Brückenkolloquium
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2510-7895
expert verlag Tübingen
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Planungshilfe zur Umsetzung modularer Brückenbausysteme in Deutschland
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Christian Dommes
Benjamin Camps
Josef Hegger
Eine hohe Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit der Verkehrsinfrastruktur ist von entscheidender Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland, besonders in Zeiten stetig wachsender Verkehrszahlen. Ein wesentlicher Teil der 4060 Jahre alten Brücken in Deutschland muss in den nächsten Jahren entweder verstärkt oder kurzfristig ersetzt werden. Zur Beschleunigung von Ersatzneubauten unter laufendem Verkehr bieten sich modulare Brückenbausysteme an, die eine sehr kurze Bauzeit ermöglichen und wenige Sperrzeiten benötigen. Die Weiterentwicklung modularer Brückenbausysteme wird zurzeit durch die Autobahn GmbH des Bundes und einige Straßenbauverwaltungen der Länder forciert. Zusammen mit Akteuren aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie von Seiten der öffentlichen Auftraggeber wird im Projekt „Planungshilfe für den modularen Brückenbau“ aktuell eine Hilfestellung zur Umsetzung von modularen Brücken in Deutschland erarbeitet. Neben technischen Lösungen in Form von Konstruktionsprinzipien für alle Bestandteile einer modularen Brücke (Gründung, Unterbau, Überbau und Ausstattung) werden ebenfalls Hinweise zu bauaufsichtlichen und vergaberechtlichen Fragestellungen gegeben. Auf der Basis dieser Planungshilfe können die geltenden Regelwerke für Brückenbauwerke gezielter betrachtet und gegebenenfalls zukünftig angepasst werden.
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6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 419 Planungshilfe zur Umsetzung modularer Brückenbausysteme in Deutschland Christian Dommes, M. Sc. Institut für Massivbau (IMB), RWTH Aachen University Benjamin Camps, M. Sc. CBI Center Building and Infrastructure Engineering GmbH Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Josef Hegger H+P Ingenieure GmbH Aachen; ehemals Institut für Massivbau (IMB) der RWTH Aachen University Zusammenfassung Eine hohe Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit der Verkehrsinfrastruktur ist von entscheidender Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland, besonders in Zeiten stetig wachsender Verkehrszahlen. Ein wesentlicher Teil der 4060-Jahre alten Brücken in Deutschland muss in den nächsten Jahren entweder verstärkt oder kurzfristig ersetzt werden. Zur Beschleunigung von Ersatzneubauten unter laufendem Verkehr bieten sich modulare Brückenbausysteme an, die eine sehr kurze Bauzeit ermöglichen und wenige Sperrzeiten benötigen. Die Weiterentwicklung modularer Brückenbausysteme wird zurzeit durch die Autobahn GmbH des Bundes und einige Straßenbauverwaltungen der Länder forciert. Zusammen mit Akteuren aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie von Seiten der öffentlichen Auftraggeber wird im Projekt „Planungshilfe für den modularen Brückenbau“ aktuell eine Hilfestellung zur Umsetzung von modularen Brücken in Deutschland erarbeitet. Neben technischen Lösungen in Form von Konstruktionsprinzipien für alle Bestandteile einer modularen Brücke (Gründung, Unterbau, Überbau und Ausstattung) werden ebenfalls Hinweise zu bauaufsichtlichen und vergaberechtlichen Fragestellungen gegeben. Auf der Basis dieser Planungshilfe können die geltenden Regelwerke für Brückenbauwerke gezielter betrachtet und gegebenenfalls zukünftig angepasst werden. 1. Einleitung Insbesondere die Entwicklung des Straßengüterverkehrs hat im Laufe der Jahre eine signifikante Veränderung durchlaufen. Mit Beginn des Wiederauf baus nach dem Zweiten Weltkrieg verzeichnete der Schwerlastverkehr seit den 1950er Jahren einen stetigen Zuwachs. Der Aufschwung der Wirtschaft, die Globalisierung und die damit einhergehende steigende Nachfrage nach Gütertransporten sowie die Weiterentwicklung hin zu immer schwereren Nutzfahrzeugen trugen zu einer kontinuierlichen Zunahme der Einwirkungen auf die Verkehrsinfrastruktur bei. Der Schwerlastverkehr spielt dabei eine entscheidende Rolle für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands, da er maßgeblich zur Versorgung und Verteilung von Gütern beiträgt. Insbesondere für die exportorientierte deutsche Industrie ist ein gut funktionierendes Straßen- und Brückennetz essenziell, um Produkte zeitnah und zuverlässig zu transportieren. Neben der Entwicklung effizienterer und umweltfreundlicherer Technologien für den Straßengüterverkehr wird auch die Verfügbarkeit der Infrastruktur in Deutschland und insbesondere der Brücken die weitere Entwicklung des Schwerlastverkehrs in den kommenden Jahren maßgeblich beeinflussen. Aktuell gibt es in Deutschland schätzungsweise über 100.000 Straßenbrücken. Hinzukommen in etwa 26.000 Brücken im Netz der Deutschen Bahn. Genaue Zahlen zu den Straßenbrücken sind sehr schwer zu ermitteln, da die Datenlage bei den kommunalen Brücken unvollständig ist. Die Daten zu den Brücken der Bundesfernstraßen werden von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) erhoben und online veröffentlicht [1]. Aus diesem Grund beziehen sich die nachfolgend genannten Zahlen nur auf die Brücken an Bundesfernstraßen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass diese prinzipiell auch auf die kommunalen Brücken übertragen werden können. Von den circa 40.000-Brücken an Bundesfernstraßen sind über 4.300-Brücken in einem schlechten Zustand (Zustandsnoten IV und V gemäß regelmäßiger Bauwerksprüfungen nach DIN-1076-[2]). Dies entspricht einem Anteil von über 10-% und einer Gesamtbrückenfläche von sechs Millionen Quadratmetern. Daraus lässt sich ableiten, dass in den kommenden Jahren mehr als 400-Brücken pro Jahr erneuert werden müssen, was ohne Innovationen und dringend erforderlichen Produktivitätssteigerungen auf dem Gebiet des Brückenbaus nicht möglich ist. Ein Ansatzpunkt zum Erreichen dieses Ziels ist der Einsatz modularer Brückenbausysteme. Die Vorteile von vorgefertigten Brücken liegen dabei vor allem in der deutlichen Reduzierung der Bauzeiten vor Ort. Dabei können sowohl der Zusammenbau der werkseitig hergestellten Fertigteile unter laufendem Verkehr stattfinden als auch die Sperrzeiten auf ein Mindestmaß reduziert werden. Durch verkürzte Bauzeiten verringern sich nicht nur die Stauzeiten, sondern auch die Unfallgefahr im Baustellenbereich sowie die CO 2 -Emissionen durch Stop-and- 420 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Planungshilfe zur Umsetzung modularer Brückenbausysteme in Deutschland Go-Verkehr oder weiträumige Umleitungsstrecken. Die modulare Bauweise senkt so die volkwirtschaftlichen Kosten der Baumaßnahme und trägt zur Einsparung von Emissionen bei. In Deutschland wurden modulare Bauweisen im Brückenbau im Gegensatz zum europäischen Ausland und Nordamerika bisher nur eingeschränkt eingesetzt. Erfolgreich ausgeführte und richtungsweisende Pilotprojekte in Deutschland bestätigten die Vorteile modularer Brückenbausysteme und können als Vorbilder für diese Bauweise dienen. 2. Ausgeführte Pilotprojekte Nachfolgend werden exemplarisch ausgewählte Beispiele modularer Brücken kurz vorgestellt. Dabei handelt es sich nicht um eine abschließende Benennung aller am Markt verfügbaren Systeme. Neben den äußeren Randbedingungen soll auch auf die technischen Besonderheiten der jeweiligen Systeme der verschiedenen Hersteller eingegangen werden. Diese Pilotprojekte unterscheiden sich beispielsweise hinsichtlich wichtiger Randbedingungen wie Spannweite, Querschnittsbreite oder Kreuzungswinkel. Eine Übersicht der wichtigsten Randbedingungen ist in den Tabellen-1 bis 4 gegeben. Zu den nennenswerten technischen Besonderheiten, durch die sich diese modularen Brücken unterscheiden, gehören die Bauart, der Grad der Vorfertigung und der Anteil notwendiger Ortbetonergänzungen, das statische System sowie die Ausführung der späteren Fahrbahn. Ergänzend zu den vorgestellten Grundsystemen wurden in der Zwischenzeit von den Herstellern zudem verschiedene Variationen an den Systemen vorgenommen und ausgeführt, sodass noch vielfältigere Randbedingungen bedient werden können. 2.1 Modulbrücke Bögl Die Modulbrücke Bögl der Firmengruppe Max Bögl ist eine modulare Verbundbrücke, die sich durch das gewählte Tragwerk und die Bauweise auszeichnet. Ausgeführt wurde diese modulare Brücke erstmals im Jahr 2014 über die Bundesstraße B299 bei Greißelbach in Bayern [3]. Die wichtigsten Kenndaten der Modulbrücke Bögl sind in Tab.-1 zusammengefasst. Die Tragwirkung wird durch zwei getrennte Tragsysteme in Längs- und Querrichtung erreicht. Zwei Verbundfertigteilträger, bestehend aus luftdicht verschweißten Stahlhohlkästen und einem Betonobergurt bilden zusammen mit den Widerlagerwänden ein Rahmensystem in Brückenlängsrichtung. Um die Rahmentragwirkung zu erreichen, werden die Verbundfertigteile vor Ort in die Widerlager einbetoniert. Das Tragsystem in Brückenquerrichtung wird durch vorgespannte Fertigteilplatten aus selbstverdichtendem Beton realisiert. Die einzelnen Fahrbahnplatten werden auf die Betonobergurte der Stahlhohlkästen aufgelegt. Die Lagerung erfolgt dabei verschieblich, wobei die Ausbildung einer durchgängigen Fahrbahn durch die nachträgliche Längsvorspannung mittels austauschbarer Spannglieder erreicht wird. Die dauerhafte Abdichtung der Fugen wird durch Dichtelemente zwischen den werksmäßig und mittels CNCSchleifmaschinen bearbeiteten Fahrbahnplatten sichergestellt. Eine weitere Besonderheit bei der Modulbrücke Bögl sind die direkt in die Fahrbahnplatten integrierten Brückenkappen für die Geh- und Radwege. Parallel zur Vorfertigung des Brückenüberbaus im Werk werden auf der Baustelle die Gründungen und speziell für dieses System angepasste Unterbauten realisiert. Danach erfolgen die Anlieferung der Verbundfertigteilträger zum Einbauort und deren Montage mittels Autokranen auf die vorbereiteten Unterbauten. Hierbei spielen die Lage und höhenmäßige Vermessung eine wesentliche Rolle. Anschließend werden die Verbundfertigteilträger in die Unterbauten einbetoniert und die Auflagerflächen für die Fahrbahnelemente im Flügelbereich ergänzt. Die bis zu 30-t schweren Fahrbahnplattenelemente werden anschließend vor Ort auf den zuvor vorbereiteten Auflagerflächen verlegt (Abb.- 1). Unmittelbar danach werden diese in Längsrichtung zu einer quasi-homogenen Fahrbahnplatte zusammengespannt. In beiden Widerlagerkammern sind Kontroll- und Nachspanneinrichtungen vorgesehen. Abschließend erfolgt der Brückenausbau mit Geländern, Schutzplanken und Markierung. Sobald die Straßenbauarbeiten bis zur Modulbrücke ausgeführt sind, kann diese für den Verkehr freigegeben werden. Abb.-1: Montage der direkt befahrenen Fahrbahnplatten bei der Modulbrücke Bögl, Foto: Firmengruppe Max Bögl (mod.) Da die Bauweise mit einer direkt befahrenen Betonfahrbahn in der Vergangenheit nicht geregelt war, erteilte das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) im Jahr 2022 eine allgemeine Bauartgenehmigung für die Modulbrücke Bögl [4]. Tab.-1: Kenndaten der Modulbrücke Bögl am Beispiel der Brücke Greißelbach Brückenlänge 38,0-m Breite 10,1-m Bauart Verbundbau Tragsystem Rahmenbrücke Kreuzungswinkel 11-gon Typ ÜBauwerk 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 421 Planungshilfe zur Umsetzung modularer Brückenbausysteme in Deutschland 2.2 Bausteinbrücke HEITKAMP Die von der Sweco GmbH geplante und von der HEIT- KAMP Unternehmensgruppe gebaute Stahlverbundbrücke ist die erste ausgeführte modulare Brücke in Nordrhein-Westfalen und wurde im Jahr 2018 über die Bundesautobahn A46 bei Hagen errichtet [5]. Dabei bilden vier parallele Stahlhohlkästen und in Längsrichtung vorgespannte Stahlbetonfahrbahnplatten den Stahlverbundüberbau. Der Überbau ist kraftschlüssig mit dem Widerlager verbunden und bildet so ein Rahmensystem (Abb.-2). Abb.-2: Eingebaute Stahllängsträger der Bausteinbrücke, Foto: HEITKAMP Unternehmensgruppe Die Fundamente der Bausteinbrücke bestehen ebenfalls aus Fertigteilen. In die Fertigteile der Widerlagerwände werden vertikal Gewinde-Zugstangen eingefädelt und vorgespannt. Mittels dieser Zugstangen werden die Stahlhohlkästen mit dem Widerlager verbunden und so die Rahmentragwirkung ausgebildet. Die Verlegung der insgesamt 14 Fahrbahnplatten erfolgt passgenau zu rasterförmig angeordneten Kopfbolzen auf den Stahlhohlkästen. Untereinander werden die Fahrbahnplatten auf der Baustelle mit Epoxidharzmörtel verklebt und im Endzustand im Litzenspannverfahren in Längsrichtung vorgespannt. Der Verbund zwischen den Stahlhohlkästen und den Fahrbahnplattenelementen wird im Anschluss durch das nachträgliche Vergießen der Dübeltaschen erreicht. Die Abdichtung erfolgt konventionell mit Bitumenschweißbahnen vor der Montage der Kappenfertigteile. Eine Besonderheit der Bausteinbrücke ist die Ausführung der Flügelwände als bewehrte Erde, wodurch große Mengen an Beton eingespart werden konnten. Die wichtigsten Kenndaten der Bausteinbrücke sind in Tab.-2 gegeben. Tab.-2: Kenndaten der Bausteinbrücke bei Hagen Brückenlänge 42,8-m Breite 11,6-m Bauart Verbundbau Tragsystem Rahmenbrücke Kreuzungswinkel 0-gon Typ ÜBauwerk 2.3 Expressbrücke Echterhoff Die Expressbrücke der Bauunternehmung Gebr. Echterhoff-GmbH-&-Co.-KG [6], wie sie im Jahr 2020 als Überführung der Bundesautobahn A1 über den Afferder Weg in Unna gebaut wurde, ist ein Stahlbetonrahmen mit einer Schiefe von 55-gon (Tab.-3). Die Herstellung der Unterbauten erfolgte aus Halbfertigteilplatten mit Ortbetonfüllung für die Widerlagerwände sowie in die Bodenplatte eingespannte Vollfertigteile für die Flügelwände. Insgesamt haben die Widerlagerwände eine Länge von knapp 24-m und bestehen aus paarweise angeordneten Halbfertigteilwänden, die als verlorene Schalung dienen eine hochwertige Sichtbetonqualität bieten. Im Bereich der Fugen der Halbfertigteile sorgen innen aufgeklebte Bitumendichtbänder während der Betonage vor Ort für die notwendige Dichtigkeit. Im fertigen Zustand überdecken eingeklemmte Sichtfugenbänder die Fugen der Ansichtsflächen. Die Flügel setzen sich aus einem Vollfertigteil (Abb.-3), das auf eine vorbereitete Gründungsebene aufgestellt wurde, und einer nachträglich betonierten Bodenplatte zusammen. Über eine Rückbiegebewehrung binden die Vollfertigteile in die Bodenplatte ein. Für ein gleichmäßiges Verformungsverhalten der Flügelwandfertigteile untereinander sorgen nachträglich vergossene und bewehrte Mörteltaschen. Auch im Bereich dieser Fugen stellen erdseitig aufgeklebte Bitumenbänder die notwendige Abdichtung im Bereich der Hinterfüllung sicher. Der Überbau besteht aus Halbfertigteilplatten (PI-Platten), die während der Bauphase temporär gestützt werden. Zusammen mit einer Ortbetonergänzung wird die Fahrbahnplatte ausgebildet. Bereits im Fertigteilwerk werden geformte und ausgesteifte Stahlbleche als verlorene Schalung an den Randträgen befestigt, wodurch eine schnelle Ausführung der Ortbetonkappen möglich wird (Abb.-3). Ein weiterer Vorteil ist, dass an diese Stahleinbauteile bereits Geländer oder Lärmschutzwände installiert werden können, sodass aufwendige Absturzsicherungen während der Bauphase entfallen können. Die Herstellung der fertigen Fahrbahn erfolgt in konventioneller Weise mit einer Bitumenabdichtung und einer Asphaltdeckschicht. Abb.-3: Flügelwände und Fertigteile der Randlängsträger mit Stahlblechen als verlorene Kappenschalung und montiertem Geländer bei der Expressbrücke, Foto: Bauunternehmung Gebr. Echterhoff-GmbH-&-Co.-KG 422 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Planungshilfe zur Umsetzung modularer Brückenbausysteme in Deutschland Tab.-3: Kenndaten der Expressbrücke über den Afferder Weg in Unna Brückenlänge 17,6-m Brückenbreite 23,6-m Bauart Massivbau Tragsystem Rahmenbrücke Kreuzungswinkel 55,5-gon Typ ABauwerk Ein weiterer deutlicher Zeitgewinn bei der Herstellung lässt sich durch die Fertigung des Überbaus in Seitenlange und das nachträgliche Einheben bzw. Einfahren erreichen. Dies wurde bereits mit dem System Expressbrücke bei einer Überführung der Bundesautobahn A2 über die Münsterstraße in Kamen durchgeführt [7]. 2.4 n.Brücke nesseler Die zunehmende Herausforderung, eine Vielzahl von Brücken zu ersetzen und gleichwohl die Funktionalität der Verkehrsinfrastruktur aufrecht zu erhalten, hat die nesseler Gruppe 2017 dazu bewegt, ein modulares Brückensystem aus Betonfertigteilen zu entwickeln. In Kooperation mit dem Institut für Massivbau der RWTH Aachen wurde eine integrale Systembrücke konzipiert, die mit einer Spannweite von bis zu 45-m 6-spurige Autobahnen ohne Mittelpfeiler überspannen kann [8]. Das Forschungsprojekt konnte im Jahr 2022 erstmalig als Pilotprojekt bei einem Ersatzneubau für Straßen.NRW umgesetzt werden. Die sogenannte n.Brücke ist eine Systembrücke, die auf einem hohen Anteil von Vollfertigteilen im Überbau als auch im Unterbau basiert. Durch die variable Kombination von entwickelten Konstruktionsprinzipien kann die Fertigteilbauweise als Tief- und Flachgründung umgesetzt werden. Bei der im Pilotprojekt eingesetzten Flachgründung werden Fundamente, Widerlager und Flügelwände als Vollfertigteil-L-Winkel realisiert und zur Lagesicherung mit Ortbeton ergänzt. Der Überbau wird bei der n.Brücke als Plattenbalken ausgeführt, wobei die Binder und die Fahrbahnplatten zur Optimierung von Produktion und Transport und zum Ausgleich von Toleranzen getrennt hergestellt werden. Eine monolithische Verbindung der beiden Bestandteile erfolgt über eine Schubverbindung. Die Binder besitzen eine vertikale Anschlussbewehrung, die in die rechteckigen Aussparungen der Fahrbahnplatten einbinden (Abb.-4). Durch den nachträglichen Verguss der einzelnen Schubtaschen wird die Tragwirkung als Plattenbalken ausgebildet. Im Bereich der Rahmenecken werden Halbfertigteilplatten aufgelegt (Abb.-4), die durch Ortbetonergänzungen an die Widerlager angeschlossen werden, wodurch eine Rahmentragwirkung erreicht wird. Die Abdichtung der Fahrbahn erfolgt anschließend konventionell. Die Fertigteilkappen werden über Edelstahlverbindungsmittel kraftschlüssig mit der Fahrbahnplatte verbunden. Eine Übersicht der wichtigsten Kenndaten der Brücke sind in Tab.-4 gegeben. Abb.-4: Auflegen der Fahrbahnplatten als Vollfertigteile in Feldmitte und als Halbfertigteile in den Bereichen der Rahmenecken beim System n.Brücke, Foto: nesseler Gruppe Tab.-4: Kenndaten der n.Brücke beim Pilotprojekt in Brachelen Brückenlänge 17,9 m Brückenbreite 14,3 m Bauart Massivbau Tragsystem Rahmenbrücke Kreuzungswinkel 36 gon Typ A-Bauwerk 3. Planungshilfe für modulare Brücken Die erfolgreich durchgeführten Pilotprojekte zur Errichtung modularer Brücken haben neben einer erheblichen Reduzierung der Bauzeit und der derzeit nur unzureichend ansetzbaren externen Kosten z. B. infolge von Verkehrsbeeinträchtigungen weitere Vorteile aufgezeigt. So sind die in Abschnitt- 2 beschriebenen Brücken in der Lage, eine große Bandbreite von verschiedenen Randbedingungen abzudecken. Neben Brückenlängen von bis zu 50- m und Brückenbreiten, mit denen eine Vielzahl der gängigen Straßenquerschnitte abgedeckt werden können, sind auch schiefwinklige Brückenbauwerke realisierbar. Modulare Brücken eignen sich sowohl für Aals auch für ÜBauwerke. Ebenfalls stehen mit modularen Brückenbausystemen der verschiedenen Hersteller unterschiedliche Bauarten (Verbund-, Stahlbeton- oder Spannbetonbrücken) und Tragsysteme (integrale Brücken oder statisch bestimmte Einfeldsysteme) zur Verfügung. Damit können wichtige Anforderungen an Ersatzneubauten bezüglich höherer Verkehrslasten bei gleicher Bauhöhe und ggf. größeren Stützweiten erfüllt werden, die sich aus der Streckenführung, den einzuhaltenden Durchfahrtshöhen und - so gewünscht - dem Verzicht auf eine Mittelunterstützung ergeben. Aufgrund fehlender Langzeiterfahrungen mit modularen Brücken in Deutschland wurden anhand der Pilotprojekte jedoch auch Hemmnisse bei der Durchführung solcher Projekte identifiziert. So werden Brücken aus Fertigteilen in den aktuellen Regelwerken des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) zu Entwurf (z.-B. RE- ING [9] und RAB-ING [10]) und Bauausführung (z.-B. ZTV-ING [11]) aufgrund schlechter Erfahrungen mit Fertigteilen in der Vergangenheit [12] im Vergleich zu konventionell errichteten Brücken nicht gleichwertig behandelt. Hinsichtlich einer modularen Ausführung sind die 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 423 Planungshilfe zur Umsetzung modularer Brückenbausysteme in Deutschland aktuellen Regelwerke derzeit zum Teil nicht vollständig, sodass spezifische Regelungen für modulare Brücken (z.-B. Fertigteilfugen, Kappen, Dauerhaftigkeit) fehlen. Darüber hinaus erlauben die derzeit ansetzbaren Vergabekriterien keine vollumfängliche Berücksichtigung der verringerten externen Kosten modularer Brückenbausysteme, die sich beispielsweise aus verkürzten Bau- und Sperrzeiten und der Vermeidung von Stauzeiten oder Umleitungsstrecken und auch infolgedessen eingesparter CO 2 -Emissionen ergeben. Auf Grundlage von Brückendaten der BASt wird deutlich, welche Randbedingungen von modularen Brückenbauwerken erfüllt werden müssen, sodass ein vermehrter Einsatz ermöglicht wird. Die Verteilung der Brückenlängen im Netz der Bundesfernstraßen gibt bspw. Aufschluss darüber, dass ca. 80-% aller Brücken Längen von bis zu 50-m aufweisen (Abb.-5). Die Pilotprojekte haben gezeigt, dass diese Brückenlängen mit den vorgestellten Systemen realisiert werden können. Vor diesem Hintergrund erarbeitet ein Konsortium mit Vertretern aus Baufirmen, Planungsbüros, öffentlichen Auftraggebern und der RWTH Aachen University eine Planungshilfe für den modularen Brückenbau in Deutschland. Der Anwendungsbereich der Planungshilfe ergibt sich sowohl in Abgrenzung als auch in Ergänzung zu den vorhandenen Regelwerken. Die Planungshilfe soll in Zukunft eine geeignete Grundlage für Erweiterungen der bestehenden Regelwerke sein und so zu einer Akzeptanzsteigerung für modulare Brücken auf allen Ebenen beitragen. Abb.-5: Verteilung der Brückenlängen im Netz der Bundesfernstraßen, Grafik: CBI Center Building and Infrastructure Engineering GmbH, nach [1] Der Fokus der Planungshilfe liegt auf der Ausarbeitung und Darstellung von technischen Konstruktionsmerkmalen. In einem ersten Schritt erfolgt dies in Form eines Katalogs von bereits erprobten Details bei der Planung und Umsetzung modularer Brücken. Auf diese Weise wird das in den Pilotprojekten gesammelte Fachwissen einem breiten Fachpublikum zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus soll aufgezeigt werden, für welche Randbedingungen der Einsatz einer modularen Brücke wirtschaftlich sinnvoll ist und wann eine konventionelle Bauart favorisiert werden sollte. Dazu werden Kriterien definiert, die eine Entscheidung über die wirtschaftlichste Lösung, auch unter Berücksichtigung der externen Kosten, zulassen, um neben den konstruktiven Randbedingungen u.-a. auch die Auswirkungen der Baustelle auf den umliegenden Verkehr zu berücksichtigen. 3.1 Konstruktionsmerkmale Grundlage für die Planungshilfe sind die erfolgreich ausgeführten modularen Brückenbauwerke der beteiligten Unternehmen inklusive der zugehörigen Details, wie Fertigteilfugen, dauerhafte Abdichtungen oder Brückenkappen. Diese erprobten Details werden wissenschaftlich beleuchtet und herstellerneutral abstrahiert, um als allgemeine Konstruktionsmerkmale in die Planungshilfe aufgenommen zu werden. Die Darstellung der Konstruktionsmerkmale erfolgt dabei in Anlehnung an die Richtzeichnungen des BMDV [13]. Hierbei erleichtern eindeutige Verweise auf vorhandene Richtzeichnungen die Bewertung der neuen Konstruktionsmerkmale modularer Brücken. Die Konstruktionsmerkmale enthalten Definitionen zu Mindestabmessungen der einzelnen Bestandteile (z.- B. Dicke von Fertigteilen und Ortbetonergänzungen). Somit können mögliche Abweichungen zu den bestehenden Regelwerken identifiziert und mit den entsprechenden Akteuren diskutiert werden. Des Weiteren sollen neben der technischen Ausarbeitung der Konstruktionsmerkmale auch übergeordnete Themen wie z.-B. verschiedene statische Systeme oder unterschiedliche Gründungsarten Inhalt der Planungshilfe werden. Zudem werden wichtige Hinweise zu geometrischen Randbedingungen von modularen Brückenbaumaßnahmen und zu einem reibungslosen Bauablauf gegeben. Die Gliederung der Planungshilfe mit den Konstruktionsmerkmalen erfolgt anhand der einzelnen Bauteile einer exemplarischen modularen Brücke (vgl. Abb.-6). Abb.-6: Bestandteile einer modularen Brücke als Gliederung für die Planungshilfe, Grafik: CBI Center Building and Infrastructure Engineering GmbH Nachfolgend werden erste Studien zu den Konstruktionsmerkmalen vorgestellt. Dabei wird auf verschiedenen Ausführungen des Unterbaus und des statischen Systems eingegangen. Der endgültige Detailierungsgrad der Konstruktionsmerkmale ist derzeit noch Gegenstand der Diskussionen und wird im Laufe des Projektes weiter verfeinert. 424 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Planungshilfe zur Umsetzung modularer Brückenbausysteme in Deutschland Abb.-7: Vereinfachte Darstellung verschiedener Ausführungsvarianten für den Unterbau einer modularen Brücke, Grafik: CBI Center Building and Infrastructure Engineering GmbH In Abb.-7 sind verschiedene Ausführungsvarianten für den Brückenunterbau aus Betonfertigteilen vereinfacht dargestellt. Die drei gezeigten Unterbauten, bestehend aus einer Bodenplatte, der Widerlagerwand und den Flügelwänden, unterscheiden sich durch den notwendigen Materialeinsatz, insbesondere die erforderliche Menge Ortbeton. Während die Flügelwände in Abb.- 7- a) und b) aus Vollfertigteilen bestehen, kommt bei Abb.- 7- c) bewehrte Erde (z.- B. mit Geotextilien) zum Einsatz, wodurch nur eine Verkleidung mit dünnen Betonplatten erforderlich ist. Der grundlegende Unterschied zwischen den Ausführungen nach Abb.-7-a) und b) besteht im Verbindungsprinzip. Während die Fertigteile der Variante in Abb.-7-a) mit Spannstangen zusammengespannt werden, erfolgt die Verbindung der Fertigteile in Abb.-7-b) durch Ortbetonverguss im Bereich der Fugen (Flügelwände) oder durch das Ausbetonieren der Halbfertigteile (Widerlagerwand). Durch die Darstellung allgemeingültiger Konstruktionsmerkmale können die verschiedenen Arten des Unterbaus nach Bedarf mit verschiedenen statischen Systemen kombiniert werden. Verschiedene Varianten des statischen Systems sind in Abb.- 8 in vereinfachter Weise abgebildet. Abb.- 8- a) zeigt die Ausführung als statisch bestimmtes Einfeldsystem, die Abb.-8-b) und c) Varianten zur Ausbildung von Rahmentragwerken. Alle Varianten können sowohl in Massivbauals auch in Stahl- oder Verbundbauweise ausgeführt werden. Abb.-8: Vereinfachte Darstellung verschiedener statischer Systeme einer modularen Brücke, Grafik: CBI Center Building and Infrastructure Engineering GmbH Bei der Auswahl der verschiedenen Bestandteile einer modularen Brücke und den zugrundeliegenden Konstruktionsmerkmalen spielen die Toleranzen bei der Herstellung der Fertigteile eine wichtige Rolle. Auch hier soll die Planungshilfe in geeigneter Weise Hilfestellungen für Planende und Ausführende geben, sodass ein reibungsloser Bauablauf und eine sehr kurze Bauzeit realisiert werden können. 3.2 Hinweise für die Bemessung Die ausgeführten Pilotprojekte haben gezeigt, dass die technischen Voraussetzungen für die modulare Bauausführung von Brücken vorhanden sind. Da es aufgrund der fehlenden Erfahrung im modularen Brückenbau in Deutschland bisher nur wenig Routine in der Planung und Ausführung der spezifischen Details gibt, werden in der Planungshilfe ebenfalls Hinweise zur Bemessung der für modulare Brücken wichtigen Details gegeben. Neben der reinen Darstellung der Konstruktionsmerkmale werden an den betreffenden Stellen Erläuterungstexte weitere Hilfestellungen geben. Ziel ist es, die Konstruktionsmerkmale nach den anerkannten Regeln der Technik (z.-B. Eurocodes für Deutschland) zu bemessen und zu konstruieren, sodass zeit- und kostenintensive Zulassungsverfahren nach Möglichkeit vermieden werden. Diese Hinweise zur Bemessung führen zu einer einheitlichen Grundlage bei der Planung, Bemessung und Konstruktion wichtiger Details und machen so eine Vergleich- 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 425 Planungshilfe zur Umsetzung modularer Brückenbausysteme in Deutschland barkeit zwischen den verschiedenen Varianten im Bezug auf die Leistungsfähigkeit möglich. 3.3 Hinweise für Ausschreibung und Vergabe Neben der technischen Ausarbeitung der Planungshilfe mit Konstruktionsmerkmalen und Hinweisen für die Bemessung werden darüber hinaus auch wichtige Impulse zu den Themen Ausschreibung und Vergabe behandelt. Durch die aktuelle Praxis bei der Ausschreibung und Vergabe von Ersatzneubauten wird das Innovationspotential der Bauindustrie nur sehr unzureichend gefördert. Wird festgestellt, dass ein Ersatzneubau für eine Brücke notwendig ist, vergibt der Auftraggeber die Erstellung der Entwurfsplanung. Auf Grundlage dieser Entwurfsplanung wird im Folgenden ein ausführliches Leistungsverzeichnis erstellt und ausgeschrieben. Dabei konnte man in den vergangenen Jahren beobachten, dass Nebenangebote mit abweichenden Bauwerksentwürfen in den meisten Fällen nicht zugelassen wurden, um die Gefahr von zeit- und kostenintensiven Vergabenachprüfungsverfahren zu vermeiden. Erschwerend kommt hinzu, dass das Hauptkriterium für die Vergabe die Herstellkosten sind und andere Faktoren wie kurze Bau- und Sperrzeiten nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die derzeit ausgeführten modularen Brücken wurden allesamt als Pilotprojekte ausgeführt, da eine klassische Ausschreibung und Vergabe nicht ohne Weiteres möglich waren. Um eine Beschleunigung auch bei der Ausschreibung und Vergabe zu erreichen und gleichzeitig die innovativen Ideen der Ausführenden mit einzubeziehen, bietet sich eine funktionale Ausschreibung an. Dabei werden zu Beginn die wichtigsten Randbedingungen (u.-a. Länge und Breite der Brücke, Kreuzungswinkel, Durchfahrtshöhe, Gradiente) als Grundlage der Ausschreibung definiert. Bei der funktionalen Ausschreibung übernimmt der Auftragnehmer neben der Ausführung der Baumaßnahme auch die gesamte Planung und Konzeption. Auf diese Weise können die Anbieter ihre eigenen innovativen Systeme einbringen und umsetzen. Hierbei nimmt die Autobahn GmbH des Bundes aktuell eine Vorreiterrolle ein und hat für ihre Niederlassungen einen Handlungsleitfaden für funktionale Ausschreibungen [14] erarbeitet, der zusammen mit der aktuellen Fassung des Handbuchs für die Vergabe und Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau (HVA-BStB, [15]) veröffentlicht wurde. Für den eigentlichen Wettbewerb und die spätere Vergabe müssen jedoch weitere neue, nachvollziehbare und auch rechtssichere Vergabekriterien angewendet werden. Neben einer stärkeren Gewichtung der Bau- und Sperrzeiten zur Reduzierung der Stau- und Unfallgefahr zählt dazu die Berücksichtigung weiterer externer Kosten, die aktuell nicht Teil der Vergabekriterien sind. Darüber hinaus sollten ebenfalls die CO 2 -Emissionen nicht nur für die Errichtung der Brücke, sondern auch infolge von Stauzeiten und eventueller Umleitungsstrecken über die Bauzeit berücksichtigt werden. Diese Kriterien sind dann für alle eingereichten Vorschläge anzuwenden und erlauben die Auswahl des geeigneten Systems in Abhängigkeit definierter Kriterien. Hierzu sollen in der Planungshilfe auch erste Vorschläge für die Berücksichtigung der externen Kosten und der CO 2 -Emissionen in Verbindung mit den Empfehlungen zur funktionalen Ausschreibung der Autobahn GmbH des Bundes gegeben werden. 4. Zusammenfassung und Ausblick Aufgrund der hohen Anzahl zu erneuernder Straßenbrücken werden neue Verfahren benötigt, um diese Bauvorhaben kurzfristig umzusetzen. Ein vielversprechender Ansatz ist dabei der Einsatz modularer Brückenbausysteme. Durch eine werkseitige Vorfertigung und spätere Montage auf der Baustelle lässt sich die Bauzeit erheblich reduzieren. Zudem lassen sich solche modularen Brückenbausysteme mit nur sehr wenigen Sperrpausen realisieren. Dadurch wird der Eingriff in den laufenden Verkehr minimiert und neben der Unfallgefahr im Baustellenbereich auch die CO 2 -Emissionen reduziert. Mit den vorgestellten Pilotprojekten konnten wertvolle Erfahrungen gesammelt und Verbesserungspotenziale nicht nur bei der technischen Planung und Ausführung, sondern auch hinsichtlich Ausschreibung und Vergabe identifiziert werden. An dieser Stelle setzt die Planungshilfe für den modularen Brückenbau an, die derzeit gemeinschaftlich von Akteuren aus Wirtschaft und Wissenschaft sowie von Seiten der öffentlichen Auftraggeber erarbeitet wird. Neben technischen Ausarbeitungen in Form von Konstruktionsmerkmalen und Hinweisen für die Bemessung werden auch Hinweise für die Ausschreibung und Vergabe gegeben, sodass eine erste Grundlage für mögliche Anpassungen der einschlägigen Regelwerke vorliegt. Durch die Planungshilfe werden einheitliche Vorgaben für modulare Brücken erarbeitet, die zudem eine Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Systeme der verschiedenen Hersteller ermöglichen. In Zukunft soll die Planungshilfe dazu beitragen das Fachwissens auf allen Ebenen zu fördern, wobei die Verbreitung von Erfahrungen zur Planung und Ausführung von modularen Brücken im Vordergrund steht. Durch eine gezielte Wissensvermittlung soll eine breite Akzeptanz und Anwendung dieser innovativen Bauweise sichergestellt werden. Dadurch wird vor allem die praktische Umsetzung vereinfacht und beschleunigt, sodass neben der konventionellen Errichtung von Brücken eine alternative Regelbauweise etabliert wird. Projektkonsortium Im 2019 gegründeten Center Building and Infrastructure Engineering auf dem RWTH Aachen Campus hat sich ein Konsortium gefunden, welches sich von Beginn an mit dem Thema des modularen Brückenbaus beschäftigt. Das Projektkonsortium besteht aus Vertretern der Hochschule, unterschiedlicher Unternehmen und der öffentlichen Hand. Von Seiten der RWTH Aachen University sind das Institut für Stahlbau (Prof. Feldmann) und das Institut für Massivbau (Prof. Hegger und Prof. Claßen) aktiv an der technischen Ausarbeitung beteiligt. Das Institut für Straßenwesen (Prof. García Hernandez) steht dabei in beratender Funktion zur Seite. Aus der Indus- 426 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Planungshilfe zur Umsetzung modularer Brückenbausysteme in Deutschland trie sind ECHTERHOFF (Westerkappeln), Hentschke (Bautzen), HEITKAMP (Herne), Max Bögl (Neumarkt) und nesseler (Aachen) als Anbieter eigener modularer Brückenbausysteme vertreten. Darüber hinaus wird das Projekt von HOCHTIEF (Essen) und FILIGRAN (Leese) unterstützt. Das Ingenieurbüro H+P Ingenieure (Aachen) mit umfassenden Erfahrungen auf dem Gebiet des Brückenbaus hat sich ebenfalls dem Konsortium angeschlossen. Aus Sicht der (behördlichen) Auftraggeber arbeiten neben der Autobahn GmbH des Bundes das Bundesministerium für Verkehr und Digitales (BMDV), die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau (DEGES), der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW) und die DB Netz AG an dem Projekt aktiv mit. Danksagung Besonderer Dank gilt der Autobahn GmbH des Bundes für die Förderung des Projekts „Erarbeitung einer Planungshilfe für den modularen Brückenbau“ sowie den beteiligten Unternehmen für die inhaltliche und finanzielle Unterstützung bei der Erarbeitung einer Planungshilfe für den modularen Brückenbau. Literatur [1] Bundesanstalt für Straßenwesen (2023) Fokus: Brücken - Brückenstatistik und Zustandsnoten der Brücken [online]. Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt). https: / / www.bast.de/ DE/ Ingenieurbau/ Fachthemen/ brueckenstatistik/ bruecken_hidden_ node.html. [2] DIN 1076: 1999-11, Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen - Überwachung und Prüfung. Berlin: Beuth Verlag GmbH. [3] Seidl, G. et al. (2016) Segmentbrücke Greißelbach als Stahlverbundbrücke ohne Abdichtung und Asphalt in: Stahlbau 85, H. 2, S. 126-136. https: / / doi. org/ 10.1002/ stab.201610357 [4] Max Bögl Stiftung & Co. KG (6.7.2022) Allgemeine Bauartgenehmigung Z-13.4-161 - Direkt befahrene Fahrbahnplatte aus zusammengespannten Fertigteilplatten für Modulbrücken. [5] Balder, T. (2020) Der Ersatzneubau Hammacher Straße über die BAB A46: Realisierung eines innovativen Brückenbaukonzepts in Fertigteilbauweise in: Beton 70, H. 5. [6] Reddemann, T. (2022) Schnellbausystem „Expressbrücke“ in: Krieger, J.; Isecke, B. [Hrsg.]. Ostfildern: Technische Akademie Esslingen, S. 287-291. [7] Klotz, K. (2023) 50 statt 228 Tage vom Abbruch bis zum Brückenneubau - Expressbrückenbausystem [online]. https: / / www.ingenieur.de/ fachmedien/ bauingenieur/ special-infrastrukturbau/ 50-statt- 228-tage-vom-abbruch-bis-zum-brueckenneubau/ [Zugriff am: 09.07.24]. [8] Knorrek, C.; Bosbach, S.; Hegger, J. (2020) Untersuchungen zum Tragverhalten neuartiger modularer Baukastenbrücken aus Betonfertigteilen in: Krieger, J.; Isecke, B. [Hrsg.]. Ostfildern: Technische Akademie Esslingen, S. 107-118. [9] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (2023) Richtlinien für den Entwurf, die konstruktive Ausbildung und Ausstattung Ingenieurbauten - RE-ING. 2023/ 03. [10] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (2023) Richtlinien für das Aufstellen von Bauwerksplanungen für Ingenieurbauten - RAB-ING. 2023/ 01. [11] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (2022) Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten - ZTV- ING. 2022/ 10. [12] Wirker, A. et al. (2020) Innovativer und nachhaltiger Ersatzneubau von Betonbrücken - Fördernummer FE 15.0596. Brücken- und Ingenieurbau Heft B 155. [13] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (2022) Richtzeichnungen für Ingenieurbauten - RiZ-ING. 2022/ 01. [14] Die Autobahn GmbH des Bundes (17.01.2023) Handlungsleitfaden für funktionale Ausschreibungen. [15] Bundesministerium für Digitales und Verkehr (2023) Handbuch für die Vergabe und Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau - HVA B-StB. 2023/ 03.
