eJournals Brückenkolloquium 5/1

Brückenkolloquium
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expert verlag Tübingen
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Nachhaltig sichere Abdichtung und Schutz von Betonbauwerken auch bei niedrigen Temperaturen mit Silikattechnologie

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Jörg Rathenow
Gerade bei der Erstellung von Brückenbauwerken sind immer wieder Zeitplan und anspruchsvolle Wetterbedingungen ein wichtiges Thema für die erfolgreiche Umsetzung von Bauprojekten. Daher werden für die Abdichtung und den Schutz der Bauwerke Werkstoffe benötigt, die sich unter diesen Randbedingungen sicher und komfortabel verarbeiten lassen und die idealerweise auch noch eine ausgezeichnete Umweltverträglichkeit und Recyclingfähigkeit aufweisen. Die silikatischen Werkstoffe auf der Basis von latenthydraulischen Bindemitteln bieten hier insbesondere bei niedrigen Temperaturen, hoher Restfeuchte im Untergrund sowie Wind und Wetter eine interessante Alternative bzw. Ergänzung zu den üblicherweise zur Abdichtung eingesetzten erdölbasierten Materialien. Wir präsentieren hier die Ergebnisse, die Einsatzgebiete für die silikatischen Abdichtungsprodukte sowie die Praxiserfahrungen. Die dänische Stoerebelt-Brücke (1, 2) zählt ebenso zu den Referenzen wie die weltberühmte Oper von Sydney in Australien (3). Hierbei wurden nicht nur ausgezeichnet haftende Reprofilierungen realisiert sondern zusätzlich ein nachhaltiger Korrosionsschutz für die Stahlarmierung sichergestellt.
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5. Brückenkolloquium - September 2022 435 Nachhaltig sichere Abdichtung und Schutz von Betonbauwerken auch bei niedrigen Temperaturen mit Silikattechnologie Dr. Jörg Rathenow Sinnotec Innovation Consulting GmbH, Wiesbaden, Deutschland, www.sinnotec.eu Zusammenfassung Gerade bei der Erstellung von Brückenbauwerken sind immer wieder Zeitplan und anspruchsvolle Wetterbedingungen ein wichtiges Thema für die erfolgreiche Umsetzung von Bauprojekten. Daher werden für die Abdichtung und den Schutz der Bauwerke Werkstoffe benötigt, die sich unter diesen Randbedingungen sicher und komfortabel verarbeiten lassen und die idealerweise auch noch eine ausgezeichnete Umweltverträglichkeit und Recyclingfähigkeit aufweisen. Die silikatischen Werkstoffe auf der Basis von latenthydraulischen Bindemitteln bieten hier insbesondere bei niedrigen Temperaturen, hoher Restfeuchte im Untergrund sowie Wind und Wetter eine interessante Alternative bzw. Ergänzung zu den üblicherweise zur Abdichtung eingesetzten erdölbasierten Materialien. Wir präsentieren hier die Ergebnisse, die Einsatzgebiete für die silikatischen Abdichtungsprodukte sowie die Praxiserfahrungen. Die dänische Stoerebelt-Brücke (1, 2) zählt ebenso zu den Referenzen wie die weltberühmte Oper von Sydney in Australien (3). Hierbei wurden nicht nur ausgezeichnet haftende Reprofilierungen realisiert sondern zusätzlich ein nachhaltiger Korrosionsschutz für die Stahlarmierung sichergestellt. 1. Anorganische Beschichtungen auf der Basis von Hüttensand Die anorganischen Silikatbeschichtungen, auf der Basis von Hüttensand sind eine umweltfreundliche Alternative zu den erdölbasierenden Beschichtungsprodukten. Diese anorganischen Beschichtungen, Abdichtungen und Mörtel sind wasserbasiert und lassen sich komfortabel verarbeiten. Die Schutzwirkung dieser Materialien funktioniert dauerhaft wartungsfrei und natürlich auch emissionsfrei im Praxiseinsatz. Der Hauptrohstoff ist Hüttensand, ein latent hydraulisches Bindemittel, das als Abfallwertstoff bei der Eisenproduktion im Hochofen anfällt und somit CO 2 neutral ist. Alle eingesetzten Rohstoffe sind umweltfreundlich und die Silikatprodukte besitzen eine Trinkwasserzulassung und können als EC1+ zertifiziert werden. Bild 1: Stoerebelt-Brücke, Dänemark (1, 2) Aufgrund der anorganischen, mineralischen Natur der Silikatprodukte besitzen diese eine optimale Langzeithaltbarkeit, da es hier keine UV-Korrosion oder Frost-Tau- Schäden geben kann. Die Silikatprodukte können nach der Nutzung zu 100 % wiederverwendet werden. Interessant ist bei der Wiederverwendung, dass die silikatischen Produkte nicht von den mineralischen Bauprodukten getrennt werden müssen, sondern gemeinsam einer neuen Nutzung zugeführt werden können. Somit fallen keine umweltbelastenden Rückstände an und die Wiederverwendung lässt sich sehr ökonomisch realisieren. 1.1 Ausgezeichnete Haftung zum Betonuntergrund, fugenlos, flüssigkeitsdicht und wartungsfrei Die Besonderheit der silikatischen Produkte ist die ausgezeichnete Haftung der Produkte auf zementären Untergründen. Diese silikatischen Haftvermittler ermöglichen auch eine sehr gute Haftung zu Stahloberflächen. Durch das Anmachwasser wird eine Silikatlösung hergestellt, aus der anschließend genau definierte CSH-Phasen spannungsfrei auf der Oberfläche aufwachsen. Ein geringer Überschuss an Wasserglas reagiert mit dem im Überschuss der Betonmatrix vorhandenen Calziumhydroxid und sorgt so für einen monolithischen Haftverbund. Somit wird zusätzlich der Untergrund verfestigt und abgedichtet, was sich bei Untersuchungen an Abwasserbauwerken auch durch höhere Druchfestigkeit und Haftzugwerte der Betonmatrix nachweisen lässt (4, 5). Die so dreidimensional vernetzte Bindemittelmatrix ist flüssigkeitsdicht und mechanisch hoch belastbar (abrasionsbeständig). Die flüssigkeitsdichte, silikatische Matrix nimmt daher keine Feuchtigkeit auf und es können somit auch bei Frost keine Abplatzungen entstehen. Nachhaltig sichere Abdichtung und Schutz von Betonbauwerken auch bei niedrigen Temperaturen mit Silikattechnologie 436 5. Brückenkolloquium - September 2022 Bild 2: Dichte Silikatmatrix mit eingebundenem Sandkorn (6). Da die Bindemittelmatrix frei von Zement und Calziumhydroxid ist und nur aus reinen CSH-Phasen besteht, besitzt sie eine hohe Beständigkeit gegen Säuren, Laugen, Salze, Lösemittel und andere aggressive Chemikalien. Somit lassen sich sehr langzeitstabile Abdichtungen auf Beton realisieren, die gegen die auf Brücken auftretenden Medien wie z.B. Chlorid-Ionen aus dem Streusalz eine hohe Beständigkeit aufweisen. Es gibt diese Silikatmörtel als standfeste Version für Decke und Wand sowie auch als selbstverlaufende Beschichtung für den Boden. Als Korrosionsschutz für die Stahlarmierung findet hier das Wirkprinzip W Anwendung. Außerdem können die Sinnotec Mörtel mit handelsüblichen Gewebearmierungen verstärkt werden, wobei die hohe Anfangsalkalität der Mörtel rasch abgebaut wird und somit auch normale Glasfaser- oder auch organische Gewebe eingesetzt werden können. 1.2 Komfortable Applikation auch bei niedrigen Temperaturen und feuchten Untergründen Bild 3: Anspruchsvolle Geometrie sicher abgedichtet, hohe Verarbeitungssicherheit auch bei ungünstigem Wetter Die Brückenbaustellen sind immer direkt der Witterung mit Wind, Regen, Sonne und Kälte ausgesetzt. Zusätzlich sorgen ein knapper Zeitablauf des Bauvorhabens und die recht lange Trocknungsdauer von Beton für weitere Rahmenbedingungen, die für erdölbasierte Beschichtungsprodukte häufig eine Herausforderung darstellen. Die Produkte auf Silikat-Basis sind alle wasserbasiert und verkraften daher einen mattfeuchten Untergrund problemlos. Nach dem Anmischen des Pulvers mit Wasser lassen sich diese Produkte komfortabel wie die bekannten polymeren Beschichtungen auch mit der üblichen Maschinentechnik verarbeiten. Das überraschende ist dabei, dass bei niedrigeren Temperaturen eine höhere Haftzugfestigkeit und auch eine höhere Druckfestigkeit gefunden wird, als bei höheren Temperaturen. Das ist auf die besser Löslichkeit von Calzium-Ionen in kaltem Wasser zurückzuführen, die für diese günstigen Eigenschaften verantwortlich sind. Nachhaltig sichere Abdichtung und Schutz von Betonbauwerken auch bei niedrigen Temperaturen mit Silikattechnologie 5. Brückenkolloquium - September 2022 437 Bild 4: komfortable Applikation auch bei hoher Feuchtigkeit durch benachbarten Fluss Im Rahmen der Messungen zur OS8 Zulassung beim KIWA Polymer Institut in Flörsheim als Oberflächenschutzsystem haben wir festgestellt, dass sowohl die Haftzugwerte als auch die Druckfestigkeit bei niedrigeren Temperaturen ansteigt: Tabelle 1: Messwerte am Sinnodur WPS, (5). Temperatur [°C] Haftzugfestigkeit [N/ mm²] Druckfestigkeit [N/ mm²] 45 °C 1,2 38 23 °C 1,3 43 5 °C 2,2 47 Zusätzlich wird das zur Reaktion benötigte Wasser in Form von Kristallwasser durch das Wasserglas bereit gestellt, so dass auch bei windigen Witterungsverhältnissen sicher weiter beschichtet werden kann. Ein unterschiedlicher Wassergehalt bei der Verarbeitung der silikatischen Produkte sorgt lediglich optisch für eine unruhigere Farbgebung. Bild 5: Anspruchsvolle Witterungsbedingungen bei der Applikation durch Wind, Regen, Sonne und Frost Außerdem haben die silikatischen Produkte eine kurze Trockenzeit, bei 23 °C kann bereits nach 2 Stunden die Flächen wieder betreten werden. 2. Zusammenfassung Die vorgestellte Silikattechnologie der Sinnotec GmbH ist ein innovativer Ansatz in der Beschichtung und Abdichtung von Brückenbauwerken. Insbesondere die hohe Verarbeitungssicherheit auch auf feuchten Untergründen mit ausgezeichneter Haftung zum Betonuntergrund ermöglicht eine schnelle und komfortable Applikation. Durch die schnelle Begehbarkeit der Flächen können nachfolgende Gewerke rasch weiter arbeiten. Aufgrund der anorganischen Natur der Bindemittel kann von einer sehr langen Nutzungsdauer und zuverlässigen Oberflächenschutzsystem der Stahlbetonbauwerke ausgegangen werden. Diese Werkstoffe sind daher prädestiniert als Abdichtung (auch bei rückseitiger Durchfeuchtung und bei salzkontaminierten Untergründen) für Brücken und Tunnel, und können sogar bei aggressiven Medien, wie z. B. wassergefährdenden Stoffen (8, 9) nach dem verschärften Wasserhaushaltsgesetz (WHG) für HBV-Anlagen (Produktionsflächen, Industrieböden) und LAU Anlagen (z. B. Tanklager, Tank- und Lagerplätze) eingesetzt werden. Nachhaltig sichere Abdichtung und Schutz von Betonbauwerken auch bei niedrigen Temperaturen mit Silikattechnologie 438 5. Brückenkolloquium - September 2022 Bild 6: Sicherer Haftverbund auf Beton und Stahl Literatur: [1] Jörg Rathenow, „Die Zukunft von Beton ist silikatisch! “, Pressetext, 09.01.2013, http: / / www.presetext.com/ news/ 20130109005 [2] Jörg Rathenow, „Wasserberührte Betonbauteile besser schützen“, Pressetext, 22.03.2013, http: / / www.presetext.com/ news/ 20130322005 [3] Jörg Rathenow, „Sinnotec richtet Betonfragen-Hotline ein“, Pressetext, 08.10.2014, http: / / www.presetext.com/ news/ 20141008005 [4] Frank Schardt, Untersuchungsbericht „Zerstörungsfreie Oberflächenuntersuchung „neun Punkte Untersuchung“ mit Schmidt-Hammer in Anlehnung an die DIN EN 12504-2“, SEF, Frankfurt, 08.10.2014 [5] Rainer Hermes et.al., Merkblatt DWA-M 143-17 „Sanierung von Entwässerungssystemen außerhalb von Gebäuden - Teil 17: Beschichtung von Abwasserleitungen, -kanälen, Schächten und Abwasserbauwerken“, ISBN 978-3-88721-671-9, DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V., Henne, 01.09.2018 [6] Jörg Rathenow, Abschlußbericht zum LOEWE Projekt HA-181/ 09-11, Sinnotec GmbH, Wiesbaden, 01.12.2010 [7] Nicole Machill, KIWA Polymer Institut GmbH, Untersuchungsbericht zur OS8 Zulassung von Silikatmörteln, Flörsheim, 2021 [8] Jörg Rathenow, „Sinnotec - Wasserhaushaltsgesetz (WHG) als Qualitätsmaßstab ansehen“, Pressetext, 05.11.2013, http: / / www.pressetext.com/ news/ 20131105022 [9] Jörg Rathenow, „Sinnotec - Ölbelastete Betonböden nachhaltig sanieren“, Pressetext, 20.05.2014, http: / / www.pressetext.com/ news/ 20140520009