatz von Bitumen oder Kunststoffbahnen im Holzbrückenbau verbreitet. Die Teile 1 - 4 der DIN 18531 [10] enthalten Regelungen für die Ausführung von genutzten und nicht genutzten Dächern und lassen sich auch bei Brücken anwenden. Für Abdichtungen unter offenen Belägen liefern die Angaben aus Teil 5: Balkone, Loggien und Laubengänge spezifische Hinweise. Die Abdichtungsebene unter offenen Belägen lässt sich mit den meisten Polymerbitumenbahnen und allen Kunststoff- oder Elastomerbahnen gemäß DIN 18531 [10] Teil 2 umsetzen. Randabschlüsse, Rinnen oder Einbauteile sind als Standardteile aus Verbundblechen oder vorbehandelten Metallen verfügbar. Als Unterkonstruktion eignen sich belüftete Holzwerkstoffplatten oder Vollholzschalungen. Zur Redundanz lassen sich zusätzliche diffusionsoffene Abdichtungen unterhalb der Belüftungsebene anordnen. Schutzschichten gegen mechanische Belastungen sind bei Abdichtungsebenen unter offenen Belägen erforderlich. Hierfür eignen sich beispielsweise Bautenschutz- 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 627 Zeitgemäße Planung von Holzbrücken - Gestaltung und Prüfbarkeit matten aus Gummigranulat mit einer Mindestnenndicke von 6 mm. Zusätzlich sind Abstandshalter - beispielsweise Unterlagen aus EPDM - für die Unterkonstruktion vorzusehen, die eine ausreichende Distanz zur Abdichtungsebene schaffen Abb 12 Blockträgerbrücke, Abdichtung unter Bohlen, links Stehfalzdeckung, rechts Kunststoff-/ Bitumenbahn Hirnholzseitige Abdeckung Wegen ihrer Faserstruktur nehmen Stirnseiten von Holzstäben und Blockträgern Feuchtigkeit besonders schnell und tief auf. Diese Bereiche sind daher sorgfältig zu schützen. Hierzu lässt sich entweder die seitliche Bekleidung um das Hirnholz herumführen oder eine zusätzliche Blechabdeckung vorsehen. Erhöhte Sicherheit schaffen wasserdichte und schmutzdichte Übergangskonstruktionen. Fazit Bei Anwendung der konstruktiven Holzschutzregeln kann man mit Holz sehr dauerhafte Brückenbauwerke errichten. In Kombination mit anderen Materialien ist aber nicht nur eine zeitgemäße Formensprache möglich, sondern es lassen sich auch Bauwerke mit beachtlichen Spannweiten errichten. Die technische Entwicklung im allgemeinen Holzbau erzeugt nun eine ähnliche Situation wie für Stahl und Beton im Zuge der Industrialisierung zum Anfang des vergangenen Jahrhunderts. Dies wird auch den Holzbrückenbau positiv beeinflussen. Quellenverzeichnis [1] Dipl.-Ing. Tabea Neumann-Schwarzkopf: Vortrag Fachgespräch Holzbrücken - Der holzbrückenbau im Bereich der Bundesfernstraßen, 19. September 2018 [2] Prof. Dr.-Ing Thomas Uibel: Vortrag Fachgespräch Holzbrücken - Entwicklung von Standardbrücken für Geh- und Radwege, 19. September 2018, Fachhochschule Aachen, 2018 [3] DIN EN 1995-2, Bemessung und Konstruktion von Holzbauten - Teil 2: Brücken, DIN Deutsches Institut für Normung e. V., Berlin, 2011 [4] DIN 68800-1, Holzschutz - Teil 1: Allgemeines, DIN Deutsches Institut für Normung e. V., Berlin, 2011 628 4. Kolloquium Brückenbauten - September 2020 Zeitgemäße Planung von Holzbrücken - Gestaltung und Prüfbarkeit [5] DIN 68800-2, Holzschutz - Teil 2: Vorbeugende bauliche Maßnahmen im Hochbau, DIN Deutsches Institut für Normung e. V., Berlin, 2012 [6] Qualitätsgemeinschaft Holzbrückenbau e.V.: Entwurf von Holzbrücken, 2019 [7] Koch, Simon: Untersuchung der langfristigen Holzfeuchteentwicklung an geschützten Holzbrücken. In: 7. Doktorandenkolloquium Holzbau Forschung + Praxis, S. 105-112, Institut für Konstruktion und Entwurf, Universität Stuttgart, DE-Stuttgart, 2018 [8] DIN 68800-3, Holzschutz - Teil 3: Vorbeugender Schutz von Holz mit Holzschutzmitteln, DIN Deutsches Institut für Normung e. V., Berlin, 2012 [9] Richtzeichnungen für Ingenieurbauten (RiZ-ING), Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, 2017 [10] Außenwandbekleidungen aus Holz und Holzwerkstoffen - Fachregeln des Zimmererhandwerks, Bund Deutscher Zimmermeister, 2014 [11] DIN 4074-1 Sortierung von Holz nach der Tragfähigkeit - Teil 1: Nadelschnittholz, DIN Deutsches Institut für Normung e. V., Berlin, 2012 [12] DIN 18531 1-5 Abdichtung von Dächern sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen, DIN Deutsches Institut für Normung e. V., Berlin, 2017 [13] Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING), Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, 2017 Abb.1 - 12: Qualitätsgemeinschaft Holzbrückenbau e.V.: Entwurf von Holzbrücken, 2019 Tabelle 1, 2: Qualitätsgemeinschaft Holzbrückenbau e.V.: Entwurf von Holzbrücken, 2019