eJournals Kolloquium Erhaltung von Bauwerken 7/1

Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
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expert Verlag Tübingen
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2021
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Kosmetische Betoninstandsetzung Haus der Berliner Festspiele in Berlin - Betoninstandsetzung mit Pfiff

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2021
Markus Ehrhardt
Annegret Hofmann-Kuhnert
Reiner Hofmann
Im Sommer 2019 wurde die Außenfassade des Hauses der Berliner Festspiele in Berlin instandgesetzt. Die Außenhülle des Gebäudes besteht aus Waschbetonplatten, in deren Matrix mehrere bis zu 8cm große Marmorkiessteine eingebunden sind. Aufgabe war es, mit einem möglichst dünnschichtigem Mörtelbett, die Fassadenoptik wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. Nur mit kunststoffvergüteten Mörteln konnte hier der Balanceakt zwischen Erfüllung der Schutzziele der Betoninstandsetzung und gleichermaßen hohen Anforderungen an die Optik gelingen. Dieser Beitrag dokumentiert neben der Planung der Instandsetzung auch die Entwicklung eines eigens für dieses Bauvorhaben entwickelten Mörtels. Im Zuge der Planung wurde ein Schichtaufbau mit einem Mix aus unterschiedlichen kunststoffmodifizierten Mörteln erarbeitet, der neben der Betonüberdeckung auch die ursprüngliche Waschbetonoptik mit Weißzement wiedergibt. Neben klassischer Betonerhaltung war vor allem die Betonkosmetik ein wichtiger Teil der Arbeiten.
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7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 433 Kosmetische Betoninstandsetzung Haus der Berliner Festspiele in Berlin - Betoninstandsetzung mit Pfiff Markus Ehrhardt, M.Sc. Sika Deutschland GmbH, Stuttgart, Deutschland Dipl.-Ing. Annegret Hofmann- Kuhnert Scadock und Hofmann GmbH & Co. KG, Lauchhammer, Deutschland Reiner Hofmann Scadock und Hofmann GmbH & Co. KG, Lauchhammer, Deutschland Zusammenfassung Im Sommer 2019 wurde die Außenfassade des Hauses der Berliner Festspiele in Berlin instandgesetzt. Die Außenhülle des Gebäudes besteht aus Waschbetonplatten, in deren Matrix mehrere bis zu 8cm große Marmorkiessteine eingebunden sind. Aufgabe war es, mit einem möglichst dünnschichtigem Mörtelbett, die Fassadenoptik wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. Nur mit kunststoffvergüteten Mörteln konnte hier der Balanceakt zwischen Erfüllung der Schutzziele der Betoninstandsetzung und gleichermaßen hohen Anforderungen an die Optik gelingen. Dieser Beitrag dokumentiert neben der Planung der Instandsetzung auch die Entwicklung eines eigens für dieses Bauvorhaben entwickelten Mörtels. Im Zuge der Planung wurde ein Schichtaufbau mit einem Mix aus unterschiedlichen kunststoffmodifizierten Mörteln erarbeitet, der neben der Betonüberdeckung auch die ursprüngliche Waschbetonoptik mit Weißzement wiedergibt. Neben klassischer Betonerhaltung war vor allem die Betonkosmetik ein wichtiger Teil der Arbeiten. 1. Problemstellung Die denkmalgeschützte Fassade des Hauses der Berliner Festspiele besteht aus Waschbetonplatten 2x 2m mit Sichtzuschlägen (heller Marmokies, 4- 8cm), die von dünne Mattenbewehrung durchzogen sind. Zusätzlich sind in die Platten Montageanker eingelassen. Die Platten sind miteinander verstiftet und kleben auf einer Holzwolledämmung. Durch die Einwirkung von Feuchte und geringer Betonüberdeckung kam es zu immer mehr zu Abplatzungen und Ausbrüchen an den Verankerungsstellen (siehe Abbildung 1 und Abbildung 2). Als Schadensbild präsentierten sich: - Partielle Ausbrüche an Plattenrändern und über der Lage der Plattenanker und Verstiftungen durch Korrosion - Frostbedingtes Herausbrechen einzelner Sichtzuschläge - Bereits reparierte Stellen bei denen einzelne Steine mit farblich von der Gesamtfassade abweichendem Mörtel eingeklebt wurden (grau) - Nicht intakte Fugenabdichtung zwischen den Platten Ziele der Instandsetzungsmaßnahmen sind: - Klassische Betoninstandsetzung mit Korrosionsschutz der Bewehrung bei partiellen Ausbrüchen - Betonersatz ohne zusätzliches Oberflächenschutzsystem - Zusätzlich kosmetische Wiederherstellung der Waschbetonoptik, flächig - Schutz der Plattenfugen vor Eindringen von Feuchtigkeit mit geeignetem Dichtstoff Abbildung 1 das Gebäude- Haus der Berliner Festspiele 434 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Kosmetische Betoninstandsetzung Haus der Berliner Festspiele in Berlin - Betoninstandsetzung mit Pfiff Abbildung 2 Nahaufnahme einer Waschbetonplatte mit Schadstellen 2. Besondere Untersuchungen Neben der geringen Schichtdicke des Instandsetzungssystems war vor allem die Lage der Fassadenanker eine Herausforderung in der Planung. Durch eine Thermografieuntersuchung wurden anhand Temperaturabweichungen auf die Lage der Anker geschlossen. 3. Lösung Aufbau Einzelne Ausbrüche in den Platten wurden durch partielle Betoninstandsetzung wieder erneuert. Zudem wurde über die ganze Fläche die Waschbetonoptik durch einen für diese Anwendung rezeptierten Mörtel hergestellt. 3.1 Partielle Betoninstandsetzung Für die partielle Instandsetzung wurde der Beton und die dahinter befindliche Holzwolledämmung entfernt. Die Dämmschicht wurde durch einen mineralischen Dämmputz ersetzt. Auf dieser neuen Dämmschutzschicht wurde der Betonersatz aufgetragen. In der Skizze in Abbildung 3 wird der Aufbau deutlich. Er besteht aus einem klassischen 1-Komponennten PCC II (M3) mit einem E- Modul von 20.000 N/ mm² und zugehöriger Haftbrücke sowie mineralischem Korrosionsschutz. Abbildung 3 Skizze Schichtenaufbau des Instandsetzungssystems 3.2 Kosmetische Reprofilierung der Waschbetonoptik- Bornemann Mörtel Für die kosmetische Wiederherstellung der Waschbetonoptik wurden Marmorsteine 4- 8cm verwendet. Um die Schichtdicke des Reprofiliermörtels nicht zu stark reduzieren zu müssen, sollten plattige Kornformen eingesetzt werden, die zu diesem Zeitpunkt jedoch kaum verfügbar waren. Daher wurden neue Steine einzeln in der Länge geschnitten (auf eine Dicke von 1,5cm) und Steine aus Ausbrüchen der Fassade wiederverwendet. Zudem ergab sich durch das Schneiden der Vorteil einer erhöhten Klebefläche. Auf die bereits ausgeführte PCC- Schicht wurde eine spezielle ECC- Haftbrücke aufgebracht, die sich vor allem durch folgende Eigenschaften auszeichnet: - Applikation auf junge, feuchte PCC Fläche - hohe Klebkraft - hohe Dichtigkeit - lange Offenzeit (bis zu 2h) Frisch in frisch wurde in die Haftbrücke eine dünne Schicht PCC-Mörtel eingearbeitet, in dessen Mörtelbett die Sichtzuschläge eingeklebt wurden. Für das optisch sichtbare Mörtelbett zwischen den geklebten Sichtzuschlägen wurde eine Mörtelrezeptur (genannt „Bornemann Mörtel“) entwickelt. Benannt wurde er nach dem bekannten Fritz Bornemann, dessen Wirken Zahlreiche Berliner Bauwerke hinterlassen hat, welche sich oft durch Waschbetonfassaden Auszeichnen (siehe Abbildung 4). 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 435 Kosmetische Betoninstandsetzung Haus der Berliner Festspiele in Berlin - Betoninstandsetzung mit Pfiff Grundlage war eine Sieblinie AB bestehend aus heller Gesteinskörnung 0,1- 6mm aus dem Kreis Oberspreewald-Lausitz, der farblich dem Fugenmörtel der Fassade sehr nah kam. Zudem: - Weißzement CEM I 52,5 R - verseifungsfeste Kunststoffdispersion - W/ Z-Wert= 0,42 Abbildung 4 Musterherstellung mit dem Bornemann Mörtel Der Fugenmörtel der Waschbetonfassade weist eine raue Oberflächenstruktur auf. Um diese bei der Instandsetzung wiederherzustellen, wurde die Fläche nach der Instandsetzung mit einem Druckwasserstrahl und feinem Quarzsand freigelegt (Abbildung 5). Abbildung 5 Freilegen der Gesteinskörnung und aufrauen des Fugenmörtels mit abrasivem Strahlmittel und Wasserstrahl Abbildung 6 eine fertige Fassade mit partieller Betoninstandsetzung und flächiger kosmetischer Reprofilierung 4. Zusammenfassung Die Instandsetzung von denkmalgeschützten Bauwerken stellt oft höhere Anforderungen an Planer und Ausführende, weil die Erhaltung der historischen Optik oft den modernen Betonschutztechniken (z.B. Oberflächenschutzsysteme) entgegensteht. Doch durch geschickte Kombination verschiedener kunststoffmodifizierter Mörtel konnte der Spagat zwischen Betonerhaltung und optischen Ansprüchen gelingen (Abbildung 6). Literaturangaben DIN EN 1504- 4: 2005 DAfStb Instandsetzungs-Richtlinie SIB 2001-10