eJournals Kolloquium Erhaltung von Bauwerken 7/1

Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
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expert Verlag Tübingen
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2021
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Betoninnenwannen zur nachträglichen Abdichtung von Gebäuden - Systematik der Bauweisen und neue Möglichkeiten mit Textilbheton

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Georg Schäfer
Die Möglichkeiten zur nachträglichen Abdichtung von Gebäuden gegen drückendes Wasser mit Betoninnenwannen sind in den letzten Jahren vielfältiger geworden. Höchste Anforderung in Bezug auf Statik und Dichtigkeit werden dabei von immer dünneren Querschnitten erfüllt. Innovative Abdichtungstechniken mit textilbewehrtem Beton eröffnen neue Möglichkeiten, erfordern aber systembedingt auch völlig neue Ausführungsdetails und -richtlinien. Durch innovative Baustoffentwicklungen sind Innenwannen aus Textilbeton inzwischen sogar bei geringeren Anforderungen aus Bodenfeuchte eine äußerst wettbewerbsfähige Alternative zur klassischen Abdichtung mit Dichtschlämmen geworden. Da viele Vorteile der Betonwanne auch bei dünnschichtigen Systemen erhalten bleiben, ist die „Sonderkonstruktion Betoninnenwanne“ technisch mittlerweile ein echter „Abdichtungsallrounder“ für alle Lastfälle.
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7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 473 Betoninnenwannen zur nachträglichen Abdichtung von Gebäuden - Systematik der Bauweisen und neue Möglichkeiten mit Textilbeton Dipl.-Ing. Georg Schäfer BAWAX GmbH, Celle, Deutschland Zusammenfassung Die Möglichkeiten zur nachträglichen Abdichtung von Gebäuden gegen drückendes Wasser mit Betoninnenwannen sind in den letzten Jahren vielfältiger geworden. Höchste Anforderung in Bezug auf Statik und Dichtigkeit werden dabei von immer dünneren Querschnitten erfüllt. Innovative Abdichtungstechniken mit textilbewehrtem Beton eröffnen neue Möglichkeiten, erfordern aber systembedingt auch völlig neue Ausführungsdetails und -richtlinien. Durch innovative Baustoffentwicklungen sind Innenwannen aus Textilbeton inzwischen sogar bei geringeren Anforderungen aus Bodenfeuchte eine äußerst wettbewerbsfähige Alternative zur klassischen Abdichtung mit Dichtschlämmen geworden. Da viele Vorteile der Betonwanne auch bei dünnschichtigen Systemen erhalten bleiben, ist die „Sonderkonstruktion Betoninnenwanne“ technisch mittlerweile ein echter „Abdichtungsallrounder“ für alle Lastfälle. 1. Bestandserfassung und Planungsgrundlagen Auch für den nachträglichen Einbau von Betoninnenwannen zur Abdichtung gegen drückendes Wasser ist die Ermittlung des Bauwerkszustands die Grundlage für Planung und Ausführung. Hierzu sind alle verfügbaren Informationen über den Untergrund (insbesondere den Bemessungswasserstand), die Bauweise, die Statik, die verwendeten Baustoffe, die Bauteilabmessungen, vorhandene Abdichtungen, sowie ggf. bereits ausgeführte Instandsetzungsarbeiten auszuwerten und in Bezug auf das vorliegende Schadensbild zu bewerten. Auf dieser Basis sind ggf. erforderliche Bauwerksuntersuchungen festzulegen, um alle für die Planung erforderlichen Informationen zu erhalten. Welche das sind, hängt individuell vom Bestandsbauwerk ab. Fünf wesentliche Bereiche sind im Folgenden aufgeführt: 1.1 Der Lastfall Es gibt zwei Arten der Wasserbelastung an Gebäuden, die allgemein als Lastfall bezeichnet werden: „Nicht drückendes“ und „drückendes“ Wasser. Eine Abdichtung, die ein Bauwerk nur vor dem Eindringen von Bodenfeuchte (nicht drückendes Wasser) schützt, kann durch drückendes Wasser (aufstauendes Regenwasser oder Grundwasser) oft überwunden werden. Die Bezeichnung „Lastfall drückendes Wasser“ macht dabei deutlich, dass diese Form der Wasserbelastung auch Auswirkungen auf die Statik hat. 1.2 Der Bemessungswasserstand Wichtigster Bezugswert für jede Bauwerksabdichtung ist der Bemessungswasserstand. Dieser höchste am Gebäude zu erwartende Wasserstand wird von einem sachkundigen Planer auf Basis eines Bodengutachtens ermittelt und gibt an, welcher Lastfall bzw. welche Beanspruchungsklasse gemäß WU-Richtlinie des DAfStb [Lit. 1+2] anzusetzen ist. Liegt er oberhalb der Sohle bedeutet dies, dass drückendes Wasser dauerhaft oder zumindest zeitweise am Bauwerk ansteht und somit erhöhte Anforderungen an Statik und Dichtigkeit der Kellerabdichtung zu stellen sind. (Beanspruchungsklasse 1). Selbstverständlich können Innenwannen aus Beton aber auch bei Beanspruchungsklasse 2 (Bodenfeuchte) eingebaut werden. 1.3 Die unterschiedlichen Kellerbauweisen Der Baustoff Beton ist grundsätzlich in der Lage, über den lastabtragenden Querschnitt eine Abdichtung gegen drückendes Wasser sicherzustellen. Selbst wenn Betonkonstruktionen nicht in einer wasserundurchlässigen Qualität (WU-Qualität) hergestellt wurden, können undichte Anschlussfugen, lokalen Fehlstellen oder auch flächige Durchfeuchtungen nachträglich abgedichtet werden. Bei Kellern aus Mauerwerk ist eine solche Abdichtung im lastabtragenden Querschnitt dagegen nicht möglich. Die Gefügedichtigkeit von Mauersteinen und Mörtelfugen ist hierfür nicht ausreichend. Beim Neubau wird deshalb eine außenliegende Membranabdichtung verwendet. 474 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Betoninnenwannen zur nachträglichen Abdichtung von Gebäuden - Systematik der Bauweisen und neue Möglichkeiten mit Textilbeton (1) Außenabdichtung bei drückendem Wasser Bild: © DIN 4095 Baut man eine Wanne komplett aus Membranabdichtungen gegen drückendes Wasser, so gilt das Wort „außenliegend“ auch für die Abdichtung der Sohlplatte: Sie liegt dann ebenfalls außen, also unter der Betonsohle und somit unerreichbar für eine Nachbesserung oder Erneuerung (s. Abb. 1). 1.4 Voraussetzungen für eine Innenabdichtung Da der bestehende Bauteilquerschnitt durch die Ausführung von Innenabdichtungen dauerhaft in den Zustand der Sättigungsfeuchte gebracht wird, ist die wichtigste Voraussetzung die Beständigkeit des Mauerwerks in ständig nasser Umgebung. Dies trifft zwar für die meisten bei Kellermauerwerk verwendeten Baustoffe wie Ziegel, Zementmörtel oder Kalksandstein zu, insbesondere bei einigen „modernen“ Baustoffen wie z. B. Porenbeton ist jedoch Vorsicht geboten. Nicht nur aus diesem Grund sollte der Mauerwerksuntergrund vor jeder Innenabdichtung genau geprüft werden. 1.5 Die Sohlplatte Die Grundlage jeder nachträglichen Innenabdichtung ist die Sohlplatte. Ist eine Sohlplatte wasserdurchlässig, werden bei der nachträglichen Abdichtung entweder vorhandene Sohlplatten z. B. durch nachträgliche Gefügeverdichtung oder Aufbetonschichten auf WU-Qualität gebracht oder komplett entfernt und neu eingebaut. Bei einer Druckwasserbeanspruchung muss die neue bzw. ergänzte Sohle nicht nur wasserundurchlässig sein, sondern auch dem anstehenden Wasserdruck standhalten. Ein Keller, der 1 m tief im Wasser steht (und abgedichtet ist) verdrängt pro Quadratmeter Grundfläche 1 m³ Wasser, also eine Tonne Last. Ver-gleicht man diesen Wert z. B. mit Lastannahmen für Geschossdecken, wird schnell deutlich, dass die Sohlplatte eines Einfamilienhauses hier deutlich mehr zu leisten hat. Die statische Bemessung der Sohle ist daher ein ganz wesentlicher Baustein der Abdichtungsplanung. Verfügt ein Gebäude bereits über eine wasserundurchlässige und auf den anstehenden Wasserdruck bemessene Sohlplatte, entscheidet die Art des Einbaus über die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der vertikalen Wannenausbildung. Es gibt zwei Arten: • Zwischenbetonierte Sohlplatten • Durchlaufende Sohlplatten Bei durchlaufenden Sohlplatten stehen alle Innen- und Außenwände ohne Fundament direkt auf einer lastabtragenden Sohle. Auch wenn diese Bauweise seit vielen Jahren ausgeführt wird, ist die überwiegende Mehrheit der Bestandsgebäude über Fundamente gegründet, bei denen die Sohlplatten raumweise zwischen den Wänden betoniert sind. Diese Feststellung erscheint zunächst unspektakulär, die Folgen, die sich für eine nachträgliche Abdichtung aus der Einbauart ergeben, sind jedoch erheblich. 2. Planung der Innenwanne Wie in allen Bereichen der Bauwerkssanierung ist auch bei der nachträglichen Abdichtung von Gebäuden durch Betoninnenwannen nach dem Abschluss der Grundlagenermittlung zu entscheiden, ob eine Ausführung der Abdichtung gemäß einer Norm oder Richtlinie oder in Anlehnung daran möglich und sinnvoll ist oder ob Abweichungen oder auch komplette Sonderlösungen die einzige auch wirtschaftlich umsetzbare Instandsetzungslösung bieten. 2.1 Regelwerke zur nachträglichen Innenwanne Für die nachträgliche Abdichtung von Gebäuden durch Betoninnenwannen halten insbesondere die DAfStb- Richtlinie „Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton“ (WU-Richtlinie) (Lit. 1) mit den Erläuterungen im Heft 555 (Lit. 2), sowie das DBV-Merkblatt „Hochwertige Nutzung von Untergeschossen - Bauphysik und Raumklima“ vom Deutschen Beton- und Bautechnik-Verein e.V. (Lit. 3) wichtige Informationen für den Planer bereit. Im Referat 5 (Beton) der WTA wird in der Arbeitsgruppe 5-26 derzeit ein Sachstandsbericht zu diesem Thema erarbeitet, der dann alle relevanten Informationen in übersichtlicher Form enthalten wird. 2.2 Festlegung der Nutzung Im Zuge der Planung sind zudem die späteren Nutzungsanforderungen an den Keller und der zur Verfügung stehende bzw. benötigte Kostenrahmen gemeinsam mit dem Bauherrn festzulegen. Auf Basis dieser Erkenntnisse wird durch den Planer ein Abdichtungs- 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 475 Betoninnenwannen zur nachträglichen Abdichtung von Gebäuden - Systematik der Bauweisen und neue Möglichkeiten mit Textilbeton konzept erstellt. Mit der Erstellung eines Abdichtungskonzepts sind Standsicherheit und Auftriebssicherheit nachzuweisen. 2.3 Schwarz oder weiß, innen oder außen? Die Erneuerung der Außenabdichtung ist zwar auch bei den meisten Fachplanern die erste Wahl, sie läuft jedoch insbesondere bei alten Bauwerken mit Fundamentgründung im tatsächlichen Wortsinn ins Leere. Die Ursache hierfür wird in Abbildung 2 deutlich: Die Außenabdichtung kann nicht an die wasserundurchlässige Sohlplatte angeschlossen werden und endet irgendwo zwischen Fundament und Erdreich. Ein Wassereintritt von unten über den Mauerwerksquerschnitt kann so nicht unterbunden werden (s. Abb. 2). (2) Problembereich bei Druckwasser: Anschluss zwischen nachträglicher Außenabdichtung und Sohlplatte Bild: © WTA Merkblatt 4-6 Nur bei einer durchlaufenden Sohlplatte ist der druckwasserdichte Anschluss einer nachträglichen Außenabdichtung an die Sohle überhaupt möglich. Das Durchführen einer neuen Sohle unter den Bestandswänden ist zwar technisch möglich, allerdings mit so hohen Kosten verbunden, dass es in der Praxis kaum umgesetzt wird. Muss ein druckwasserdichter Anschluss auch zwischen Sohle und Innenwänden hergestellt werden, ist die Innenabdichtung alternativlos. Eine wirtschaftliche, nachträgliche Abdichtung bei drückendem Wasser ist folglich in den meisten Fällen nur von innen möglich. Zentrales Problem der nachträglichen Innenabdichtung sind die Bestandskonstruktion und alle Arten von Einbauten, Leitungen, etc., die der Ausführung einer neuen Abdichtung im Wege stehen. Ob und in welcher Form mit einer Innenwanne abgedichtet werden kann, ist Ergebnis der Fachplanung auf Basis der Bestandserfassung. 3. Neue Bauweisen der Innenabdichtung Die Kombination aus Abdichtung und Lastabtragung als innen liegende Konstruktion lässt wohl jeden Ingenieur instinktiv in Richtung WU-Konstruktion denken. Technisch ist die nachträgliche Betoninnenwanne bei Druckwasser nach wie vor die einzig sichere und dauerhafte Abdichtungslösung, im WTA Merkblatt 4-6 (Lit.5) von 2014 wird allerdings auch erstmals Dichtschlämmen zumindest die theoretische Eignung für derartige Anwendungen zugesprochen. 3.1 Systeme zur nachträglichen Innenabdichtung Die Systeme zur nachträglichen Innenabdichtung können auf Grundlage ihres Funktionsprinzips in zwei Gruppen untergliedert werden: • Verbundsysteme • Schalensysteme Verbundsysteme sind Abdichtungssysteme, die nur über einen flächigen Verbund zum Untergrund (also Haftzugfestigkeit) funktionieren. Dies wären z. B. alle Dichtschlämmen nach WTA Merkblatt 4-6 (Lit.5). Schalensysteme sind dagegen freistehend oder über eine Rückverankerung in der Lage, auch ohne vollflächigen Verbund zum Bestandsbauteil eine Abdichtung sicherzustellen, allein oder mit dem Bestandsbauteil zusammen den anstehenden Wasserdruck aufzunehmen und dabei sogar als Verstärkung der vorhandenen Konstruktion zu wirken. Hinzu kommt eine deutlich höhere Robustheit sowohl beim Einbau als auch während der Nutzung. In der Praxis werden viele Schalensysteme mit Verbund zum Untergrund ausgeführt. Dies ist schon deshalb äußerst sinnvoll, weil hierdurch häufig ein flächiges Ausbreiten des Wassers zwischen Bestandsbauteil und Schale unterbunden werden kann. In diesen Fällen kann dann das Bestandsbauteil statisch „mitwirken“, z. B. als Druckzone bei einer Aufbetonsohle. 3.2 Verbundsysteme Da diese Innenabdichtungssysteme selbst nicht lastabtragend wirken können und ausschließlich über den Haftverbund funktionieren, sind hier deutlich höhereAnforderungen an den Untergrund zu stellen, als bei Betoninnenwannen. Im Kapitel 5 des WTA Merkblatts 4-6 (Ausgabe 11.2014; Lit.5) ist hierfür eine eigene Eignungsprüfung beschrieben: Mit einem Wasserdruck von bis zu 0,75 bar (immerhin 7,5 m Wassersäule, also 7,5 t/ m²) werden dort mineralische Dichtschlämmen auf einer wasserdurchlässigen Betonplatte gegen rückwärtige Durchfeuchtung getestet. 476 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Betoninnenwannen zur nachträglichen Abdichtung von Gebäuden - Systematik der Bauweisen und neue Möglichkeiten mit Textilbeton Selbstverständlich wird die Last aus dem Wasserdruck in diesem Versuch von der Betonplatte aufgenommen, auf der die Dichtschlämme auch optimal haftet, was sicherlich keine praxisnahe Prüfsituation darstellt. Abhängig von der Porosität der im Merkblatt leider nicht eindeutig festgelegten Rezeptur der Prüfplatten wird der tatsächlich auf die Dichtschlämme einwirkende Wasserdruck stark reduziert. Somit liefert selbst ein erfolgreicher Test weder eine definierte Eignung für eine Anwendung, noch ist eine Vergleichbarkeit von Testergebnissen untereinander gegeben. Auf die eigentlich entscheidende Frage, ob und wie lange eine solche Dichtschlämme in der Praxis auf einem alten, verwitterten Mauerwerksziegel hält, gibt diese „Eignungsprüfung“ also keine Antwort. Die Praxistauglichkeit dieses Eignungsnachweises ist aber nicht nur aus diesen Gründen umstritten: Innenliegende Membranabdichtungen sind bei drückendem Wasser wie in Abbildung 3 dargestellt gegen das Ablösen der Abdichtungsschicht unter Aufnahme des Wasserdrucks von innen mechanisch zu sichern (Lit. 4). Folglich ist bei drückendem Wasser immer, sozusagen automatisch eine Betonwanne - entweder nur als Auflast oder auch gleich als Abdichtung - einzubauen. Das reine „Aufkleben“ einer Membran/ Dichtschlämme von innen ohne mechanische Sicherung oder Rückverankerung wird bei einem tatsächlich anstehenden, rückseitigen Wasserdruck ein hohes Versagensrisiko aufweisen und in keinem Fall die Robustheit und Dauerhaftigkeit einer Betoninnenwanne erreichen. (3) Innenabdichtungen bei drückendem Wasser Bild: © Brameshuber, Mott (Lit. 4 Da sich das WTA Merkblatt 4-6 (Lit. 5) zum Thema zusätzliche Lasteinwirkung aus Wasserdruck auf das Bauteil ausschweigt, dies aber bei drückendem Wasser von zentraler Bedeutung ist, fehlt dem Fachplaner bei tatsächlich anstehendem Wasserdruck somit bisher auch die Grundlage für eine Anwendung solcher Systeme in der Praxis. 3.3 Exkurs in die Bauphysik: Der kleine Unterschied zwischen Membran- und Querschnittsabdichtung Ein wesentlicher Unterschied der Systeme zeigt sich auch noch in ihren bauphysikalischen Eigenschaften: Verbundsysteme sind in der Regel Membransysteme und bilden, wie für diese Systeme typisch, eine sehr wasserdampfdichte Sperrschicht aus. Die Grenzschicht zwischen dem alten, porösen Untergrund und der neuen, dichten Membran wird so auch zur Grenzschicht nass trocken, mit allen negativen Konsequenzen für den Haftverbund. Abgesehen davon, dass dieser Haftverbund für Schalensysteme wenig relevant ist, verhalten sie sich in diesem Punkt auch grundsätzlich anders als Membransysteme. Schalensysteme erreichen eine Wasserundurchlässigkeit über ihren dichten Quer-schnitt. Bei einer Wasserbeaufschlagung von außen aus der undichten Bestandswand stellt sich über den Querschnitt der Schale eine Feuchteverteilung entsprechend dem 4-Zonen Prinzip des WU-Betons ein (vgl. Abb. 4). (4) 4-Zonen-Modell für den wasserundurchlässigen Beton Bild: © DAfStb (Lit. 2) Nach diesem Prinzip trocknet die Innenseite auf Ausgleichsfeuchte, während die äußere Seite der Innenschale ständig nass bleibt. Somit entsteht keine Grenzschicht, kein ablösend wirkendes Partialdampfdruckgefälle, sondern ein „fließender“ Übergang in der Feuchteverteilung über den Schalenquerschnitt von 100 % Sättigung außen bis auf Ausgleichsfeuchte innen. 3.4 Schalensysteme: Die Varianten der Betoninnenwanne Betoninnenwannen zur nachträglichen Abdichtung von Gebäuden lassen sich in drei Gruppen untergliedern: • Betoninnenwannen, die der WU-Richtlinie (Lit.1) entsprechen • Betoninnenwannen mit reduziertem Querschnitt • Innenwannen aus Textilbeton 3.5 Betoninnenwannen nach WU-Richtlinie Bei dieser Variante der Innenwanne wird in bzw. unter ein bestehendes Gebäude eine neue Betonkonstruktion eingebaut, die in der Ausführung vollständig den Anforderungen der WU-Richtlinie des DAfStb (Lit.1) entspricht. Hierzu werden ggf. auch große Teile der bestehenden 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 477 Betoninnenwannen zur nachträglichen Abdichtung von Gebäuden - Systematik der Bauweisen und neue Möglichkeiten mit Textilbeton Konstruktion, in Sonderfällen sogar komplette Kellergeschosse zurückgebaut und durch neue WU-Betonbauteile ersetzt. Neben den Besonderheiten, die sich dabei allgemein durch den nachträglichen Ein-bau ergeben, werden dabei aus bautechnischer Sicht die für den Neubau bekannten Richtlinien umgesetzt. Einen sehr guten und ausführlichen Überblick zu diesem Thema bietet der Fachartikel von Prof. Hohmann „Nachträglich erstellte druckwasserdichte Keller aus Beton“ aus der Bausubstanz 1/ 2011 (Lit.6). 3.6 Betoninnenwannen mit reduziertem Querschnitt Betoninnenwannen mit reduziertem Querschnitt weichen zunächst „nur“ in Bezug auf die Mindestbauteildicken von der WU-Richtlinie des DAfStb (Lit.1+2) ab. Hieraus resultiert jedoch eine ganze Reihe von Konsequenzen, die unterschiedlichste Anpassungen der bekannten Bauweise erfordern: Obwohl die in der WU-Richtlinie (Lit. 1) zur Herstellung von wasserundurchlässigen Betonkonstruktionen vorgeschrieben Bauteilmindeststärken auf langjährigen Erfahrungswerten beruhen und sich in der Praxis als zuverlässig erwiesen haben, kann sich bei der nachträglichen Abdichtung von Gebäuden aus Gründen der Nutzung oder Wirtschaftlichkeit die Notwendigkeit ergeben, diese Mindeststärken zu unterschreiten. Gründe für eine solche Reduzierung der Bauteilquerschnitte können größere Deckenhöhen oder geringere Flächenverluste sein. Weitere Vorteile sind deutliche Einsparungen beim Materialaufwand und den Ausführungskosten. (5) 1200 m² nachträglich eingebaute Betoninnenwanne mit reduziertem Querschnitt und Aufbetonsohle im Verbund (Bild: © Schäfer, BAWAX GmbH, 2011) Da die Dichtigkeit eines Bauteilquerschnitts immer das Produkt aus Bauteilstärke und Gefügedichtigkeit ist, besteht technisch durchaus die Möglichkeit, Wasserundurchlässigkeit bei reduzierten Querschnitten herzustellen. Auch eine Einbeziehung von Bestandsbauteilen aus Beton ist möglich, um geringe Bauteildicken, insgesamt aber Wasserundurchlässigkeit und Tragfähigkeit in Bezug auf den Wasserdruck zu erreichen. Als Innenwanne mit reduziertem Querschnitt sind somit auch Sonderkonstruktionen wie zum Beispiel Aufbetonsohlen zu sehen, die in Kombination mit einem Bestandsbauteil statische und/ oder abdichtende Funktionen übernehmen (s. Abb. 5,6,7). Anwendungsformen solcher Innenwannen mit reduziertem Querschnitt sind in der Praxis 10-15 cm starke Betonvorsatzschalen. 3.7 Erhöhung der Gefügedichte Auch wenn die an einem WU-Beton ermittelten Wassereindringtiefen noch weit von reduzierten Bauteilquerschnitten entfernt sind, ist es bei Abweichung von erprobten Verfahren oder Regelwerken wie der WU-Richtlinie (Lit. 1) erforderlich, sich genau mit den Konsequenzen solcher Änderungen auseinanderzusetzen. Bei der Bewertung der Undurchlässigkeit eines reduzierten Querschnitts wird für die Praxis die Unterscheidung in nass oder trocken (Nutzungsklassen WU-RiLi) an der Bauteiloberfläche entscheidend sein. Natürlich ist es möglich, dass eine 10 cm starke Betonschale die gleiche trockene Oberfläche liefert wie ein 25 cm dickes Bauteil gleicher Zusammensetzung. Selbstverständlich wird man beide Lösungen aber nicht als gleichwertig betrachten können. Gibt es noch genug Reserven im Querschnitt, wenn beim Einbau doch nicht alles nach Plan läuft? Hat das dünnere Bauteil eventuell eine dauerhaft erhöhte Diffusionsfeuchteabgabe, die dann bei den Anforderungen an die Nutzung zu berücksichtigen wäre? Um ein erhöhtes Risiko zu vermeiden, sollte die Reduzierung des Querschnitts mit einer planmäßigen Erhöhung der Gefügedichtigkeit einhergehen und dieser entsprechen. Hierfür gibt es zwar noch keine Regelwerke, diese kann jedoch durch betontechnologische Maßnahmen wie z. B. die Verwendung eines Abdichtungsmittels erreicht werden. Ein möglicher Nachweis für eine Gefügeverdichtung ist die Prüfung gemäß DIN EN 12390-8 bzw. gemäß der DIBt-Prüfvorschrift für die Prüfung von Abdichtungsmitteln. Die erhöhte Gefügedichtigkeit wird dabei in einer Vergleichsprüfung über die Reduzierung der Wassereindringtiefe ermittelt. Beim Einsatz von Abdichtungsmitteln ist diese bereits durch die DIBt-Zulassung nachgewiesen. 3.8 Besonderheiten bei Querschnittsreduzierung Im Vergleich zur Innenwanne gemäß WU-Richtlinie resultieren aus der Querschnittsreduzierung zahlreiche Änderungen, die systembedingt auch völlig neue Ausführungsdetails erfordern. Daher sind folgende Punkte besonders zu beachten: • Es ist zu berücksichtigen, dass die Querschnittsreduzierung auch Auswirkungen auf den Erfolg einer geplanten Selbstheilung von Trennrissen haben kann. 478 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Betoninnenwannen zur nachträglichen Abdichtung von Gebäuden - Systematik der Bauweisen und neue Möglichkeiten mit Textilbeton • Durch die Reduzierung des Querschnitts müssen alternative Fugenabdichtungssysteme verwendet werden, die in der Regel von den allgemein bauaufsichtlich geprüften Fugenabdichtungssystemen abweichen (s. Abb. 6). • Für das nachträgliche Abdichten von wasserführenden Fehlstellen, Schwindrissen oder Fugen sind bereits in der Planungsphase Verfahren festzulegen, die auch bei reduzierten Schalenquerschnitten eingesetzt werden können und keine Schäden z. B. durch Injektionsdruck o. ä. verursachen. (6) Alternative Fugenabdichtungssysteme bei reduziertem Bauteilquerschnitt Bild: © Weissenbach, Kassel 3.9 Betoninnenwannen aus Textilbeton Eine Sonderform der Betoninnenwanne mit reduziertem Querschnitt ist die Innenwanne aus Textilbeton. Bei dieser Variante wird Mörtel/ Beton mit textiler Mattenbewehrung und Rückverankerung in mehreren Lagen am tragenden Bauteil als nachträgliche Abdichtung eingebaut (s. Abb. 7). (7) Prinzip einer Textilbetoninnenwanne Bild: © Brameshuber, Mott (Lit. 4) Wesentliche Unterschiede zu Innenwannen aus Ortbeton sind die deutlich reduzierte Schichtdicke von nur ca. 3 cm, sowie der für Schalensysteme untypische Auftrag im Spritzverfahren oder per Hand ohne Schalung direkt auf die Wand. Analog zur Betoninnenwanne mit reduziertem Querschnitt sind bei der Textilbetoninnenwanne noch weitergehende Einsparungen in Bezug auf Materialaufwand und Ausführungskosten, sowie noch geringere Verluste bei Deckenhöhen und Grundflächen möglich. Die Wasserundurchlässigkeit wird auch beim Textilbeton allein durch die Gefügedichte des Querschnitts erreicht. Erste Forschungsergebnisse zum Thema Innenwannen aus Textilbeton veröffentlichten Prof. Wolfgang Brameshuber und Rebecca Mott 2009 im Band 89 der Reihe Bauforschung für die Praxis unter dem Titel „Nachträgliche Abdichtung von Wohngebäuden gegen drückendes Grundwasser unter Verwendung von textilbewehrtem Beton“ (Lit. 4). Damals wurden die Schalen aus sehr feinen Mörteln im Spritzbetonverfahren hergestellt, was eine hohe Gefügedichte, aber auch sehr hohe Festigkeiten lieferte. Über sieben Lagen feinmaschige, alkaliresistente Glasfaserbewehrung und Edelstahldübel mit zwei Quelldichtungen (s. Abb. 8) wurde die Schale an den Bestandsbauteilen rückverankert. (8) Rückverankerungsdübel Bild: © Brameshuber, Mott (Lit. 4) Erste Paxistests zeigten eine grundsätzliche Eignung des Systems, allerdings auch noch einen Weiterentwicklungsbedarf unter folgenden technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten: Das Herstellverfahren mit acht Lagen Sprtizbeton und sieben Lagen Bewehrung war sehr zeitaufwendig. Ebenfalls kostenintensiv war die Herstellung der Edelstahlanker. Hinzu kamen technische Probleme in Form von Undichtigkeiten an Arbeits-/ Anschlussfugen sowie an den Dübeln. 3.10 Textilbetoninnenwannen mit Abdichtungsmittel Parallel zu den Forschungen in Aachen waren durch die Firma BAWAX bereits Mörtel entwickelt worden, die insbesondere durch den Einsatz eines mikrokristall-bildenden Abdichtungsmittels auch bei Handauftrag sehr hohe Gefügedichtigkeiten erreichten. Trotz Festigkeiten von „nur“ 40 N/ mm² zeigten diese Mörtel schon bei Schichtdicken < 3 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 479 Betoninnenwannen zur nachträglichen Abdichtung von Gebäuden - Systematik der Bauweisen und neue Möglichkeiten mit Textilbeton cm Wasserundurchlässigkeit bis mind. 5 bar und eröffneten somit im Vergleich zu herkömmlichen Spritzmörteln neue Möglichkeiten in Bezug auf Applikation und Bewehrungsaufwand. Der Einsatz von grobmaschiger Mattenbewehrung (s. Abb. 5 im Anhang) und Rückverankerungsdübeln aus Basaltfasern sowie der „XYPEX Trockenpackung“, einer in der Betonabdichtung bewährten, alternativen Abdichtungstechnik für den druckwasserdichten Anschluss der Innenwannen an Bestandssohlen oder im Bereich von Arbeitsfugen, waren dann wesentliche Schritte in der Weiterentwicklung zu diesem innovativen und mittlerweile auch in der Praxis erprobten Schalensystem. Damit war erstmals ein weiterentwickeltes System für Textilbetoninnenwannen am Markt verfügbar, das praxisgerecht zu verarbeiten ist, höchste Nutzungsanforderungen erfüllt und dessen Preisniveau mit dem von Innenabdichtungen auf Basis von Dichtschlämmen vergleichbar ist. Am 14.05.20 wurde vom Deutschen Patent und Markenamt ein Patent auf dieses „System zur nachträglichen Abdichtung von Bauwerken (insbesondere Gebäudekellern) gegen drückendes Wasser mit textilbewehrten Betoninnenwannen auf Basis mikrokristallbildender Mörtel“ erteilt. 3.11 Fazit und Ausblick Bei der Planung und der Ausführung von Betoninnenwannen sind im Vergleich zum Neubau / zur WU-Richtlinie viele Besonderheiten zu berücksichtigen. Der hohe Aufwand in der Ausführung, der für Betoninnenwannen nach WU-Richtlinie erforderlich wird, kann bei alternativen Systemen deutlich reduziert werden. Durch die einfache Verarbeitung mit dem maschinellen Materialauftrag direkt auf die Wand und dem Entfall der Schalungsarbeiten sind die Kosten für Innenwannen aus Textilbeton inzwischen mit denen von Abdichtungen mit Dichtschlämmen vergleichbar. Da die nachträgliche Betoninnenwanne jedoch technisch nach wie vor die sicherere und dauerhaftere Abdichtungslösung ist, wird sie mittlerweile nicht mehr nur bei Druckwasser, sondern häufig auch bei Bodenfeuchte als wirtschaftlichste Lösungen eingesetzt. Entscheidend für den Erfolg der Textilbetoninnenwannen in der Praxis war der Einsatz eines mikrokristallbildenden Abdichtungsmittels. Galten bis dahin Gefügedichtigkeit und hohe Festigkeit technologisch untrennbar miteinander verbunden, konnten nun wesentlich weichere Mörtel entwickelt werden, die besser auf den Mauerwerksuntergrund abgestimmt und trotzdem absolut wasserundurchlässig waren. Das erste und bisher einzige System mit dieser Technologie wurde von der BAWAX GmbH entwickelt und ist inzwischen durch ein Patent geschützt. Aktuell wird dieses System in einem Forschungsprojekt mit dem IBAC Institut der RWTH Aachen für die Abdichtung unter gemauerten Eisenbahnbrücken weiterentwickelt. Umfassende Informationen zum Thema “Betoninnenwannen zur nachträglichen Abdichtung von Gebäuden“ soll ein Sachstandsbericht liefern, der zur Zeit von der WTA-Arbeitsgruppe 5-26 erarbeitet wird. Literatur [1] DAfStb. (2003). DAfStb-Richtlinie - Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton (WU-Richtlinie). Berlin: Beuth Verlag. [2] DAfStb. (2006). Erläuterungen zur DAfStb-Richtlinie - Wasser-undurchlässige Bauwerke aus Beton (WU-Richtlinie). Heft 555. Berlin: Beuth Verlag. [3] Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e.V. (2009). DBV-Merkblatt: Hochwertige Nutzung von Untergeschossen - Bauphysik und Raumklima. [4] Wolfgang Brameshuber, Rebecca Mott. (2009). - Nachträgliche Abdichtung von Wohngebäuden gegen drückendes Grundwasser unter Verwendung von textilbewehrtem Beton. - Bauforschung für die Praxis, Band 89. [5] Wissenschaftlich Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmal-pflege (WTA) (2014) Merkblatt 4-6: 2014-01, - Nachträgliches Abdichten erdberührter Bauteile - Berlin: Beuth Verlag. [6] Rainer Hohmann (2011) - Nachträglich erstellte druckwasserdichte Keller aus Beton - Bau-substanz 1/ 2011 Seite 30 - 41 480 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Betoninnenwannen zur nachträglichen Abdichtung von Gebäuden - Systematik der Bauweisen und neue Möglichkeiten mit Textilbeton Anhang: Praxisbeispiel: Einbau einer Textilbetoninnenwanne mit mikrokristallbildendem Abdichtungsmittel (1) Ausbau der Bestandssohle Bild: © Georg Schäfer (2) Wasserstand im Keller nach Ausbau der Sohle und Starkregen Bild: © Georg Schäfer (3) Bewehrung der neuen WU-Betonsohle Bild: © Georg Schäfer (4) Neue WU-Betonsohle und fertig vorbereitete Wandflächen Bild: © Georg Schäfer (5) Einbau der Textilbetonschale Bild: © Georg Schäfer (6) Der fertige Keller mit Bodenbeschichtung und hochwertiger Nutzung Bild: © Georg Schäfer