eJournals Kolloquium Erhaltung von Bauwerken 7/1

Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
kevb
expert Verlag Tübingen
71
2021
71

Leistungsbezogene Dauerhaftigkeitsbemessung und Analyse der Restnutzungsdauer von Bauwerken mit Einbezug von LIPS-Auswertungen

71
2021
Matthias Bernhard Lierenfeld
Nathan Metthez
Philipp Truffer
In den letzten Jahren wurden vermehrt leistungsbezogene d.h. performancebasierte Konzepte und Anwendungshilfen zur differenzierten Abschätzung von Bauteilwiderständen entwickelt. Diese bieten einem die Möglichkeit, dass u.a. mittels am bestehenden Bauwerk ermittelten Kennwerten, wie z.B. dem scheinbaren Diffusionskoeffizienten, fundierte Kennwerte für die Dauerhaftigkeitsbemessungen bestimmt werden können. Diese werden z.B. aufgrund von gemessenen Chlorideindringprofilen mittels Curve-Fittings bestimmt. Zurzeit wird der Chloridgehalt standardmässig nasschemisch am Bohrmehl bestimmt, wodurch verfahrensbedingten Einschränkungen auftreten (z.B. durch die Homogenisierung der Proben oder relativ grosse Schrittweiten (im Normalfall 10 mm) bei den Tiefenstufen). Die Summe dieser Nachteile führt zu Ungenauigkeiten bei der Ermittlung der erwähnten Kennwerte und der darauf basierenden Aussagen. Ein Ausweg bietet hierbei die laserinduzierte Plasmaspektroskopie (LIPS), mit deren Hilfe diese Einschränkungen wegfallen. Mit einem Messraster von bis zu 0.1 mm können wesentlich präzisere Datengrundlagen bei den Chlorideindringprofilen ermittelt werden. Bei den weitergehenden Analysen wird zudem nicht ein fixer Wert des kritischen korrosionsauslösenden Chloridgehalts angesetzt, sondern dieser wird gemäss eines an der ETH Zürich entwickelten Verfahrens, objekt- bzw. bauteilspezifisch an entnommenen Bohrkernen einzeln bestimmt. Im vorliegenden Beitrag wird hierauf unter Einbezug von Messdaten und -auswertungen aus LIPS-Untersuchungen eingegangen.
kevb710317
7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 317 Leistungsbezogene Dauerhaftigkeitsbemessung und Analyse der Restnutzungsdauer von Bauwerken mit Einbezug von LIPS-Auswertungen Dr. Matthias Bernhard Lierenfeld Valtest AG, CH-Lalden Nathan Metthez Valtest AG, CH-Lalden Philipp Truffer Valtest AG, CH-Lalden Zusammenfassung In den letzten Jahren wurden vermehrt leistungsbezogene d.h. performancebasierte Konzepte und Anwendungshilfen zur differenzierten Abschätzung von Bauteilwiderständen entwickelt. Diese bieten einem die Möglichkeit, dass u.a. mittels am bestehenden Bauwerk ermittelten Kennwerten, wie z.B. dem scheinbaren Diffusionskoeffizienten, fundierte Kennwerte für die Dauerhaftigkeitsbemessungen bestimmt werden können. Diese werden z.B. aufgrund von gemessenen Chlorideindringprofilen mittels Curve-Fittings bestimmt. Zurzeit wird der Chloridgehalt standardmässig nasschemisch am Bohrmehl bestimmt, wodurch verfahrensbedingten Einschränkungen auftreten (z.B. durch die Homogenisierung der Proben oder relativ grosse Schrittweiten (im Normalfall 10 mm) bei den Tiefenstufen). Die Summe dieser Nachteile führt zu Ungenauigkeiten bei der Ermittlung der erwähnten Kennwerte und der darauf basierenden Aussagen. Ein Ausweg bietet hierbei die laserinduzierte Plasmaspektroskopie (LIPS), mit deren Hilfe diese Einschränkungen wegfallen. Mit einem Messraster von bis zu 0.1 mm können wesentlich präzisere Datengrundlagen bei den Chlorideindringprofilen ermittelt werden. Bei den weitergehenden Analysen wird zudem nicht ein fixer Wert des kritischen korrosionsauslösenden Chloridgehalts angesetzt, sondern dieser wird gemäss eines an der ETH Zürich entwickelten Verfahrens, objektbzw. bauteilspezifisch an entnommenen Bohrkernen einzeln bestimmt. Im vorliegenden Beitrag wird hierauf unter Einbezug von Messdaten und -auswertungen aus LIPS -Untersuchungen eingegangen. 1. Ausgangslage Bauwerke müssen tragsicher, gebrauchstauglich und im Normalfall auch dauerhaft sein. Das Thema Dauerhaftigkeit von Beton ist nicht erst seit der Katastrophe des Polcevera-Viadukts 2018 in Genua (hoch)aktuell. Zusätzlich verursachen korrosionsbedingte Schäden monetäre Kosten in der Grössenordnung von ca. 3 % des Bruttoinlandprodukts [1]. Unter der Voraussetzung, dass er fachgerecht hergestellt und verarbeitet sowie optimal nachbehandelt wurde, ist Stahlbeton eigentlich ein dauerhafter Baustoff. Stark und Wicht definieren in [2] die Dauerhaftigkeit von Beton dementsprechend, dass Bauteile aus Beton bei Beanspruchungen durch Einwirkungen aus Betrieb und Umwelt über die vorgesehene Nutzungsdauer bei ausreichender Wartung und Instandhaltung genügend beständig sind. Der Nachweis der Tragsicherheit und Gebrauchstauglichkeit wird durch entsprechende Bemessungs- und vielfach normenbasierte Nachweisverfahren gewährleistet. Die Anforderungen an die Dauerhaftigkeit werden hingegen über erfahrungsbasierte, empirische Regeln abgehandelt. Je nach Exposition des Betonbauteils muss der Beton z.B. eine Mindestzementmenge, einen maximalen Wasser-Zementwert und eine minimale Bewehrungsüberdeckung aufweisen. Mit der Einhaltung dieser deskriptiven und rein empirischen Regelungen aus der Betonnorm EN 206 [3] wird davon ausgegangen, dass damit eine Nutzungsdauer von 50 bzw. 100 Jahren erreicht werden kann wird. Betonbauteile unterliegen vielfältigen und hohen Beanspruchungen aus nutzungs- und umweltbedingten Einwirkungen. Die dadurch ausgelösten Schäden nehmen über das Bauteilalter progressiv zu, wodurch erhebliche Kosten verursacht werden. Bei Fragen zur weiteren 318 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Leistungsbezogene Dauerhaftigkeitsbemessung und Analyse der Restnutzungsdauer von Bauwerken mit Einbezug von LIPS-Auswertungen Schadensentwicklung und Restnutzungsdauer, geben die oben erwähnten deskriptiven Ansätze jedoch, aufgrund fehlender Informationen zur Zusammensetzung der Baustoffe, vielfach nur unzureichende Antworten und Hilfestellungen. Bei Einwirkungen auf Betonbauteile infolge Karbonatisierung und/ oder Chloridbeaufschlagung liefern leistungsbezogene d.h. performancebasierte Konzepte und Anwendungshilfen fundiertere Lösungsansätze. 2. Bemessung der Dauerhaftigkeit und Lebensdauerprognose Grundsätzlich bestehen bei semiprobabilistischen Dauerhaftigkeitsbemessungen keine Unterschiede, ob diese bei einer Dauerhaftigkeitsbemessung (Neubau) oder einer Lebensdauerprognose (Bestandsbau) zur Anwendung kommen. Es finden die gleichen Schädigungs-Zeit-Gesetze, probabilistischen Methoden und Grenzzustandsdefinitionen Verwendung. Nachfolgend wird vermehrt auf die Lebensdauerprognose bei bestehenden Bauwerken eingegangen. Eine nachhaltige Instandsetzungsplanung erfordert gemäss der DAfStb-Instandsetzungsrichtlinie [4] eine detaillierte Zustandserfassung des betroffenen Betonbauwerks (inkl. Bewertung von Schäden und deren Schädigungsentwicklung, die einen Einfluss auf die Dauerhaftigkeit des Betons ausüben). Mit dem heutigen deskriptiven Ansatz sind verlässliche Aussagen jedoch nicht bzw. nur bedingt möglich. Trotzdem sehen sich Fachleute gezwungen, fundierte Aussagen zur weiteren Entwicklung der Schädigung am Bauwerk (Lebensdauerprognose) und über mögliche einzuleitende Massnahmen zu machen, damit die angestrebte Nutzungsdauer erreicht wird. Aussagen und Einschätzungen zur Restnutzungsdauer oder zu Instandsetzungsmassnahmen sollten nicht willkürlich getätigt werden, sondern auf der Berechnung des fortschreitenden d.h. zeitabhängigen Dauerhaftigkeitsverlusts beruhen. 3. Dauerhaftigkeitsrelevante Schädigungen Im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit von Stahlbetonbauteilen sind die karbonatisierungs- und chloridinduzierte Bewehrungskorrosion bei zahlreichen Bauwerken die wesentliche Schadensbeanspruchung. Für die Beurteilung dieser beiden Schädigungsmechanismen sind semiprobabilistische Nachweiskonzepte zur Dauerhaftigkeitsbemessung und -bewertung bereits vorhanden. Der Stahl im Beton ist durch die Alkalität der Porenlösung (pH-Wert 12.5 bis 13.5) vor Korrosion geschützt. Die mikroskopisch dünne Passivschicht unterbindet dabei die anodische Eisenauflösung. Wenn der pH-Wert des Betons infolge Karbonatisierung unter ca. 9.0 fällt oder der Chloridgehalt des Betons einen charakteristischen kritischen korrosionsauslösenden Chloridgehalts (C crit ) überschreitet, wird die Passivschicht und damit auch der Korrosionsschutz der Bewehrung degradiert. Der Schädigungsablauf bei karbonatisierungs- oder chloridinduzierter Bewehrungskorrosion läuft grundsätzlich gleich ab (Abb. 3-1): (I) In der Einleitungsphase dringt die Karbonatisierungsfront, Chloride oder andere schädlichen Bestandsteile zur Oberfläche der Bewehrung vor, ohne, dass es zu einer eigentlichen Schädigung am Bauwerk kommt. Am Ende dieser Phase ist die Passivschicht nicht mehr stabil, d.h. die Bewehrung ist depassiviert. (II) In der Schädigungsphase beginnt die eigentliche Schädigung der Bewehrung aufgrund der einsetzenden Korrosion, welche sich je nach Grad der Schädigung zuerst in Form von auftretenden Rissen und anschliessend fortschreitend mit Betonabplatzungen zeigt. Am Ende dieser Phase ist der Grenzzustand der Tragfähigkeit erreicht. Abb. 3-1 Zeitliche Entwicklung der Bauteilschädigung durch Bewehrungskorrosion [5] 4. Der deskriptiver Dauerhaftigkeitsansatz Zur Beurteilung des aktuellen (Korrosions)-Zustands und der Einleitung von möglichen Massnahmen bei Stahlbetonbauten stehen heute zahlreiche Möglichkeiten in Form von Richtlinien und Normen zur Verfügung. So sind z.B. in der DAfStb-Instandsetzungsrichtlinie [4] verschiedene Prinzipien und Verfahren bei unterschiedlichen Einwirkungen und Schädigungsgraden beschrieben. Beim Verfahren 7.2 „Ersatz von schadstoffhaltigem oder karbonatisiertem Beton“ wird z.B. vorgeschlagen, dass der Beton bei grossen Chlorideindringtiefen bis mindestens 30 mm hinter die Bewehrung zu entfernen ist. Dabei darf der Chloridgehalt im verbleibenden Altbeton 1.5 M- %/ Z nicht überschreiten (Abb. 4-1). Bei dieser Vorgabe handelt es sich allerdings nur um einen Erfahrungswert. Höhere verbleibende Chloridgehalte über 1.5 M-%/ Z sind nur bei entsprechenden Nachweisen zulässig. Im Kapitel 5 sind hierzu informative Verfahren zur einfachen Abschätzung aufgeführt inkl. semiprobabilistischer und probabilistischer Verfahren. 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 319 Leistungsbezogene Dauerhaftigkeitsbemessung und Analyse der Restnutzungsdauer von Bauwerken mit Einbezug von LIPS-Auswertungen Abb. 4-1 Verfahren 7.2 “Ersatz von schadstoffhaltigem oder karbonatisiertem Beton” [4] Diese und andere Vorgaben berücksichtigen nicht die konkrete materialtechnologische Situation oder die effektiv vorhandene Exposition des betroffenen Bauteils. Es handelt sich dabei um eine Art „Rezeptvorschlage“. 5. Semiprobabilistisches Bemessungsmodell 5.1 Modellansatz Im Bereich der Tragsicherheit und der Gebrauchstauglichkeit hat sich das semiprobabilistische Sicherheitskonzept basierend auf Grenzzuständen durchgesetzt. Zufallsverteilten Einwirkungen (E) werden zufallsverteilten Tragwiderstände (R) gegenübergestellt. Da für beide Zufallsgrössen vielfach unzureichende empirische Kenntnisse vorliegen, wird der Ansatz dementsprechend so gewählt, dass zwischen den Bemessungswerten der jeweiligen Verteilungsfunktionen ein genügend grosser Sicherheitsabstand vorliegt. Ein Versagen des Tragwerks d.h. Überschreiten des Grenzzustands wird vermieden, solange folgende Bedingung gilt: R - E > 0 (1) Auch für die leistungsbezogene Dauerhaftigkeitsbemessung wird das gleiche Grundprinzip herangezogen: Möglichen Beton- und Bauteilwiderständen werden die zu erwartenden umgebungsbedingten Beanspruchungen aus der jeweiligen Exposition gegenübergestellt. Als Grenzzustand gilt hierbei eine Depassivierung der Betonstahloberfläche (ausgelöst durch Karbonatisierung oder eindringende Chloride). Im weiteren Verlauf wird schwergewichtig auf die Chlorideinwirkung eingegangen. Es wird eine mögliche Depassivierung des Betonstahls durch das Erreichen eines kritischen korrosionsauslösenden Chloridgehalts C crit auf Höhe der Betonstahloberfläche zugrunde gelegt [4]. Mit dem Erreichen dieses Werts ist der Grenzzustand für die chloridinduzierte Betonstahlkorrosion erreicht [6], sodass folgende Grenzzustandsgleichung gilt: g(X, t) = C crit - C(c, t SL ) (2) C crit kritischer korrosionsauslösender Chloridgehalt [M-%/ Z] C(c, t SL ) Chloridgehalt an der Betonstahloberfläche zum Zeitpunkt t SL [M-%/ Z] c Bewehrungsüberdeckung [m] t SL Nutzungsdauer (Service Life) [Jahr] Die Zustandsprognose erfolgt durch eine Zuverlässigkeitsanalyse mit Hilfe der Grenzzustandsgleichung (2) und durch Festlegung eines Zielwertes des Zielzuverlässigkeitsindex β 0 , mit welchem die Anforderungen an die Sicherheit des Bauwerks für den betrachteten Zeitpunkt ausgedrückt wird. Bei der vorliegenden Modellbetrachtung gilt es zu beachten, dass sich die Aussagen ausschliesslich auf den Zeitpunkt der Korrosionsinitiierung d.h. den Beginn der Schädigungsphase (Abb. 3-1) beziehen. Der weitere Korrosionsprozess kann aktuell modellmässig noch nicht 320 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Leistungsbezogene Dauerhaftigkeitsbemessung und Analyse der Restnutzungsdauer von Bauwerken mit Einbezug von LIPS-Auswertungen richtig abgebildet werden. Zudem gilt das Modell nur in umgerissenen Bereichen des Bauteils. 5.2 Widerstand In der Grenzzustandsgleichung (2) stellt C crit den Widerstand dar. Es handelt es dabei sich um einen angenommenen Schwellenwert, der u.a. von Dicke und Qualität der Betondeckung abhängig ist. In der Wissenschaft ist man sich im Grundsatz einig, dass es nicht einen fixen gleichbleibenden C crit gibt. Er ist von einer Vielzahl von Parametern abhängig. «Der Chloridgehalt, der an der Bewehrung Korrosion auslösen kann, ist keine konstante Grösse, sondern hängt vom pH-Wert des Porenwassers, vom Zementgehalt und der Zementart des Betons ab.» (Auszug aus der Norm SN EN 14629). Die Schweizer Norm SIA 269/ 2 [7] besagt, dass bei Chloridgehalten < 0.4 M-%/ Z kaum Korrosion vorhanden und bei Chloridgehalten zwischen 0.4 und 1.0 M-%/ Z Korrosion möglich ist. In [8] wird ein unterer Grenzwert des Chloridgehalts von 0.5 M-%/ Z vorgegeben. Verschiedene Untersuchungen zeigten, dass C crit bauteilbezogen sehr stark streuen kann. Laut Angst et al. [9] lagen die entsprechenden Werte bei einem konkreten Bauwerk zwischen 0.04 und 8.34 % M-%/ Z. „Eine verlässliche Abschätzung der verbleibenden Zeit bis zur Korrosionsinitiierung ist damit nach dem heutigen Stand des Wissens nicht möglich.“ [9]. Bei der vereinfachten Methode der semiprobabilistischen Dauerhaftigkeitsbemessung wird für C crit eine statistische Betaverteilung mit einem Mittelwert von 0.6 M-%/ Z angenommen [4]. Es handelt sich daher um eine Zufallsgrösse mit einer entsprechenden Streuung, ohne die lokalen oder materialtechnologischen Gegebenheiten zu berücksichtigen. In [9, 10] wird ein standardisiertes Verfahren zur bauteilspezifischen Bestimmung des kritischen korrosionsauslösenden Chloridgehalts C crit im Labor. Dabei werden Probekörper aus einem chloridbelasteten Bauwerk entnommen und nach einer entsprechenden Präparation ausgelagert (Chloridexponierung). Durch einen gesteuerten Chlorideintrag durch den Überdeckungsbeton wird rein über Diffusion ein Chloridtransport bis zur Bewehrung ausgelöst. Die Detektion der Korrosionsinitiierung erfolgt mittels Potenzialmessung. Sobald das Potenzial ausgehend von einem ursprünglich definierten Passivlevel innerhalb von 24 Stunden um 150 mV abfällt und anschliessend das Potenzial während mehrerer Tage auf diesem Niveau verweilt, wird dies als der stabile Anfang der Korrosionsinitiierung angenommen (siehe Abb. 5-1). Abb. 5-1 Potenzialverlauf bei einem Auslagerungsversuch (Vortrag Prof. Dr. U. Angst) Die Untersuchungen von Angst et al. [9] zeigten, dass teilweise sehr hohe Chloridgehalte tolerierbar sind, ohne das Korrosion einsetzte. Auf der anderen Seite kann jedoch bereits bei Chloridgehalten unter den bekannten Grenzwerten Korrosion ausgelöst werden. Der oben erwähnte C crit von 0.6 M-%/ Z kann dabei als sehr konservativ betrachtet werden. Insgesamt steht folglich ein Instrument zur Verfügung, welches es ermöglicht bauteilbezogen C crit zu bestimmen. 5.3 Einwirkung Der vorhandene Chloridgehalt an der Betonstahlober-fläche zum Zeitpunkt t repräsentiert die Einwirkung [6]. Die Grenzzustandsgleichung (2) kann somit auch wie folgt beschrieben werden: g(X,t) = c x crit (t SL ) (3) c Bewehrungsüberdeckung [m] x crit (t SL ) Tiefenlage des kritischen korrosions-auslösenden Chloridgehalts zum Zeitpunkt tSL [m] Zur Abschätzung des Zeitraums vom Beginn der Chloridbeaufschlagung bis zur Depassivierung des Betonstahls (Initiierungsphase) wird der zeit- und tiefenabhängige Chlorideindringverlauf im Beton bestimmt. Es handelt sich dabei um einen Diffusionsprozess gemäss des zweiten Fick’schen Diffusionsgesetz [4]. 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 321 Leistungsbezogene Dauerhaftigkeitsbemessung und Analyse der Restnutzungsdauer von Bauwerken mit Einbezug von LIPS-Auswertungen (4) C(x,t) Chloridgehalt [M-%/ Z] in der Tiefe x von der Bauteilbzw. Probekörperoberfläche [mm] zum Zeitpunkt t C S,Δx Chloridgehalt an der Bauteiloberfläche (bei Δx=0) bzw. in der Tiefe Δx zum Beobachtungszeitpunkt in Abhängigkeit der anstehenden Chloridquelle, welche als konstante Einwirkung angenommen wird (Oberflächenchloridgehalt) [M-%/ Z] Δx Tiefenbereich, in dem ggf. das Chlorideindringverhalten durch intermittierende Chlorid einwirkung vom Fick’schen Diffusionsverhalten abweicht [mm] C 0 Eigenchloridgehalt des Betons [M-%/ Z] D app(t) scheinbarer Chloriddiffusionskoeffizient des Betons [mm 2 / Jahr] zum Zeitpunkt t t Zeitdauer vom Beginn der Beaufschlagung bis zur Inspektion bzw. die Lebensdauer [Jahr] erfc Komplementäre der Gauss’schen Fehlerfunktion (=1-erf) Abb. 5-2 Ermittlung von Dtest(t0) und Cs,0 bzw. Cs,Δx anhand von nasschemischen Chloridprofilen aus beste-henden Bauwerken oder Laborkurzzeitversuch [6]. Für die Ermittlung der Restnutzungsdauer werden folgende Parameter mittels Curve-Fittings bestimmt: • scheinbarer Chloriddiffusionskoeffizient D app(t0) • der Altersexponent α app • der Oberflächenchloridgehalt bzw. der Chlorid-gehalt in der Tiefe Δx (Konvektionszone; Nasschemie Annahme von 10 mm) und C S, Δx (Abb. 5-2) • die Mindestdeckung c min (5%-Quantil der am Bauteil gemessenen Betondeckung) Weitere Eingangsparameter werden aus dem Chloridprofil abgeleitet durch eine Regressionsanalyse unter Verwendung der Gleichung (4) berechnet [6]: Der scheinbare Chloriddiffusionskoeffizient zum Zeitpunkt der Inspektion D app(tinsp) sowie der Oberflächenchloridgehalt bzw. der Chloridgehalt in der Tiefe Δx (Konvektionszone) C S, Δx,insp . 6. Bestimmung des Chloridgehalts 6.1 Nasschemie Für die nasschemische Analyse werden an mehreren Stellen Bohrkerne bzw. Bohrmehlproben (z.B. in 10 mm- Tiefenstufen) entnommen und im Labor untersucht. Die Bohrkerne werden hierfür zunächst in zehn Millimetern dicke Scheiben geschnitten. Anschließend werden diese zerkleinert, gemahlen, homogenisiert und nasschemisch analysiert. Das Ergebnis zeigt die mittlere Konzentration der Chloride bezogen auf das homogenisierte Volumen der Probe. Diese Art der Analyse ist zeitaufwendig und aufgrund der vielen Prozessschritte arbeitsintensiv, sodass oft weniger Scheiben untersucht werden (z.B: nur aus drei Tiefenstufen) und damit die Aussagekraft der Ergebnisse gemindert werden [11]. Ein weiteres Problem besteht darin, dass beim Zerkleinern die Bindemittelmatrix (Zement) und die Gesteinskörnung zu einem homogenen Pulver verarbeitet werden. Das Analyseergebnis zeigt somit die Chloridkonzentration bezogen auf die Gesamtmasse aus Zement und Gesteinskörnung an. Um die Chloridkonzentration bezogen auf den Zementanteil zu erhalten, werden die Ergebnisse deshalb umgerechnet Hierfür muss in Anbetracht der fehlenden Kenntnisse über die effektive Betonzusammensetzung der Zementgehalt der Probe angenommen werden (z.B. 300 kg/ m 3 , dies entspricht einer Rohdichte des Betons von 2‘400 kg/ m 3 einem Verhältnis von 1 zu 8). Des Weiteren bleibt bei nasschemischen Analysen der Einfluss der chloridhaltiger Gesteinskörnung unberücksichtigt. Bei der Homogenisierung der Proben gehen zusätzlich Informationen über inhomogene Chloridverteilungen z.B. im Bereich von wasserführenden Rissen im Beton verloren [11]. 322 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Leistungsbezogene Dauerhaftigkeitsbemessung und Analyse der Restnutzungsdauer von Bauwerken mit Einbezug von LIPS-Auswertungen Abb. 6-1 nasschemische Bestimmung der Chloridkonzentratio-nen (Tiefenprofil) bei Bohrkernproben 6.2 Laser-induzierte Plasmaspektroskopie (LIPS) Eine Alternative zur nasschemischen Analyse bietet die laser-induzierte Plasmaspektroskopie (LIPS). Es handelt sich hierbei um ein berührungsloses Analyseverfahren zur Untersuchung von Baustoffen. Das Resultat ist eine zweidimensionale Darstellung der Elementverteilung der untersuchten Baustoffoberfläche. Bei der Messung kann die Probenoberfläche mit einem minimalen Raster von 0.1 x 0.1 mm automatisiert abgescannt werden (schematischer Aufbau in Abb. 6-2). Mit einem hochenergetischen gepulsten Laserpuls werden kleinste Materialmengen an der Oberfläche der Probe verdampft und in ein Plasma (Temperaturen von > 10.000° K) überführt. Dabei werden die chemischen Bindungen aufgebrochen. Nach Beendigung der Energiezufuhr kühlt das Plasma ab und zerfällt wieder («breakdown»), wobei element-charakteristische Strahlung emittiert wird. Durch Spektralanalyse des vom Plasma emittierten Lichts können in Abhängigkeit der Wellenlänge Spektrallinien identifiziert werden, wodurch ein Nachweis von einzelnen Elementen ermöglicht wird. Durch dieses Messprinzip sind grundsätzlich alle Elemente des Periodensystems zeitgleich nachweisbar. Es können alle für die Zusammensetzung des Zements und der Gesteinskörnung sowie die für die Schädigungsprozesse im Beton relevanten Elemente (z.B. Chlor, Schwefel, Natrium, und Kohlenstoff) bestimmt werden. Durch die Verwendung von Standards kann eine Kalibrierung und somit auch eine Quantifizierung der Ergebnisse ermöglicht werden. Das LIPS-Verfahren bietet dabei folgende Vorteile: • Die Probe wird zweidimensional abgescannt und die Elementverteilung ortsaufgelöst dargestellt. Die Heterogenität des Betons wird bei der Ergebnisdarstellung berücksichtigt, da die Gesteinskörnung durch die Verwendung von bestimmten Algorithmen ausgeschlossen wird. • Die Elementgehalte werden quantifiziert. • Durch die simultane Detektion von unterschiedlichen Elementen werden mehrere für eine mögliche Schädigung in Frage kommende Einflussgrössen gleichzeitig analysiert (Multi-Element-Analyse). • Die Probenvorbereitung/ -präparation ist einfach und schnell. Durch das automatisierte Messverfahren liegen die Resultate innert kürzester Zeit vor. LIPS kann u.a. bei den folgenden Fragestellungen angewendet werden: • Nachweis der Chlorverteilung und des -gehalts in der Bindemittelmatrix sowie der Karbonatisierungsfront • Visualisierung von Transport- und Umverteilungsvorgängen innerhalb des Betons • Identifizierung von Zusatzstoffen, wie z.B. Silikastaub im Festbeton und Nachweis von Zusatzmitteln, wie z.B. Beschleuniger im Spritzbeton • Kennwertermittlung (scheinbarer Chloriddiffusionskoeffizient) bei semiprobabilistischen Dauerhaftigkeitsbemessungen (Ermittlung von Restnutzungsdauern oder Bemessung von Schichtdicken für Betonersatz bei Chloridbeaufschlagung) Mittels Auswertungen von Chloridprofilen aus LIPS- Messungen ist es nun möglich die erforderlichen Eingangsparameter für eine semiprobabilistische Dauerhaftigkeitsbemessung zu bestimmen. 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 323 Leistungsbezogene Dauerhaftigkeitsbemessung und Analyse der Restnutzungsdauer von Bauwerken mit Einbezug von LIPS-Auswertungen Abb. 6-2 a) Schematische Darstellung des verwendeten Messprinzips des LIPS-Messgeräts bei der Valtest AG. b) Foto eines erzeugten Plasmas auf einer Betonoberfläche. c) Typi-sches Messspektrum eines Betons im Wellenlängenbereich von 276 nm zu 322 nm. 7. Anwendungen 7.1 Bestimmung des charakteristischen kritischen korrosionsauslösenden Chloridgehalts (C crit ) Nachfolgend sollen einige konkrete Anwendungen von LIPS-Analysen aufzeigen, wie sehr der kritische korrosionsauslösende Chloridgehalt C crit innerhalb des gleichen Bauwerks schwanken kann. Im Rahmen einer Zustandserfassung eins Parkhauses wurden mehrere Bohrkerne aus dem Bauwerk entnommen und an der ETH Zürich mit der in Kapitel 5.2 beschriebenen Methode C crit bestimmt. Parallel dazu wurde bei der Valtest AG an den gespaltenen Bohrkernen mittels LIPS die Chloridverteilung bestimmt. Hierbei gilt es zu beachten, dass sich die LIPS Messwerte auf den Zementstein (CP) beziehen. Beim ersten Beispiel hat die ETH Zürich einen C crit von 2.293 M-%/ Z bestimmt. Abbildung 7-1a zeigt die Korrosionsstelle in der Probe (dunkelbrauner Korrosionspunkt auf dem Beton; hervorgehoben mit einem braunen Pfeil). Es zeigt sich in dem zweidimensionalen LIPS-Flächenscan, dass mit 1.0-1.5 M-%/ CP tiefere Chloridwerte um den Korrosionspunkt erreicht werden (Abb. 7-1b). Nur wenige Millimeter vom detektierten Korrosionspunkt entfernt wurden mit LIPS auch Chloridwerte > 2.3 M-%/ CP gemessen. Diese Ergebnisse spiegelt sich auch in der Abbildung 7-1c wider. 324 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Leistungsbezogene Dauerhaftigkeitsbemessung und Analyse der Restnutzungsdauer von Bauwerken mit Einbezug von LIPS-Auswertungen Abb. 7-1 a) Foto des Prüfkörpers 16493_6e mit markiertem LIPS-Messfeld und hervorge-hobener Korrosionsstelle (brauner Pfeil). b) Quantitative, zementsteinbezogene Chloridverteilung (Cl), mit Ausschluss der Gesteinskörnung (GK) über die Quer-schnittfläche des Prüfkörpers inkl. hervor-gehobener Korrosionsstelle (brauner Pfeil und (c) dem dazugehörigen Tiefenprofil. Beim zweiten Beispiel hat die ETH Zürich einen C crit von 0.199 M-%/ Z bestimmt. Abbildung 7-2a zeigt die Korrosionsstelle in der Probe (dunkelbrauner Korrosionspunkt auf dem Beton; hervorgehoben mit dem braunen Pfeil). Um diesen Punkte herum wurden die LIPS Messungen durchgeführt (Abb. 7-2b qualitative Eisenverteilung) und es zeigt sich in dem zweidimensionalen LIPS Flächenscan, dass durchaus auch höhere Chloridwerte (> 0.5 -%/ CP) um den Korrosionspunkt erreicht werden (Abbildung 7-2c), wobei im Mittel Werte von 0.11 M-%/ CP bestimmt wurden (Abbildung 7-2d). Wenn man die nasschemischen und die LIPS Ergebnisse vergleicht, wird deutlich, dass die Nasschemie bei solchen örtlich begrenzten Messumgebungen an seine Grenzen gerät und LIPS (Messraster von 0.1 x 0.1 mm) seine Vorteile ausspielen kann. Zudem unterstreichen die Messergebnisse, dass aus dem gleichen Bauwerk sehr unterschiedliche C crit auftreten können. Es wird deutlich, dass es «den» kritischen korrosionsauslösenden Chloridgehalt nicht gibt, sondern, dass dieser immer individuell von Bauwerk zu Bauwerk bzw. wie in dem vorliegenden Fall sogar von Bauteil zu Bauteil gemessen und bestimmt werden sollte. 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 325 Leistungsbezogene Dauerhaftigkeitsbemessung und Analyse der Restnutzungsdauer von Bauwerken mit Einbezug von LIPS-Auswertungen Abb. 7-2 a) Foto des Prüfkörpers 16493_4b mit markiertem LIPS-Messfeld und hervorgehobener Korrosi-onsstelle (brauner Pfeil). b) Qualitative, Eisenverteilung (Fe) über die Querschnittsfläche des Prüfkörpers ohne Ausschluss der Gesteinskörnung. c) Quantitative, zementsteinbezogene Chlorid-verteilung (Cl), mit Ausschluss der Gesteinskörnung (GK) über die Querschnittfläche des Prüfkör-pers inkl. hervorgehobener Korrosionsstelle (brauner Pfeil und (d) dem dazugehörigen Tiefenpro-fil. 7.2 Vergleich Nasschemie vs. LIPS Um der Problemstellung Nasschemie vs. LIPS genauer zu beleuchten wurden in einer Galerie zwei Bohrmehlproben (Bohrdurchmesser d=20 mm) mit je fünf Tiefenstufen a 10 mm an der gleichen Stelle entnommen (Doppelbestimmung). Zusätzlich wurde je ein Bohrkern mit einem Durchmesser von 50 mm zur LIPS-Analyse gezogen (Abb. 7-3). Für die Nasschemie wurde ein Zementverhältnis (300 kg/ m 3 Zement bei einer Betonrohdichte von 2‘400 kg/ m 3 ) von 1/ 8 angenommen (blaue Balken in Abb. 7-4 und 7-5). Es zeigt sich, dass die Chloridwerte der beiden nasschemischen Messpaare relativ stark voneinander abweichen (Abb. 7-4a/ b und 7-5 a/ b). Im Der zweidimensionale LIPS-Flächenscan (Abb. 7-4d und 7-5d) und das dazugehörige Mittelwertdiagramm (Abb. 7-4e und 7-5e), dass die nasschemisch ermittelten Werte relativ gut mit den LIPS-Daten übereinstimmen. Besonders in den tieferen Konzentrationsbereichen sich gute Übereinstimmungen feststellbar. Ein wesentlicher Vorteil der präziseren Messauflösung von LIPS zeigt sich zudem beim Nachweis der Konventionszone an der Oberfläche. Diese wurde im vorliegenden Fall mit der nasschemischen Analyse nicht nachgewiesen. 326 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Leistungsbezogene Dauerhaftigkeitsbemessung und Analyse der Restnutzungsdauer von Bauwerken mit Einbezug von LIPS-Auswertungen Abb. 7-3 Probennahme für die nasschemische und die dazugehörige LIPS- Analyse (UZ-8). In den Abbildungen 7-4f und 7-5f sind zudem die tiefenbezogenen Zementgehalte dargestellt. Es wird deutlich, dass das angenommene Zementverhältnis (1/ 8) stark vom «wahren» effektiven Zementverhältnis abweicht, welches sich eher im Bereich von 1/ 5 befindet. Um diesen Effekt zu visualisieren, wurden in Abbildung 7-4a/ b und 7-5 a/ b die Chloridwerte bezogen auf die effektiven Zementverhältnissen berechnet. Dabei zeigt es sich, dass diese sehr stark von den Messwerten mit der Annahme eines homogenen Zement-gehalts abweichen (graue Balken). Bei der LIPS-Analyse treten dieser Art von Problemen nicht in Erscheinung, da sich die gemessene Werte direkt auf die Bindemittelmatrix beziehen (Ausschluss der Gesteinskörnung). Im Zusammenhang mit den Zementgehalten gilt es aber anzumerken, dass es sich bei der LIPS-Messung um eine zweidimensionale Darstellung handelt, sodass die Zementgehalte nicht unbedingt für das gesamt Volumen des nasschemisch gemessenen Bohrkern gelten, sondern nur für den Flächenscan. Zusätzlich wurden an den LIPS Bohrkernen noch semiprobalistische Dauerhaftigkeitsbemessungen durchgeführt. Die nachfolgenden Auswertungen beruhen auf einem C crit von jeweils 0.4 M-%/ Z (7-4g/ h und 7-5 g/ h). Es stellte sich heraus, dass die Restnutzungsdauer, der hier untersuchten Bauteile erreicht bzw. nahezu erreicht worden sind. 8. Fazit Bei LIPS handelt es sich um ein hochpräzises Nachweisverfahren zur Untersuchung und anschliessender zweidimensionalen Darstellung der Elementverteilung an Oberflächen von Baustoffen. Geeignet ist LIPS zur Visualisierung von Transport- und Umverteilungsvorgängen innerhalb des Betons und bei Zustandsuntersuchungen u.a. zum Nachweis des Chloridgehalts in der Bindemittelmatrix. Im Vergleich zur Nasschemie hat LIPS den Vorteil, dass die Heterogenität des Betons berücksichtigt werden kann, da die Gesteinskörnung ausgeschlossen wird. Im Hinblick auf semiprobabilistische Dauerhaftigkeitsbemessungen erhält man, gegenüber nasschemisch ermittelten Chloridprofilen, präzisere Datengrundlagen. Wenn zusätzlich noch effektiv vorhandene kritische korrosionsauslösende Chloridgehalt C crit am Bauwerk bestimmt werden kann, sind gute d.h. fundierte Aussagen hinsichtlich einer Restnutzungsdauer des Bauwerks möglich. Dabei gelten jedoch folgende Einschränkungen: • Die Auswertungen beruhen auf punktuell ermittelten Probenahmen am Bauwerk. Hierzu folgendes Zitat aus [6]: «Die Lage der Probestellen sowie der Ablauf der Probenahme sind vor grosser Bedeutung. Die Chloridproben müssen expositionsgerecht und aus repräsentativen Stellen entnommen werden und keine Singularitäten z.B. Risse beinhalten. Eine nicht sachgerechte Probenahme und Festlegung von Probenahmestellen führt zu Ermittlung von Chloridgehalten, die zu fehlerhaften Bewertung des Bauteils sowie des Modells führen.» • Die Aussagen beziehen sich auf ungestörte bzw. unbeschädigte Betonbauteile. So sind beispielsweise bei Rissen separate Betrachtungen erforderlich. • Die Ergebnisse beziehen sich auf das Ende der Einleitungsphase bzw. den Beginn der Schädigungsphase. Wie und in welcher Zeitspanne der anschliessende Korrosionsprozess abläuft, kann mit dem vorliegenden semiprobabilistischen Bemessungsmodell nicht vorhergesagt werden. 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 327 Leistungsbezogene Dauerhaftigkeitsbemessung und Analyse der Restnutzungsdauer von Bauwerken mit Einbezug von LIPS-Auswertungen Abb. 7-4 a/ b) Nasschemische Analyse der Bohrmehlproben 16642_UZ7-1 und -2 c) Foto des Bohrkerns 16642_UZ7 mit mar-kiertem LIPS-Messfeld. d) Quantitative, zementsteinbezogene Chloridverteilung (Cl), mit Ausschluss der Gesteinskör-nung (GK) über die Querschnittfläche des Prüfkörpers und (e) dem dazugehörigen Tiefenprofil. f) Bestimmung des Zementanteils in Bohrkerns 16642_UZ7 mittels LIPS. g) Regressionsanalyse (Methode der kleinsten Fehlerquadrate) der gemessenen LIPS-Daten. h) Ergebnisse der durch die gefittete Kurve bestimmten Eingangsparameter sowie die Ergebnisse für die Lebensdauerbemessung. Abb. 7-5 a/ b) Nasschemische Analyse der Bohrmehlproben 16642_UZ8-1 und -2 c) Foto des Bohrkerns 16642_UZ8 mit markier-tem LIPS-Messfeld. d) Quantitative, zementsteinbezogene Chloridverteilung (Cl), mit Ausschluss der Gesteinskörnung (GK) über die Querschnittfläche des Prüfkörpers und (e) dem dazugehörigen Tiefenprofil. f) Bestimmung des Zementan-teils in Bohrkerns 16642_UZ8 mittels LIPS. g) Regressionsanalyse (Methode der kleinsten Fehlerquadrate) der gemesse-nen LIPS-Daten. h) Ergebnisse der durch die gefittete Kurve bestimmten Eingangsparameter sowie die Ergebnisse für die Lebensdauerbemessung. 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 329 Leistungsbezogene Dauerhaftigkeitsbemessung und Analyse der Restnutzungsdauer von Bauwerken mit Einbezug von LIPS-Auswertungen Literatur [1] Wendler-Kalsch E., Gräfen H., Wilsch G.: Korrosionsschadenkunde, Berlin Heidelberg: Springer, 1998. doi: 10.1007/ 978-3-642-30431-6. [2] Stark J., Wicht B.: Dauerhaftigkeit von Beton, Springer Vieweg, 2013 [3] EN 206: 2013 Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität [4] BAW Bundesanstalt für Wasserbau, Karlsruhe: Dauerhaftigkeitsbemessung und -bewertung von Stahlbetonbauwerken bei Carbonatisierung und Chlorideinwirkung (MDCC), BAW-Merkblatt Ausgabe 2017 [5] Tuutti, K.: Corrosion of Steel in Concrete. CBI Research No. Fo 4: 82, 1982 [6] Rahimi A.: Semiprobalistisches Nachweiskonzept zur Dauerhaftigkeitsbemessung und -bewertung von Stahlbetonbauteilen unter Chlorideinwirkung, DAfStb Deutscher Ausschus für Stahlbeton, 2017, Heft 626 [7] SIA 269/ 2: 2011 Erhaltung von Tragwerken - Bet onbau [8] Breit W. et al: Zum Ansatz eines kritischen Chloridgehaltes bei Stahlbetonbauwerken, Beton- und Stahlbetonbau 106(2011), Heft 5 [9] Angst U. et al: Methode zur Bestimmung des kritischen Chloridgehaltes an bestehenden Stahlbetonbauwerken, Forschungsauftrag AGB 2012/ 010 Bundesamt für Strassen, Bern [10] Boschmann Käthler C., Angst U.: Die objektspezifische Bestimmung des kritischen Chloridgehalts und die Auswirkungen auf die Restlebensdauer, 4. Brückenkolloquium 2020, Technische Akademie Esslingen [11] Gottlieb C. et al: Es geht auch einfacher, B+B Bauen im Bestand 42(2019), Heft 7