eJournals Kolloquium Erhaltung von Bauwerken 7/1

Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
kevb
expert Verlag Tübingen
71
2021
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BIM in der Instandsetzungsplanung

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2021
Marike Bornholdt
Matthias Petersen
Holle Goedeke
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Nutzung der BIM-Software Desite von thinkproject in der Instandsetzungsplanung von Bestandsbauwerken. Anhand aktueller Projekte des Ingenieurbüros WTM Engineers wird die Art und Weise der Softwarenutzung in verschiedenen Phasen der Planung erläutert um die Digitalisierung von Instandsetzungsprojekten voranzutreiben. In der Instandsetzungsplanung beginnt BIM mit der dreidimensionalen Modellierung des Bestands. Im weiteren Projektverlauf ist im Zusammenhang mit der Schadensaufnahme im Bestand und der Planung und Durchführung von Bauteil- und Baustoffuntersuchungen eine eindeutige Platzierung und Attribuierung von Objekten im Modell notwendig. Um die strukturierten Daten aus der BIM-Software an andere Projektbeteiligte weiterzugeben, steht ein verlustfreier Datenaustausch über allgemeingültige Dateiformate im Vordergrund. Das bezieht sich auch auf den Austausch von Informationen zwischen unterschiedlichen Softwareanwendungen in Bezug auf Terminplanungen und Kostenkalkulationen. Anhand von ersten Erfahrungen in diesem Bereich wird ein Ausblick über die Möglichkeiten einer BIM-basierten Instandsetzungsplanung gegeben.
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7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 115 BIM in der Instandsetzungsplanung - Projektbezogene Anwendungsfälle bei WTM Engineers - Marike Bornholdt WTM Engineers, Hamburg, Deutschland Matthias Petersen WTM Engineers, Hamburg, Deutschland Dr. Holle Goedeke WTM Engineers, Hamburg, Deutschland Zusammenfassung Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Nutzung der BIM-Software Desite von thinkproject in der Instandsetzungsplanung von Bestandsbauwerken. Anhand aktueller Projekte des Ingenieurbüros WTM Engineers wird die Art und Weise der Softwarenutzung in verschiedenen Phasen der Planung erläutert um die Digitalisierung von Instandsetzungsprojekten voranzutreiben. In der Instandsetzungsplanung beginnt BIM mit der dreidimensionalen Modellierung des Bestands. Im weiteren Projektverlauf ist im Zusammenhang mit der Schadensaufnahme im Bestand und der Planung und Durchführung von Bauteil- und Baustoffuntersuchungen eine eindeutige Platzierung und Attribuierung von Objekten im Modell notwendig. Um die strukturierten Daten aus der BIM-Software an andere Projektbeteiligte weiterzugeben, steht ein verlustfreier Datenaustausch über allgemeingültige Dateiformate im Vordergrund. Das bezieht sich auch auf den Austausch von Informationen zwischen unterschiedlichen Softwareanwendungen in Bezug auf Terminplanungen und Kostenkalkulationen. Anhand von ersten Erfahrungen in diesem Bereich wird ein Ausblick über die Möglichkeiten einer BIM-basierten Instandsetzungsplanung gegeben. 1. Einleitung Spätestens mit der Veröffentlichung der Richtlinienreihe 2552 des VDI [1] kann das Thema Building Information Modeling (BIM) nicht mehr ignoriert werden. Bestehende Workflows in kleinen wie in großen Ingenieurbüros und bauausführenden Firmen müssen digitalisiert und an die modellbasierte Methode angepasst werden. Damit die dreidimensionalen BIM-Modelle über die Entstehung des realen Bauwerks hinaus, also für weitere Meilensteine im Lebenszyklus des Bauwerks genutzt werden können, werden aktuell bei WTM Engineers die ersten Instandsetzungsplanungen modellbasiert ausgeführt. Dafür werden bereits vorhandene Standards und Softwareprodukte aus anderen Bereichen des Bauingenieurwesens an die Vorgänge und Bedürfnisse einer Instandsetzungsplanung angepasst und durch individuelle Bearbeitungsschritte ergänzt. Abb. 1 stellt die digitalen Workflows und die zu verwendende Software schematisch dar. Zunächst wird auf der Grundlage vorhandener Bestandsunterlagen - i. d. R. zweidimensionale Pläne im PDF oder DWG Format - ein dreidimensionales Bestandsmodell konstruiert. Ein 3D-Modell liegt nur in Einzelfällen schon vor der Planung einer Instandsetzung vor und kann als Bestandsunterlage in Form von IFC-Dateien oder Punktwolken als Planungsgrundlage in die Koordinationssoftware Desite geladen werden. Hier fließen dann alle weiteren Informationen zu dem Bestandsbauwerk aus Zustandserfassungen oder Untersuchungen in Form von objektspezifisch verknüpften Attributen ein. Die Koordinationssoftware dient zu diesem Zeitpunkt als zentraler Speicher von bauwerks- und planungsrelevanten Daten und Informationen. Über die Nutzung von softwareinternen Programmierschnittstellen können diese Informationen ausgewertet und zu aussagekräftigen Darstellungen weiterverarbeitet werden. Auch im Hinblick auf die Terminplanung und Kostenkalkulation von Instandsetzungsmaßnahmen kann das BIM-Modell als Berechnungsgrundlage genutzt werden. Durch die Verknüpfung aktueller Terminpläne mit dem BIM-Modell können terminliche Kollisionen durch Fehlermeldungen in der Koordinationssoftware frühzeitig erkannt werden. 116 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 BIM in der Instandsetzungsplanung Abb. 1 Darstellung der BIM-Prozesse bei WTM Engineers (eigene Darstellung) Die erste Anwendung des zuvor beschriebenen Informationsmanagements erfolgte bei WTM Engineers im Zuge der Instandsetzungsplanung eines Schwimmbades Anfang 2020 im Rahmen einer Bachelorarbeit [2]. Hier wurde für sämtliche Schritte, von der Konstruktion des 3D-Modells über die Attribuierung bis hin zur Auswertung von Untersuchungsergebnissen, die BIM-Software Revit von Autodesk verwendet. Mit der Nutzung von Revit konnten zunächst einzelne Schritte der Gesamtplanung digitalisiert und die Ergebnisse projektorientiert ausgewertet werden. Die Nutzung der Software Revit stellte dabei viele Möglichkeiten für die modellbasierte Instandsetzungsplanung zur Verfügung und konnte erfolgreich eingesetzt werden. Um in einem zweiten Schritt auch den Datenaustausch zwischen verschiedener Software beurteilen zu können und Herausforderungen bezüglich des Modellmanagements zu meistern, wird für weitere digitale Instandsetzungsplanungen zusätzlich die Software Desite verwendet. 1.1 Die BIM-Software Desite Die Software Desite manage data (MD) von thinkproject ist eine Koordinationssoftware für das Bauwesen [3]. Grundsätzlich bietet die Software eine Plattform, auf der projektspezifische, visuelle und numerische Informationen gesammelt und weiterverarbeitet werden können. In der Projektstruktur von Desite können verschiedene Modelle abgelegt und zu einem Koordinationsmodell zusammengefügt werden. Um dem Standard von BIM gerecht zu werden, sollten diese Modelle im IFC-Format vorliegen, aber auch andere Dateiformate können von Desite gelesen und weiterverarbeitet werden. In der Instandsetzungsplanung kann Desite vor allem für das Informationsmanagement eingesetzt werden, um den Zustand des Bestandsbauwerkes digital festzuhalten. Darüber hinaus bietet Desite die Möglichkeit auch ergänzende Dokumente (Bestandsunterlagen, Fotos, Konzepte) in sämtlichen Dateiformaten zu speichern und mit den entsprechenden Bauteilen im Modell zu verknüpfen. Durch das Einbinden von Skripten 1 können zusätzliche Automatisierungen und Funktionen programmiert werden. Dies erhöht die Flexibilität innerhalb der Software hinsichtlich der Möglichkeiten des automatisierten Datenabgleiches und -austausches. 2. Das Projekt - Bestand & Umnutzung Das Instandsetzungsprojekt bei dem Desite zunächst eingesetzt wird, ist Teil der geplanten Umnutzung eines bestehenden Parkhauses in der Hamburger Innenstadt. Das Bauwerk stammt aus den 60er Jahren und umfasst derzeit acht oberirdische und eine unterirdische Ebene. Pro Parkdeckebene ist eine Fläche von ca. 3.000 m² vorhanden. Die gesamte Bauwerkshöhe beträgt ca. 32 m. Die Fassade ist in Teilbereichen offen und an der Außenseite mit großen Eternitplatten verkleidet (s. Abb. 2). Das Tragwerk wurde in Stahlbetonskelettbauweise errichtet und auf Pfählen gegründet. Die zweiachsig gespannte Kassettendecke ist auf zum Auflager hin gevouteten Unterzügen bzw. auf Wänden gelagert. Über Rechteckstützen mit variierenden Querschnitten und die Außenwände werden die Lasten aus Decken und Unterzügen in den Baugrund abgetragen. In der Mitte des Gebäudes ist eine Bauwerksfuge ausgebildet. Zusätzlich zu den Parkflächen befinden sich im Erdgeschoss noch mehrere Räume, die als Werkstatt genutzt wurden. Abb. 2 Ansicht des Gesamtmodells in Desite (Screenshot aus Desite) In Zukunft soll das Objekt als Quartier für Kleingewerbe, Kultur-, Gastronomie- und Wohnungsangebote dienen. Ein Teil des Bestands soll dafür erhalten bleiben. WTM Engineers wurde mit der Einschätzung des derzeitigen Ist-Zustandes und der darauf aufbauenden Empfehlung für notwendige Instandsetzungsmaßnahmen beauftragt. Um im Bereich der Instandsetzungsplanung weitere Erfahrungen mit BIM zu sammeln, wird die kon- 1 JavaScript und HTML 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 117 BIM in der Instandsetzungsplanung ventionelle Instandsetzungsplanung durch WTM Engineers digital begleitet. 2.1 Digitalisierung des Bestands Der zentrale Punkt jeder BIM-gestützten Planung ist das 3D-Modell des Bauwerks, welches bei Neubauprojekten, die von Grund auf BIM-basiert geplant werden, schon ab Leistungsphase 1 als Bestandteil der Planung entwickelt wird. Bei der Instandsetzungsplanung von Bauwerken, die in der Regel im 20. Jahrhundert errichtet wurden, ergibt sich hier eine Problematik. Oft sind aussagekräftige Bestandsunterlagen wie statische Berechnungen oder Bewehrungsbzw. Ausführungspläne nur in geringem Umfang vorhanden. Diese sind aber notwendig um ein ausreichend detailliertes, dreidimensionales Bestandsmodell zu konstruieren, das auch die Tragwerksstruktur darstellt. Der Aufwand, der für die Erstellung eines Bestandsmodells nötig ist, übersteigt, schnell die Mittel, die für ein solches Projekt angesetzt sind. Dass das Modell allerdings weit über die Instandsetzungsplanung hinaus für den weiteren Betrieb des Gebäudes eingesetzt werden kann, wird dabei oft übersehen. Außerdem ist vor allem zu Beginn der Instandsetzungsplanung weder ein hoher Detaillierungsgrad hinsichtlich Geometrie noch Informationsgehalt (LOIN) 2 erforderlich, da zunächst hauptsächlich die Positionen sowie die Bauweise der tragenden Bauteile im Modell von Relevanz sind. Für die Umnutzung des Parkhauses wurde im Zuge eines Architekturwettbewerbs ein 3D-Modell erstellt, das WTM Engineers für die Instandsetzungsplanung zur Verfügung gestellt wurde. Dieses Modell lag im DWG-Format 3 vor und bildet lediglich die Bauwerksstruktur ab, ohne weitere semantische Informationen zu einzelnen Bauteilen oder der gesamten Konstruktion darzustellen. Das 3D-Modell konnte problemlos in die Software Desite eingelesen werden. Die erste visuelle Inaugenscheinnahme der unteren Geschosse des Bestandsbauwerks wurde zunächst konventionell durchgeführt. Sämtliche Schadstellen an den für den Lastabtrag relevanten Bauteilen sowie ergänzende Anmerkungen zur Bauweise wurden in den Bestandsplänen festgehalten. Fotos wurden mithilfe der Fotonummern händisch im Plan verortet. Diese ausführliche Dokumentation konnte als Grundlage genutzt werden, um das vorhandene 3D-Modell in einem ersten Schritt mit Informationen zum augenscheinlich erkennbaren Ist-Zustand anzureichern. 2.2 Implementierung von Informationen Zur Visualisierung der auftretenden Schäden im Modell wurden an den entsprechenden Stellen im Modell so- 2 Level of information need 3 Dateiformat für Konstruktionsdaten genannte Markierungsobjekte, im weiteren Verlauf als Pins bezeichnet, abgelegt (s. Abb. 4, links). Pins sind Modellkörper, die als visuelle Platzhalter - in Form von Stecknadeln oder Würfeln - für (alpha)-numerische Informationen im Bestandsmodell dienen und über einen individuellen Pin-Namen eindeutig identifiziert werden können. Damit schadensbezogene Informationen hinterlegt werden können, müssen instandsetzungsspezifische Attribute im BIM-Modell von Desite angelegt werden. Diese Attribute können dann entweder im Datenblatt des jeweiligen Pins oder in einer durch den Nutzer angepassten QuickInfo aufgerufen werden (s. Abb. 3). Zusätzlich zu den Attributen können auch Fotos und weitere Dokumente mit einzelnen Pins verknüpft werden. So können beispielsweise die textgebundenen Informationen in den Attributen mit aussagekräftigen Fotos des Bestands unterstützt werden. Ein manuelles Suchen des entsprechenden Fotos zu dem jeweiligen Schaden erübrigt sich somit. Abb. 3 QuickInfo im Beispielprojekt mit selektiertem Pin, Kategorisierung des vorliegenden Schadens anhand vorgegebener Attribute (Screenshot aus Desite) Durch das Sammeln von Informationen in Desite und die Verknüpfung mit Fotos entsteht eine ausführliche Datenbank und somit eine übersichtliche Darstellung sämtlicher vorhandener Schäden, die dem planenden Ingenieur eine fundierte erste Einschätzung zum Ist-Zustand deutlich erleichtert. Mithilfe einer entsprechenden Programmierung über ein HTML-Skript kann ein bauteilbezogenes Schadenskataster anhand der Informationen in Desite erstellt werden. Somit können die ersten Schritte einer konventionellen Instandsetzungsplanung - die Verarbeitung von Informationen der ersten Inaugenscheinnahme, das Zuordnen und Sortieren von Fotos sowie die Einschätzung und Auswertung von Schäden an den Bauteilen - digitalisiert werden. Desite bietet hierfür einen Informationsspeicher und kann durch entsprechende Umwandlungen die Informationen in unterschiedlichen Dateiformaten ausgeben, die dann allen Planungsbeteiligten zur Verfügung stehen. 118 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 BIM in der Instandsetzungsplanung 2.3 Verarbeitung von Untersuchungskonzepten Um die vorhandene Bausubstanz hinsichtlich der geplanten Umnutzung des Bauwerks einschätzen zu können, sind Bauteil- und Baustoffuntersuchungen erforderlich. Zunächst muss je nach Belastung der Tragwerksstruktur die Art der notwendigen Untersuchungen festgelegt werden. Im Anschluss müssen die unterschiedlichen Bauteil- und Baustoffuntersuchungen den vorhandenen Bauteilen zugeordnet werden. Diese Planung und Verteilung wird konventionell textlich festgehalten und durch die Verwendung von Plänen, in denen die Untersuchungsstellen markiert sind, visuell unterstützt. Auf dieser Grundlage werden die Untersuchungen von der ausführenden Firma vorgenommen. In der BIM-gestützten Instandsetzungsplanung wird für diesen Schritt auch die BIM-Software Desite verwendet. Desite ersetzt nicht das textliche Untersuchungskonzept, sondern dient zur Unterstützung dessen und zur besseren Darstellung und eindeutigen Definition der geplanten Untersuchungsstellen. Die geplanten Untersuchungen werden im BIM-Modell durch würfelartige Pins visualisiert (s. Abb. 4, rechts). Jeder Pin funktioniert als Platzhalter für eine Untersuchung an einer bestimmten Stelle im Bauwerk. Die Art der Untersuchung kann über verschiedene Farben der Pins visualisiert werden (s. Abb. 5). Dem Pin können alphanumerische Informationen, die für die ausführende Firma von Nutzen sind, über Attribute angehängt werden (z.B. Anzahl zu nehmender Proben). Abb. 4 links: Darstellung eines Pins für augenscheinlich erkennbare Schäden, rechts: Darstellung eines Pins für geplante Bauteil- und Baustoffuntersuchungen (Screenshot aus Desite) Für die Übermittlung der Prüfpositionen an die ausführende Firma werden aus dem BIM-Modell 2D-Pläne abgeleitet. Um 2D-Pläne aus dem BIM-Modell abzuleiten, ist eine BIM-fähige CAD-Software notwendig. Diese Pläne können dann zusammen mit dem Untersuchungskonzept an die ausführende Firma übergeben werden. Abb. 5 Einblick in das Modell mit geplanten Bauteil- / Baustoffuntersuchungen (Screenshot aus Desite) Damit im weiteren Planungsverlauf zusätzliche Informationen bezüglich der Untersuchungsergebnisse im Modell gespeichert werden können, müssen die Pins mit weiteren Attributen verknüpft werden. Die Attribute werden dabei vom Nutzer definiert und sollten sich dabei eindeutig auf die geplanten bzw. durchgeführten Bauteil- und Baustoffuntersuchungen beziehen. Im Anschluss an die Untersuchungen können die Ergebnisse dann über die Attribute an die jeweiligen Untersuchungsstellen im Modell angehängt werden. Im Hinblick auf eine Erleichterung der digitalen Handhabung kann das Einbinden von Informationen in einem Excel-Dokument erfolgen und im Anschluss mithilfe eines Automationsskripts 4 den jeweiligen Pins im Modell zugeordnet werden. Eine Auswertung der Ergebnisse sowie das Einbinden von Erkenntnissen und Überlegungen hinsichtlich der Instandsetzungsplanung können dann auch in Desite über entsprechende Attribute erfolgen. 2.4 Datenaustausch & -export Eine enge Zusammenarbeit zwischen planenden Ingenieuren und ausführenden Firmen hinsichtlich der Bauteil- und Baustoffuntersuchungen hat ein hohes Potential für eine noch effizientere Auswertung der Ergebnisse. Im Hinblick auf eine unkomplizierte Zusammenarbeit sind offene Austauschformate 5 erforderlich. So können Daten ohne eine aufwendige Bearbeitung weiterverarbeitet werden. Ziel ist dabei immer das Ablegen und Speichern sämtlicher Informationen im BIM-Modell, sodass dieses als zentraler Datenspeicher weiter genutzt werden kann. Werden Untersuchungsergebnisse in einem maschinenlesbaren Format weitergegeben, kann eine automatisierte Einbindung der Daten in das BIM-Modell erfolgen. In der Instandsetzungsplanung ist der Austausch von Daten in unterschiedlichen Planungsphasen notwendig. 4 Individuell anpassbares Skript über das Informationen aus einer entsprechend formatierten Excel-Tabelle in die Projektstruktur von Desite gelangen. 5 maschinenlesbare Dateien wie XLSX / CSV Formate (Excel). 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 119 BIM in der Instandsetzungsplanung Zum einen müssen die Daten aus dem BIM-Modell an die ausführende Firma für die Durchführung von Bauteil- und Baustoffuntersuchungen weitergegeben werden. Zum anderen müssen die Ergebnisse dieser Untersuchungen in das BIM-Modell eingepflegt werden. Des Weiteren muss während der gesamten Planungsphase ein Export der Informationen gewährleistet sein, der es ermöglicht Informationen als Tabellen- oder Textdokument darzustellen um auch Planungspartnern ohne Zugriff auf das BIM-Modell wichtige Informationen zukommen zu lassen 6 . Zum Zeitpunkt des Projektabschlusses sollte das gesamte BIM-Modell dem Bauherrn übergeben werden, um eine Weiternutzung im Gebäudebetrieb zu ermöglichen. Im Folgenden werden die einzelnen Schritte des Datenaustausches in der Instandsetzungsplanung und die hierfür notwendigen Programmierungen in Desite erläutert (s. Abb. 6). Um die Informationen aus den durchgeführten Bauteil- und Baustoffuntersuchungen in das BIM-Modell zu implementieren, müssen die Ergebnisse in einer Excel-Tabelle 7 aufgeführt werden (Mapping Tabelle). Im Hinblick auf das korrekte Einlesen in Desite muss die Tabelle dabei einer bestimmten Formatierung entsprechen. Die tabellarische Zuordnung der Untersuchungsergebnisse zu den im Modell verorteten Pins erfolgt dabei über die vorher vergebenen individuellen Pin-Namen. Ein Automationsskript sorgt für die korrekte Verbindung zwischen Excel-Tabelle und BIM-Modell. Abb. 6 Schematische Darstellung des digitalen Datenaustausches und der Weiterverarbeitung in Desite (eigene Darstellung). Mit diesem Vorgang werden alle relevanten Daten der Untersuchungsergebnisse in das BIM-Modell importiert und können dort visualisiert werden. Die Auswertung und Weiterverarbeitung dieser Informationen innerhalb der 6 Im Idealfall haben alle Planungspartner Zugriff auf ein Koordinationsmodell, in das alle Informationen einfließen und abgerufen werden können. 7 Verwendung einer CSV Datei. Software erfolgt durch den planenden Ingenieur. Hierfür werden erneut Attribute an die Pins vergeben, die die Ergebnisse kategorisieren und hinsichtlich ihrer Relevanz für den Ist-Zustand des Bauwerks einordnen. Anhand dieser Attribute kann wiederum der Ist-Zustand einzelner Bauteile festgestellt werden. Über ein Ampelsystem im BIM-Modell werden die Untersuchungsergebnisse hinsichtlich ihrer Einschränkung der Dauerhaftigkeit eingeordnet, sodass eine visuelle Einschätzung der Bauteilzustände und übergeordnet auch eine Einschätzung des Gesamtzustandes des Bauwerks erfolgen können. Vor allem im Hinblick auf die Kommunikation mit dem Bauherrn ist diese Funktion sehr hilfreich, da eine aussagekräftige Übersicht im Modell erstellt werden kann. Das BIM-Modell bietet darüber hinaus die Grundlage für die konventionelle textliche Darstellung des Ist-Zustands. Damit die visuelle Auswertung der Ergebnisse in Desite auch für Projektbeteiligte zugänglich ist, die nicht mit dem BIM-Modell arbeiten bzw. die Daten an Dritte weitergegeben werden können, ist ein Export der Auswertung der Untersuchungen zu gewährleisten. Zunächst kann das Modell inklusive der Visualisierungen mit eingeschränkten Berechtigungen anderen Projektbeteiligten in einem Viewer 8 zur Verfügung gestellt werden. Weiterhin kann ein Bericht im PDF-Format aus Desite ausgegeben werden, der die Bauteil- und Baustoffuntersuchungen zusammen mit den Ergebnissen und zusätzlichen Attributen wie einer Zustandsbeurteilung darstellt. Die Erstellung dieses Berichts kann in Desite über die Implementierung von Formularen erfolgen. Auf der Grundlage einer JavaScript Datei, die über die Programmierschnittstelle von Desite gelesen werden kann, können erfasste Daten in Form von Attributen im PDF-Format ausgegeben und so eine Übersicht über die ausgewerteten Ergebnisse erstellt werden. Um die gewünschten Funktionen hinsichtlich des Im- und Exports von Daten in Desite zu implementieren, sind zwar grundlegende Programmierkenntnisse erforderlich, dennoch bietet diese Vorgehensweise deutliche Vorteile in Hinblick auf den Austausch und die Weitergabe von Daten. Somit kann die Nutzung des BIM-Modells über die Verwendung als zentraler Datenspeicher hinausgehen. 3. Zukunftsorientierte Nutzung als 5D-Modell Weitere Nutzungsmöglichkeiten von BIM-Modellen wurden bei WTM Engineers bei der Instandsetzungsplanung einer Bestandsschleuse im Rahmen einer projektbezogenen Masterarbeit zum Thema „Programmierung und Analyse zentraler BIM-Attribute […]“ ausgearbeitet [5]. Der Schwerpunkt wurde hier einerseits auf die Erstellung bzw. Verknüpfung des BIM-Modells mit Terminplänen aus MS Project sowie die Kollisionsprüfung bei Termin- 8 Zur Verfügung steht hier der Viewer Desite Share von thinkproject 120 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 BIM in der Instandsetzungsplanung änderungen als auch auf die Erstellung eines Leistungsverzeichnisses auf der Grundlage des BIM-Modells mit ORCA AVA gelegt. 3.1 Terminplanung mit Desite Für die verknüpfte Terminplanung wird zunächst ein Terminplan in MS Project erstellt, der in Desite eingelesen werden kann. Über eine Attributzuordnung können einzelne Bauteile verschiedenen Vorgängen, die auf den Terminplan abgestimmt sind, zugeordnet werden. Diese Vorgänge werden in Desite über Farbschemata visualisiert. So ist eine Bauablaufsimulation anhand des vorab erstellten Terminplans möglich. Wird der eigentlich vorgesehene Bauablauf durch Terminabweichungen geändert, können diese Meldungen über eine Implementierung von Soll- und Ist-Terminen in Desite eingepflegt werden. Über ein individuell erstelltes Formular können diese Termine bauteilbezogen geprüft und kritische Abweichungen angezeigt werden (s. Abb. 7). Vor allem im Hinblick auf Abhängigkeiten zwischen Bauabläufen ist diese Funktion elementar. Durch simulierte Kollisionsprüfungen über längere Zeiträume anhand von aktuellen Terminplänen können Probleme im Bauablauf frühzeitig erkannt und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Abb. 7 Visualisierung eines Bauablaufes in Bezug auf die Errichtung einer temporären Baustelleneinrichtung [5]. 3.2 Verknüpfte Mengenermittlung Für eine BIM-basierte Mengenermittlung inklusive Leistungsverzeichnis (LV) erfolgt ein Austausch zwischen der AVA-Software ORCA AVA und Desite. Die einzelnen Positionen aus dem LV werden mit den Bauteilen in Desite verknüpft und mit ergänzenden (geometrischen) Attributen aufbereitet. Ein zusätzliches Attribut greift über ein Eigenschaftsskript auf geometrische Objektattribute zu und erzeugt so die für die Mengenermittlung im LV relevanten Eigenschaften. Weiterhin werden Attribute angelegt, die keine klassischen Werte sondern Formeln enthalten. So werden automatisiert relevante Mengen aus bereits vorhandenen Attributen berechnet. Nach Abschluss der Mengenermittlung kann das LV aus Desite exportiert und in der AVA-Software bepreist werden. 4. Fazit Grundsätzlich kann mit der Software Desite die Planung einer Instandsetzung in jedem notwendigen Schritt begleitet werden. Dabei dient Desite in erster Linie als Managementplattform und Informationsspeicher für das vorher konstruierte 3D-Modell. Das 3D-Modell dient als Planungsgrundlage und wird im Laufe der Planung mit allen relevanten Informationen an den aktuellen Planungsstand angepasst. Gleichzeitig können aber auch Informationen, die entweder visuell oder über die Attribuierung in dem BIM-Modell generiert wurden, in Form von Tabellen- oder Textdokumenten exportiert und als Informationsquelle oder Anlage an weitere Projektbeteiligte weitergegeben werden. Insbesondere die Visualisierung und Verortung von Bauteilzuständen hinsichtlich Schädigungen oder Untersuchungsergebnissen stellen einen deutlichen Vorteil hinsichtlich der Übersichtlichkeit gegenüber der konventionellen Planung dar. Durch die Verknüpfung mit Terminplänen lassen sich Kollisionsprüfungen visualisieren, die das frühzeitige Erkennen von Problemen im Bauablauf ermöglichen. Dadurch können Verzögerungen rechtzeitig angezeigt und vermieden werden. Auch in der Erstellung von Leistungsverzeichnissen bietet die BIM-Methode durch teilweise Automatisierungen einige Erleichterungen. Mengen können anhand von geometrischen Attributen im Modell ermittelt und in das bestehende LV importiert werden. Dieser Schritt wirkt sich positiv auf die Genauigkeit der Kostenkalkulation aus. Auch wenn derzeit schon viele Planungsschritte mit einem BIM-Modell begleitet werden können, muss festgehalten werden, dass sich die BIM-basierte Planung in der Instandsetzung noch im Anfangsstadium befindet. Prozesse und Workflows müssen immer wieder angepasst werden um letztendlich die neuen Möglichkeiten, die sich durch die Nutzung von BIM-Software ergeben, optimal nutzen zu können. Standards, mit denen beispielsweise bereits in Neubauprojekten im Infrastrukturbereich gearbeitet werden kann, sind so für den Schutz und die Instandsetzung von Bestandsobjekten noch nicht vorhanden [4]. Hier sind die Expertise, die Erfahrung und vor allem die Kooperation von planenden Ingenieuren, ausführenden Firmen und BIM-Koordinatoren gefragt. 5. Ausblick Die Digitalisierung der Instandsetzungsplanung erfolgt bei WTM Engineers zunächst projektbezogen. Das übergeordnete Ziel dabei ist allerdings, eine BIM-basierte Instandsetzungsplanung zu standardisieren und allgemeingültig auf andere Instandsetzungsprojekte anzuwenden. Dafür ist eine ausführliche Dokumentation aller Vorgänge während der Planung notwendig, die nicht nur mögliche Workflows erläutert, sondern auch auf auftretende Probleme, entweder software- oder projektablaufbezogen, hinweist. Diese Dokumentation muss kontinuierlich 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 122 BIM in der Instandsetzungsplanung weitergeführt werden um die Arbeitsweise mit jedem Projekt zu modifizieren und an auftretende Herausforderungen anzupassen. So können mit jeder weiteren Umsetzung Erfahrungen gesammelt und weitergegeben werden, um die BIM-Methode erfolgreich auf weitere Instandsetzungsprojekte anwenden zu können. Der Nutzen einer BIM-basierten Planung liegt deutlich auf der Hand und sollte auch im Interesse der Bauherren weiter gefördert und ausgebaut werden. Literatur [1] VDI, VDI-Richtlinie 2552, Düsseldorf, 2019 [2] Bornholdt, Marike, Analyse von Einsatzmöglichkeiten der Methode des Building Information Modeling im Rahmen von Instandsetzungsplanungen am Beispiel eines Hallen- und Wellenbades, Bachelorarbeit, TU Hamburg-Harburg, 2020 [3] thinkproject, https: / / group.thinkproject.com/ en/ so lutions/ desite/ , besucht am 08.09.2020 [4] BMVI, BIM4INFRA2020 Handreichungen und Leitfäden, Teil 1 - Grundlagen und BIM-Gesamtprozess, Berlin, April 2019, S.9 [5] Petersen, Matthias, Programmierung und Analyse zentraler BIM-Attribute im Zuge der Grundinstandsetzung der Alten Schleuse Kiel Holtenau, Masterarbeit, TU Hamburg-Harburg, 2020