Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
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expert Verlag Tübingen
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Aktueller Stand der Regelwerke für die Erhaltung von Betonbauwerken
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Michael Raupach
Nach mehrjährigen kontroversen Diskussionen um die Instandhaltungsrichtlinie des DAfStb ist nun die Technische Regel “Instandhaltung von Betonbauwerken“ des DIBt, Ausgabe Mai 2020, erschienen [1, 2]. Das auch kurz als TR IH bezeichnete Regelwerk ist in der MVV TB 2020/1 enthalten, die auf der DIBt-Website veröffentlicht ist und bereits in drei Ländern bauaufsichtlich eingeführt wurde. Es ist damit zu rechnen, dass auch die weiteren Bundesländer dieses Regelwerk sukzessive in Landesrecht umsetzen.
Die TR IH basiert auf den Arbeitsergebnissen des Technischen Ausschusses „Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen“ des DAfStb und seiner zugehörigen Arbeitskreise „Mörtel“, „OS-Systeme“, „Rissfüllstoffe“ und „Ausführung“. Mit dieser Regel können nun Instandhaltungskonzepte und Instandhaltungsmaßnahmen nach dem Stand der Technik geplant werden. Die Neuerungen der TR IH, darunter die Erweiterung von der Instandsetzung zur Instandhaltung mit Inspektion, Wartung und Verbesserung, die Einführung von Expositionsklassen für Bestandsbauwerke, die neuen Altbetonklassen für minderfeste und höherfeste Untergründe, die Einführung des Systems aus Prinzipien und Verfahren, Regelungen für den kritischen Choridgehalt und Schichtdicken und die vielen weiteren Regelungen eröffnen zahlreiche neue Möglichkeiten für die Instandhaltung von Betonbauwerken.
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7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 125 Aktueller Stand der Regelwerke für die Erhaltung von Betonbauwerken Univ.-Prof. Dr.-Ing. Michael Raupach Institut für Baustoffforschung der RWTH Aachen University, D-52062 Aachen, Deutschland Zusammenfassung Nach mehrjährigen kontroversen Diskussionen um die Instandhaltungsrichtlinie des DAfStb ist nun die Technische Regel “Instandhaltung von Betonbauwerken“ des DIBt, Ausgabe Mai 2020, erschienen [1, 2]. Das auch kurz als TR IH bezeichnete Regelwerk ist in der MVV TB 2020/ 1 enthalten, die auf der DIBt-Website veröffentlicht ist und bereits in drei Ländern bauaufsichtlich eingeführt wurde. Es ist damit zu rechnen, dass auch die weiteren Bundesländer dieses Regelwerk sukzessive in Landesrecht umsetzen. Die TR IH basiert auf den Arbeitsergebnissen des Technischen Ausschusses „Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen“ des DAfStb und seiner zugehörigen Arbeitskreise „Mörtel“, „OS-Systeme“, „Rissfüllstoffe“ und „Ausführung“. Mit dieser Regel können nun Instandhaltungskonzepte und Instandhaltungsmaßnahmen nach dem Stand der Technik geplant werden. Die Neuerungen der TR IH, darunter die Erweiterung von der Instandsetzung zur Instandhaltung mit Inspektion, Wartung und Verbesserung, die Einführung von Expositionsklassen für Bestandsbauwerke, die neuen Altbetonklassen für minderfeste und höherfeste Untergründe, die Einführung des Systems aus Prinzipien und Verfahren, Regelungen für den kritischen Choridgehalt und Schichtdicken und die vielen weiteren Regelungen eröffnen zahlreiche neue Möglichkeiten für die Instandhaltung von Betonbauwerken. 1. Ausgangssituation Bedingt durch das Erscheinen der Europäischen Normenreihe EN 1504 in 10 Teilen für den Bereich der Betoninstandsetzung wurde eine Anpassung der bestehenden Regelwerke erforderlich. Dies waren im Wesentlichen die Instandsetzungsrichtlinie des DAfStb (RL SIB 2001 [3-6]), die ZTV-W LB 219 aus dem Jahr 2004 und die ZTV-ING, Teile 3.4 und 3.5 aus dem Jahr 2003. Das ursprüngliche Ziel, die bestehenden Regelwerke durch die Normenreihe EN 1504 abzulösen, war leider nicht realisierbar, da die Regelungen in der EN 1504 dafür unzureichend sind. Daher wurden Übergangsregelungen erarbeitet, die die Verwendung der CE-gekennzeichneten Produkte erlaubten, wie z.B. die DIN V 18026 für die Oberflächenschutzsysteme und DIN V 18028 für die Rissfüllstoffe. Um diese Regelungen in einem Werk zu bündeln und die technischen Neuerungen bezüglich des Standes der RL SIB aus dem Jahr 2001 anzupassen, wurde im DAfStb ein Entwurf der Instandhaltungsrichtlinie (RL IH) erstellt, der im Juni 2016 als Gelbdruck erschien. Dieser wurde jedoch abgelehnt, da er unter anderem nicht europarechtskonform sei. Nach intensiven Diskussionen mit allen an der Erstellung dieses Regelwerks Beteiligten wurde beschlossen, zu versuchen, die kritischen Punkte im Rahmen der anstehenden Einspruchssitzungen zu beseitigen. Da keine zeitnahe Lösung für das Erscheinen der Instandhaltungsrichtlinie zu erwarten war, wurden 2017 die ZTV-W LB 219 mit einer Empfehlung zu den Instandsetzungsprodukten, die 2019 aktualisiert wurde, und 2019 die Teile 3.4 und 3.5 der ZTV-ING mit Hinweisen zu den Instandsetzungsprodukten 2019 veröffentlicht. Die Situation für Betoninstandsetzungen in den Bereichen der Bundeswasserstraßen und Bundesfernstraßen war und ist damit geregelt. Die Behandlung der Einsprüche zum Gelbdruck der RL IH führte zur Erstellung eines weiteren Gelbdruckes in der Fassung von Juni 2018, da zum Teil grundlegende Änderungen vorgenommen wurden, die ein erneutes Gelbdruckverfahren erforderlich machten. In diesem Gelbdruck wurde konsequent das Konzept der Produktauswahl auf Basis der individuellen Belange des Bauwerkes umgesetzt, was der Forderung für Europäische Regelwerke entspricht. Leider wurde auch dieser Gelbdruck abgelehnt. Um die weitere Vorgehensweise zu klären, wurde die Erstellung der RL IH für unbestimmte Zeit auf Eis gelegt. Um die damit entstandene Regelungslücke für die Instandhaltung von Betonbauteilen außerhalb der Bundeswasserstraßen und Bundesfernstraßen zu schließen, hat das DIBt nun die TR IH erstellt. Dies erfolgte in einer Projektgruppe, die als Mitglieder die Obleute der Arbeitskreise des DAfStb „Mörtel“, „OS Systeme“, 126 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Aktueller Stand der Regelwerke für die Erhaltung von Betonbauwerken „Rissfüllstoffe“ und „Ausführung“, einen Vertreter der Bauwirtschaft (DBV), einen Vertreter der Bauüberwachung (GÜB), einen Vertreter der Hersteller (DBC), zwei Sachkundige Planer (GUEP, BGIB) sowie Vertreter der Bauaufsicht (STMI Bayern) und der Bauenden Verwaltung (BAW, BASt) hatte, so dass alle interessierten Kreise eingebunden waren. Die TR IH basiert auf dem o.g. zweiten Gelbdruck von Juni 2018, der den Stand der Technik darstellt. Mit der TR IH liegt nun eine verlässliche Basis für die Instandhaltung von Betonbauwerken in Deutschland nach dem aktuellen Stand der Technik vor. Eigentlich ist eine umfassende Europäische Norm, die den größten Teil der Anforderungen aus der Baupraxis abdeckt, für alle Beteiligten immer die Wunschlösung gewesen. Trotz langjähriger intensiver Bemühungen in den entsprechenden Normungsgremien ist eine überarbeitete Version der Europäischen Normenreihe EN 1504 jedoch immer noch nicht in greifbarer Nähe. Diese Bemühungen werden selbstverständlich fortgeführt. 2. Aufbau und Konzeption Die TR IH ist in zwei Teilen erschienen: • Teil 1 “Anwendungsbereich und Planung der Instandhaltung“ [1] regelt die Planung und ergänzt für den Kathodischen Korrosionsschutz den Teil 3 „Anforderungen an die Betriebe und Überwachung der Ausführung“ der Instandsetzungs-Richtlinie des DAfStb, Ausgabe Oktober 2001, der ansonsten unverändert weitergilt. • Teil 2 “Merkmale von Produkten oder Systemen für die Instandsetzung und Regelungen für deren Verwendung“ [2] legt die Leistungsmerkmale und Anforderungen an Instandsetzungsprodukte fest, mit denen die Grundanforderungen an Bauwerke verwendungsspezifisch erfüllt werden können. Die TR IH ist systematisch aufgebaut und geht von den Bedürfnissen des Bauwerkes aus: Nach der Ermittlung des Ist-Zustandes erfolgt eine Prognose für die vorhandene Restnutzungsdauer und ein Vergleich zwischen Ist- und Mindest-Sollzustand, s. Abbildung 1. Basierend auf den sich daraus ergebenden Zielen werden Instandhaltungskonzepte und Instandhaltungspläne erarbeitet. Die erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen werden aus dem aus der DIN EN 1504-9 [7] übernommenen System aus Instandsetzungsprinzipien und Verfahren ausgewählt. Die Auswahl der Baustoffklassen erfolgt über Tabellen in Abhängigkeit von den am Bauteil vorliegenden Expositions- und Altbetonklassen und dem gewählten Verfahren. Ferner werden die Leistungsmerkmale und Anforderungen der relevanten Bauprodukte in weiteren Tabellen aufgelistet. Mit Hilfe dieser Technischen Regel ist nun eindeutig festgelegt, welche Anforderungen Baustoffe für die jeweilige bauwerksspezifische Situation erfüllen müssen. Mit der TR IH liegt nun auch eine verlässliche Basis vor, einfache Nachweisverfahren für die Bauprodukte (“DIBt-Gutachten“) anzuwenden, bis geeignete europäische Produktregelungen vorliegen (CE- Kennzeichnung). Abbildung 1: Vorgehensweise bei der Planung und Ausführung am Beispiel einer Instandsetzung mittels Betonersatz nach TR IH, Teil 1, Abb. 3 Bezüglich der Ausführung gilt weiterhin die RL SIB des DAfStb, Ausgabe Oktober 2001, insbesondere der Teil 3 [5]. 3. Wartung, Inspektion und Sachkundiger Planer Mit der Erweiterung der Instandsetzungsrichtlinie zur Instandhaltungsrichtlinie wurden neben der Instandsetzung 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 127 Aktueller Stand der Regelwerke für die Erhaltung von Betonbauwerken die neuen Elemente Wartung, Inspektion und Verbesserung eingeführt. Dadurch ergeben sich neue Aufgaben, die im Rahmen des Instandhaltungskonzeptes geregelt und ausgeführt werden müssen: • Erstellung eines Inspektions-/ Wartungskonzeptes, • Erstellung eines Inspektions-/ Wartungsplans und • Ausführung der Inspektion/ Wartung. Durch verschiedene Kombinationen von Inspektion, Wartung und Instandsetzung können sinnvolle Varianten für die Instandhaltungskonzepte erarbeitet werden, die dem Eigentümer des Bauwerkes als Entscheidungsgrundlage vorgelegt werden sollen. Nach TR IH muss mit der Beurteilung und Planung von Instandhaltungsmaßnahmen ein Sachkundiger Planer (SKP) beauftragt werden, der die erforderlichen besonderen Kenntnisse hinsichtlich des Erkennens und Bewertens von Mängeln und Schäden an Betonbauwerken hat. Dieser Kenntnisnachweis kann durch verschiedene Organisationen auf Grundlage einheitlicher Regelungen und Inhalte für die Aus- und Weiterbildung von Sachkundigen Planern bescheinigt werden, die durch den Ausbildungsbeirat „Sachkundiger Planer (SKP)“ beim Deutschen Institut für Prüfung und Überwachung e.V. (DPÜ) festgelegt werden. Der Kenntnisnachweis kann auch durch Dokumente eines anderen Mitgliedstaates, aus denen hervorgeht, dass die Anforderungen erfüllt sind, bescheinigt werden. 4. Expositions- und Altbetonklassen Für eine einheitliche Beschreibung der Bauwerkssituation und als Vereinfachung für die Produktauswahl wurden Expositions- und Altbetonklassen eingeführt. Die Expositionsklassen entsprechen dem bekannten Prinzip für die Beschreibung der Exposition für den Neubau von Betonbauwerken. Für bestehende Bauwerke kommen jedoch weitere Bedingungen aus der Umgebung und dem Betonuntergrund hinzu, wie z.B. für Risse oder Feuchtezustände, die für den Neubau nicht relevant sind, so dass neue Expositionsklassen eingeführt wurden. Diese konnten zum Teil aus der Europäischen Normenreihe EN 1504 übernommen werden und sind auch in der aktuellen ZTV-W LB 219 und ZTV-ING enthalten. Um die Instandsetzung minderfester Untergründe nach Richtlinie zu ermöglichen, wurde seit längerem die Einführung neuer Altbetonklassen diskutiert, da die Verwendung von Mörteln nach RL SIB auf minderfesten Untergründen die Gefahr von Enthaftungen und Rissbildungen mit sich bringt. Diese konnte durch die Entwicklung spezieller Mörtel mit an den Untergrund angepasstem E-Modul beseitigt werden. In der aktuellen ZTV-W LB 219 sind bereits Altbetonklassen definiert. Altbetonklasse A4 ist dabei die “übliche“ Klasse mit einer Mindest- Oberflächenzugfestigkeit von 1,0/ 1,5 N/ mm2 (Einzel-/ Mittelwert) und einer Druckfestigkeit von über 30 N/ mm2. Die Klassen A1 bis A3 haben geringere Festigkeiten. Mit der Altbetonklasse A5 wurde in der TR IH auch eine höherfeste Klasse mit Mindest-Oberflächenzugfestigkeiten von 2,0/ 2,5 N/ mm2 und einer Druckfestigkeit von mindestens 75 N/ mm2 eingeführt. In der TR IH sind die Anforderungen an die verschiedenen Mörtel und Betone für den Betonersatz der Altbetonklassen A2 bis A5 angegeben. Für die Altbetonklasse A1 mit Oberflächenzugfestigkeiten unter 0,5/ 0,8 N/ mm2 sind keine Mörtel oder Betone geregelt. 5. Prinzipien und Verfahren Die RL SIB regelte bislang sechs Verfahren für die Instandsetzung von Schäden durch Korrosion der Bewehrung: • R1: Repassivierung durch großflächigen Auftrag von Spritzmörtel, • R2: Repassivierung durch lokale Ausbesserung mit alkalischem Mörtel, • Rx: Elektrochemische Realkalisierung, • C: Beschichtung der Stahloberflächen in kritischen Bereichen, • K: Kathodischer Korrosionsschutz, und • W: Absenkung des Wassergehaltes. Mit dem Planungsteil der Europäischen Normenreihe EN 1504 [7] liegt nun ein umfassendes System mit Prinzipien und Verfahren vor, dass sowohl für Schäden im Beton (Prinzipien 1-6) als auch für Korrosionsschäden der Bewehrung (Prinzipien 7-11) gilt. Für jedes dieser Prinzipien gibt es mindestens 1 und bis zu 8 Verfahren, so dass die DIN EN 1504-9 insgesamt 43 Verfahren enthält. Die TR IH orientiert sich an diesem System und übernimmt auch die Bezeichnungen, regelt aber 20 von diesen Verfahren nicht und hat 4 weitere Verfahren eingeführt, so dass sie insgesamt 27 Verfahren regelt. Die vier neu eingeführten Verfahren sollen in die Europäische Normenreihe eingebracht werden. Auf eine Erläuterung der einzelnen Verfahren wird im Rahmen dieses Beitrags verzichtet und auf Teil 1 der TR IH verwiesen. 6. Regelungen für Ausbruchtiefen, Schichtdicken und zum kritischen Chloridgehalt Die TR IH regelt für die Verfahren 7.1 bis 8.3 für Korrosionsschäden der Bewehrung die Anforderungen an den Chloridgehalt, der im Beton verbleiben darf, die erforderlichen Ausbruchstiefen und Schichtdicken. Diese sind schematisch im Teil 1 in den Abbildungen 4 bis 13 dargestellt. Für den kritischen Chloridgehalt gilt nach wie vor ein Schwellenwert von 0,5 M.-%/ z bei Stahlbeton und 0,2 M.-%/ z bei Spannbeton. Werden diese Werte überschritten, legt der Sachkundige Planer die erforderlichen Maß- 128 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Aktueller Stand der Regelwerke für die Erhaltung von Betonbauwerken nahmen fest. Für das Verfahren 8.3, das dem Verfahren W-Cl nach RL SIB entspricht, wurde festgelegt, dass es ab einem Chloridgehalt von 1,5 M.-%/ z nicht angewendet werden sollte. Zusätzlich gibt es einen Warnhinweis, dass bei Chloridgehalten über 1 M.-%/ z an der Bewehrung unter Umständen keine ausreichende Austrocknung im Beton eintritt. Für die Verfahren 7.1, 7.2 und 7.7 dürfen bis zu 1,5 M.-%/ z Chlorid in ausreichendem Abstand von der Bewehrung verbleiben, der in den zugehörigen Abbildungen 5, 8 und 11 angegeben ist. Für die Verfahren, bei denen eine Querschnittsergänzung mit Mörtel oder Beton vorgenommen wird, sind die Randbedingungen für die erforderlichen Schichtdicken in jeweiligen Absatz, der das Verfahren beschreibt, angegeben. 7. Regelungen für die Produkte 7.1 Auswahl geeigneter Produktklassen Eine erhebliche Vereinfachung des Planungsablaufes stellt die tabellarische Zusammenstellung der geeigneten Produktklassen für die einzelnen Prinzipien und Verfahren dar. Diese sind in Teil 1 der TR IH in Tabelle 5 für Schäden im Beton und in Tabelle 6 für Bewehrungskorrosion angegeben. Darin befinden sich auch Verweise für die relevanten Regelwerke der geeigneten Produktklassen sowie die Tabellen in Teil 2 der TR IH, die weitere Details regeln. Dieser Aufbau spiegelt das Konzept der Produktauswahl von den Belangen des Bauwerkes hin zu den Produktanforderungen wider, das bereits im Gelbdruck der RL IH in der Fassung 2018 zugrunde lag. 7.2 Anforderungen an die Produkte In Teil 2 der TR IH wird die zur Erfüllung der Grundanforderungen an Betonbauwerke oder Betonbauteile für die Instandhaltung erforderliche Leistung von Produkten und Systemen in Bezug auf ihre Merkmale abgeleitet und festgelegt. Es dürfen nur Produkte/ Systeme mit nachgewiesener Eignung hinsichtlich ihrer Beständigkeit und der Dauerhaftigkeit des Verbundes zum Beton für die vorgesehene Verwendung eingesetzt werden. In den folgenden Abschnitten wird auf die wesentlichen neuen Regelungen für Oberflächenschutzsysteme, Rissfüllstoffe und Betonersatz kurz eingegangen. 7.2.1 Oberflächenschutzsysteme Oberflächenschutzsysteme werden für verschiedene Verfahren benötigt: • 1.1, 1.3 und 1.4: als Hydrophobierung, Beschichtung oder Rissbandage zum Schutz gegen das Eindringen von Stoffen • 2.1 und 2.3: als Hydrophobierung oder Beschichtung zur Absenkung des Wassergehaltes für den Schutz vor Betonkorrosion • 5.1 und 6.1: als Beschichtung zur Erhöhung des physikalischen oder chemischen Widerstandes • 7.7: als Beschichtung zum Erhalt der Passivität • 8.1 und 8.3: als Hydrophobierung oder Beschichtung zur Absenkung des Wassergehaltes für den Korrosionsschutz der Bewehrung Im Vergleich zur RL SIB ergaben sich gleich mehrere wesentliche Änderungen: • OS 7 und OS 10 wurden 2017 in die Abdichtungsnorm DIN 18532 verlagert, • OS 9 und OS 13 wurden herausgenommen, da sie sich nicht am Markt durchsetzen konnten, • Für OS 8 wurde die systemspezifische Mindestschichtdicke auf 2,5 mm als Gesamtschichtdicke inklusive Grundierung und Deckschicht festgelegt, • OS 14 wurde neu eingeführt, • es wurden Regelungen für die Überarbeitung von befahrbaren OS-Systemen eingeführt, und • das Konzept der Schichtdickenzuschläge zur Erreichung der Mindestschichtdicken wurde durch Mengenzuschläge neu geregelt. Somit sind in der TR IH nur noch die neun im folgenden genannten OS-Systeme geregelt: • OS 1: Hydrophobierung, für nicht begeh- und befahrbare Flächen • OS 2: starres Beschichtungssystem ohne Kratzbzw. Ausgleichspachtelung, • OS 4: starres Beschichtungssystem mit Kratzbzw. Ausgleichspachtelung, • OS 5a: Beschichtungssystem mit geringer Rissüberbrückungsfähigkeit, hwO = Polymerdispersion • OS 5b: Beschichtung mit geringer Rissüberbrückungsfähigkeit, hwO aus Polymer/ Zement-Gemisch, und für befahrbare Flächen • OS 8: starre Reaktionsharzbeschichtung mit hohem Verschleißwiderstand, • OS 11a: rissüberbrückendes Beschichtungssystem mit Schwimm- und Verschleißschicht, • OS 11b: rissüberbrückendes Beschichtungssystem, “einschichtig“, und • OS 14: neu, wie OS 11a, aber mit größeren Schichtdicken größerer Rissüberbrückungsfähigkeit (0,3±0,05 mm statt 0,2±0,05 mm bei -20 °C). 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 129 Aktueller Stand der Regelwerke für die Erhaltung von Betonbauwerken Die Anforderungen an die Produkte und Systeme für den Oberflächenschutz sind im Detail in Anhang A des Teils 2 der TR IH überwiegend in Tabellenform angegeben. 7.2.2 Rissfüllstoffe Der Sachkundige Planer legt unter Berücksichtigung der für das Bauteil maßgeblichen Einwirkungen aus der Umgebung und dem Untergrund den geeigneten Rissfüllstoff, das Füllziel und die Füllart fest. Nach TR IH gibt es vier Füllziele: • Schließen (Verfahren 1.5 und 7.6), zur Begrenzung der Rissbreite durch Füllen, um den Zutritt korrosionsfördernder Stoffe zu hemmen, durch Injektion oder Vergießen, • Abdichten (Verfahren 1.5 und 2.6) zur Beseitigung rissbedingter Undichtigkeiten durch Injektion oder Vergießen (WU-Richtlinie), • kraftschlüssiges Verbinden (Verfahren 4.5) zur Herstellung einer Kraftübertragung über den Riss durch Injektion oder Vergießen, wobei der Füllgrad mindestens 80 % betragen muss, und • begrenzt dehnbares Verbinden (Verfahren 1.5, 2.6 und 7.6) ohne Beeinflussung der Steifigkeitsverhältnisse, das die am häufigsten angewendete Maßnahme ist. Bezüglich der Füllart ist die seit langem etablierte Injektion über Bohr- oder Klebepacker als Füllart I geregelt. Zusätzlich wurde in der TR IH das “Vergießen“ (Füllart V) durch druckloses Füllen mit kontinuierlichem Fluss des Rissfüllstoffes durch ein ständig gefülltes Füllstoffreservoir, z.B. als eingeschnittene Nut, neu eingeführt. Das sogenannte “Tränken“ als druckloses Füllen ohne Füllstoffreservoir stellt kein eigenständiges Instandsetzungsverfahren dar und ist daher in der TR IH nicht geregelt. Es ist jedoch ggfs. als vorbereitende Maßnahme vor dem Auftrag von OS-Systemen geeignet. Je nach Füllziel ergeben sich für die Rissfüllstoffe 2 Klassen: • F: Rissfüllstoffe, die in der Lage sind, Kräfte über die Rissflanken zu übertragen (F = force transmitting) • D: Dehnbare Rissfüllstoffe, die einen Verbund mit den Rissflanken bilden (D = ductile) Als Stoffgruppen sind mit dem Kurzzeichen P (Polymer) reaktive Bindemittel möglich, wie z.B. EP, PUR oder schnellschäumendes PUR (SPUR) oder mit dem Kurzzeichen H hydraulische Bindemittel, z.B. Zementleim ZL oder Zementsuspension ZS. Aus den Füllzielen, Füllarten und Stoffgruppen ergeben sich die Bezeichnungen für die Rissfüllstoffe, z.B. D-I (P) für einen dehnbaren Rissfüllstoff für die Injektion auf Polymerbasis wie z.B. PUR. Dehnbare Stoffe können nur injiziert werden, da beim Vergießen die Gefahr des Aufschäumens besteht. Für das kraftschlüssige Füllen eignen sich grundsätzlich F-I (P), F-V (P), F-I (H) oder F-V (H). Tabelle 13 des Teils 2 der TR IH regelt die zulässigen Rissfüllstoffe für die neuen Expositionsklassen Trocken (DY), Feucht (DP), nass (WT) und fließendes Wasser (WF). Die Kurzbezeichnungen entsprechen jeweils denen aus der Normenreihe EN 1504. Für das kraftschlüssige Verbinden nach Verfahren 4.5 gibt es drei Festigkeitsklassen F1-F3, die in Tabelle 14 des Teils 2 der TR IH erläutert sind. Dies ist bei der Spezifikation und Ausführung von Maßnahmen nach Verfahren 4.5 zu berücksichtigen. Die Anforderungen an die Produkte und Systeme für das Schließen, Abdichten und Verbinden von Rissen bzw. Rissflanken mit kraftschlüssigen und dehnbaren Rissfüllstoffen sind im Detail in Anhang B des Teils 2 der TR IH überwiegend in Tabellenform angegeben. 7.2.3 Betonersatz Betonersatz wird für viele Verfahren benötigt: • 3.1: Kleinflächiger Handauftrag, • 3.2: Betonieren oder Vergießen, • 3.3: Spritzauftrag, • 4.4: Querschnittsergänzung durch Mörtel/ Beton, • 5.3 und 6.3: zur Erhöhung des physikalischen oder chemischen Widerstandes, • 7.1, 7.2 und 7.4 für den Erhalt oder die Wiederherstellung der Passivität, und • 10.1 für den kathodischen Korrosionsschutz. Auch für den Betonersatz ergeben sich einige grundlegende Änderungen im Vergleich zur RL SIB. Dies betrifft zunächst gewohnte Bezeichnungen, denn • PCC ist nun RM bzw. RC, • SPCC ist nun SRM bzw. SRC, und • PC ist nun PRM bzw. PRC. Dies ist den neuen Kurzbezeichnungen aus der Internationalen Normung geschuldet: R = repair (Instandsetzung), M = mortar (Mörtel), C = concrete (Beton), S = sprayable (spritzbar) und P = polymer (Polymer). Daraus ergibt sich z.B. die Bezeichnung SRM-A3 für einen spritzbaren Mörtel als Betonersatz mit oder ohne Kunststoffmodifizierung für Altbetonklasse A3. Für den Betonersatz werden i.d.R. speziell für die Instandsetzung entwickelte Baustoffe wie RM/ RC, SRM/ 130 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Aktueller Stand der Regelwerke für die Erhaltung von Betonbauwerken SRC und PRM/ PRC verwendet. Instandsetzungsmörtel RM und -betone RC, Polymermörtel PRM und Polymerbetone PRC dürfen für Altbetonklassen A4 und A5 und kleine Flächen im Handauftrag verwendet werden. Spritzbare Instandsetzungsmörtel SRM und betone SRC sind dagegen für die Altbetonklassen A2 bis A5 geregelt. Unter bestimmten Randbedingungen können auch geeignete genormte bzw. geregelte Baustoffe wie Beton, Spritzbeton, Spritzmörtel oder Vergussbeton verwendet werden: • Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 und Spritzbeton nach DIN EN 14487 und DIN 18551 sind für Adhäsionsverbund nicht anwendbar, aber für Expositionsklassen A2-A5 für die flächige Instandsetzung mit Verankerung und Bewehrung. • Vergussbeton nach DAfStb-Richtlinie darf für die flächige Instandsetzung mit Verankerung und Bewehrung und zusätzlich für das drucklose Füllen von Hohlstellen angewendet werden, allerdings nur für die Expositionsklassen A4 und A5. • Spritzmörtel nach DIN EN 14487 und DIN 18551 sind nur in Sonderfällen für die Expositionsklassen X0, XC1-4 und für Altbetonklasse A4 anwendbar. Die gewohnten Beanspruchbarkeitsklassen M1 bis M3 nach RL SIB wurden hinfällig. Die sich daraus ergebenden Leistungsmerkmale wurden in der TR IH den Anforderungen an den Betonersatz für die jeweiligen relevanten Verfahren zugeordnet. Die Richtwerte für die Schichtdicken sind ebenfalls nicht mehr wie in der RL SIB allgemein für die Betonbzw. Mörtelart angegeben, sondern spezifisch in Abhängigkeit des geplanten Verfahrens, der Altbetonklasse und der Art der Sicherstellung des Verbundes (durch Adhäsion oder Verankerung und Bewehrung). Zur Sicherstellung des Adhäsionsverbundes wurden die Anforderungen an die Rautiefen über fünf Rautiefeklassen RT0,3 bis RT3,0 neu geregelt. Für PRM und PRC ist die Mindest-Rautiefeklasse RT0,5, was einer mittleren Rautiefe von 0,5 bis 1 mm entspricht. Für die übrigen Stoffgruppen sind die Anforderungen je nach Anforderungen an die Fuge (rau, verzahnt, etc.) entsprechend höher und können Tabellen 8 und 9 im Teil 1 der TR IH entnommen werden. Die Anforderungen an die Produkte und Systeme für die Instandsetzung mit Betonersatz sind im Detail in Anhang C des Teils 2 der TR IH überwiegend in Tabellenform angegeben. 8. Schlussfolgerungen und Ausblick Mit der TR IH liegt nun ein Regelwerk vor, dass dem Stand der Technik von der Planung bis zur Produktauswahl entspricht. Das Konzept, dass das Bauwerk die Produktanforderung bestimmt, erfordert eine konsequente Arbeitsweise mit neuen Expositions- und Altbetonklassen sowie einem System aus Prinzipien und Verfahren, aus denen sich die Produktanforderungen ergeben, s. Abbildung 1. Bezüglich der Ausführung gilt weiterhin die RL SIB des DAfStb, Ausgabe Oktober 2001 inkl. aller Berichtigungen, insbesondere der Teil 3. Der DAfStb plant, die beiden Teile der TR IH zusammen mit den Bezügen zur RL SIB 2001 und einem Ausführungsteil als Arbeitshilfe für Planer, Ausführende und die im Bereich der Instandsetzung Tätigen zu veröffentlichen. Literatur [1] Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt): Technische Regel - Instandhaltung von Betonbauwerken (TR Instandhaltung) - Teil 1: Anwendungsbereich und Planung der Instandhaltung, 2020-05. [2] Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt): Technische Regel - Instandhaltung von Betonbauwerken (TR Instandhaltung) - Teil 2: Merkmale von Produkten oder Systemen für die Instandsetzung und Regelungen für deren Verwendung, 2020-05. [3] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: DAfStb- Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen - Teil 1: Allgemeine Regelungen und Planungsgrundsätze, 2001-10. [4] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: DAfStb- Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen - Teil 2: Bauprodukte und Anwendung, 2001-10. [5] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: DAfStb- Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen - Teil 3: Anforderungen an die Betriebe und Überwachung der Ausführung, 2001-10. [6] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: DAfStb- Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen - Teil 4: Prüfverfahren, 2001-10. [7] DIN EN 1504-9: Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken - Teil 9: Allgemeine Grundsätze für die Anwendung von Produkten und Systemen, Beuth, 2008-11.