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Brückenkolloquium
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expert verlag Tübingen
0925
2024
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Kombinierte Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Torsion – Erkenntnisse aus zwei BASt-Forschungsvorhaben

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2024
Reinhard Maurer
Vladimir Lavrentyev
Eva Stakalies
Bei einer Beurteilung der Tragsicherheit bestehender älterer Spannbetonbrücken durch eine Nachrechnung auf Grundlage aktueller Normen für Neubauten, ergeben sich häufig, besonders bei der Schubtragfähigkeit infolge Querkraft und Torsion, deutliche Defizite. Da die Nachweisformate für Neubauten im Sinne einer einfachen Anwendbarkeit Vereinfachungen enthalten, beispielsweise durch vernachlässigte Traganteile, und daher häufig konservativ sind, besteht die Aufgabe genauere Nachweisformate für die Nachrechnung bestehender Bauwerke zu entwickeln, um vorhandene Tragreserven nutzen zu können. Im Rahmen der BASt-Forschungsvorhaben wurde der Frage nachgegangen, ob durch eine genauere Nachweisführung unter Berücksichtigung der Interaktion der Schnittgrößen infolge einer kombinierten Beanspruchung mit Torsion Tragfähigkeitsreserven aktiviert werden können. Hierfür wurde ein entsprechendes Bemessungsmodell mittels der durchgeführten Großversuche verifiziert. Untersucht wurden dabei gleichzeitig eine vom aktuell gültigen NA abweichende konstruktive Ausbildung bei der Torsionsbügelbewehrung. Bei den Großversuchen wurden Tragverhalten, maximale Tragfähigkeit (begrenzt sowohl durch die Bewehrung als auch den Beton), Anrechenbarkeit der Spannglieder auf die Torsionslängsbewehrung, Rissbildung und damit einhergehender Abfall der Torsionssteifigkeit sowie ein etwaiger Einfluss aus der konstruktiven Ausbildung der Torsionsbügel gezielt untersucht. Die gewonnenen Erkenntnisse haben ihren Niederschlag in der 2. Ergänzung der Nachrechnungsrichtlinie gefunden, die als BEM-ING Teil 2 bauaufsichtlich eingeführt werden soll.
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6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 59 Kombinierte Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Torsion - Erkenntnisse aus zwei BASt-Forschungsvorhaben Univ.-Prof. Dr.-Ing. Reinhard Maurer Technische Universität Dortmund Dipl.-Ing. Vladimir Lavrentyev Technische Universität Dortmund Eva Stakalies, M. Sc. Technische Universität Dortmund Zusammenfassung Bei einer Beurteilung der Tragsicherheit bestehender älterer Spannbetonbrücken durch eine Nachrechnung auf Grundlage aktueller Normen für Neubauten, ergeben sich häufig, besonders bei der Schubtragfähigkeit infolge Querkraft und Torsion, deutliche Defizite. Da die Nachweisformate für Neubauten im Sinne einer einfachen Anwendbarkeit Vereinfachungen enthalten, beispielsweise durch vernachlässigte Traganteile, und daher häufig konservativ sind, besteht die Aufgabe genauere Nachweisformate für die Nachrechnung bestehender Bauwerke zu entwickeln, um vorhandene Tragreserven nutzen zu können. Im Rahmen der BASt-Forschungsvorhaben wurde der Frage nachgegangen, ob durch eine genauere Nachweisführung unter Berücksichtigung der Interaktion der Schnittgrößen infolge einer kombinierten Beanspruchung mit Torsion Tragfähigkeitsreserven aktiviert werden können. Hierfür wurde ein entsprechendes Bemessungsmodell mittels der durchgeführten Großversuche verifiziert. Untersucht wurden dabei gleichzeitig eine vom aktuell gültigen NA abweichende konstruktive Ausbildung bei der Torsionsbügelbewehrung. Bei den Großversuchen wurden Tragverhalten, maximale Tragfähigkeit (begrenzt sowohl durch die Bewehrung als auch den Beton), Anrechenbarkeit der Spannglieder auf die Torsionslängsbewehrung, Rissbildung und damit einhergehender Abfall der Torsionssteifigkeit sowie ein etwaiger Einfluss aus der konstruktiven Ausbildung der Torsionsbügel gezielt untersucht. Die gewonnenen Erkenntnisse haben ihren Niederschlag in der 2. Ergänzung der Nachrechnungsrichtlinie gefunden, die als BEM-ING Teil 2 bauaufsichtlich eingeführt werden soll. 1. Einleitung Eine intakte, funktionierende Verkehrsinfrastruktur ist eine notwendige Voraussetzung, nicht nur für das Zusammenleben in unserer arbeitsteiligen Gesellschaft, sondern auch zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Wirtschafts- und Industriestandorts Deutschland. Neuralgische Punkte der Verkehrsinfrastruktur sind die Brücken. Kritisch sind besonders die bestehenden älteren Bauwerke aus den 50er, 60er und 70er Jahren, insbesondere die Großbrücken. Dies gilt für alle Bauweisen gleichermaßen, ob Stahl-, Verbund- oder Betonbrücken. Die Ursachen für den heutigen Zustand unseres Brückenbestands, besonders im Hinblick auf die älteren Bauwerke mit Defiziten der Tragfähigkeit, sind sowohl der Belastungsals auch der Widerstandsseite zuzuordnen: Die heutigen Belastungen aus Verkehr sind wesentlich höher als damals angesetzt, sowohl was die Fahrzeuggesamtgewichte als auch deren Häufigkeit betrifft. Bei unseren Brücken wirkt sich dies sowohl auf die statische Tragfähigkeit als auch auf die Materialermüdung aus. Die zeitlichen Entwicklungen auf der Widerstandsseite, sind vor dem historischen Hintergrund zu sehen. In der Wiederauf bauphase nach dem zweiten Weltkrieg ab etwa 1950 bestand in Deutschland ein sehr großer Bedarf an Brückenneubauten. Damals hat sich die noch junge Spannbetonbauweise - für die noch vergleichsweise wenige Erfahrungen vorlagen - aufgrund ihrer wirtschaftlichen Vorteile gegenüber der Stahlbauweise rasch durchgesetzt. Die aus dem damaligen Erkenntnisstand resultierenden technischen Unzulänglichkeiten bei der Bemessung und konstruktiven Durchbildung wurden an den Bauwerken, beispielsweise in Form von Dauerhaftigkeitsschäden, oft erst nach vielen Jahren sichtbar und erkannt. Dadurch wurden über einen längeren Zeitraum Brücken gebaut, die alle die gleichen konzeptionellen Schwächen aufwiesen. Dies gilt für alle Bauweisen gleichermaßen. Die Normen, als maßgebende Grundlage für Bemessung und Konstruktion der Brücken, werden naturgemäß nur in größeren zeitlichen Abständen auf der Grundlage neuer Erkenntnisse aus Wissenschaft und Erfahrungen in der Praxis fortgeschrieben, um Schwachstellen zu beseitigen und die Grundsätze für Bemessung und Konstruktion an neue Erkenntnisse anzupassen. Daher weisen die bestehenden Bauwerke in Abhängigkeit von ihrem Baujahr gegenüber bestimmten Beanspruchungen de facto nicht das gleiche Sicherheitsniveau auf. 60 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Kombinierte Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Torsion - Erkenntnisse aus zwei BASt-Forschungsvorhaben So enthalten beispielsweise die heutigen Spannbetonbrücken gegenüber den älteren deutlich mehr Bewehrung und Vorspannung. Ein wesentliches Sicherheitselement beim Bauwerksbestand ist die periodische Brückenprüfung. Lange Zeit wurde der dabei erfasste bauliche Zustand als maßgebliches Kriterium für die Bewertung der Bauwerke angesehen. Bei gutem baulichen Zustand ging man davon aus, dass Funktionsfähigkeit und ausreichende Sicherheit einer Brücke gegeben ist. Erst ab etwa 2005 wurden bei den älteren Bestandsbauwerken der alten Bundesländer durch erste Nachrechnungen auch Defizite bei der Tragfähigkeit nach aktuellem Stand der Wissenschaft und Technik festgestellt. Die Nachrechnungen erfolgten für die Brücken der A45 auf der hessischen Seite, damals allerdings noch mit den DIN-Fachberichten, also den Normen für Neubauten. Die Nachrechnungsrichtlinie gab es seinerzeit noch nicht. Diese Nachrechnungen auf Grundlage der DIN Fachberichte für Neubauten ergaben für diese Brücken durchweg keine ausreichenden Tragsicherheiten. Bei den Spannbetonbrücken waren besonders die Schubtragfähigkeiten bei Querkraft und Torsion betroffen. An dieser Stelle wurden Methoden und Verfahren der Sicherheits- und Zuverlässigkeitstheorie für die Beurteilung der Tragsicherheit herangezogen. Daraus folgte, dass Normen für Neubauten für Aussagen über bestehende Brücken nicht geeignet sind. Insofern waren die Ergebnisse, basierend auf den DIN-Fachberichten, nur bedingt aussagekräftig. So wurde in der Folge die Nachrechnungsrichtlinie erarbeitet, die an die Besonderheiten der Bestandsbauwerke angepasst war. Damit war es möglich, durch ein an bestehende Bauwerke angepasstes Sicherheitskonzept und im Rahmen mehrerer FE-Projekte entwickelter genauerer Nachweisverfahren, bis dahin ungenutzte Tragreserven zu aktivieren. Einen Schwerpunkt bildeten dabei die Nachweisverfahren bei Querkraft sowie der kombinierten Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Torsion. Die genaueren Nachweisverfahren für diese Schubprobleme wurden im Rahmen mehrerer Forschungsvorhaben im Auftrag der BASt erarbeitet. Dabei ging es nicht nur um Bemessungsverfahren, sondern z.B. auch darum, wie man mit seinerzeit angewendeten Konstruktionsregeln, die nicht dem heutigen Stand der Wissenschaft und Technik entsprechen, umgeht. In welchem Umfang eine derartige Bewehrung für die Tragfähigkeit angesetzt werden kann. Nachfolgend werden zu diesen Problemen Erkenntnisse vor allem aus zwei im Auftrag der BASt durchgeführten Forschungsvorhaben mit Großversuchen an Spannbetonträgern (FE-15.0591/ 2012/ FRB; FE 15.0664/ 2019/ DRB), die an der RWTH Aachen, der TU Dortmund sowie der TU München durchgeführt wurden, vorgestellt. Für weitere Details siehe auch [1], [2], [3]. 2. Genauere Nachweisverfahren bei Querkraft Im Bild 1 ist beispielhaft für einen zweifeldrigen Versuchsträger die rechnerische Querkrafttragfähigkeit entsprechend dem idealisierten Fachwerkmodell mit Rissreibung nach DIN EN 1992-2/ NA: 2013 der experimentell ermittelten Querkrafttragfähigkeit gegenübergestellt. Die rechnerische Tragfähigkeit wurde dabei unter Ansatz der Mittelwerte der am Versuchsträger bestimmten Materialeigenschaften berechnet. Es ist deutlich zu erkennen, dass in diesem konkreten Fall die Querkrafttragfähigkeit des Versuchsträgers auf Basis des nationalen Anhangs etwa um den Faktor 2 deutlich unterschätzt wird, da das Bemessungsmodell nicht alle maßgebenden Tragmechanismen zutreffend berücksichtigt. Die Differenz kann als nicht berücksichtigter zusätzlicher Betontraganteil interpretiert werden. Bild 1: Querkraftbeanspruchung vs. Querkrafttragfähigkeit nach DIN EN 1992-2/ NA Über die verschiedenen Querkrafttraganteile besteht in der Fachwelt grundsätzlich Einigkeit: - Querkraftbewehrung V R,sy - Betondruckzone V cc - Vorspannwirkung V p - Rissverzahnung V cr - Bruchprozesszone V BPZ - Dübelwirkung der Bewehrung V d Gegenstand kontroverser Diskussionen ist bis heute die quantitative Bewertung und das Zusammenwirken der einzelnen Anteile bei der resultierenden Querkrafttragfähigkeit. Erschwert wird die zutreffende Abbildung der komplexen Zusammenhänge in einem mechanischen Modell durch weitere Einflüsse wie z.B. der baulichen Aus- 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 61 Kombinierte Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Torsion - Erkenntnisse aus zwei BASt-Forschungsvorhaben bildung des Bauteils, der Art der Belastung, der Schubschlankheit sowie dem Beanspruchungsniveau. Daher gibt es bis heute kein allgemein anerkanntes Bemessungsmodell, das eine zuverlässige Vorhersage der Querkrafttragfähigkeit in allen Fällen ermöglicht. 2.1 Erweitertes Fachwerkmodell mit additivem Betontraganteil (NRR: Stufe 2) Für die Bewertung der Querkrafttragfähigkeit bestehender Spannbetonbrücken im Rahmen der Stufe 2 der 2. Ergänzung der Nachrechnungsrichtlinie (NRR) wurde an der RWTH Aachen das erweiterte Fachwerkmodell mit additivem Betontraganteil entwickelt. Dabei wird die Querkraftbeanspruchung nicht allein von der Querkraftbewehrung aufgenommen, sondern auch von einem zusätzlichen Betontraganteil. (1) mit βr: Schubrisswinkel Dabei entspricht V Rd,ct der Querkrafttragfähigkeit eines Bauteils ohne Querkraftbewehrung, also einem Mindestwert der Querkrafttragfähigkeit, wenn keine Querkraftbewehrung vorhanden wäre. Mit diesem Modell lassen sich für ältere bestehende Spannbetonbrücken in vielen Fällen ausreichende Tragfähigkeiten nachweisen, wie bisherige Anwendungen gezeigt haben. 2.2 Druckbogenmodell (NRR: Stufe 4) Das Druckbogenmodell bzw. das erweiterte Druckbogenmodell gehört zu den Verfahren, die im Rahmen der Stufe 4 der NRR angewendet werden dürfen. Das Druckbogenmodell ist anwendbar in Bereichen im Zustand I und Zustand II mit Biegerissen, ohne ausgeprägte Schubrissbildung. Es geht vom Ebenbleiben der Querschnitte aus. Bei ausgeprägter Schubrissbildung, wenn das Ebenbleiben der Querschnitte nicht mehr gilt, kommt das erweiterte Druckbogenmodell zur Anwendung. Das Modell wurde an der TU Dortmund entwickelt. Mit diesem anschaulichen Modell, kann der Betontraganteil für Spannbetonbalken auf Bauteilebene ermittelt werden. Nachfolgend wird die Vorgehensweise am Druckbogenmodell für den Fall ohne ausgeprägte Schubrissbildung gezeigt (Bild 2). Bild 2: Bestimmung des Druckbogenverlaufs Für die Ermittlung des Druckbogenverlaufs längs des dargestellten Balkens (Bild 2) werden in diskreten Schnitten senkrecht zur horizontalen Stabachse die Dehnungsebenen aus den zugehörigen Biegemomenten und der Vorspannwirkung bestimmt. Auf Grundlage der Dehnungsebenen werden die Druckzonenhöhe x und der Abstand der horizontalen Biegedruckkraft F c zum Querschnittsrand berechnet. Infolge der veränderlichen Höhenlage der Spannglieder und des veränderlichen Biegemoments variiert die Lage der horizontalen Biegedruckkraft. Aus der Verbindung der Druckzonenhöhen ergibt sich der überdrückte Bereich, aus der Verbindungslinie der horizontalen Biegedruckkräfte folgt der Druckbogenverlauf. Aus der vertikalen Komponente der geneigten Kraft im Druckbogen resultiert der zusätzliche Querkrafttraganteil V cc des Betons. Dieser Betontraganteil wird beim Fachwerkmodell mit Rissreibung nicht explizit in Ansatz gebracht. Der zusätzliche Betontraganteil V cc braucht nicht kleiner angesetzt zu werden als der Mindestwert V Rd,ct gemäß dem erweiterten Fachwerkmodell mit Betontraganteil (NRR: Stufe 2). Damit gilt: V cc ≥ V Rd,ct (2) Der Mindestwert kommt in den Bereichen zum Tragen, in denen der Druckbogen mit nur sehr flacher Neigung verläuft (Bild 3). Bild 3: Zusätzlicher Betontraganteil (V cc ≥ V Rd,ct ) beim Druckbogenmodell (Stufe 4) 3. Nachweisverfahren bei zusätzlicher Torsion 3.1 Grundlagen In den Stegen von Plattenbalkenbrücken tritt in den Stegen der Hauptträger im Allgemeinen zusätzlich zur Biegung mit Querkraft eine Torsionsbeanspruchung auf. Die Bemessungsformeln in EC2 bzw. DIN Fachbericht 102 gelten für eine reine Torsionsbeanspruchung. Beim Hauptträger einer Plattenbalkenbrücke wird ausschließlich der Steg für das volle Torsionsmoment bemessen. Die Nachweise im Zustand II werden dabei für einen fiktiven Ersatzhohlkasten geführt. Tatsächlich werden Anteile des Torsionsmoments auch durch die ungerissene Betondruckzone sowie die Flansche aufgenommen, Bild 4. 62 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Kombinierte Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Torsion - Erkenntnisse aus zwei BASt-Forschungsvorhaben Bild 4: Aufnahme einer Torsionsbeanspruchung nachüblichem vereinfachten Ansatz (links) und genauerer Betrachtung bei kombinierter Beanspruchung (rechts) Das Tragverhalten bei reiner Torsion im Zustand II ist dadurch charakterisiert, dass die vertikalen Komponenten der unter dem Winkel θ geneigten Druckstrebenkräfte im Beton durch die Torsionsbügel aufgenommen werden. Die horizontalen Komponenten werden durch die Torsionslängsbewehrung ins Gleichgewicht gesetzt (Bild 5a). Im Fall einer zusätzlichen Vorspannkraft wird die erforderliche Querschnittsfläche der Torsionslängsbewehrung kleiner, bei entsprechend großer Vorspannkraft werden die Längszugkräfte vollständig überdrückt, so dass rechnerisch keine Längsbewehrung mehr erforderlich ist (Bild 5b). Bei einem Spannbetonbalken sind vergleichbare Verhältnisse gegeben, was zu einer Reduzierung der erforderlichen Torsionslängsbewehrung nach EC2 führt (Bild 5c). Auf dieser Modellvorstellung basiert das nachfolgend beschriebene Nachweisverfahren bei einer zusätzlichen Torsionsbeanspruchung. Bild 5: Beanspruchung durch reine Torsion und kombinierte Beanspruchung M + V + T Ermittlung der Bügelbewehrung infolge zusätzlicher Torsion (M + V + T) Die gesamte erforderliche Bügelbewehrung ist die Summe aus Querkraftbewehrung z.B. gemäß Fachwerkmodell mit Betontraganteil oder Druckbogenmodell, plus zusätzlichem Anteil der Torsionsbügelbewehrung nach EC2 bzw. DIN Fachbericht 102: (3) mit: cot θ = 2,5 (aus Referenzversuchen) T u = V u ⋅e e: Exzentrizität der Lasten Während bei der Querkraftbewehrung eine deutliche Reduzierung durch den zusätzlichen Betontraganteil erfolgt, ist dies bei der Torsionsbügelbewehrung nicht der Fall. Daher wird die normgemäße Torsionsbügelbewehrung bei den Nachweisen üblicherweise ohne Abminderung berücksichtigt. Ermittlung der zusätzlichen Längsbewehrung infolge Torsion (M + V + T) Bei der Ermittlung der zusätzlichen Längsbewehrung infolge Torsion wird zunächst von dem durch diese Bewehrung aufnehmbaren Torsionsmoment T Rd,sl ausgegangen. (4) Daraus folgt durch Umstellung de zugehörige Längskraft aus Torsion N Td , die im Schwerpunkt des Querschnitts bei der Biegebemessung mit angesetzt wird (Bild 6). a) c) b) 3.2 Bemessungsmodell bei zusätzlicher Torsion Nachfolgend wird das Bemessungsmodell anhand der Bemessung der Versuchsträger mit Mittelwerten der Baustoffeigenschaften (f ym ) für die Schnittgrößen M u , V u und T u unter der Versuchstraglast des jeweiligen Referenzträgers ohne zus. Torsion gezeigt. Bei einer Nachrechnung realer Bauwerke sind die entsprechenden Bemessungswerte (f yd , M Ed , V Ed , T Ed ) anzusetzen. 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 63 Kombinierte Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Torsion - Erkenntnisse aus zwei BASt-Forschungsvorhaben (5) mit: cot θ = 2,5 (aus Referenzversuchen M + V) ⇒ Längsbewehrung A s(M, T) infolge M + T Bild 6: Erforderliche Längsbewehrung ermittelt für M u + N Tu Bei dieser Vorgehensweise und überwiegender Biegebeanspruchung wird der positive Effekt aus der Überdrückung der Torsionslängszugkräfte in der Biegedruckzone infolge Biegung sowie der Tragwirkung der Spannglieder entsprechend ihrer Lage im Querschnitt bei der Bemessung automatisch mitberücksichtigt. Auf diese Weise kann die erforderliche Querschnittsfläche der Längsbewehrung optimal quantifiziert werden. 3.3 Konstruktive Durchbildung der Bügel Die konstruktive Ausbildung von Torsionsbügeln wird in DIN EN 1992-2, 9.2.3 (1) geregelt (Bild 7). Bild 7: Beispiele zur Ausbildung von Torsionsbügeln nach DIN EN 1992-2, Bild 9.6 und zugehöriges NCI im NA Der zugehörige deutsche NA fordert bei einer Torsionsbeanspruchung geschlossene Bügel zu verwenden. Zur Erleichterung des Einbaus der Längsbewehrung und der Spannglieder sowie zur Vereinfachung der Bewehrung und Vermeidung lokal hoher Bewehrungsgrade sind bei Plattenbalkenbrücken oben offene Bügel, die durch die Querbewehrung der Fahrbahnplatte geschlossen werden, vorteilhaft. Da bei Plattenbalkenbrücken eine kombinierte Beanspruchung durch überwiegende Querkraftbiegung mit zusätzlicher Torsionsbeanspruchung auftritt und sich in der Fahrbahnplatte eine starke obere Querbewehrung befindet, wird ein Ausbrechen der oberen Ecken infolge der Umlenkung der Betondruckstreben durch die Bügelhaken und die Querbewehrung der Fahrbahnplatte verhindert (Bild 8). Daher wurde bei den Dortmunder Versuchen auch der Frage nachgegangen, inwieweit die Querschnitte mit geschlossenen Bügeln eine größere Tragfähigkeit gegenüber den offenen durch Querbewehrung geschlossenen Bügeln aufweisen. Bild 8: Konstruktive Ausbildung der Bügel bei Querkraft und Torsion bei Plattenbalkenbrücken nach DIN EN 1992-2 abweichend zum NA Die Wirksamkeit der Verankerungselemente für die Bügel in Form von Haken und Winkelhaken wurde experimentell untersucht und nachgewiesen [4]. Die Fließkraft konnte in allen Fällen verankert werden. 4. Verifikation durch 2 Versuchsreihen mit kombinierter Beanspruchung 4.1 Versuchsreihe DLT mit zusätzlicher Torsion (M + V + T) Der Versuchsauf bau der Versuchsreihe DLT (Durchlaufträger) mit Belastung ist Bild 9 dargestellt. Dazu standen Referenzversuche (DLT 2.1 bis DLT 2.4) mit reiner Querkraftbiegung, d.h. Exzentrizität e = 0 und Beanspruchung M-+-V, T-=-0, zur Verfügung. Die Versuchsträger DLT-2.5 bis DLT 2.8 mit zusätzlicher Torsion wurden mit dem in Abschn. 3.2 beschriebenen mechanischen Modell bemessen und ausgelegt. An jedem der 4 Versuchsträger (DLT5 bis DLT8) wurde je Feld ein Teilversuch durchgeführt, d.h. insgesamt waren es 8 Teilversuche. Unmittelbar vor dem Versagen, zu erkennen an den Indikatoren Rissbildung und in Echtzeit gemessenen Dehnungen, wurde das schwächer bewehrte Feld verstärkt, so dass die Belastung im stärker bewehrten Feld weiter gesteigert werden konnte, bis dort der Bruchzustand erreicht wurde. Ein wesentliches Ziel der Versuche bestand darin, das in Abschn. 3.2 beschriebene mechanische Modell zu verifizieren. 64 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Kombinierte Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Torsion - Erkenntnisse aus zwei BASt-Forschungsvorhaben Bild 9: Versuchsauf bau mit Belastung der Versuchsreihe DLT Versuchstraglasten Die erzielten Versuchstraglasten sind in Tab. 1 zusammengefasst Tab. 1 Experimentell ermittelte Versuchstraglasten DLT 2.5 bis DLT 2.8 Bei den experimentellen Untersuchungen wurden auch einige Sensitivitätsbetrachtungen durchgeführt. DLT 2.5: Die zusätzliche Torsionsbügel- und Torsionslängsbewehrung wurde gemäß dem Bemessungsmodell in Abschn.-3.2 vollständig eingebaut, die Versuchstraglasten aus den Referenzversuchen wurden nahezu erreicht. Das Bemessungsmodell wurde damit bestätigt. DLT 2.6: Es wurde keine zusätzliche Torsionslängsbewehrung gemäß dem Bemessungsmodell eingebaut, lediglich die zusätzliche Torsionsbügelbewehrung. Auswirkung: Abfall der Versuchstraglast gegenüber den Referenzversuchen um 9.2 % in Feld 1 und 6.1 % in Feld 2. DLT 2.7: Teilversuch in Feld 1: Bestätigung des Bemessungsmodells Teilversuch in Feld 2: Auslegung für e = 15 cm, im Versuch realisiert e = 20 cm. Abfall der Versuchstraglast um 14-%, d.h. keine ausreichenden Tragreserven zur Kompensation der Überschreitung der Exzentrizität um 1/ 3 im Versuch. DLT 2.8: Variiert wurde die konstruktive Ausbildung der Bügel. Feld 1: mit Steckbügeln geschlossene Bügel Feld 2: oben offene Bügel mit Winkelhaken nach außen, geschlossen durch obere Querbewehrung in der Platte. Beide Felder zeigen gleiches Trag- und Rissverhalten, erreichen die gleiche Versuchstraglast. Der Referenzträger weist eine kleinere Versuchstraglast auf infolge Versagens der Betondruckzone an der Innenstütze als Folge der deutlich kleineren Betondruckfestigkeit (26,7 vs. 48,9 MN/ m²) Rissbildung In Bild 10 ist die Rissbildung für DLT 2.8 im Bruchzustand zu sehen. In der Draufsicht sind in der Gurtplatte infolge Torsion schräg zur Balkenlängsachse verlaufende Risse zu erkennen. Ein Beleg dafür, dass das Torsionsmoment teilweise auch von der oberen Gurtplatte aufgenommen wird und nicht vollständig vom Steg! Dies führt zur Entlastung und Reduzierung der erforderlichen Torsionsbügel im Steg [5]. 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 65 Kombinierte Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Torsion - Erkenntnisse aus zwei BASt-Forschungsvorhaben Bild 10: Rissbildung im DLT 2.8 im Bruchzustand Bild 11: Auswertung der Risskinematik mittels Photogrammmetrie Eine Auswertung der Schubspannungen und Normalspannungen im Riss infolge Rissverzahnung auf Grundlage der Risskinematik (Rissöffnung w, Rissgleitung v) ergab im Bruchzustand keine Rissverzahnungskräfte (N cr , V cr ) in einer für die Querkrafttragfähigkeit bedeutenden Größe, Bild 11. Mit der Rissbildung geht ein Abfall der Torsionssteifigkeit einher (Bild 12). Dabei ist zwischen der Sekanten und Tangentensteifigkeit zu unterscheiden. In beiden Fällen fällt die Torsionssteifigkeit bei den Spannbeton Versuchsträgern unter 40 % des elastischen Wertes nach Zustand I ab. Dies bestätigt die Vorgabe in der NRR. Für weitere Details siehe [6]. 66 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Kombinierte Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Torsion - Erkenntnisse aus zwei BASt-Forschungsvorhaben Bild 12: Torsionssteifigkeit in Abhängigkeit vom Beanspruchungsniveau (DLT 2.8) 4.2 Versuchsreihe ETK mit zusätzlicher Torsion (M + V + T) Der Versuchsaufbau mit Belastung der Versuchsreihe ETK (Einfeldträger mit Kragarm) ist in Bild 13 dargestellt. Der Teilversuch 1 im Feldbereich diente der Verifikation des Bemessungsmodells bei zusätzlicher Torsion. Hierbei ging es um die auseichende Tragfähigkeit der Bewehrung. Der Teilversuch 2 am stark bewehrten Kragarm diente der Untersuchung der Interaktionsbedingung für eine kombinierte Beanspruchung (M + V + T) beim Versagen des Betons auf Druck. Ein Versagen der Bewehrung durch Fließen mit großen plastischen Dehnungen wurde hier durch einen entsprechend hohen Bewehrungsgrad ausgeschlossen. Versuchsauf bau: Einfeldträger mit Kragarm - größere Schlankheiten - größere Spannweiten - Streckenlast im Feld, Einzellast am Kragarm Bild 13: Versuchsaufbau mit Belastung der Versuchsreihe ETK Referenzversuch ETK1 ohne zusätzliche Torsion (e = 0) Teilversuch 1: Das Versagen erfolgte im Feld durch Fließen der Bügel im Bereich vor dem Innenauflager. Infolge großer plastischer Dehnungen und starker Rissbildungen kam es dort gleichzeitig zu einer deutlichen Abminderung der wirksamen Betondruckfestigkeit ѵ ∙-f cd in den flach geneigten Druckstreben. Dadurch kam es zu einem sekundären Versagen durch Ablösen der Betondeckung über den Bügeln und schließlich einem Betonausbruch in der Biegedruckzone am Auflager. Bei den relativ kleinen Querschnittsabmessungen eines Versuchsträgers ist das gleichbedeutend mit dem Erreichen des Versagenszustands. In der Folge war keine weitere Laststeigerung mehr möglich. Allerdings wäre im Feld auch ohne dieses sekundäre Betonversagen keine deutliche Laststeigerung mehr möglich gewesen, da die Tragfähigkeit der Bewehrung bereits hoch ausgenutzt war. Teilversuch 2: Der Teilversuch 2 am Kragarm konnte aufgrund der Betonabplatzungen nicht mehr ausgeführt werden, weil dadurch keine Laststeigerung mehr möglich war. Versuche ETK2 bis ETK5 Das Ziel der Teilversuche 1 bestand darin, die durch die Bewehrung begrenzte Tragfähigkeit zu ermitteln. Als Maßnahme zur Verhinderung eines sekundären Betondruckversagens bei jetzt zusätzlicher Torsionsbeanspruchung wurde daher bei diesen Versuchen im kritischen Bereich eine stählerne Konstruktion zur Umschnürung der Biegedruckzone angeordnet (Bild 14). Diese ist für die Querkrafttragfähigkeit nicht wirksam, da die dargestellten Zugstangen im Teilversuch 1 oben nicht verankert waren. Die Verankerung erfolgt erst im anschließenden Teilversuch 2, der am Kragarm durchgeführt wird. Für die Teilversuche 2 enthalten die Kragarme eine ausreichend stark bemessene Bügelbewehrung zur Vermeidung eines sekundären Druckversagens durch Fließen der Bügel mit großen plastischen Dehnungen. Bild 14: Konstruktion zur Umschnürung der Betondruckzone Versuchstraglasten Die Versuchstraglasten für ETK1 bis ETK5 sind in Tabelle 2 getrennt nach Teilversuch1 und Teilversuch 2 zusammengefasst. Daraus geht hervor, dass bei allen Teilversuchen 1 (ETK2 bis ETK5) zur Verifizierung des Bemessungsmodells in Abschn. 3.2 die Versuchstraglast des Referenzversuchs ETK1 erreicht wurde. Dadurch wurde das Bemessungsmodell bestätigt. Als Bügelbewehrung wurden ausnahmslos oben offene Bügel mit nach außen gebogenen Winkelhaken verwendet, die entgegen dem NA lediglich durch die Querbewehrung in der Gurtplatte geschlossen wurden. In Verbindung mit den gewählten Druckstrebenwinkeln θ für die Bemessung bei ETK3 mit cot θ = 2,5 und bei ETK4 mit cot θ = 2,0 unter sonst gleichen Randbedingungen konnte mit diesen beiden Versuchen eine entsprechende Umlagerungsfähigkeit der inneren Kräfte nachgewiesen werden. Einen Sonderfall stellte ETK5 aufgrund seines Rechteckquerschnitts dar. Er erreichte die gleiche Versuchstraglast wie der zugehörige Referenzträger ETK2 mit e-= 7,5 cm. 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 67 Kombinierte Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Torsion - Erkenntnisse aus zwei BASt-Forschungsvorhaben Tab. 2: Experimentell ermittelte Versuchstraglasten ETK1 bis ETK5 Mit den Teilversuchen 2, jeweils am stark bewehrten Kragarm, wurde die Interaktion unter einer kombinierten Beanspruchung (M + V + T) im Hinblick auf das Versagen des Betons infolge der resultierenden Hauptdruckspannungen untersucht. Die normativen Regelungen hierzu lauten: DIN EN1992-1-1: 2011-01, 6.3.2 (4) Die maximale Tragfähigkeit eines auf Torsion und Querkraft beanspruchten Bauteils wird durch die Druckstrebentragfähigkeit begrenzt. Um diese nicht zu überschreiten, sind in der Regel folgende Bedingung zu erfüllen: (6.29) DIN EN 1992-1-1/ NA: 2013-04 NCI zu 6.3.2(4) Für Kompaktquerschnitte darf die günstige Wirkung des Kernquerschnitts in der Interaktionsgleichung berücksichtigt werden: (NA. 6.29.1) Lediglich im deutschen NA ist vorgesehen, dass bei Kompaktquerschnitten eine quadratische Interaktionsbedingung angewendet werden darf. Der original Eurocode-2 sieht sowohl für kompakte als auch für Kastenquerschnitte lediglich eine lineare Interaktionsbedingung vor. Eine wesentliche Erkenntnis aus der Versuchsreihe ETK war, dass die quadratische Interaktionsbedingung gemäß dem NCI in DIN EN 1992-2/ NA durch die Versuche nicht bestätigt werden kann (Bild 15). Darüber hinaus ist bei Anwendung der linearen Interaktionsbedingung, die wirksame Betondruckfestigkeit ѵ ∙-f cd bei freier Wahl des Druckstrebenwinkels θ mit cot θ > 1,75, d.h. im Fall von sehr flachen Neigungen, wie folgt anzusetzen: - bei Querkraft: ѵ = 0,6 - bei Torsion: ѵ = 0,525 Die zusätzliche Berücksichtigung des Biegemoments M in der Interaktionsbedingung hat sich bei den Versuchen als nicht zielführend herausgestellt. Für weitere Details wird auf [4] verwiesen. Bild 15: Interaktionsbedingung bei kombinierter Beanspruchung V+T 68 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Kombinierte Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Torsion - Erkenntnisse aus zwei BASt-Forschungsvorhaben 5. Nachrechnungsrichtlinie (2. Ergänzung) Die neuen Erkenntnisse aus den beiden Versuchsreihen haben ihren Niederschlag in der 2. Ergänzung der Nachrechnungsrichtlinie (NRR) gefunden, die künftig als BEM-ING Teil2 bauaufsichtlich eingeführt werden soll (Bild 16). Bild 16: Zweite Ergänzung der Nachrechnungsrichtlinie in BEM-ING, Teil 2 12.4.3.5 (1) Die Bemessung im Grenzzustand der Tragfähigkeit für Torsion ist auf Grundlage des DIN---Fachberichts-102, II-4.3.3 durchzuführen. 12.4.3.5 (2) Bei der Nachrechnung bestehender Betonbrücken darf für die Bemessung bei Torsion der Druckstrebenwinkel θ in den Grenzen entsprechend 1,0 ≤ cot θ ≤ 2,5 frei gewählt werden. Grundsätzlich dürfen für die Nachweise bei Querkraft und Torsion als kombinierte Beanspruchung unterschiedliche Druckstrebenwinkel θ angesetzt werden. 12.4.3.5 (3) Bei Druckstrebenwinkeln 1,75-≤-cot θ-≤-2,5 wird der Ansatz der wirksamen Betondruckfestigkeit ν ⋅ fcd wie folgt empfohlen: Plattenbalkenbrücken Hohlkastenbrücken - Querkraft: ѵ = 0,6 - Torsion: ѵ = 0,525 ѵ = 0,6 ѵ = 0,6 12.4.3.5 (4) Es wird empfohlen, die effektive Wanddicke bei Platenbalkenbrücken nicht größer anzusetzen als t eff = 2 ∙ d 1 . Für Hohlkastenbrücken gelten für t eff die üblichen Regelungen wie für Neubauten gem. DIN EN 1992-1-1 Kap.6.3.2. 12.4.3.5 (5) Die Torsionsbügelbewehrung wird ohne Abminderung nach DINFachbericht 102 ermittelt und ist zusätzlich zur Bügelbewehrung aus Querkraft vorzusehen. 12.4.3.5 (6) Bei überwiegender Biegebeanspruchung darf der Spannstahl auf die Torsionslängsbewehrung angerechnet werden. Dabei wird die infolge Torsion entstehende Längszugkraft N Ed,T nach Gleichung (12.47), die im Schwerpunkt des Querschnitts wirkt, bei der Biegebemessung zusätzlich berücksichtigt. Der Druckstrebenwinkel entspricht dem bei der Ermittlung der Torsionsbügelbewehrung angesetzten Wert. 12.4.3.5 (7) Der Nachweis der Tragfähigkeit der Betondruckstreben bei reiner Torsion ist nach Gl. (12.48) zu führen. 12.4.3.5 (8) Bei einer kombinierten Beanspruchung aus Querkraft und Torsion ist für die maximale Tragfähigkeit, die durch die Druckstrebentragfähigkeit begrenzt wird, die folgende Interaktionsbedingung zu erfüllen: Es wird empfohlen bei cot θ > 1,75, die Bedingung auch bei Plattenbalkenbrücken anzuwenden. Ansonsten gilt DIN Fachbericht 102. 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 69 Kombinierte Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Torsion - Erkenntnisse aus zwei BASt-Forschungsvorhaben Literatur [1] Hegger, J.; Fischer, O.; Maurer, R. et al.: Querkraft und Torsion - zukünftige Ansätze und Potenziale in Stufe 2 der Nachrechnungsrichtlinie/ Shear and torsion - future approaches and potentials in stage 2 of the recalculation guideline. In: Bauingenieur 99 (2024), 01-02, S. 1-11. https: / / doi. org/ 10.37544/ 0005-6650-2024-01-02-23 [2] Hegger, J.; Fischer, O.; Maurer, R. et al.: Nachrechnungen von Spannbetonbrücken mit Verfahren der Nachrechnungsstufe 4/ Recalculations of prestressed concrete bridges with procedures of recalculation stage 4. In: Bauingenieur 99 (2024), 01-02, S. 12-21. https: / / doi.org/ 10.37544/ 0005-6650-2024- 01-02-34 [3] Stakalies, E.; Lavrentyev, V.; Maurer, R.: Zum Nachweis bei einer kombinierten Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Torsion (M + V + T)/ Verification of a combined load consisting of bending, shear force and torsion (M + V + T). In: Bauingenieur 99 (2024), 01-02, S. 46-59. https: / / doi. org/ 10.37544/ 0005-6650-2024-01-02-68 [4] J. Hegger, O. Fischer, R. Maurer, N. Kerkeni, C.- Stettner, K. Zilch, C. Dommes, V. Adam, S.- Lamatsch, S. Thoma, V. Lavrentyev, E. Stakalies, F.-Teworte, E. Sharei, R. Tecusan: Experimentelle und theoretische Untersuchungen zur Querkraft- und Torsionstragfähigkeit von Brücken im Bestand - FE 15.0664.2019.DRB - Schlussbericht. Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach, 2023. [5] Lavrentyev, V.; Stakalies, E.; Maurer, R.: Abschließende Forschungsergebnisse zu den experimentellen und theoretischen Untersuchungen unter der kombinierten Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Torsion. In: Tagungsband TAE (2024). [6] Stakalies, E.; Lavrentyev, V.; Maurer, R.: Erkenntnisse zur Torsionstragfähigkeit bei kombinierter Beanspruchung (M + V + T) aus Versuchen an Durchlaufträgern. In: Tagungsband TAE (2024).