Brückenkolloquium
kbr
2510-7895
expert verlag Tübingen
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Konzept zur datenbasierten Bewertung der Verkehrsbeanspruchung kommunaler Straßenbrücken – DakomStra
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Gregor Rösler
Theda Lücken-Girmscheid
Michael Girmscheid
Alexander Buttgereit
Maria Koordt
Ziel des durch die Innovationsinitiative mFUND des BMVI geförderten Verbundprojektes DakomStra war es, wesentliche Merkmale des kommunalen Schwerlastverkehrs zu bestimmen sowie die tatsächliche Verkehrsbelastung kommunaler Straßenbrücken zu bewerten. Dazu wurden in und um Münster klassifizierte Verkehrsdaten durch ein einfaches und mobiles Messsystem mit Seitenradargeräten aufgenommen und mit einem im Rahmen des Projektes entwickelten Analyse-Tools aufbereitet, statistisch ausgewertet und visualisiert. Durch Einbeziehung bestehender Verkehrsdaten der Bundesfernstraßen konnten signifikante Unterschiede hinsichtlich der wesentlichen Merkmale des kommunalen Straßenverkehrs, insbesondere auch des Schwerverkehrs, gegenüber dem auf Bundesfernstraßen nachgewiesen werden. Anhand ausgewählter Referenzbauwerke wurden bestehende kommunale Straßenbrücken hinsichtlich tatsächlicher Verkehrsbelastungen untersucht und die Ergebnisse dieser datenbasierten Vorgehensweise diskutiert.
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5. Brückenkolloquium - September 2022 511 Konzept zur datenbasierten Bewertung der Verkehrsbeanspruchung kommunaler Straßenbrücken - DakomStra Gregor Rösler M.Sc. FH Münster, Deutschland Prof. Dr.-Ing. Theda Lücken-Girmscheid FH Münster, Deutschland Dip.-Ing. Michael Girmscheid Thomas & Bökamp Ingenieurgesellschaft mbH, Deutschland Prof. Dr.-Ing. Alexander Buttgereit Amt für Mobilität und Tiefbau der Stadt Münster, jetzt: Jade Hochschule Oldenburg, Deutschland Maria Koordt M.Sc. Amt für Mobilität und Tiefbau der Stadt Münster, Deutschland Zusammenfassung Ziel des durch die Innovationsinitiative mFUND des BMVI geförderten Verbundprojektes DakomStra war es, wesentliche Merkmale des kommunalen Schwerlastverkehrs zu bestimmen sowie die tatsächliche Verkehrsbelastung kommunaler Straßenbrücken zu bewerten. Dazu wurden in und um Münster klassifizierte Verkehrsdaten durch ein einfaches und mobiles Messsystem mit Seitenradargeräten aufgenommen und mit einem im Rahmen des Projektes entwickelten Analyse-Tools aufbereitet, statistisch ausgewertet und visualisiert. Durch Einbeziehung bestehender Verkehrsdaten der Bundesfernstraßen konnten signifikante Unterschiede hinsichtlich der wesentlichen Merkmale des kommunalen Straßenverkehrs, insbesondere auch des Schwerverkehrs, gegenüber dem auf Bundesfernstraßen nachgewiesen werden. Anhand ausgewählter Referenzbauwerke wurden bestehende kommunale Straßenbrücken hinsichtlich tatsächlicher Verkehrsbelastungen untersucht und die Ergebnisse dieser datenbasierten Vorgehensweise diskutiert. 1. Ausgangssituation In Deutschland wird der Gesamtbestand aller Straßenbrücken auf ca. 120.000 Bauwerke geschätzt, wobei eine Vielzahl der Brücken ein Bauwerksalter zwischen 40 und 60 Jahren aufweist [1]. Für die etwa 40.000 Brücken im Bundesfernstraßennetz hat das BMVI gemeinsam mit der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) im Jahr 2013 die „Strategie zur Ertüchtigung der Straßenbrücken im Bestand der Bundesfernstraßen“ entwickelt und die Modernisierung der Straßenbrücken vorangetrieben [2]. Demgegenüber stehen die Kommunen, Kreise und Städte als Baulastträger der Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen. Genaue Aussagen über Anzahl, Struktur und Zustand kommunaler Brücken sind nicht möglich, da keine zentrale Erfassung der Bauwerks- und Zustandsdaten existiert. Auch die Beanspruchung der kommunalen Straßenbrücken infolge Verkehr ist nicht hinreichend bekannt, da im Gegensatz zu den Bundesfernstraßen auf kommunaler Ebene keine flächendeckende und systematische Erfassung des Straßenverkehrs unter Berücksichtigung der Zusammensetzung des Schwerverkehrs durchgeführt wird. So müssen bestehende Straßenbrücken im kommunalen Netz anhand der an Bundesfernstraßen erhobenen Verkehrsdaten nachgerechnet und bewertet werden. Diese Vorgehensweise warf im Amt für Mobilität und Tiefbau der Stadt Münster diverse Fragen auf, u.a. inwieweit diese Annahmen für die Bauwerke in Münster realistisch sind und ob so eine wirtschaftliche Bereitstellung der Brücken über deren Lebenszyklus gewährleistet ist. Denn als Dienstleistungszentrum im ländlich geprägten Raum ist davon auszugehen, dass die Belastung der städtischen Brücken in Münster, insbesondere durch den Schwerverkehr, deutlich unter der der BAB liegen wird. 2. Konzept zur datenbasierten Bewertung Ziel von DakomStra ist es, durch ein statistisches Analyseverfahren die wesentlichen Merkmale des kommuna- Konzept zur datenbasierten Bewertung der Verkehrsbeanspruchung kommunaler Straßenbrücken - DakomStra 512 5. Brückenkolloquium - September 2022 len Straßenverkehrs auf Grundlage neu aufgenommener Verkehrsdaten zu bestimmen. Durch mobile Messgeräte wurden klassifizierte Verkehrsdaten an kommunalen Straßen in und um Münster detailliert aufgenommen, wobei eine Vielfalt von typischen Straßenquerschnitten und Streckentypen abgebildet wurde. Aus den neu aufgenommenen Daten wurden die wesentlichen Merkmale des Straßenverkehrs wie z.B. Verkehrsstärke sowie die Häufigkeit und Zusammensetzung von Fahrzeugtypen des Schwerverkehrs bestimmt. Für die Auswertung der Daten wurde ein Analyse-Tool auf Grundlage quelloffener Software entwickelt. Diese ermöglichte neben dem Import und Export der verschiedenen Verkehrsdaten auch die statistische Analyse der Kenngrößen des Schwerverkehrs, um für die spätere Beurteilung genaue Aussagen über die Häufigkeit und Zusammensetzung des kommunalen Schwerverkehrs treffen zu können. Neben der Analyse der neu aufgenommenen Daten auf kommunaler Ebene wurden bestehende klassifizierte Verkehrsdaten der Dauerzählstellen auf Bundesfernstraßen ausgewertet und zum Vergleich herangezogen. Aus den Ergebnissen wurden die Unterschiede hinsichtlich des Schwerverkehrs herausgearbeitet und die Verkehrsbelastung der kommunalen Straßenbrücken bewertet. Im Rahmen einer Brückennachrechnung wurden abschließend die Ergebnisse der Analyse mit einbezogen und diskutiert. 3. Verkehrsdaten als Bewertungsgrundlage 3.1 Bestehende Daten In Deutschland wird durch Dauerzählstellen im Bundesfernstraßennetz der Straßenverkehr kontinuierlich aufgenommen und klassifiziert. Die Verkehrsdaten werden sowohl für die Bundesautobahnen als auch Bundesstraßen durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) veröffentlicht [3]. Für die Auswertung wurden im Rahmen des Projekts die Stundendaten der Dauerzählstellen aus dem Jahr 2019 verwendet. Diese Datensätze enthalten neben den Stundendaten auch allgemeine Informationen zum Messstandort, Straßenklasse etc. Zur Auswertung und Darstellung des Schwerverkehrsaufkommens der Zählstellen der Bundesfernstraßen wurden die klassifizierten Stundendaten nach den Fahrzeugtypen des Schwerverkehrs zusammengefasst und ausgewertet. Abb. 1: Verkehrsaufkommen und Schwerverkehrsanteil auf Autobahnen und Bundesstraßen (Quelle: Eigene Darstellung) In Abb. 1 ist das Verkehrsaufkommen sowie der Schwerverkehrsanteil für alle Dauerzählstellen dargestellt und um eine Trendlinie ergänzt. Die Abbildung zeigt deutlich das höhere Verkehrsaufkommen auf Bundesautobahnen gegenüber Bundesstraßen und auch einen deutlich größeren Anteil an Schwerverkehrsfahrzeugen. Daraus ergibt sich bereits im Bundesfernstraßennetz ein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Verkehrsstärke sowie dem Schwerverkehrsaufkommen zwischen Bundesautobahnen und Bundesstraßen. Die zusammengefassten Verkehrsdaten sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Tab. 1: Verkehrsaufkommen und Schwerverkehrsanteil Straßenklasse DTV DTV-SV Anteil SV Bundesautobahn 53.302 11.524 26,5 % Bundesstraße 13.592 1.402 10,8 % 3.2 Messkonzept zur Erhebung kommunaler Verkehrsdaten Zur Aufnahme des kommunalen Straßenverkehrs in und um Münster wurde ein Messkonzept, basierend auf mobilen Seitenradarmessgeräten, ausgearbeitet. An ca. 20 Messstandorten wurde der Straßenverkehr gemessen und entsprechend TLS 8+1 klassifiziert. Bei der Auswahl wurden sowohl Messstandorte an Kreisstraßen, Landesstraßen, Bundesstraßen sowie Autobahnabfahrten berücksichtigt. Die mobilen Seitenradarmessgeräte wurden dazu seitlich der Fahrbahn im Verkehrsraum, an z. B. Straßenschildern, Lichtmasten etc., installiert. Die Stromversorgung der Seitenradarmessgeräte erfolgte über austauschbare Akkumulatoren. In Abhängigkeit der Außentemperatur und der vorhandenen Verkehrsbelastungen war ein Betrieb von bis zu 10 Tagen ohne Akkutausch möglich. Die Kriterien für die Auswahl der Messstandorte wurden im Rahmen von Testmessungen erprobt und verifiziert. Konzept zur datenbasierten Bewertung der Verkehrsbeanspruchung kommunaler Straßenbrücken - DakomStra 5. Brückenkolloquium - September 2022 513 Die während der Messungen gesammelten Erfahrungen wurden fortlaufend bei der Auswahl der Messstandorte berücksichtigt und in die Messplanung eingepflegt. Die von den Seitenradarmessgeräten aufgenommenen und klassifizierten Verkehrsdaten wurden täglich automatisiert auf den Servern des Geräteherstellers gesichert. Zudem wurde für das Projekt durch den Hersteller ein Export der Messdaten in den Cloud-Speicher des Projektkonsortiums eingerichtet. Durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) werden die Verkehrsdaten der Dauerzählstellen in unterschiedlichen Formaten bereitgestellt. Neben bereits ausgewerteten Verkehrs-daten der existierenden Dauerzählstellen sind auch die Stundendaten jeder Dauerzählstelle verfügbar [3]. 3.3 Durchführung temporärer Verkehrsmessungen und Datenauswertung Die Messungen des kommunalen Straßenverkehrs in und um Münster wurde zwischen Mai 2020 und Dezember 2020 durchgeführt. Die Dauer der einzelnen Messintervalle liegt zwischen 10 und 24 Zähltagen. Um eine längere Messdauer zu erhalten, wurden die Akkus der Seitenradarmessgeräte vor der vollständigen Entladung ausgetauscht. Der aufgenommene Datensatz klassifizierter Verkehrsdaten kann nachfolgend beschrieben werden: • 25 durchgeführte Messintervalle, • 23 aufgenommene Messstandorte, • 9.935 Zählstunden, • 422 Zähltage, • 371 vollständige Zähltage, • 4.395.473 aufgenommene und klassifizierte Fahrzeuge. Die nachfolgende Abbildung zeigt die einzelnen Messstandorte. Abb. 2: Messstandorte der kommunalen Verkehrsmessungen (Quelle: Eigene Darstellung) Die Auswertung der neu aufgenommenen Daten erfolgt anhand der wesentlichen Merkmale der Verkehrscharakteristik. Dabei werden folgende Kenngrößen des Straßenverkehrs berücksichtigt: • Durchschnittlicher täglicher Verkehr (DTV), • Anteil Schwerverkehr (DTV-SV), • Häufigkeit der einzelnen Fahrzeugklassen/ gruppen des Schwerverkehrs. Das Verkehrsaufkommen an den einzelnen Messstandorten ist in Tab. 2 dargestellt. Das geringste Verkehrsaufkommen wurde mit ca. 3.700 Fahrzeugen an Standort 16 gemessen. Mit ca. 19.300 Fahrzeugen wurde die größte Verkehrsbelastungen im Rahmen der Datenerhebung an Messtandort 9 gemessen und liegt somit bei weniger als 20.000 Fahrzeugen. Über alle gemessenen Standorte wurde eine durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke von 9.820 Fahrzeugen gemessen. Tab. 2: Durchschnittliche tägliche Verkehrs- und Schwerverkehrsbelastung an den Messstandorten ID DTV Anteil und Aufteilung des Schwerverkehrs pSV pLoA pLmA pSat pBus 1 10.999 8,5 27 10 52 10 2 10.581 3,8 45 9 22 24 3 9.469 3,9 50 8 20 23 4 6.103 2,4 69 8 14 11 5 16.211 3,5 36 9 35 19 6 11.647 2,7 43 7 8 41 7 5.382 2,7 50 8 20 23 8 10.912 3,0 42 5 15 39 9 19.356 3,5 44 7 20 28 10 8.110 3,6 40 12 46 3 11 10.489 2,1 70 7 9 15 13 11.743 2,9 38 3 6 54 14 10.723 4,5 44 7 19 30 16 3.727 1,3 50 8 29 14 17 4.529 3,0 43 5 19 33 19 3.748 4,4 43 16 34 7 20 12.320 7,1 30 11 51 8 21 16.446 7,9 32 16 47 5 22 10.710 3,9 39 7 15 39 23 4.793 3,3 30 7 13 51 24 4.896 3,9 40 8 19 34 25 10.727 8,6 62 9 17 12 pSV ,pLoA, PLmA, pSat, PBus in % In einem weiteren Schritt wurde zudem die Zusammensetzung des kommunalen Schwerverkehrs in Abhängigkeit der Straßenklasse untersucht. Dabei wurde beim Kommunalverkehr in und um Münster ein großer Anteil von Lastkraftwagen ohne Anhänger (LoA) sowie Bussen (Bus) nachgewiesen. Bei einer Vielzahl der Messstandorte setzt sich der Schwerverkehr zu über 70 % aus diesen beiden Fahrzeugklassen zusammen (vgl. Abb. 3). Konzept zur datenbasierten Bewertung der Verkehrsbeanspruchung kommunaler Straßenbrücken - DakomStra 514 5. Brückenkolloquium - September 2022 Abb. 3: Zusammensetzung der Fahrzeugtypen des Schwerverkehrs nach Straßenklasse (Strkla) (Quelle: Eigene Darstellung) Wobei sich in Abhängigkeit der einzelnen Straßenklassen Unterschiede einstellen: An den Bundesstraßen wurde der größte Anteil an Sattelzügen nachgewiesen, wohingegen an Kreis- und Landesstraßen Lastwagen ohne Anhänger dominieren. 4. Auswertung des Datensätze und Vergleich des Verkehrsaufkommens Durch das entwickelte Analysetool können statistische Auswertungen und Visualisierungen von Verkehrsdaten durchgeführt werden. Die mit Hilfe von Seitenradarmessgeräten aufgenommenen Einzelfahrzeugbzw. Rohdaten können damit verarbeitet, zusammengefasst und strukturiert werden. Für die Auswertung der Verkehrsdaten ist das Gruppieren anhand verschiedener Parameter (z.B. Messstandorte, Straßenklasse, DTV, DTV-SV) genauso möglich wie die Einteilung in neu definierte Klassen (z.B. nach Schwerverkehrsaufkommen etc.). Abb. 4: Übersicht der ausgewerteten Zählstellen in Abhängigkeit des DTV (Quelle: Eigene Darstellung) Zur gemeinsamen graphischen Auswertung wurden die klassifizierten Verkehrsdaten der Dauerzählstellen mit den neu aufgenommenen Daten des kommunalen Straßenverkehrs in und um Münster verschnitten. Dabei wurden die Verkehrsdaten der Dauerzählstellen auf das Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) begrenzt. Abb. 5: Vergleich des Schwerverkehrsaufkommens nach DTV der Dauerzählstellen NRW sowie neu aufgenommener Standorte (Quelle: Eigene Darstellung) Abb. 4 stellt eine Übersicht der Dauerzählstellen aus NRW sowie der neu aufgenommenen Messstandorte dar. Das gemessene kommunale Verkehrsaufkommen ist vergleichbar mit dem von Dauerzählstellen auf Bundesstraßen mit geringem Verkehrsaufkommen (DTV < 20.000). Der Kommunalverkehr hingegen unterscheidet sich deutlich gegenüber dem durchschnittlichen täglichen Verkehrsaufkommen auf Autobahnen in NRW. Abb. 6: Vergleich des Schwerverkehrsanteils nach DTV der Dauerzählstellen NRW sowie neu aufgenommener Standorte (Quelle: Eigene Darstellung) Die Abb. 5 und Abb. 6 zeigen die signifikanten Unterschiede des kommunalen Verkehrsaufkommens im Vergleich zu Autobahnen in Nordrhein-Westfalen. Die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke und auch das Schwerverkehrsaufkommen der Messungen im kommunalen Streckennetz sind deutlich geringer als an Autobahnen. Durch das Verschneiden der Datensätze konnten signifikante Unterschiede hinsichtlich der Verkehrsbelastung, der Anzahl der Fahrzeugtypen des Schwerverkehrs als auch der Anteil des Schwerverkehrsaufkommens am ge- Konzept zur datenbasierten Bewertung der Verkehrsbeanspruchung kommunaler Straßenbrücken - DakomStra 5. Brückenkolloquium - September 2022 515 samten Verkehrsaufkommen für den Kommunalverkehr in um Münster nachgewiesen werden. Im Einzelnen sind dies: • Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke: Die im Projekt DakomStra resultierende durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke der aufgenommenen Messstandorte liegt mit 9.820 Fahrzeugen deutlich unterhalb des Verkehrsaufkommens auf Autobahnen (75.923 DTV) und Bundesstraßen (13.369 DTV). • Durchschnittliche tägliche Schwerverkehrsstärke: Das im Kommunalverkehr gemessene Schwerverkehrsaufkommen beträgt während des Projektzeitraumes 428 DTV-SV gegenüber einem Schwerverkehrsaufkommen von 13.215 DTV-SV auf Autobahnen und 1.300 DTV-SV auf Bundesstraßen. • Anteil des Schwerverkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen: Der im Projekt gemessene Anteil des Schwerverkehrs am gesamten aufgenommenen Kommunalverkehr liegt mit durchschnittlich 4,1 % deutlich unter dem Anteil von Autobahnen (18,9 %) und Bundesstraßen (9,6 %). 5. Nachrechnung eines Brückenbauwerks Die als Referenzbauwerk ausgewählte Brücke liegt an der relativ stark befahrenen B 54 im Süden von Münster. In dem Streckenabschnitt des Brückenbauwerks wurde der Straßenverkehr durch die mobilen Seitenradarmessgeräte aufgenommen und klassifiziert. Es können somit auch Untersuchungen zum Vergleich der in der Nachrechnungsrichtlinie anzusetzenden Ziellastniveaus und den tatsächlichen Verkehrsbeanspruchungen auf Basis der gemessenen Daten erfolgen. Gemessen wurde in diesem Bereich ein DTV von ca.19.400 sowie ein DTV-SV von ca. 680 (3,5%). Das Bauwerk wurde im Jahr 1968 erbaut und als Brückenklasse 60 nach DIN 1072 bemessen. Der Überbau besteht aus zwei baugleichen Teilbauwerken. Es handelt sich um einen Durchlaufträger über 3 Felder ausgeführt als 4-stegiger Plattenbalken mit torsionssteifen End- und Stützquerträgern. Die Hauptträger sind in Längsrichtung vorgespannt. Die Länge des Überbaus beträgt insgesamt ca. 50 m mit Feldlängen von 10,65 m, 27,07 m und 10,65 m. Die Querschnittshöhe beträgt 1,00 m. Das Bauwerk ist schiefwinkelig mit ca. 80,49 Grad. Gemäß den Bestandunterlagen (1968) wurde für den Überbau die Betonklasse B450 verwendet, der in die Festigkeitsklassen C30/ 37 eingestuft werden kann. Abb. 7: Längs- und Querschnitt des Referenzbauwerkes (Quelle: Bestandsunterlagen und Bauwerksbuch) Das Bauwerk wurde nach der vom BMVI herausgegebenen Richtlinie zur Nachrechnung von Straßenbrücken im Bestand (Nachrechnungsrichtlinie) nachgerechnet [4]. Diese Richtlinie gilt im Rahmen der Bauwerkserhaltung für die Bewertung der Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit bestehender Straßenbrücken, die nicht nach aktuellem Normungsstand geplant und errichtet wurden. Die Nachrechnung erfolgt in Stufe 1 & Stufe 2 zunächst für das Ziellastniveau LM 1 nach DIN-Fachbericht 101. In der Stufe 1 der Nachrechnung verbleiben die für vorgespannte Brückenüberbauten aus der Bauzeit vor 1970 typischen Defizite (Nachweis der Querkrafttragfähigkeit, Torsionslängsbewehrung, Querkraftermüdung). Nach Nachrechnung in Stufe 2 verbleiben Defizite beim Nachweis der Schubbewehrung für das Ziellastniveau LM 1 nach DIN-Fachbericht 101. Abb. 8: FE-Berechnungsmodell des Referenzbauwerks (Quelle: Thomas & Bökamp) In einem weiteren Schritt erfolgte nach Bewertung des Schwerverkehrsaufkommens und der Verkehrszusammensetzung eine Abminderung des Ziellastniveaus [5, 6]. Es zeigt sich, dass beim hier vorliegenden Bauwerk durch die Reduzierung des Ziellastniveaus auf ca. 75 % des LM 1 die Nachweise größtenteils erfüllt werden können. 6. Zusammenfassung und Ausblick Im Projekt DakomStra wurde der kommunale Straßenverkehr in und um Münster klassifiziert erhoben und ausgewertet, um die tatsächliche Verkehrsbelastung kommunaler Straßenbrücken infolge Schwerverkehr zu bewerten. Konzept zur datenbasierten Bewertung der Verkehrsbeanspruchung kommunaler Straßenbrücken - DakomStra 516 5. Brückenkolloquium - September 2022 Zur detaillierten Aufnahme der kommunalen Verkehrsdaten wurde ein einfaches Messkonzept basierend auf temporären Verkehrsmessungen mit mobilen Seitenradarmessgeräten entwickelt und erprobt: An 23 Messstandorten wurde der kommunale Straßenverkehr aufgenommen und entsprechend TLS 8+1 klassifiziert. Mit einem entwickelten Analyse-Tool konnten die neu aufgenommenen und bestehenden Verkehrsdaten ausgewertet und visualisiert werden. Ein besonderer Fokus lag dabei auf der Analyse und Zusammensetzung der Fahrzeugtypen des Schwerverkehrs im kommunalen Bereich. Das Verschneiden der neu aufgenommenen und bestehenden Verkehrsdaten zeigt signifikante Unterschiede zwischen dem Kommunalverkehr und dem Verkehr auf den Bundesfernstraßen. Hervorzuheben ist hier sowohl das deutlich geringere Verkehrsaufkommen als auch der geringere Schwerverkehrsanteil bei den im Projekt aufgenommenen Messstandorten gegenüber den Verkehrsdaten der Dauerzählstellen auf Bundesfernstraßen in NRW. Im Rahmen einer Nachrechnung eines Referenzbauwerkes wurden die Ergebnisse der Datenerhebung und Auswertung mit einbezogen und auf Basis der Häufigkeit und Zusammensetzung des Schwerverkehrs Möglichkeiten zur Reduzierung der Ziellastniveaus diskutiert. Die Erkenntnisse zur Aufnahme und Auswertung klassifizierter Verkehrsdaten bieten kommunalen Baulastträgern im Zuge des Unterhaltungsmanagements die Möglichkeit unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verkehrszusammensetzung, verkehrsbeschränkende Maßnahmen, Verstärkungsmaßnahmen und Monitoringmaßnahmen bedarfsgerecht zu planen und auszuführen. Zudem ergeben sich im Bereich von Nachrechnungen bestehender kommunaler Straßenbrücken Potentiale: Für das Ausgleichen von Defiziten bei Nachrechnungen von kommunalen Straßenbrücken ist die Anwendung von angepassten Ziellastniveaus oder auch ein objektspezifischer Lastansatz möglich. Jede einzelne dieser Maßnahmen reduziert dabei die entstehenden Kosten an den Bauwerken und verbessert die Verfügbarkeit der bestehenden Infrastrukturanlagen. Aufbauend auf der vorgestellten Projektstudie sind weitere Untersuchungen notwendig, um zukünftig sparsam, wirtschaftlich und verantwortlich mit den Finanzmitteln (Steuergeldern) für den Brückenbau umzugehen. Durch die Berücksichtigung von Fahrzeugsilhouetten und Achslastverteilungen sind weitere Analysen zur Ermittlung der genauen Verkehrslastbeanspruchung von Straßenbrücken im kommunalen Streckennetz möglich. 7 Projektkonsortium Das vorgestellte Verbundprojekt wurde durch die Innovationsinitiative mFUND des BMVI gefördert. Die Autoren bedanken sich für die Unterstützung. Die Bearbeitung des Projekts DakomStra erfolgte gemeinschaftlich durch die folgenden Projektpartner: • FH Münster (Konsortialleitung) • Thomas & Bökamp Ingenieurgesellschaft mbH, Münster • Stadt Münster, Amt für Mobilität und Tiefbau (assoziierter Partner) Literatur [1] Arndt, W.-H., Beckmann, K. J., Eberlein, M., Grabow, B.: Kommunale Straßenbrücken, Zustand und Erneuerungsbedarf, Berlin: Deutsches Institut für Urbanistik 2013. [2] Stand der Ertüchtigung von Straßenbrücken der Bundesfernstraßen. Berlin 14.11.2016. [3] Bundesanstalt für Straßenwesen: Infrastruktur-, Verkehrs- und Unfalldaten. https: / / www.bast.de/ statistik, 12.11.2018. [4] Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Richtlinie zur Nachrechnung von Straßenbrücken im Bestand, Ausgabe 05/ 2011. [5] Bundesanstalt für Straßenwesen: Nachrechnung bestehender Brücken - Tagungsband 2021, Bergisch Gladbach 2021. [6] Nowak, M., Fischer, O.: Objektspezifische Verkehrslastansätze für Straßenbrücken, Beton- und Stahlbetonbau Vol. 112, 12.2017.