Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
kevb
expert Verlag Tübingen
71
2021
71
Sanierung von Brückenfahrbahnen und Gehwegen mit Stahl-Kunststoff-Verbundbauteilen
71
2021
Thomas Stihl
Für Brückenfahrbahnen, welche die Fahrzeuglasten in die Tragwerksstruktur einleiten und am stärksten dynamischen Einflüssen ausgesetzt sind, wurden neue innovative Techniken zur Verstärkung und Entlastung von vorhandenen Tragwerken entwickelt.
Bei dem SPS-Overlay-Verfahren werden orthotrope Stahlfahrbahnen verstärkt, indem ein zusätzliches Deckblech im Abstand von nur 25mm über dem alten Fahrbahnblech angeordnet wird und der entstehende Hohlraum mit einem zu einem massiven Kern aushärtenden Kunststoff (Polyurethan) vergossen wird (SPS, Sandwich-Plate-System).
Dadurch verringern sich die Materialspannungen und Verformungen an den gefährdeten Aussteifungsrippen um 60%. Gleichzeitig erhält das Bauwerk durch den Kunststoff zusätzliche bauphysikalische Eigenschaften. Diese sind Schwingungsdämpfung der Stahlfahrbahn durch die Energieabsorptionsfähigkeit des Kunststoffes sowie dessen Isolationsverhalten bei Temperaturänderungen (Blitzeis) oder die Geräuschdämpfung (Trittschall).
Vom Bundesverkehrsministerium wurde dieses System (SPS-Overlay) 2005 mit einem Pilotprojekt auf der vielbefahrenen A57 in der Nähe von Krefeld an der Schönwasserparkbrücke qualifiziert und erfolgreich eingesetzt.
In Luxemburg wurden in 2016 an der „Roten Brücke“ Pont Grande Duchesse Charlotte 5.100 m² der Brückenfahrbahn mit SPS-Overlay erfolgreich verstärkt und 2.300 m³ neue Gehwege aus SPS-Platten ersetzt. Die 1965 gebaute 355m lange Stahlbrücke konnte mit dieser Maßnahme für weitere 50 Jahre mit den Lasten der DIN-Fb 101/103 ermüdungstechnisch nachgewiesen werden.
Der Vortrag erklärt die Technik des Stahl-Kunststoff-Verbundsystems SPS anhand von ausgeführten Projekten.
kevb710159
7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 159 Sanierung von Brückenfahrbahnen und Gehwegen mit Stahl-Kunststoff-Verbundbauteilen Dipl. Ing. Thomas Stihl SEH Engineering GmbH, Büro Dortmund Zusammenfassung Für Brückenfahrbahnen, welche die Fahrzeuglasten in die Tragwerksstruktur einleiten und am stärksten dynamischen Einflüssen ausgesetzt sind, wurden neue innovative Techniken zur Verstärkung und Entlastung von vorhandenen Tragwerken entwickelt. Bei dem SPS-Overlay-Verfahren werden orthotrope Stahlfahrbahnen verstärkt, indem ein zusätzliches Deckblech im Abstand von nur 25mm über dem alten Fahrbahnblech angeordnet wird und der entstehende Hohlraum mit einem zu einem massiven Kern aushärtenden Kunststoff (Polyurethan) vergossen wird (SPS, Sandwich-Plate-System). Dadurch verringern sich die Materialspannungen und Verformungen an den gefährdeten Aussteifungsrippen um 60%. Gleichzeitig erhält das Bauwerk durch den Kunststoff zusätzliche bauphysikalische Eigenschaften. Diese sind Schwingungsdämpfung der Stahlfahrbahn durch die Energieabsorptionsfähigkeit des Kunststoffes sowie dessen Isolationsverhalten bei Temperaturänderungen (Blitzeis) oder die Geräuschdämpfung (Trittschall). Vom Bundesverkehrsministerium wurde dieses System (SPS-Overlay) 2005 mit einem Pilotprojekt auf der vielbefahrenen A57 in der Nähe von Krefeld an der Schönwasserparkbrücke qualifiziert und erfolgreich eingesetzt. In Luxemburg wurden in 2016 an der „Roten Brücke“ Pont Grande Duchesse Charlotte 5.100 m² der Brückenfahrbahn mit SPS-Overlay erfolgreich verstärkt und 2.300 m³ neue Gehwege aus SPS-Platten ersetzt. Die 1965 gebaute 355m lange Stahlbrücke konnte mit dieser Maßnahme für weitere 50 Jahre mit den Lasten der DIN-Fb 101/ 103 ermüdungstechnisch nachgewiesen werden. Der Vortrag erklärt die Technik des Stahl-Kunststoff-Verbundsystems SPS anhand von ausgeführten Projekten. 1. Einleitung Die steigende aktuelle Verkehrsbelastung des öffentlichen Straßenverkehrs führt auch zu hohen Beanspruchungen der Brückenbauwerke im öffentlichen Straßenverkehr. Brückenbauten aus Stahl wurden in den 1960-er bis 1980-er Baujahren aus Wirtschaftlichkeitsgründen möglichst leicht gebaut. Die damals gültige Normung war besonders hinsichtlich Stahlermüdung und dynamischer Beanspruchung noch nicht so weit entwickelt und hatte bei weitem nicht den heutigen Stand. Die daraus resultierenden schädigenden Effekte auf das Tragwerk und die Lebensdauer wurden nicht abgebildet. Gleichzeitig berücksichtigten die Verkehrsprognosen bei weitem nicht die eingetretenen Fahrzeugzahlen und -größen. Beanspruchbarkeit und Beanspruchung wurden beide nicht in der erforderlichen Größe berücksichtigt und führten zu den bekannten Schäden an den Brückentragwerken und zum daraus entstandenen Sanierungsstau. Um die Effekte auf Stahlfahrbahnen (orthotrope Platte) von Stahlbrücken, welche die Radlasten direkt in das Tragwerk einleiten müssen, zu reduzieren wurde die Technologie von Stahl-Kunststoff-Verbund-Kompo-nenten als Overlay entwickelt. Damit können die von der BASt als Kategorie 1-Schaden klassifizierten Fahrbahnschäden saniert und die Lebensdauer auf rechnerisch bis zu weiteren 50 Jahren erweitert werden. 2. Technologie der Stahl-Kunststoff-Verbundbauteile (SPS) Die Technologie der Stahl-Kunststoff-Verbundbau-teile (SPS) basiert auf einem Forschungsvorhaben an der Carleton Universität Ottawa, Kanada welche 1983 für die Entwicklung von Eisbarrieren in der Beaufort Sea gestartet wurde. Die Forschungskooperation zwischen dem Stahlbaulehrstuhl der RWTH Aachen und der Carleton Universität mit den Wirtschaftspartnern Krupp Stahlbau Hannover und in der Folge SEH Engineering führte zu einer nachhaltigen Weiterentwicklung und Manifestierung der Technologie seit nunmehr über 30 Jahren. Die Technologie ist umfassend untersucht. Beim SPS handelt es sich um einen Sandwichquerschnitt, der aus zwei außen liegenden Stahlplatten besteht (Bild 1), die einen festen Polyurethankern umschließen. SPS- 160 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Sanierung von Brückenfahrbahnen und Gehwegen mit Stahl-Kunststoff-Verbundbauteilen Platten sind isotrope, auf Ober- und Unterseite ebene Plattenelemente ohne Aussteifungsrippen. Bild 1: Geometrische Daten des SPS-Systems Die phantastischen Haftungseigenschaften des speziell formulierten Polyurethans auf der Stahloberfläche führen zu einem hochbelastbaren Tragelement, welches auch große, dynamische Lasten aufnehmen kann. Im Gegensatz zu bekannten Sandwichelementen mit geschäumten PUR, welche im Bauwesen als Fassaden- und Dachelemente eingesetzt werden, steht beim SPS die statische Tragwirkung und nicht die Bauphysik im Vordergrund. Aus diesem Grund besteht der Kunststoff aus einem massiven, nicht geschäumten Kern. Auch beim massiven Kunststoffkern des SPS wirken die bauphysikalischen Vorteile des Kunststoffes positiv auf die Performance. Bei der Konstruktion von Brücken werden SPS-Platten auch verwendet, weil diese die typischen Nachteile der Stahlkonstruktion, wie fehlende Dämpfung oder strukturphysikalische Nachteile wie Schallübertragung oder Isolierung ausgleichen und dies alles ohne zusätzliche Maßnahmen. Bild 2: Fahrbahnoberseite Baustelle Hergestellt wird die Verbundplatte indem zwei Stahldeckbleche mit einem Kern aus Polyurethan Elastomer zu einem Sandwich (Bild 1) der in zwei Schritten verbunden werden: 1. Zusammenbau des Oberblechs und Unterblechs mit Abstandhaltern und Randleisten durch Schweißung oder Klebung, so dass geschlossene Kavitäten entstehen (Bild 2). 2. Injektion des 2-komponentigen flüssigen Polyurethans (Bild 10) in die Kavität, welches beim Erhärten mit dem Oberblech und Unterblech eine zug- und schubfeste mechanische Verbindung eingeht und eine tragende Verbundkonstruktion entsteht. Biegesteifigkeit und Festigkeit der Sandwichplatte lassen sich durch entsprechende Geometriewahl (Blech- und Elastomerdicken) anpassen und so wählen, dass diese denen einer konventionell ausgesteiften Stahlkonstruktion entsprechen. Durch das vollständig verbundene Elastomer werden die Stahlbleche kontinuierlich gestützt: lokales Beulen wird so verhindert, ohne dass zusätzliche Steifen angeschweißt werden müssen; Schubkräfte lassen sich von einem Stahlblech zum anderen übertragen. Die Stahlbleche müssen vor der Montage gesandstrahlt sein, die Kavitäten müssen vor der Injektion des Elastomers sauber und trocken sein. Das Aushärten geht mit Wärmewirkung und Volumenausdehnung einher, die durch Niederhalter unterdrückt wird (Druckbildung). Nach der Aushärtung des Elastomers besteht vollständiger Verbund mit den Stahldeckblechen, die Schubfestigkeit in der Verbundfuge zwischen Elastomer und Stahl beträgt mindestens 4 MPa. 3. Bauweisen Die Stahl- Kunststoff-Verbundbauteile werden in zwei Bauweisen unterschieden. Zum einen können Paneele oder Fertigteilplatten in der Werkstatt vorgefertigt und dann am Bauort montiert werden. Zum anderen ist es möglich auf der Baustelle, vor Ort plattenartige Tragwerksteile (z.B. Brückenfahrbahnen, Gehwege) mit einem Overlay zu versehen und in der Tragfähigkeit zu ertüchtigen. 3.1 Bauweise Paneele Fertigteil-Platten aus mit Polyurethan gefüllten Stahlboxen Anwendungen: Fahrbahntafeln Gehwegplatten Bild 3: Einbau Fahrbahnpaneele 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 161 Sanierung von Brückenfahrbahnen und Gehwegen mit Stahl-Kunststoff-Verbundbauteilen Bei Einsatz von Stahl-Kunststoff-Verbundplatten werden in der Werkstatt vorgefertigte Fahrbahnelemente auf der Baustelle in das zu sanierende Tragwerk eingefügt (Bild 3). Der üblicherweise vorhandene und tragfähige Trägerrost der Primärkonstruktion eignet sich, die Platten mittels Schraub- oder Schweißverbindung aufzunehmen. Beim Schweißen werden an den Stahlboxen Stahl-Randleisten verwendet, welche die Wärme der Schweißenergie so weit aufnehmen, dass die Glasübergangstemperatur des Elastomers nicht überschritten wird und keine Schädigung des Kunststoffkerns stattfindet. 3.2 Bauweise Overlay Ergänzung einer vorhandenen Stahlplatte um ein weiteres Deckblech, mit Verfüllung des Zwischenraums mit Polyurethan (Bild 4). Anwendungen: Orthotrophe Brückenfahrbahnen Bild 4: Einbausituation Fahrbahn-Overlay Beim Herstellen der Kavitätenboxen des Overlay werden relativ dünnen Bleche verwendet, die bis zum Kunststoffeinbau noch keine Stabilisierung erfahren. Das Schweißen geschieht durch energiearme Schweißverfahren, welche den Schweißschrumpf minimieren. Außerdem werden die Leisten und Rahmen fixiert, weil die beim anschließenden Schweißen der Kavitäten entstehenden Zwängungen durch Schrumpf zu einem Beulen der Deckbleche (Bild 8) führen würden. 4. Austausch der Verbundfahrbahnplatte der Hängebrücke Mettlach mit SPS-Fertigteilplatten Die Fahrbahn der 1951 gebauten, über 108m gestützten Hängebrücke über die Saar in Mettlach (Bild 5) musste im Jahr 2012/ 13 erneuert werden, weil die Tragfähigkeit des Bauwerks auf Grund von Verschleiß, Korrosion und hohem Verkehrsaufkommen nicht mehr ausreichend war. Bild 5: Saarbücke Mettlach Durch die Verwendung von SPS-Fertigteilplatten (Bauweise Paneele) war es möglich das Fahrbahngewicht von 500t auf 200t zu reduzieren. Dadurch konnte das erhöhte Verkehrsaufkommen der aktuellen Normung für die Brücke angesetzt werden und dies bei gleichzeitiger Entlastung der Spannungen in den Tragkabeln. Dies war erforderlich, weil eines der im Erdankerblock vergossenen Hauptkabel wegen korrodierter und gebrochener Drähte nicht mehr ausreichend tragfähig war. Im konkreten Fall konnte außerdem aufgezeigt werden, dass der massive Kunststoffkern in der Lage war Verkehrslärmemissionen zu reduzieren, weil kein stahlbautypischer Resonanzkörper vorhanden ist und der Kunststoff zudem als Dämpfungselement wirkt. Innerhalb von nur 3,5 Monaten wurde die isotrope, nur 45mm dicke SPS-Fahrbahnplatte eingebaut. Das entspricht einer Bauleistung von 15 m²/ Tag. Der Verkehr wurde während des Umbaus in 1-spuriger Verkehrsführung weiter über das Bauwerk geführt. Der innerstädtische Verkehr konnte ohne Komplettsperrung aufrechterhalten werden. 5. Anwendungsbeispiel Pont Grande-Duchesse Charlotte Luxemburg (SPS-Overlay) Im Rahmen der Entwicklung der luxemburgischen Infrastruktur beschloss die luxemburgische Verwaltung, den öffentlichen Verkehr in der Stadt auszubauen und die Busverbindung durch eine Straßenbahn zu ergänzen oder teilweise zu ersetzen. Die Pont Grande-Duchesse Charlotte (PGDC), welche die Innenstadt Luxemburgs mit dem Kirchberg Plateau verbindet (Bild 6) und die seit ihrem Bau im Jahr 1965 mit ihrer roten Farbe („Rout Bréck“) das Stadtbild stark beeinflusst hat, sollte aufgrund des UNESCO-Weltkulturerbes nahezu unverändert erhalten bleiben. Dies führte zu der Entscheidung, die bestehende Struktur für die neuen Aufgaben zu ertüchtigen. Die gesamte Realisierung ist in Lit. [11] umfassend charakterisiert. Aufgrund der geplanten Nutzungsänderung musste der Verkehrsquerschnitt der Brücke angepasst werden. Charakteristisch ist die Überführung einer zweigleisigen 162 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Sanierung von Brückenfahrbahnen und Gehwegen mit Stahl-Kunststoff-Verbundbauteilen Straßenbahnstrecke, welche am Widerlager Kirchberg über eine Standseilbahn (Funiculaire) mit dem neuen S- Bahnhof der Alzettetal-Bahn verbunden ist. Die Bauaufgabe erforderte umfangreiche Verstärkungs- und Unbaumaßnahmen, der orthotrophen Fahrbahn an der PGDC, welche anschließend die Tragfähigkeit der Baustruktur nach den heutigen Standards gewährleistet. Dies konnte mittels großflächiger Verstärkung der orthotropen Fahrbahnplatte mittels SPS-Overlay sichergestellt werden. Die Arbeiten an der Brückenkonstruktion wurden im Juni 2015 begonnen und konnten im September 2017 mit dem Rückbau der Stahlbaustelle abgeschlossen werden. 6. Baustellenorganisation / operativer Ablauf Die exponierte Lage der Baustelle in der Stadt Luxemburg, die innerstädtische Verkehrssituation und die zeitlich enge Verknüpfung mit anderen Infrastrukturmaßnahmen in der Stadt wurden durch weitere Besonderheiten beeinflusst. Bild 6: Pont Grande-Duchesse Charlotte Luxemburg Unter anderem wurde der öffentliche Verkehr über dem Bauwerk während der gesamten Umbaumaßnahme aufrechterhalten. Die großen Gelenkbusse der luxemburgischen Verkehrsbetriebe erreichten Ihre Haltestellen nur fahrplanmäßig, weil sie die Brücke passieren konnten. Für Fußgänger und Radfahrer gab es immer mindestens einen Bürgersteig für den Übergang von der Stadt zum Europa-Viertel und zum Kirchberg-Plateau. Das Hauptkriterium für die Organisation der Prozesse war jedoch das Erreichen des Fertigstellungstermins des Brückendecks am 30.06.2017. Dieser war zwingend erforderlich, weil die die Montage der Straßenbahnschienen zu diesem Zeitpunkt die Brücke erreichten und die Gleisbauarbeiten ohne Unterbrechung über die Brücke weitergeführt werden mussten. Die Arbeit wurde in 4 Arbeitsschritte unterteilt (Bild 7, Tabelle 1) in denen je zwei Fahrspuren umgebaut wurden. - Während der Bauphase I und III waren beide Bürgersteige für Fußgänger und Radfahrer frei nutzbar. - Während der Bauphasen II und IV war nur einer der Fußgänger- und Radwege verfügbar, da entweder der nördliche oder der südliche Fußgängerradweg umgebaut wurde und die neue Geländer- / Schutzwand installiert werden musste. - Sowohl die Arbeitsbereiche als auch die Lager- und Logistikflächen wurden während des Bauens vier Mal neu aktiviert. Terminplan Arbeitsbereich Beginn Ende Tage Arbeitsbereich I 01.10.15 03.02.16 90 Arbeitsbereich II 04.02.16 05.10.16 175 Arbeitsbereich III 06.10.16 03.02.16 85 Arbeitsbereich IV 04.02.17 30.06.17 105 Fahrbahnumbau gesamt: 01.10.15 30.06.17 455 Tabelle 1: Terminplan des PGDC-Fahrbahnumbaus Bild 7: Bauphasen an der PGDC 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 163 Sanierung von Brückenfahrbahnen und Gehwegen mit Stahl-Kunststoff-Verbundbauteilen 7. Konstruktion Fahrbahnverstärkung mit SPS-Overlay Bild 8: SPS-Overlay-Kavität vor dem Schließen Die entscheidende Entwicklung der SPS-Technik bestand darin, die Kunststoffinjektionstechnik für 2-komponentige Elastomere, die für die Fabrikfertigung entwickelt wurde und dort seit Jahrzehnten eingesetzt wird, an die Umgebungsbedingungen eines Baustelleneinsatzes anzupassen. Robuste, wetterunempfindliche Technik, die den hohen Qualitätsanforderungen im Bauwesen entspricht, musste entwickelt und serienreif gemacht werden. Bild 9: selbstfahrende Kunststoff-Injektionsmaschine Eine auf einem Raupenfahrwerk montierte, selbstfahrende, vollautomatische und computergesteuerte Injektionsmaschine (Bild 9) kam dabei zum Einsatz. Sie wurde durch die BASF-Tochter Elastogran speziell für die Anforderungen von Baustelleninjektionen entwickelt. Mit dieser Maschine ist es möglich, auch schwer zugängliche Bauorte zu erreichen und die Elastomerinjektion in der erforderlichen Qualität durchzuführen. Bild 10: Kunststoff- Injektionsvorgang 8. Qualitätssicherung SPS-Brückenfahrbahn- Overlay Zur Qualitätssicherung der Sandwich-Schichten wurde ein spezielles Testverfahren entwickelt, welche eventuelle Fehlstelle in der Haftungsschicht zwischen dem Stahlblech und dem Kunststoffkern sowie Luftblasen detektieren kann. Herkömmliche Techniken wie Ultraschall liefern keine Ergebnisse, weil die unterschiedliche Dichte der Kompositbestandteile immer zu einem Signal führt. Deshalb wurde ein Messverfahren (SONALIS) entwickelt, bei dem die Schallantwort auf ein Klopfsignal ausgewertet wird (Bild 11). Mit Hilfe eines geeichten Schlagwerks, welches in einem Messkopf untergebracht ist und einem Mikrofon, werden die Signale erzeugt und mittels einer elektronischen Auswert-einheit verarbeitet. Detektiert und angezeigt werden „Bonded“ = verbunden, „Debonded“ = kein Verbund und „uncertain“ = unsicher => Neumessung. Bild 11: Sonalis Testgerät 164 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Sanierung von Brückenfahrbahnen und Gehwegen mit Stahl-Kunststoff-Verbundbauteilen An der PGDC wurde ein Messprogramm durchgeführt, bei dem die Fahrbahn in einem Raster von 30 cm x 30 cm abgeklopft wurde 9. Zusammenfassung Sanierungs-Leistung und Kosten Entscheidungskriterien für den Einsatz solcher Sanierungssysteme sind die Leistung und die Kosten. Beides muss im wirtschaftlichen Verhältnis stehen und dem Bauwerk bezüglich nachhaltigen Bauens eine ausreichende Restlebensdauer gewähren. Am Beispiel der PGDC lässt sich erkennen, dass die neue Sanierungsmethode mittels Stahl- Kunststoff-Sandwich beide Kriterien erfüllt und mit minimal-invasivem Bauen großartige Ergebnisse liefert. Sanierungsleistung Fahrbahn Brückenfläche 355,00 m x (26,58 -6,33 m) = 7.190 m² (minus Tram) Dauer 21 Monate = 455 Arbeitstage Sanierungsleistung = 16m²/ Tag Sanierungskosten Fahrbahn Brückenfläche = 7.190 m² Kosten Stahl-Kunststoff-Verbundbauteile = 4.219 tsd € Sanierungskosten Stahl-Kunststoff-Verbundbauteile 587,- €/ m² Brückenumbau gesamt Dauer 47 Monate = 940 Arbeitstage (9.440 m²) Leistung 10 m²/ Tag / Kosten 2.000,- €/ m² Im Kostenvergleich erkennt man, dass die Verstärkung der Fahrbahn 30% der Gesamtbaukosten einer umfassenden Restrukturierung ausmacht. Die Kosten für den Fahrbahnumbau mit Paneelen bewegen sich im Übrigen auf dem gleichen Niveau wie die Overlayergänzung. Nachhaltiges, wirtschaftliches Bauen im Bestand ist mit Stahl-Kunststoff-Verbundbauteilen möglich. Literaturverzeichnis [1] Kennedy, S.J.: Das Sandwich-Platten-System (SPS). Stahlbau 76 (2007), H. 7, S. 455-464. [2] Matuschek, J., Stihl, T., Bild, S.: Verstärkung der orthotropen Stahlfahrbahn der Schönwasserparkbrücke mittels Stahl-Elastomer-Sandwich (SPS). Stahlbau 76 (2007), H. 7, S. 465-471. [3] Minten, J., Sedlacek, G., Paschen, M., Feldmann, M., Geßler, A.: SPS-ein neues Verfahren zur Instandsetzung und Ertüchtigung von stählernen orthotropen Fahrbahnplatten. Stahlbau 76 (2007), H. 7, S. 438-454. [4] Friedrich, H.: Schönwasserparkbrücke: Untersuchung zur thermischen Beanspruchung von SPS beim Einbau bituminöser Fahrbahnbeläge. Stahlbau 76 (2007), H. 7, S. 472-477. [5] Feldmann, M., Sedlacek, G., Möller, S., Geßler, A., Ungermann, D., Kalameya, J.: Herstellung von Stahlfahrbahnen in Sandwichbauweise mit verringertem Schweißaufwand. Forschungsbericht P628, aus der Reihe Forschung für die Praxis, ISBN 3-937567-92-5, Forschungsvereinigung Stahlanwendung e.V., Düsseldorf, 2010. [6] Sedlacek, G., Feldmann, M., Paschen, M., Geßler, A.: SPS-applications in bridge design - safety and economy aspects, PU Magazine, Volume 2, No 4, October 2005. pp. 246-250. [7] Feldmann, M., Sedlacek, G., Geßler, A.: A System of Steel-Elastomer Sandwich Plates for Strengthening Orthotropic Bridge Decks. Mechanics of Composite Materials, journal, Vol. 43, No. 2, Institute of Polymer Mechanics, University of Latvia 2007, Seite 271-282. [8] Kennedy, S. J.: SPS Bridge Deck Design Guidelines. Intelligent Engineering Limited, Nov 2010. [9] Uwe Heiland, Thomas Stihl, Stefan Henschke.: Erkenntnisse und Bewertung von Verfahren zur Grundinstandsetzung stählerner Hochbahntrasse; Stahlbaunachrichten, September 2012, Deutscher Stahlbauverband DSTV, Düsseldorf [10] Thomas Stihl, Carsten Chassard, Markus Feldmann, Stefan Bild: Neue Technologie für die Hängebrücke über die Saar in Mettlach-Brückenfahrbahn aus Sandwich Plate System (SPS), Ernst und Sohn, Berlin, Stahlbau 82 (2013), Heft 3 [11] Gesella, H., Schwarz, W., Didier, G.: Planung und Ausschreibung der Ertüchtigung der Brücke Grande-Duchesse Charlotte in Luxemburg. Stahlbau (2016), H. 4. [12] Stihl, Th., Geßler, A., Feldmann, M., Kennedy, Stephen J.: Sanierung von Brückenfahrbahnen und Gehwegen mit Stahl-Kunststoff-Verbundbauteilen. Stahlbau (2016), H. 10.
