eJournals Brückenkolloquium 6/1

Brückenkolloquium
kbr
2510-7895
expert verlag Tübingen
0925
2024
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Bauwerksmonitoring im Zuge des Ersatzneubaus einer Straßenbrücke in Brandenburg an der Havel

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2024
Ronald Stein
Felix Kaplan
Till Brauer
Das Bauwerk 19.04 in Brandenburg überführt die Bundesstraße B1 am Ortsausgang von Brandenburg a. d. H. über Gleisanlagen der DB. Es handelt es sich um 2 getrennte, parallel liegende, schiefe Einfeldträgerbrücken, die jeweils aus 2 Stahlhohlkästen und orthotroper Fahrbahnplatte bestehen. Das Baujahr der Brücke ist 1971. Im Jahr 2017 wurden bei der Bauwerksprüfung Korrosionsschäden mit massivem Querschnittsverlust an den Hauptträgern und Ermüdungsrisse an der orthotropen Fahrbahnplatte festgestellt. Zusätzlich zeigte es sich, dass die Widerlager relativ starke Verkippungen aufweisen, so dass die Rollenlager das Ende ihrer Verschiebungswege erreichen. Zur Aufrechterhaltung des Verkehrs auf dieser wichtigen Verbindung wurden als kompensierende Maßnahmen eine Einschränkung des Verkehrs auf 2 von 4 Fahrspuren, eine Sperrung für genehmigungspflichtigen Schwerverkehr, eine jährliche Sonderprüfung und ein permanentes Bauwerksmonitoring umgesetzt. Die Monitoringanlage erfasst seit Ende 2018 die Beanspruchungen an den 4 Hauptträgern und der orthotropen Fahrbahnplatte, die Verschiebungen der Lager, Bauwerksschwingungen, Bauwerkstemperaturen und Verkehrseinwirkungen. Auf Basis der umfangreichen Daten, die auf diese Weise gewonnen wurden, konnte die Tragfähigkeit und Ermüdungssicherheit des stark geschädigten Bauwerks realitätsnah bewertet und der Verkehr gewährleistet werden. Ab Ende 2023 erfolgt der vollständige Ersatzneubau unter Aufrechterhaltung des Straßen- und Bahnverkehrs. Besondere Herausforderungen bestehen in der geringen Bauhöhe, einem Kreuzungswinkel von ca. 45° und einem FFH-Schutzgebiet unmittelbar neben der Brücke. In der ersten Bauphase 2024/25 wird der stärker geschädigte westliche Überbau und das Widerlager halbseitig abgebrochen und der Ersatzneu errichtet. In dieser Phase wird der Verkehr wieder 2-spurig über den östlichen Überbau geführt, wofür Ertüchtigungen am Überbau und den Lagern notwendig wurden. Zur Herstellung der Baugruben werden aufwendige Verbaumaßnahmen durchgeführt, die auch in das Widerlager des befahrenen Überbaues eingreifen und die Tragfähigkeit reduzieren. Aufgrund der guten Erfahrungen mit dem am Bauwerk installierten Monitoringsystem wurde entschieden, dieses auch in der Phase der Ersatzneubaues weiter zu betreiben und im Bereich des östlichen Teilbauwerks um weitere Sensorik zu ergänzen. Ende 2023 wurden zusätzliche Sensoren zur Erfassung der Beanspruchungen und Verkehrseinwirkungen im östlichen Überbau sowie Laserdistanzsensoren und Neigungssensoren zur Messung der Widerlagerbewegungen installiert. Mit diesem System werden die Auswirkungen der laufenden Baumaßnahme, z. B. beim Ausheben des westlichen Überbaues, beim Bohren von Pfählen durch die Widerlagerwände, beim Spannen von Rückverankerungen, beim Einrütteln von Pfählen usw. auf das bestehende geschädigte Bauwerk beobachtet. Es wurden Grenzwerte für Bauwerksverformungen definiert, bei deren Überschreiten Maßnahmen zur Sicherstellung der Sicherheit und Verfügbarkeit des Brückenbauwerks eingeleitet werden müssen. Das System dient der Unterstützung der örtlichen Bauüberwachung und der weiter fortgeführten Bauwerksprüfung. Im Beitrag werden die Funktion und die ersten Ergebnisse des baubegleitendend eingesetzten Monitoringsystems vorgestellt. Die Erfahrungen und Erkenntnisse, die dabei gewonnen wurden, werden aus der Perspektive des Baulastträgers und des Tragwerksplaners diskutiert und daraus Empfehlungen für vergleichbare Einsatzszenarien abgeleitet.
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6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 351 Bauwerksmonitoring im Zuge des Ersatzneubaus einer Straßenbrücke in Brandenburg an der Havel BW 19.04: Bundesstraße B1, UF-Gleisanlagen der DB Dipl.-Ing. Ronald Stein GMG Ingenieurgesellschaft Dresden Felix Kaplan Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg, Sachgebiet Bauwerksbewertung, Hoppegarten Till Brauer Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg, Sachgebiet Bauwerksbewertung, Potsdam Zusammenfassung Das Bauwerk 19.04 in Brandenburg überführt die Bundesstraße B1 am Ortsausgang von Brandenburg a. d. H. über Gleisanlagen der DB. Es handelt es sich um 2 getrennte, parallel liegende, schiefe Einfeldträgerbrücken, die jeweils aus 2 Stahlhohlkästen und orthotroper Fahrbahnplatte bestehen. Das Baujahr der Brücke ist 1971. Im Jahr 2017 wurden bei der Bauwerksprüfung Korrosionsschäden mit massivem Querschnittsverlust an den Hauptträgern und Ermüdungsrisse an der orthotropen Fahrbahnplatte festgestellt. Zusätzlich zeigte es sich, dass die Widerlager relativ starke Verkippungen aufweisen, so dass die Rollenlager das Ende ihrer Verschiebungswege erreichen. Zur Aufrechterhaltung des Verkehrs auf dieser wichtigen Verbindung wurden als kompensierende Maßnahmen eine Einschränkung des Verkehrs auf 2 von 4 Fahrspuren, eine Sperrung für genehmigungspflichtigen Schwerverkehr, eine jährliche Sonderprüfung und ein permanentes Bauwerksmonitoring umgesetzt. Die Monitoringanlage erfasst seit Ende 2018 die Beanspruchungen an den 4 Hauptträgern und der orthotropen Fahrbahnplatte, die Verschiebungen der Lager, Bauwerksschwingungen, Bauwerkstemperaturen und Verkehrseinwirkungen. Auf Basis der umfangreichen Daten, die auf diese Weise gewonnen wurden, konnte die Tragfähigkeit und Ermüdungssicherheit des stark geschädigten Bauwerks realitätsnah bewertet und der Verkehr gewährleistet werden. Ab Ende 2023 erfolgt der vollständige Ersatzneubau unter Aufrechterhaltung des Straßen- und Bahnverkehrs. Besondere Herausforderungen bestehen in der geringen Bauhöhe, einem Kreuzungswinkel von ca. 45° und einem FFH-Schutzgebiet unmittelbar neben der Brücke. In der ersten Bauphase 2024/ 25 wird der stärker geschädigte westliche Überbau und das Widerlager halbseitig abgebrochen und der Ersatzneu errichtet. In dieser Phase wird der Verkehr wieder 2-spurig über den östlichen Überbau geführt, wofür Ertüchtigungen am Überbau und den Lagern notwendig wurden. Zur Herstellung der Baugruben werden aufwendige Verbaumaßnahmen durchgeführt, die auch in das Widerlager des befahrenen Überbaues eingreifen und die Tragfähigkeit reduzieren. Aufgrund der guten Erfahrungen mit dem am Bauwerk installierten Monitoringsystem wurde entschieden, dieses auch in der Phase der Ersatzneubaues weiter zu betreiben und im Bereich des östlichen Teilbauwerks um weitere Sensorik zu ergänzen. Ende 2023 wurden zusätzliche Sensoren zur Erfassung der Beanspruchungen und Verkehrseinwirkungen im östlichen Überbau sowie Laserdistanzsensoren und Neigungssensoren zur Messung der Widerlagerbewegungen installiert. Mit diesem System werden die Auswirkungen der laufenden Baumaßnahme, z. B. beim Ausheben des westlichen Überbaues, beim Bohren von Pfählen durch die Widerlagerwände, beim Spannen von Rückverankerungen, beim Einrütteln von Pfählen usw. auf das bestehende geschädigte Bauwerk beobachtet. Es wurden Grenzwerte für Bauwerksverformungen definiert, bei deren Überschreiten Maßnahmen zur Sicherstellung der Sicherheit und Verfügbarkeit des Brückenbauwerks eingeleitet werden müssen. Das System dient der Unterstützung der örtlichen Bauüberwachung und der weiter fortgeführten Bauwerksprüfung. Im Beitrag werden die Funktion und die ersten Ergebnisse des baubegleitendend eingesetzten Monitoringsystems vorgestellt. Die Erfahrungen und Erkenntnisse, die dabei gewonnen wurden, werden aus der Perspektive des Baulastträgers und des Tragwerksplaners diskutiert und daraus Empfehlungen für vergleichbare Einsatzszenarien abgeleitet. 352 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Bauwerksmonitoring im Zuge des Ersatzneubaus einer Straßenbrücke in Brandenburg an der Havel 1. Bauwerk 19.04 in Brandenburg 1.1 Tragwerk Bei den beiden Teilbauwerken (TBW1: westlich, RiFa Potsdam, TBW2: östlich, RiFa Brandenburg) des Bauwerks 19.04 in Brandenburg an der Havel handelt es sich um 2 Balkenbrücken aus Baustahl mit Stützweiten von ca. 47 m auf massiven Widerlagern. Der Kreuzungswinkel zu den Bahngleisen beträgt ca. 45°. Im Grundriss sind die Überbauten leicht gekrümmt. Im Querschnitt bestehen die Überbauten jeweils aus 2 getrennten Hohlkästen mit einer Höhe von ca. 1,70 m. Der Querträgerabstand beträgt ca. 2,40 m. Die Längssteifen der orthotropen Fahrbahnplatte sind als Trapezhohlsteifen ausgeführt. Das Fahrbahnblech hat eine Stärke von nur 10 mm. Das Bauwerk wurde 1971 erbaut und für die Brückenklasse 60/ 30 bemessen. Es wurde Baustahl St37 und St52 verwendet. Abb. 1: Längsschnitt Abb. 2: Querschnitt (beide Überbauten) Abb. 3: Ansicht Brücke BW 19.04 in Brandenburg 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 353 Bauwerksmonitoring im Zuge des Ersatzneubaus einer Straßenbrücke in Brandenburg an der Havel Beide Überbauten überführen je 2 Fahrspuren der Bundesstraße B1 am südöstlichen Stadtrand von Brandenburg a. d. Havel über Bahngleise. Das Bauwerk 19.04 ist für die verkehrstechnische Anbindung der Stadt Brandenburg in Richtung Potsdam und Berlin von höchster Bedeutung, leistungsfähige Umfahrungsmöglichkeiten bestehen nicht. 1.2 Bauwerkszustand Nach dem Übergang der Zuständigkeit für die Baulastträgerschaft auf den Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg im Jahr 2017 wurde bei der Bauwerksprüfung festgestellt, dass insbesondere im äußeren Hohlkasten des TBW1 die Entwässerung defekt und der Hohlkasten bis zu einer Höhe von 10-15 cm mit Wasser gefüllt war. Infolgedessen war es zu Korrosionsschäden mit massivem Querschnittsverlust an den Hauptträgern gekommen. Vollständige Durchrostungen des Hohlkasten-Bodenblechs waren noch nicht eingetreten, von außen war der desaströse Zustand im Inneren der Hohlkästen nicht zu erkennen. Abb. 4: Korrosionsschäden infolge defekter Innenentwässerung im Hohlkasten Im Zuge der weiteren Prüfung wurden außerdem Schweißnahtrisse an der orthotropen Fahrbahnplatte, (Kehlnaht zwischen Fahrbahnblech und Trapezhohlsteife) und eine starke Schiefstellung der Rollenlager (ausgeprägte „Sommerstellung“ im November), die auf einer Verkippung der Unterbauten hindeuten, festgestellt. Abb. 5: Schweißnahtriss an der Trapezhohlsteife, Wasser in der Trapezhohlsteife, Lagerverkippung Aufgrund des Ausmaßes der Schäden wurde zunächst eine vollständige Sperrung der Brücke für Schwerverkehr angeordnet. Mit einer Objektbezogenen Schadensanalyse (OSA) wurde der Umfang der Schäden genauer analysiert. Am Bodenblech und den Stegblechen wurden Stahldickenmessungen durchgeführt, es traten Abrostungsgrade von bis zu ca. 40 % auf. Unter Berücksichtigung der reduzierten Materialdicken wurde eine statische Nachrechnung des Bauwerks im geschädigten Zustand durchgeführt. Es wurde festgestellt, dass für das stark geschädigte TBW1 die Tragfähigkeit für BK30 auf einer Fahrspur über dem ungeschädigten Hohlkasten nachgewiesen werden kann. Für das weniger geschädigte TBW2 konnte die Brückenklasse 30/ 30 nachwiesen werden. Dumpf klingende und teilweise ausgebeulte Trapezhohlsteifen wurden angebohrt. Dabei wurde festgestellt, dass die Steifen mit Wasser gefüllt waren. Das Eindringen des Wassers erfolgte wahrscheinlich über Ermüdungsrisse im Fahrbahnblech. Bei den Rollenlagern zeigte es sich, dass der planmäßige Verschiebeweg der Lager nahezu aufgebraucht war und dass der Abstand zwischen Überbau und Kammerwand nur noch wenige Zentimeter betrug. 354 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Bauwerksmonitoring im Zuge des Ersatzneubaus einer Straßenbrücke in Brandenburg an der Havel 1.3 Sicherstellung der Verfügbarkeit bis zur Fertigstellung des Ersatzneubaus Nach Feststellung des genauen Schadensausmaßes und der Bewertung der Tragfähigkeit wurde der Schwerverkehr auf der Brücke in begrenztem Ausmaß wieder frei gegeben. Die gerissenen Schweißnähte an den Trapezhohlsteifen wurden instandgesetzt. Die Funktionsfähigkeit der Entwässerung wurde wiederhergestellt, die Ansammlungen von Rost und Schmutz wurden aus den Hohlkästen entfernt. Zur Gewährleistung der Verfügbarkeit und der sicheren Nutzung des Bauwerks bis zur Fertigstellung des Ersatzneubaus wurden folgende Maßnahmen veranlasst: • Begrenzung auf eine Fahrspur pro Überbau • Begrenzung auf StVZO-Verkehr - keine genehmigungspflichtigen Schwertransporte • Durchführung einer jährlichen Sonderprüfung mit den Schwerpunkten Schweißnahtrisse und Lagerstellung • Einrichten eines permanenten Bauwerksmonitorings als Ergänzung der Bauwerksprüfung Insbesondere in der Ergänzung der Sonderprüfung und des Bauwerksmonitorings wurde ein großer Vorteil gesehen. Eintretende große Schäden können durch das Monitoring permanent erkannt werden. Gleichzeitig können die Ergebnisse der Messungen im Rahmen der Bauwerksprüfung vor Ort verifiziert werden. Beide Informationsquellen ergänzen sich bei der ständigen Verifizierung des Bauwerkszustands. 2. Langzeitmonitoring bis zum Beginn der Baumaßnahme 2.1 Vorüberlegungen zum Einsatz eines Monitoringsystems Trotz der relativ umfangreichen Untersuchungen im Rahmen der OSA blieben bei der Bewertung der Tragfähigkeit des Bauwerkes Unsicherheiten. Die getroffenen Festlegungen und flankierenden Maßnahmen zur Gewährleistung der Verfügbarkeit stellten einen Kompromiss zwischen Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und der Gewährleistung des Verkehrs dar. Eine erneute Sperrung des Bauwerks sollte auf jeden Fall verhindert werden, deshalb bestand der Wunsch, weitere Schadensentwicklungen rechtzeitig zu erkennen. Mit der Einrichtung eines permanenten Monitoringsystems am BW19.04 sollten mehrere Ziele verfolgt werden: Das vorrangige Ziel bestand darin, das Beanspruchungsniveau der statisch bedeutsamen Bauteile permanent zu überwachen und bei Überschreitung von Grenzwerten unmittelbar Warnmeldungen zu generieren. Plötzliche gravierende Systemveränderungen sollten aus dem Signalverlauf einzelner Sensoren erkannt werden können. Neben der direkten Messung der Beanspruchungen in den rechnerisch hoch ausgelasteten Bereichen sollten auch die Einwirkungen (Verkehrslasten, Temperatur) so gut wie möglich erfasst werden. Aus der regelmäßigen Analyse der Messdaten sollten darüber hinaus langsam ablaufende Systemänderungen, z. B. infolge neu auftretender Rissschäden, festgestellt werden. Dazu sollte die Überwachung und Feststellung von prägnanten Verschiebungen in den Frequenzspektren oder in Beanspruchungskollektiven genutzt werden. Die Anlage sollte robust und ausfallsicher konzipiert werden, Fehlmeldungen sollten weitestgehend ausgeschlossen werden. Eine unmittelbare Kopplung der Messanlage an eine Lichtsignalanlage o.-ä. wurde ausdrücklich nicht vorgesehen. Allen Beteiligten war bewusst, dass der Sicherheitsgewinn, der für den Weiterbetrieb der Brücke von der Messanlage erwartet werden kann, stark vom Schadensszenario abhängt. Die möglichen weiteren Schadensverläufe sprachen jedoch dafür die Messanlage wie o.g. zu installieren. 2.2 Konfiguration und Installation Monitoringanlage Bei der Konzeption der Messanlage war zu beachten, dass die Zugänglichkeit des Tragwerks über den Gleisen eingeschränkt ist. Eine Installation von Sensoren war deshalb nur innerhalb der Hohlkästen und in einem Bereich vor dem Widerlager Brandenburg sinnvoll möglich. Der Zugang zu den Hohlkästen ist von der Auflagerbank Seite Brandenburg gegeben, die Durchstiegsöffnungen in den Querschotten betragen 70 × 70-cm, die Einstiegsöffnungen am Endquerträgern nur ca. 53 × 40 cm. Für die Messung der Beanspruchungen in den Hauptträgern, Querträgern und in der Fahrbahnplatte wurden elektrische Dehnmessstreifen (DMS) verwendet. Für die Erfassung der Verkehrseinwirkungen (Achslasten) wurden ebenfalls DMS an mehreren Trapezhohlsteifen eingesetzt. Abb. 6: Installation Dehnmessstellen an den Trapezhohlsteifen und Wegsensoren an den Lagern 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 355 Bauwerksmonitoring im Zuge des Ersatzneubaus einer Straßenbrücke in Brandenburg an der Havel Ergänzend zu den Dehnungsmessungen wurden Beschleunigungssensoren und Temperatursensoren am Tragwerk sowie Wegsensoren an den längsbeweglichen Lagern eingebaut. Um festgestellte extremale Beanspruchungsereignisse den jeweiligen Verkehrssituationen zuordnen zu können, wurde außerdem eine Webcam eingerichtet. In beiden Bauwerken wurden insgesamt 30 DMS, 4 Beschleunigungssensoren, 4 Wegsensoren und 11 Temperatursensoren installiert. Der Messschrank wurde im Inneren eines Hohlkastens installiert. Zur Reduzierung elektromagnetischer Störungen aus den Oberleitungen der DB wurde 6-Leiter- Technik eingesetzt. Die Abtastung der Sensoren erfolgt je nach Frequenzgehalt der Signale bzw. Einflusslänge der Bauteile mit 20 bis 200 Hz. Die Daten werden auf einem Mess-PC vor Ort in Dateien von jeweils 1 h aufgezeichnet und per Mobilfunk auf einen externen Server übertragen. Abb. 7: Konfiguration Monitoringanlage am BW19.04 (oben: TBW2, unten: TBW1) 356 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Bauwerksmonitoring im Zuge des Ersatzneubaus einer Straßenbrücke in Brandenburg an der Havel Die Installation erfolgte Ende 2018, seitdem läuft das Bauwerksmonitoring am BW19.04 kontinuierlich. 2.3 Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem Betrieb der Monitoringanlage Die maximalen Gesamtmassen der LKW (Sattelschlepper) betragen ca. 40 t. Die unter normalem Verkehr erfassten Beanspruchungen in den Hauptträgern liegen dennoch deutlich unterhalb der mit dem Lastmodell BK30 berechneten Beanspruchungen, obwohl die Straße stark frequentiert und der SV-Anteil vergleichsweise hoch ist. Der Grund für den Sicherheitsabstand zwischen Messung und Berechnung liegt in den Restflächenlasten, die aufgrund der Breite der Bauwerke rechnerisch einen relativ hohen Anteil liefern, aber in der Realität weitgehend lastfrei sind. Abb. 8: Typischer Signalverlauf der Dehnungen an den Messpunkten der Hohlkästen TBW1 Trotz der Sperrung des Bauwerks für genehmigungspflichtigen Schwerverkehr traten zu Beginn des Monitorings einige Überfahrten von Kranfahrzeugen bis 6-Achsen und anderen Sondertransporten statt. Im Mai 2019 wurde eine Überfahrt eines Sondertransports mit 11 Achsen und einer Gesamtmasse von ca. 100 t über das stark geschädigte TBW1 festgestellt, die Beanspruchungen lagen etwa bei 150 % der zuvor anhand von Wochenmaximalwerten definierten Grenzwerten mehrerer Aufnehmer (DMS in Hauptträger-Mitte, Wegaufnehmer). Die Signalisierung erfolgte durch E-Mail, am folgenden Arbeitstag konnte das Ereignis analysiert werden. 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 357 Bauwerksmonitoring im Zuge des Ersatzneubaus einer Straßenbrücke in Brandenburg an der Havel Abb. 9: Stundenextremwerte der Dehnungsspannen im Zeitraum 12.2018 bis 06.2019 Abb. 10: Sondertransport mit 11 Achsen und Gesamtgewicht von ca. 100 t auf BW 19.04, TBW1 Selbst unter dem Schwertransport mit ca. 100 t Gesamtmasse lag die maximale Beanspruchung nur relativ geringfügig über der aus BK30. Alle Signale kehrten nach der Überfahrt auf ihr ursprüngliches Niveau zurück, so dass davon ausgegangen werden konnte, dass keine bleibenden Verformungen am Tragwerk stattfanden. Aufgrund der genannten singulären Ereignisse wurden durch den LS die Prozesse im Bereich GST-Genehmigung evaluiert. Es ist zu vermuten, dass die Transporte auf Grundlage von älteren Dauergenehmigungen durchgeführt wurden. Ein nachträglicher Widerruf dieser Genehmigungen war nicht möglich. Aus diesem Grund wurden zusätzliche verkehrliche Beschilderung am Bauwerk angeordnet. Dies war offenbar wirksam, denn seitdem wurden kaum noch Überfahrten von schweren Sondertransporten festgestellt. Aus der Analyse der Signale der Wegtaster an den Lagern ließ sich ableiten, dass es selbst bei maximalen sommerlichen Temperaturen zu keiner nennenswerten Einschränkung der Lagerbewegungen kommt, alle gemessenen Verschiebungen liegen bezogen auf die mittlere Bauwerkstemperatur auf einer Geraden. Abb. 11: Lagerstellungen in Abhängigkeit der mittleren Bauwerkstemperatur Die Lagerbewegungen im Jahresgang (-10 °C bis +45 °C) liegen bei ca. 32 mm. An sonnigen Tagen in der warmen Jahreszeit können innerhalb eines Tages Änderungen der mittleren Bauwerkstemperatur von ca. 25 K mit Lagerbewegungen von ca. 15 mm auftreten. Die maximalen Lagerbewegungen infolge Verkehrs liegen bei ca. 5 mm. Ein im Zuge der jährlich durchgeführten Sonderprüfungen festgestellte zusätzlicher Ermüdungsriss an einer Schweißnaht der orthotropen Fahrbahnplatte konnte durch das Bauwerksmonitoring nicht erkannt werden. Die Ausprägung dieses Schadens und damit der Einfluss auf das Tragverhalten war zu gering bzw. der Abstand 358 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Bauwerksmonitoring im Zuge des Ersatzneubaus einer Straßenbrücke in Brandenburg an der Havel der Schadensstellen von den nächstgelegenen Sensoren offenbar zu groß. Die hohe Sensitivität der Messanlage und das Potential des Bauwerksmonitorings zum Feststellen von Systemveränderungen lässt sich jedoch z. B. daran erkennen, dass eine geringfügige Verschiebung der Fahrspur von wenigen Zentimetern auf TBW2 nach Markierungsarbeiten aus den Signalveränderungen sehr klar erkannt und anhand der Kamerabilder der Ursache zugeordnet werden konnten. Daraus lässt sich ableiten, dass die Feststellung von Änderungen von Indikatoren immer auch eine Bewertung erfordert, um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Der Vergleich der Eigenfrequenzen der beiden Teilbauwerke zeigte relativ deutliche Unterschiede, allerdings ohne über temperaturbedingte Schwankungen (Versteifung des Asphalts im Winter) hinausgehende Veränderungen im Messzeitraum. Folgende Eigenfrequenzen wurden durch die Messung festgestellt: TBW1: 2,4 Hz (Biegung) - 3,6 Hz (Torsion) TBW2: 2,6 Hz (Biegung) - 3,9 Hz (Torsion) Aufgrund der konstruktiven Unterschiede zwischen beiden Teilbauwerken war ein unmittelbarer Vergleich der Eigenfrequenzen nicht sinnvoll. Eine dynamische Berechnung beider Teilbauwerke zeigte, dass die deutlich geringere Biegeeigenfrequenz von TBW1 nur mit einer Reduzierung der Dicke des Bodenblechs erklärt werden kann. Ein früheres Monitoring der Bauwerkseigenfrequenzen hätte also - zumindest theoretisch und bei richtiger Interpretation - die Schädigung des TBW1 anzeigen können. Abb. 12: Eigenformen TBW1 (links Biegung, rechts Torsion) 3. Monitoring in der Phase des Ersatzneubaus 3.1 Ziele des Monitorings Der Ersatzneubau des BW 19.04 wird unter laufendem Straßen- und Bahnverkehr durchgeführt, es sind nur wenige Sperrpausen vorgesehen. Eine Verlegung der Straßenachse war aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft der Brücke an ein FFH-Gebiet nicht möglich. Lediglich in Längsrichtung wird der Neubau etwas in Richtung Potsdam verschoben, um den Abstand des südlichen Widerlagers zu den Gleisen etwas zu vergrößern. Auch die Anordnung eines danebenliegenden Behelfsbauwerks war aufgrund der o.g. Randbedingungen nicht möglich. Aus diesem Grund kam nur die komplette Verkehrsführung auf dem TBW 2 in Frage. Bis zum Abschluss der Erneuerung des TBW 1 muss das TBW 2 den Verkehr alleinig tragen. Die Möglichkeit den Verkehr für Reparaturmaßnahmen auf das TBW 1 umzulegen, gibt es in dieser Zeit nicht. Der Ersatzneubau erfordert umfangreiche Verbaumaßnahmen, die mit Hilfe von Bohrpfählen (Längsverbau), Trägerbohlwänden (Schutzwand zu den Gleisen für den Rückbau des südlichen Widerlagers) und Spundwänden (Baugrubenverbau) realisiert werden. Es wurde davon ausgegangen, dass sich weitere Setzungen bzw. Verkippungen des Widerlagers auf Seite des TBW2 infolge der Baumaßnahmen nicht vollständig verhindern lassen. Bei weiteren Verschiebungen der Widerlagerwände könnte bei hohen sommerlichen Temperaturen der Fall eintreten, dass die Dilation des Überbaues nicht mehr gewährleistet ist, es zum Kontakt zwischen Hauptträgern und Kammerwand, undefinierten Beanspruchungen der Überbauten, Schäden an der Fahrbahnübergangskonstruktion und ggf. an den längsfesten Lagern kommt. Um rechtzeitig vor Erreichen dieses Zustandes Maßnahmen treffen zu können, wurde eine Fortführung des laufenden Bauwerksmonitorings an TBW2 in der Phase des Rückbaues und Ersatzneubaus von TBW1 vorgesehen. Ein weiterer Aspekt war die erwartete Erhöhung der Verkehrsbeanspruchung von TBW2 aus dem 2-spurigen Verkehr und der wahrscheinlichen Staubildung auf dem Bauwerk infolge der Umleitungen aus der Baustelle. Auf Basis des Bauablaufplans wurden Bauphasen mit hohem Risiko für das Eintreten von Bauwerksverformungen definiert, in denen eine intensivere Überwachung der Messdaten erfolgt. Als Grenzwert für zulässige gegenseitige Verschiebung der Widerlager bzw. die Verringerung der Dilatation wurde ein Wert von 10-mm festgelegt. Bei darüberhinausgehenden Bewegungen war zu erwarten, dass es bei maximalen sommerlichen Temperaturen zu einem vollständigen Schließen der Fuge in der Fahrbahnübergangskonstruktion und zu Kontakt im Bereich eines Randträgers kommen würde. Aufgrund der bisher sehr guten Erfahrungen mit der Messanlage bestehen ein hohes Vertrauen in die Zuverlässigkeit und sowie ein hohes Bewusstsein für den Mehrwert der zusätzlichen Informationen. Da die Betrachtung der Bauzustände und der Bautechnologie gezeigt hat, dass ein risikofreies Bauen aufgrund der örtlichen Randbedingungen nicht möglich ist, sind die zusätzlichen und permanent gemessenen Informationen zwingend erforderlich. Durch die angepasste Monitoringanlage und die erforderlichen Sonderprüfungen kann auch bei diesen Risiken das hohe Sicherheitsniveau gewährleistet werden. 3.2 Anpassung der Monitoringanlage Um den neuen Anforderungen an das Bauwerksmonitoring in der Bauphase Rechnung zu tragen, wurden folgende Anpassungen vorgenommen: • Ergänzung von Dehnmesstreifen am bisher nicht direkt befahrenen Hohlkasten zur besseren Erfassung der Verkehrseinwirkungen • Installation von Laserdistanzsensoren auf Widerlager Seite Brandenburg, Reflektoren auf Widerlager Seite Potsdam 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 359 Bauwerksmonitoring im Zuge des Ersatzneubaus einer Straßenbrücke in Brandenburg an der Havel • Installation von Neigungssensoren an beiden Widerlagerwänden • Installation einer zusätzlichen Kamera unter TBW2 zur Beobachtung des Baufortschritts Die Sensoren wurden im Herbst 2023 eingebaut. Trotz Schutzmaßnahmen wurde infolge der Bautätigkeit ein Sensor beschädigt und die Spannungsversorgung mehrfach kurzzeitig unterbrochen. Die Ausfälle konnten jedoch jeweils kurzfristig behoben und das Monitoring fortgesetzt werden. Bewegungen der Widerlager sind auch in den Signalen der Wegsensoren enthalten, die bereits seit Ende 2018 installiert sind. Allerdings sind diese durch die starken Temperaturdehnungen des Überbaues überlagert, so dass die Einrichtung zusätzlicher Messverfahren sinnvoll erschien. Da die zusätzlichen Sensoren in die bestehende Messanlage integriert werden konnten, war der erforderliche Installationsaufwand relativ gering. 3.3 Ergebnisse des Monitorings in der Bauphase Im November 2023 wurde der Verkehr in Richtung Potsdam von TBW1 auf TBW2 verschwenkt. Die Verbauarbeiten starteten im Februar 2024 mit dem Einbau des Längsverbaues (Bohrpfahlwände) auf der Seite Brandenburg. Die Bohrpfahlwand wurde bis zur Vorderkante der Widerlagerwand geführt. Zwischen den Widerlagern von TBW1 und TBW2 befindet sich zwar eine Trennfuge, aufgrund der Schiefe der Brücke musste jedoch auf Seite Brandenburg ein Teil des luftseitigen und auf Seite Potsdam ein Teil des erdseitigen Sporns des Widerlagers TBW2 durchbohrt und damit abgetrennt werden. Abb. 13: Einbau von Bohrpfählen als Längsverbau mit Durchtrennung der Widerlagerwand In den Signalverläufen v. a. der Laserdistanzsensoren war nach Beendigung der Bohrarbeiten relativ klar eine Verringerung des Abstandes der Widerlagerwände (in Höhe der Auflagerbänke) von ca. 2,5 mm zu erkennen. Zu diesem Zeitpunkt war aufgrund des relativ kurzen Zeithorizonts der Messdaten die Trennung von temperaturbedingten Widerlagerbewegungen noch relativ ungenau. Die nächste als kritisch eingestufte Maßnahme war das Ausheben des Überbaues TBW1 bzw. das Aufstellen der dafür eingesetzten Mobilkrane auf beiden Seiten der Brücke. Abb. 14: Ausheben des inneren Hohlkastens „B“ von TBW1 am 09.03.2024 Auch danach konnte eine weitere leichte Zunahme der Widerlagerverschiebungen festgestellt werden. Weitere Baumaßnahmen mit Einfluss auf die Gründung von TBW2 war das Einbringen von Verbauträgern zwischen den Gleisen und Widerlager Seite Potsdam. Eine klare Zuordnung der Widerlagerverschiebung zu den einzelnen Maßnahmen war nicht in jedem Fall erkennbar, aber der mit dem Beginn der Verbauarbeiten einsetzenden Trend war eindeutig und setzte sich fort. Offenbar traten die Widerlagerbewegungen infolge der Baumaßnahmen nicht immer sofort, sonders eher etwas zeitverzögert auf. 360 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Bauwerksmonitoring im Zuge des Ersatzneubaus einer Straßenbrücke in Brandenburg an der Havel Abb. 15: Relative Verschiebungen der Widerlagerwände TBW2 infolge Baumaßnahmen am TBW1 Anfang Mai 2024 hatten sich die Widerlagerbewegungen auf ca. 10 mm akkumuliert. Zu diesem Zeitpunkt herrschten relativ hohe Temperaturen, so dass die maximalen Lagerbewegungen der vergangenen Jahre bereits überschritten wurden. Bei anlassbezogenen Bauwerksprüfung wurde festgestellt, dass es zum Kontakt zwischen Randträger des Überbaues und Flügelwand, Rissbildungen an Flügel- und Kammerwand sowie zum Schließen der Dilatation und Verformungen des Geländers gekommen war. Es wurde beschlossen, im Rahmen einer nächtlichen Sperrpause eine Seite der Fahrbahnübergangskonstruktion abzutrennen, den Randträger und das Geländer zu kürzen. So konnte eine zusätzliche Bewegungskapazität von ca. 15-20 mm erschlossen werden. Um die festgestellten Verschiebungen der Widerlagerwände in einen längeren zeitlichen Kontext zu stellen, wurde die seit Ende 2018 gemessenen Lagerbewegungen noch einmal gezielt ausgewertet, indem die Überbaubewegungen so gut wie möglich gefiltert wurden. Im Ergebnis zeigte sich während der Baumaßnahme ein ähnlicher Verlauf wie bei den Laserdistanzmessungen mit einer Zunahme von aktuell ca. 13-15 mm. Der sehr langsam ablaufende Trend in den Jahren 2019-2024 mit einer Zunahme der Verschiebung von insgesamt ca. 1-mm pro Jahr entspricht, einen gleichmäßigen Verlauf seit dem Baujahr 1971 vorausgesetzt, relativ gut den Lagerfehlstellungen von ca. 50-60 mm. Abb. 16: Um die Überbaubewegungen bereinigte Verschiebungen der Lager im Langzeittrend 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 361 Bauwerksmonitoring im Zuge des Ersatzneubaus einer Straßenbrücke in Brandenburg an der Havel Bei der bisher letzten erfolgten Maßnahme, dem Einbau von Trägern einer Schutzwand für den Abbruch von Widerlager Seite Potsdam durch Rütteln / Vibrieren konnte eine stufenweise Zunahme der Widerlagerverformung (insgesamt ca. 1,5 bis 2,0 mm) beobachtet und die einzelnen Stufen von ca. 0,1 mm genau dem Einbau der einzelnen Träger zugeordnet werden. Die Zeitpunkte des Einsatzes des Rüttlers zum Einbau der Träger, das jeweils ca. 120 Sekunden andauerte, konnten im Frequenzspektrum am Auftauchen eines scharf abgegrenzten Peaks bei 39 Hz identifiziert werden. Abb. 17: Relative Verschiebungen der Widerlagerwände TBW2 infolge Baumaßnahmen am TBW1 Das Monitoring wird noch bis zum Rückbau des TBW2 im Sommer 2025 fortgesetzt. Mit dem Rückgang der Temperaturen wird sich die Situation bzgl. der Funktionsfähigkeit der Lager entspannen, so dass voraussichtlich keine weiteren Maßnahmen erforderlich werden. Das Monitoring der Verkehrsbelastung auf TBW2 unter 2-spurigem Verkehr führte ebenfalls zu aufschlussreichen Ergebnissen. Im Zeitraum seit der Verschwenkung des Verkehrs auf TBW2 wurde im Messpunkt am Untergurt des äußeren Hohlkastens bereits mehrfach eine maximale Dehnung von 150-160 µm/ m infolge Verkehrs gemessen, was noch deutlich unter dem Spitzenwert aus 2019 unter einspurigem Verkehr mit ca. 190-µm/ m liegt. Von 6 zuletzt gemessenen maximalen Ereignisse mit jeweils 150-160 µm/ m resultierten 5 aus der Begegnung von 2. Fahrzeugen, das Ereignis mit der höchsten Amplitude aber aus der Überfahrt eines Einzelfahrzeugs (7-Achsen, ca. 65 t). Dies deckt sich durchaus mit Ergebnissen von Monitorings an anderen Straßenbrücken selbst mit größerer Stützweite - oft resultieren die Monats- und Jahresextremwerte aus schweren Einzelfahrzeugen. Abb. 18: Verkehrsereignisse mit maximalen Beanspruchungen der Hauptträger 362 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Bauwerksmonitoring im Zuge des Ersatzneubaus einer Straßenbrücke in Brandenburg an der Havel 4. Fazit Mit dem über mehrere Jahre laufenden Bauwerksmonitoring am BW 19.04 konnten - zusätzlich zur permanenten Überwachung der Beanspruchungen - sehr detaillierte Informationen über die Tragwerksreaktionen unter Verkehrs- und Temperaturbeanspruchungen sowie über die Verkehrseinwirkungen gewonnen werden. Mit der Fortführung des Monitorings in der Phase des Ersatzneubaus bekam die Überwachungsfunktion der Monitoringanlage noch einmal eine deutlich größere Bedeutung. Auf Basis der aus dem Monitoring gewonnen Informationen über den Einfluss der Bautätigkeiten auf die Verschiebungen der Widerlager konnten die erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Lager rechtzeitig getroffen und umgesetzt werden. Anhand des Beispiels zeigt sich sehr gut, wie die Bauwerksprüfung durch Informationen aus einer Dauermessanlage ergänzt werden kann. Hierdurch wird ein deutlich höheres Zuverlässigkeitsniveau an geschädigten Bauwerken erreicht. Literatur [1] Richtlinie zur Nachrechnung von Straßenbrücken im Bestand, BASt, 2015. [2] DBV-Merkblatt „Brückenmonitoring“ - Planung, Ausschreibung und Umsetzung, Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V., Berlin, 2018. [3] Geißler, K., Steffens, N., Stein, R.: Grundlagen der sicherheitsäquivalenten Bewertung von Brücken mit Bauwerksmonitoring. In: Stahlbau 88, Heft 4, Seiten 338-353.