eJournals Brückenkolloquium 6/1

Brückenkolloquium
kbr
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expert verlag Tübingen
0925
2024
61

Bauzeitenverkürzung durch maschinengestützte Materialvorlage bei der Versiegelung unter der Schweißbahn

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Arnd Laber
Um ausführendes Personal zu entlasten und dabei gleichzeitig die Ausführungssicherheit zu erhöhen und die Ausführungszeit deutlich zu verkürzen, wurde eine Maschine entwickelt, die so für Flüssigkunststoffe auf PMMA-Basis bisher einmalig ist. Das durch die Verwendung von Großgebinden damit auch noch ein konkreter Beitrag zur Nachhaltigkeit in der Leistungserbringung erfolgt, ist ein weiterer Pluspunkt.
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6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 531 Bauzeitenverkürzung durch maschinengestützte Materialvorlage bei der Versiegelung unter der Schweißbahn Arnd Laber Triflex GmbH & Co. KG Zusammenfassung Um ausführendes Personal zu entlasten und dabei gleichzeitig die Ausführungssicherheit zu erhöhen und die Ausführungszeit deutlich zu verkürzen, wurde eine Maschine entwickelt, die so für Flüssigkunststoffe auf PMMA-Basis bisher einmalig ist. Das durch die Verwendung von Großgebinden damit auch noch ein konkreter Beitrag zur Nachhaltigkeit in der Leistungserbringung erfolgt, ist ein weiterer Pluspunkt. „Mischung“ - Wer Baustellen begleitet, auf den mit Reaktionsharzen beschichtet wird, kennt diesen manchmal befehlsmäßigen, manchmal schon fast flehentlichen Ruf. Egal ob Industrieboden, Parkhausbeschichtung oder eben die Versiegelung auf einer Brückentafel. Es gibt eine Vorgabe für die m 2 und es gibt eine vorgegebenen und einzuhaltende Auftragsmenge und es gibt dann die Strecke zwischen Mischplatz und dem jeweiligen Ort des Geschehens. Bei einer Industriehalle lässt sich das je nach Größe noch planen. Auf einer Brücke sind die örtlichen Rahmenbedingungen und der Bauablauf letztlich im Sinne des Wortes die Leitplanken. Regelwerksseitig bewegen wir uns im Umfeld der ZTV- ING, Teil 6 Abschnitt1 in Verbindung mit der H PMMA (siehe FGSV 775). Seit 2018 ist in dieser Kombination der Einsatz von PMMA (Polymethylmethacrylat)-Harzen „für Erneuerung- und Instandsetzungsarbeiten, bei denen kurze Ausführungszeiten benötigt werden, sowie für Baumaßnahmen im Frühjahr und im Herbst, bei denen Versiegelung und Grundierung aus Epoxidharz aufgrund der niedrigen Temperaturen beim Einbau nicht eingesetzt werden können ...“ (siehe S. 6 Pkt. Baugrundsätze der H PMMA) möglich und Bedarf danke des ARS Nr. 21/ 2023 auch keiner Zustimmung im Einzelfall mehr, wenn die im ARS genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Da das Hinweisblatt für PMMA sich rein auf das Bindemittelmittel und die an es gerichteten Anforderungen bezieht, müssen wir zu den Vorgaben der Verwendung in die ZTV-ING Teil 6-1 schauen. Im Kapitel 4 wir unter Pkt. 4.3.3.2 hier die seit den 80er Jahren gelebte Praxis der Handapplikation beschrieben. Ein Status-Quo der mangels Alternativen bisher auch nicht in Frage gestellt wurde und mit den eingespielten Kolonnen sicher auch kalkulationssichere m 2 -Leistungen erzielen können. Dass es dabei vielleicht auch mal zu Unterschreitung der geforderten Auftragsmenge oder zu Mischfehlern kommt, ist ärgerliche aber nur schwer zu vermeidende Baustellenrealität. Letztlich auch eine Frage der Qualifikation der ausführenden Mitarbeiter, denn auch hier ist der an vielen Stellen diskutierte Fachkräftemangel teilweise spürbar. An dieser Stelle sein hier nur auf den AB BA-Schein verwiesen. Könnte man also in diese reine Handverarbeitung eingreifen und über die Nutzung einer entsprechenden Spritzanlage entweder den Bedarf an Personal reduziere oder die m²-Leistung der Kolonne signifikant steigern? Dazu muss erst einmal die Frage geklärt werden, ob eine solche maschinenunterstützte Materialvorlage überhaupt durch die Regelwerke abgedeckt wird. In Kapitel 4.3.3.1 steht unter Punkt 14: „Die … Verfahren der Behandlung können manuell oder bei gleicher Wirkungsweise auch maschinell durchgeführt werden.“ Aber was bedeutet diese „Gleichwertigkeit“ der ZTV-ING? Dazu sollten wir einmal schauen, was PMMA-Harze eigentlich von den bisher verwendeten EP-Harzen unterscheidet. Bei PMMA-Harzen werden die Mehrfachbindungen der Monomere durch die Zugabe von Katalysatoren aufgelöst um langkettige Verbindungen (Polymere) zu bilden. Es kommt also auf den Katalysator an, der bei den bisherigen Produkten der BAST-Listung in der Regel in Pulverform vorliegt. Ein Pulver in einem automatisierten Mischvorgang zielsicher zu dosieren und einer Flüssigkomponente gleichmäßig zuzugeben ist theoretisch möglich aber eher nicht baustellentauglich. Nun kennen wir über die kalt verarbeiteten Markierungswerkstoffe auf PMMA-Basis ja die Wirkweise sog. Flüssigkatalysatoren. Diese beiden unterschiedlichen Flüs- 532 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 Bauzeitenverkürzung durch maschinengestützte Materialvorlage bei der Versiegelung unter der Schweißbahn sigkeiten in einem 98: 2-Mischungsverhältnis zielsicher zu mischen und zu applizieren ist heute auf vielen hundert Kilometer Fahrbahnmarkierung Stand der Technik. Also - Flüssigkatalysator. Im Grunde wäre ein relativ einfacher Ansatz, auf der Grundlage der bestehenden Grundprüfung eines Abdichtungsharzes zu untersuchen, wie sich die relevanten Parameter ändern, wenn statt eines Pulverein Flüssigkatalysator eingesetzt wird. Ein solcher Nachweise wurde über das Prüfinstitut nach Rücksprache mit der BAST erbracht. Für das reine Produkt wäre damit eigentlich die Anforderung der H PMMA nachgewiesen. Aber wirkt sich der Flüssigkat vielleicht unter Hitze auf die Verbindung zu den Polymer-Bitumenschweißbahnen aus? Um auch diese Frage letztlich vertragssicher beantworten zu können, wurden hierzu erneute Grundprüfungen nach den Anforderungen der TL/ TP BEL-EP (Ausgabe 1999) bzw. Verträglichkeitsprüfungen mit definierten Polymerbitumen-Schweißbahnen nach der TL/ TP BEL- B1 jeweils i.V. m. den H PMMA (Ausgabe 2018) durchgeführt. Nach dem Vorliegen dieser Prüfnachweise war die erneute Grundlage für eine zusätzliche Listung seitens der BAST gegeben. Wie werden Harz und Flüssigkatalysator aber nun in der Maschine zu einem fertig zu verarbeitenden Material? Bei der Konstruktion einer solchen Anlage kann man grundsätzlich an verschiedene Wirkprinzipien denken. Naheliegend, weil in der Praxis häufiger angewendet sind druck- und drehzahlgesteuerte Pumpen. Für unseren Anwendungsfall haben sie allerdings ein paar Nachteile. Ein gleichmäßiger Materialfluss ist bei wechselnden Viskositäten ist hier nur sehr schwierig herzustellen. Die Alternative sind volumengesteuerte Aggregate. Die haben den Vorteil, dass sich sehr genau einstellen lassen und man die Zugabe der zweiten Komponente über die Pumpen gut einstellen kann. Je nach zu förderndem Basisharz ist das jeweiligen spez. Volumen bekannt und witterungsunabhängig. Es braucht also nicht eine regelmäßige Viskositätsbestimmung auf der Baustelle und auch denkbare Schwankungen durch jahreszeitliche Temperaturunterschiede können vernachlässigt werden. Aber nicht nur das zahlt auf die Qualität der Arbeit ein. Die Maschine ist so konzipiert, dass sie fortlaufend überwacht, ob Material gefördert wird. Mischfehler sind somit nahezu ausgeschlossen. Zudem sind Warneinrichtung für die Dieselversorgung verbaut. Damit wird das Bedienpersonal deutlich entlastet. Überhaupt war bei der Konzeption und Konstruktion auch das ausführende Personal und die aktuelle Situation bei Fachkräften und Altersdurchschnitt der Branche ein wichtiges Kriterium. SAM ermöglicht ein ergonomisches Verarbeiten durch die stehende Verlegung. Damit entstehe attraktivere Arbeitsbedingungen, die einen stressfreien Baustellenfortschritt mit erhöhter Flächenleistung ermöglichen. Dass das Personal dabei mit einer angemessenen PSA ausgerüstet sein sollte, versteht sich von selbst. Allerdings gehen die Anforderung eigentlich nicht über das hinaus, was auch schon für die händische Verarbeitung angeraten ist. Eine Flächenleistung von 12 m 2 / Minute bei einlagigem Auf bau ist ohne weiteres zu erreichen. Damit hat SAM nachgewiesen, dass die Arbeiten 4-mal schneller ausgeführt werden können als bei der manuellen Verarbeitung. Dies ermöglicht natürlich auch wieder eine effizientere Personaleinsatzplanung aufgrund der verkürzten Bauzeiten. Ein weiterer Aspekt, der auf Flächen > 1.500 m 2 für den Einsatz von SAM spricht, ist der damit leistbare Beitrag zur Nachhaltigkeit. Haben Sie schon einmal gesehen, wieviel Gebinde nach einer solchen Maßnahme entsorgt werden müssen. Egal ob Blech oder Kunststoff. Und haben Sie schon mal überschlagen, wieviel wertvolles Material als Restanhaftung dabei ebenfalls verloren geht? Durch den Einsatz von IBC reduziert sich nicht nur der Gebindemüll deutlich. Auch die Baustellenlogistik wird vereinfacht, weil wenige Palettenplätze auf der oft so kritischen letzten Meile gebraucht werden. Nun ist das Arbeiten aus und mit solchen Mehrwegcontainern noch nicht Alltag. Deshalb haben wir ein spezielles Containerhandbuch erstellt, in dem alle wichtigen Punkte anschaulich erklärt und bebildert dargestellt werden. Ein weiterer Nachhaltigkeitsaspekt aber auch ein Aspekt für den Schutz der Mitarbeiter ist die notwendige Reinigung. Bei Rührwerken und Werkzeug für die händische Verarbeitung ist zum Ende eines Tages immer ein aufwendiger Reinigungsprozess erforderlich. Er kostet Zeit und die Tropfverluste, die sich beim Umgang mit dem Reiniger kaum vermeiden lassen, belasten die Umwelt an der Baustelle. Die sehr einfache Reinigung des Austraggerätes verbraucht deutlich weniger Zeit und Reiniger. Somit ermöglicht SAM mehr Leistung, mehr Fläche und ergibt weniger Abfall. Zahlt also auf die Kriterien Qualität, Geschwindigkeit, Nachhaltigkeit und Personal ein. Ab welcher Flächengröße ist der Einsatz einer Maschine sinnvoll? Tagesleistungen liegen je nach aufzubringendem System (Anzahl der Lagen) bei bis zu 1.500 m 2 . Dabei sind die Rüstzeiten zu vernachlässigen (< 1 Stunde). Große Parkhausflächen auch mit Aufkantungen oder eben große Brückentafeln sind optimale Anwendungsgebiete für solche Anlagen. Bei der Brücke sind wir dann wieder am Anfang und der Zuordnung zum Regelwerk. Im ARS Nr. 21/ 2023 wird in mehreren Absätzen zurecht das Temperaturthema behandelt. Die bereits zitierten Baugrundsätze regeln sehr klar den eigentlich Einsatzbereich und natürlich muss es auch Obergrenze für die Verarbeitung geben. Die in den Ausführungsanweisungen der Hersteller angegebenen Werte in Bezug auf Luft UND Untergrund sind in jedem Fall zu beachten. Aber gerade in Bereich der oberen Temperaturgrenze hat die maschinengestütze Materialvorlage durchaus Vorteile! 6. Brückenkolloquium 2024 - Oktober 2024 533 Bauzeitenverkürzung durch maschinengestützte Materialvorlage bei der Versiegelung unter der Schweißbahn Wir konventionell gemischt und händisch verarbeitet, kostet alleine der Weg vom Mischplatz zur Einbaustelle schon wertvolle Reaktionszeit. Wird dann das Material ausgekippt „muss“ es auch aufgebracht werden. Egal wie schnell die Gelphase dann einsetzt. Bei der maschinellen Verarbeitung sind hohe Lufttemperaturen nur bedingt ein Problem. Sicher muss man darauf achten, dass sich das Material in den Zuleitungen bereits erhitzt aber zwischen Mischvorgang und dem unmittelbaren Auftreffen auf die Fläche vergeht kaum Zeit. So dass man daran denken könnte, hier bei höheren Temperaturen im Grenzbereich des Regelwerkes arbeiten zu können. Und was kommt danach? Sicher kann man auch bei der systembedingt notwendigen Zwischenabsandung das ausführende Personal technisch aufrüsten. Entsprechende Prototype Marke Eigenbau sind entweder schon im Einsatz oder befinden sich in der Erprobungsphase. Literatur [1] ZTV-ING Teil 6, Abschnitt 1. [2] H PMMA des FGSV (Ausgabe 2018). [3] ARS Nr. 21/ 2023.