Brückenkolloquium
kbr
2510-7895
expert verlag Tübingen
0925
2024
61
Automatisierte plan-, modell- und bauteilbasierte Fehlstellenverortung in 2D und 3D bei Brückenbauwerken
0925
2024
Stefan S. Grubinger
Sandra Hoffmann
Matthias J. Rebhan
Verkehrsinfrastruktur – und hier vor allem Brücken im hochrangigen Straßen- und Schienennetz – stellt einen wesentlichen Bestandteil des öffentlichen und täglichen Lebens dar. Neben der Bedeutung für Wirtschaft und Wohlstand kommt dieser, ein erhebliches Augenmerk bezugnehmend auf die Verfügbarkeit und Sicherheit zu. Aus diesen Gründen ist ein fach- und sachgerechter sowie nachhaltig und kostenoptimierter Betrieb der Infrastruktur unerlässlich. Zufolge des Anstieges des Verkehrsaufkommens, des zunehmenden Bauwerksalters und auch durch die bereits spürbaren Auswirkungen des Klimawandels kommt es zu einer rapideren Abnahme des Erhaltungszustandes der Konstruktionen und einer Abnahme der Sicherheit und Zuverlässigkeit. Die hieraus entstehende Situation macht es unerlässlich, eine qualitativ hochwertige Inspektionsstruktur vorzuhalten, um diesen Prozessen bei vorhandenen Infrastrukturbauwerken entgegenzuwirken. Um dies zu schaffen, bedarf es oftmals einer interdisziplinaren Betrachtung der Fragestellungen in Bezug auf die erforderlichen Fach- und Sachkenntnisse. Mit dem vorliegenden Beitrag soll gezeigt werden, welche aktuellen Entwicklungen bei der digitalen Prüfung und Inspektion von Brückenbauwerken – und auch anderen Ingenieurbauwerken – zum Einsatz kommen können. Ziel hierbei ist es, durch digitale Lösungen neben einer zeitlichen und finanziellen Reduktion der Aufwände für eine Inspektionstätigkeit auch zu einem Wissenstransfer zwischen prüfenden Personen und der Einbindung neuer Technologien aufgezeigt werden.
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6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 149 Automatisierte plan-, modell- und bauteilbasierte Fehlstellenverortung in 2D und 3D bei Brückenbauwerken Dipl.-Ing. Stefan S. Grubinger, B. Sc., Baumeister recordIT GmbH, Graz, Österreich Dipl.-Ing. Sandra Hoffmann recordIT GmbH, Graz, Österreich Dipl.-Dipl.-Ing. Dr. techn. Matthias J. Rebhan, B. Sc., Baumeister Technische Universität Graz, Institut für Bodenmechanik, Grundbau und Numerische Geotechnik, Graz, Österreich Zusammenfassung Verkehrsinfrastruktur - und hier vor allem Brücken im hochrangigen Straßen- und Schienennetz - stellt einen wesentlichen Bestandteil des öffentlichen und täglichen Lebens dar. Neben der Bedeutung für Wirtschaft und Wohlstand kommt dieser, ein erhebliches Augenmerk bezugnehmend auf die Verfügbarkeit und Sicherheit zu. Aus diesen Gründen ist ein fach- und sachgerechter sowie nachhaltig und kostenoptimierter Betrieb der Infrastruktur unerlässlich. Zufolge des Anstieges des Verkehrsaufkommens, des zunehmenden Bauwerksalters und auch durch die bereits spürbaren Auswirkungen des Klimawandels kommt es zu einer rapideren Abnahme des Erhaltungszustandes der Konstruktionen und einer Abnahme der Sicherheit und Zuverlässigkeit. Die hieraus entstehende Situation macht es unerlässlich, eine qualitativ hochwertige Inspektionsstruktur vorzuhalten, um diesen Prozessen bei vorhandenen Infrastrukturbauwerken entgegenzuwirken. Um dies zu schaffen, bedarf es oftmals einer interdisziplinaren Betrachtung der Fragestellungen in Bezug auf die erforderlichen Fach- und Sachkenntnisse. Mit dem vorliegenden Beitrag soll gezeigt werden, welche aktuellen Entwicklungen bei der digitalen Prüfung und Inspektion von Brückenbauwerken - und auch anderen Ingenieurbauwerken - zum Einsatz kommen können. Ziel hierbei ist es, durch digitale Lösungen neben einer zeitlichen und finanziellen Reduktion der Aufwände für eine Inspektionstätigkeit auch zu einem Wissenstransfer zwischen prüfenden Personen und der Einbindung neuer Technologien aufgezeigt werden. 1. Inspektion und Bauwerksprüfung Um die Sicherheit und Zuverlässigkeit von Konstruktionen sicherzustellen, ist über die geplante Nutzungsdauer bzw. die Lebensdauer eine entsprechende Inspektion erforderlich. Prüfungen, Kontrollen und Inspektionen sind dabei ein unerlässlicher Bestandteil des Betriebes, wodurch diesen Ingenieurleistungen entsprechende Aufmerksamkeit zukommt, um die Verfügbarkeit der Konstruktionen und daraus folgend die Sicherheit für die Verkehrsteilnehmer*innen zu gewährleisten. Daraus ableitbar handelt es sich um eine herausfordernde, anspruchsvolle und mit viel Verantwortung verbundene Aufgabe. Bauwerke der Straßen- und Schienen-infrastruktur sind dabei in Österreich in den Richtlinien der Reihe RVS 13.03.xx - Überwachung, Kontrolle und Prüfung von Kunstbauten der Forschungsgesellschaft Straße - Schiene - Verkehr geregelt, wobei für Brücken im Speziellen die RVS 13.03.11 [1] anzuwenden ist. Diese stellen das österreichische Pendant zur in Deutschland geltenden Vorgaben der DIN 1076 [2] sowie die RI-EBW-PRÜF [3] dar. Die laufende Durchführung dieser Tätigkeiten ist unerlässlich, um der Verschlechterung des Bauwerkszustandes entgegenzuwirken. Diese müssen dabei unter Anbetracht der Zunahme des Verkehrs, der Erreichung eines kritischen Bauwerksalters in Bezug auf die Erhaltung und den zunehmend stärker werdenden Auswirkungen des Klimawandels vorgenommen werden. Abb. 1: Durchführung einer Brückenprüfung Wie Abb. 1 erkennen lässt, sind im Zuge einer Prüftätigkeit - vor allem bei Brückenbauwerken - eine Vielzahl unterschiedlicher Randbedingungen zu beachten. Diese reichen von organisatorischen Punkten wie Straßen- oder Spursperrungen über technische Inhalte (z. B. Sonderprüfmethoden, Nutzung technischer Hilfsmittel) bis hin zu wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Daraus folgend ist eine umfassende Planung dieser Tätigkeiten notwendig, um die Aufgabenstellung entsprechend umsetzen zu können. Zudem ist vor allem eine effiziente und straffe Umsetzung der Tätigkeiten vor Ort erforderlich, um eine Verkehrsbeeinflussung möglichst gering zu halten. Aktuell zeigt sich, dass hier der mögliche Digitalisierungsgrad von derartigen Tätigkeiten - im Vergleich zu 150 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Automatisierte plan-, modell- und bauteilbasierte Fehlstellen-verortung in 2D und 3D bei Brückenbauwerken anderen Bereichen des Ingenieurwesens - relativ gering ist. Vor allem bei der Erfassung, Dokumentation von Schadensbildern und Berichtgenerierung - als Grundlage einer zutreffenden Beurteilung - ist hier erhebliche Potential vorhanden. 2. Aktuelle Methoden der Bauwerksprüfung Aktuell stellt sich die Bauwerksprüfung noch sehr stark manuell und durch “Papier und Bleistift” getrieben dar. Grund hierfür sind oftmals fehlende oder nur bedingt praktikable Tools und Softwarelösungen, welche eine rasche und nachvollziehbare Erfassung von Sachverhalten im Feld ausreichend sinnvoll unterstützen und weiterführend eine Grundlage für die erforderliche Berichtslegung und die Weitergabe von Informationen bieten. Im Regelfall wird im Zuge einer Inspektion auf die „analogen“ Plandaten aus vorangegangenen Prüfungen zurückgegriffen, welche durch bildliche und textliche Informationen im Zuge der Prüfung vor Ort ergänzt werden. Damit werden Schäden und Mängel erfasst, verortet und dokumentiert. Vor allem Letzteres passiert im Regelfall getrennt vom Rest- es werden Fotos und Bilder mit Kameras aufgenommen und anschließend werden Bildnummer auf Plänen, Skizzen oder Notizblöcken notiert, um eine (meist im Büro stattfindende) nachträgliche Verortung zu durchzuführen. Zudem werden wichtige Informationen wie beispielsweise die Rissbreite, die Abmessungen einer Abplatzung oder eine detaillierte Beschreibung des Schadensbildes gemeinsam mit der Bildnummer notiert, ohne diese oftmals im Feld geometrisch und objektbezogen zuzuordnen. Abb.2: Bilder Prüftätigkeit im Feld mit Verortung auf den Plangrundlagen und Schadstellendefinition Nach diesem Daten- und Informationsbefassungs-prozesses findet eine Zusammenstellung der erhobenen Daten statt, was im Regelfall in Form eines Berichtes umgesetzt wird. Dieser soll eine umfassende Dokumentation des Erhaltungszustandes darstellen, um darauf auf bauend eine Beurteilung des Objektes vorzunehmen und in weiterer Folge erforderliche Maßnahmen abzuleiten. Nachfolgend - je nach Bauwerkserhalter und definierten Prozess - wird eine Einarbeitung dieser Informationen in Datenbanken und die Unterlagensammlung zum jeweiligen Bauwerk vorgenommen. Dort geführte Informationen werden auch zu einem gewissen Teil weiterverarbeitet, um beispielsweise den Erhaltungsbedarf aber auch mögliche Entwicklungen bei Streckenabschnitten bzw. einzelnen Bauwerkstypen abzuleiten und diese als Grundlage für Entscheidungen heranziehen zu können. Der gesamte Prozess findet dabei im Regelfall in einer „semi-digitalen“ Umgebung mit Medienbrüchen statt. Zwar werden Fotos mittlerweile digital aufgenommen und auch die Ablage dieser und die Weiterverarbeitung in Form eines Berichtes findet digital statt, ein durchgehender Prozess ist dies meist jedoch nicht. Vor allem, wenn Prüf- und Inspektionstätigkeiten durch externe Ingenieurbüros durchgeführt werden, kommen nur bedingt digitale und durchgängige Tools zum Einsatz, welche beispielsweise durch den Auftraggeber (Bauwerkserhalter) bereitgestellt werden müssten. Ohne derartige Grundlagen ist eine digitale Umsetzung der Bauwerksprüfung bzw. generell einer Inspektionstätigkeit nur bedingt möglich. Vor allem, durch die einheitliche Verarbeitung der Daten, aber auch durch die Einbindung früherer Inspektionstätigkeiten könnte hier ein erhebliches Einsparungspotential ermöglicht werden. Diese wäre vor allem in Bezug auf die Prüfdauer durch die Reduktion wiederkehrender Tätigkeiten möglich und könnte zusätzlich durch eine entsprechende Weitergabe der Daten und Informationen erheblich sein. Ein hierzu denkbarer, bzw. bereits umgesetzter Workflow wird in Kapitel 3 dieses Beitrages näher beschrieben. 3. Digitale Bauwerksprüfung In Kapitel 2 wurde versucht, den aktuellen Stand bei Bauwerksprüfung aufzuzeigen. Nachfolgend soll dieser entsprechend ergänzt werden, um eine sinnvolle Digitalisierung dieses Prozesses aufzuzeigen, und damit eine Anwendertauglichkeit und Praktikabilität sicherzustellen. Ziel ist es, bereits bestehende, analoge bzw. „semi-digitale“ Prozess zeiteffizient und digital umzusetzen. Damit soll durch die Verwendung bekannter Methoden und Vorgehensweisen, welche auf jahrlanger Erfahrung und Entwicklung des Inspektionspersonals beruhen, ein funktionierender und anerkannter Prozess lediglich, um den Bereich der Digitalisierung erweitert werden. 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 151 Automatisierte plan-, modell- und bauteilbasierte Fehlstellen-verortung in 2D und 3D bei Brückenbauwerken Abb. 3: Schematische Darstellung des Workflows bei einer digitalen Bauwerksprüfung [4] Die möglichen „Bestandteile“ eines derartigen Workflows sind in Abb. 3 dargestellt. Diese spannen sich um das zentrale Element einer Bauwerksdaten auf. Parallel hierzu ist ersichtlich, dass durch digitale Lösungen ein kumulierendes Generieren von Bauwerksdaten, welche als Grundlage für die Betrachtung des Lifecycles und Predictive Maintenance erforderlich sind, sichergestellt werden kann. 3.1 Vorbereitungsphase Ident zur analogen Prüfung ist vorab eine Auf bereitung und Zusammenstellung der Unterlagen zum Prüfobjekt erforderlich. Diese Dokumente umfassen im Regelfall: - Das Stammdatenblatt mit allen wichtigen Informationen und Kennzahlen eines Bauwerkes; - Generelle Lagedarstellung und Position des Bauwerkes in Bezug auf die Verkehrstrasse; - Planunterlagen und Dokumente; - Weitere Informationen zum Bauwerk, betreffend der Zugänglichkeit und Informationen zu Messeinrichtungen - Ergebnisse vorangegangener Inspektionstätigkeiten am Bauwerk. Einer der größten Vorteile der Digitalisierung des Prozesses ist jedoch, dass der Vorbereitungsprozess, sofern keine Anpassungen und Änderungen am Bauwerk stattfanden, vollumfänglich lediglich einmal durchzuführen ist. Hierbei können sowohl Pläne laufend weiterverwendet werden als auch Informationen und Stammdaten auf Grund ihrer Ablage in der Bauwerksdatenbank bei periodisch wiederkehrenden Prüfungen weitergenutzt werden. 3.2 Bauwerksdatenbank Wie bereits angeführt stellt eine Bauwerksdatenbank ein zentrales Element dar, um eine digitale Prozessabbildung bei der Bauwerksprüfung zu ermöglichen. Diese Datenbanken müssen so ausgebildet sein, dass kumulierend Daten, Informationen und Unterlagen zu Bauwerken erhoben und verarbeitet werden können. Ebenso zeigt sich, dass diese Datenbanken ohne gesonderte Schnittstellen / nur sehr gut abgestimmten Schnittstellen die zur Prüfung vor Ort, die Erstellung von Berichten und Dokumenten und auch der Ableitung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen unterstützen müssen, um eine hohe Qualität und Praktikabilität sicherzustellen. Durch die Verwendung von Datenbanken wird der Standardisierungsgrad von Informationen automatisch gehoben, woraus eine Reduktion der Fehleranfälligkeit resultiert. Weiter kann hierbei auch eine Optimierung des Prozesses durch Vereinheitlichungen der Datengrundlagen ermöglicht werden. Neben diesem “Datensarg”, welcher durch eine Bauwerksdatenbank realisiert wird, kann vor allem in Bezug auf die Digitalisierung von Prozessen und die Nutzung und Ableitung von Informationen ein sehr dynamisches und mächtiges Tool geschaffen werden. Hierbei können sowohl das Prüfpersonal als auch der Bauwerkserhalter und dessen Experten profitieren. Jedoch muss klar sein, dass eine lückenlose Befüllung und Weitergabe der Informationen als oberstes Ziel gelten muss. In Abb. 3 wird diese aufgrund der zentralen Positionierung und Interaktion mit der Aufnahme im Feld zur Datenbank dargestellt. 152 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Automatisierte plan-, modell- und bauteilbasierte Fehlstellen-verortung in 2D und 3D bei Brückenbauwerken 3.3 Inspektionstätigkeiten Der Kernprozess - sowohl bei der analogen als auch bei der digitalen Durchführung einer Bauwerksprüfung ist die Inspektionstätigkeit vor Ort. Hier werden die vorhandenen Bauwerksdaten durch die Informationen, die Mängel und Schäden sowie die Änderung an bereits bekannten Schadensbildern erweitert um dies als Grundlage für die Beurteilung des Bauwerkes verwenden zu können. Wie in Abb. 4 dargestellt, kann identisch zur Erfassung der Informationen auch ein geeignetes digitales Endgerät verwendet werden. Abb. 4: Digitaler Erfassungsprozess vor Ort Hierbei sollte ein mehrstufiges Verfahren unterstützt werden, welches die Aufnahme von Übersichtsbildern - sowohl zum Bauwerk als auch zu Schäden und Mängeln- ermöglicht, als auch eine detaillierte Aufnahme von Einzelbereichen und schadhaften Regionen. Diese schaffen eine umfassende Datengrundlage und eine genaue Dokumentation des Erhaltungszustandes des Bauwerkes. Zudem muss im Feld bereits die Möglichkeit gegeben werden, um Informationen zu den Schäden und Mängeln aber auch zum Bauwerk generell sehr einfach, schnell und intuitiv erfassen und abzulegen zu können. Im einfachsten Fall handelts es sich hier um eine entsprechende Annotierung der Bildinhalte, um diese entsprechend den technischen und normativen Vorgaben bezeichnen, ablegen und nachvollziehbar darstellen zu können. Zum anderen sind dies jedoch auch textliche Informationen, welche sowohl standardisiert als auch frei wählbar sein müssen, um die erforderliche Flexibilität zu ermöglichen. Abb. 5: Verortung und Vermarkung von Informationen und Bildern auf Planunterlagen 3.4 Datenbestand aus der Inspektionstätigkeit Neben den angeführten Stammdaten kann auch der Datenbestand vorangegangener Inspektionstätigkeiten jederzeit abgerufen und für eine Auswertungszwecke verglichen werden. Neben der Verwendung dieser Informationen in der Auswertung und Interpretation der Entwicklung des Erhaltungszustandes von Bauwerken kann hier vor allem für das Prüfpersonal ein erheblicher Mehrwert generiert werden. So müssen bereits erfasst Schäden und Mängel in einer Folgeprüfung lediglich auf ihr Veränderung hin untersucht werden, da eine „Erstaufnahme“ inklusive der Verortung am Bauwerk und der Beschreibung bereits durchgeführt wurde. Das Hauptaugenmerk kann hier durch das Prüfpersonal auf die Entwicklung eines Schadens und die Entstehung neuer Schadensbilder und Mechanismen gelegt werden. Darüber hinaus bietet eine derartige Vorgehensweise den Vorteil und Mehrwert eine Nutzung der Prüfergebnisse funktionsweise zu ermöglichen. Neben der Schaffung eines Datenpools - beispielsweise als Grundlage für die automatisierte Erkennung von Schadensbildern - kann auch eine Schadensentwicklung mit Bezug auf die Abnahme des Erhaltungszustandes abgeleitet werden. Vor allem im Hinblick auf das Erfordernis von Instandhaltungen und Instandsetzungen und die Ableitung der Restnutzungsdauer kann hieraus ein bisher nur schwierig und aufwendig umsetzbarer Prozessschritt etabliert werden, welche mit Zunahme des Bauwerksalters und Abnahme des Erhaltungszustandes sicherlich vermehrt an Interesse gewinnen wird. 3.5 Reporting & Maßnahmenableitung Ein Herzstück - sowohl der analogen als auch der digitalen Abwicklung einer Inspektion und Bauwerksprüfung stellt das Reporting dar. In diesem werden generell die erfassten Daten und Informationen entsprechend auf bereitet, um diese dem Auftraggeber als Grundlage für darauf auf bauende Tätigkeiten (Bauwerkserhalter) zur Verfügung zu stellen zu können. Neben einer klassischen Berichterstellung - im Regelfall basierend auf Vorgaben des Bauwerkserhalters und den technischen Regelwerken kommen hier vermehrt auch weitere technische Möglichkeiten zum Einsatz. So kann beispielsweise auch eine Datenübergabe in unterschiedlichsten Formaten und Strukturen stattfinden, um daraus folgend eine einfachere Weiterverwendung der Daten 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 153 Automatisierte plan-, modell- und bauteilbasierte Fehlstellen-verortung in 2D und 3D bei Brückenbauwerken und das Importieren in Datenbanken und andere Strukturen zu ermöglichen. Weiters können auch entsprechende Schnittstellen adressiert werden, um beispielsweise Building Information Modelling Modelle mit BCF-/ IFC-Standards (vgl. [5] oder IFC 4.2) zu befüllen und damit eine digitale Weiternutzung der Prüfergebnisse auch in Bauwerksmodellen zu ermöglichen. Als abschließender Prozess und Ergebnis ist im Regelfall eine Ableitung von Maßnahmen vorzunehmen, sofern diese, basierend auf den Kontroll- und Prüfergebnissen, erforderlich sind. Hier definiert die RVS als Minimum die Festlegung des nächsten Kontrollbzw. Prüfintervalls, generell kann diese jedoch auch Sofortmaßnahmen und kurzbzw. mittel- und langfristig anzusetzende Maßnahmen umfassen. Diese zielen zum einen darauf ab, den aktuellen Erhaltungszustand möglichst zu konservieren und eine Abnahme zu verhindern, können jedoch auch erforderlich sein, um die Zuverlässigkeit und Verkehrstauglichkeit des Bauwerkes zu gewährleisten. Der Workflow für die digitale Bauwerksprüfung, wie hier beschrieben und dargestellt, ist sicherlich nicht so flexibel wie jener bei einer Kontrolle und Prüfung, wie dieser aktuell zumeist noch zum Einsatz kommt. Hieraus kann jedoch generell ein großer Vorteil generiert werden. So ist eine Standardisierung, welche es vorab durch geschultes und erfahrenes Personal zu definieren gilt, eine Möglichkeit, um die Qualität dieser Tätigkeit zu erhöhen, den zeitlichen Aufwand zu reduzieren und vor allem um die Weiterverwendung/ -verarbeitung der generierten Informationen zu ermöglichen. Die Vollständigkeit der Prüfung sowie der durchgehende Datenfluss sind nur zwei Bestandteil welche die Qualität der Prüfung und die Aussagekraft heben können. 3.6 Vorteile für den Bauwerkserhalter Die vorangegangenen Ausführungen zeigen Randbedingungen auf, welche bei einem digitalen Workflow für die Prüfung und Inspektion von Infrastrukturbauwerke vorliegen. Dort wurde bereits angeführt, dass aus einem derartigen Prozess maßgebende Vorteile und Mehrwerte aus Sicht des Bauwerkserhalters abgeleitet werden können. Diese müssen jedoch auch mit einer Reihe von Anforderungen einhergehen, um tatsächlichen einen Mehrwert ableiten zu können: - Einheitlicher und nachvollziehbarer Prüfprozess für alle Asset-Klassen; - Einbindung in Bauwerksdatenbanken; - Auswertbare und vergleichbare Kontroll- und Prüfergebnisse; - Einfache Einbindung von Kenntnissen sowie Mängeln und Schäden aus vorherigen Inspektionstätigkeiten; - Datensammlung und automatisierte Aufbereitung von Unterlangen für zukünftig Anwendungsfälle; - Ableitung von Maßnahmen und Empfehlungen direkt aus dem Prüfprozess; - Einbindung interner und externer Anwender*innen der digitalen Prüflösungen. Mit der Umsetzung der oben angeführten Anforderungen kann sichergestellt werden, dass aus Sicht des Bauwerkserhalters ein größtmöglicher Mehrwert generiert wird. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen: - Vereinheitlichung des Prüfprozesses; - Generierung eines umfassenden Datenpools und Datenbestandes zu den Bauwerken; - Generalisierung des Datenbestandes zu Bauwerken; - Grundlagen für ein standardisiertes Weiterverarbeiten der Informationen; - Erhöhung des Wissensstandes über Bauwerke; - Ableitung der Entwicklungsprozesse bei Schäden und Mängeln; - Ableitung zutreffenderer Maßnahmen und Instandhaltungstätigkeiten bei Bauwerken. - Kostenreduktion und Zeitreduktion durch automatisierte und standardisierte Prozesse Neben den oben angeführten Mehrwerten kann - und muss - bei der Umsetzung eines Digitalisierungsprozesses auch von einer Optimierung ausgegangen werden. Bei einem digitalen Prüfprozess kann vor allem von einer Reduktion der Prüfzeit und Dauer ausgegangen werden, was sich direkt in Streckensperren und somit auch in den Kosten für Inspektions- und Prüftätigkeiten widerspiegelt. 3.7 Vorteile für das Prüfpersonal Der Hauptfokus der Inspektionstätigkeit des Prüfpersonals liegt auf der umfassenden Erfassung des Erhaltungszustandes des Bauwerkes. Generell werden handnahe und visuelle Methoden eingesetzt, obwohl vermehrt alternative Methoden zum Einsatz kommen. Hierzu muss jedoch das Prüfpersonal Informationen dort zur Verfügung haben, wo diese zu diesem Zeitpunkt benötigt werden. Mit diesem Bedarf, der bei jeder Inspektionstätigkeit zu bedienen ist, und welcher als ein wesentlicher Faktor für das Gelingen einer optimierten und qualitativ hochwertigen Prüfung gilt, ergibt sich eine Grundanforderung, die durch digitale Prüflösungen auch abgedeckt werden muss. In Kombination mit einer raschen Aufnahme und Erfassung sowie der Zuordnung von Informationen, Fotos und Sachverhalten bietet die Digitalisierung hier große Vorteile, welche zu einer deutlichen Entlastung des Prüfpersonales führt. Durch den Entfall von bisher manuell durchgeführten Prozessen wie dem nachträglichen Zuordnen von Bildern zu Fehlstellen kann der Fokus somit auf die eigentliche Prüftätigkeit gelegt werden. Zudem ist im Regelfall mit derartigen digitalen Prozessen eine Reduktion bzw. ein Wegfall möglicher Nachbearbeitungsaufgaben zu erwarten. Gemeinsam mit den angeführten Vorbereitungsarbeiten, welche in der Bauwerksdatenbank hinterlegt sind, kann hier ein enormes Zeiteinsparungspotential generiert werden. Die im Anschluss an die Erfassung und Informationsvergabe folgenden Interpretation - in diesem Fall, die Ableitung des Erhaltungszustandes - kann zufolge der oben angeführten Vorteile ebenfalls umfassender vorgenommen werden. 154 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Automatisierte plan-, modell- und bauteilbasierte Fehlstellen-verortung in 2D und 3D bei Brückenbauwerken So können nachträglich Sachverhalte detaillierter aufgezeigt und ausgearbeitet werden - basierend auf der Tatsache, dass die Grundlagen hierfür bereits bei der Erfassung vor Ort gelegt wurden. Ein weiterer maßgebender Vorteil der Digitalisierung ist sicherlich die Tatsache, dass eine erhöhte Anzahl an Bildern aufgenommen werden und diese mit Information versehen sind, welche umfangreichere Interpretation zulassen. Vor allem bei Bauwerken, welche schwierige Lastabtragungs-verhältnisse aufweisen, können zusätzliche Skizzen, Informationen und Bilder Rückschlüsse auf die tatsächlichen Lastableitungsmechanismen geben. Nichtsdestotrotz muss der Erfassung vor Ort bei der Umsetzung einer digitalen Lösung zur Bauwerksprüfung das Hauptaugenmerk zukommen. Sämtliche Vorteile und Mehrwerte für die Bauwerkserhalter gehen verloren, wenn die Erfassung der Daten und Informationen nicht zielgerichtet, einfach und nachvollziehbar möglich ist. Dies kann nur durch die Akzeptanz der Softwarelösung durch das Prüfpersonal ermöglicht werden. Sind Lösungen zu komplex, erfordern diese unhandliches und nicht im Feld einsetzbares Equipment oder berücksichtigen diese nicht die Handhabbarkeit im Feld sind Softwarelösungen zum Scheitern verurteilt - und daraus folgend die nachfolgenden Prozesse. 4. Aktuelle Entwicklungen bei der Brückenprüfung Mit den vorherigen Kapiteln wurde versucht, aufzuzeigen, wie eine Digitalisierung der Bauwerksprüfung vonstattengehen kann. Neben der reinen Nutzung von digitalen Tools zur Erfassung und Prüfung von Bauwerken können jedoch auch andere Instrumente genutzt werden, um einen Beitrag zur Digitalisierung, der Bauwerkserhaltung und Instandsetzung zu leisten. Neben der Verwendung von 3D-Modellen und BIM bei Bestandsbauten ist hier vor allem eine nachvollziehbare sowie intuitive Datenablage erforderlich. Dies lässt sich beispielsweise durch die Anbringung von Verortungstafeln (QR-Codes) oder die Verwendung von NFC-Chips [14] als Lokalisierungs- und Verortungs-punkten ermöglichen. Erste Projekte hierzu werden bereits umgesetzt und haben gezeigt, dass damit zum einen die Ablage durch automatisierte Verortung und Speicherung von Daten direkt vor Ort einen großen Mehrwert und Zeiteffizienz aufzeigen. Wichtig hierbei ist jedoch, dass bereits in der Installationsbzw. Planungsphase die dauerhafte Nutzung derartiger Lösungen betrachtet und geplant wird. Da Ingenieurbauwerke und Kunstbauten eine geplante Nutzungsdauer von mehr als 80 Jahren aufweisen, kommt diesem Aspekt sicherlich große Beachtung zu - um die angeführten Problemstellungen zu fehlenden oder lückenhaften Bestandsunterlagen zukünftig zu unterbinden. Darüber hinaus werden Fehlerquellen, welche beispielsweise, durch Verwechslungen von Bilddokumentationen oder nicht aufgezeichneter Informationen ausgeschaltet und die Qualität kann maßgeblich gehoben werden. Der hier beschriebene Workflow zu einer digitalen Bauwerksprüfung basiert auf dem aktuellen Stand der Technik, welcher von einer analogen Umsetzung ausgeht, und hat diesen lediglich durch den Einsatz digitaler Tools und Lösungen ergänzt und unterstützt werden. Generell wird ein zweidimensionales Problem in Form von Plänen und Bildern betrachtet, welches jedoch durch die Erweiterung um eine zusätzliche Dimension erheblich einfacher, nachvollziehbarer wird. Damit kann neben der Schaffung eines digitalen Zwillings vor allem die Unwegbarkeit bereinigt werden, dass Plandaten nicht immer dem errichteten Ist-Zustand umfassen. Zusätzlich wird ebenso eine Grundlage für bauliche Maßnahmen, wie Sanierungen, Instand-setzungen und eventuelle Bauwerksveränderungen im Zuge der Bauwerksprüfung erstellt und kann hierfür als Datenbestand eingebunden werden - Nutzung von digitalen Zwillingen über die gesamte Lebensdauer und für alle am Bauwerk erforderlichen Maßnahmen. Der Vorteil von derartigen dreidimensionalen Modellen ist, dass diese im Regelfall den Ist-Zustand/ as-build Modell, bezugnehmend auf die augenscheinlich ersichtlichen Überprüfungsbereiche darstellen. Zudem können hier auch einheitliche Verortungen von Schadensbildern und Mängeln vorgenommen werden, was zu einer durchgehenden Datenbasis unabhängig des Prüfpersonals führt und in weiterer Folge auch die Schadensentwicklung auswertbar machen kann. Hierzu empfiehlt sich es sich jedoch oftmals die Modelle, entsprechend dem Verwendungszweck, zu vereinfachen, um diese auch flüssig und elegant im Zuge der vor Ort Arbeit nutzen zu können. Ein Beispiel hierzu ist in nachfolgender Abb. 6 dargestellt. Das obere Modell stellt eine mit BIM geplante neu zu errichtende Ankerwand dar. Dieses Modell beinhaltet neben den Bauteilen auch das Gelände sowie beispielsweise auch die im Zuge einer Prüfung und Inspektion nicht einsehbaren Bereiche von Ankersystemen. Daraus folgend ist dieses Modell entsprechend groß und kann nur bedingt in online-viewern und digitalen Endgeräten, wie Handy und Tablet, verwendet werden. Abb. 6: 3D Modelle eines Bauwerkes, oben: Umfassendes BIM-Modell mit Gelände, unten, reduziertes 3D Modell zur Bauwerksprüfung [6] 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 155 Automatisierte plan-, modell- und bauteilbasierte Fehlstellen-verortung in 2D und 3D bei Brückenbauwerken Wird dieses Modell jedoch, wie in Abb. 6 dargestellt, auf das Wesentlich reduziert, so verringert sich die Größe auf einige MB - was die Nutzung und Anwendung auf allen Endgeräten ermöglicht. Aktuell Entwicklungen in diesem Bereich ermöglichen es zudem, eine einfachere Verortung von Schadensbildern und Schadstellen zu Folge der Nutzung eines dreidimensionalen Modelles vorzunehmen. Neben der Nutzung von Künstlicher Intelligenz zur Schadstellenerkennung kann auch die Verortung des Endgerätes im Raum und die daraus folgende Verortung des Bildes am Objekt genutzt werden um Fotos nicht mehr manuell auf Plänen verorten zu müssen. Ansätze hierzu zeigen, dass damit in der Nachvollziehbarkeit ein erheblicher Vorteil gegeben ist. Weiters kann auch eine Detaillierung des dreidimensionalen Modells - in Bezug auf die Inspektionstätigkeit - als Mehrwert gesehen werden. Das Beispiel in Abb. 7 oben zeigt eine reale Brücke, welche modelliert wurde. Bei der Modellierung, wie in Abb. 7 unten dargestellt, wurde dabei auf die unterschiedlichen Bauteile der Brücke geachtet. So wurden Bauteile identifiziert und getrennt dargestellt. So kann beispielsweise auf signifikante Schadensbilder und deren Entwicklung bei den jeweiligen Bauteilen über unterschiedliche Bauwerke hinweg standardisiert und auswertbar ein Rückschluss gezogen werden. Abb. 7: Digitale Modellnutzung, oben: reales Brückentragwerk; unten: Modell geclustert nach Bauteilen Abb. 8: Digitale Modellnutzung, Ansicht bei der vor Ort Anwendung zur Prüfung einer Brücke Hierbei können Überlagerungen von Bauwerk im Hintergrund mit dem 3D Modell, welches eine Auswahl einzelner standardisiert definierter Bauteile ermöglicht um diese um Informationen und Bilder zu ergänzen, einen erheblichen Vorteil. Erfasste Fehlstellen und Informationen werden automatisiert am Bildschirm dargestellt werden. Derartige Modelle, wie in Abb. 8 dargestellt, ermöglichen es, Bilder bzw. erfasste Informationen direkt den jeweiligen Bauteilen zuzuordnen. Dies kann einerseits durch die Einbindung von Augmented Reality vorgenommen werden, oder auch durch simple Auswahl der jeweiligen Bauteile im Zuge der Prüfung. Abb. 9: Überlagerung von Realität und Modell im Zuge der Bauwerksprüfung für eine bessere Verortung von Informationen Neben einer einfacheren Verortung von Schadstellen, wie in Abb. 9 schematisch an der Entwässerung einer Brücke gezeigt, kann hieraus folgend auch eine Clusterung der Schäden - auf Bauteilebene - vorgenommen werden. In Hinblick auf mögliche Schadensentwicklungen (z. B. Rissentwicklung Tragplatte, Tausalzeinwirkung Widerlager, …) kann dies von erheblichem Mehrwert sein. 156 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Automatisierte plan-, modell- und bauteilbasierte Fehlstellen-verortung in 2D und 3D bei Brückenbauwerken Bei den oben dargestellten Ansätzen zur Nutzung von 3D Modellen zur Bauwerksprüfung wurde immer von neu errichteten Bauwerken ausgegangen bzw. von Bauwerken, welche in einem umfassenden dreidimensionalen Datenbestand vorliegen. Auf Grund des Alters der Infrastruktur ist jedoch bei Brücken und auch anderen Ingenieurbauwerken davon auszugehen, dass eine derartig umfassende Datenlage nur bedingt vorhanden ist. Um dem zu begegnen können auch nachträglich erfasst Modell in Form von Scandaten und Punktwolken dazu verwendet werden, um 3D-Modelle zur Inspektion und Prüfung zu generieren. Derartige Modelle können zum einen mit, wie in Abb. 10 dargestellten Mobile Mapping Systemen erfasst werden, können jedoch auch mittels Drohnen oder Mobilen Endgerät erstellt werden, um beispielsweise Bereich mit schwierigerer Zugänglichkeit zu erfassen. Betrachtet man darüber hinaus die technische Entwicklung der letzten Jahre und aktuell bereits vorhandenen Möglichkeiten zur Bauwerkserfassung und anschließenden Modellgenerierung, so ist unschwer zu erkennen, dass zukünftig, auch aufgrund sinkender Kosten und Rechenleistung von mobilen Endgeräten die Nutzung von 3D Modellen für Bauwerksprüfungen Standard werden wird. Abb. 10: Nutzung von 3D Modellen zur Bauwerksprüfung, Erfassung mit kleinen Mobile Mapping Einheiten (oben), Generiertes Modelle von Tunnel und Brücke (unten) Ein derartiger Ansatz biete die Möglichkeit, dass neben einer umfassenden Darstellung des Bauwerkes im Zuge der Prüfung ein digitaler Zwilling generiert wird. Ebenso wird die Grundlage für eine Remote-Prüfung des Bauwerkes generiert. So kann sich beispielsweise der Bauwerkserhalter im Zuge einer Endbesprechung mit dem Prüfpersonal durch das 3D-Modell mit den darauf lagerichtig platzierten Bildern selbst ein sehr gutes Bild zum Bauwerk machen. Zum anderen kann das Prüfpersonal während der Berichterstellung diese Komponente nutzen, um eine klarere Darstellung von Schäden und Mängeln vorzunehmen. Weiter stellt die Nutzung von Virtueller und Augmented Reality einen unumgänglichen und sinnvollen nächsten Schritt in der digitalen Bauwerksprüfung dar. Wie in Abb. 11 dargestellt können so Prüfergebnisse aus Vorprüfungen mit in die Prüfung eingebunden werden, um so neben dem Aufzeigen der bereits erfassten und dokumentierten Schäden und Mängel mit aktuellen vergleichen zu können. Vor allem beim Wissenstransfer zwischen wechselndem Prüfpersonal kann so eine laufende Informationsweitergabe sichergestellt werden. Zudem eignen sich derartige Ansätze auch, um beispielsweise eine nachträgliche Führung durch das Bauwerk und die Prüfung (vom Büro aus) zu ermöglichen und damit genauer auf einzelne Prüf bereiche und Problemstellungen einzugeben. Abb. 11: Einbindung der VR (Virtuellen Realität), um vorhandene Prüfergebnisse darzustellen Die obige kurze Darstellung der aktuellen Schritte und Methoden in der digitalen Bauwerksprüfung zeigt, dass hier erhebliches Potential vorhanden ist, um den Digitalisierungsgrad dieser Tätigkeit sinnstiftend zu steigern. Neben den direkten Auswirkungen in den Prüf- und Sperrzeiten kann damit aber vor allem eine nachhaltige und nachvollziehbare Dokumentation der Infrastruktur sichergestellt werden. 5. Zusammenfassung und Ausblick Aktuell kann in Zentraleuropa beobachtet werden, dass Bauwerke aus den Zeiträumen der 1960er bis 1980er Jahre und der dort verhältnismäßig überdurchschnittlichen Bautätigkeit an die Grenzen ihrer Lebensdauer kommen. 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 157 Automatisierte plan-, modell- und bauteilbasierte Fehlstellen-verortung in 2D und 3D bei Brückenbauwerken Dies wird zudem durch ein stark gestiegenes Verkehrsaufkommen und klimawandelbedingte Einflüsse verstärkt. Daraus folgend wird neben einem entsprechenden Investitionsbedarf in der Instandhaltung und der Sanierung auch ein Mehr an Inspektionen und Prüfungen erforderlich werden, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Infrastrukturbauwerke im gewohnten Ausmaß zu gewährleisten. Um die hierfür erforderlichen Ressourcen, unabhängig ob Zeit, Verfügbarkeit oder Finanzen in ausreichendem Ausmaß und zu gegebener Zeit zur Verfügung zu stellen, bedarf es einer entsprechenden Verwaltung und Organisation sowie sicherlich neuen Strukturen. Genau hier kann Digitalisierung, wenn diese sinnvoll und unter zutun aller Beteiligten umgesetzt wird, neue Maßstäbe in Bezug auf Effizienz und Nachhaltigkeit setzen. So wird es möglich, Fehlerquellen durch strategisch sinnvolle Entscheidungen vorab auszuschließen, und dabei den Zeitbedarf für die Inspektion und eine damit einhergehende Kostenersparnis zu ermöglichen. Neben den quantitativen Vorteilen kann zudem eine qualitative Steigerung der Prüfergebnisse durch Schematisierung und Standardisierung erzielt werden. Hieraus können Daten und Kennwerte für Langzeitbetrachtungen von Bauwerkstypen geschaffen werden und Erfahrungen weiterführend als Entscheidungsgrundlagen für geplante Sanierungen, Instandsetzungen oder auch Ersatzneubauten verwendet werden. Bei aktuellen Einsätzen an Bauwerken hat sich gezeigt, dass Berichte, Dokumentationen und Statistiken ohne eine entsprechende Datengrundlage nur bedingt sinnvoll sind. Aus diesem Grund kommt der Aufnahme von Sachverhalten und Informationen im Feld - also im Zuge der Inspektion und Prüfung vor Ort größte Aufmerksamkeit zu. Diese sehr komplexe Aufgabe stellt Ingenieur*innen und Bauwerksprüfer*innen vor große Herausforderung, da vor allem komplexe Bauwerke mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen wie Geologie, Tragsystem und Entwässerung sowie die Einwirkungen und Effekte auf das Bauwerk in sehr kurzer Zeit eingeschätzt und bewertet werden müssen. Weiters gilt es am Bauwerk vorhandene Schadensbilder in Hinblick auf Konsequenzen hinsichtlich der Standsicherheit, Verkehrstauglichkeit sowie Dauerhaftigkeit zu bestimmen. Hier kann, bei richtiger Umsetzung, eine Unterstützung des Prüfpersonals durch digitale Lösungen große Mehrwerte erzielen. Im vorliegenden Beitrag wurden die oben angeführten Themenstellungen ausgeführt und betrachtet. Damit soll die gesamte Bandbreite der digitalen Bauwerksprüfung aufgezeigt werden um vorliegende Problemstellungen und Schwierigkeiten zu identifizieren. Vor allem der weite Bogen zwischen einer einfachen, raschen und intuitiven Handhabung einer Softwarelösung zur Bauwerksprüfung unter Baustellenbedingungen sowie der Nutzung dieser Daten im Büro stellt hier einen zentralen Punkt dar. Ohne Berücksichtigung derartiger Anforderungen und Einbindung des Prüfpersonals und Bauwerkserhalter wird es nur bedingt gelingen, einen nachhaltigen und kosteneffizienten Beitrag zu Bauwerksprüfung, der Sicherheit und Zuverlässigkeit der Infrastruktur und in weiterer Folge auch dem Erhaltungsaufwand erbringen zu können. Literatur [1] RVS 13.03.11, 2021. Überwachung, Kontrolle und Prüfung von Kunstbauten - Straßenbrücken. Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen. Österreichische Forschungsgesellschaft Straße - Schiene - Verkehr (FSV). Wien. [2] DIN 1076, 1999. Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen - Überwachung und Prüfung, Deutsches Institut für Normung (DIN), Berlin. [3] RI-EBW-PRÜF, 2017. Richtlinie zur einheitlichen Erfassung, Bewertung, Aufzeichnung und Auswertung von Ergebnissen der Bauwerksprüfungen nach DIN 1076, Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. [4] Grubinger, S, Rebhan, M, Kalenjuk, S, Gruber, L, Kogelnig, A & Walcher, W 2023, Digitalisierungspotential der Prüfung geotechnischer Bauwerke mittels digitaler Zwillinge, standardisierten Prüfvorschriften und on-site-Erfassungslösungen. in R Marte & F Tschuchnigg (Hrsg.), Beiträge zum 37. Christian Veder Kolloquium: Zustandserhebung, Bewertung und Sanierung von gealterten bzw. schadhaften geotechnischen Konstruktionen. Bd. 16, 12, Technische Universität Graz, S. 179 - 198, 37. Christian Veder Kolloquium, Graz, Österreich, 13/ 04/ 23. [5] Tanaka, Fumiki u. a. (2018). „Bridge Information Modeling based on IFC for supporting maintenance management of existing bridges.“ In: 17th International Conference on Computing in Civil and Building Engineering. [6] Lackner ZT GmbH
