Brückenkolloquium
kbr
2510-7895
expert verlag Tübingen
0925
2024
61
Moderne Stahlbauplanung als Beitrag für ein digitales Erhaltungsmanagement am Beispiel von Brücken
0925
2024
Nico Steffens
Marian Kempkes
Im Stahlbau schließt an die Ausführungsplanung üblicherweise die Werkstattplanung an. In dieser Planungsphase erfolgt die vollständige und detaillierte Konstruktion des Tragwerks und die Erstellung der Werkstattpläne zur Herstellung aller Einzelteile im Stahlbauunternehmen. Die Werkstattplanung kann heutzutage vollständig am 3D-Modell erfolgen. Dies betrifft sowohl den Neubau wie auch die Planung im Bestand im Falle von Ertüchtigungsmaßnahmen. Nach Abschluss der Werkstattplanung liegt ein detailreiches 3D-Modell (BIM‑Fachmodell) der Brücke im Maßstab 1:1 (mm-genau) vor. Im Rahmen der Bauwerkserhaltung wird im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung angestrebt, das gesamte Dokumentenmanagement inklusive aller zur Verfügung stehenden Informationen an einem digitalen Zwilling zu gestalten. In diesem Beitrag wird gezeigt, wie durch die Fortschreibung des aus der Werkstattplanung ohnehin vorhandenen 3D-Modells ein Mehrwert für das weitere Lebenszyklusmanagements im Zuge der Bauwerkserhaltung generiert werden kann.
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6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 83 Moderne Stahlbauplanung als Beitrag für ein digitales Erhaltungsmanagement am Beispiel von Brücken Ein Beitrag aus Sicht der Werkstattplanung im Stahlbau Dr.-Ing. Nico Steffens Gregull + Spang Ingenieurgesellschaft für Stahlbau mbH, Stahnsdorf Dipl.-Ing. Marian Kempkes Gregull + Spang Ingenieurgesellschaft für Stahlbau mbH, Stahnsdorf Zusammenfassung Im Stahlbau schließt an die Ausführungsplanung üblicherweise die Werkstattplanung an. In dieser Planungsphase erfolgt die vollständige und detaillierte Konstruktion des Tragwerks und die Erstellung der Werkstattpläne zur Herstellung aller Einzelteile im Stahlbauunternehmen. Die Werkstattplanung kann heutzutage vollständig am 3D-Modell erfolgen. Dies betrifft sowohl den Neubau wie auch die Planung im Bestand im Falle von Ertüchtigungsmaßnahmen. Nach Abschluss der Werkstattplanung liegt ein detailreiches 3D-Modell (BIM-Fachmodell) der Brücke im Maßstab 1: 1 (mm-genau) vor. Im Rahmen der Bauwerkserhaltung wird im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung angestrebt, das gesamte Dokumentenmanagement inklusive aller zur Verfügung stehenden Informationen an einem digitalen Zwilling zu gestalten. In diesem Beitrag wird gezeigt, wie durch die Fortschreibung des aus der Werkstattplanung ohnehin vorhandenen 3D-Modells ein Mehrwert für das weitere Lebenszyklusmanagements im Zuge der Bauwerkserhaltung generiert werden kann. 1. Einführung Für die Formgebung und die Querschnittsgestaltung müssen im Stahlbau, speziell im Brückenbau, im Zuge der Fertigung zunächst Blechtafeln zugeschnitten und zusammengeführt werden. Hierfür reicht die Detailtiefe nach Abschluss der Ausführungsplanung i.-d.-R. nicht aus. Aussparungen, Anschlussdetails, lokale Blechverstärkungen u. ä. sind im Zuge der Ausführungsplanung noch nicht ausreichend detailliert. Im Stahlbau schließt daher an die Ausführungsplanung üblicherweise die Werkstattplanung (kurz: Werkplanung) als besondere Leistung nach HOAI an. Im Zuge der Werkstattplanung erfolgt eine detaillierte CAD-Konstruktion aller herzustellenden Bau- und Einzelteile. 2. Moderne Stahlbauplanung 2.1 Digitalisierung des Konstruktions- und Fertigungsprozesses Vom Stahlbauunternehmen müssen große Blechtafeln geschnitten, gebohrt, gebrannt oder gestanzt werden. Die Verarbeitung erfolgt durch numerisch gesteuerte Maschinen (numerical control: NC). Diese werden mit den erforderlichen Geometriedaten gespeist. Bis Anfang der 1990er Jahre erfolgte diese Dateneingabe noch manuell auf Grundlage der in Papierform vorliegenden Werkpläne. In dieser Zeit wurden bereits erste digitale Konstruktionszeichnungen mittels CAD in 2D erstellt. Da Konstruktionszeichnungen nunmehr erstmals digital vorlagen, konnten auch die Geometriedaten direkt aus den CAD- Zeichnungen abgeleitet werden. Es entwickelte sich ein Standard-Dateiformat (NC-Daten) [1] als Schnittstelle zwischen der CAD-Konstruktion und der NC-Steuerung der Maschine. Bestandteil der Werkplanung im Stahlbau ist neben der Erstellung der Werkpläne i.-d.-R. auch die Übergabe der NC-Daten. Das NC-Datenformat enthält alle Informationen, die für die Verarbeitung mittels NC-gesteuerter Maschinen erforderlich sind und hat sich weltweit als Standard-Schnittstelle zwischen der CAD- Konstruktion und NC-gesteuerten Maschinen etabliert, siehe auch [2]. Anfang der 2000er Jahre wurden erste Konstruktionszeichnungen am 3D-Modell erstellt. Die Vorteile lagen u.-a. in der noch besseren Kontrolle von Passgenauigkeiten, Kollisionen und Massenermittlungen. Erst seit wenigen Jahren wird quasi standardmäßig eine Detailtiefe bis hin zur Darstellung der Schweißnähte und Schraubengarnituren im 3D-Modell umgesetzt. Hierdurch können bereits im Zuge der Werkplanung auch Kollisionen zum Beispiel zwischen Schweißnähten und Schrauben(köpfen) erkannt werden. Eine grobe Einordnung der zeitlichen Entwicklung der CAD-Konstruktion und damit der Digitalisierung des Konstruktions- und Fertigungsprozesses im Stahlbau in den letzten 30 Jahren ist in Abb.-1 gegeben. Vielfach wird im Stahlbau schon seit ca. 20 Jahren standardmäßig am 3D-Modell konstruiert. In gleicher Weise, wie sich die CAD-Konstruktion entwickelt und entwickelt hat, steigern sich auch die Möglichkeiten in der Fertigung mittels NC-gesteuerter Maschinen. 84 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Moderne Stahlbauplanung als Beitrag für ein digitales Erhaltungsmanagement am Beispiel von Brücken Abb. 1: Digitalisierung des Konstruktionsprozesses Der Stahlbau ist wegen seinem hohen Vorfertigungsgrad seit jeher dadurch geprägt, Kollisionen frühzeitig zu erkennen und entsprechend die Planung mit maximalem Detailierungsgrad vorzunehmen. Aufgrund der umfangreichen Informationen des 3D-Modells findet heute vielfach die komplette Ablaufsteuerung anhand des 3D-Modells statt. dies kann den Einkauf, die Beschichtung bis hin zum Transport (Bauteillängen, exakte Gewichte etc.) betreffen. 2.2 Konstruktion am 3D-Modell Im Falle des Neubaus liegt üblicherweise zunächst das Berechnungsmodell aus der Tragwerksplanung vor. Die gängigen Softwareprogramme bieten Schnittstellen an, um das statische Berechnungsmodell in eine Konstruktions-Software (CAD) zu übertragen. Im Falle eines Bestandsbauwerks liegt ggf. ein Berechnungsmodell z. B. aus einer Nachrechnung vor, das exportiert werden kann. Alternativ können beispielsweise mittels 3D-Laserscan die Geometriedaten als Punktwolke generiert werden [3]. Im CAD-Programm wird die Konstruktion weiter detailliert. Dies können (über das statische Berechnungsmodell hinausgehende) Detailpunkte der Tragwerksplanung oder Elemente der Objektplanung sein. Die erreichbare Detailtiefe am Ende der Werkplanung ist exemplarisch in Abb.- 2 dargestellt. Eine exemplarische Zusammenstellung des Informationsgehaltes enthält Tab. 1. Plotbare 2D-Pläne werden aus diesem 3D-Modell abgeleitet. Abb. 2: Bsp. Detailierungsgrad des Konstruktionsmodells im Zuge der Werkplanung einer Fußgängerbrücke Tab. 1: Exemplarischer Informationsgehalt des 3D-Modells am Ende der Werkplanung (Auszug) Tragwerksplanung - Anschlussdetails inkl. Schrauben + Schweißnaht - Rippen, z. B. Lasteinleitung, Lager etc. - Saumbleche - Querschotte Objektplanung - Schifffahrtszeichen inkl. Unterkonstruktion - Schwingungstilger inkl. Unterkonstruktion - Fahrbahnübergangskonstruktion inkl. Abdeckblech - Entwässerungsleitung mit genauer Bezeichnung der Einzelteile - Geländer inkl. Füllstäbe mit Zinkentlüftung - Messbolzen - Beleuchtung und Kabelführung Montageplanung - exakte Lage aller Längs- und Quernähte sowie aller Blechstöße - Montagestöße 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 85 Moderne Stahlbauplanung als Beitrag für ein digitales Erhaltungsmanagement am Beispiel von Brücken Die Detailtiefe des Modells kann je nach Erfordernis variieren. Ein wesentlicher Vorteil der Modellierung in 3D aus Sicht der Werkplanung liegt im frühzeitigen Erkennen von Kollisionen. Dies spielt ganz besonders im Industriebzw. Kraftwerksbau eine große Rolle, wo ggf. eine Vielzahl Maschinen, Leitungen oder Arbeitsbereiche berücksichtigt werden müssen, siehe Abb. 3. Abb. 3: Bsp. Kollisionskontrolle am Konstruktionsmodell im Zuge der Werkplanung einer Rohrbrücke Die im Stahlbau üblichen detailreichen 3D-Modelle im Zuge der Werkplanung haben sich vor allem aus den Anforderungen hinsichtlich der Fertigung und Ausführung entwickelt. Die wesentlichen Vorteile aus Sicht der Werkplanung bzw. der Fertigung sind: • Ableiten der NC-Daten und 2D-Pläne • Massenermittlung, Bestellung der Blechtafeln • exakte Schwerpunktlage des fertigen Bauwerks sowie einzelner Schüsse für die Montage, Abb. 4 • Pass- und Kollisionskontrolle von Bauteilen • Zugänglichkeiten z. B. im Zuge der Montage, Schweißbarkeit etc., bspw. Abb. 5 • Bauteilzusammenhänge erkennen (z.-B. Montagereihenfolge, Vollständigkeit der Konstruktion etc.) • Bauteileigenschaften definieren, ändern, sortieren • Bauabläufe steuern Abb. 4: Bauteilgewichte und erforderliche Seillängen einzelner Baugruppen im Zuge der Montage Abb. 5: Passung und Zugänglichkeit von Gerüsttürmen zur Montage 2.3 Informationstiefe und Einordnung im BIM- Prozess Die Informationstiefe eines Modells kann gemäß dem Masterplan BIM vom BMVI [4] anhand des LOIN (engl.: Level of information need) festgelegt werden. In der Handreichung BIM des BMVI [5] wird hierfür der Ausarbeitungsgrad (oder auch Fertigstellungsgrad) LOD (engl.: Level of Development) verwendet, siehe Abb. 6. Abb. 6: Informationstiefe und Ausarbeitungsgrad Die Informations(bedarfs)tiefe setzt sich gemäß DIN EN 17412 [6] aus dem geometrischen Detailierungsgrad (LOG, engl.: Level of Geometry) und dem alphanumerischen Detailierungsgrad (LOI, engl.: Level of Information) zusammen. Die geometrische Detailierung entspricht grundsätzlich der zunehmenden Maßstabsgenauigkeit. Die alphanumerische Detailierung beschreibt die hinterlegten Informationen zur eindeutigen Identifikation der Modellelemente. Abb. 7: Zusammensetzung des LOIN gemäß DIN-EN-17412 86 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Moderne Stahlbauplanung als Beitrag für ein digitales Erhaltungsmanagement am Beispiel von Brücken Die Informationstiefe am Ende der Werkplanung entspricht einem LOIN 400 („as-planned“), siehe bspw. Abb.- 8. Danach gibt es nur noch eine höhere Stufe LOIN-500. Hiermit wird die Dokumentation der ausgeführten Bauteile gemeint („as-built“). Am Ende der Werkplanung liegt ein 3D-Modell der Brücke (digitaler Zwilling) vor, in dem praktisch alle Bauteile mit zugehörigen Informationen vorhanden sind. Die weitere Nutzung dieses 3D-Modells im Rahmen einer digitalen Bauwerksverwaltung ist naheliegend. Das im Zuge der Werkplanung erstellte 3D-Modell stellt das Brückentragwerk oberhalb der Lager detailliert dar. Im Sinne der BIM-Definition wird dieses als BIM-Fachmodell (Brückenmodell) bezeichnet. Innerhalb eines gesamten BIM- Managements bzw. einer digitalen Bauwerksverwaltung (Abs. 3.2) stellt dieses Fachmodell nur einen Teil dar und muss durch weitere Fachmodelle (Unterbauten, Straßenbau, Umgebung etc.) z. B. ebenfalls in Form von IFC-Dateien ergänzt werden. Abb. 8: oben: Auszug aus Einzelteilzeichnung, unten: Einzelteil im 3D-Modell mit Eigenschaften (Auszug) 3. Erhaltungsmanagement von Brücken 3.1 Allgemein Das Erhaltungsmanagement von Brücken setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen. Folgende wesentlichen Handlungsfelder sind Teil des Erhaltungsmanagements von Brücken. • Bauwerksprüfung im Zuge von Straßen und Wegen nach DIN 1076 [7] • Nachrechnungen von Straßenbrücken nach Nachrechnungsrichtlinie aus dem Jahr 2011 [8] (eine Überarbeitung mit erweiterten Ansätzen z.-B. zu den Lastmodellen für den Bestand als Teil 2 der BEM-ING ist in Vorbereitung) und von Eisenbahnbrücken nach Richtlinie 805 aus dem Jahr 2024 [9] • Bauwerksmessungen liefern ergänzende Informationen für die Bewertung von Bauwerken. Messtechnische Bauwerksuntersuchungen bzw. darauf aufbauende messwertgestützte Bauwerksbeurteilungen ermöglichen i.-d.-R. eine realitätsnähere Bewertung bestehender Tragwerke als eine rein rechnerische Analyse, siehe z. B. [10]. • SIB-Bauwerke stellt das Software-Paket dar, in dem im Sinne einer digitalen Datenbank, alle Informationen zum Tragwerk abgelegt werden. Ziel des Erhaltungsmanagements ist es, die vorhandenen Informationen der Bestandsbauwerke zunächst zu bündeln. Aus den vorliegenden Informationen eines konkreten Bauwerks müssen Entscheidungen getroffen werden können, ob ein Tragwerk noch in ausreichend gutem Zustand ist und für eine ausreichende Nutzungszeit als sicher eingestuft werden kann, oder ob - und wenn ja: wann - ggf. Handlungsbedarf besteht. Bauwerksübergreifend müssen die Bauwerksdaten in der Form vorliegen, dass verallgemeinerungsfähige Aussagen zum Beispiel zum erwartenden Mittelbedarf in den kommenden Jahren möglich werden. 3.2 Cloud-basiertes Erhaltungsmanagement Aus dem Konstruktionsmodell (Datenformat je nach gewählter CAD-Software) kann eine IFC-Datei erstellt werden. Durch das IFC-Dateiformat als offener BIM- Standard ist eine Überführung bzw. Integration des 3D- Modells in übergeordnete Modelle bzw. Umgebungen jederzeit unkompliziert möglich. IFC-Dateien lassen sich durch verschiedene Viewer öffnen. Die IFC-Datei selbst ist nur noch bedingt veränderbar und stellt einen gewissen Schreibschutz dar. Der Informationsgehalt ist weiterhin vorhanden, siehe Abb. 9. 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 87 Moderne Stahlbauplanung als Beitrag für ein digitales Erhaltungsmanagement am Beispiel von Brücken Abb. 9: Zugriff auf das IFC-Modell von der BIM-Plattform aus Die Verwaltung verschiedener 3D-Modelle in Form von IFC-Dateien, weitere Bauwerksdokumente, wie Pläne, Bauwerksbuch etc. z.-B. im PDF-Format erfolgt idealerweise in einer cloudbasierten BIM-Plattform, einer sogenannten CDE (engl.: common data environment), siehe Abb. 10. Die Bestandsdaten aus den verschiedensten Quellen können im 3D-Modell verknüpft werden. In diesem digitalen Zwilling werden alle Informationen gebündelt, übersichtlich vereint sowie die Ableitung weiterer Maßnahmen ermöglicht. In [11] ist ein Überblick über die Verknüpfung der verschiedenen Fachdisziplinen gegeben. Alle auf der BIM-Plattform (CDE) abgelegten Dokumente können angesehen, heruntergeladen und bearbeitet oder auch mit Objekten des 3D-Models verknüpft werden. Hierdurch haben alle Beteiligten zum richtigen Zeitpunkt den erforderlichen Zugriff auf benötigte Daten. Abb. 10: Weiternutzung des BIM-Fachmodells im Lebenszyklusmanagement 4. Ausblick - Fortschreibung des BIM-Modells im Lebenszyklus Es muss zunächst das Planungsmodell („as-planned“) in ein Bestandsmodell („as-built“) überführt werden. Dies entspricht der üblichen Überführung der Ausführungsunterlagen in die Bestandsunterlagen (Gleichstellung). Der Informationsgehalt wird von LOIN 400 auf LOIN-500 erweitert, siehe Abs. 2.3. Bei Stahltragwerken ist die wesentliche Struktur i.-d.-R. unverändert gegenüber der Werkplanung. Es liegen keine bzw. geringere Unsicherheiten z.-B. bzgl. Geometrie vor, was an dem hohen Vorfertigungsgrad liegt. Die Überführung des asplannedzum as-built-Modell ist daher bei Stahlbrücken etwas klarer. Dennoch sind auch bei Stahlbrücken für diese Überführung das Vorgehen und geeignete Kriterien zu definieren. Wesentliche Merkmale hierbei sind: • Detailtiefe des Planungsmodells (Baugruppen, Bauteile, Bleche, Schweißnähte etc.) • Umfang des Planungsmodells (Überbau, Widerlager, Gründung etc.) • Feststellung, Relevanz und ggf. Integration von Änderungen im Zuge der Bauausführung 4.1 Dokumentenablage und Verknüpfungen mit dem 3D-Modell In einer cloud-basierten BIM-Plattform (CDE) können alle vorhandenen IFC-Modelle sowie weitere Datenformate abgelegt werden. Dateien können mit Bauteilen in den IFC- Modellen verknüpft werden. Im Explorer der CDE können alle abgelegten Dateiformate eingesehen werden. Bei Bedarf können Unterordner und zuordbare Kennungen ergänzt sowie separate Freigaben für andere Nutzer erstellt werden. Innerhalb eines geöffneten IFC-Modells werden durch Auswählen eines Bauteils alle zugeordneten Bauteileigenschaften sowie die vorhandenen Verknüpfungen, zum Beispiel zu zugehörigen Plänen im PDF- oder Fotos im JPEG-Format, angezeigt, siehe Abb.-11. Durch weiteres Auswählen einer Datei wird diese geöffnet oder kann heruntergeladen werden. Alternativ können alle Dateien direkt aus dem Explorer der CDE (auch ordnerweise) eingesehen und heruntergeladen werden. Abb. 11: Ausgewähltes Bauteil (Kastenuntergurt) mit Informationen und vorhandenen Verknüpfungen 88 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Moderne Stahlbauplanung als Beitrag für ein digitales Erhaltungsmanagement am Beispiel von Brücken Für Baugruppen oder Bauteile können Schäden, Messdaten, bauteilbezogene Sicherheitselemente usw. abgelegt werden. Hinterlegte Werte können im Excel-Format exportiert und importiert werden, so dass ein Informationsaustausch bzw. eine Aktualisierung der Informationen von außen möglich ist. Dies kann z.-B. bei einer Schadensfortschreitung oder einem geänderten Status (Zuverlässigkeitsindex) sinnvoll sein. Sobald eingetragene Werte geändert oder neu erstellt werden, erfolgt eine Benachrichtigung per Mail an ausgewählte Nutzer. 4.2 Schadensdokumentation Schäden können am Bauwerk dokumentiert und mit Fotos verknüpft werden. Beispielhaft ist dieses in Abb.-12 dargestellt. Abb. 12: Im Zuge einer Bauwerksprüfung dokumentierter Schaden (beispielhaft) 4.3 Statusinformationen Im Zuge eines Bauwerksmonitorings können bauteil- oder bauwerksbezogene Kennwerte bzgl. des Zustandes ermittelt werden. Dies können erforderliche Sicherheitselemente, anzusetzende Verkehrslasten zur Erreichung eines ausreichenden Sicherheitsniveaus oder der Zuverlässigkeitsindex sein, siehe z. B. [10], [12]. Sofern die Messanlage dauerhaft in Betrieb ist, können diese Kennwerte über die Import-/ Exportfunktion der CDE automatisch aktualisiert werden. Abb. 13: Im Zuge eines Bauwerksmonitorings ermittelte Kennwerte für den Kastenuntergurt (beispielhaft) 5. Fazit Im Zuge der Werkplanung als letzte Stufe der Stahlbauplanung wird bereits in vielen Fällen ein detailliertes 3D-Modell (BIM-Fachmodell) erstellt. Im Rahmen der Bauwerkserhaltung wird im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung angestrebt, das gesamte Dokumentenmanagement inklusive aller zur Verfügung stehenden Informationen an einem digitalen Zwilling zu gestalten. Hierfür sind cloudbasierte BIM-Plattformen (CDE) geeignet, in die die jeweiligen BIM-Fachmodelle integriert werden können. Die moderne Stahlbauplanung kann für diesen Prozess einen sinnvollen Beitrag leisten. Das im Zuge der Werkplanung ohnehin erstellte BIM-Fachmodell kann im Zuge des weiteren Lebenszyklusmanagements genutzt und fortgeführt werden. Beim Neubau kann durch die Fortschreibung dieses Modells aus der Werkplanung im weiteren Lebenszyklus der digitale Zwilling von Beginn an konsequent umgesetzt werden. Für Bestandsbauwerke kann immer dann, wenn im Zuge von Nachrechnungen ohnehin ein Berechnungsmodell erstellt wird, dieses in ein Konstruktionsmodell (BIM-Fachmodell) überführt werden, wobei an dieser Stelle der Informationsgehalt je nach Erfordernis ggf. geringer ist. Wenn Verstärkungsmaßnahmen erforderlich sind, ist ein Übertrag in ein Konstruktionsmodell je nach Umfang der Maßnahme ohnehin sinnvoll, um die gleichen Vorteile (Passgenauigkeit, Fertigung, Kollisionen etc.) wie beim Neubau zu ermöglichen. Auf Grundlage der „Richtlinie für die Überwachung der Verkehrssicherheit von baulichen Anlagen des Bundes (RÜV)“ [13] finden auch im Hochbau i.-d.-R. jährliche Begehungen baulicher Anlagen statt, um notwendige Instandhaltungsmaßnahmen rechtzeitig festzustellen. Da die Stahlbauplanung auch für Hochbauten i.-d.-R. detailreiche 3D-Modelle als Vorarbeit für die Stahlbaufertigung liefert, lässt sich das vorgestellte Konzept auf den allgemeinen Hochbau gleichermaßen übertragen. Literatur [1] BFS-RL 03-105: Standartbeschreibung von Stahlbauteilen für die NC-Steuerung (XNC) - Empfehlungen des Arbeitsausschusses Informationstechnologie. Deutscher Stahlbau-Verband DSTV. 9. Auflage. November 2006. [2] Haller, H.-W.; Thiele, K.; Batzke, H.-U.; Asam, A.: CAD im Stahlbau - Bestandsaufnahme und Ausblick. In: Stahlbau-Kalender 2007. Hg.: Kuhlmann, U. Ernst & Sohn Verlag. 2007. [3] Mischo, H.; Seifried, J.; Thiele, K.; Schanzenbach, S.; Grassl, M.: Vom 3-D-Laserscan zum BIM-Modell. Bautechnik 96, Heft 7. Ernst & Sohn Verlag. 2019. [4] Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI): Masterplan BIM Bundes-fernstraßen - Rahmendokument: Definition der Fachmodelle - Version 1.0. Oktober 2021. [5] Borrmann, A.; Elixmann, R.; Eschenbruch, K. et al: Handreichung BIM-Fachmodelle und Ausarbeitungsgrad. Hg.: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. April 2019. 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 89 Moderne Stahlbauplanung als Beitrag für ein digitales Erhaltungsmanagement am Beispiel von Brücken [6] DIN EN 17412-1: 2021-06: Bauwerksinformationsmodellierung - Informationsbedarfstiefe - Teil 1: Konzepte und Grundsätze. [7] DIN 1076: 1999: Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen. Überwachung und Prüfung. November 1999. [8] Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS): Richtlinie zur Nach-rechnung von Straßenbrücken im Bestand. Ausgabe 05/ 2011. [9] Deutsche Bahn AG Geschäftsbereich Netz (DB Netz AG): Richtlinie 805 - Tragsicherheit bestehender Eisenbahnbrücken. Ausgabe 2024. [10] Steffens, N.: Sicherheitsäquivalente Bewertung von Brücken durch Bauwerksmonitoring. Dissertation. Shaker Verlag. 2019. [11] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV): Digitaler Zwilling von Brücken - Beitrag zum Masterplan Digitaler Zwilling Bundesfernstraßen. Oktober 2023. [12] Degenhardt, K.; Steffens, N.; Kraus, J.; Geißler, K.: Mehrstufiges Verfahren zur Festlegung des erforderlichen Ziellastniveaus für die Nachrechnung von Straßenbrücken. 4. Brückenbaukolloquium. Ostfildern 2020. [13] Richtlinie für die Überwachung der Verkehrssicherheit von baulichen Anlagen des Bundes (RÜV). Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Juli 2008.
