Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
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expert Verlag Tübingen
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Ansätze zur rechnerischen Erfassung des Tragverhaltens von Drahtputzgewölbedecken mithilfe der Finite-Elemente-Methode
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Jessica Klinkner
Axel Dominik
Inhalt dieser Forschungsarbeit ist die Erarbeitung eines rechnerischen Ansatzes mithilfe der Finite-Elemente-Methode für die Tragstruktur einer abgehängten Drahtputzgewölbedecke. Hierfür werden FE-Modelle als Projektion zweier im Labor hergestellter Gewölbemodelle erzeugt. Als Referenzwerte werden Formänderungsmessungen an den Gewölbemodellen unter definierter Lasteinwirkung herangezogen. Die Formänderungen werden in der Symmetrieachse der Gewölbemodelle radial mit digitalen Wegaufnehmern gemessen. Die reell aufgezeichneten Formänderungen dienen dem Vergleich zwischen tatsächlichen Formänderungsverhalten einer Drahtputzgewölbedecke und der digitalen Nachbildung im FE-Programm. Einhergehen Baustoffuntersuchungen um die Materialkennwerte der einzelnen Bestandteile des Gewölbemodells in dem FE-Programm möglichst genau darstellen zu können. Weiterhin wird eine Instandsetzungsmaßnahme an einem der beiden Gewölbemodelle durchgeführt und untersucht. Die Maßnahme wird in Hinblick auf die Funktionalität und Verbesserung der statischen Nachrechnung mittels FEM ausgewertet. Mithilfe der digitalen Darstellung und Nachrechnung einer Drahtputzgewölbedecke können Formänderungen bestimmt und Risse sowie folgeschwere Schädigungen vorhergesehen werden. Besonders für die Instandsetzung sind diese Erkenntnisse wichtig, um bei Ausfall und Verformung einzelner Tragelemente die Standsicherheit des gesamten Gewölbes beurteilen zu können. Zugleich lassen sich Instandsetzungskonzepte aufgrund der berechenbaren Tragreserven der Konstruktion erarbeiten.
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7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 179 Ansätze zur rechnerischen Erfassung des Tragverhaltens von Drahtputzgewölbedecken mithilfe der Finite-Elemente-Methode Untersuchungen am Beispiel eines Gewölbemodells im Labor unter Berücksichtigung von Formänderungsmessungen infolge von Belastungsversuchen und zu ermittelnder Baustoffkennwerte Jessica Klinkner, M.Eng. TH Köln Dipl.-Ing. Axel Dominik Dominik Ingenieurbüro | TH Köln Zusammenfassung Inhalt dieser Forschungsarbeit ist die Erarbeitung eines rechnerischen Ansatzes mithilfe der Finite-Elemente-Methode für die Tragstruktur einer abgehängten Drahtputzgewölbedecke. Hierfür werden FE-Modelle als Projektion zweier im Labor hergestellter Gewölbemodelle erzeugt. Als Referenzwerte werden Formänderungsmessungen an den Gewölbemodellen unter definierter Lasteinwirkung herangezogen. Die Formänderungen werden in der Symmetrieachse der Gewölbemodelle radial mit digitalen Wegaufnehmern gemessen. Die reell aufgezeichneten Formänderungen dienen dem Vergleich zwischen tatsächlichen Formänderungsverhalten einer Drahtputzgewölbedecke und der digitalen Nachbildung im FE- Programm. Einhergehen Baustoffuntersuchungen um die Materialkennwerte der einzelnen Bestandteile des Gewölbemodells in dem FE-Programm möglichst genau darstellen zu können. Weiterhin wird eine Instandsetzungsmaßnahme an einem der beiden Gewölbemodelle durchgeführt und untersucht. Die Maßnahme wird in Hinblick auf die Funktionalität und Verbesserung der statischen Nachrechnung mittels FEM ausgewertet. Mithilfe der digitalen Darstellung und Nachrechnung einer Drahtputzgewölbedecke können Formänderungen bestimmt und Risse sowie folgeschwere Schädigungen vorhergesehen werden. Besonders für die Instandsetzung sind diese Erkenntnisse wichtig, um bei Ausfall und Verformung einzelner Tragelemente die Standsicherheit des gesamten Gewölbes beurteilen zu können. Zugleich lassen sich Instandsetzungskonzepte aufgrund der berechenbaren Tragreserven der Konstruktion erarbeiten. 1. Drahtputzgewölbedecken 1.1 Entstehung Das Drahtputzgewölbe oder auch Rabitzgewölbe genannt wurde 1878 vom Berliner Maurermeister Carl Rabitz patentiert. Hierbei handelt es sich nicht um ein selbsttragendes, sondern ein abgehängtes Bauwerk. Das Gewölbe wird an einer Tragkonstruktion aus Holz oder Stahl abgehängt und wir nur unter Eigengewicht belastet. Dadurch kann die Gewölbeschale sehr dünn ausgeführt werden. Im Vergleich zu einem Mauerwerksgewölbe ist somit viel weniger Material erforderlich und es können vielseitigere Geometrien erzielt werden. Die Bauweise wurde insbesondere für Bauwerke ausgewählt, die in Erdbebengebieten oder setzungsempfindlichen Gebieten errichtet wurden. 180 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Ansätze zur rechnerischen Erfassung des Tragverhaltens von Drahtputzgewölbedecken mithilfe der Finite-Elemente-Methode 1.2 Ausführung Eine genormte Ausführung einer Drahtputzdecke bzw. eines Drahtputzgewölbes wurde erstmals im August 1951 veröffentlicht 1 . Dementsprechend sind viele Bestandsbauten ohne Richtlinien und stat. Nachweisen erbaut worden. Die Bauweise als Rabitzkonstruktion wird im Buch „Putz, Stuck, Rabitz“ von Karl Lade-Adolf Winkler 2 in ihrer Ausführung und dem zu verwendenden Werkzeug, sowie dem Material, beschrieben. 1.3 Aufbau eines Drahtputzgewölbes Die Besonderheit bei dieser Bauweise ist das „Rabitzgewebe“, welches die Funktion eines Putzträgers übernimmt. Es wird mit den Bewehrungsstäben in Längs- und Querrichtung verbunden und stellt den Verbund zwischen abgehängter tragender Bewehrung und Putz her. Die erste Putzmörtellage wird von der Unterseite in den Putzträger eingedrückt. Nachdem diese ausreichend erhärtet ist, werden weitere Putzmörtellagen unterseitig aufgebracht. Stuckelemente werden entweder direkt am Gewölbe handwerklich hergestellt oder als eine Art Fertigteil am Putzgewölbe angesetzt. Was oft nicht erfolgt ist ein Putzauftrag auf den Gewölberücken. Dieser dient dazu die Verklammerung des Mörtels mit dem Putzträger zu verbessern und die Tragbewehrung zu schützen. Der Putzträger weist ca. 10 mm große quadratische Maschen auf und hat in der Regel eine 1 mm Drahtdicke. Die Bindung erfolgt mittels verzinkten Bindedrahts. Der Draht wird dabei doppelt gelegt und kann entweder als einfacher Kreuzbund oder Doppelbund ausgeführt werden. Die Abmessungen der Bewehrungsstäbe können je nach Art und Spannweite des Gewölbes stark variieren. Nach Norm sind Abmessungen der Bewehrungsstäbe in Tragrichtung zwischen 7-30 mm, die der Querrichtung zwischen 5-10 mm und der Abhänger 5-10 mm zu verwenden. Bei Spannweiten über 5 m ist mindestens ein Querschnitt von 7 mm für die Abhänger erforderlich 1 . In der folgenden Abbildung ist eine Skizze eines Drahtputzgewölbes dargestellt. Im Bestand findet man sowohl radiale als auch senkrechte Abhänger vor. 1 Vgl. DIN 4121: 2017-18, Hängende Drahtputzdecken - Putzdecken mit Metallputzträgern, Rabitzdecken; Anforderungen für die Ausführung. 2 Vgl. Karl Lade, Adolf Winkler. Putz Stuck Rabitz. Stuttgart. 1952. Abbildung 1: Schematischer Aufbau eines Rabitzgewölbes nach Lade/ Winkler 1.4 Heutige Problemstellung Bei vielen Drahtputzdecken oder -gewölben im Bestand treten über die Jahre meist unterschiedliche Schäden auf. Rissbildungen oder Abplatzungen der unteren Putzlage sowie Loslösen der Abhänger und Korrosion aufgrund fehlenden Korrosionsschutzes sind typische Schadensbilder. Die Ursachen für diese schadensauslösenden Beanspruchungen sind vielfältig und hängen, neben der Baukonstruktion selbst, sehr oft mit der Nutzung der Gebäude insbesondere aber auch mit den bauphysikalischen Verhältnissen zusammen. Grundlage für diese Forschungsarbeit und weitere Untersuchungen ist ein Bestandsgewölbe in Bad Honnef an dem Schäden aufgetreten sind. Ziel ist es das Tragverhalten solcher schadhaften Drahtputzbauwerke rechnerisch zu erfassen, um die Arbeitssicherheit bei der Instandsetzung gewährleisten und anhand der vorliegenden Tragreserven mögliche Instandsetzungskonzepte ableiten zu können. Anhand der Erkenntnis der Verformung des Gewölbes lassen sich zugleich die Ursachen aufgrund Spannungsüberschreitungen infolge zu größer Verformungen rückschließen. 2. Versuchsdurchführung Es werden zwei Gewölbemodelle erstellt, welche dem Bestandsgewölbe in Bad Honnef in skalierter Darstellung entsprechen. Hierbei wird die Gewölbeform übernommen und auf eine Länge von 3,0 m projiziert. Der Aufbau bzw. Querschnitt des Gewölbes sowie der Abhänger bleibt hingegen analog zum Ursprungsgewölbe näherungsweise gleich. Aufgrund der Abweichung der Putzträgerlage zur Norm DIN 4121 werden zwei Gewölbe hergestellt. Dadurch kann die Auswirkung der Putzträgerlage auf die Tragwirkung des Gewölbes untersucht werden. 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 181 Ansätze zur rechnerischen Erfassung des Tragverhaltens von Drahtputzgewölbedecken mithilfe der Finite-Elemente-Methode Gewölbemodell 1 (in Anlehnung an Bestandsgewölbe) Gewölbemodell 2 (in Anlehnung DIN 4121) Um eine möglichst genaue Projektion der Gewölbemodelle im FE-Programm zu erzielen, werden alle verwendeten Baustoffe labortechnisch geprüft. Hierfür werden Einzelals auch Verbundprüfkörper hergestellt und auf ihre Druck-, Biegezug- und Zugfestigkeit überprüft. Zusätzlich wird der stat. und dyn. E-Modul der Putzschale ermittelt. Verbund- und Haftzugfestigkeiten werden ebenfalls untersucht. Anschließend werden Belastungsversuche an den Gewölbemodellen durchgeführt. Es wird eine Punktlast von 100 kg über die zuvor eingelassenen Gewindestangen eingeleitet, welche über 6,0 x 6,0 cm² große Stahlplatten an der Gewölbeoberseite rückverankert sind (siehe Abbildung 2). Abbildung 2: Detail Lasteinleitungspunkt Abbildung 3: Detail zwischengeschaltete Federwaage In der Abbildung 5 sind die Belastungspunkte in der Draufsicht dargestellt. Da das Gewölbe symmetrisch errichtet wurde, werden die Belastungsversuche nur in einem Viertel des Gewölbes und hauptsächlich in den Achsen 3 und 4 durchgeführt. Abbildung 4: Belastungsversuch des Gewölbemodells Abbildung 5: Draufsicht Gewölbe Lastleitungspunkte 182 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Ansätze zur rechnerischen Erfassung des Tragverhaltens von Drahtputzgewölbedecken mithilfe der Finite-Elemente-Methode Mithilfe von hoch sensibler Messtechnik werden die Formänderungen während der Belastungs- und Entlastungsphasen aufgenommen. Da es sich bei den Gewölbemodellen um Gewölbeausschnitte handelt und die freien Ränder sich nicht auf das Tragverhalten eines größeren Bestandsgewölbes projizieren lassen, wird die Messtechnik zentrisch in den Achsen 3 und 4 angebracht. Die digitalen Wegaufnehmer werden radial auf die Gewölbeunterseite ausgerichtet (siehe Abbildung 6 - 8). Zusätzlich werden in der Mittelachse (Achse 4) der Gewölbemodelle Federwaagen zwischen die Abhänger geschaltet. Damit können die Kräfte in den Abhänger der Achse 4 während der Belastungsversuche, sowie des Erhärtungsprozesses und unter Eigengewicht abgelesen werden (siehe Abbildung 3). Es werden sowohl Kurzzeit- (<2 h) als auch Langzeitbelastungsphasen (>24 h) untersucht, um mögliche Kriechverformungen zu berücksichtigen. Nach der ersten Sichtung der Aufzeichnungen wird zugleich deutlich, dass die Formänderungen infolge Kriechen kaum nachweisbar und irrelevant für den Vergleich mit dem FE-Modell sind. Pro Belastungspunkt wird demensprechend die maximale Formänderung mit dem Ergebnis der FE-Berechnung verglichen bzw. für die Auswertung herangezogen. Zusätzlich wird eine weitere Putzlage auf ein Gewölbemodell im Labor als Instandsetzungsmaßnahme aufgetragen. Der Querschnitt der Putzschale wird von ca. 5 cm auf eine gleichmäßige Dicke von 7 cm erhöht (siehe Abbildung 9). Aufgrund des zuvor untersuchten, guten Verbundes zwischen alter und neuer Putzlage, kann für die FE-Bemessung der volle Querschnitt von 7 cm angesetzt werden. Dadurch wird eine kalkulierbarere Bemessungssituation geschaffen. Anordnung der Messtechnik: Abbildung 6: Draufsicht - Anordnung der Messtechnik Abbildung 7: Schnitt Achse 3 Abbildung 8: Schnitt Achse 4 Abbildung 9: Querschnitt Gewölbeschale mit Ausgleichslage Die Ausgleichslage wird von oben auf das Gewölbe aufgetragen, damit die freiliegenden Bewehrungsstäbe überdeckt werden (siehe Abbildung 10). 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 183 Ansätze zur rechnerischen Erfassung des Tragverhaltens von Drahtputzgewölbedecken mithilfe der Finite-Elemente-Methode Abbildung 10: Freiliegende Bewehrungsstäbe Anschließend werden die Belastungsversuche am Gewölbemodell wiederholt und im Vergleich zu den vorherigen Aufzeichnungen der Belastungsversuche sowie der FE-Berechnungen ausgewertet. Besonders für Bestandskonstruktionen bietet sich diese Instandsetzungsmethode an, da die Unterseite des Gewölbes nicht beeinträchtigt wird. In der Realität variiert die Putzdicke oftmals sehr stark. Es wird angenommen, dass durch die Ausgleichslage und zugleich Erhöhung der Querschnittsdicke der Putzschale sich die Verformungen und letztendlich die Spannungsüberschreitungen reduzieren und weitere Schäden verhindert werden. 3. Auswertung der Formänderung Bei der Bemessung des FE-Modells wird der E-Modul als auch die Querdehnzahl variiert und mit den Verformungen der Gewölbemodelle im Labor verglichen. Insgesamt werden sechs FE-Modelle mit verschiedenen Baustoffkennwerten generiert. Die Spannweite des angesetzten E-Moduls liegt bei ca. 550 MN/ m² ermittelt aus dem stat. E-Modul bis hin zu 3000 MN/ m² ermittelt aus dem dynamischen E-Modul. Es lassen sich bei allen FE-Modellen Annäherungen der Formänderungsverläufe zu den Gewölbemodellen mit und ohne Ausgleichslage feststellen. Die geringsten Abweichungen der Formänderungen können für das Gewölbemodell 2 bei der Belastung in F-3, F-1 und B-3 und dem FE-Modell mit einem E-Modul von 3000 MN/ m² und einer Querdehnzahl von 0,18 festgestellt werden. Für die weitere Auswertung sowie die Durchführung der Instandsetzungsmaßnahme mittels einer oberseitig aufgetragenen Ausgleichlage wird dementsprechend das Gewölbemodell 2 (Querschnitt in Anlehnung an DIN 4121) herangezogen. In dem folgenden Diagramm sind die Standardabweichungen pro Lastfall und FE-Modell bezogen auf die Formänderungsmessungen im Labor zur Übersicht der Ergebnisse des Gewölbemodells 2 ohne Ausgleichlage dargestellt. Pro Lastfall ist das FE-Modell mit der geringsten Standardabweichung markiert. Der Durchschnitt der Standardabweichungen aller Lastfälle beträgt 0,237 mm. Diagramm 1 - Standartabweichung Gewölbemodell 2 ohne Ausgleichslage 184 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Ansätze zur rechnerischen Erfassung des Tragverhaltens von Drahtputzgewölbedecken mithilfe der Finite-Elemente-Methode Diagramm 2: Standartabweichung Gewölbemodell 2 mit AusgleichslageD Belastung in B-3 ohne Ausgleichslage Diagramm 3: Formänderungsverlauf B-3 ohne Ausgleichslage Belastung in F-3 ohne Ausgleichslage Diagramm 5: Formänderungsverlauf F-3 ohne Ausgleichslage Belastung in B-3 mit Ausgleichslage Diagramm 4: Formänderungsverlauf B-3 ohne Ausgleichslage Belastung in F-3 mit Ausgleichslage Diagramm 6: Formänderungsverlauf F-3 mit Ausgleichslage 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 185 Ansätze zur rechnerischen Erfassung des Tragverhaltens von Drahtputzgewölbedecken mithilfe der Finite-Elemente-Methode Diagramm 7: Abweichungen der Gewichtsdaten der Abhänger in Achse 4 Nach Auftragen der Ausgleichslage auf dem Gewölbemodell 2 verringern sich die Formänderungen unter Belastungseinwirkung deutlich. Der Durchschnitt der Standardabweichungen aller Lastfälle liegt hierbei nur noch bei 0,191 mm (siehe Diagramm 2). In den Diagrammen 3-6 sind exemplarisch die Verläufe der Formänderungen infolge der Belastung in Punkt Achse F/ 3 und B/ 3 zum Vergleich mit und ohne Ausgleichslage dargestellt. Bei dem Belastungsversuch in Punkt B-3 reduziert sich die maximale Durchbiegung von 0,608 mm auf 0,107 mm. Dies entspricht einer Abminderung der Durchbiegung um 82,4 %. Die Abminderung der maximalen Durchbiegung während des Belastungsversuchs in F-3 beträgt 31%. Dadurch bestätigt sich die Annahme, dass das Auftragen einer Ausgleichslage oberhalb des Gewölbes trotz zusätzlicher Eigenlast eine positive Auswirkung auf das Tragverhalten des Gewölbes hat. Der Verbund zwischen der oberen Putzlage des ursprünglichen Gewölbes und der Ausgleichslage ist aufgrund der unebenen Gewölbeoberseite sehr gut. Aufgrund des dickeren Querschnitts und höheren Steifigkeit der Gewölbeschale können mehr Lasten direkt über die Schale abgetragen werden. Die Formänderungen bleiben dabei, durch die hohe Steifigkeit der Schale, sehr gering. Dies hat zur Folge, dass die Abhänger kaum beansprucht werden, da diese als Federn fungieren und erst unter Längenänderung aktiviert werden, bzw. Last aufnehmen können. Bei allen Belastungsversuchen liegen die mit den FE-Modellen ermittelten Kräfte der Abhänger in Achse 4 über den abgelesenen Werten der Federwagen am Gewölbemodell. Im Durchschnitt beträgt die Differenz zwischen den im FE-Programm ermittelten Kräften der Abhänger in Achse 4 und den im Labor abgelesenen Werten ca. 4 kg (siehe Diagramm 7). Nach Aufbringen der Instandsetzungsputzlage auf der Gewölbeschale und erneuten Belastungsversuchen beträgt die durchschnittliche Standardabweichung der Kräfte in den Abhängern in Achse 4 ca. 2,5 kg. Die Ursache für diese Abweichungen lässt sich auf zwei mögliche Gründe beschränken. Zum einen können Messungenauigkeiten beim Ablesen der Federwaagen zu nicht aussagekräftigen Ergebnissen führen. Darüber hinaus können die Waagen selbst fehleranfällig sein. 186 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Ansätze zur rechnerischen Erfassung des Tragverhaltens von Drahtputzgewölbedecken mithilfe der Finite-Elemente-Methode Diagramm 8: Abweichungen der Gewichtsdaten der Abhänger in Achse 4 (mit Ausgleichlage) Zum anderen können falsch angesetzte Federsteifigkeiten der Abhänger oder ein zu hoher E-Modul der Gewölbeschale die geringen Waagenkräfte der FE-Modelle verursachen. Die Lasten verteilen sich auf die umliegenden Abhänger um oder werden je nach Steifigkeit der Gewölbeschale direkt über Schalentragwirkung abgetragen. Trotz der Vergrößerung des Eigengewichts verringert sich die Abweichung der gemessenen Gewichtsdaten zu den Federkräften im FE-Modul, was diese Annahme bestätigt. Miteingeht, dass die Auflager im Fußpunkt der Gewölbeschale im FE-Programm als Festlager definiert wurden. Ohne Nachgiebigkeit der Auflager können die Lasten über die Schale direkt abgeleitet werden, wodurch weniger Last über die Abhänger abgetragen wird. Die abschließende Beurteilung des Vergleichs der Waagendaten ist demensprechend nur unter Vorbehalt möglich. Messungenauigkeiten, Fehler beim Ablesen der Waagen, ein falscher Ansatz der Federsteifigkeiten im FE-Modell sowie eine falsche Annahme der Auflagerbedingungen können nicht ausgeschlossen werden. Ohne weitere Sensitivitätsstudie oder Ausschließen unbekannter Variablen lassen sich die Abweichungen der Formänderungsmessungen an den Gewölbemodellen im Vergleich zu den FE-Bemessungen nicht eliminieren. Abschließend bestätigt sich die Annahme, dass sich die Instandsetzungsmaßnahme mit einer Ausgleichslage auf der Gewölbeschale positiv auf das Formänderungsverhalten einer Drahtputzgewölbedecke auswirkt. Dies kann aus der Annäherung der Formänderungsverläufe an das Referenzgewölbe im Labor, sowie der gesamten Minimierung der Standardabweichungen von ca. 20 % der Formänderungsmessungen, beurteilt werden. In Summe erzielt das FE-Modell mit der Eingabe eines E-Moduls von 3000 MN/ m² und einer Querdehnzahl von 0,18 die geringsten Abweichungen zu den reell gemessenen Formänderungen im Labor. 4. Fazit und weitere Forschungsziele Schlussfolgend kann nach Auswertung der Finite-Elemente-Berechnung, sowie der Untersuchungen im Labor ein erster Ansatz für das Tragbzw. Formänderungsverhalten von Drahtputzgewölbedecken aufgestellt werden. Aufgrund der großen Streuungen der Ergebnisse sind weitere Untersuchungen notwendig um eine statistisch aussagekräftige Beurteilung für die Anwendbarkeit der FE-Modelle für die Praxis treffen zu können. Es sind weitere Gewölbemodelle erforderlich, damit sich die Unregelmäßigkeiten bei der Herstellung der Gewölbe geringer auf die Auswertung auswirken. Zusätzlich prägen sich die Schwankungen der Messwerte infolge Messungenauigkeiten bei den Formänderungsuntersuchungen geringer auf das Gesamtergebnis aus. Ebenfalls sind weitere labortechnische Untersuchungen der Baustoffe und die weitere Anpassung der Untersuchungsmethodik an die speziellen Verhältnisse des Putzmörtels im Verbund zu den Stahlelementen notwendig. Zusätzlich ist für eine aussagekräftige Auswertung umfangreichere Messtechnik erforderlich. Bei der Berechnung der Modelle sind hauptsächlich vier unbekannte Variablen vorhanden, welche sich auf das Formänderungsverhalten des Gewölbemodelles am prägnantesten auswirken: - E-Modul der Gewölbeschale sowie Querdehnzahl - Dicke der Gewölbeschale - Federsteifigkeit der Abhänger - Auflagerbedingung des Gewölbefußes 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 187 Ansätze zur rechnerischen Erfassung des Tragverhaltens von Drahtputzgewölbedecken mithilfe der Finite-Elemente-Methode Der E-Modul sowie die Federsteifigkeiten der Abhänger wurden labortechnisch ermittelt. Bei den Abhängern wurde, resultierend aus den Baustoffprüfungen der einzelnen Elemente, eine zusammengesetzte Federsteifigkeit ermittelt. Aufgrund der verschiedenen Längen der Abhänger wurden die Werte für die Drahtseile interpoliert. Angesichts dieser Interpolation, sowie der Berechnung einer zusammengesetzten Feder, sind eventuelle Ungenauigkeiten nicht auszuschließen. Um die Auswirkung der Verbindungselemente mit den Drahtseilen zu bestimmen, sind zusätzlich Zugversuche eines zusammengesetzten Abhängers zu empfehlen. Dadurch kann zugleich die Gesamtfedersteifigkeit kontrolliert werden. Um die Kräfte in den Aufhängern besser ablesen zu können sind für die weiteren Untersuchungen digitale Waagen mit höherer Messgenauigkeit zu verwenden. Um die Lastverteilung auf umliegende Abhänger aufgrund der geringen Steifigkeit der Waagen zu verhindern, müssen an allen Abhänger digitale Waagen zwischen geschaltet werden. Die geringe Steifigkeit spiegelt zugegebenermaßen nicht die Ausführung eines Bestandsgewölbes dar, wiederum können so alle Lasten mit dem FE-Modell verglichen und eine Lastverteilung des gesamten Gewölbes besser abgeschätzt werden. Eine andere Alternative bieten zwischengeschaltete Kraftmessdosen in den Abhängern. Auch an den Gewölbefußpunkten ist eine entsprechende Messtechnik wie z.B. Druckmessplatten zur Erfassung der Auflagerkräfte des Gewölbes zu empfehlen. Die Eigenverformungen des Traggerüstes, an dem das Gewölbe abgehängt wird, sowie dessen Auflagerkräfte müssen ebenso erfasst werden. Somit lassen sich alle Auflagerbedingungen für die FE- Berechnung bestimmen. Die Dicke der Gewölbeschale kann infolge der Ausgleichslage als nahezu konstant angesetzt werden. Als letzter unbekannter Wert kann der E- Modul über eine Iteration der FE-Berechnung ermittelt werden. Es wurde sowohl der statische E-modul mithilfe von Druckversuchen an Verbundprüfkörpern, als auch der dynamische E-Modul bestimmt. Der Querschnittsaufbau der Verbundprüfkörper wurde analog zu dem Gewölbemodelle ausgeführt. Die Differenzen der beiden Werte sind sehr groß. Der dynamische liegt nahezu beim fünffachen Wert des stat. E-Moduls. Aufgrund der Inhomogenität der Querschnitte der Verbundprüfkörper sind Fehlstellen, wie z.B. Lufteinschlüsse oder vorgeschädigt Bereiche, nicht auszuschließen. Diese wirken sich negativ auf die Tragfähigkeit der Prüfkörper aus und verfälschen die Ergebnisse des stat. E-Moduls. Durch eine Erhöhung der Prüfkörperanzahl können die Schwankungen der Prüfergebnisse ggf. reduziert werden. Versuchstechnisch sind weitere Überlegungen notwendig um die Eigenschaften der Gewölbeschale bestehend aus Putz und Stahl im Verbund zu prüfen. Ein weiterer Grund für Ungenauigkeiten bei der Auswertung der Formänderungsverläufe lässt sich auf die Schwind- und Quellverformungen während der Erhärtungsphase des Gewölbes zurückführen. Aufgrund der Formänderungen bereits vor Beginn der Belastungsversuche verändert sich die Ausgangslage der Gewölbeform für die FE-Berechnung. Dieser Effekt wird allerdings als Einfluss auf das Formänderungsverhalten des Gewölbes bei den sehr geringen Abmessungen als irrelevant angenommen. Bei größeren Spannweiten im Bestand kann dies allerding weitaus prägnanter ausfallen. Die Untersuchungen dieser Forschungsarbeit stellen einen ersten Ansatz für die Berechnung einer Drahtputzgewölbedecke in einem FE-Programm dar. Aufgrund der Annäherung der Formänderungsverläufe zu den im Labor gemessenen Formänderungen unter definierter Belastungseinwirkung kann die Eingabe in das FE-Programm mit den zuvor ermittelten Baustoffkennwerten als tendenzielle Grundlage eingestuft werden. Allerdings ist diese mit weiteren Untersuchungen, sowohl im Labor als auch an den Gewölben in der Praxis, zu bekräftigen, um einen für die Praxis relevanten Berechnungsweg auszuarbeiten. Der Ansatz der Instandsetzungsmaßnahme in Form einer nachträglich, oberseitig aufgetragenen Putzlage kann abschließend als positive Beeinflussung auf das Verformungsverhalten einer Drahtputzgewölbedecke eingestuft werden. Es ist allerdings nicht außer Acht zu lassen, dass es sich bei den Gewölbemodellen im Labor um nicht vorbeschädigte Gewölbequerschnitte mit einer ausreichenden Querschnittsdicke handelt. Im Bestand lassen sich oftmals Drahtputzgewölbedecken mit einer deutlich geringeren Querschnittsdicke und teilweise losen Putzlagen vorfinden. Hier muss ingenieurtechnisch beurteilt werden, ob die zusätzliche Belastung aus Eigengewicht der Ausgleichslage zu weiteren Schäden führen kann. 5. Literaturangaben [1] DIN 4121: 2017-18, Hängende Drahtputzdecken - Putzdecken mit Metallputzträgern, Rabitzdecken; Anforderungen für die Ausführung. [2] Karl Lade u. Adolf Winkler. (1952). Putz Stuck Rabitz. Stuttgart: Hoffmansche Buchdruckerei Felix Krais.