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Brückenkolloquium
kbr
2510-7895
expert verlag Tübingen
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2022
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Drohnengestützte Erfassung von Bestandsmodellen zur Automatisierung von Prozessen des digitalen Managements von Brückenbauwerken

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2022
Fabian Kaufmann
Thomas Tschickardt
Christian Glock
In der Ausführungs- und Betriebsphase eines Brückenbauwerks ist wenig erforscht, wie Daten und Informationen automatisiert erfasst und in Bauwerksinformationsmodelle (BIM) integriert werden können. Der vorgestellte Ansatz umfasst die autonome Datenerfassung mit Drohnen und die Erzeugung von BIMs bzw. eine Fortschreibung bestehender BIMs. Alle Schritte sollen automatisiert werden, um die Bereitstellung von Informationen in Echtzeit in kurzen Zyklen zu ermöglichen. Auf der Grundlage des 4-D-MonitoringBIM (4-D-MBIM) werden relevante Komponenten identifiziert und Wegpunkte für die drohnengestützte Datenerfassung abgeleitet. Anschließend wird die UAVMission auf Basis des 4-D-MBIM unter Berücksichtigung der Datenerfassungstechnologie, möglicher Hindernisse und anderer Randbedingungen geplant und per Simulation validiert. Die Datenerfassung erfolgt mithilfe von autonom operierenden UAVs. Innerhalb der erfassten Punktwolken wird eine Bauteilerkennung durchgeführt. Pro Objektklasse werden einzelne Objekte geclustert und anschließend (i) eine vollständige BIM-Rekonstruktion, (ii) ein BIM-Scan-Vergleich und (iii) eine weitere Informationsextraktion, z.B. die Erkennung von Betonrissen und Abplatzungen, durchgeführt. Alle Informationen werden gemäß der BIM-Methodik unter Verwendung offener Standards dargestellt.
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5. Brückenkolloquium - September 2022 155 Drohnengestützte Erfassung von Bestandsmodellen zur Automatisierung von Prozessen des digitalen Managements von Brückenbauwerken Fabian Kaufmann, M. Eng. Technische Universität Kaiserslautern, Fachbereich Bauingenieurwesen, Fachgebiet Massivbau und Baukonstruktion, Kaiserslautern, Deutschland Thomas Tschickardt, M. Eng. Technische Universität Kaiserslautern, Fachbereich Bauingenieurwesen, Fachgebiet Massivbau und Baukonstruktion, Kaiserslautern, Deutschland Wayss & Freytag Ingenieurbau AG, Frankfurt, Deutschland Univ.-Prof. Dr.-Ing. Christian Glock Technische Universität Kaiserslautern, Fachbereich Bauingenieurwesen, Fachgebiet Massivbau und Baukonstruktion, Kaiserslautern, Deutschland Zusammenfassung In der Ausführungs- und Betriebsphase eines Brückenbauwerks ist wenig erforscht, wie Daten und Informationen automatisiert erfasst und in Bauwerksinformationsmodelle (BIM) integriert werden können. Der vorgestellte Ansatz umfasst die autonome Datenerfassung mit Drohnen und die Erzeugung von BIMs bzw. eine Fortschreibung bestehender BIMs. Alle Schritte sollen automatisiert werden, um die Bereitstellung von Informationen in Echtzeit in kurzen Zyklen zu ermöglichen. Auf der Grundlage des 4-D-MonitoringBIM (4-D-MBIM) werden relevante Komponenten identifiziert und Wegpunkte für die drohnengestützte Datenerfassung abgeleitet. Anschließend wird die UAVMission auf Basis des 4-D- MBIM unter Berücksichtigung der Datenerfassungstechnologie, möglicher Hindernisse und anderer Randbedingungen geplant und per Simulation validiert. Die Datenerfassung erfolgt mithilfe von autonom operierenden UAVs. Innerhalb der erfassten Punktwolken wird eine Bauteilerkennung durchgeführt. Pro Objektklasse werden einzelne Objekte geclustert und anschließend (i) eine vollständige BIM-Rekonstruktion, (ii) ein BIM-Scan-Vergleich und (iii) eine weitere Informationsextraktion, z. B. die Erkennung von Betonrissen und Abplatzungen, durchgeführt. Alle Informationen werden gemäß der BIM-Methodik unter Verwendung offener Standards daargestellt. 1. Einleitung 1.1 Ausgangssituation Die Veröffentlichung des „Masterplans BIM im Bundesfernstraßenbau“ [1] sieht die digitale Methodik der Projektabwicklung für den Regelbetrieb im Jahre 2025 vor. Langfristig soll die Projektabwicklung gemäß dem Masterplan auf Basis digitaler Zwillinge erfolgen. Ein digitaler Zwilling stellt die physische Infrastruktur mit allen relevanten Informationen digital und in ihrer Komplexität dar. Dieses Zukunftsbild wird im „Masterplan Digitaler Zwilling Bundesfernstraßen“ wahrscheinlich im Jahr 2024 veröffentlicht werden. In diesem Zukunftsbild sollen Themen, wie die Vernetzung von Echtzeitdaten, modellbasierte Simulationen und Prognosen, die verstärkte Einbindung von Hersteller- und Maschinendaten, die Integration von künstlicher Intelligenz sowie die Vernetzung des digitalen Zwillings mit autonom operierenden Fahrzeugen betrachtet werden. Autonom operierende Fahrzeuge können bspw. das Bauwerk und dessen Zustand erfassen und eine kurzzyklische Informationsbereitstellung gewährleisten. Der Lebenszyklus eines Bauwerksinformationsmodells (BIM) reicht von der Entwurfsphase über die Ausführungsphase bis hin zur Betriebs- und Instandhaltungsphase [2]. In der Betriebsphase bildet eine ständige Aktualisierung der Informationen aus der Planungs- und Bauphase die Grundlage für einen zuverlässigen Betrieb über den gesamten Lebenszyklus. Die heutigen manuellen Verfahren zur Aktualisierung von Bestandsinformationen entsprechen jedoch noch nicht den Anforderungen eines BIM-basierten digitalen Bestandsmanagements während des Betriebs einer Infrastruktur. Erstens sind manuell erfasste Daten, z. B. aus visuellen Inspektionen, nicht mit der objektorientierten Struktur eines BIM verknüpft. Zweitens sind manuelle Datenerfassungsverfahren arbeitsintensiv und fehleranfällig, so dass regelmäßige Inspektionen nicht häufig, sondern nur jedes x-te Jahr durchgeführt werden [3-5]. Bei alternden Brücken sind häufigere Inspektionen unerlässlich, um einen zuverlässigen Betrieb, die frühzeitige Erkennung von Schäden und die Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen zu gewährleisten. 156 5. Brückenkolloquium - September 2022 Drohnengestützte Erfassung von Bestandsmodellen zur Automatisierung von Prozessen des digitalen Managements von Brückenbauwerken Abbildung 1: Informationsverlust während des Lebenszyklus eines Brückenbauwerks [6] Abbildung 1 zeigt die Problematik der fehlenden Daten und Informationen während des Lebenszyklus eines Brückenbauwerks, insbesondere in der Bau- und Betriebsphase. Während der Entwicklungs- und Planungsphase sind die Daten und Informationen weitgehend mit dem BIM verknüpft. In der Bauphase sorgen sogenannte BIM- 2Field-Ansätze für eine regelmäßige Aktualisierung des BIMs in Richtung eines As-Built-BIM, obwohl Informationen wie Bautagebuch, Pendelliste, Auslieferungsnotizen, Qualitätssicherungs-/ Qualitätskontrollberichte, Besprechungsprotokolle, Stundenzettel, Wetterbedingungen, Vermessungsprotokolle und andere noch nicht vollständig in das BIM integriert sind und manuell aktualisiert werden. Während der Betriebsphase werden die manuellen Inspektionen in Zeichnungen und Fotos dokumentiert und mit Datenbanken verknüpft. Eine regelmäßige Organisation dieser Informationen innerhalb von BIM ist heute noch nicht erreicht, da die Integration heterogener Daten in BIM einen hohen manuellen Aufwand erfordert. Daher müssen BIM-konforme Datenerfassungsverfahren entwickelt und implementiert werden. Um auch bei häufiger Datenerfassung und BIM-Aktualisierung eine hohe Effizienz zu gewährleisten, müssen die Verfahren (i) automatisiert und (ii) auf Basis des BIMs geplant und validiert werden, um die Datenqualität und -integrität sicherzustellen. Derzeit gibt es erste Forschungsansätze, die auf einer automatisierten Daten- und Informationserfassung mithilfe photogrammetrischer Methoden und/ oder Laserscanning (Light Detection and Ranging, „LiDAR“) basieren, meist während der Ausführungsphase. Im Brückenbau können (teil)autonom operierende Drohnen diesen Prozess unterstützen, da sie sich besonders für die Befliegung und Datenerfassung von größeren Bauwerken eignen. Drohnen werden manuell nach einer groben Flugplanung gesteuert, was zu erheblichen Kosten durch ineffiziente Flugrouten und unzureichende Datenmenge und -qualität führt. Eine effektive und effiziente Datenerfassung lässt sich durch einen vorausgehenden Planungsoptimierungsprozess erreichen, der als „Planning for Scanning“ (P4S) bezeichnet werden kann [7]. Eine weitere Herausforderung besteht darin, aus der während des Fluges erzeugten unstrukturierten Punktwolke Informationen zu extrahieren, die in das BIM zu integrieren sind. Bei der Übersetzung von Punktwolken in BIMs ist die Bauteilerkennung ein wichtiger Schritt der semantischen Auswertung. Für die Bauteilerkennung in Punktwolken erscheint der Einsatz von Methoden der künstlichen Intelligenz vielversprechend und wird bereits von den Autoren [8] und anderen im Rahmen der Scan- Net Benchmark Challenge [9] erforscht. Die Methoden sind jedoch noch nicht ausreichend entwickelt, um in der Praxis in der Bauwirtschaft eingesetzt zu werden. Hier sind Weiterentwicklungen und intensive praktische Anwendungen erforderlich. Neben der eigentlichen BIM-Rekonstruktion und -fortschreibung von Elementen ist in der Betriebsphase vor allem die weitere Untersuchung von Schäden, Verformungen und allgemeinen Veränderungen des Bauwerks von Interesse. Hier bietet die drohnenbasierte Datenerfassung wesentliche Vorteile, da die Drohne mit verschiedenen anderen Sensoren wie Kameras, Tiefenkameras, etc. ausgestattet werden kann, um aus diesen Daten Informationen über Schäden abzuleiten. Vorarbeiten wurden z. B. zur Erforschung der bildbasierten Risserkennung in Betonstrukturen durchgeführt [10]. Eine vollständige Verbindung zum BIM mit offenen Datenaustauschstandards ist nur teilweise gegeben, da es 5. Brückenkolloquium - September 2022 157 Drohnengestützte Erfassung von Bestandsmodellen zur Automatisierung von Prozessen des digitalen Managements von Brückenbauwerken noch Forschungslücken bei der Informationsextraktion und -verarbeitung gibt. 1.2 Zielsetzung Zunächst erfolgt die Entwicklung und Umsetzung eines drohnen-gestützten Datenerfassungsprozesses auf der Grundlage der Lean-Prinzipien zur kontinuierlichen Verbesserung der Flugplanung. Weil dieses Konzept in einem anderen Beitrag ausführlich dargestellt wird, liegt der Fokus dieser Arbeit auf der Analyse, Überführung und Integration der erfassten Punktwolke und der zugehörigen Daten in das BIM. Hierbei ist zu unterscheiden, ob ein BIM aus der Bauausführung vorliegt und in die Betriebsphase übergeben wird oder ob ein BIM basierend auf Punktwolken erst erzeugt werden muss. Aus Sicht des Betriebs und der Erhaltung müssen relevante zeitliche Informationen hinzugefügt werden, z. B. regelmäßige Wartungs- und Inspektionsintervalle pro Objekt. Mit solchen Informationen wird das BIM zum 4-D-Monitoring-BIM (4-D-MBIM) weiterentwickelt. Dabei ist zu beachten, dass alle zeitlichen Informationen nicht statisch bleiben, sondern entsprechend den Ergebnissen der digitalen Inspektionen aktualisiert werden. Werden Schäden am Bauwerk festgestellt, können im Rahmen des 4-D- MBIM zusätzliche, häufigere Inspektionen geplant werden, um Veränderungen zu verfolgen und vorausschauende Instandhaltungsmaßnahmen zur Vermeidung weiterer Schäden durchzuführen. Somit ist das 4-D-MBIM ein dynamisches digitales Asset, das den Betrieb und die Instandhaltung kontinuierlich unterstützt. Aus dem 4-D- MBIM wird nach festgelegten Inspektionszyklen ein Datenerfassungsereignis ausgelöst. Im Rahmen der Erfassungsplanung werden relevante Elemente im 4-D- MBIM identifiziert und mittels Drohne wie in [11] erfasst. Abweichungen können dann in einen Scan vs. BIM Abgleich erkannt und das BIM entsprechend fortgeschrieben werden. Liegt kein BIM aus der Bauausführung vor und kann dieses auch nicht aus vorhandenen Daten abgeleitet werden, muss das Bauwerk digital erfasst und in ein BIM-Modell überführt werden. Hierfür müssen zunächst Bauteile in den unstrukturierten Punktwolken erkannt werden, wofür maschinelle Lernverfahren und wissensbasierte Ansätze vorgestellt werden. Zudem wird dargestellt, wie aus der Gesamtmenge der einer Bauteilklasse zugeordneten Punkte einzelne Bauteile geclustert werden können. Mit Hilfe geeigneter Verfahren werden die geclusterten Bauteile anschließend geometrisch ausgewertet und in BIM- Objekte überführt. Auch das so erstellte BIM kann durch Ergänzung der für das digitale Asset Management erforderlichen Informationen zu einem 4-D-MBIM erweitert werden. Liegt das 4-D-MBIM vor, können weitere Informationen ergänzt werden, z. B. die bildbasierte Rissbzw. Schädigungserkennung und deren Abgleich mit dem BIM sowie die Rekonstruktion von Bewehrung, falls keine entsprechenden Bestandsdaten vorliegen, wofür hier geeignete Verfahren vorgestellt werden. 2. Stand der Wissenschaft und Technik 2.1 Erfassung Die Technologien und Geräte zur Datenerfassung wurden in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt. Neben traditionellen Methoden wie terrestrischem Laserscanning und Photogrammetrie stehen komplexe Technologien wie „Mobile Mapping Systeme“ und Drohnen zur schnellen Erfassung der Brückenbauwerke zur Verfügung [11]. Um sicherzustellen, dass die erfassten Punktwolken für die vorgesehene Anwendung geeignet sind, muss gewährleistet sein, dass alle Ziele der Flugroute mit der vorgegebenen Datenqualität und innerhalb des verfügbaren Zeitrahmens erfasst werden. Die Effizienz der Datenerfassung ist wichtig, um die Beeinträchtigung der Aktivitäten am Bauwerk zu reduzieren. 2.2 Scan vs. BIM Liegt ein BIM des Bauwerks vor, kann ein Abgleich von Punktwolke und BIM für verschiedene Anwendungen genutzt werden. Braun et al. stellen eine Methode vor, mit deren Hilfe die Baufortschrittserfassung durch einen Abgleich der Punktwolke mit dem vorhandenen BIM weitgehend automatisiert werden kann [12]. Zudem stellen Chen et al. eine Methode vor, bei der BIM und Punktwolke punktbasiert miteinander verglichen werden mit dem Ziel, Abweichungen zu erkennen [13]. 2.3 Bauteilerkennung in Punktwolken Bei der semantischen Segmentierung wird jeder Datenpunkt, z. B. jeder Pixel oder jeder Punkt in einer 3-D- Punktwolke, klassifiziert. Jedem Datenpunkt wird ein Label zugewiesen, das die jeweilige Klasse repräsentiert. Im Kontext von Scan-to-BIM-Workflows stellen die Klassen Bauwerkskomponenten dar. Eine texturierte und segmentierte Punktwolke ist in Abbildung 2 dargestellt. Abbildung 2: Texturierte und segmentierte Punktwolke Die Farbwerte entsprechen den Bauteilklassen, z. B. Wand, Decke, Fenster. Zur Lösung dieser Klassifikationsaufgabe können Verfahren des maschinellen Lernens und wissensbasierte Ansätze eingesetzt werden. Beim maschinellen Lernen wird ein Algorithmus durch ein Modell, das Trainingsdaten verarbeitet. Dazu wer- 158 5. Brückenkolloquium - September 2022 Drohnengestützte Erfassung von Bestandsmodellen zur Automatisierung von Prozessen des digitalen Managements von Brückenbauwerken den künstliche neuronale Netze aufgebaut, die aus mehreren Millionen Neuronen bestehen, die miteinander verbunden sind. Das Lernen erfolgt durch Gewichtung der Verbindungen der Neuronen in der Vorwärtsberechnung. Einen guten Überblick über Implementierungen, die für die Bauteilerkennung in Punktwolken relevant sind, bietet die Scannet Benchmark Challenge, bei der die erreichbare Genauigkeit an einem Datensatz mit Innenraumszenarien getestet werden kann [9]. Neben Multi-View-CNNs konnten auch Implementierungen von „Submanifold Sparse Convolutional Neural Networks“ sehr gute Ergebnisse erzielen, wie von Graham et al. eingeführt [14]. Neben datengetriebenen Ansätzen verfolgt Ponciano für die semantische Segmentierung von Straßenszenarien einen wissensbasierten Ansatz, der sogar höhere Genauigkeiten erzielt als ein auf maschinellem Lernen basierender Ansatz [15]. In einer anderen Arbeit wird ein wissensbasierter Ansatz zur Erkennung von Bauteilen in Punktwolken von Brückenbauwerken vorgestellt [16]. Weil aktuell sowohl auf datengetriebene als auch wissensbasierte Ansätze hinsichtlich ihrer Robustheit und erzielbarer Klassifikationsgenauigkeit konkurrieren, sind beide Möglichkeiten für die weitere Entwicklung des hier vorgestellten Konzepts in Betracht zu ziehen. 2.4 Scan to BIM Die Erzeugung von BIM-Modellen aus Punktwolken geschieht weitgehend manuell, wie in [17] dargestellt. Dabei besteht die Schwierigkeit zudem darin, dass hochparametrisierte Autorenwerkzeuge für die Erstellung von BIMs von Brücken es meist nicht erlauben, die geometrischen Abweichungen des realen Bauwerkszustandes exakt abzubilden, weil hierfür die Werkzeuge zur Freiformmodellierung fehlen. 2.5 Bewehrung Zur dreidimensionalen Erfassung von Bewehrung werden in der Praxis sowohl Radarals auch Ultraschallverfahren angewendet. Geräte mit beiden Aufnahmetechnologien sind am Markt verfügbar, wobei manche Geräte die Möglichkeit bieten, Bewehrung auch flächenhaft zu erfassen und ein dreidimensionales Oberflächenmodell der Bewehrung zu erzeugen (z. B. Hilti PS1000 X-Scan). Diese Verfahren sind besonders geeignet im Hinblick auf die Integration in BIM, weil die erfassten 3-D-Oberflächenmodelle eine geometrische Rekonstruktion der Bewehrung mit den hier vorgestellten Verfahren erlauben. 2.6 Bildbasierte Schadenserkennung Einen Überblick über Verfahren zur bildbasierten, automatisierten Risserkennung und deren kritische Würdigung bietet [18]. Ein auf maschinellem Lernen basierendes Verfahren zur Erkennung von Abplatzungen mittels Regressionsanalyse ist in [19] dargestellt. Die hier diskutierten Methoden zielen zwar auf die Ableitung von Parametern (Länge, Breite, usw.) zur Beschreibung der Schädigungen ab, enthalten aber keine Ansätze zur Überführung der Schädigungen in ein BIM. 3. Überführung der erfassten Daten in BIM 3.1 Konzept Ein konzeptioneller Ansatz für die BIM-basierte Flugplanung, die automatische Datenerfassung und die semantische Informationsextraktion wird im folgenden Kapitel vorgestellt. Eine Übersicht ist in Abbildung 3 dargestellt. Kernelemente sind (2) die automatisierte Flugplanung [11], der (teil)autonome Flug, (4) die Bauteilerkennung in Punktwolken zur semantischen Anreicherung der erfassten Daten, die Abbildung anderer erfasster Daten (RGB/ RGB-D, etc.) auf das 4-D-MBIM und (5) Rekonstruktion, Abgleich und Analyse z. B. hinsichtlich Schäden am Bauwerk. Abbildung 3: Konzept der Methode für die Automatisierung von Prozessen im Rahmen der digitalen Verwaltung von Brückenbauwerken 5. Brückenkolloquium - September 2022 159 Drohnengestützte Erfassung von Bestandsmodellen zur Automatisierung von Prozessen des digitalen Managements von Brückenbauwerken 3.2 Datenerfassung In der Betriebsphase kann ein Datenerfassungsprozess durch zuvor geplante Prüfzyklen ausgelöst werden oder bei Bedarf, wenn Änderungen im Zustand des Bauwerks durch Sensoren innerhalb des Structural Health Monitoring erkannt werden. Abhängig vom auslösenden Ereignis werden die relevanten Bauteile des Brückenbauwerks auf Basis des 4D MBIM, wie in [11] vorgeschlagen, bestimmt. 3.3 Objekterkennung und Rekonstruktion Für die Bauteilerkennung werden momentan die oben dargestellten datengetriebenen bzw. wissensbasierten Methoden erprobt und auf die Anwendung bei Brückenbauwerken angepasst. Nach erfolgter Bauteilerkennung werden in den Punktwolken pro Bauteilklasse einzelne Bauteile geclustert. Bei Bauteilen, die von planaren Seitenflächen begrenzt werden, erfolgt zunächst eine Segmentierung in Teilflächen mittels RANSAC Algorithmus [20]. Durch die Bestimmung des Abstandes zweier Teilflächen zueinander können zusammenhängende Bauteile, bspw. die beiden parallelen Flächen einer Wand, identifiziert werden. Hierfür muss der Abstand, bis zu dem zwei parallele Flächen einem Bauteil zugeordnet werden, vorher manuell durch einzelne Messungen bestimmt und dem Programm als Input vorgegeben werden. Bei gedrungenen Bauteilen (Stützen, usw.) können dichtebasierte Clustering-Algorithmen wie in [21] vorgestellt eingesetzt werden. Dieser Ansatz bietet den Vorteil, dass im Vergleich zu anderen Clustering-Algorithmen die Anzahl der gesuchten Cluster im Vorfeld nicht bekannt sein muss. Insbesondere bei Stützen bzw. Pfeilern ist im nächsten Schritt zu bestimmen, ob es sich um runde bzw. quadratische oder rechteckige Geometrien handelt. Hierfür können Verfahren zu Bestimmung der Oberflächenkrümmung wie in [22] vorgestellt und in CloudCompare [23] implementiert eingesetzt werden. Durch statistische Auswertung der Oberflächenkrümmung lassen sich so Bauteile mit rundem und quadratischem bzw. rechteckigem Querschnitt voneinander unterscheiden, wie Abbildung 4 zeigt. Abbildung 4: Bestimmung der Querschnittsform am Beispiel von Stützen Bei planaren, quaderförmigen Bauteilen erfolgt die Bestimmung der geometrischen Parameter (Lage, Orientierung, Länge, Breite) durch die Bestimmung der Horizontal ausgerichteten minimalen Umfassungsgeometrie (engl. horizontal aligned bounding box - h-obb), s. Abbildung 5. Dieses Verfahren wurde von den Autoren in [24] eingeführt und basiert auf der Vereinfachung, dass die obere und untere Begrenzungsfläche von Bauteilen horizontal liegt. Somit kann die Bestimmung der Abmessungen auf ein zweidimensionales Problem rückgeführt und eine hohe Zuverlässigkeit der Methode im Vergleich zu anderen Ansätzen zur Bestimmung der minimalen Umfassungsgeometrie, wie in [25] implementiert, erreicht werden. Weil aber gerade bei Brückenbauwerken häufig wandartige Bauteile mit geneigten Begrenzungsflächen, z. B. Flügelwände an Auflagern, vorkommen, ist eine Weiterentwicklung der Methode notwendig. Abbildung 5: h-obb am Beispiel einer Wand mit zwei Öffnungen Im Zuge der Rekonstruktion von Bewehrung erfolgt zunächst die Auf bereitung des aus der Erfassung vorliegenden Oberflächenmodells der Bewehrung durch Bereinigung und Erzeugung einer Punktwolke durch Sampling von Punkten auf dem Oberflächenmodell. Anschließend erfolgt die Auswertung mittels RANSAC [20], wobei in einem iterativen Ansatz durch kontinuierliche Anpassung der Parameter des RANSAC Algorithmus eine möglichst vollständige Zuordnung der Punkte zu Zylindern umgesetzt wird. Anschließend erfolgt die Umsetzung der ausgewerteten Geometrien zu BIM-Objekten mittels IfcOpenShell [26] als IfcRebar mit entsprechender Geometrierepräsentation. Das Ergebnis der Überlagerung von erfasstem Oberflächenmodell und rekonstruierten BIM ist in Abbildung 6 dargestellt. 160 5. Brückenkolloquium - September 2022 Drohnengestützte Erfassung von Bestandsmodellen zur Automatisierung von Prozessen des digitalen Managements von Brückenbauwerken Abbildung 6: BIM-Rekonstruktion von Bewehrung 3.4 4-D-Monitoring BIM Integration Alle erfassten Informationen müssen in das 4-D-MBIM integriert werden. Um Interoperabilität zu gewährleisten, werden alle BIM-Objekte gemäß den geometrischen und semantischen Definitionen des IFC-Standards modelliert. Neben den Objekten, die im IFC-Standard beschrieben sind, müssen andere von Grund auf mit spezifischen geometrischen Darstellungen und Eigenschaftssätzen entwickelt werden. Ein Beispiel ist in Abbildung 7 dargestellt, das die Darstellung von Rissen und Abplatzungen in einem BIM einer Brücke zeigt. Das 4-D-MBIM bietet einen wertvollen Input für die Überwachung des Bauwerkszustands und die Ableitung von Zustandsindikatoren. Die Ermittlung und Bewertung von Schäden an Brückenbauwerken ist derzeit durch DIN 1076 und RI-EBW-PRÜF definiert und wird über das Programmsystem der SIB-Bauwerke [5] umgesetzt. Die summarischen Zustandsnoten für Teilbauwerke und Bauteilgruppen sowie die Bewertung von Einzelschäden werden über das Programm erfasst und können anschließend abgefragt werden. Dabei sind weder die Prozesse noch die Datenstruktur BIM-konform. Informationen aus der drohnengestützten Erfassung sollen daher automatisch ausgewertet und als BIM-Entitäten zur Verfügung gestellt werden. So können bestehende BIMs gezielt zu digitalen Modellen erweitert werden, die den Ist-Zustand des Bauwerks abbilden. Digitale Modelle, die digitale Verknüpfung mit Bestandsdaten und die Ableitung von Zustandsindikatoren bilden die Grundlage für ein integriertes Bauwerksmonitoring zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Brückenbauwerken. Abbildung 7: BIM-Darstellungen von Betonrissen und Abplatzungen an einer Brücke 5. Brückenkolloquium - September 2022 161 Drohnengestützte Erfassung von Bestandsmodellen zur Automatisierung von Prozessen des digitalen Managements von Brückenbauwerken 4. Fazit und Ausblick In diesem Beitrag wird ein Ansatz vorgestellt mit dem Prozesse des digitalen Managements von Brückenbauwerken weiter automatisiert werden können. Dazu werden zunächst Daten autonom mit Drohnen erfasst, wobei der Flugplanung im Vorfeld auf Basis des 4-D-MBIM entworfen und in einer Simulation validiert wird. Der vorgestellte Ansatz orientiert sich an den Lean- Prinzipien und wird als „Lean Erfassungsprozess“ bezeichnet. Die Datenerfassung wird analog zum PullVerfahren bei Bedarf für relevante Aktivtäten ausgelöst und erfasst ausschließlich zugehörige Bauteile. Der Prozess umfasst die automatisierte und modellbasierte Planung (Plan), die realitätsnahe Simulation (Do), die Validierung und einheitliche Bewertung (Check) sowie die bedarfsorientierte Anpassung (Act). Durch diesen Ansatz wird sichergestellt, dass nur die benötigten Informationen erfasst werden, die auch erfasst werden sollen. Die erfassten Daten werden in BIMs integriert, wobei Bauteile in der Punktwolke zunächst detektiert, geometrisch rekonstruiert und anschließend zu einem 4-D- MBIM zusammengeführt. Zusätzlich können weitere Schadenserkennungsmethoden angewendet werden, um z. B. Risse und Abplatzungen zu erkennen und in das 4-D-MBIM zu integrieren. Der vorgestellte Ansatz wird derzeit sukzessive umgesetzt, wobei der Schwerpunkt derzeit auf der Drohnensimulation und der Generierung von synthetischen Trainingsdaten liegt. Ziel ist es, die Methode auf einer Infrastrukturbaustelle und an einem Brückenbauwerk einzuführen. Literatur [1] BMDV: Masterplan BIM - Bundesfernstraßen.- [2] Glock, Christian: Digitalisierung im konstruktiven Bauwesen. In: Beton- und Stahlbetonbau 113 (2018), Nr. 8, S. 614-622.- [3] DIN 1076: 1999-11, Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen - Überwachung und Prüfung.- [4] BMDV: Richtlinie zur Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Ingenieurbauten (RPE-ING).- [5] BMDV: Richtlinie zur einheitlichen Erfassung, Bewertung, Aufzeichnung und Auswertung von Ergebnissen der Bauwerksprüfungen (RI-EBW-PRÜF).- [6] Kaufmann, Fabian; Tschickardt, Thomas; Glock, Christian: Drone-based acquisition of as-built models for the automation of processes within the digital management of bridge assets. 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