Brückenkolloquium
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2510-7895
expert verlag Tübingen
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2024
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Mönchengladbachs erste BIM-Brücke
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2024
Christian Lambracht
Andreas Malcher
Christoph von der Haar
Planungsprozesse optimieren, ein realitätsgetreues Abbild des Bauwerks erhalten und in der Bauunterhaltung langfristig von den Daten profitieren. Die Vorteile, die der pilothafte Einsatz von Building Information Modelling (BIM) bei einem Brückenneubau verspricht, sind zahlreich. Doch auch die Herausforderungen des damit verbundenen Change-Prozesses zeigen sich am besten in der praktischen Anwendung. Um sich mit diesen Fragen eingehender zu beschäftigen und einen ersten praktischen Schritt zu wagen, hat die Stadt Mönchengladbach zusammen mit ihren Planungspartnern entschieden, ein Infrastruktur-Pilotprojekt mit BIM zu starten. Die BIM-Methode wurde von der Leistungsphase 2 bis zum bevorstehenden Abschluss der Leistungsphase 6 nach HOAI eingesetzt. Darüber hinaus ist geplant, die BIM-Methodik auch in der Bauausführung weiterzuführen und an deren Abschluss ein As-built-Modell, also ein digitales Abbild des tatsächlich ausgeführten Bauwerks, zu erhalten, welches für die zukünftige Bauwerksunterhaltung und -instandhaltung, verwendet werden soll – also für ein datenbasiertes Erhaltungsmanagement.
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6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 101 Mönchengladbachs erste BIM-Brücke Erwartungen und Hoffnungen eines Eigentümers Dipl.-Ing. Christian Lambracht Stadt Mönchengladbach Dipl.-Ing. Andreas Malcher Werner Sobek AG, Berlin Dr.-Ing. Christoph von der Haar GRBV Ingenieure im Bauwesen GmbH & Co. KG, Münster Zusammenfassung Planungsprozesse optimieren, ein realitätsgetreues Abbild des Bauwerks erhalten und in der Bauunterhaltung langfristig von den Daten profitieren. Die Vorteile, die der pilothafte Einsatz von Building Information Modelling (BIM) bei einem Brückenneubau verspricht, sind zahlreich. Doch auch die Herausforderungen des damit verbundenen Change-Prozesses zeigen sich am besten in der praktischen Anwendung. Um sich mit diesen Fragen eingehender zu beschäftigen und einen ersten praktischen Schritt zu wagen, hat die Stadt Mönchengladbach zusammen mit ihren Planungspartnern entschieden, ein Infrastruktur-Pilotprojekt mit BIM zu starten. Die BIM-Methode wurde von der Leistungsphase 2 bis zum bevorstehenden Abschluss der Leistungsphase 6 nach HOAI eingesetzt. Darüber hinaus ist geplant, die BIM-Methodik auch in der Bauausführung weiterzuführen und an deren Abschluss ein As-built-Modell, also ein digitales Abbild des tatsächlich ausgeführten Bauwerks, zu erhalten, welches für die zukünftige Bauwerksunterhaltung und -instandhaltung, verwendet werden soll - also für ein datenbasiertes Erhaltungsmanagement. 1. Einführung „Echte“ Digitalisierungsprozesse begnügen sich nicht damit, Planunterlagen einzuscannen und PDF-Dateien zu erzeugen. Sie gehen darüber hinaus, transformieren Arbeitsprozesse und verändern die Formen der Zusammenarbeit. So verhält es sich auch im Bauwesen. Zur Digitalisierung von Planungs- und Arbeitsprozessen im Baubereich gehört es, sich Gedanken zu machen, welche Ziele angestrebt werden, und ob und wie diese Ziele mit welchen Digitalisierungsschritten wirtschaftlich sinnvoll erreicht werden können. Wo können Aufwände reduziert und Arbeitsschritte beschleunigt werden? Wie kann die Digitalisierung dazu beitragen, dem spürbaren Fachkräftemangel etwas entgegenzusetzen? Wie können sich digitalisierte Daten langfristig positiv auswirken - etwa, wenn Informationen und Modelle im Lebenszyklus eines Bauwerks weiterverwendet werden können? Um sich mit all diesen Fragen eingehender zu beschäftigen und einen ersten praktischen Schritt zu wagen, hat die Stadt Mönchengladbach entschieden, ein Infrastruktur-Pilotprojekt mit BIM zu starten. Den ausgelobten Planungswettbewerb für den Neubau der Rad- und Fußwegebrücke Bettrather Straße hat die Arbeitsgemeinschaft aus der Werner Sobek AG und den GRBV Ingenieuren im Bauwesen gewonnen (Abbildung 1). Abb. 1: Visualisierung des Siegerentwurfs des Planungswettbewerbs von Werner Sobek und GRBV 2. Von der Idee zur BIM-Planung In einem der ersten Anlaufgespräche wurde schnell klar, dass Auftraggeber und Auftragnehmer gleichermaßen daran interessiert waren, zusammen zu lernen und die Planungsmethode BIM einzusetzen. Auch der Fördergeber, das Bundesamt für Logistik und Mobilität, unterstützte das innovative Vorgehen. Die mit der neuen Planungsmethode einhergehenden Bedenken und Fragen: Wo liegen die Vorteile? Welche Kosten entstehen? Welche neuen Aufgaben ergeben sich? Wie fängt man an? Was benötigt man, um mit dieser Planungsmethode zu arbeiten? ließen viele Beteiligte zunächst zweifeln. Aber der Wunsch sich zu verbessern, die Neugier und nicht zuletzt der Entdeckergeist bei technischen Neuerungen, veranlassten dann doch alle Beteiligten, sich mit vollem Einsatz dieses neuen Themas anzunehmen. 102 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Mönchengladbachs erste BIM-Brücke 3. Brückenbauwerk und Randbedingungen Der Ersatzneubau der Brücke Bettrather Straße verbindet künftig die Innenstadt und den Hauptbahnhof mit den nördlich gelegenen Stadtteilen und dem Bunten Garten von Mönchengladbach. Die neue Brücke führt zwei Spuren für Fußgängerinnen und Fußgänger und ein separates Verkehrsband für Radfahrende über die Hermann-Piecq-Anlage. Sie ersetzt die bestehende, dreifeldrige Bogenkonstruktion aus Ziegelmauerwerk, welche mit fast 130 Jahren zu den ältesten Brücken Mönchengladbachs zählt. Aufgrund des schlechten baulichen Zustandes und der fortschreitenden Schädigungen wird das Ersatzbauwerk erforderlich. Der neue Brückenüberbau wird in Stahlbauweise als einfeldriger, luftdicht verschweißter Trogquerschnitt ausgeführt. Die Stützweite beträgt 51,05-m, die Gesamtbreite des Überbaus misst 12,1-m. Zwischen den Hauptträgern ist der Radweg mit einer Breite von 4,0-m angeordnet, auf den Außenseiten der Hauptträger kragen jeweils die Gehwege mit einer Breite von 3,0-m aus. Die Hauptträger fungieren damit als bauliche Trennung zwischen den Gehwegen und dem Radweg. Die Höhe der Hauptträger variiert von 1,3-m in den Auflagerbereichen bis zu 2,2-m im mittleren Drittel der Stützweite. Die Formgebung der Hauptträger spiegelt damit den Kräfteverlauf wider. Die Hauptträger sind durch Querträger im Abstand von 2,5-m bis 3,35-m miteinander verbunden. Die Fahrbahnplatte bildet dabei den Obergurt, das unterste Deckblech des Überbaus den Untergurt der Querträger. Die Querträgerhöhe variiert von 0,9-m (Bauwerksanfang/ -ende) bis 1,4-m (Drittelspunkte). Zwischen den Drittelspunkten ist die Bauhöhe der Querträger analog zu den Hauptträgern konstant. Die Bauhöhe der beidseitigen Kragarme ist über die Bauwerkslänge nicht veränderlich. Diese beträgt am Kragarmende 0,25-m und am Anschnitt zu den Hauptträgern 0,9-m. Der Überbau wird zwängungsfrei auf je zwei Elastomerlagern je Lagerachse gelagert. In der Achse 20 befindet sich ein allseits festes Lager und in der Achse 10 ein querfestes Lager. Die anderen beiden Lager werden als allseits bewegliche Elastomerlager ausgeführt. Als Übergangkonstruktionen werden an beiden Bauwerksenden elastische Mattenübergänge vorgesehen. Die Widerlager werden in Ortbetonbauweise hergestellt und jeweils mit 24 Mikropfählen tiefgegründet. Die Mikropfähle werden mit einer Neigung von 6: 1 und einer Länge von ca. 12-m ausgeführt. Für die Herstellung der Widerlager und der Mikropfähle werden rückverankerte Bohlträgerverbauten in den Böschungen der Hermann- Piecq-Anlage vorgesehen. Das Brückenbauwerk wurde für Verkehrslasten nach DIN EN 1991-2 Kapitel 5 in Verbindung mit dem ARS 22/ 2012 bemessen. Die Fußgängerlasten wurden dabei in Abhängigkeit von der Stützweite abgemindert. Als Dienstfahrzeug wird das Fahrzeug nach DIN EN 1991-2, 5.6.3 mit einer 40-kN und einer 80-kN Achse berücksichtigt. Während des Planungsprozesses wurde ein besonderes Augenmerk auf die Ausstattungsdetails der Brücke gelegt. So zeigte die statische Berechnung des Überbaus, dass die 1. Biegeeigenfrequenz nahe am kritischen Frequenzbereich für Gehwegbrücken liegen wird. Um den Resonanzfall der fertig gestellten Brücke ausschließen zu können, wurden im Überbau Aussparungen für Schwingungstilger vorgesehen. Diese wurden so angeordnet, dass sie für Wartungszwecke zugänglich, aber von außen nicht sichtbar sind. Nach der Herstellung des Überbaus werden Schwingungsmessung durchgeführt. Im Bedarfsfall können die Schwingungstilger dann in die dafür vorgesehenen Aussparrungen eingebaut werden. Abb. 2: Geländer und Bänke auf der Brücke Die Geländer erhalten einen oberen Abschluss aus Holz und einen Handlauf aus Edelstahl. Die Füllung des Geländers besteht aus einem Edelstahlnetz in einem Edelstahlrahmen. In den hölzernen Handläufen sind LED-Lichtbänder zur Beleuchtung der Gehwege integriert. Lichtbänder sind ebenfalls in die Seitenflächen der beiden Hauptträgern eingelassen, um auch den Radweg ausreichend auszuleuchten. Dabei wurde zwischen den Beteiligten intensiv um eine wartungsfreundliche, Vandalismus sichere und ästhetisch ansprechende Lösung gerungen, die zugleich statischen und montagetechnischen Anforderungen genügt. Im mittleren Drittel des Brückenbauwerks, in dem die Hauptträger eine konstante Bauhöhe aufweisen, werden diese so ausgeformt, dass dort großzügige Sitzmöglichkeiten für die Nutzer der Gehwege entstehen. Diese werden mit bequemen Holzflächen versehen und laden hierdurch zum Verweilen ein. Die Böschungsbereiche, die unterhalb der Brücke liegen und durch den Brückenkörper vom Niederschlag abgeschirmt werden, werden bewässert, um eine durchgehende Begrünung der straßenbegleitenden Böschungen an der Hermann-Piecq-Anlage sicherzustellen. Das Niederschlagswasser der Bettrather Straße wird gesammelt, unter der Brücke zwischengespeichert und in den Böschungen versickert. So können große Pflasterflächen eingespart und das anfallende Niederschlagswasser direkt an Ort und Stelle dem Grundwasserhaushalt zugeführt werden. Eine Lösung ganz im Sinne der Idee einer „Schwammstadt“. Einen visuellen Überblick über den Ersatzneubau und den Bestand bietet das unter dem folgenden Link oder dem nebenstehenden QR-Code abruf bare Video: https: / / link.grbv.de/ bettrather 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 103 Mönchengladbachs erste BIM-Brücke 4. Von der optimierten Planung bis zum AsbuiltModell Mit dem Einsatz der BIM-Methodik verbanden die Beteiligten folgende Erwartungen und Hoffnungen: 1. Optimierung der Planung 2. Förderungen der Transparenz im Projekt 3. Erhöhte Kostensicherheit 4. Digitale Dokumentation 5. Übergeordnete Qualitätssicherung Abb. 3: BIM-Modell Neubau Am Anfang steht immer ein guter Plan. Beim Thema BIM braucht es dementsprechend einen BIM-Abwicklungsplan (BAP). In diesem werden die projektspezifischen Anforderungen und Anwendungsfälle festgelegt. Anwendungsfälle bezeichnen dabei den jeweiligen Zweck, für den Daten und Informationen in einem Modell erstellt und verwendet werden. Im BAP für den Brückenneubau wurden 10 Anwendungsfälle definiert. Diese Anwendungsfälle sind unter anderem die Bestandserfassung, die modellbasierte Planerstellung, die modellbasierte Mengen- und Kostenermittlung, die Koordination der Fachgewerke und die digitale Prüfung und Freigabe der Planung durch den Auftraggeber. Abb. 4: Lebenszyklus des BAP Kernstück der interdisziplinären und teamübergreifenden Zusammenarbeit ist die gemeinsame Datenbeziehungsweise Softwareumgebung. Diese im BIM-Vokabular als CDE (common data environment) bezeichnete digitale Plattform dient der gemeinsamen Datenablage, dem Datenaustausch und der Archivierung. Jeder der Projektbeteiligten hat einen Zugang zur hier verwendeten webbasierten Autodesk Construction Cloud (ACC). Hier liegen alle Protokolle, Grundlagen, Planungsergebnisse und die aktuellen 3D-Modelle für alle jederzeit und immer greif bar. Dateien werden nicht mehr als E-Mail-Anhänge versandt; stattdessen werden direkt aus der Anwendung heraus Download-Links erzeugt. Abb. 5: Autodesk Construction Cloud Die Planunterlagen der Ingenieurgemeinschaft werden vom Auftraggeber direkt in der CDE geprüft, mit Anmerkungen versehen und im digitalen Freigabeprozess an den Planer zurückgesendet. Nach der Überarbeitung stellen die Planer die angepasste Version der Planung erneut in die CDE ein und starten den nächsten Freigabeprozess. Über die automatische Versionierung der Dateien sind auch im Nachhinein alle einzelnen Prüf-, Bearbeitungs- und Abstimmungsprozesse nachvollziehbar und werden dauerhaft gespeichert. Somit gibt es für alle Beteiligten jeweils einen aktuellen Planstand; „alte“ Versionen werden automatisch archiviert. Die einzelnen Teil-Modelle wurden disziplinen- und anwendungsspezifisch strukturiert um zum Beispiel Bestand und Neubau klar zu trennen. Die Bestandsunterlagen aus der Vermessungstechnik wurden in die native Revit-Umgebung importiert und durch Informationen aus den Bestandsunterlagen und den umfangreichen Bestandserkundungen ergänzt. Baugrundaufschlüsse wurden gemäß ihrer Verortung eingefügt, und alle Neubaudaten wurden direkt in spezifischen Revit- und Tekla-Modellen erzeugt. Im Gesamtkoordinationsmodell flossen anschließend alle geometrischen und alphanumerischen Informationen zusammen. Der Großteil der projektrelevanten Bauteile wurde mit der Modellierungssoftware Revit modelliert. Für den Stahlüberbau wurde die auf den Stahlbau spezialisierte Software Tekla verwendet. Die Vorteile der jeweiligen Anwendung konnten so in einem Projekt vereint werden. Im BAP wurden detaillierte Qualitätssicherungsmaßnahmen definiert. Diese Qualitätssicherungsmaßnahmen waren Grundlage für alle Koordinationsprozesse im BIM- Projekt. Die für das Projekt festgelegten Quality Gates definieren Verantwortlichkeiten und Inhalte der Qualitäts- 104 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Mönchengladbachs erste BIM-Brücke prüfung und stehen in direktem zeitlichen Zusammenhang mit dem BIM-Projektmeilensteinplan und dem Datenlieferungsplan. Hier werden Prüfkriterien wie Kollisions-, Freiraum- und Attributprüfung festgelegt und zugeordnet; gleichzeitig wird definiert, in welchem Rahmen und in welcher Tiefe (disziplinübergreifend, stichprobenartig etc.) die Prüfung durch welche Instanzen erfolgen soll. Den festgelegten „Quality Gates“ wurden Projektverantwortliche für die Qualitätssicherung zugeteilt, die bei jedem Datenzyklus verschiedene Prüfkriterien erfüllen mussten. Der Prozess steht dabei in zeitlichem Kontext zum Datenlieferungsplan. Die BIM-Methode wurde von der Leistungsphase 2 bis zum bevorstehenden Abschluss der Leistungsphase 6 nach HOAI, also der Erstellung der Ausschreibungsunterlagen eingesetzt. Es ist geplant, die BIM-Methodik auch in der Bauausführung weiterzuführen und an deren Abschluss ein As-built-Modell, also ein digitales Abbild des tatsächlich ausgeführten Bauwerks, zu erhalten, welches für die zukünftige Bauwerksunterhaltung und -instandhaltung, verwendet werden soll - also für ein datenbasiertes Erhaltungsmanagement. Ein Zwischenstand der Planung wurde bereits an das Team „Digitaler Zwilling“ der Stadt Mönchengladbach übergeben, um auch hier zu testen, inwiefern Schnittstellen oder Datenverlust künftig eine Rolle spielen. Der erste Test verlief problemlos, und das Modell konnte bereits in ersten Ausschusssitzungen vorgeführt werden und damit der Planstand gut veranschaulicht werden. 5. BIM baut Brücken - auch zwischen den Prozessbeteiligten Wie alle Lernprozesse benötigt auch der für viele Beteiligte neue Umgang mit der BIM Methodik einen hohen Aufwand an Motivation, Kommunikation und Verständnis. Es ist nicht immer leicht, beim Einrichten und dem ersten Durchführen eines neuen Prozesses einen höheren Aufwand zu betreiben, „nur“ weil man damit beim zweiten Mal Aufwand oder Zeit spart oder an Qualität gewinnt. Je länger die Zusammenarbeit im BIM-Projekt andauerte, desto mehr haben aber ausnahmslos alle Beteiligten den Mehrwert erkannt und schätzen gelernt. Abb. 6: Ortsbegehung des Projektteams Die Vorteile der BIM-Arbeitsweise lagen in unterschiedlichen Gebieten. Der Auftraggeber schätzte besonders die geordnete zentrale Datenablage und die automatisierten Prüfabläufe, welche die Zusammenarbeit und die Abstimmungen mit den Planern ebenso wie im eigenen Haus, erheblich vereinfachten. Die Barriere zwischen dem Auftraggeber und den einzelnen Arbeitsschritten des Planers wurde durchlässiger. Durch die regelmäßige Ablage der Modelle in der CDE, welche der Bauherr über einen integrierten Viewer jederzeit anschauen konnte, wurde er intensiver in den Planungsverlauf einbezogen und konnte bestimmte Problemstellung schneller und besser nachvollziehen. Für den Planer bestanden die größten Vorteile in der hohen Qualität der erzeugten Planung und in der transparenten und damit einfachen Erklärbarkeit dieser Planung gegenüber dem Auftraggeber. Durch die dreidimensionale Modellierung des geometrisch anspruchsvollen Bauwerks konnten viele Details schnell, aber eben auch stimmig entwickelt und dargestellt werden. Kollisionen innerhalb der Planung und mit der an sie angrenzenden Bebauung wurden schneller erkannt und konnten frühzeitig behoben werden. Der Abbruch des Bestands konnte mit Hilfe des Bestandsmodells genau geplant werden und die für die Kostenermittlung und Ausschreibung wichtigen Mengen wurden getrennt nach Baustoffen aus diesem exportiert. Planende und Bauherr arbeiteten direkt im Modell zusammen und fanden die beste Lösung für alle Beteiligten. Auch gegenüber dem Fördergeber konnten im Rahmen einer ersten Vorstellung sowie zur Abstimmung des Projektverlaufs in Präsentationen alle wichtigen Plandetails transparenter vermittelt werden. Abb. 7: Visualisierung Bestandsmodell der „alten“ Brücke Eine Einführung der BIM-Methode erfordert nicht nur die Bereitschaft aller Beteiligten, sich auf diesen neuen Prozess einzulassen; sie führt auch zu höheren finanziellen Aufwänden, besonders in den ersten Leistungsphasen. Dabei liegen die Mehraufwendungen gar nicht so sehr in der reinen dreidimensionalen Modellierung, sondern eher in dem „Drumherum“. Die Einrichtung, Miete und Pflege der CDE über die gesamte Projektzeit hat daran einen erheblichen Anteil. Zudem benötigt die Weiterbildung der noch nicht geübten Mitarbeiter und die Abstimmung ganz einfacher Prozesse oft viele Arbeitsstunden, weil Vorlagen und Vorgaben noch fehlen. 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 105 Mönchengladbachs erste BIM-Brücke Abb. 8: Kollisionsprüfung mit dem Programm Navisworks Dem gegenüber stehen Einsparungen, weil Planungsfehler, Nachträge in der Bauphase und Baumängel vermieden werden. Gleichzeitig wird eine hochwertige Datengrundlage für den späteren Betrieb geschaffen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es bereits viel gute Ansätze zum Beispiel zur Digitalisierung in der Bauwerksprüfung bestehen, bei der die geschaffenen Datengrundlagen eingesetzt werden können. Die Entwicklung einer „echten“ Digitalisierungskette, die von Anbeginn einer ersten Idee über die Planung, den Bau sowie die Unterhaltung eines Bauwerks (Bauwerks-/ Verkehrsmanagement) bis hin zum Abriss den gesamten Lebenszyklus abbildet, bedarf jedoch noch einiger Entwicklungsarbeit. Hier müssen verschiedenste digitale Module geschaffen werden, die wie Zahnräder ineinandergreifen. Abb. 9: Modellbasierte Erstellung des Leistungsverzeichnisses 6. Eine der spannendsten und intensivsten Aufgaben der nächsten Jahre Für die Stadt Mönchengladbach gilt es jetzt, an die gewonnenen Erfahrungen anzuknüpfen und zu prüfen, wie diese Planungsmethode auch fachbereichsübergreifend eingesetzt werden kann. Es müssen Geoinformatiker, Planer und Ausführende zusammengebracht und unterschiedlichste Gewerke wie Hochbau, Straßenbau und Brückenbau in einem System verortet werden. Aber auch weitere Fragen gilt es, nach und nach zu klären und umzusetzen: Wie geht man mit Bestandbauwerken um? Wie kommen diese kostengünstig in ein BIM-Modell? Wie können zum Beispiel Bauwerksprüfungen oder Straßenkontrollen in BIM abgebildet werden? Und auch die Frage, inwieweit die dreidimensionalen Planungs- und Gebäudedaten in den bereits im Auf bau befindlichen Digitalen Zwilling der Stadt Mönchengladbach einfließen können, sollen und dürfen, muss beantwortet werden. In der Planung konnte das dreidimensionale Modell zur Klärung der Herstellungsmöglichkeiten (Mehrfachverwundene Träger, die Aufstellmöglichkeiten von Schwerlastkränen), aber auch zur besseren Darstellung einzelner Schritte des Bauablaufs in politischen Gremien verwendet werden. Die folgenden Abbildungen zeigen Ausschnitte des digitalen Zwillings der Stadt Mönchengladbach, in den das Brückenmodell eingebunden wurde. Abb. 10: Digitaler Zwilling der Stadt Mönchengladbach- Ansicht der Brücke von Osten Abb. 11: Digitaler Zwilling der Stadt Mönchengladbach- Ansicht der Brücke von Norden Nach dem Abschluss dieses Pilotprojektes ist eine kritische Diskussion des Planungs- und Bauprozesses geplant. Im Ergebnis dieser Diskussion steht im Idealfall ein validierter BIM-Prozess, mit dem die Stadt Mönchengladbach die nächsten BIM-Planungen starten kann. Als erstes Fazit lässt sich sagen, dass die digitale Transformation ein Zug ist, der nicht nur Fahrt aufgenommen hat, sondern der ständig beschleunigt. Hier müssen alle Beteiligten mitgenommen werden. Und daraus entwickelt sich der Wunsch an die großen Bauherren wie Deutsche Bahn und Autobahn GmbH, die Normengeber und die BIM-Kompetenznetzwerke (z.B. buildingSMART) die kleineren Beteiligten im kommunalen Bereich im Blick zu behalten und nicht abzuhängen. Bitte schaffen Sie Dokumente, Vorlagen und Handlungsanweisungen die frei zugänglich, leicht verständlich und gut umsetzbar sind! 106 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Mönchengladbachs erste BIM-Brücke Gerade in den Städten und Gemeinde gibt es einen großen Bedarf an integrierten BIM-Planungen. Nirgendwo sonst treffen so viele verschiedene Fachrichtungen des Bauens, wie Hochbau, Tief bau, Technische Ausrüstung, Ingenieurbau, Verkehrswegebau auf so engem Raum direkt aufeinander. BIM zählt für uns zu einer der spannendsten und intensivsten Aufgaben, die auf die Planer und Manager von Bauwerken in der kommunalen Familie der Stadt Mönchengladbach in den nächsten Jahren zukommt. Es besteht noch eine Menge Entwicklungsbedarf, um viele dieser Fragen zu beantworten und die gefundenen Antworten letztendlich mit Hilfe von marktreifen Produkten zur Anwendung zu bringen. Literatur [1] Lambracht, C.; Malcher, A.; von der Haar, C.: BIM baut Brücke(n). In: Kommune21 06/ 2024, S. 42- 43. [2] Malcher, A.; Saliba, A; Wolgast, E.: Herausforderungen und Perspektiven bei der BIM-Planung von Brücken - das Beispiel der Geh- und Radwegüberführung Riederwald. In: Bautechnik 100 (2023) Heft 7, S. 396-405. [3] von der Haar, C.; Gudat, A.; Thiele, D.; Göhlmann,- J.: BIM-Pilotprojekte Huntebrücke und Grawiedebrücke - Erfahrungen mit dem Werkzeug BIM in der Entwurfsplanung. In: Bautechnik 99 (2022) Heft 8, S. 630-638.
