eJournals Kolloquium Erhaltung von Bauwerken 7/1

Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
kevb
expert Verlag Tübingen
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2021
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Neuzeitliche Infrastrukturprojekte versus Denkmalpflege? Eine diplomatische Herausforderung?

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2021
Axel Dominik
Pascale Dominik
In dem Vortrag möchten wir anhand einiger Beispiele die Schwierigkeiten, aber auch die positiven Seiten schildern, die mit der restauratorischen Instandsetzung historischer Bauwerke verbunden sind.
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7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 25 Neuzeitliche Infrastrukturprojekte versus Denkmalpflege? Eine diplomatische Herausforderung? Axel Dominik Dominik Ingenieurbüro, Bornheim | Deutschland Pascale Dominik Dominik Ingenieurbüro, Bornheim | Deutschland In dem Vortrag möchten wir anhand einiger Beispiele die Schwierigkeiten, aber auch die positiven Seiten schildern, die mit der restauratorischen Instandsetzung historischer Bauwerke verbunden sind. Beispiel 1: Eine historische Eisenbahnbrücke wurde im 18. Jahrhundert aus Natursteinmauerwerk errichtet, ist in großen Teilen schwer geschädigt und genügt nach Ansicht einiger Beteiligter nicht mehr den neuesten Infrastrukturanforderungen. Dies betrifft auch u. a. die Lasten, die zukünftig auf der Brücke transportiert werden sollen. Der Zustand der Brücke kann die heutigen Anforderungen nicht mehr erfüllen. Im Rahmen der Untersuchungen wurde festgestellt, dass die Brücke vielfältige Alterserscheinungen aufweist. Die Naturwerksteine der Fassade sind teilweise gelöst, der Mörtel des Bruchsteinmauerwerks dahinter existiert in Teilbereichen nicht als Mörtel, sondern eher in einem sandigen Zustand. Im Laufe der Untersuchungen entstand eine Faszination hinsichtlich der planerischen, aber auch der handwerklichen Leistungen, die an diesem Bauwerk mit den damaligen Mitteln des 18. Jahrhunderts und den Baustoffen aus der Region erbracht wurden. Für die Instandsetzung des Bauwerkes wurde nach Lösungen gesucht, die einerseits das traditionelle Bauwerk berücksichtigt, jedoch auch den heutigen Anforderungen entspricht. Beispiel 2: Ein historisches Bauwerk aus der Jahrhundertwende des 19. und 20. Jahrhunderts, welches seit vielen Jahrzehnten ungenutzt der Witterung frei ausgesetzt wurde und scheinbar keinen Nutzen mehr hat, gefährdet aufgrund seiner Baufälligkeit u. a. Passanten, die an dem Haus vorbeigehen. Eine Wohnungsbaugesellschaft möchte aufgrund des großen Wohnungsbedarfs in den Städten auf dem Grundstück dieses denkmalgeschützten und vollkommen heruntergekommenen Bauwerks ein mehrgeschossiges Wohnhaus nach dem neuesten Stand der Technik bauen. Das denkmalgeschützte Wohnhaus wurde mit den damaligen Baustoffen errichtet, weist feuchtebedingte Schäden, einen biologischen Befall und nach den heutigen Anforderungen keinen ausreichenden Wärme- und Schallschutz auf und ist zudem nicht mehr tragsicher. Beim näheren Hinsehen fasziniert jedoch diese verschmutzte Stuckfassade in Hinblick auf die handwerklichen Fähigkeiten, u. a. die der Stuckateure, der Schreiner und der Maurer. Das Gebäude strahlt nicht nur das handwerkliche Können aus, sondern auch seine gesamte Geschichte. Beispiel 3: Eine Autobahnbrücke wurde während des 2. Weltkrieges aus Mauerziegel- und Naturstein-mauerwerk errichtet. Es ist faszinierend, mit welcher Präzision und in welcher kurzen Zeit dieses riesige Brückenbauwerk, welches viele Jahrzehnte dem Autobahnverkehr standgehalten hat, mit einfachen Baustoffen errichtet wurde. Die Baustoffe dieses Bauwerks sind durch die Belastung aus dem Straßenverkehr und durch Umwelteinflüsse geschädigt, die Mörtelbestandteile sind infolge von Umwandlungsprozessen in ihren Eigenschaften stark verändert. Eine nicht angepasste Ertüchtigung kann zu weiteren inneren Beanspruchungen und damit zu Schäden führen, wenn nicht neuzeitliche Instandsetzungsstoffe entwickelt werden, die mit diesen veränderten Baustoffen verträglich sind. Ziel ist es, das Bauwerk zu stabilisieren, die Tragfähigkeit zu erhöhen und somit das Bauwerk zu erhalten. Es stellt sich die Frage, ob das Bauwerk auch nach der Instandsetzung den neuzeitlichen Infrastruktur-anforderungen, die heute an ein solches Bauwerk gestellt werden, genügen. Folgende Fragen stellen sich aufgrund der aufgezeigten Problematik: „Dürfen diese denkmalgeschützten Gebäude für die Schaffung neuer Infrastrukturprojekte abgerissen werden? “ „Welchen Wert haben diese Gebäude heute noch für einen persönlich, seine Nutzer und gibt es Wege, sie für die Nachwelt zu erhalten? “ 26 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Neuzeitliche Infrastrukturprojekte versus Denkmalpflege? Eine diplomatische Herausforderung? In dem Vortrag wird nicht nur auf historische Bauweisen und Baustoffe eingegangen, sondern auch auf die neuzeitlichen Forschungen und Entwicklungen, die mit der Planung und Instandsetzung solcher Bauwerke verbunden sind. Gerade im Baustoffsektor können uns diese Untersuchungen zukünftig von Nutzen sein, wenn es um Verträglichkeit, Alterung und Dauerhaftigkeit von Baustoffen geht. An historischen Bauwerken lassen sich Wege für die Anwendung, aber auch für die Widerstandsfähigkeit von Baustoffen finden, die auch für neuzeitliche Infrastrukturprojekte gelten können. Dabei ist die Einbeziehung der Denkmalpflege in die Forschungs- und Planungsaufgaben von großer Bedeutung. Sie besitzt die Erfahrung mit historischen Baustoffen sowie deren Anwendung und kann wichtige Hinweise auf die Instandsetzung der vielfältigen Bauwerke aus den vergangenen Jahrhunderten geben.