eJournals Brückenkolloquium 5/1

Brückenkolloquium
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expert verlag Tübingen
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Erhalt einer der ersten „Eisenbeton“-Brücken Deutschlands – dank Carbonbeton!

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Alexander Schumann
Sebastian May
Felix Kniebel
Jan Geißler
Frank Thorwirth
Der Erhalt von bestehenden Bauwerken und Gebäuden trägt wesentlich zur Erreichung der gesetzten Klimaziele bei. Aus diesem Grund müssen Gebäude so lange wie möglich erhalten bleiben, insbesondere wenn es sich dabei um historische oder kulturelle Unikate handelt. In den letzten Jahren hat sich in der Bauwelt eine vielversprechende und nachhaltige Verstärkungslösung etabliert – das Verstärken von bestehenden Bauwerken mit Carbonbeton. Das Potential des innovativen Werkstoffs Carbonbeton wird anhand der Verstärkung der im Jahre 1893/94 errichteten Stahlbetonfußgängerbrücke über den Stadtgraben Thainburg in Naumburg/Saale aufgezeigt. Mithilfe einer 9 – 12 mm dünnen Instandsetzungsschicht wurde die historische Brücke ertüchtigt und konnte vor dem Abriss gerettet werden. In diesem Artikel werden die Hintergrundinformationen der bestehenden Brücke sowie das Instandsetzungskonzept mit Carbonbeton vorgestellt. Zusätzlich werden Erkenntnisse aus der Bauausführung aufgezeigt.
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5. Brückenkolloquium - September 2022 179 Erhalt einer der ersten „Eisenbeton“-Brücken Deutschlands - dank Carbonbeton! Alexander Schumann CARBOCON GMBH, Dresden, Deutschland Sebastian May CARBOCON GMBH, Dresden, Deutschland Felix Kniebel Steinbacher Consult GmbH, Lützen/ Leipzig, Deutschland Jan Geißler SB Straßenbau, FB2 SG66 Tief- und Gartenbau, Stadt Naumburg, Deutschland Frank Thorwirth Karrié Bauwerkserhaltung GmbH, Erfurt, Deutschland Zusammenfassung Der Erhalt von bestehenden Bauwerken und Gebäuden trägt wesentlich zur Erreichung der gesetzten Klimaziele bei. Aus diesem Grund müssen Gebäude so lange wie möglich erhalten bleiben, insbesondere wenn es sich dabei um historische oder kulturelle Unikate handelt. In den letzten Jahren hat sich in der Bauwelt eine vielversprechende und nachhaltige Verstärkungslösung etabliert - das Verstärken von bestehenden Bauwerken mit Carbonbeton. Das Potential des innovativen Werkstoffs Carbonbeton wird anhand der Verstärkung der im Jahre 1893/ 94 errichteten Stahlbetonfußgängerbrücke über den Stadtgraben Thainburg in Naumburg/ Saale aufgezeigt. Mithilfe einer 9 - 12 mm dünnen Instandsetzungsschicht wurde die historische Brücke ertüchtigt und konnte vor dem Abriss gerettet werden. In diesem Artikel werden die Hintergrundinformationen der bestehenden Brücke sowie das Instandsetzungskonzept mit Carbonbeton vorgestellt. Zusätzlich werden Erkenntnisse aus der Bauausführung aufgezeigt. 1. Einleitung Der Klimawandel ist die Herausforderung unserer und zukünftiger Generationen - auch im Bausektor. Um die politischen Ziele zu erreichen, muss in der Baubranche schnellstmöglich ein Wandel eingeleitet werden, da der Bausektor nach aktuellen Studien direkt und indirekt für bis zu 50 % der globalen CO 2 -Emissionen verantwortlich ist [1]-[3]. Aus diesem Grund müssen im Neubaubereich vermehrt ressourceneffiziente und CO 2 -arme Materialien und Werkstoffe zum Einsatz kommen. Jedoch darf der Bereich des Bauens im Bestand nicht vernachlässigt werden, da dieser nicht minder essentiell für die Verminderung der Treibhausgasemissionen im Bausektor ist. Verschiedene Studien und Veröffentlichungen zeigen eindrucksvoll auf, dass der Erhalt unserer gebauten Umwelt im Gegensatz zum Abriss und Ersatzneubau einen wenn nicht sogar den größten Hebel zur Erreichung der Klimaziele besitzt, vgl. [4], [5]. Der Erhalt unserer Bauwerke kann in vielen Fällen, insbesondere unter Beachtung denkmalschutzrechtlicher Aspekte, nicht allein durch den Einsatz von „konventionellen“ Werkstoffen und Verfahren erreicht werden (z. B. Spritzbeton). Aus diesem Grund ist es unabdingbar, dass Neuerungen und innovative Verfahren und Werkstoffe auch im Bereich der Sanierung und Verstärkung vermehrt zum Einsatz kommen. Ein Beispiel für einen innovativen und ressourceneffizienten Werkstoff für die Sanierung und Verstärkung von bestehenden Gebäuden stellt Carbonbeton dar. Mit Carbonbeton können Bestandsstrukturen i. d. R. im Hochbau mit Schichtstärken von 10 - 15 mm und im Brückenbau von 10 - 35 mm instandgesetzt bzw. statisch verstärkt werden. Im vorliegenden Beitrag wird der Erhalt einer der ältesten Stahlbetonfußgängerbrücken Deutschlands durch den Einsatz von Carbonbeton aufgezeigt. Die hier genannte Brücke befindet sich in Naumburg in Sachsen-Anhalt und konnte im Jahr 2021 erfolgreich mit dem Werkstoff Carbonbeton instandgesetzt werden. 2. Die Geschichte und Konstruktion der Fußgängerbrücke Der Maurermeister Eduard Burckhardt errichtete circa 1893 die heute noch vorhandenen baugleichen Stadtvillen „Marienmauer 17“ und „Marienmauer 18“ in Naumburg/ Saale. In diesem Zuge bot Eduard Burckhardt der Stadt Naumburg an, die damit einhergehende und erforderliche Brücke über den Stadtgraben direkt mit zu errichten und dies sogar unentgeltlich. Im Gegensatz zu den damals üblichen Konstruktionen und Werkstoffen (u. a. Mauerwerk, Naturstein und Holz) wurde die Brücke mit dem neuen 180 5. Brückenkolloquium - September 2022 Erhalt einer der ersten „Eisenbeton“-Brücken Deutschlands - dank Carbonbeton! Verbundwerkstoff Stahlbeton bzw. damals hieß es noch „Monier”-Beton bzw. „Eisenbeton“ nach einem der Pioniere des Stahlbeton - Joseph Monier errichtet. Die Fußgängerbrücke über den Stadtgraben wurde 1893/ 94 durch die Aktiengesellschaft für Monierbauten erbaut, deren Inhaber der bekannte Ingenieur Gustav Adolf Wayss war. Es handelt sich bei der genannten Brücke um eine reine Fußgängerbrücke ohne Nutzungsmöglichkeit für Fahrzeuge (auch nicht eingeschränkt). Ebenfalls befindet sich unter dem Bauwerk kein Verkehrsweg. Jedoch wird der Stadtgraben von Fußgängern genutzt, vgl. Abbildung 2. Das Bauwerk besteht aus einer Gewölbebrücke mit einer lichten Weite von 14,40 m und einem Stichmaß von 1,80 m (vgl. Abbildung 1). Die lichte Höhe im Scheitel beträgt etwa 4 m. Das Gewölbe liegt im Bereich der Marienmauer (Westseite) auf der alten Stadtmauer und im Bereich des Marienringes (Ostseite) auf einem Betonwiderlager, welches in der Böschung gegründet ist, auf. Der Stahlbetonbogen hat eine Dicke von 0,16 m im Scheitel und weitet sich im Auflagerbereich auf 0,24 cm auf. Der Auf bau auf dem Bogen besteht aus einem Magerbeton mit geringer Festigkeit. Dieser ist im Randbereich aufgekantet und bildet die Stirnwände des Bauwerks. Die Gründung besteht aus einer Flachgründung. Die Brückenbreite beträgt zwischen den Geländern 3 m und zwischen den Gesimsaußenkanten 3,4 m. Das Bauwerk steht aufgrund seiner historisch herausragenden Bedeutung für die Geschichte des Stahlbetonbaus im mitteldeutschen Raum unter Denkmalschutz. Insbesondere das ästhetische Erscheinungsbild, charakteristisch für die Konstruktion ist der sehr schlanke Bogen, ist erhaltenswert. Abbildung 1: Längsschnitt der Fußgängerbrücke, entnommen aus den Bestandsunterlagen 3. Planung der Instandsetzung Nach fast 130-Jähriger Nutzung musste die Fußgängerbrücke aufgrund verschiedener Schadensfälle instandgesetzt werden. Im Zuge der Zustandserfassung konnte festgestellt werden, dass sich das Bauwerk in einem bedenklichen Zustand befindet. Der Füll- und der konstruktive Beton waren infolge Tausalz und Nässeeinwirkung im Gefüge erheblich zerstört. Aus den Brückenflanken trat erhebliche Nässe aus, die auf eine fehlende Dichtung im Bauwerk schließen ließ. Sämtliche Oberflächen wiesen Abnutzungserscheinungen auf, die teils auf Feuchteeinwirkung und teils auf die natürliche Alterung des Bauwerks zurückzuführen waren. Zusätzlich zeigten die Bauwerksuntersuchungen und die Probenentnahmen, dass die Bestandsbewehrung im Feldbereich sehr starke Korrosionsgrade aufwies. Infolgedessen musste ein Instandsetzungskonzept gefunden werden, welches statisch die Bestandsbewehrung komplett ersetzt, an dem gekrümmten Bauwerk auch unter beengten Ausführungsverhältnissen eingesetzt werden konnte und welches die Anforderungen an den Denkmalschutz erfüllt. Hierbei war das oberste Ziel der Instandsetzungsmaßnahme der bestmögliche Erhalt der vorhandenen Bausubstanz, um den Forderungen der Denkmalbehörde gerecht zu werden. Aus diesem Grund sollten verschiedene planerische Lösungen unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes und des Erhalts des einmaligen Bauwerks erarbeitet werden. Im Zuge einer umfangreichen Variantenuntersuchung mit konventionellen Verfahren konnte aufgrund der hohen Anforderungen keine zufriedenstellende Lösung entwickelt werden. Um das Bauwerk jedoch erhalten zu können, wurden auch neuartige und innovative Verfahren mit in die Voruntersuchungen einbezogen. Hierbei fiel die Entscheidung aufgrund diverser Vorteile auf eine Instandsetzung mit Carbonbeton (an dieser Stelle wird auf den Werkstoff Carbonbeton nicht weiter eingegangen, für weiterführende Informationen siehe [6]-[11]). 5. Brückenkolloquium - September 2022 181 Erhalt einer der ersten „Eisenbeton“-Brücken Deutschlands - dank Carbonbeton! Abbildung 2: Ansicht der Fußgängerbrücke aus dem Jahre 2017 (Foto: CARBOCON) Abbildung 3: Bestandsbild aus dem Jahre 2017 (Foto: CARBOCON) Wie in den zuvor gezeigten Abbildungen zu erkennen, befindet sich auf dem Tragbogen ein Magerbeton, der aufgrund der geringen Festigkeit nicht zum Lastabtrag herangezogen werden konnte. Jedoch stellte sich im Zuge der statischen Nachweisführung heraus, dass ohne Ansetzung des Magerbetons und durch die geringe Querschnittshöhe des Bestandsbogen und der stark korrodierten Bestandsbewehrung eine sinnvolle und wirtschaftliche Verstärkung auf der Unterseite nicht möglich gewesen wäre. Aus diesem Grund wurde sich zusätzlich zu der nachfolgend beschriebenen Carbonbetoninstandsetzung dazu entschieden, den Magerbeton der Brücke abtragen zu lassen und den Bestandsbogen durch eine 20 cm dicke konventionelle Auf betonschicht zu ergänzen. Im Zuge der Planung stellte sich heraus, dass für den vollständigen Ersatz der korrodierten Bestands(stahl)bewehrung auf der Unterseite des Stahlbetonbogens im Feld eine Lage vom Carbongitter Typ I nach der Zulassung/ Bauartgenehmigung CARBOrefit® - Verstärken von Stahlbetonbauteilen mit Carbonbeton (mit der Nummer Z-31.10-182 [12]) ausreichend war. Hierbei wurde extra ein flexibles Carbongitter gewählt, um am Bauwerk eine sichere Ausführung der Bogenform gewährleisten zu können. Zusätzlich wurde eine zweite Lage des gleichen Carbongitters um 90° gedreht eingebaut (quer zur Bogenlängsrichtung) und am Bogen nach oben sowie über die Oberseite des Bogens und über die neue Auf betonschicht geführt. Zur Veranschaulichung der Instandsetzungsmaßnahme dient Abbildung 4. Abbildung 4: Planungsausschnitt (Foto: CARBOCON) Durch die in Querrichtung des Bogens angeordnete zusätzliche Bewehrungslage konnte die erforderliche Querbewehrung sichergestellt werden und die Bestandskonstruktion zusätzlich abgedichtet werden, um die Dauerhaftigkeit der Konstruktion über die zukünftige Lebensdauer sicherzustellen. Die Abdichtung erfolgte in diesem Fall alleine durch die Carbonbetonschicht, da diese aufgrund des guten Verbundverhaltens und der dünnen Schichtdicken lediglich minimalste Rissbreiten aufweist. In Summe wurde die Bogenunterseite mit 2 La- 182 5. Brückenkolloquium - September 2022 Erhalt einer der ersten „Eisenbeton“-Brücken Deutschlands - dank Carbonbeton! gen an Carbongitter mit einer Gesamtinstandsetzungsdicke von 6 mm und die Oberseite mit einer Lage und einer Gesamtdicke von 9 mm ausgeführt. Das Planungskonzept sah weiterhin vor, dass die Qualität des Magerbetons im Zuge der Abbrucharbeiten geprüft werden sollte, um den Magerbeton aufgrund des historischen Wertes erhalten und statisch ansetzen zu können. Jedoch zeigte sich während der Abbrucharbeiten, dass der Magerbeton nahezu vollständig in einem desolaten und nicht mehr ausreichenden Zustand war. Darauf hin wurde der Magerbeton vollständig abgebrochen. Nur an den Widerlagerbereichen war der Beton strukturell soweit in Takt, dass er auf dem Bauwerk verbleiben konnte. Das auf dem Querschnitt E-E in blau dargestellte Carbongelege wurde direkt auf die alte Bogenoberseite aufgebracht. Wo der historische Magerbeton noch intakt war, wurde das Carbongitter über diesen geführt. Betonschadstellen auf der Bogenoberseite wurden vorab fachgerecht saniert. Auf diese Carbonbetonlage kam dann der neu Auf beton, welcher wie im Bestand unbewehrt verbaut wurde. Lediglich die in Querschnitt E-E dargestellten Stirnwände erhielten eine Verankerung durch Stabstähle (siehe nachfolgende Abbildung). In Kombination mit der Auf betonschicht und der Carbonbetoninstandsetzung konnte ein Instandsetzungskonzept gefunden und ein Erhalt der Brücke sichergestellt werden. In Abbildung 4 ist der Plan der Instandsetzungsmaßnahme gezeigt. Die bestehende Gründung blieb erhalten. Da keine Schäden aus Setzung oder Verformung der Gründungen sichtbar waren, wurde davon ausgegangen, dass die Gründung intakt ist. Die einzutragenden Lasten bleiben in etwa gleich. Es bestand daher kein Anpassungsbedarf an der Gründung. Aufgrund der langen Standzeit war davon auszugehen, dass Setzungen abgeklungen waren. Dies konnte im Zuge der Bauausführung ebenfalls bestätigt werden. 4. Zustimmung im Einzelfall / vorhabenbezogene Bauartgenehmigung In Deutschland dürfen Bauwerke seit 2014 mit einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (abZ) bzw. allgemeinen Bauartgenehmigung (aBG, nachfolgend wird vereinfacht nur noch von abZ gesprochen) verstärkt werden. Seit 2021 wurde die Zulassung durch ein neues Konsortium übernommen und in CARBOrefit® umbenannt und die Zulassung maßgeblich erweitert (vgl. [12]). Zum Zeitpunkt der Instandsetzungsplanung und der Bauausführung lag das Bauprojekt mit den speziellen Anforderungen außerhalb des Verwendungsbereiches der CAR- BOrefit®-Zulassung. Im hier vorliegenden Bauvorhaben wurde vom Anwendungsbereich der abZ insbesondere im Punkt Innenbereich abgewichen, da die Fußgängerbrücke kein Innen-, sondern ein Außenbauteil mit den sich daraus ergebenden Anforderungen und Expositionen ist. Aus diesem Grund musste für das Bauvorhaben eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) bzw. eine vorhabenbezogene Bauartgenehmigung (vBG) erlangt werden. Die Koordination der ZiE und das zur Erteilung erforderliche Gutachten wurde durch die Technische Universität Dresden, Institut für Massivbau durchgeführt. Zu erwähnen ist, dass der ZiE-Prozess ohne zusätzliche experimentelle Versuche auskam und durch die bereits vorliegenden Ergebnisse und Erkenntnisse beim Verstärken und Instandsetzen mit Carbonbeton argumentativ gelöst werden konnte. Somit konnte der zeitliche und monetäre Aufwand der ZiE auf ein Minimum reduziert werden. 5. Umsetzung der Instandsetzungsmaßnahmen Die Instandsetzungsmaßnahmen wurde von der Firma Karrié Bauwerkserhaltung GmbH umgesetzt. Die erste zu erbringende Leistung war das Stellen eines Trag- und Arbeitsgerüstes unterhalb und seitlich der Brücke. Es folgten der zerstörungsfreie Rückbau der Geländer und Abdecksteine aus Naturstein sowie der Abbruch der alten Asphaltschicht und deren Unterbau. Nachdem der Historische Brückenbogen freigelegt war, wurden mittels Hochdruckwasserstrahlen alle losen Betonteile abgetragen und Schadstellen freigelegt. Anschließend konnten die maßgeblichen Sanierungsmaßnahmen begonnen werden. Die Betonschadstellen wurden saniert und die Fläche der Brückenunterseite wurde mittels Spritzbeton egalisiert. Nun erfolgte der Auftrag der Carbonlagen. Diese wurden, wie bereits vorab beschrieben, zum Teil zweilagig aufgebracht. Dem folgte die Betonage der Stirnwände und des Auf betons. Worauf hin die Seitenwände nach historischem Vorbild verputzt und das Brückenpflaster hergestellt werden konnten. Ein besonderes Highlight stellt das Naumburger Stadtwappen dar, welches in mühevoller Kleinarbeit am Fuße der Brücke mittels Mosaikpflaster wiederhergestellt wurde. Abschließend wurde das frisch auf bereitete Geländer gesetzt und an dem ebenfalls restaurierten Natursteingesims befestigt, sodass am 17.12.2021 die Brücke mittels einer kleineren Eröffnungsfeier wieder an die Naumburger Fußgänger übergeben werden konnte. 5. Brückenkolloquium - September 2022 183 Erhalt einer der ersten „Eisenbeton“-Brücken Deutschlands - dank Carbonbeton! Abbildung 5: Instandsetzungsmaßnahmen Abbildung 6: Brücke vor der Bauausführung (Foto von Bellach; Firma Karrié) Abbildung 7: Brücke nach der Ausführung (Foto von Bellach; Firma Karrié) 6. Fazit Bestehende Bauwerke zu erhalten, stellt einen der Schlüsselfaktoren zur Erreichung der Klimaziele dar. Neben den ökologischen Aspekten können durch den Erhalt anstelle eines Ersatzneubaus wertvolle Kulturgüter der Bautechnikgeschichte bewahrt und für zukünftige Generationen erhalten bleiben. Als anschauliches Beispiel dient die Instandsetzung der Fußgängerbrücke über den Stadtgraben im Zuge der Thainburg in Naumburg. Durch den Einsatz des ressourcenschonenden und innovativen Verbundwerkstoffs Carbonbeton konnte das bestehende Bauwerk, welches eine der ersten Stahlbetonbrücken Deutschlands ist, erhalten bleiben. Denn im Zuge der Planungstätigkeiten vor der Inbetrachtziehung von Carbonbeton war der Abriss und der Ersatzneubau der einmaligen und eleganten Fußgängerbrücke fast schon genehmigt. Glücklicherweise konnte dies, u. a. durch die Anerkennung des Bauwerks als Baudenkmal und durch die Instandsetzung mit Carbonbeton verhindert werden. Für den Erhalt der Brücke und die Wiederherstellung der Tragfähigkeit reichten 9 mm an Gesamtverstärkungsdicke auf der Unterseite und 6 mm an der Oberseite der Bestandskonstruktion aus. Dadurch, dass nur wenige millimeterdünne Schichten aufgetragen wurden, konnte das elegante Erscheinungsbild der Fußgängerbrücke auch erhalten bleiben, was das Vorher-/ Nachherbild in Abbildung 6 und 7 eindrucksvoll zeigt. Im Vergleich zu einem Abriss und eines Ersatzneubaus konnte das Baudenkmal nicht nur erhalten, sondern auch wertvolle Ressourcen und CO²-eingespart werden. Anhand des vorliegenden Beitrags und des Praxisprojektes konnte das Potential des Werkstoffes Carbonbeton im Bereich des Bauens im Bestand und der Erhaltung von bestehenden Bauwerken gezeigt werden. Denn die höchste Form der Nachhaltigkeit stellt immer das Nichtbauen oder der Erhalt von bestehender Bausubstanz dar. 7. Danksagung An dieser Stelle möchten wir uns stellvertretend für das gesamte Team noch einmal bei allen am Projekt Beteiligten für die gute Zusammenarbeit bedanken. Neben den hier genannten Unternehmen und Einrichtungen möchten wir uns auch beim Büro Trabert+Partner Ingenieurbüro für Statik+Konstruktion und beim Institut für Massivbau der Technischen Universität Dresden bedanken. Literatur [1] Weidner, S.; Mrzigod, A.; Bechmann, R.; Sobek, W.: Graue Emissionen im Bauwesen - Bestandsaufnahme und Optimierungsstrategien. Beton- und Stahlbetonbau 116 (2021), Heft 12, S. 969-977, https: / / doi.org/ 10.1002/ best.202100165 [2] Schadow, T.: Ressourcenschonung im Bauwesen - Aspekte aus der Planungspraxis. Bautechnik. Heft 1, S. 50-56, https: / / doi.org/ 10.1002/ bate.2021001104 [3] Weidner, S.; Bechmann, R.; Sobek, W.: Ressourcenminimierung im urbanen Kontext. Bautechnik. Heft 1, S. 41-49, https: / / doi.org/ 10.1002/ bate.2021 00093 [4] Elbers, U.: Ressourcenschonendes Bauen. Wege und Strategien der Tragwerksplanung. Bautechnik 99 (2022), Heft 1, S. 57-64, https: / / doi.org/ 10.1002/ bate.202100114 [5] Elbers, U.: Die Ökobilanz spricht für die Sanierung. online. meistertipp.de, entnommen am 10.06.2022 [6] Schumann, A.; Schöffel, J.; May, S.; Schladitz, F.: Ressourceneinsparung mit Carbonbeton am Beispiel der Verstärkung der Hyparschale in Magdeburg In: Hauke, B. (Hrsg.): Nachhaltigkeit, Res- 184 5. Brückenkolloquium - September 2022 Erhalt einer der ersten „Eisenbeton“-Brücken Deutschlands - dank Carbonbeton! sourceneffizienz und Klimaschutz. Konstruktive Lösungen für das Planen und Bauen - Aktueller Stand der Technik. Institut Bauen und Umwelt e.V. / DGNB e.V., 2021, S. 282-286 [7] Schumann, A.; May, S.; Hoinka, J.: Paradigmenwechsel im Bauwesen: gerade richtig oder schon zu spät? - Nachhaltiges Bauen im Bestand mit Carbonbeton. Nachhaltiges Bauen (2021), S. 13-15 [8] Steinbock, O.; Bösche, T.; Schumann, A.: Carbonbeton - Eine neue Verstärkungs-methode für Massivbrücken - Teil 2: Carbonbeton im Brückenbau und Informationen zur Zustimmung im Einzelfall für das Pilotprojekt Brücken über die Nidda im Zuge der BAB A 648. Beton- und Stahlbetonbau 116 (2021), Heft- 2, S.- 109-117. https: / / doi. org/ 10.1002/ best.202000106 [9] Curbach, M.; Müller, E.; Schumann, A.; May, S.; Wagner, J.; Schütze, E.: Verstärken mit Carbonbeton In: Bergmeister, K.; Fingerloss, F.; Wörner, J.- D. (Hrsg.): Beton-Kalender 2022 - Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Instandhaltung. Berlin: Ernst und Sohn, Veröffentlichung: Dezember 2021 [10] Riegelmann, P.; May, S.; Schumann, A.: Das Potential von Carbonbeton für den Brückenbestand - das ist heute schon möglich. In: Curbach, M. (Hrsg.): Tagungsband zum 30. Dresdner Brückenbausymposium am 8. und 9.3.2021 in Dresden. Institut für Massivbau der TU Dresden, 2017, S. 79-90 [11] Riegelmann, P.; Schumann, S.; May, S.; Bochmann, J.; Garibaldi, M. P.; Curbach, M.: Müthers shell structures in Germany a solution to avoid demolition. Proceedings of the Institution of Civil Engineers. Engineering History and Heritage (2020). Publ. online: 08.09.2020, S. 1-9. - DOI: 10.1680/ jenhh.20. 00012 [11] Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung/ Allgemeine Bauartgenehmigung Z-31.10-182 CARBOrefit® - Verfahren zur Verstärkung von Stahlbeton mit Carbonbeton, Stand: 27.05.2021