Brückenkolloquium
kbr
2510-7895
expert verlag Tübingen
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2024
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Rezyklierte Gesteinskörnungen im Anwendungsbereich der ZTV-ING
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2024
Wolfgang Breit
Robert Adams
Syamak Tavasoli
Maria Teresa Alonso Junghanns
Matthias Müller
Die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING) gelten für den Bau und die Erhaltung von Ingenieurbauwerken nach DIN 1076. Während die Verwendung von rezyklierter Gesteinskörnung mit Einführung der ZTV-ING:2023-12 untersagt wird, enthielten die vorherigen Ausgaben der ZTV-ING (zuletzt 2022-10) kein explizit formuliertes Anwendungsverbot. Hier wurde festgelegt, dass alle Bauwerke im Bereich der Bundesfernstraßen der Feuchtigkeitsklasse WA nach DAfStb-Alkali-Richtlinie zuzuordnen sind. Mit dieser Regelung wurde die Verwendung von rezyklierter Gesteinskörnung zwar nicht verboten, die Einstufung in die Feuchtigkeitsklasse WA kam aber unter Berücksichtigung der notwendigen Nachweise einem praktischen Anwendungsverbot gleich.
Vor dem Hintergrund der Veröffentlichung und zu erwartenden Einführung von DIN 1045:2023-08, die im Teil 2 umfangreiche Änderungen bezüglich der Verwendung von rezyklierter Gesteinskörnung aufweist, sollte das Fachgebiet Werkstoffe im Bauwesen der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) die Frage der Anwendbarkeit von rezyklierter Gesteinskörnung im Anwendungsbereich der ZTV-ING neu bewerten. Die Analyse bezieht sich auf das Ausgabedatum der ZTV-ING von Oktober 2022. Auf Basis der im laufenden Projekt vorgelegten Ergebnisse, hat sich der zuständige Arbeitskreis des Koordinierungsausschusses Bau (KOA Bau) des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) noch vor Abschluss des Vorhabens für ein Anwendungsverbot in der aktuellen Fassung der ZTV-ING:2023-12 ausgesprochen.
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6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 253 Rezyklierte Gesteinskörnungen im Anwendungsbereich der ZTV-ING Wolfgang Breit, Robert Adams, Syamak Tavasoli Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU), Kaiserslautern Maria Teresa Alonso Junghanns, Matthias Müller Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), Bergisch Gladbach Zusammenfassung Die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING) gelten für den Bau und die Erhaltung von Ingenieurbauwerken nach DIN 1076. Während die Verwendung von rezyklierter Gesteinskörnung mit Einführung der ZTV-ING: 2023-12 untersagt wird, enthielten die vorherigen Ausgaben der ZTV-ING (zuletzt 2022- 10) kein explizit formuliertes Anwendungsverbot. Hier wurde festgelegt, dass alle Bauwerke im Bereich der Bundesfernstraßen der Feuchtigkeitsklasse WA nach DAfStb-Alkali-Richtlinie zuzuordnen sind. Mit dieser Regelung wurde die Verwendung von rezyklierter Gesteinskörnung zwar nicht verboten, die Einstufung in die Feuchtigkeitsklasse WA kam aber unter Berücksichtigung der notwendigen Nachweise einem praktischen Anwendungsverbot gleich. Vor dem Hintergrund der Veröffentlichung und zu erwartenden Einführung von DIN 1045: 2023-08, die im Teil 2 umfangreiche Änderungen bezüglich der Verwendung von rezyklierter Gesteinskörnung aufweist, sollte das Fachgebiet Werkstoffe im Bauwesen der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) die Frage der Anwendbarkeit von rezyklierter Gesteinskörnung im Anwendungsbereich der ZTV-ING neu bewerten. Die Analyse bezieht sich auf das Ausgabedatum der ZTV-ING von Oktober 2022. Auf Basis der im laufenden Projekt vorgelegten Ergebnisse, hat sich der zuständige Arbeitskreis des Koordinierungsausschusses Bau (KOA Bau) des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) noch vor Abschluss des Vorhabens für ein Anwendungsverbot in der aktuellen Fassung der ZTV-ING: 2023-12 ausgesprochen. 1. Ausgangssituation Mineralische Bauabfälle sind der mengenmäßig bedeutendste Stoffstrom der Abfallwirtschaft in Deutschland, wie auch in den Nachbarstaaten [1]. In einigen Ländern werden mineralische Bauabfälle auch in der täglichen Praxis für die Betonherstellung verwendet, wohingegen der Werkstoff „Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung“, kurz auch R-Beton genannt, in Deutschland bislang nur in wenigen Transportbetonwerken zum Standardlieferprogramm zählt. Die statistisch erfasste Menge mineralischer Bauabfälle im Jahr 2020 (Anfall insgesamt 220,6 Mio. t) geht aus Abb. 1 hervor. Nach [1] betrug der Anfall mineralischer Abfälle der Fraktionen Bauschutt und Straßenauf bruch im Jahr 2020 insgesamt 76,9 Mio. t, aus denen 63,0 Mio. t Recycling-Baustoffe hergestellt wurden. Rechnet man den Anteil der rezyklierten Gesteinskörnungen aus der Auf bereitung der Fraktion Boden und Steine sowie der Fraktion Baustellenabfälle mit hinzu, so wurden im Jahr 2020 insgesamt 76,9 Mio. t Recycling-Baustoffe hergestellt. Das entspricht einem Anteil von 13,2 % des Bedarfs an Gesteinskörnungen (Gesamtbedarf in 2020: 584,6 Mio. t). Die Verwertungsquote liegt damit in 2020 bei 89,5 %. Die durchschnittliche Verwertungsquote über den Zeitraum von 25 Jahren bezogen auf den Anfall der ungefährlichen mineralischen Bauabfälle einschließlich der Fraktion Boden und Steine beträgt 88,7 Prozent. Abb. 1: Statistische erfasste Menge mineralischer Bauabfälle 2020 (in Mio. t) [1] Abb. 2 zeigt die Gesteinskörnungsproduktion in Europa im Jahr 2022 [2]. Dabei nimmt Deutschland den ersten Rang hinsichtlich der Gesamtgesteinskörnungsproduktion ein. Obwohl die Anteile an rezyklierter Gesteinskörnung absolut gesehen in Deutschland am höchsten liegen, liegt Deutschland im Verhältnis zur Gesamtmenge der produzierten Gesteinskörnung nur auf dem fünften Platz, hinter Belgien, Niederlande, Großbritannien und Frankreich. 254 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Rezyklierte Gesteinskörnungen im Anwendungsbereich der ZTV-ING Abb. 2: Gesteinskörnungsproduktion 2022 in Europa (in Mio. t); zusammengestellt aus [2] Die Verwendung von rezyklierter Gesteinskörnung erfordert aufgrund der von natürlichen Gesteinskörnungen abweichenden Eigenschaften und deren Einfluss auf die damit hergestellten Betone besondere Regelungen. Hierbei zu nennen sind im Vergleich zur natürlichen Gesteinskörnung, die für rezyklierte Gesteinskörnung charakteristische inhomogenere stoffliche Zusammensetzung, ein erhöhtes Wasseraufnahmevermögen aufgrund höherer Porosität, eine verringerte Rohdichte sowie nach dem Auf bereitungsprozess verbleibende Zementanhaftungen, die ursächlich für die beiden vorgenannten Parameter sind. Daraus können sich z. T. veränderte Frisch- und Festbetoneigenschaften ergeben, welche bei der Herstellung und Bemessung von Bauteilen aus Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung Berücksichtigung finden müssen [3], [4]. In allen Ländern Europas existieren Vorgaben, die ein Recycling mineralischer Bauabfälle regeln. Trotz der Einführung europäischer Normen sind jedoch zum Teil deutliche Unterschiede in der Handhabung rezyklierter Gesteinskörnung zwischen den einzelnen Ländern festzustellen. Welche Rolle Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung in der Praxis eines einzelnen Landes spielt, hängt dabei sowohl von der jeweiligen Gesetzgebung und Regelwerksituation als auch von den geologischen und geografischen Randbedingungen ab. In Deutschland ist die Verwendung rezyklierter Gesteinskörnungen zurzeit noch über eine Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) [5] geregelt. Die neu veröffentlichte DIN 1045: 2023 [6]-[10] wird die Anwendungsmöglichkeiten demgegenüber erweitern. Dies war Anlass, die Frage der Anwendbarkeit rezyklierter Gesteinskörnungen im Regelungsbereich der ZTV- ING [11] im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) zu untersuchen und zu bewerten. 2. Regelwerke 2.1 DAfStb-Richtlinie In Deutschland ist zurzeit die Verwendung von Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung über die Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) „Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 mit rezyklierten Gesteinskörnungen nach DIN EN 12620“ mit Ausgabedatum September 2010 geregelt [5]. Diese deckt den Festigkeitsbereich bis Betondruckfestigkeitsklasse C30/ 37, unter Einschränkung der möglichen Expositionsklassen und der höchstzulässigen Anteile der rezyklierten Gesteinskörnung > 2 mm, bezogen auf das gesamte Volumen der Gesteinskörnung, ab. Die DAfStb-Richtlinie lässt neben der Verwendung von Betonsplitt (Typ 1) auch die Verwendung von Bauwerksplitt (Typ 2) zu. Darüber hinaus sind bei der Verwendung rezyklierter Gesteinskörnungen die Richtlinie „Vorbeugende Maßnahmen gegen schädigende Alkalireaktion im Beton (Alkali-Richtlinie)“, Ausgabe Oktober 2013 [12] und DIN 4226-101 „Rezyklierte Gesteinskörnungen für Beton nach DIN EN 12620 - Teil 101: Typen und geregelte gefährliche Substanzen“ Ausgabe 2017-08 [13] zu beachten. 2.2 DIN 1045: 2023-08 2.2.1 Zuordnung von Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung in Betonklassen Im Zuge der Novellierung der DIN 1045 [6]-[10], die mit Datum August 2023 veröffentlicht ist, wurde die Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) „Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 mit rezyklierten Gesteinskörnungen nach DIN EN 12620“ [5] in DIN 1045-2: 2023-08 [8] integriert. Die Regelungen zu Anforderungen an die stoffliche Zusammensetzung, die Verwendung und Prüfung rezyklierter Gesteinskörnungen wurden dabei dem Stand von Wissenschaft und Technik angepasst. Mit der novellierten Fassung der DIN 1045 wird durch die Einführung von Betonbauqualitätsklassen (BBQ-Klassen) ein neues Konzept im Hinblick auf umfassende und konsistente Festlegungen von bauteilspezifischen Anforderungen an Planung, Baustoffe, Ausführung und Qualitätssicherung (BBQ-Konzept) umgesetzt. Dabei werden mit Hilfe definierter BBQ-Klassen zum einen technische Anforderungsniveaus definiert und zum anderen wird der erforderliche Abstimmungsbedarf zwischen den Bereichen Planung, Beton (Herstellung) und Bauausführung festgelegt, indem in Abhängigkeit von der Komplexität einer Bauaufgabe Betonfachgespräche und ein Betonbaukonzept in der Planungs- und Ausführungsphase gefordert werden [14]. Mit der zukünftigen DIN 1045-2: 2023-08 werden insbesondere auch umfangreiche Änderungen für die Verwendung rezyklierter Gesteinskörnungen etabliert und das Anwendungsspektrum erweitert. Betone mit rezyklierten 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 255 Rezyklierte Gesteinskörnungen im Anwendungsbereich der ZTV-ING Gesteinskörnungen ≤ 25 % Volumenanteil Austausch der groben Gesteinskörnung (bezogen auf die gesamte Gesteinskörnung) und Einhaltung der allgemeinen Anforderungen an rezyklierte Gesteinskörnungen nach DIN 1045-2: 2023-08, Anhang E.3.1 werden in die Betonklasse BK-N (normale Anforderungen) eingestuft. Für diese Betone gelten die Regelungen nach Tab. 1. Betone mit rezyklierten Gesteinskörnungen > 25 % Volumenanteil Austausch der groben Gesteinskörnung (bezogen auf die gesamte Gesteinskörnung) oder Feuchtigkeitsklasse WA und Einhaltung der allgemeinen Anforderungen an rezyklierte Gesteinskörnungen nach DIN 1045-2: 2023-08, Anhang E.3.1 und der besonderen Anforderungen nach DIN 1045-2: 2023-08, Anhang E.3.2 werden in die Betonklasse BK-E (erhöhte Anforderungen) eingestuft. Betone mit rezyklierten Gesteinskörnungen abweichend von BK-N und BK-E werden der Betonklasse BK-S (Betone mit speziell festzulegenden Anforderungen) zugeordnet. Für diese Betone ist ein Verwendbarkeitsnachweis erforderlich. Tab. 1: Regelungen für Betone der Betonklasse BK-N mit rezyklierter Gesteinskörnung nach DIN 1045- 2: 2023-08, Abschnitt 5.2.3.4 bei sortenreiner Verwendung (Typ 1 und Typ 2) Verwendung für die Druckfestigkeitsklassen bis einschließlich C50/ 60 zulässig Verwendung für die Feuchtigkeitsklassen WO und WF zulässig Anwendung des Prinzips der Betonfamilien zulässig Verwendung feiner rezyklierter Gesteinskörnungen des Typs 1 zulässig, wenn - Herkunft aus einer Produktion von grober rezyklierter Gesteinskörnung Typ 1, mit Nachweis der Anforderungen an die stoffliche Zusammensetzung nach DIN EN 933-11 - Gesamtvolumen rezyklierter Gesteinskörnung darf 25 % Volumenanteil nicht übersteigen - Anteil der feinen rezyklierten Gesteinskörnung bezogen auf den Anteil der groben rezyklierten Gesteinskörnung darf nicht größer sein, als der Anteil der gesamten feinen Gesteinskörnung bezogen auf den Anteil der gesamten groben Gesteinskörnung Verwendung feiner rezyklierter Gesteinskörnung des Typs 2 unzulässig Eine Deklarationspflicht der rezyklierten Gesteinskörnung bis 25 % Volumenanteil in der Betonklasse BK-N besteht nicht. Bei der Ersatzmenge über 25 % Volumenanteil ist die Verwendung von rezyklierter Gesteinskörnung zu deklarieren. Bei Beachtung der Anforderungen für die stoffliche Zusammensetzung und die Verwendung nach DIN 1045- 2: 2023-08 können die Bemessungsansätze nach DIN EN 1992-1-1 (EC2) [16], [17] uneingeschränkt verwendet werden. Die Verwendung rezyklierter Gesteinskörnungen für Spannbeton, Leichtbeton und in den Expositionsklassen XM, XA2, XA3 und XD3 ist generell nicht zulässig. Diese Verwendungsausschlüsse finden sich nicht in der aktuellen Ausgabe von DIN 1045-2: 2023-08, diese werden aber Bestandteil der kommenden MVV TB sein. 2.2.2 Allgemeine Anforderungen an rezyklierte Gesteinskörnung und deren Verwendung Für rezyklierte Gesteinskörnungen gelten die allgemeinen Anforderungen nach DIN 1045-2: 2023-08, Anhang E.3.1 im Hinblick auf die stoffliche Zusammensetzung, die Verwendung, die Prüfung der Wasseraufnahme, den Widerstand gegen Alkali-Kieselsäure-Reaktion (AKR) und die Auswirkungen auf Boden und Grundwasser (s. Tab. 2). Tab. 2: Allgemeine Anforderungen nach DIN 1045- 2: 2023-08, Anhang E.3.1 Stoffliche Zusammensetzung für die Kategorien Typ 1 und Typ 2 nach DIN 1045-2: 2023-08, Tabelle E.2 a) Begrenzung der Wasseraufnahme nach 10 min, bestimmt nach E.3.3.2, für grobe rezyklierte Gesteinskörnungen nach DIN 1045-2: 2023-08, Tabelle E.4 Verwendbarkeitsnachweis im Hinblick auf mögliche Auswirkungen auf Boden und Grundwasser erforderlich durch - Nachweis zum Gehalt und zur Freisetzung von gefährlichen Stoffen gemäß Anhang 10 (ABuG) der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB), - Leistungserklärung auf der Grundlage einer Europäischen Technischen Bewertung (ETA) oder - Bewertung der Leistung auf Grundlage von DIN 4226-101 unter Beachtung von DIN 4226-102 in einer technischen Dokumentation unter Einschaltung einer entsprechend Art. 43 BauPVO qualifizierten Stelle. Nachweis der Alkaliempfindlichkeitsklasse E I-S nach DAfStb-Richtlinie „Vorbeugende Maßnahmen gegen schädigende Alkalireaktion im Beton (Alkali- Richtlinie)“ erforderlich oder Einstufung in E III-O, E III-OF oder E III-S a) Für bestimmte Expositionsklassen oder Arten der Verwendung können andere Anforderungen maßgebend sein. Rezyklierte Gesteinskörnungen, die aus Beton von Bauwerken aus dem in der DAfStb-Alkali-Richtlinie festgelegten eiszeitlichen Ablagerungsgebiet in Norddeutschland hergestellt werden, sind in die Alkaliempfindlichkeitsklasse E III-O bzw. E III-OF, rezyklierte Gesteinskörnungen, die aus Beton von Bauwerken außerhalb des in der Alkali-Richtlinie festgelegten eiszeitlichen Ablagerungsgebiets in Norddeutschland hergestellt werden, in die Alkaliempfindlichkeitsklasse E III-S einzustufen. Vorbeugende Maßnahmen gegen eine schädigende AKR im Beton sind in Abhängigkeit von der Alkaliempfind- 256 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Rezyklierte Gesteinskörnungen im Anwendungsbereich der ZTV-ING lichkeitsklasse der rezyklierten Gesteinskörnung und der Feuchtigkeitsklasse nach DAfStb-Richtlinie „Vorbeugende Maßnahmen gegen schädigende Alkalireaktion im Beton (Alkali-Richtlinie)“ [12] anzuwenden. 2.2.3 Besondere Anforderungen an Beton mit rezyklierten Gesteinskörnungen > 25 % Volumenanteil oder Feuchtigkeitsklasse WA Für Betone der Betonklasse BK-E mit rezyklierten Gesteinskörnungen > 25 % Volumenanteil oder Feuchtigkeitsklasse WA werden besondere Anforderungen gestellt (s. Tab. 3). Bei diesen Betonen wird der zulässige Anteil grober rezyklierter Gesteinskörnungen, bezogen auf die ge-samte Gesteinskörnung (% Volumenanteil), nach DIN 1045- 2: 2023-08, Tabelle E.5 begrenzt. Die Feuchtigkeitsklasse WA darf nur für rezyklierte Gesteinskörnung mit nachgewiesener Alkaliempfindlichkeitsklasse E I-S nach DAfStb-Alkali-Richtlinie verwendet werden. Tab. 3: Besondere Anforderungen nach DIN 1045- 2: 2023-08, Anhang E.3.2 Verwendung sortenreiner grober rezyklierter Gesteinskörnungen des Typs 1 und des Typs 2 zur Herstellung und Verarbeitung von Beton bis zu einer Druckfestigkeitsklasse C30/ 37 zulässig Begrenzung der Anteile in Abhängigkeit von der Feuchtigkeitsklasse und der Expositionsklasse nach DIN 1045-2: 2023-08, Tabelle E.5 a) Bauteile aus Beton unter den vorgenannten Voraussetzungen dürfen nach DIN EN 1992-1-1 bemessen werden. Verwendung von rezyklierten Gesteinskörnungen für Spannbeton und Leichtbeton unzulässig Anwendung des Prinzips der Betonfamilien jeweils für die Typen 1 und 2 getrennt zulässig Erweiterte Erstprüfung nach DIN 1045-2: 2023-08, E.3.2.3 erforderlich Zusätzliche Prüfungen im Rahmen der Produktionskontrolle nach DIN 1045-2: 2023-08, E.3.2.4 erforderlich a) Die Feuchtigkeitsklasse WA darf nur für rezyklierte Gesteinskörnung mit nachgewiesener Alkaliempfindlichkeitsklasse E I-S nach DAfStb-Alkali-Richtlinie verwendet werden Ergänzend zu den allgemeinen Anforderungen an rezyklierte Gesteinskörnung und deren Verwendung geltend ergänzend besondere Anforderungen im Hinblick auf die Herstellung des Betons, die zulässigen Anteile grober rezyklierter Gesteinskörnungen, die Durchführung einer erweiterten Erstprüfung sowie die Produktionskontrolle. 3. Rezyklierte Gesteinskörnung im Anwendungsbereich der ZTV-ING 3.1 Allgemeines Das Regelwerk für den Brücken- und Ingenieurbau im Bereich der Bundesfernstraßen umfasst eine Vielzahl einzelner Regelwerke in den Sachgebieten Entwurf, Bauausführung und Erhaltung. Zentrale Bedeutung im Bereich der Bauausführung kommt den Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING) zu. Diese nehmen das bauaufsichtlich eingeführte Regelwerk für die Betonherstellung (DIN EN 206-1: 2001-07 [18] in Verbindung mit DIN 1045-2: 2008-08 [19], zusammengefasst in DIN-Fachbericht 100: 2010-03 [20]) und die Bauausführung (DIN EN 13670: 2011-03 [21] in Verbindung mit DIN 1045-3: 2012- 03 [22]) an verschiedenen Stellen in Bezug. Für Ingenieurbauwerke nach DIN 1076: 1999-11 [23] im Bereich des Fernstraßennetzes enthält ZTV-ING über das Regelwerk hinausgehende ergänzende Regelungen. Die Anwendung rezyklierter Gesteinskörnungen ist in ZTV-ING: 2022-10 [11] nicht explizit geregelt, so dass für diesen Fall die Vorgaben des aktuellen Regelwerks gelten. Konsequenzen für eine mögliche Verwendung rezyklierter Gesteinskörnungen im Anwendungsbereich der ZTV-ING ergeben sich insbesondere daraus, dass ZTV- ING die Zuordnung von Bauteilen zu den Expositionsklassen abweichend von DIN-Fachbericht 100 regelt (s. Tab. 4). Bauteile im Sprühnebelbereich sind im Sinne der ZTV-ING als tausalzbeansprucht anzusehen. Aus diesem Grund sind alle Bauwerke im Bereich der Bundesfernstraßen der Feuchtigkeitsklasse WA zuzuordnen. 3.2 Anforderungen an Gesteinskörnungen in ZTV-ING Die ZTV-ING [11] stellt ergänzend zu DIN-Fachbericht100 [20] zusätzliche Anforderungen an Gesteinskörnung und deren Verwendung (s. Tab. 5). Hinsichtlich einer möglichen AKR gelten nach ZTV- ING die Regelungen des DIN-Fachberichts 100 sowie der DAfStb-Richtlinie „Vorbeugende Maßnahmen gegen schädigende Alkalireaktion im Beton (Alkali-Richtlinie)“. Tab. 4: Zuordnung von Bauteilen zur Expositionsklasse XF und XD nach ZTV-ING [11] Bauwerk Bauteil Expositionsklasse Brücke vorwiegend horizontale und direkt mit tausalzhaltigem Wasser oder Schnee beaufschlagte Betonflächen a) XF4 XD3 nicht vorwiegend horizontale Betonflächen im Spritzwasserbereich a) XF2 XD2 Betonflächen ausschließlich im Sprühnebelbereich a) z. B. Überbauten oder Pfeiler und Widerlager unterhalb von hohen Talbrücken XF2 XD1 Betonschutzwände a) XF4 XD3 Gründungen a) XD2 partiell freiliegende Gründungsbauteile b) XF2 XD2 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 257 Rezyklierte Gesteinskörnungen im Anwendungsbereich der ZTV-ING Trogbauwerke Trogsohlen mit Fahrbahn auf einem Aufbau nach der Richtlinie für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO) als Weiße Wanne a) XD2 Trogsohlen mit Fahrbahn auf einem Auf bau nach der Richtlinie für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO) mit außenliegender Folienabdichtung a) XD1 Tunnel Einfahrtbereiche von Tunneln in geschlossener Bauweise und in offener Bauweise a) XF2 XD2 Tunnelinnenschalen von zweischalig ausgeführten Tunneln in geschlossener Bauweise a) XF2 XD1 Tunnelwände und -decken in offener Bauweise ohne Wasserdruck mit außenliegender Folie a) XF2 XD1 Tunnelwände in offener Bauweise als WU-Konstruktion a) XF2 XD2 Bereich zwischen Einfahrtsbereichen von Tunneln XF2 (XF1e)) XD1 Tunnelsohlen als Weiße Wanne a) XD2 Tunnelsohlen mit außenliegender Folienabdichtung a) XD1 Becken alle Bauteile (ggf. höhere Einstufung) c) XF4 (XF3f)) XD2 Sonstige Schlitzrinnen d) XF4 XD2 a) Teil 3, Abschn. 1, 4 (13) b) Teil 3, Abschnitt 1, Anmerkung 4 (15) c) Teil 3, Abschnitt 8, 3 (2) d) Teil 3, Abschnitt 7, 5.2.5 (7) e) [24] f) Zu einer möglichen Einstufung in XF3 vgl. [25] 4. Anwendungsmöglichkeiten von rezyklierten Gesteinskörnungen im Bereich der ZTV-ING 4.1 Allgemeine Anforderungen an rezyklierte Gesteinskörnungen Die Anforderungen an rezyklierte Gesteinskörnungen sind in DIN 1045-2: 2023-08, Anhang E beschrieben (vgl. Tab. 2 und Tab. 3). Diese unterscheiden sich teilweise von den bisherigen Anforderungen der DAfStb-Richtlinie „Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 mit rezyklierten Gesteinskörnungen nach DIN EN 12620“ [5]. Tab. 5: Anforderungen an Gesteinskörnungen und deren Verwendung nach ZTV-ING ]11] nach DIN EN 12620 oder DIN EN 13055-1 für grobe Gesteinskörnungen zusätzlich zu den Anforderungen nach DIN EN 206-1/ DIN 1045-2: - Anteil leichtgewichtiger organischer Verunreinigungen ≤ 0,05 M.-% - bei gebrochenem Korn mindestens SI 20 - enggestufte Kornzusammensetzung - Korngemische und natürlich zusammengesetzte Gesteinskörnungen 0/ 8 dürfen nicht verwendet werden für feine Gesteinskörnungen zusätzlich zu den Anforderungen nach DIN EN 206-1/ DIN 1045-2: - Anteil leichtgewichtiger organischer Verunreinigungen ≤ 0,25 M.-% Größtkorn ≤ 8 mm: mindestens 2 Korngruppen verwenden Größtkorn > 8 mm: mindestens 3 Korngruppen verwenden Auswahl Größtkorn der Gesteinskörnung unter Berücksichtigung der Betondeckung, der kleinsten Querschnittsabmessung und des kleinsten Abstandes der Bewehrungsstäbe auswählen Ergänzend zur Alkali-Richtlinie „Vorbeugende Maßnahmen gegen schädigende Alkalireaktion im Beton (Alkali-Richtlinie)“ des DAfStb sind alle Bauwerke im Bereich von Bundesfernstraßen der Feuchtigkeitsklasse WA zuzuordnen Frost-Tau-Widerstand der Gesteinskörnung mindestens Kategorie F 2 Nachweis des Frost-Tausalz-Widerstandes bei XF2 und XF4: Masseverlust ≤ 8 M.-% nach DIN EN 1367- 6 (NaCl-Verfahren) Bei grober Gesteinskörnung und Masseverlust > 8 M.-%: Betonprüfung nach DIN V 18004 (Platten- oder CDF- Verfahren), wobei - Abwitterungen ≤ 500 g/ m² - keine Hinweise auf Verwitterung bei visueller Prüfung erkennbar Höhere Abwitterungen als 500 g/ m² können im Einzelfall dann vereinbart werden, wenn ein ausreichender Frost-Tausalz-Widerstand in Expositionsklasse XF4 durch ergänzende Untersuchungen bestätigt wird. Die in ZTV-ING zusätzlich gestellten Anforderungen an Gesteinskörnungen (s. Tab. 5) stellen für eine Verwendung im Regelungsbereich der ZTV-ING kein Hindernis dar. Die Einschränkung auf ausschließlich eng gestufte grobe Gesteinskörnung stellt kein technisches Hindernis für rezyklierte Gesteinskörnungen dar. Diese entspricht den bisherigen Regelungen der DAfStb-Richtlinie „Be- 258 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Rezyklierte Gesteinskörnungen im Anwendungsbereich der ZTV-ING ton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 mit rezyklierten Gesteinskörnungen nach DIN EN 12620“. Die höheren Anforderungen an die Kornform von groben Gesteinskörnungen können grundsätzlich auch von rezyklierten Gesteinskörnungen erfüllt werden, stellen aber produktionstechnisch und wirtschaftlich einen höheren Aufwand dar. Die geforderten geringeren Grenzwerte bezüglich der Anteile an die leichtgewichtigen organischen Verunreinigungen sowohl bei den groben als auch den feinen Gesteinskörnungen können auch von rezyklierten Gesteinskörnungen eingehalten werden. Aus dem Verzicht auf weitgestufte grobe Gesteinskörnung, natürlich zusammengesetzte Gesteinskörnung 0/ 8 und Korngemische ergeben sich keine anwendungsspezifischen Probleme. 4.2 Anforderungen bei Verwendung im Beton 4.2.1 Allgemeines Mit DIN 1045-2: 2023-08 wird auch eine Vielzahl weiterer Neuerungen in Bezug auf Betonausgangsstoffe, Betonzusammensetzung, Betonherstellung und Verarbeitung eingeführt, die auch für Betone mit rezyklierten Gesteinskörnungen von Bedeutung sein können. Diese sind nicht Gegenstand der vorliegenden Veröffentlichung (weitere Ausführungen hierzu siehe [31]). Aus den Regelungen der ZTV-ING [11] bezüglich der Betonausgangsstoffe Zement, Zugabewasser, Zusatzstoff, Zusatzmittel ergeben sich keine Anwendungsbeschränkungen im Hinblick auf die Anwendung von Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung. Bezüglich der Kontrollen im Rahmen der Ausführung von Beton ergeben sich ebenfalls keine Anwendungsbeschränkungen im Hinblick auf die Anwendung von Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung. Die in ZTV-ING, Teil 3, Abschnitt 5 (1) vorgegebene Ermittlung des Wassergehalts durch Darren ist bei Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung nicht zielführend, wenn mit diesem Verfahren eine Kontrolle des Wassergehaltes bzw. des Wasserzementwertes erfolgen soll. Bei der Prüfung des Wassergehalts beim Darren des Betons bei Verwendung von saugenden Gesteinskörnungen, wie leichte oder rezyklierte Gesteinskörnung, werden auch Anteile des Saugwassers abgedampft und somit der Wert des Wassergehalts unkontrolliert verändert. Diese Prüfverfahren liefern lediglich Informationen zum Gesamtwassergehalt als Summe aus wirksamem Wasser und Kernfeuchte. Nur bei nicht saugender Gesteinskörnung entspricht das Ergebnis der Prüfung durch Darren hinreichend genau dem Wassergehalt im Zementleim. Möglichkeiten zur Berücksichtigung dieser Zusammenhänge in der Praxis sind aus [4] zu entnehmen. 4.2.2 Anforderungen im Zusammenhang mit Expositions- und Feuchtigkeitsklassen Unter Beachtung der in der aktuell (noch) gültigen DAfStb-Richtlinie „Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 mit rezyklierter Gesteinskörnung nach DIN EN 12620“ [5] festgelegten Anforderungen, dürfen rezyklierte Gesteinskörnungen in den Feuchtigkeitsklassen WO, WF und WA entsprechend der DAfStb-Alkali-Richtlinie verwendet werden. Die Verwendung einer rezyklierten Gesteinskörnung für Beton in feuchter Umgebung mit Alkalizufuhr von außen, entsprechend der Klasse WA der Alkalirichtlinie, ist jedoch nur dann erlaubt, wenn vorbeugende Maßnahmen gegen AKR ergriffen werden und zusätzlich ein Gutachten durch eine besonders fachkundige Person einen ausreichenden Widerstand des Betons gegen eine schädigende AKR bestätigt. Nach DIN 1045-2: 2023-08 müssen rezyklierte Gesteinskörnungen in eine Alkaliempfindlichkeitsklasse nach DAfStb-Richtlinie „Vorbeugende Maßnahmen gegen schädigende Alkalireaktion im Beton (Alkali-Richtlinie)“ eingestuft werden. Wenn ein Nachweis der Alkaliempfindlichkeitsklasse E I-S nicht möglich ist oder nicht durchgeführt wird, sind sie in Abhängigkeit von ihrem Gewinnungsort (Lage des Bauwerks, aus dem die rezyklierte Gesteinskörnung gewonnen wird) in die Alkaliempfindlichkeitsklasse E III-O, E III-OF bzw. E III-S einzustufen. Die vorbeugenden Maßnahmen gegen eine schädigende Alkalireaktion im Beton sind nach DAfStb- Alkali-Richtlinie jeweils in Abhängigkeit von der Alkaliempfindlichkeitsklasse der rezyklierten Gesteinskörnung zu treffen. Rezyklierte Gesteinskörnungen Typ 1 und Typ 2 dürfen für Beton der Betonklasse BK-N bei Einhaltung der allgemeinen Anforderungen mit ≤ 25 % Volumenanteil Austausch der groben Gesteinskörnung (bezogen auf die gesamte Gesteinskörnung) in den Feuchtigkeitsklassen WO und WF verwendet werden. Für Betone der Betonklasse BK-E mit rezyklierten Gesteinskörnungen > 25 % Volumenanteil Austausch der groben Gesteinskörnung (bezogen auf die gesamte Gesteinskörnung) oder Feuchtigkeitsklasse WA und Einhaltung der allgemeinen Anforderungen an rezyklierte Gesteinskörnung nach DIN 1045-2: 2023-08, Anhang E.3.1 und der besonderen Anforderungen nach DIN 1045- 2: 2023-08, Anhang E.3.2 ist zukünftig auch die Verwendung rezyklierter Gesteinskörnungen in der Feuchtigkeitsklasse WA (Expositionsklassen XD1, XD2, XS1, XS2, XF2 und XF4) möglich, unter der Vor-aussetzung, dass für die rezyklierte Gesteinskörnung die Alkaliempfindlichkeitsklasse E I-S nachgewiesen ist (s. Abb. 3). 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 259 Rezyklierte Gesteinskörnungen im Anwendungsbereich der ZTV-ING Abb. 3: Verwendung von rezyklierter Gesteinskörnung in der Betonklasse BK-E oder Feuchtigkeitsklasse WA, nach DIN 1045-2: 2023-08 und DAfStb-Alkali-Richtlinie Auf Basis der Festlegung der Feuchtigkeitsklasse WA für alle Bauteile nach ZTV-ING: 2022-10 [11] ergibt sich in Kombination mit der Festlegung der Alkaliempfindlichkeitsklasse der rezyklierten Gesteinskörnung im Regelungsbereich der ZTV-ING damit nur eine Anwendungsoption für die Verwendung von Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung, nämlich dann, wenn die Alkaliempfindlichkeitsklasse E I-S nachgewiesen wird. 4.3 Offene Fragestellungen und Forschungsbedarf Während auf Grundlage von DIN 1045: 2023-08 die Verwendung rezyklierter Gesteinskörnungen für Betone in den Expositionsklassen XC0, XC1 bis XC4, XF1, XF3 und XA1, sowie bei Nachweis der Alkaliempfindlichkeitsklasse E I-S in XD1, XD2, XS1, XS2, XF2 und XF4 grundsätzlich möglich ist, liegen für die Verwendung von rezyklierten Gesteinskörnungen in den Expositionsklassen XM, XA2, XA3, XD3 und XS3 bisher keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und somit auch keine Regelungen vor. Die Verwendung von rezyklierten Gesteinskörnungen in diesen Expositionsklassen ist damit nicht möglich. Gleiches gilt für Leichtbeton und Spannbeton. Für derartige Anwendungsbereiche liegen ebenfalls keine ausreichend gesicherten Kenntnisse vor. Untersuchungen von Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung zu dynamischen Belastungen bzw. zum Ermüdungsverhalten sind aus der Literatur nicht bekannt und sind daher von der Anwendung auszuschließen. Gleiches gilt z. B. auch für weit gespannte Bauteile mit hoher Biegebeanspruchung, verformungsempfindliche Bauteile oder wenn das Kriechverhalten nicht vernachlässigt werden darf. Fragen zu Dauerhaftigkeitsbetrachtungen größer 50 Jahre wurden bislang ebenfalls nicht untersucht. Für eine Anpassung der Regelungen der DIN 1045- 2: 2023-08 an die Belange der ZTV-ING, z. B. durch Begrenzung der Mengen auf x % Volumenanteil sowie die Vorgabe ergänzender qualitätssichernder Maßnahmen liegen derzeit keine wissenschaftlichen Untersuchungen bzw. Nachweise vor. Über die genannten technischen Fragestellungen hinaus ist zudem im Hinblick auf die Verwendung in Ingenieurbauwerken bzw. Bauwerken der Infrastruktur auch die Frage nach der Verfügbarkeit von rezyklierter Gesteinskörnung zu stellen. Nach aktuellen Schätzungen kann davon ausgegangen werden, dass derzeit ca. 10 %, zukünftig ggf. bis zu 30 % der natürlichen Gesteinskörnung im Betonbau durch rezyklierte Gesteinskörnung ersetzt werden kann. 4.4 Zusammenfassende Bewertung Die in ZTV-ING: 2022-10 zusätzlich zu DIN 1045: 2023- 08 gestellten Anforderungen an Gesteinskörnungen (s. Tab. 5) stellen für eine Verwendung im Regelungsbereich der ZTV-ING kein Hindernis dar. Für die Anwendung im Beton stellen die Anforderungen im Hinblick auf die Vermeidung einer schädigenden AKR die größte Herausforderung dar, da für die Verwendung in der Feuchtigkeitsklasse WA die Alkaliempfindlichkeitsklasse E I-S nachgewiesen sein muss. Für den erforderlichen Nachweis stehen zwar ausreichend anerkannte Prüfinstitute zur Verfügung, die Dauer der unterschiedlichen Prüfverfahren für den Nachweis nach DAfStb-Alkali-Richtlinie betragen jedoch zwischen 15 Tagen und neun Monaten und sind damit zum einen zeitintensiv und zum anderen auch kostspielig. Für die Anwendung rezyklierter Gesteinskörnung im Regelungsbereich der ZTV-ING ist die Erstellung eines Gutachtens für den Nachweis der Alkaliempfindlichkeitsklasse E I-S zwar grundsätzlich möglich und könnte im Fall einer größeren Abbruchmaßnahme sinnvoll sein. In der üblichen Praxis ist aber davon auszugehen, dass die Herkunft der rezyklierten Gesteinskörnung nicht bekannt ist und somit in die Alkaliempfindlichkeitsklassen E III- S oder E III-O bzw. E III-OF einzustufen ist. Die in Abschnitt 4.3 thematisierten offenen technischen Fragestellungen, insbesondere auch die Fragen nach der Qualitätssicherung sowie einer ausreichenden Verfügbarkeit stellen weitere Herausforderungen für eine Anwendung im Regelungsbereich der ZTV-ING dar. Da zu diesen Fragen keine wissenschaftlichen Untersuchungen bzw. Nachweise vorliegen, können diese nur im Rahmen weiterer Forschung bzw. bei der Durchführung von Pilotprojekten geklärt werden. Die pilothafte Anwendung im Regelungsbereich der ZTV-ING erfordert eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die Verwendung von rezyklierter Gesteinskörnung im Anwendungsbereich der ZTV-ING im Regelfall nicht zielführend ist. 5. ZTV-ING: 2023-12 Die letzte und damit aktuelle Fassung der ZTV-ING wurde im Dezember 2023 veröffentlicht. Mit Einführung von ZTV-ING: 2023-12 [32] wird die Verwendung von rezyklierten Gesteinskörnungen vor dem Hintergrund der 260 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Rezyklierte Gesteinskörnungen im Anwendungsbereich der ZTV-ING durchgeführten Analyse und erläuterten Sachverhalte untersagt (ZTV-ING: 2023-12, Teil 3, Abschnitt 1-3.1 (8)). 6. Zusammenfassung In Deutschland ist die Verwendung rezyklierter Gesteinskörnungen zurzeit noch über eine Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton [5] geregelt. Mit der zukünftigen DIN 1045: 2023-08 werden umfangreiche Änderungen für die Verwendung rezyklierter Gesteinskörnungen etabliert und das Anwendungsspektrum erweitert. Dies war Anlass, die Frage der Anwendbarkeit rezyklierter Gesteinskörnungen im Regelungsbereich der ZTV-ING: 2022-10 [11] im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) zu untersuchen und zu bewerten. Aus den Regelungen bezüglich der Betonausgangsstoffe Zement, Zugabewasser, Zusatzstoff, Zusatzmittel ergeben sich keine Anwendungsbeschränkungen im Hinblick auf die Anwendung von Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung. Bezüglich der Kontrollen im Rahmen der Ausführung von Beton ergeben sich ebenfalls keine Anwendungsbeschränkungen im Hinblick auf die Anwendung von Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung. Rezyklierte Gesteinskörnungen müssen im Hinblick auf mögliche AKR in eine Alkaliempfindlichkeitsklasse nach DAfStb-Alkali-Richtlinie eingestuft werden. In der üblichen Praxis ist davon auszugehen, dass die Herkunft der rezyklierten Gesteinskörnung nicht bekannt ist und diese somit in die Alkaliempfindlichkeitsklassen E III-S oder E III-O bzw. E III-OF einzustufen ist. In diesen Fällen ist die Verwendung rezyklierter Gesteinskörnungen in der Feuchtigkeitsklasse WA nach DIN 1045-2: 2023- 08 unzulässig. Auf Basis der Festlegung der Feuchtigkeitsklasse WA für alle Bauteile nach ZTV-ING: 2022-10 ergibt sich in Kombination mit der Festlegung der Alkaliempfindlichkeitsklasse der rezyklierten Gesteinskörnung im Regelungsbereich der ZTV-ING: 2022-10 nur eine Anwendungsoption für die Verwendung von Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung, wenn die Alkaliempfindlichkeitsklasse E I-S nachgewiesen wird. Für die Verwendung von rezyklierten Gesteinskörnungen in den Expositionsklassen XM, XA2, XA3, XD3 und XS3, sowie für Leicht- und Spannbeton liegen keine gesicherten Erkenntnisse und damit auch keine Regelungen vor. Der Einsatz von rezyklierter Gesteinskörnung in diesen Fällen ist demnach nur im Rahmen einer Zustimmung im Einzelfall möglich. Über die Regelungen von DIN 1045-2023-08 hinaus, bestehen im Hinblick auf die Verwendung rezyklierter Gesteinskörnungen offene Fragestellungen im Hinblick auf dynamische Belastungen bzw. zum Ermüdungsverhalten, auf weit gespannte Bauteile mit hoher Biegebeanspruchung, verformungsempfindliche Bauteile oder wenn das Kriechverhalten nicht vernachlässigt werden darf, Dauerhaftigkeitsanforderungen größer 50 Jahre und die Verfügbarkeit. Diese können nur im Rahmen weiterer Forschung bzw. bei der Durchführung von Pilotprojekten geklärt werden können. Die pilothafte Anwendung im Regelungsbereich der ZTV-ING erfordert eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE). Vor diesem Hintergrund wird mit Einführung von ZTV- ING: 2023-12 die Verwendung von rezyklierten Gesteinskörnungen für die Anwendung im Regelfall untersagt. 7. Förderung Die Analyse zur Bewertung der Anwendung von rezyklierter Gesteinskörnung im Regelungsbereich der ZTV- ING wurde von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) beauftragt (FE 15.0696/ 2021/ DRB). Literatur [1] Bundesverband Baustoffe - Steine und Erden e.V.: Mineralische Bauabfälle Monitoring 2020- Bericht zum Aufkommen und zum Verbleib von mineralischen Bauabfällen, https: / / kreislaufwirtschaft-bau. de/ Download/ Bericht-13.pdf (Zugriff 2024-01-10) [2] https: / / www.aggregates-europe.eu/ facts-figures/ figures/ Zugriff 01.06.2024 [3] Etxeberria, M.; Vazquez, E.; Mari, A.; Barra, M.: Influence of amount of recycled coarse aggregates and production process on properties of recycled aggregate concrete, Cement and Concrete Research 37 (2007), S. 735-742 [4] Scheidt, J.: Ermittlung des erforderlichen Gesamtwassers zur Herstellung von R-Beton mit definiertem Wasserzementwert, Dissertation, Technische Universität Kaiserslautern, 2020 [5] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: DAfStb- Richtlinie „Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 mit rezyklierter Gesteinskörnung nach DIN EN 12620“, 2010-09 und Berichtigung B1, 2019- 09, Beuth, Berlin [6] DIN 1045-1000: 2023-08 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 1000: Grundlagen und Betonqualitätsklassen (BBQ) [7] DIN 1045-1: 2023-08 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 1: Planung, Bemessung und Konstruktion [8] DIN 1045-2: 2023-08 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton [9] DIN 1045-3: 2023-08 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 3: Bauausführung [10] DIN 1045-4: 2023-08 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 4: Betonfertigteile - Allgemeine Regeln [11] Bundesministerium für Digitales und Verkehr: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING), 2022- 10 [12] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: DAfStb- Richtlinie „Vorbeugende Maßnahmen gegen schädigende Alkalireaktion im Beton (Alkali-Richtlinie)“, 2013-10, Beuth, Berlin [13] DIN 4226-101: 2017-08 Rezyklierte Gesteinskörnungen für Beton nach DIN EN 12620 - Teil 101: Typen und geregelte gefährliche Substanzen 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 261 Rezyklierte Gesteinskörnungen im Anwendungsbereich der ZTV-ING [14] Breit, W.; Adams, R.: Auswirkungen der Anforderungen des BBQ-Konzeptes (Beton Bau Qualitätsklassen) für Ingenieurbauwerke nach ZTV- ING, Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), FE 15.0690/ 2021/ DRB, 2024 [15] DIN EN 933-11 Prüfverfahren für geometrische Eigenschaften von Gesteinskörnungen - Teil 11: Einteilung der Bestandteile in grober rezyklierter Gesteinskörnung [16] DIN EN 1992-1-1: 2011-01, Änderung A1: 2015- 03 Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau [17] DIN EN 1992-1-1/ NA: 2013-04, Änderung NA/ A1: 2015-12 Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau [18] DIN EN 206-1: 2001-07 Beton - Teil 1: Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität [19] DIN 1045-2: 2008-08 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität - Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1 [20] DIN-Fachbericht 100: 2010-03 Beton - Zusammenstellung von DIN EN 206-1 Beton - Teil 1: Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität und DIN 1045-2 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton; Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität [21] DIN EN 13670: 2011-03 Ausführung von Tragwerken aus Beton [22] DIN 1045-3: 2012-03, Berichtigung B1: 2013-07 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 3: Bauausführung - Anwendungsregeln zu DIN EN 13670 [23] DIN 1076: 1999-11 Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen - Überwachung und Prüfung [24] Großmann, F.: Das “neue“ Regelwerk für den Ingenieurbau und die Regelungen für Beton, beton (2004), Heft 5, S. 234-239 [25] Alonso Junghanns, M.T.; Breitenbücher, R.; Günther, M.; Haist, M.; Haus J.: Becken aus Beton in Entwässerungsanlagen nach ZTV-ING, Beton- und Stahlbetonbau 118 (2023), Heft 3, S. 192-200 [26] DIN EN 12620: 2008-07 Gesteinskörnungen für Beton [27] DIN EN 13055-1: 2002-08 Leichte Gesteinskörnungen - Teil 1: Leichte Gesteinskörnungen für Beton, Mörtel und Einpressmörtel [28] DIN EN 1367-6: 2008-12 Prüfverfahren für thermische Eigenschaften und Verwitterungsbeständigkeit von Gesteinskörnungen - Teil 6: Beständigkeit gegen Frost-Tau-Wechsel in der Gegenwart von Salz (NaCl) [29] DIN V 18004: 2004-04 Anwendungen von Bauprodukten in Bauwerken - Prüfverfahren für Gesteinskörnungen nach DIN V 20000-103 und DIN V 20000-104 (zurückgezogen, ersetzt durch [30] [30] DIN/ TS 18004: 2022-10 Anwendungen von Bauprodukten in Bauwerken - Prüfverfahren für Gesteinskörnungen für Beton nach DIN 1045-2 [31] Breit, W.; Adams, R.; Tavasoli, S.: Ressourcenschonender Beton (R-Beton) in Brückenbauwerken: Machbarkeitsstudie und notwendige Verfahren zur Sicherstellung der Betonqualität, Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), FE 15.0696/ 2021/ DRB, 2024 [32] Bundesministerium für Digitales und Verkehr: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING), 2023- 12
