Brückenkolloquium
kbr
2510-7895
expert verlag Tübingen
0925
2024
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Verstärkung der Stahl-/Spannbetonbrücke „Kleine Schönbuschallee“ in Aschaffenburg mit Carbonbeton
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2024
Juliane Wagner
Alexander Schumann
Sebastian May
Ralph-Peter Rellig
Im Sommer 2023 wurde die Fuß- und Radwegbrücke über die „Kleine Schönbuschallee“ in Aschaffenburg instandgesetzt und mit Carbonbeton verstärkt. Die Instandsetzung war nötig, da infolge einer mangelhaften Abdichtung der Überbau Schäden infolge von Chloridbelastung aufwies. Aufgrund eines neuen Geländers sowie einer Nichtberücksichtigung der Holmlast in der Ursprungsstatik wies das Bauwerk des Weiteren Defizite bei der Querbiegetragfähigkeit auf, welche mittels Carbonbetonverstärkung behoben wurden. Die Verstärkung erfolgte mit einer zweilagigen Carbonbetonschicht auf der Brückenoberseite. Die erste Carbongitterlage dient dabei der Querbiegeverstärkung. Die zweite Carbongitterlage wurde orthogonal zur ersten Lage eingebaut und dient rein konstruktiv der Erhöhung der Dauerhaftigkeit des Bauwerkes. Die Betonschichtstärken und die Betondeckung für die Carbongitter betragen jeweils 5 mm, sodass sich eine Gesamtschichtdicke von 15 mm ergibt. Die Brückengesimse wurden konstruktiv zur Erhöhung der Dauerhaftigkeit mit einer Lage Carbongitterbewehrung versehen.
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6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 325 Verstärkung der Stahl-/ Spannbetonbrücke „Kleine Schönbuschallee“ in Aschaffenburg mit Carbonbeton Dr.-Ing. Juliane Wagner CARBOCON GMBH, Dresden Prof. Dr.-Ing. Alexander Schumann CARBOCON GMBH / IU Internationale Hochschule, Dresden Dr.-Ing. Sebastian May CARBOCON GMBH, Dresden Ralph-Peter Rellig, B. Sc. Rellig Ingenieure GmbH, Bad Kissingen Zusammenfassung Im Sommer 2023 wurde die Fuß- und Radwegbrücke über die „Kleine Schönbuschallee“ in Aschaffenburg instandgesetzt und mit Carbonbeton verstärkt. Die Instandsetzung war nötig, da infolge einer mangelhaften Abdichtung der Überbau Schäden infolge von Chloridbelastung aufwies. Aufgrund eines neuen Geländers sowie einer Nichtberücksichtigung der Holmlast in der Ursprungsstatik wies das Bauwerk des Weiteren Defizite bei der Querbiegetragfähigkeit auf, welche mittels Carbonbetonverstärkung behoben wurden. Die Verstärkung erfolgte mit einer zweilagigen Carbonbetonschicht auf der Brückenoberseite. Die erste Carbongitterlage dient dabei der Querbiegeverstärkung. Die zweite Carbongitterlage wurde orthogonal zur ersten Lage eingebaut und dient rein konstruktiv der Erhöhung der Dauerhaftigkeit des Bauwerkes. Die Betonschichtstärken und die Betondeckung für die Carbongitter betragen jeweils 5 mm, sodass sich eine Gesamtschichtdicke von 15 mm ergibt. Die Brückengesimse wurden konstruktiv zur Erhöhung der Dauerhaftigkeit mit einer Lage Carbongitterbewehrung versehen. 1. Einleitung und Hintergrund Die im 18. Jahrhundert in Aschaffenburg angelegte „Kleine Schönbuschallee“ dient als geradlinig verlaufender Promenadenweg zwischen dem Schloss Johannisburg und dem heutigen Landschaftspark Schönbusch. Die Allee ist von historischer, landschaftsprägender und städtebaulicher Bedeutung und ist in die Bayerische Denkmalliste eingetragen. Mit Bau der Ringstraße im Jahr 1970 wurde der Promenadenweg durchtrennt. Die zu diesem Zeitpunkt gebaute Fußgängerbrücke „Kleine Schönbuschallee“ verbindet die beiden Wegabschnitte. Abb. 1: Brückenlängsschnitt (Zeichnung: Rellig Ingenieure) Das Haupttragwerk der Brücke bildet ein Zweigelenkbogen mit einer Gesamtstützweite von 69,0- m (siehe Abb. 1). An dem Bogen sind beidseitig Schleppträger monolithisch angeschlossen. Der Bogenquerschnitt ist im Bereich der Gehwegplatte als Hohlkasten ausgebildet und löst sich in Richtung Kämpfer in zwei Bogenbalken auf, an denen vorgespannte Zugbänder anschließen. Beide Schleppträger sind jeweils als 2-stegige, längs vorgespannte Plattenbalken über zwei Felder mit Stützweiten von 12,5-m und 16,5-m konzipiert. Die Brücke wurde seinerzeit als reine Betonbrücke ohne Abdichtung oder Oberflächenschutzsystem errichtet und mit 95 cm hohen Füllstabgeländern auf einer 10 cm hohen Auf kantung ausgestattet (vgl. Abb. 2). Da in den frühen Jahren der Nutzung bereits Betonschäden an der Oberseite der Gehwegplatte infolge von Tausalzeinsatz zu Tage traten, entschied sich die Stadt Aschaffenburg als Bauherr im Jahr 1983 zu einer Betoninstandsetzung und dem Einbau eines Dünnbelags auf Teer-Epoxidharz-Polyurethan-Basis. 326 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Verstärkung der Stahl-/ Spannbetonbrücke „Kleine Schönbuschallee“ in Aschaffenburg mit Carbonbeton Abb. 2: Gehwegplatte im Bogenscheitel vor der Sanierung (Foto: Rellig Ingenieure) Durch die höhengleiche Reprofilierung und Beschichtung konnte das Problem der zu geringen Betondeckung nicht dauerhaft gelöst werden. Immer wieder kam es zu Abplatzungen an den Stellen mit zu geringer Betondeckung, die allenfalls kurzerhand mit instandgesetzt werden konnten. Infolge der wiederholten Feststellungen bei turnusmäßigen Bauwerksprüfungen sah sich das Tief bauamt der Stadt Aschaffenburg zu einer Instandsetzung veranlasst, damit eine weitere Nutzung der Brücke von 25 Jahren erzielt werden kann. Wesentliche Befunde waren der Verschleiß des Dünnbettbelags sowie lokale chloridinduzierte Betonschäden sowie die zu geringe Geländerhöhe von 1,05 m, so dass das Bauwerk offiziell für den Radverkehr gesperrt wurde. 2. Planung 2.1 Vorplanung und Bestandsanalyse Bei Überprüfung der Bestandsunterlagen wurde offensichtlich, dass das Bauwerk statisch ausgereizt ist und kaum Reserven für zusätzliche Lasten bietet. Beispielsweise wird dies an der Konstruktionshöhe des Hohlkastens im Bogenscheitel von lediglich 75-cm bei einer Breite von 80-cm und 1,70 m langen Kragplatten deutlich (siehe Abb. 3). Abb. 3: Querschnitt im Brückenscheitel (Zeichnung: Rellig Ingenieure) Als weiteres Problem stellte sich heraus, dass bei Bemessung der Kragarme nur die vertikalen Verkehrslasten von 5,0 kN/ m², nicht jedoch die Holmlast von 0,8-kN/ m nach der beim Bau geltenden DIN 1072 [1] angesetzt wurden. Die Betondeckung am Überbau beträgt planmäßig nur 3,0 cm. Tatsächlich liegt die Betondeckung der oben liegenden Querbewehrung der Gehwegplatte über den Kragarmanschnitten bei durchschnittlich 4,9 cm (Schwankungsbreite zwischen 1,0 bis 9,9-cm), was sich einerseits als positiv im Hinblick auf Bewehrungskorrosion erweist, andererseits aber den Hebelarm reduziert. Ein erster Entwurf für eine Bauwerksinstandsetzung sah eine (herkömmliche) Betoninstandsetzung mit teilweiser Erneuerung auf Grundlage von PCC-Mörtel, eine flächige Beschichtung mit OS 10 sowie die Beibehaltung des Geländers mit Ergänzung eines zweiten Geländers vor. Zwischenzeitlich wurde auch ein Ersatzneubau als Unterführung sowie als Stabbogenbrücke untersucht, jedoch aus Kostengründen, angesichts zahlreicher unterirdischer Versorgungsleitungen, der Schwere des Eingriffs in den Verkehrsraum und den Baumbestand der denkmalgeschützten Allee verworfen. Die Instandsetzung wurde daher weiterverfolgt: Wesentliche Vorgabe des Bauherrn war die Erneuerung der Geländer mit 1,30 m Höhe. Auf das neue Geländer sind die erhöhten, nach DIN EN 1991-2 [2] geltenden Holmlasten von 1,0 kN/ m entsprechend anzusetzen. Aufgrund der stellenweise hohen Chloridgehalte an der Überbauoberseite, den zumindest lokal zu erwartenden Querschnittsminderungen der Bewehrung und der nicht berücksichtigen Holmlast war eine Querbiegeverstärkung des Bauwerks erforderlich. Ein mit Betonstahl bewehrter Auf beton mit einer Mindestdicke von schätzungsweise 8-cm schied bereits wegen des Gewichts von vornherein aus, ebenso ein flächiges, tiefgreifendes Ausräumen des chloridbelasteten Altbetons mit Einbau eines Auf betons mittels gezielten Ersatzes bzw. Ergänzung der Bewehrung. Das Aufkleben bzw. Einschlitzen von CFK-Lamellen hätte das Problem der lokalen Minderdeckungen nicht lösen können, zudem war die Dauerhaftigkeit des Verbunds unter der verschleißbeanspruchten Beschichtung über eine Dauer von 25 Jahren in Frage zu stellen. Ziel der Planung war es, die Abtragsquerschnitte infolge chloridinduzierter Bewehrungskorrosion durch eine Potentialfeldmessung und Messung des Chloridgehalts zu identifizieren und die Betoninstandsetzung auf Hotspots zu beschränken, um größere Steifigkeitsverluste und Spannungsüberschreitungen infolge bauzeitlicher Querschnittsschwächungen zu vermeiden. 2.2 Verstärkung mit Carbonbeton Als technische und wirtschaftliche Alternative kristallisierte sich eine Querbiegeverstärkung mit Carbonbeton in Anlehnung an die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) bzw. allgemeine Bauartgenehmigung (aBG, nachfolgend wird vereinfacht nur noch von abZ gesprochen) CARBOrefit® [3] heraus. Offenkundige Vorteile des Carbonbetons waren neben der Erhöhung der Querbiegetragfähigkeit bei minimalen Auftragsdicken und akzeptabler Erhöhung der ständigen Lasten um 10-% die flächige Er- 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 327 Verstärkung der Stahl-/ Spannbetonbrücke „Kleine Schönbuschallee“ in Aschaffenburg mit Carbonbeton höhung der Betondeckung, ein feines Rissbild mit Rissbreiten < 0,1-mm und die Verbesserung der Dichtigkeit als Rückfallebene bei eventuellen, mittelfristigen Schäden am Belag. Das CARBOrefit®-Verfahren [3] setzte sich dabei erfolgreich u. a. bei der denkmalgeschützten Thainburgbrücke in Naumburg (Saale) [4], [5] oder der Autobahnbrücke über die Nidda 0 durch. Die weitere Feuchtigkeitszufuhr in den Altbeton sollte durch den Carbonbeton in Kombination mit dem Oberflächenschutzsystem unterbrochen bzw. abgeschlossen werden. Durch ein allmähliches Austrocknen des Altbetons können die restlichen Chloride im Brückenquerschnitt verbleiben und der bisherige Korrosionsprozesse kann zum Erliegen gebracht werden. Gemäß statischer Berechnung war in Brückenquerrichtung eine 1-lagige Bewehrung mit dem axial abtragenden Carbongitter vom Typ 3 der abZ [3] mit einer für den Außenbereich geeigneten, temperaturbeständigen Polyacrylat-Tränkung ausreichend (siehe Abs. 3). In Abb. 4 ist das Carbongitter der Regelausführung CARBOrefit®- Typ 3 dargestellt. Die Kettrichtung ist dabei die Haupttragrichtung, welche nach [3] statisch angesetzt werden darf; weitere Informationen sind in [3], [7] und [8] gegeben. Abb. 4: Carbongitter Regelausführung CARBOrefit®- Typ 3 (Foto: CARBOCON) Aus konstruktiven Gründen wurde eine 2.-Lage mit Kettrichtung in Brückenlängsrichtung angesetzt, so dass sich eine planerische Mindestdicke des Carbonbetons von 15 mm ergab. Auf die Gesimsaufkantung wurde zum Erhöhen der Betondeckung und zum Verbessern der Dichtigkeit lediglich ein 1-lagiges, vorgeformtes Gitter als konstruktive Bewehrung aufgesetzt. Im Vorfeld konnte durch Bauwerksuntersuchungen eine ausreichend hohe Oberflächenzugfestigkeit des Altbetons von 4,4-N/ mm² im Mittelwert zum Verstärken mit Carbonbeton nachgewiesen werden; nach abZ [3] muss der Erwartungswert des Mittelwertes der Oberflächenzugfestigkeit 𝑓 ctm,surf mindestens 1,0 N/ mm² betragen. Da jedoch wesentliche Bedingungen aus der abZ [3] (Innenbauteil, max. relative Luftfeuchtigkeit von 65 %, keine Durchfeuchtung, keine Frost-Tau-Wechsel, keine Chloridexposition) nicht eingehalten werden konnten, wurde im Hinblick auf die Erlangung der Zustimmung im Einzelfall (ZiE) / vorhabenbezogen Bauartgenehmigung (vBG) die Genehmigungsabteilung der CARBOCON GMBH als Gutachter eingeschaltet. 3. Gutachterliche Begleitung der Zustimmung im Einzelfall / vorhabenbezogene Bauartgenehmigung In Deutschland dürfen Bauwerke seit 2014 mit einer abZ/ aBG verstärkt werden. Seit 2021 läuft die Zulassung unter der Bezeichnung CARBOrefit®. In den letzten Jahren wurde die Zulassung dabei kontinuierlich erweitert und u. a. neue Materialien mit besseren Eigenschaften aufgenommen (vgl. [3], [8]). Zum Zeitpunkt der Instandsetzungsplanung und der Bauausführung lag das Bauprojekt mit den speziellen Anforderungen außerhalb des Verwendungsbereiches der CARBOrefit®-Zulassung. Im hier vorliegenden Bauvorhaben wurde vom Anwendungsbereich der abZ insbesondere im Punkt Innenbereich abgewichen, da die Fußgängerbrücke kein Innen-, sondern ein Außenbauteil mit den sich daraus ergebenden Anforderungen und Expositionen (z. B. Temperatureinwirkungen > 40 °C, Feuchtigkeits- und Chlorideinwirkung) ist. Aus diesem Grund musste für das Bauvorhaben eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) bzw. eine vorhabenbezogene Bauartgenehmigung (vBG) erlangt werden. Die Koordination der ZiE und das zur Erteilung erforderliche Gutachten wurden von der Genehmigungsabteilung der CARBOCON GMBH übernommen. Zu erwähnen ist, dass der ZiE-Prozess ohne zusätzliche experimentelle Versuche auskam. Stattdessen konnte auf bereits vorliegende Ergebnisse und Erkenntnisse zum Verstärken und Instandsetzen mit Carbonbeton (z. B. Dauerstandverhalten bis 60 °C (vgl. [10]), Einfluss von Feuchtigkeit, Temperatur und Chlorideinwirkungen auf die Tragfähigkeit) aus Praxisprojekten und Forschungsvorhaben zurückgegriffen werden. Somit konnte der zeitliche und monetäre Aufwand der ZiE/ vBG auf ein Minimum reduziert werden. 4. Bauausführung Die Instandsetzungsmaßnahmen wurden von der LEON- HARD WEISS GmbH & Co. KG (Bauwerks-Instandsetzung und Gussasphalt; Niederlassung Langen (Rhein- Main)) wie geplant umgesetzt. Die Bauausführung der Carbonbetonverstärkung erfolgte dabei - wie in der ZiE/ vBG gefordert - in Anlehnung an die abZ [3] lagenweise im Spritzverfahren. Hierzu wurde vor Beginn der Ausführungsarbeiten die ausführende Firma entsprechend [11] geschult und geprüft. 328 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Verstärkung der Stahl-/ Spannbetonbrücke „Kleine Schönbuschallee“ in Aschaffenburg mit Carbonbeton Bei der Potentialfeldmessung zu Beginn der Ausführungsarbeiten und der begleitenden Messungen des Chloridgehalts zeigten sich moderate Schäden, die im Wesentlichen dem sichtbaren Schadensbild entsprachen und auf zu geringe Betondeckung zurückzuführen waren. Das Stellen eines Trag- und Arbeitsgerüstes erfolgte unterhalb und seitlich der Brücke (siehe Abb. 5). Da der Straßenverkehr unterhalb der Brücke weitestgehend uneingeschränkt stattfinden musste, wurden am Gerüst Schutzfolien angebracht. Mittels Hochdruckwasserstrahlen wurden die Betonflächen vorbereitet und alle losen Betonteile abgetragen sowie Schadstellen freigelegt. Anschließend konnten die maßgeblichen Instandsetzungsmaßnahmen begonnen werden. Abb. 5: Brücke während der Instandsetzung (Foto: LEONHARD WEISS) Zunächst wurden lokale Betonschadstellen mit einem herkömmlichen Instandsetzungsmörtel/ -beton instandgesetzt und erforderliche Bereiche egalisiert. Die Rautiefe der Altbetonoberfläche wurde mittels Sandflächenverfahren [12] kontrolliert, siehe Abb. 6. Abb. 6: Messen der Rautiefe der Altbetonoberfläche (Foto: CARBOCON) Die Verstärkung auf der Brückenoberseite zur Behebung des Querbiegedefizites erfolgte mit der ersten Carbongitterlage (Mattenbewehrung in Abb. 7) in Querrichtung. Die zweite Carbongitterlage (Rollenbewehrung/ -ware in Abb. 8) wurde orthogonal zur ersten Lage eingebaut und diente ausschließlich zur Erhöhung der Dauerhaftigkeit des Bauwerkes. Die Betonschichtstärken und die Betondeckung für die Carbongitter betrugen je 5 mm, sodass eine Gesamtschichtdicke von 15 mm angebracht wurde. Die Brückengesimse wurden ebenso konstruktiv zur Erhöhung der Dauerhaftigkeit mit einer Lage Carbongitterbewehrung versehen (10 mm Gesamtschichtdicke). Da die Ausführungsarbeiten der ersten und zweiten Carbonbetonschicht nicht an einem Tag bzw. frisch-in-frisch durchgeführt werden konnten, wurde die erste Schicht mit einem Besenstrich abgezogen, vgl. Abb. 9. Abb. 7: Verstärkung 1. Lage in Brückenquerrichtung mit Mattenbewehrung (Foto: CARBOCON) Abb. 8: Sanierung 2. Lage in Brückenlängsrichtung mit Rollenbewehrung (Foto: CARBOCON) Abb. 9: Nachbehandlung der Frischbetonflächen (Foto: CARBOCON) Der fertige Carbonbeton wurde mittels Besenstrich abgezogen und anschließend kugelgestrahlt bzw. mit festen Strahlmitteln gestrahlt. Anschließend wurde ein Beschichtungssystem OS-10 nach TR-IH [13] aufgetragen. Die erforderlichen Haftzugwerte von 1,5-N/ mm² hierfür konnten eingehalten werden. Begleitend bzw. anschließend an die Ausführung wurden entsprechend der abZ bzw. ZiE kleinteilige Prüfungen (z. B. Haftzugprüfungen an den verstärkten Flächen, Verbundprüfungen am Carbongitter im Instandsetzungsbeton) zum Nachweis der Qualität der Ausführungsarbeiten durchgeführt. Diese Prüfungen konnten abschließend das Verstärkungsverfahren für die Maßnahme bestätigen, weshalb die Brückenfreigabe am 30.10.2023 erfolgte, siehe Abb. 10 und Abb. 11. 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 329 Verstärkung der Stahl-/ Spannbetonbrücke „Kleine Schönbuschallee“ in Aschaffenburg mit Carbonbeton Abb. 10: Brückenoberseite nach Instandsetzung bei Nacht (Foto: Uwe Winkler, Tiefbauamt Stadt Aschaffenburg) 5. Zusammenfassung Bestehende Bauwerke zu erhalten, stellt einer der Schlüsselfaktoren zur Erreichung der Klimaziele dar. Neben den ökologischen Aspekten können durch den Erhalt anstelle eines Ersatzneubaus wertvolle Infrastrukturbauwerke bewahrt und für zukünftige Generationen erhalten werden. Als ein anschauliches Beispiel dient die Instandsetzung der Fußgängerbrücke „Kleine Schönbuschallee“ in Aschaffenburg. Durch den Einsatz des Verbundwerkstoffs Carbonbeton konnte das bestehende Bauwerk erhalten bleiben. Für den Erhalt der Brücke und die Wiederherstellung der Tragfähigkeit Abb. 11: Instandgesetztes Brückenbauwerk bei Nacht (Foto: Uwe Winkler, Tief bauamt Stadt Aschaffenburg) und Dauerhaftigkeit reichten 15 mm an Gesamtverstärkungsdicke auf der Oberseite und 10 mm am Brückengesims aus. Dadurch, dass nur wenige millimeterdünne Schichten aufgetragen wurden, konnte ebenso das elegante Erscheinungsbild der Fußgängerbrücke bestehen bleiben, siehe auch [14]. Anhand des vorliegenden Beitrags und des Praxisprojektes konnte das Potential des Werkstoffes Carbonbeton im Bereich des Bauens im Bestand und der Erhaltung von bestehenden Bauwerken gezeigt werden. Die moderaten Baukosten von knapp über 800 TEUR (netto) lagen im Rahmen der Stadt Aschaffenburg für eine planmäßige Restnutzungsdauer von 25-Jahren. Das Verstärken mit Carbonbeton konnte sowohl im Planungsprozess als auch während der Ausführung mit technischen und wirtschaftlichen Vorteilen gegenüber konventionellen Maßnahmen überzeugen. 6. Danksagung An dieser Stelle möchten wir uns stellvertretend für das gesamte Team noch einmal bei allen am Projekt Beteiligten für die gute und partnerschaftliche Zusammenarbeit bedanken. Dabei möchten wir uns speziell bei Frau Haller von der Stadt Aschaffenburg für das Engagement zum Erhalt und Sanieren des Bauwerks sowie bei der ausführenden Firma LEONHARD WEISS GmbH & Co. KG bedanken. Literatur [1 ] DIN 1072: 1985-12, Straßen- und Wegbrücken; Lastannahmen [zurückgezogen]. [2] DIN EN 1991-2: 2010-12: Eurocode- 1: Einwirkungen auf Tragwerke- - Teil- 2: Verkehrslasten auf 330 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Verstärkung der Stahl-/ Spannbetonbrücke „Kleine Schönbuschallee“ in Aschaffenburg mit Carbonbeton Brücken; Deutsche Fassung EN- 1991-2: 2003- + AC: 2010. [3] Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung/ Allgemeine Bauartgenehmigung Z-31.10-182 CARBOrefit® - Verfahren zur Verstärkung von Stahlbeton mit Carbonbeton, Stand: 05.07.2024. [4] May, S.; Schumann, A.; Bochmann, J.; Michler, H.; Geißler, J.; Kniebel, F.; Thorwirth, F.: CARBON- BETON ZUR RETTUNG VOR DEM ABRISS die Instandsetzung der historischen Thainburgbrücke in Naumburg (Saale). Ingenieurbaukunst 2024 Made in Germany, Ernst&Sohn. [5] Schumann, A.; May, S.; Kniebel, F.; Geißler, J.; Thorwirth, F.: Erhalt einer der ersten „Eisenbeton“- Brücken Deutschlands dank Carbonbeton! , 5. Brückenkolloquium Fach-tagung für Beurteilung, Planung, Bau, Instandhaltung und Betrieb von Brücken, Sept. 2022, Esslingen. [6] Steinbock, O.; Bösche, T.; Schumann, A.: Carbonbeton - Eine neue Verstärkungsmethode für Massivbrücken: Teil 2: Carbonbeton im Brückenbau und Informationen zur Zustimmung im Einzelfall für das Pilotprojekt „Brücken über die Nidda im Zuge der BAB A 648“, Januar 2021, Beton- und Stahlbetonbau-116(1), DOI: -10.1002/ best.202000106 [7] May, M.; Schumann, A.; von Daake, H.: Sanieren und Verstärken mit Carbonbeton -Materialkennwerte und Anwendungsgebiete des CARBOrefit ® -Verfahrens, Dezember 2023, ce/ papers- 6(6), DOI: -10.1002/ cepa.2856 [8] May, M.; Schumann, A.; May, S.: The new approval for the sustainable strengthening of existing structures with carbon reinforced concrete, May 2022, Civil Engineering Design- 4 (1-3), DOI: 10.1002/ cend.202100052 [9] Homepage CARBOrefit® (überprüft am 11.07.2024): Verstärken mit Carbonbeton | CAR- BOrefit® [10] Ehlig, D.; Schumann, A.; Nietner, L.: High-Temperature Behavior of Carbon Reinforced Concrete, Januar 2024, Buildings- 14(2): 364, DOI: 10.3390/ buildings14020364 [11] DIBt - Deutsches Institut für Bautechnik: Grundsätze für den Eignungsnachweis zur Ausführung von Arbeiten zur Verstärkung von Betonbauteilen mit Carbonbeton nach den gültigen allgemeinen Bauartgenehmigungen, Stand: 9. Mai 2022. [12] Kaufmann, N.: Das Sandflächenverfahren. Ein einfaches Verfahren zur Messung und Beurteilung der Textur von Fahrbahnoberflächen. Straßenbau-Technik (1971) H. 3, S. 131-135. [13] DIBt - Deutsches Institut für Bautechnik: Technische Regel Instandhaltung von Betonbauwerken (TR Instandhaltung), Stand: Mai 2020. [14] Schumann, A.; May, M.; Senckpiel-Peters, T.: Aktueller Überblick bei der Verwendung von nichtmetallischer Bewehrung im Neubau und beim Bauen im Bestand, Februar 2024, Conference: 15. Fachtagung Baustatik - Baupraxis, At: 4.-5. März 2024, Hamburg.
