eJournals Kolloquium Erhaltung von Bauwerken 7/1

Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
kevb
expert Verlag Tübingen
71
2021
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Sauber aber fleckig - Streitpunkt Fassadenreinigung - Möglichkeit, Grenzen und technische Rahmenbedingungen

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2021
Wladislaus Metzger
Holger Tebbe
Eine nicht gewartete und nicht gepflegte Fassade durch Reinigungsverfahren nicht wieder in den Ursprungszustand zurückgesetzt werden. Bauphysikalische Ursachen von Anhaftungen und Verschmutzungen können darüber hinaus nicht durch Reinigen dauerhaft beseitigt werden. Falsch angewandte Reinigungsverfahren können zudem erhebliche Schäden an der Fassade verursachen. Über diese Selbstverständlichkeiten herrscht bei dem Abschluss von Reinigungsaufträgen, zumindest auf der Auftraggeberseite, manchmal auch auf der Auftragnehmerseite keine Klarheit. Verschmutzungsneigung und der anschließende Reinigungsbedarf kann bereits in der Planungsphase durch geeignete Gebäudegestaltung und Auswahl der Baustoffe und Baustoffoberflächen entscheidend beeinflusst werden. Demgemäß liegt ein großer Schwerpunkt des Vortrags auf Anregungen durch die, die Verschmutzungsneigung mittels entsprechender Gestaltung bereits im Entwurf reduziert werden kann. Im Falle eines Reinigungsbedarfs ist die Wahl geeigneter Reinigungssysteme für den Reinigungserfolg entscheidend. Hierbei sollte auch die Rechtssicherheit durch entsprechende Vertragsgestaltung auch unter Zugrundelegung entsprechender Musterflächen zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber, abgesichert werden.
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7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 437 Sauber aber fleckig - Streitpunkt Fassadenreinigung - Möglichkeit, Grenzen und technische Rahmenbedingungen Wladislaus Metzger H. Tebbe GmbH, Neuwied, Rlp Holger Tebbe H. Tebbe GmbH, Neuwied, Rlp Zusammenfassung Eine nicht gewartete und nicht gepflegte Fassade durch Reinigungsverfahren nicht wieder in den Ursprungszustand zurückgesetzt werden. Bauphysikalische Ursachen von Anhaftungen und Verschmutzungen können darüber hinaus nicht durch Reinigen dauerhaft beseitigt werden. Falsch angewandte Reinigungsverfahren können zudem erhebliche Schäden an der Fassade verursachen. Über diese Selbstverständlichkeiten herrscht bei dem Abschluss von Reinigungsaufträgen, zumindest auf der Auftraggeberseite, manchmal auch auf der Auftragnehmerseite keine Klarheit. Verschmutzungsneigung und der anschließende Reinigungsbedarf kann bereits in der Planungsphase durch geeignete Gebäudegestaltung und Auswahl der Baustoffe und Baustoffoberflächen entscheidend beeinflusst werden. Demgemäß liegt ein großer Schwerpunkt des Vortrags auf Anregungen durch die, die Verschmutzungsneigung mittels entsprechender Gestaltung bereits im Entwurf reduziert werden kann. Im Falle eines Reinigungsbedarfs ist die Wahl geeigneter Reinigungssysteme für den Reinigungserfolg entscheidend. Hierbei sollte auch die Rechtssicherheit durch entsprechende Vertragsgestaltung auch unter Zugrundelegung entsprechender Musterflächen zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber, abgesichert werden. 1. Einführung Bei einer Instandhaltung geht es darum, die wesentlichen technischen Eigenschaften der Fassade möglichst im Ursprünglich geplanten Zustand zu bewahren, bei Schäden wird der funktionsfähige Zustand wiederhergestellt. Der Begriff Instandhaltung ist in der DIN 31051 [1], die die entsprechenden europäischen Regelwerke, z.B. DIN EN 13306 [2] ergänzt, erläutert. Die Instandhaltung umfasst demgemäß: - Wartung Maßnahmen zur Verzögerung des Abbauvorrates, z.B. Wiederherstellung oder Verbesserung des Witterungsschutzes; - Inspektion in der Regel turnusmäßige Kontrolle zur Beurteilung der technischen Ist-Beschaffenheit; - Instandsetzung Maßnahmen zur Wiederherstellung des funktionsfähigen Zustandes; - Verbesserung nachträgliche Veränderung zur Optimierung der Funktionsfähigkeit oder Dauerhaftigkeit; Demgegenüber steht bei einer Reinigung nicht die Bewahrung technischer, sondern optischer Eigenschaften im Vordergrund. Unter dem Begriff Reinigung wird in der Regel ein möglichst vollständiger Materialabtrag von nachträglichen Anhaftungen zur Wiederherstellung der optischen Eigenschaften verstanden. Ein Materialverlust der zu reinigenden Bauteiloberfläche ist bei einer reinen Reinigung in der Regel jedoch möglichst zu vermeiden. Wird im Rahmen der Reinigung auch einen gewissen Materialauftrag durch abrasive Reinigungsmittel oder -verfahren angestrebt, sollte man sich bewusst sein, dass man ggf. keine Reinigungsmaßnahme, sondern eher eine Instandsetzungsmaßnahme durchführt. Die Reinigung einer Fassade wird zudem häufig mit Inspektions- und Wartungsarbeiten verbunden und ist in der Regel Voraussetzung von Instandsetzungen und verbessernden Umbaumaßnahmen. Zur Reinigung von Fassaden gibt es neben wenigen Merkblättern und Richtlinien, z.B. [3] und Stellungnahmen von Berufsverbänden des Reinigungsgewerbes [4] sowie WTA Merkblättern [5], [6] bisher wenig Orientierungshilfen. Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich - des erzielbaren Reinigungserfolges oder - des vermeintlichen oder tatsächlichen Schädigungspotential des gewählten Reinigungsverfahrens 438 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Sauber aber fleckig - Streitpunkt Fassadenreinigung - Möglichkeit, Grenzen und technische Rahmenbedingungen treten daher gelegentlich bereits bei den Vergabeverhandlungen auf. Wird eine durchgeführte Reinigung einer hochwertig gestalteten Fassade als fehlgeschlagen beurteilt und werden ggf. sogar Folgeschäden reklamiert, sind hohe Schadensersatzansprüche und/ oder hohe Instandsetzungskosten schnell die Folge. Im vorliegenden Aufsatz soll die skizzierte Problematik schwerpunktmäßig für Sichtbeton, verputze und unverputzte Mauerwerks- und Natursteinfassaden aufgezeigt werden. Die besonderen Problematiken für Glas- und Metallfassaden werden im vorliegenden Aufsatz nicht gesondert behandelt 2. Rahmenbedingungen einer Fassadenreinigung Reinigungsziel ist in der Regel die Verbesserung der ästhetischen Wirkung der Ansichtsfläche der Fassade oder der Fassadenelemente. Weitere potentielle Hauptziele einer Fassadenreinigung lassen sich wie folgt zusammenfassen: - möglichst langfristige Erhaltung des dekorativen Aussehens; - Verhinderung von fortschreitenden Aufkonzentration von Luftinhaltsstoffen und Schmutzfilmen; - Verringerung des Haftungspotentials gegenüber Schmutzpartikeln; - Verzögern der Neuansiedlung biologischen Bewuchses; - Werterhaltung der Immobilie. Die erreichbaren Reinigungsziele werden unter anderem eingegrenzt von - Art und Grad der vorgefundenen Verschmutzung, - Anforderung an das dekorative Aussehen, - Struktur, Beschaffenheit Materialzusammensetzung und Vorschäden der Fassade und - Kosten des benötigten bzw. angestrebten Reinigungsaufwandes Die Reinigungsverfahren können auf mechanisch, physikalisch oder chemisch bedingte Wirkweisen beruhen. Eine genaue Abstimmung des oder der gewählten Reinigungsverfahren und -abläufe auf - Fassadenaufbau (Vorhangfassade, Sandwichelement, etc.) - Schalenart (Betonfertigteil, Ortbeton, ein- oder mehrschaliges Mauerwerk, WDV-System, Vorhangfassade, etc.) - Material (Natursteinvarietät, künstliche Mauersteinart, Putz, Stuck, Sichtbetonoberfläche etc.) - Oberfläche (Putzstruktur, steinmetzmäßige oder betontechnologische Bearbeitungsarten, Hydrophobierung, Beschichtung, Farbfassung etc.) - Verschmutzung (organischer oder mineralische Anlagerungen, Anlauffahnen, Aussinterungen oder Ausblühungen, organischer Bewuchs etc.) ist für den Reinigungserfolg unerlässlich. Bei der Beauftragung einer Fassadenreinigung wird jedoch bereits häufig der Reinigungszweck - Schlussreinigung Entfernung baustellenbedingter Verschmutzung; - Einpflege Erstbehandlung vor Übernahme nach Erstellung; - Unterhaltsreinigung laufende regelmäßige Reinigung während der Nutzung; - Grundreinigung regelmäßige oder bedarfsabhängige Intensivreinigung und erneute Einpflege nur ungenau benannt, das Reinigungsziel häufig nicht oder nicht genau definiert. Häufig wird seitens des Auftraggebers erwartet, dass der gereinigte Zustand der ursprünglichen Beschaffenheit entspricht. Dieser „Neuzustand“ kann bei einer Reinigung in der Regel nicht mehr erreicht werden, da das Aussehen und die Beschaffenheit der Oberfläche zwangsläufig durch - Abwitterungen, - lokale und globale Veränderungen der Fassadeneigenschaften durch chemische Umwandlungen, - lokalen und globale Ausbesserungen, - nachträgliche lokale oder globale Oberflächenvergütungen (z.B. Hydrophobierungen) laufend verändert wird. Je nach Reinigungsverfahren erfolgt neben dem Abtrag der Anlagerungen, Verschmutzungsfilme oder -krusten zudem auch ein gewisser physikalischer oder chemischer Abtrag der Materialoberfläche, zudem ggf. Materialumwandlungen an der zu reinigenden Oberfläche. Der Reinigungserfolg bzw. das gewünschte Erscheinungsbild der Fassade sollte also vorher genau definiert werden und anhand entsprechend groß und repräsentativ angelegten Musterflächen (ggf. je Fassadenfläche) vertraglich festgelegt werden. Der insgesamt zu erzielende Reinigungserfolg, insbesondere die Beurteilung des optischen Erscheinungsbildes, kann dann zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer anhand des Standards in einer Musterfläche relativ genau spezifiziert und vertraglich vereinbart werden. Diese vertraglich vereinbarte Referenzfläche kann dann auch, z.B. im Streitfall, als Beurteilungsmaßstab von Dritten herangezogen werden. 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 439 Sauber aber fleckig - Streitpunkt Fassadenreinigung - Möglichkeit, Grenzen und technische Rahmenbedingungen 3. Randbedingungen von Alterung und Verschmutzung einer Fassade 3.1 Klima- und Umgebungsbedingungen Die lokalen Klimabedingungen wie - Feuchtebelastung bedingt durch maritime Atmosphäre, Ufer- oder Seenähe, Wasserzerstäubung durch Wehre oder Wasserfälle, etc. - Industrielle Atmosphäre, Abgase, Wasserdampf aus Kühltürmen, etc. - Landklima mit starker Verfrachtung von organischem Material und Dünger - Städtisches Klima mit Belastung aus Abgasen, Abrieb von Schienenfahrzeugen, starken Staub- und Aerosolbelastungen beeinflussen die Verschmutzungsneigung und die Art der Verschmutzung entscheidend. Durch die unterschiedliche UV-Belastung altern ggf. verschiedene Fassadenteile, insbesondere organische Bestandteile der Fassade, unterschiedlich. Die Ausrichtung der Teilfassade hinsichtlich Himmelsrichtung sowie vorherrschender Windrichtung beeinflusst die Aufschmutzung ebenfalls maßgeblich, siehe Bild 1. Bild 1: Beispiele der Abhängigkeit einer Verteilung eines Starkregens (A) und eines Regen mittlerer Intensität (B) von der Windrichtung Bildquelle: [7] Die Licht- und Windverschattung durch die umgebende Bebauung und Bepflanzung ist zu berücksichtigen. Angrenzende Verkehrswege beeinflussen die angrenzenden Fassaden bis auf etwa 10 m Gebäudehöhe. Kontaminationen mit Streusalz können den Feuchtehaushalt im Spritzwasserbereich deutlich ändern, vergl. Bild 2 unten. Bild 2: oben: geringere Schlagregenbeanspruchung des im Windschatten von Gebäude A gelegenen Gebäudes B. Unten: Verschmutzungsneigung in Abhängigkeit von Gebäudehöhe und Umgebungsbedingungen (hier Verkehr) Bildquelle: [7] 3.2 Konstruktive Gestaltung 3.2.1 Allgemeines Die Verschmutzungsneigung von Fassaden kann durch die konstruktive Gestaltung in einem sehr starken Maße in unterschiedlicher Weise, z.B.: - durch den Witterungsschutz (z.B. Dachüberstand), siehe Abschn. 2.2.2 - durch die Art der Niederschlagswasserableitung (z.B. durch Fassadengliederung, Niederschlagswasser an Fensterbänken über geeignete Tropfnasen etc.), siehe Abschn. 2.2.3 - durch die Wahl der Fassadenbaustoffe, siehe Abschn. 2.2.4 - durch Baustoffprofilierung und Textur der Baustoffe, siehe Abschn. 2.2.4 - durch geeignete bauphysikalische Bauweise der Außenwand, siehe Abschn. 2.2.5 - durch Ausrüstung der Fassade mit Imprägnierungen oder ähnlichem, siehe Abschn. 2.2.6 entscheidend beeinflusst werden. 440 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Sauber aber fleckig - Streitpunkt Fassadenreinigung - Möglichkeit, Grenzen und technische Rahmenbedingungen 3.2.2 Witterungsschutz Bei Schlagregenereignissen stellen die Baukörper der Gebäude Strömungshindernisse der natürlichen Luftbewegung dar. Durch den sich aufbauenden Staudruck entstehen Wirbel- und Schleppeffekte, die die Fall-Linie des Schlagregens ablenken, siehe Bild 3. Geeignete Dachüberstände schützen die Fassade vor Schlagregen. Dies gilt bei entsprechender Bauweise auch vor Hochhäusern, da durch den Dachüberstand bei Schlagregen das Luftpolster vergrößert wird und so in dessen Einflussbereich die Neigung des Schlagregens verringert wird. Die Beaufschlagung der Fassade mit Niederschlägen wird so entscheidend verringert, siehe Bild 4. Bild 3: rechts: schematische Darstellung der Ablenkung des Schlagregens in Abhängigkeit der Anströmverhältnisse an einer Fassade. Links: Veränderung des Einfallswinkel von Schlagregen durch den Staudruck vor einer Fassadenfläche Bildquelle: [7] Bild 4: oben: schematische Darstellung Anströmverhältnisse an einer Fassade bei Schlagregen im Grund- und Aufriss. Unten: Schaffung eines Luftpolsters durch Dachüberstand. Bildquelle: nach [7] Bild 5: schematische Darstellung der Ablagerungszonen von Schmutzpartikeln an einem Gebäude in Abhängigkeit der Luv- und Leezonen der Windanströmung Bildquelle: nach [7] Effektiver Schlagregenschutz verringert die Durchfeuchtungsintensität und -dauer der Fassade. Somit werden neben der Verringerung der Belastung der Fassade mit Schmutzfrachten des Schlagregens auch die Zeiträume verringert, in den sich Aerosole und Schwebpartikel an der feuchten Fassadenoberfläche festsetzen können. Die 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 441 Sauber aber fleckig - Streitpunkt Fassadenreinigung - Möglichkeit, Grenzen und technische Rahmenbedingungen Neigung der Schmutzanreicherung auf trockenen Baustoffflächen ist deutlich geringer als auf feuchten Oberflächen, so dass hierdurch die Verschmutzungsneigung bereits deutlich reduziert werden kann. Werden durch Optimierung der Gebäudehülle dieAnströmverhältnisse des Gebäudes noch dahingehend optimiert, dass keine ausgeprägten Luv- oder Leezonen entstehen, wird die Aufschmutzung des Gebäudes vergleichsmäßig, so dass Aufschmutzung mangels Vergleichsmöglichkeit optisch weniger störend in Erscheinung tritt, vergl. Bild 5. 3.2.3 Ableitung Niederschlagswasser Bis Mitte des 20sten Jahrhunderts wurden die Fassaden in der Regel so konzipiert, dass an der Fassade ablaufende Niederschlagswässer auf kurzem Weg möglichst schadlos abgeführt wurden, ab Mitte der fünfziger Jahre des vergangen Jahrhunderts wurde von diesem Prinzip teilweise in eklatanter Weise abgewichen, vergl. Bild 6. In Folge der durch die Bauhausbewegung aufkommenden Tendenz hin zu geometrisch einfach gestalteter Architektur mit möglichst ebenen kubischen Formen, trat der Witterungs- und Feuchteschutz der Fassade, vergl. Bild 7, insbesondere bei Verwendung moderner witterungsunempfindlicheren Fassadenbaustoffe wie Stahl, Beton und Glas in seiner Bedeutung zunehmend zurück. Bild 6: links: historische Fachwerkbauweise mit geschossweise zurückspringenden Fassaden. Rechts: stark gegliederte Gründerzeitfassade mit vorspringenden Fenstereinfassungen und geschossweise angeordneten Gesimsen. Unten: Giebelwand eines neuzeitlichen Wohnhauses in Betonbauweise. Bildquelle: nach [8], Wikipedia, [7] Bild 7: oben: Verringerung der Schlagregenbeanspruchung durch unterschiedliche horizontale orientierte Gliederungsschemata. Unten: Effektivität von unterschiedlich gestalteten horizontalen Fassadengliederungselementen. Bildquelle: [7] An senkrechten, ungegliederten Fassadenflächen ohne Dachüberstand und/ oder horizontalem Gliederungselement läuft bei länger anhaltenden ergiebigen Niederschlagsereignissen das Niederschlagswasser nach Sättigung der Fassadenbaustoffe die gesamte Gebäudehöhe ab. Die ablaufende Wassermenge kulminiert von oben nach unten, die mitgeführte Schadstoff-Fracht ebenso, vergl. Bild 8. Die Belastung derartiger Fassaden ist enorm, neben deutlich erhöhter Verschmutzungsneigung wird auch die Alterung der betroffenen Fassadenbaustoffe beschleunigt und Folgeschäden begünstigt. 3.2.4 Baustoffart, -gestaltung -textur und Farbgebung Die Wahl des Fassadenbaustoffes und dessen Gestaltung spielt für die Verschmutzungsneigung eine größere Rolle. Im Gegensatz zu Stahl- und Glasfassaden werden bei mineralischen Fassadenbaustoffen sowohl die Anlagerung von Fremdpartikeln als auch das Auslaugen und die 442 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Sauber aber fleckig - Streitpunkt Fassadenreinigung - Möglichkeit, Grenzen und technische Rahmenbedingungen Umwandlung von Baustoffbestandteilen abhängig vom der Kapillaraktivität des Porensystems und dessen Verteilung erheblich beeinflusst, vergl. Bild 8. Bild 8: links: Interaktion von Fremdpartikeln und löslichen Baustoffbestandteilen abhängig von Beschaffenheit und Füllungsgrad des Porensystems. Rechts: schematische Darstellung des Übergangs von Wasseraufnahme zum zunehmenden Oberflächenabfluss des Wassers an Fassaden bei Niederschlagsereignissen Bildquelle: [7] Die langfristige Beschaffenheit, Optik und Verschmutzungsneigung der Oberfläche wird neben den übergeordneten konstruktiven Gesichtspunkten, vergl. Abschn. 2.2.2 und 2.2.3, maßgeblich durch die Kapillaraktivitäten des Baustoffes, dem Anteil an löslichen oder umwandelbaren Baustoffbestandteilen beeinflusst. Da durch diese Effekte nicht nur die Verschmutzungsneigung durch Fremdbestandteile, sondern auch baustoffeigenen Veränderungsprozesse beeinflusst werden, sind derartige Effekte im Zweifel nicht durch nicht substanzverändernde Reinigungsprozesse der Bauteiloberfläche zu entfernen. Hier sind häufig darüberhinausgehende Maßnahmen wie chemische Umwandlungen oder abrasive Methoden notwendig. Darüber hinaus können durch die planerische Festlegung der Art und Ausprägung der Mikrostruktur (Rauigkeit) und der Profilierung der Fassadenflächen, die Verschmutzungsneigung und Effekte der Selbstreinigung vorbeugend positiv beeinflusst werden, vergl. Bild 9. Bild 9: links: schematische Darstellung von Schmutzablagerung oberhalb von horizontalen Profilierungen und Erhebungen im Schnitt. Rechts: schematische Darstellung der Reinigungswirkung von ablaufendem Niederschlagswasser bei verschiedenen Oberflächenstrukturen in der Ansicht Bildquelle: [7] Während sich auf horizontalen Profilierungen der Schmutz auf den Oberseiten der Profilierung absetzt und bei Niederschlagsereignissen wieder teilweise mobilisiert wird, vergl. Bild 9 links, ist die Ablagerung bei vertikalen Profilierungen abhängig von Windrichtung und Windstärke, vergl. Bild 10 rechts. Profilierung und Baustoffstruktur beeinflussen durch ihre Geometrie die Verteilung von Ablaufspuren, vergl. Bild 9 rechts und durch ihre Schattenwirkung deren Wahrnehmung, siehe Bild 10 oben 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 443 Sauber aber fleckig - Streitpunkt Fassadenreinigung - Möglichkeit, Grenzen und technische Rahmenbedingungen Bild 10: oben: Kaschierung der Ablaufspuren durch senkrechte Profilierungen der Fassadenfläche. Unten: Verlagerung der Ablagerung an senkrechten Fassadenprofilen von der Lee- (oben) in die Luvzone (unten) bei abnehmender Windstärke. Bildquelle: [7] Während an grobkörnigen Strukturen, wie z.B., Waschbetonoberflächen Ablaufspuren optisch weniger störend in Erscheinung treten, kann an feinkörnigen Strukturen, -durch die stärkere Kanalisation in engeren Fließwege und damit konzentrierterer Schmutzansammlung-, ein gegenteiliger Effekt eintreten, siehe Bild 11. Bild 11: oben: Feuchte und ablagerungsbedingte Farbveränderung im Waschbeton ohne optisch störende scharfe Übergänge zwischen den verschiedenen Alterungs- und Verschmutzungszonen. Unten: deutlich sichtbare Ablaufspuren in leicht abgesäuerter Betonoberfläche Bildquelle: [7] Neben Profilierung und Strukturierung der Oberfläche kann durch die Farbgebung des Baustoffes bzw. der Beschichtung die optisch störende Wirkung von Verschmutzung gezielt beeinflusst werden. Werden stark belastete Fassadenbereiche, wie z.B. die Spritzwasserzone, optisch nicht von der übrigen Fassade getrennt, wird die stärkere Aufschmutzung dieser Zone das Gesamtbild stärker beeinflussen, als bei einer optischen Trennung. Vorteilhaft ist weiterhin, dass die im Rahmen der Instandhaltung die stärker belasteten Zonen aufgrund der optischen Trennung ggf. auch separat überarbeitet werden können. Da das menschliche Auge Grautöne (Lichtintensitäten) stärker differenzieren kann als Farbtöne (Wellenlängen), sind Farbveränderungen im Schwarzweis-Spektrum eher wahrzunehmen als an farbigen Fassaden. Farbveränderungen in monochromer Farbgebung werden natürlich deutlicher wahrgenommen, wie Fassadengestaltungen, die von vorne herein ein gewisses Spektrum an Farbtönen oder eine gewisse Variationsbereite eines Farbtones aufweisen. 444 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Sauber aber fleckig - Streitpunkt Fassadenreinigung - Möglichkeit, Grenzen und technische Rahmenbedingungen Wie bereits erwähnt, kann durch Licht- und Schattenwirkung, das heißt durch Strukturierung und Profilierung der Fassade, die optisch störende Wahrnehmung der Verschmutzung zusätzlich gemildert werden. 3.2.5 Aufbau des Fassadenquerschnittes Wie in Abschnitt 2.2.4 dargelegt, beeinflusst die Kapillaraktivität des oder der Fassadenbaustoffe und deren Feuchtehaushalt die Neigung zur Schmutzanhaftung. Inhomogene Baustoffe, wie Mauerwerk zeichnen sich durch teilweise stark unterschiedliche Kapillaraktivtäten und Feuchtehaushalte im Stein und in Mauermörtel aus. Handelt es sich um verputzte Flächen, schlagen die Untergrundeigenschaften insbesondere bei den heute üblichen Dünnputzen auf die Fassadenoberfläche durch. Je nach Baustoffeigenschaften und Umgebungsbedingungen können sich hier entweder Mauersteine oder Mörtelfugen im Außenputz abzeichnen. Ähnliches gilt für Wärmedämmverbundfassaden, wo sich unter bestimmten Umständen die Dübelköpfe der Dämmplattenbefestigung im Putz abzeichnen, siehe Bild 12, unten. Bild 12: oben: im Objekt installierte Wärmequellen, die sich insbesondere bei wenig gedämmten Altbauten aufgrund schnellerer Austrocknung als weniger verschmutze Oberflächen von der Umgebung scharf abtrennen können. Unten: sich abzeichnende Dübelköpfe in der WDVS-Fassade. Bildquelle: [7] Da neben der unterschiedlichen Aufschmutzungsneigungen in derartigen Zonen ggf. auch lösliche baustoffeigene Stoffe auf der Fassadenoberfläche stärker ablagern, kann hier ohne chemischen Reinigungsmittel, die auch potentiell die Baustoffoberflächen angreifen können, häufig die Verfärbungen nicht beseitigt werden, zumal ohne Beseitigung der Verfärbung zugrundeliegenden Effekte ein dauerhafter Erfolg der Reinigung nicht gegeben ist. 3.2.6 bauchemische Ausrüstung der Fassadenoberfläche Durch Imprägnierungen, Beschichtungen als auch Ausrüstungen von Fassadenfarben können die Oberflächeneigenschaften der Fassade in vielfältiger Art und Weise verändert werden. Neben gewünschten Effekten, z.B. Wasserabweisung, treten hierbei in der Regel auch unerwünschte Effekte, wie z.B. Verringerung der Wasserdampfdiffusion auf, so dass die jeweiligen Mittel genau auf die Fassade abgestimmt werden müssen. Bereits durch einen einfachen Farbanstrich können Poren und Risse abgedeckt werden, so dass deren Kapillaraktivität sinkt. Fassadenputze werden in der Regel bereits ab Werk Metallseifen beigeben, die die Porensysteme hydrophob auskleiden. Im Gegensatz zu nachträglichen Hydrophobierungen, deren Verankerung im Baustoff abhängig von der jeweiligen Tränkungstiefe ist, ist hier die gesamte Schichtdicke des entsprechenden Baustoffes ausgerüstet. Durch Beschichtungen und anderen Oberflächenvergütungsmaßnahmen können weitere Effekte, wie nachträgliche Rissüberbrückung, fungizide oder biozide Ausrüstung, schmutzabweisende Oberflächenstrukturierungen (z.B. Lotuseffekt), etc. erzielt werden. Zu beachten ist, dass nachträgliche Ausrüstungen naturgemäß besonders beansprucht werden, da sie an der Oberfläche des Fassadenbaustoffes angeordnet sind. Sie weisen in der Regel nicht die gleiche Gebrauchsdauerspannen wie die eigentlichen Baustoffe auf. Unter anderem durch Witterungsbeanspruchung, Abrasion, Auslaugung und/ oder chemische Umwandlungsprozesse verlieren sie mit zunehmenden Applikationsalter ihre Wirkung. In Falle einer geplanten Reinigung sollte derartige bauseitige Oberflächenvergütungsmaßnahmen der Fassade bekannt sein, da durch die Reinigung die Ausrüstung ggf. beeinträchtigt oder entfernt wird und somit nach der Reinigung zur Wiederherstellung der gewünschten Fassadeneigenschaften ggf. neu appliziert werden muss. 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 445 Sauber aber fleckig - Streitpunkt Fassadenreinigung - Möglichkeit, Grenzen und technische Rahmenbedingungen 4. Alterung und Verschmutzungsprozesse an der Fassade 4.1 Allgemeine Alterungsprozesse Zwangsläufig werden das Aussehen und die Beschaffenheit der Oberfläche durch - Abwitterungen, - lokale und globale Veränderungen der Fassadeneigenschaften durch chemische Umwandlungen, - lokalen und globale Ausbesserungen, - nachträgliche lokale oder globale Oberflächenvergütungen (z.B. Hydrophobierungen) verändert. Die Wechselwirkung der Atmosphärilien (atmosphärische Gase) mit dem nicht inerten Fassadenbestandteilen führt zu verschiedenen makroskopischen, mikroskopischen und submikroskopischen Veränderungen der stofflichen und morphologischen Eigenschaften im Gefüge, besonders im Bereich der Oberfläche. Zwar wird bei einer Reinigung in der Regel das ursprüngliche optische Erscheinungsbild angestrebt, Veränderungen gegenüber der ursprünglichen zum Erstellungszeitpunkt vorhandenen Ausgangsoberfläche sind aus vorgenannten Gründen jedoch unvermeidlich. Teilweise muss sogar ein gewisser Substanzabtrag hingenommen werden. Das Erscheinungsbild nach der Reinigung ist somit auch wesentlich abhängig von der Vorgeschichte der betroffenen Baustoffe und ihrer Exposition innerhalb der Fassade. 4.2 Erscheinungsformen von Anhaftungen 4.2.1 mineralische Anhaftungen Anlagerungen sind Anhaftungen auf einer chemisch unveränderten Oberfläche; es handelt sich um Staubpartikel, Aerosole und Salzausblühungen. Sie besitzen in der Regel keinen festen Verbund mit dem Untergrund. Dünnschichtige, flächenhafte Anhaftungen auf chemisch unveränderter Oberfläche werden in der Regel als Filme bezeichnet. Bei derartigen Filmen handelt es sich um Schichten, die im Wesentlichen aus Luftschadstoffen bestehen und / oder biologischen Ursprungs sind. Krusten sind zusammenhängende Schichten, die sich durch chemische, morphologische Stoff- und Gefügeänderungen in der Betonoberfläche insbesondere im Porensystem gebildet haben. Es handelt sich um lösliche und unlösliche Reaktionsprodukte des Fassadenbaustoffes mit Luftschadstoffen, Bestandteilen des Niederschlagswassers und sonstigen Umgebungsprodukten. Bei vergleichsweise inerten künstlichen oder natürlichen Mehrstoffsystemen (z.B. Beton oder Sandstein) ist ggf. nur die Zement- oder Natursteinmatrix betroffen. In der Regel sind hier insbesondere Kalk- und Gipsverbindungen als Hauptbestandteile derartiger Krusten anzusprechen. Durch die Einlagerung von Luftschadstoffen und Aerosolen können sich deutliche Verfärbungen oder Einfärbungen ergeben. Krusten führen zu einer Auflösung und Schädigung des betroffenen (oberflächennahen) Baustoffgefüges. 4.2.2 Organische Anhaftungen Durch die Verringerung und Veränderung der Luftschadstoffe, sowie durch die stärkere Wärmedämmung, wird die Besiedlung durch Algen in den letzten 30 Jahren zunehmend begünstigt. Bei günstigen Bewuchsbedingungen, wie - Oberfläche mit randnahem, zeitweise hohem Wasserreservoir - ebenen vertikale Wandflächen mit entsprechend langen Ablaufwegen des Schlagregens - horizontale Flächen, auf denen sich Nährstoffe und Feuchte sammeln - Risse und sonstige Schadstellen siedeln sich auch komplexere Strukturen wie Pilze, Flechten und Moose an. Diese bilden ihrerseits die Pionierbesiedlung für weiteren Bewuchs bis hin zu Sträuchern und Bäumen. Hierbei können Pflanzen mit ausgeprägten Stützwurzelsystemen auch strukturelle Schäden verursachen. In der Umgebung von Lampen sind häufig mehr oder weniger großflächig insektenbedingte Verfärbungen und Anhaftungen festzustellen. Weiterhin sind die Fassaden je nach Fassadengestaltung häufiger mit Vogelkot verunreinigt. Gespinste von Spinnen und Raupen können bedingt durch die an den Gespinsten sich festsetzenden Anlagerungen ebenfalls zu starken Verschmutzungen führen. Häufig werden Fassaden von Tieren auch zur Nestbildung oder als sonstige Unterkunft genutzt. Neben den Nutzungsspuren werden hier auch häufiger Beschädigungen hervorgerufen. Bei Gebäuden in der Nähe von landwirtschaftlich geprägten Flächen ist mit Anhaftungen durch Pollenflug, Pflanzenbestandteilen, (z.B. bei Getreideernte) zu rechnen. Durch Verwehungen von mineralischen und organischen Düngerbestandteilen zudem ggf. die Besiedlungs- und Wachstumsbedingungen für mikrobielle Fauna und Flora begünstigt. 4.3 Nutzungsbedingte Verunreinigungen Abzüge (insbesondere Küchenabzüge) und Luftauslässe (z.B. Klimaanlagen) können bei ungenügender Wartung der Anlagen und Filter zu erheblichen Verschmutzungen führen. 446 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Sauber aber fleckig - Streitpunkt Fassadenreinigung - Möglichkeit, Grenzen und technische Rahmenbedingungen Im Sockelbereich können Abgasspuren von Fahrzeugen insbesondere im Bereich von wandnahen Stellplätzen anzutreffen sein. Abstellplätze für Mülltonnen, Fahrräder etc. sind ebenfalls häufig durch umfangreiche Verschmutzungen und Gebrauchsspuren gekennzeichnet. Im Bereich des Haupteingangs, an Versammlungsstätten wie Raucherplätzen, sowie an ähnlichen Plätzen ist mit Fußabdrücken und sonstigen Gebrauchsspuren sowie Rückständen wie Kaugummis; Zigarettenasche und ähnlichem, zu rechnen. Durch Vandalismus, wie z.B. Ritzungen, ungewollte Graffiti etc., können ebenfalls ungewollte Verschmutzungen, Anhaftungen und Beschädigungen hervorgerufen werden. 4.4 Konstruktiv bedingte Verunreinigungen Wie bereits in Abschn.1 und 2 erläutert, entstehen je nach Art der Fassadengliederung (Dachüberstände, Traufausbildung, Ausbildung von Fensterbänken sowie Gesimsen und Fensterbändern) ggf. zwangsläufig Ablaufspuren durch Niederschlagswasser, die in der Regel zu nicht mehr völlig reversiblen Veränderungen führen. Im Spritzwasserbereich ist je nach Gestaltung immer mit mehr oder weniger stärkeren Verschmutzungen zu rechnen. Unterhalb von an der Fassade angebrachter Beleuchtung, Reklametafeln und sonstiger nachträglich angebrachten Montagen treten ebenfalls häufig entsprechende Ablaufspuren auf. 5. Klassifizierung möglicher Anhaftungen Die Hauptgruppen der in Abschn. 3 beschriebenen reinen Schmutzanhaftungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: - Staubpartikel - Areosole - Öl- und Fettablagerungen, ölige Substanzen - Mikroorganismen, insbesondere Algen, Pilze und Flechten - Organische Verunreinigungen (abgestorbene Pflanzenreste, die ggf. Huminsäuren bilden, pflanzliche und tierische Ausscheidungen, Pollen, etc.) - Ruß - Graffiti - Rückstände aus Baugeschehen 6. Reinigungsarten und -methoden 6.1 Abgrenzung Reinigung zur Instandsetzung Reinigungsziel ist in der Regel die Verbesserung der ästhetischen Wirkung der Fassade Darüberhinausgehende kosmetische Arbeiten beinhalten neben der Reinigung in der Regel auch einen gewissen Materialauftrag, z.B. zur Kaschierung oder Überdeckung von Teilflächen oder zum Wiederaufbau von Substanzverlusten (Reprofilierung) oder ähnlichem. Bei derartigen Arbeiten steht nicht die Bewahrung oder Wiederherstellung der optischen Wirkung im Vordergrund, sondern in der Regel eine Eigenschaftsverbesserung. die in der Regel auch der Wiederherstellung oder Verbesserung technischer Eigenschaften der Fassade dient. Bei einer Reinigung ist lediglich ein mechanisch, physikalisch oder chemisch bedingter möglichst vollständiger Materialabtrag der nachträglichen Anhaftungen gewünscht; ein Materialverlust des Baustoffes ist bei einer reinen Reinigung in der Regel jedoch möglichst zu vermeiden. 6.2 Normative Grundlagen und Regelwerke Nach Kenntnisstand des Unterzeichners existieren mit Ausnahme von normativen Anforderungen für Reinigungsdienstleistungen in Schulgebäuden [9] im Geltungsbereich der BRD keine normativen Anforderungen für Reinigungsleistungen von Gebäuden. Da vorgenannte Norm eine starke Ausrichtung hinsichtlich hygienischer Anforderung an Innenräumen hat, ist sie für den hier zu behandelnden Anwendungsfall allenfalls sehr eingeschränkt heranziehbar. Von Interessensverbänden der Reinigungsindustrie wurden jedoch zwischenzeitlich Regelwerke erarbeitet, in denen versucht wird die verschiedenen Gesichtspunkte einer Fassadenreinigung zu standardisieren, vergleiche [3] und [4]. Die für die Reinigung von Natursteinflächen und Fassaden erarbeiteten Merkblätter der WTA, vergleiche [5] und [6], können in Teilen sicherlich auch auf die Anforderungen an neuzeitlichen Fassaden analog übertragen werden. Ein auf europäischer Ebene für die Reinigung von mineralischen Bodenbelägen erarbeiteter Leitfaden, vergleiche [10], wurde für die hier vorgenommene Beurteilung ebenfalls berücksichtigt. Auftraggeber und Auftragnehmer sollten sich vorab darauf einigen, die geplanten, beauftragten und ausgeführten Reinigungen nach möglichst nachvollziehbaren und objektivierbaren Beurteilungskriterien gemeinschaftlich festzulegen. Hilfestellungen hierzu werden in verschiedenen Merkblättern und Richtlinien gegeben. Kriterien zur Festlegung visueller Anforderungen oder optischer Eigenschaften von Fassaden werden beispielsweise in 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 447 Sauber aber fleckig - Streitpunkt Fassadenreinigung - Möglichkeit, Grenzen und technische Rahmenbedingungen den relativ ausführlich erläuterten Ausführungen des Sichtbetonmerkblattes des DBV, vergl. [11], sowie in die Richtlinie des Bayrischen Maler- und Lackiererhandwerks, vergl. [12], genannt. 6.3 Grundlegende Reinigungsklassen Aus den in Abschn. 5.2 genannten Regelwerken lassen sich folgende grundsätzlichen Reinigungsklassen ableiten: Erstreinigung Entfernung von Bauschmutz, Bauresten und Klebstoff, Entfernung Schutzfolienreste und Etiketten, Reinigung der Fensterflächen etc., Reinigung der Fassade von atmosphärischen Verschmutzungen Intervallreinigung Intervallreinigung sollte im Rhythmus von ca. 3 Jahren ausgeführt werden. Je nach U m g e b u n g s b e d i n g u n g e n sind deutliche Abweichungen möglich. Grundreinigung Wenn mehrere Jahre nicht gereinigt wurde, oder die Verschmutzung im Zuge einer Intervallreinigung nicht mehr befriedigend beseitigbar sind, ist eine Grundreinigung durchzuführen. Diese Reinigung ist in der Regel abrasiv, das heißt mit Substanzverlust, verbunden. Wird zu lange auf eine Intervallreinigung verzichtet, kann ggf. ab einem bestimmten Zeitpunkt die Wiederherstellung des dekorativen Aussehens trotz Grundreinigung gefährdet sein. Die Grundreinigung umfasst in der Regel - Entfernung Grobschmutz und Bewuchs und ggf. mechanische Vorreinigung manuell oder mechanisch - ggf. Vorreinigung mit Wasser mit oder ohne Netzmittel oder Wasserdampf - Reinigung mit Heiß- oder Dampfstrahlverfahren (ggf. mit Netzmittel und / oder abrasivem Reinigungsmittel) oder chemische Reinigung (sauer oder alkalisch, je nach Verschmutzung) - Abwaschen der Reinigungsrückstände - Nachspülen - Ggf. Auftragen von Bioziden, Imprägnierungsmittel, Konservierungsmittel oder sonstigen Beschichtungen 6.4 Reinigungsverfahren Für mineralische Oberflächen, hier Sichtbetonflächen, stehen unter anderem folgende Reinigungsmethoden zur Verfügung: - Mechanische Vorreinigung manuell, ggf. auch maschinell (Bürsten, Kratzen) - Waschverfahren mit drucklosem Wasser ohne oder mit Netzmittel - Nassstrahlverfahren (Wasser, Heißwasser, Wasserdampf) ohne oder mit Netzmittel sowie ggf. Strahlmittel und ggf. wechselnder Strahlwinkel (z.B. Rotationsverfahren) - Trockenstrahlverfahren (Trockeneispellets, Partikelstrahlen mit Luft, Laserstrahl etc.) - Chemische Reinigungsverf . mit sauren oder alkalischen Reinigungsmitteln Nicht alle vorgenannten Reinigungsverfahren sind als Standardverfahren anzusehen. Manche der genannten Verfahren werden nur bei empfindlichen oder besonders schützenswerten, ggf. unter Denkmalschutz stehenden, Flächen angewandt. 6.5 Reinigungsmittel Als Reinigungsmittel sind zu nennen: - Bleichmittel: Wirkstoff Hypochlorite Wasserstoffperoxid - Abrasive Reinigungsmittel (Schmelzkammeraschen, Basaltmehl, Quarz, Dolomit, Glasperlen, Nussschalen etc.), - Alkalische Reiniger - Saure Reiniger - Tenside und Netzmittel - Seifenpasten, Reinigungspasten 6.6 Rahmenbedingungen zur Wahl des Reinigungsverfahrens Rahmenbedingungen der erreichbaren Reinigungsziele sind, wie in Abschn. 1 - 4 erläutert, abhängig von: - Art und Grad der vorgefundenen Verschmutzung, - Anforderung an das dekorative Aussehen, - Fassadenkonstruktion und Baustoffe, sowie Vorschädigung - Kosten des benötigten bzw. angestrebten Reinigungsaufwandes 448 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Sauber aber fleckig - Streitpunkt Fassadenreinigung - Möglichkeit, Grenzen und technische Rahmenbedingungen Die Art und Weise des Schutzes von dauerelastischen Fugen, Ein- und Anbauteilen, benachbarten Bauteilen und benachbarten Bewuchses sollte vertraglich festgelegt werden. Insbesondere bei chemischen Reinigungsverfahren ist das Ableiten, Auffangen und Entsorgen der Reinigungsmittel und -rückstände ebenfalls festzulegen und zu planen. Die Maßnahmen zur Einhaltung von ggf. vorgegebenen Grenzwerten sind vorab festzulegen. Schäden an der Fassade sind aufgrund der Verschmutzung vor der Reinigung häufig nicht erkennbar. Werden Befahrungsanlagen oder Hubsteiger oder ähnliches eingesetzt, ist eine gleichzeitige Inspektion durch anderes Personal, wie dies z.B. bei einer Einrüstung gegeben ist, nicht möglich. Das Reinigungspersonal nimmt in der Regel eine handnahe Inaugenscheinnahme der Flächen vor. Sinnvoll ist daher nach Auffassung des Unterzeichners auch die Vereinbarung von Hinweispflichten hinsichtlich augenscheinlicher Schäden und Alterungserscheinungen. Der Umfang derartiger Hinweispflichten sollte jedoch, um Streitpotential zu vermeiden, genauestens festgelegt werden. Die mit den gewählten Methoden erzielbaren Reinigungsergebnisse sollten vorab an Musterflächen festgehalten werden und vom Auftraggeber und Auftragnehmer gemeinsam bemustert werden. Die auszuwählenden Musterflächen sind unter den Aspekten - Ausreichende Flächengröße - Erfassung der vorkommenden Verschmutzungsarten - Erfassung der unterschiedlichen Oberflächenbeschaffenheiten (Alterung) festgelegt werden. Der an der Musterfläche durchgeführte Reinigungszyklus ist als Vergleichsstandard für die Gesamtfläche zu erfassen und zu dokumentieren. Eine ausreichende und nachvollziehbare Dokumentation der Musterfläche vor und nach Reinigung (ggf. ergänzt durch Laborprüfungen wie Hellbezugswertmessungen) hat zu erfolgen. Die bemusterten Flächen sollten Vertragsbestandteil werden und bis zur Abnahme der Reinigungsleistung geschützt und nicht verändert werden. 7. Erzielbare Reinigungsergebnisse Das Reinigungsergebnis ist neben der vorgefundenen Oberflächenbeschaffenheit und der Art der zu entfernenden Substrate natürlich entscheidend auch vom gewählten Reinigungsverfahren abhängig. Grundsätzlich ist zu betonen, dass bei langjährig unterlassener Unterhaltsreinigung (Intervallreinigung) und Pflege der Fassade damit zu rechnen ist, dass zur Wiederherstellung des gewünschten Erscheinungsbildes neben einer Reinigung mindestens zusätzliche kosmetische Maßnahmen notwendig werden. Grundsätzlich sollte natürlich sowohl von Auftragnehmerseite als auch von Auftraggeberseite der technisch bestmögliche Reinigungserfolg angestrebt werden. Dies bedeutet jedoch, dass ggf. ein abgestufter Reinigungsgrad für einzelne Flächen oder Bereichen separat festgelegt werden muss, Angestrebt werden sollte hierbei natürlich ein für die Gesamtfläche ästhetisch akzeptables Aussehen. 8. Wirkungsweise von Reinigungsarten 8.1 Mechanische Trockenreinigungsverfahren 8.1.1 Abbürsten/ Abschleifen Bei einer Handreinigung mit Wurzel- oder Kunststoffbürsten besteht keine oder nur eine geringe Beschädigungsgefahr. Stahlbürsten sind aufgrund ihres Abriebes und der daraus resultierenden Verfärbungen ungeeignet. Bei Einsatz von entsprechenden Handgeräten mit rotierenden Bürsten nimmt die Gefahr von Materialabträgen zu. Ein maschinelles Schleifen oder Bürsten sollte möglichst auf örtlich leicht aufsitzende Verschmutzungen beschränkt werden. Insgesamt sind das Abbürsten und Abschleifen im Rahmen der Fassadenreinigung sicherlich nur als ergänzendes Verfahren für örtlich beschränkte Bereiche anzusehen. Ein Einsatz des Verfahrens im größeren Stil wird bereits aufgrund der hohen Personalkosten eher nur an hochwertigen, häufig denkmalgeschützten, Fassaden eingesetzt. 8.1.2 Trockenstrahlverfahren Es handelt sich um ein abrasives Reinigungsverfahren, dass als reines Reinigungsverfahren lediglich gegen festsitzende Verschmutzungsschichten größerer Stärke angewendet werden kann. Die Gefahr eines Materialabtrages der Fassadensubstanz ist hier gegeben bis unvermeidlich. Durch das Reinigungsverfahren wird die Kruste oder der Schmutzfilm durch Herausreißen und Zerkleinern von Einzelpartikeln abgetragen. Das Verfahren ist also vor Ort permanent auf die jeweiligen Abtragsrate und Restdicke der Verschmutzungskruste abzustimmen. Der Erfolg dieses Reinigungsverfahren hängt also wesentlich vom Kenntnisstand und Erfahrung des ausführenden Personals ab. Die Anprallenergie des Strahlmittels wird über Luftmenge, Luftdruck und Düsenöffnungsgröße der Austrittsdüse bestimmt und gesteuert. Der Reinigungserfolg ist darüber hinaus wesentlich von Struktur, Korngröße und Härtegrad des eingesetzten Strahlmittels abhängig. Trockenstrahlen ist mit sehr hoher Staubbelastung verbunden. In der Regel kommen daher geschlossene Systeme, bei der die Arbeiten in einer Einhausung mit Ab- 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 449 Sauber aber fleckig - Streitpunkt Fassadenreinigung - Möglichkeit, Grenzen und technische Rahmenbedingungen saugung vorgenommen werden, zum Einsatz. Nachteil des geschlossenen Systems ist, dass zur beaufschlagten Strahlfläche kein direkter Sichtkontakt besteht. Die Staubentwicklung kann durch separate Einspeisung von Frischluft verbessert werden. Durch Einspritzen von Wassernebel kann durch Staubbindung eine gewisse Luftreinigung erzielt werden. Eine Sonderform des Trockenstrahlens ist der Einsatz von Niederdruckwirbelstrahlverfahren ohne Wasserzusatz, vergl. Abschn. 7.2.3. 8.2 Nassreinigungsverfahren 8.2.1 Drucklose Kaltwasserreinigung Das Berieseln von Fassaden durch Kaltwasser ist eher als (zusätzliche) Sonder- oder Spezialmaßnahme insbesondere bei denkmalgeschützten Bauteilen bei speziellen Verschmutzungsarten anzusehen. Aufgrund der benötigten langen Einwirkungszeiten ist die Gefahr von Folgeschäden aufgrund Bauteildurchfeuchtungen oder Wassereintritten in Anschlusskonstruktionen groß. Die zu behandelnden Flächen sind vor der Anwendung auf Fehlstellen zu untersuchen. Fenster- und Türöffnungen, Durchdringungsstellen, Bewegungsfugen und sonstige Schwachstellen sind aus den Berieselungsflächen auszuklammern oder entsprechend zu sichern. Durch Sprühverfahren kann die benötigte Wassermenge reduziert und eine gleichmäßige Flächenbenetzung besser gesteuert werden. 8.2.2 Hochdruckkalt- oder -warmwasserreinigung Das Leistungsspektrum von an der Fassade eingesetzten Hochdruckreinigern (Handgeräten) liegt im Allgemeinen bei 20 - 120 bar, bei einer Fördermenge von (ca. 10 - 15 l/ min. Die Reinigung erfolgt über das Zusammenspiel von Wasserlöslichkeit, Auftrittsenergie und Auftrittswinkel der Schmutzpartikel. Wird die Aufprallenergie, also auf den Aufprallpunkt bezogene Aufprallgeschwindigkeit, und der Volumenstrom erhöht, steigt auch die potentielle Reinigungsleistung. Hinsichtlich des Reinigungsverfahrens sind daher Volumenstrom, Wasserdruck, Auftreffwinkel sowie Düsenform und -durchmesser wichtige Kenngrößen. Mit steigender Aufprallenergie steigt natürlich auch das Risiko der Beschädigung der Oberfläche. Die Betriebsdrücke sollten gemäß Empfehlungen der WTA [5] bei Natursteinoberflächen auf maximal 120 bar begrenzt werden, da es sonst zu unerwünschtem Materialabtrag an vorgeschädigten Natursteinoberflächen kommen kann. Bei höheren Betriebsdrücken steigt bei geringen Abständen der Reinigungslanze von der Wandfläche natürlich die Gefahr von Beschädigungen. Wird der Abstand zu groß gewählt, wird keine effektive Reinigungsleistung mehr erzielt. Für lackierte metallische Oberflächen wird von Herstellerseite teilweise ein Minimalabstand von 50 - 60 cm vorgegeben. Der Mindestabstand der Reinigungsdüse von der Wand ist für mineralische Oberflächen auf die Beschaffenheit der jeweiligen Wandoberfläche und den Vorschädigungsgrad im Reinigungsabschnitt abzustimmen und zwar jeweils für die gewählte Düsenform. Mit einer Kalt-, Heißwasser- oder Dampfreinigung ohne Zusätze (Netzmittel und / oder Substrate) ist anerkanntermaßen nur ein begrenzter Reinigungserfolg zu erzielen, insbesondere die Reinigungswirkung von Kaltwasser-Hochdruckstrahlen ohne Einsatz von Netzmitteln ist sehr begrenzt. Eine Kaltwasserreinigung ohne Zusätze hat lediglich einen Status, der in etwa einer Vorreinigung entspricht. Wird eine Fassade langjährig nicht gereinigt, ist mit einer einfachen Hochdruck-Kaltwasserreinigung ohne Zusätze ein ästhetisch befriedigendes Ergebnis nicht sicher erzielbar. Die Ablösung bestimmter Schmutzpartikel wird jedoch durch Tenside stark unterstützt, gleichzeitig werden die Partikel nach Ablösung umhüllt. Während des Ablaufes der Reinigungslösung an der Fassade wird die Wiederanlagerungsneigung der Schmutzpartikel so deutlich reduziert. Alternativ zu Waschwasserzusätzen kann die zu reinigende Oberfläche flüssigen oder mit pastösen Reinigungspasten vorbehandelt werden, vergl. Abschn. 7.3. Nach der Reinigung ist so lange mit klarem Wasser nachzuspülen, bis das Netzmittel vollständig entfernt wird. Erfolgt dies nicht, werden Anstriche und insbesondere Imprägnierungen an diesen Flächen ggf. beeinträchtigt. Durch den Einsatz von Warm-, Heißwasser oder überhitztem Wasser kann der Reinigungseffekt erheblich gesteigert werden, da das Lösen und Emulgieren der Schmutzpartikel beschleunigt wird. Durch den Zusatz von Strahlmittel kann die Hochdruckkalt- oder -warmwasserreinigung auf die benötigte Abtragsleistung eingestellt werden; gegenüber dem Trockenstrahlen wird eine höhere Einschlagsenergie erzielt. Im Vergleich zum Trockenstrahlen kann jedoch der Volumenstrom des Strahlmittels schlechter gesteuert werden. Die Verbrauchsmengen sind daher bei Nass-Strahlverfahren in der Regel höher. Grundsätzlich ist bei Einsatz von Nassreinigungsverfahren darauf zu achten, dass es nicht zu unerwünschter Auffeuchtung kommt. 8.2.3 Niederdruckwirbelstrahlverfahren Mittels spezieller Düsen wird bei niedrigem Luftdruck (ca. 0.5 -1,5 bar) mittels Feinstrahlmittel (Trockenstrahlverfahren) oder mittels Feinstrahlmittel und Wasser (Nass-Strahlen) ein rotierender Volumenstrahl geschaffen, der die Schmutzpartikel quasi von der Oberfläche abschält. 450 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Sauber aber fleckig - Streitpunkt Fassadenreinigung - Möglichkeit, Grenzen und technische Rahmenbedingungen Durch die Begrenzung der maximalen Korngröße des eingesetzten Granulates auf 0,5 mm wird ein Mikroschleif- oder Radiervorgang eingeleitet. Die zu erzielende Abtragsrate kann durch die Wahl der Härte des Granulates (z.B. Glasmehl, Trockeneis etc.) so auf den jeweiligen Untergrund eingestellt werden, dass der Materialabtrag sich im Wesentlichen auf die Schmutzschichten beschränkt. Eine gewisse Aufrauhung der Originaloberfläche lässt sich jedoch häufig nicht vermeiden. Bei der Anwendung von Trockeneis wird zudem der Temperschock und die kältebedingte Volumenreduzierung genutzt, die zu einer zusätzlichen Belastung der Grenzfläche zwischen Verschmutzung und Baustoffoberfläche führt. 8.3 chemische Reinigungsverfahren Chemischen Reinigungsmitteln werden allgemein je nach pH-Wert in saure oder alkalische Reinigungsmittel unterteilt. Neutrale Reinigungsmittel die lediglich Tenside zur Herabsetzung der Oberflächenspannung enthalten, wurden bereits in Abschn. 7.2.2 behandelt. Saure Reinigungsmittel eignen sich z.B. zur Entfernung von Kalkausblühungen und sonstige säurelöslichen Rückstände. Saure Reinigungsmittel greifen damit in der Regel auch die Karbonatverbindungen von Beton, Putz, Mauermörtel, Estrich, künstlichen und natürlichen Mauersteinen an. Alkalische Reiniger führen in der Regel zu keiner Schädigung mineralischer Baustoffe. Alkalische Reiniger werden häufig zur Entfernung von Ruß, Teer und Fette sowie Gummiabrieb eingesetzt. Ein Kontakt zu angrenzenden oder eingebauten Teile ist jedoch zu vermeiden, da alkalische Reiniger je nach Zusammensetzung unter anderem Lacke, Aluminium, Glas und Zink angreifen können. Saure und alkalische Reinigungsmittel bilden wasserlösliche Salze. Die Auftragsrichtung im Falle einer chemischen Reinigung erfolgt daher immer von unten nach oben, da so ein Eindringen der Salze in die darunter liegenden bereits wassergesättigten gereinigten Bereich vermieden wird. Bei dünnflüssigen Reinigungsmitteln ist die Fassade in der Regel gut vorzunässen, um die Eindringtiefe zu begrenzen. Ein gleichmäßiger Flächenauftrag, z.B. über Niederdruckpumpen, ist zu gewährleisten. So kann ein guter und gleichmäßiger Kontakt mit der zu reinigenden Oberfläche erzielt werden. Pastöse Stoffe, die in der Regel aufgerollt oder gebürstet werden, benötigen eine längere Einwirkzeit als dünnflüssige Reinigungsmittel und müssen sorgfältig aufgebracht werden, um einen gleichmäßigen und sachgerechten Flächenauftrag zu realisieren. Aufgrund ihrer chemischen Reaktionsfähigkeit ist die Einwirkzeit des jeweiligen Mittels auf die zu behandelnde Fläche in Abhängigkeit des Baustoffes, der Verschmutzungsart, der Verschmutzungsintensität und der Bauteil- und Umgebungstemperatur abzustimmen. Vorversuche sollten durchgeführt werden. Bei sehr langen Einwirkzeiten ist die Fassade vor Austrocknung zu schützen, ggf. durch Folienabdeckung. Das Entfernen des Reinigungsmittels mittels Druckwasser kann durch rotierende Bürsten unterstützt werden. Der pH-Wert des Waschwassers sollte überwacht werden, um zu kontrollieren das Reinigungsmittel wieder möglichst rückstandsfrei von der Fassade entfernt wurde. Der Nachspülvorgang kann beendet werden, wenn der pH-Wert des Waschwassers sich auf eine pH-Wert zwischen 6 und 7 eingependelt hat. Neben flächiger Anwendung werden chemische Reinigungsmittel auch zur Entfernung lokal sehr begrenzter Verfärbungen eingesetzt, (z.B. sogenannte Rostumwandler). In diesen Fällen sollte die Zusammensetzung der Verfärbung bekannt sein und das Reinigungsmittel genau auf diese Stoffgruppen und das Umgebungsmaterial abgestimmt werden und die Wirksamkeit anhand Vorversuche überwacht werden. 8.4 Sonderverfahren Laser- oder Ultraschallreinigungen werden in der Regel lediglich an hochwertigen kleinteiligen Objekten (z.B. kleinteilige Skulpturen) im Labor durchgeführt. Für den speziellen Einzelfall können weitere chemische Sonderreinigungsverfahren gewählt werden. So können z.B. an keramischen Baustoffen mehr oder weniger gezielt die Farbgebung einzelner Schwermetallverbindungen verändert werden. Quellennachweise [1] DIN 31051, Ausgabe 2012-09: Grundlagen der Instandhaltung [2a] DIN EN 13306, Ausgabe 2010-12: Instandhaltung - Begriffe der Instandhaltung [2b] DIN EN 13306, Ausgabe 2015-09 (Entwurf): Instandhaltung - Begriffe der Instandhaltung [3] Schweizerische Zentrale Fenster u. Fassade, SZFF (Hrsg.): SZFF-Richtlinie 62.01 (Ausgabe 2010) Unterhalt und Reinigung von Fassaden in Natur- und Kunststein Selbstverlag, Dietikon 2010 [4] Institut f. Gütesicherung u. Kennzeichnung, RAL (Hrsg.): Reinigung und Schutz, Fassade und Denkmal, Gütesicherung Ausgabe 08.2015 Beuth Verlag GmbH, Berlin, 2015 [5] Wissenschaftlich-technische Arbeitsgemeinschaft für Mauerwerkserhaltung und Denkmalpflege e.V., (WTA) WTA Merkblatt 3-5-98/ D Natursteinrestaurierung nach WTA I: Reinigung Selbstverlag, Baiersbrunn, 09.98 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 451 Sauber aber fleckig - Streitpunkt Fassadenreinigung - Möglichkeit, Grenzen und technische Rahmenbedingungen [6] Wissenschaftlich-technische Arbeitsgemeinschaft für Mauerwerkserhaltung und Denkmalpflege e.V., (WTA) WTA Merkblatt 3-9-95/ D Bewertung von gereinigten Werksteinoberflächen Selbstverlag, Baiersbrunn, 07.97 [7] Huberty, J. M.: Fassaden in der Witterung Betonverlag GmbH, Düsseldorf 1983 [8] Greve U.: Haus- und Hofwesen in deutschen Landen Husum, Drucku. Verlagsgesellschaft mbH, Husum, 2002 [9] DIN 77400 Reinigungsdienstleistungen - Schulgebäude - Anforderung an die Reinigung; Ausgabe 2015-09 [10] Europ. Forschungsgemein. Reinigungsu. Hygienetechnologie (Hrsg.): FRT-Leitfaden für mineralische Bodenbeläge, Stand 10.13 Reinigungsarten- und verfahren Reinigung, Pflege und Werterhalt Selbstverlag, Krefeld, 2013 [11] DBV Merkblatt Sichtbeton, Fassung August 2004 (2. Korrigierter Nachdruck) Deutscher Beton Verein (Hrsg.), Berlin, Selbstverlag 2004 [12] Arbeitskreis der Sachverständigen im bayerischen Maler- und Lackiererhandwerks Richtlinie zur visuellen Beurteilung beschichteter Oberflächen Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart, 2013