Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
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expert Verlag Tübingen
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2021
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Überwachung des Korrosionszustandes der Bewehrung an einem Kühlturm im Meerwasserbetrieb mittels polymerer Zulagekathoden
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Christian Helm
Eine fortlaufende Kontrolle der Wirksamkeit von durchgeführten Instandsetzungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Chlorid induzierter Korrosion der Bewehrung ist häufig nur unter Zuhilfenahme von Monitoring Systemen möglich. Die zielführende Integration von Sensoren in Bestandsbauwerke stellt dabei eine zusätzliche technische Schwierigkeit dar. Zu diesem Zweck wurden am Institut für Baustoffforschung (ibac) der RWTH Aachen University spezielle Korrosionssensoren nach dem Prinzip der Zulagekathode entwickelt und im Labormaßstab erprobt. Nachfolgend wird über die erste Anwendung des Messsystems in der Praxis berichtet. Es wird der Korrosionszustand der Bewehrung einer Schalenaußenseite eines Kühlturms im Meerwasserbetrieb im Nachgang einer umfangreichen Instandsetzungsmaßnahme an ausgewählten Stellen überwacht. Der theoretische Hintergrund, der Aufbau sowie die Erfahrungen aus Installation und Inbetriebnahme des Monitoring Systems unter den herausfordernden örtlichen Gegebenheiten werden vorgestellt.
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7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 487 Überwachung des Korrosionszustandes der Bewehrung an einem Kühlturm im Meerwasserbetrieb mittels polymerer Zulagekathoden Christian Helm RWTH Aachen University, Aachen, Deutschland Helena Eisenkrein-Kreksch Kiwa GmbH, Mülheim a.d.R., Deutschland Zusammenfassung Eine fortlaufende Kontrolle der Wirksamkeit von durchgeführten Instandsetzungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Chlorid induzierter Korrosion der Bewehrung ist häufig nur unter Zuhilfenahme von Monitoring Systemen möglich. Die zielführende Integration von Sensoren in Bestandsbauwerke stellt dabei eine zusätzliche technische Schwierigkeit dar. Zu diesem Zweck wurden am Institut für Baustoffforschung (ibac) der RWTH Aachen University spezielle Korrosionssensoren nach dem Prinzip der Zulagekathode entwickelt und im Labormaßstab erprobt. Nachfolgend wird über die erste Anwendung des Messsystems in der Praxis berichtet. Es wird der Korrosionszustand der Bewehrung einer Schalenaußenseite eines Kühlturms im Meerwasserbetrieb im Nachgang einer umfangreichen Instandsetzungsmaßnahme an ausgewählten Stellen überwacht. Der theoretische Hintergrund, der Aufbau sowie die Erfahrungen aus Installation und Inbetriebnahme des Monitoring Systems unter den herausfordernden örtlichen Gegebenheiten werden vorgestellt. 1. Einführung 1.1 Allgemeines Die Überwachung korrosionsrelevanter Kenngrößen bei der Instandsetzung von Stahlbetonbauteilen, welche von Chlorid induzierter Korrosion der Bewehrung betroffen sind, bietet Bauherren und Planern große technische und wirtschaftliche Potentiale. Aktuell verfügbare Sensoren und Messtechnik erlauben jedoch in vielen Fällen aufgrund ihrer hohen Anschaffungs-, Applikations- oder Betriebskosten keine Nutzung dieser Potentiale. Neuartige Sensoren auf Polymerbasis sollen diese Potentiale abrufbar machen und die Anwendung von Korrosionsmonitoring in der Instandsetzung verbreitern. Weitere Probleme, die die Integration von Sensoren in Bestandsbauwerke mit sich bringen, wie der zusätzliche Eintrag von Feuchtigkeit und damit eine Beeinflussung der Messergebnisse, werden so ebenfalls gelöst. Nachfolgend wird die Systematik des neuen Ansatzes beschrieben. 1.2 Stand der Technik Auch wenn die prinzipiellen Mechanismen bei der Makroelementkorrosion von Stahl in Beton seit langem geklärt sind, so sind wichtige Teilaspekte, die die Instandsetzung von derartigen Korrosionsschäden betreffen, noch immer Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Dies gilt für den kritischen korrosionsauslösenden Chloridgehalt [1] im Allgemeinen ebenso, wie im Speziellen für den Chloridgehalt, welcher für eine erfolgreiche Anwendung des Prinzips W-CL nach RL-SIB im Bauwerk verbleiben kann. Dabei wird jedoch eine Überwachung des Instandsetzungserfolges mittels Korrosionsmonitoring vorgeschlagen. Dazu steht eine breite Palette an Sensorsystemen zur Verfügung. Wobei sich für den nachträglichen Einbau im Bestandsbauwerk im Wesentlichen nur zwei Sensortypen bewährt haben: Sensoren zur Überwachung des elektrolytischen Widerstandes des Betons, z.B. die bekannte Multiringelektrode [2] oder so genannte Zulagekathoden zur Messung der Korrosionsaktivität der Bewehrung. Multiringelektroden geben Auskunft über die zeitliche Entwicklung des tiefengestaffelten Elektrolytwiderstandes, z.B. im Nachgang einer Oberflächenbeschichtung. Dieser lässt allerdings nur indirekt Rückschlüsse auf den Korrosionszustand der Bewehrung zu. Zulagekathoden geben eine direkte Information über den Korrosionszustand der Bewehrung, indem z.B. in einem definierten Zeitintervall nach Herstellung eines Kurzschlusses zur Bewehrung der entstehende Korrosionsstrom gemessen wird. Durch Wechselstromwiderstandsmessungen zwischen den einzelnen Kathoden, bzw. zwischen jeweiliger Kathode und der Bewehrung 488 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Überwachung des Korrosionszustandes der Bewehrung an einem Kühlturm im Meerwasserbetrieb mittels polymerer Zulagekathoden kann zusätzlich eine Aussage über die Entwicklung der Bauteilfeuchte getroffen werden. Weiterhin kann das Potential der Bewehrung mit dem der Zulagekathode verglichen werden, welche eine so genannte Pseudoreferenzelektrode darstellt. In der Vergangenheit wurden bei Anwendung des Verfahrens i.d.R. edle Metallelektroden oder Mischoxid beschichtetes Titan (MMO) zunächst in Mörtel eingebettet, um die Kurzschlussgefahr zur Bewehrung zu minimieren und anschließend mittels eines Vergussmörtels in Bohrlöcher eingesetzt, vgl. Bild 1. Bild 1: Oben: Aufbau einer Zulagekathode, unten: Darstellung des Messsystems Zulagekathode Lay beschreibt in [3] eine erfolgreiche Anwendung des Prinzips über eine Dauer von 800 Tagen, wobei ein deutlicher Abfall der Korrosionsströme infolge einer Rissverpressung festzustellen ist. Dennoch verfügt die Methode über deutliche Nachteile, welche insbesondere auf die Art der elektrolytischen Ankopplung zurückzuführen sind. So nimmt die Aushärtung des Vergussmörtels einige Zeit in Anspruch, was insbesondere bei Anwendung in Wand oder Decke technisch nachteilig anzusehen ist. Auch die Notwendigkeit der Nachbehandlung muss in den Bauablauf eingeplant werden, was zu einer erheblichen Verlängerung der Zeit vor Ort über die bloße Installation hinaus führt und damit die Kosten des Monitoring Systems nachteilig beeinflusst. Messtechnisch stellt das durch den Bohrvorgang und den Ankopplungsmörtel ins Bauteil eingebrachte Wasser einen erheblichen Nachteil dar, da die Erstmessung so nicht mit dem Ausgangszustand des Bauteils vor oder bei Instandsetzungsbeginn gleichzusetzen ist, was Rückschlüsse auf die Wirksamkeit generell erschwert. Diese Probleme sollen durch die Anwendung der nachfolgend beschriebenen polymeren Korrosionssensoren gelöst werden. 1.3 Polymere Zulagekathoden Die vorgestellten Sensoren wurden am ibac im Rahmen eines Forschungsprojektes der Förderform „Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand“, ZIM, gemeinsam mit der in Aachen ansässigen Firma haupts IT Solutions GmbH entwickelt. Gegenstand war ein neuartiger Sensor, der analog zum Zulagekathodenprinzip ein deutlich positiveres elektrochemisches Potential aufweist, als die depassivierte Bewehrung, als Pseudoreferenzelektrode fungieren und zur Durchführung von Impedanzmessungen genutzt werden kann. Anders als bei den zuvor gezeigten Ansätzen, soll hier keine mineralische Ankopplung erfolgen. Diese wird über ein Polymer erreicht, welches elektrisch ausreichend leitfähig ist und gute Polarisationseigenschaften aufweist. Die Kontaktierung sowie ein ausreichend positives elektrochemisches Potential werden durch einen Metallkern, welcher ebenfalls der elektrischen Kontaktierung dient, erreicht. Eine Prinzipskizze des Sensors zeigt Bild 2. Ferner sollte der Kern so ausgebildet werden, dass er zur Zentrierung des Sensors im Bohrloch und gleichzeitig als Mischstrecke für die Injektion des 2k Sensorpolymers dienen kann. Bild 2: Prinzipskizze Sensor Die entscheidenden Vorteile des Polymers, welches der Batterieforschung entlehnt ist, gegenüber einer mineralischen Ankopplung sind: 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 489 Überwachung des Korrosionszustandes der Bewehrung an einem Kühlturm im Meerwasserbetrieb mittels polymerer Zulagekathoden • Kein zusätzlich eingetragenes Wasser, dadurch aussagekräftige Messwerte direkt nach der Installation • Einfache Installation im Bohrloch durch Zentrierstück mit Anschlüssen und 2k-Technik • Schneller Arbeitsfortschritt durch zügiges Aushärten • Applikation an Wand- oder Deckenbereichen einfach umsetzbar • Keine Nachbehandlung erforderlich • Keine Beeinflussung der Sensoreigenschaften durch Bauteilfeuchte Letzteres wird erreicht, da das Ankopplungsmaterial durch ein System mit vernachlässigbarer Wasseraufnahme gebildet wird, innerhalb dessen die Ionenleitung über sogenannte Fehlstelleinleitung erfolgt. Die zugehörigen Laboruntersuchungen, sind in [4] ausführlich erläutert. Die Geometrie des Sensors, wie er im Rahmen der hier beschriebenen Praxisanwendung zum Einsatz kam, zeigt Bild 3. Bild 3: Finale Geometrie Sensor Bild 4: Fotografische Abbildung Sensor Eine fotografische Abbildung des Sensors zeigt Bild 4. Zu erkennen ist der Kathodenträger mit innenliegender Mischstrecke, welches von einem Netz aus MMO umschlossen wird. Die Aufdickung am Fuß soll den Sensor im Bohrloch zentrieren und so eine vollständige Umhüllung mit dem Polymer ermöglichen, welches am Fußpunkt austritt. Der Kragen oben sichert über einen Reibschluss die Fixierung im Bohrloch. Das Ansatzstück oben dient zum Anschluss an eine Handelsübliche 2K- Spritze und wird nach vollständiger Füllung des Ringspalts an einer Sollbruchstelle vom eigentlichen Sensor getrennt. Die Dauer bis zum Aushärten des Sensorpolymers kann chemisch eingestellt werden und ist überdies von den äußeren Randbedingungen, insbesondere der Temperatur abhängig. Die Verkabelung und Messung der Sensoren erfolgt dann analog zum bekannten Zulagekathodenprinzip, vgl. [3, 4]. 2. Instandsetzungsobjekt 2.1 Allgemeines Der Kühlturm im Kraftwerk Rostock wurde im Jahre 1992 erbaut. Der Kühlturm besteht aus einer ca. 140 m hohen Schale mit einem unteren Durchmesser von ca. 96 m und einem oberen Durchmesser von ca. 60 m. Der Kühlturm wird unterteilt in Felder, die aus Meridianbahnen - Bereiche zwischen zwei Windrippen - und Ringen - ein Meter hohe Betonierabschnitte, bestehen. Der Kühlturm besitzt 48 Meridianbahnen mit ca. 5 m Breite am unteren Schalenrand und 134 Ringe. Die gesamte Schalenoberfläche weist eine Fläche von ca. 28.960 m² auf. Die Kühlung wird mit Meereswasser betrieben, dass noch zusätzlich aufbereitet und im Laufe des Kühlbetriebes verdickt wird, so dass ein hoher Chloridgehalt im Kühlwasser vorhanden ist. 490 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Überwachung des Korrosionszustandes der Bewehrung an einem Kühlturm im Meerwasserbetrieb mittels polymerer Zulagekathoden Im Jahr 2015 wurde anlässlich erster visuell erkennbarer Rissbildungen im unteren Schalenbereich eine detaillierte Bauwerksuntersuchung der gesamten Schalenaußenseite durchgeführt, welche letztlich in einer aufwendigen Instandsetzung von Teilbereichen mündete. Ziel der Maßnahmen war es, den Kühlturm für mindestens 20 Jahre ohne weitere Eingriffe unter Anwendung von Korrosionsmonitoring betreiben zu können. 2.2 Bauwerksuntersuchungen Im Vorfeld der Instandsetzung wurden umfangreiche bauwerksdiagnostische Untersuchungen durchgeführt. Zu nennen sind hier unter anderem: • Thermografieaufnahmen zur Detektion von Hohllagen • Visuelle und beschichtungstechnische Untersuchungen • Betontechnologische Untersuchungen • Potentialfeldmessung • Chloridentnahme und -analyse Details zu den durchgeführten Untersuchungen und Ergebnissen gibt [5] wieder. 2.3 Instandsetzungskonzept Im Nachgang der Bauwerksuntersuchungen wurden Musterflächen angelegt, um die Anwendbarkeit und Wirtschaftlichkeit unterschiedlicher Instandsetzungsmethoden unter den gegebenen Randbedingungen beurteilen zu können. Die Erkenntnisse flossen in die Erstellung des finalen Instandsetzungskonzeptes ein, um die wirtschaftlichste und zeitoptimierte Maßnahme durchführen zu können. Die Vorgabe für den Ausführungszeitraum betrug 18 Monate, so dass auf der knapp 30.000 m² großen Oberfläche viele Arbeiten parallel verlaufen mussten und die gesamte Schale in mehrere Bearbeitung-/ Beanspruchungszonen aufgeteilt wurde. 2.4 Instandsetzungszonen Auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse und aus Übereinstimmung der Chloridbeprobung, Potentialfeldmessung und vorliegenden festgestellten Hohllagen, ist die Schale in 4 Zonen aufgeteilt worden, die unterschiedlichen Maßnahmen unterzogen werden sollen. In der Schalenabwicklung des Bildes 5 sind die einzelnen Zonen dargestellt. Zone 1 In den Zonen 1 und 2 fand eine konventionelle Instandsetzung nach Prinzip 7.2 der IH-RL [6] statt, da mehr als 50% der Oberfläche Hohllagen aufwiesen. Das Prinzip beinhaltete einen Totalabtrag des kontaminierten Betons bis in die Tiefe des korrosionsauslösenden Chloridgehaltes. Die gesamte Zone 1 wurde mit einem Spritzbeton verschlossen und mit einem nachbehandlungsunempfindlichen Mörtel nachbehandelt. Bild 5: Darstellung der instandsetzungsbezogenen Zonen 1 bis 4, Zone 4 beinhaltet die gesamte Schale 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 491 Überwachung des Korrosionszustandes der Bewehrung an einem Kühlturm im Meerwasserbetrieb mittels polymerer Zulagekathoden Die gesamte Maßnahme erfolgte an nur zwei Meridianbahnen gleichzeitig, um die statische Standsicherheit zu gewährleisten. Zone 2 Zone 2 beinhaltete weniger als 20 % an Hohllagen, so dass die konventionelle Instandsetzungsmethode nach Prinzip 7.2 zu zeitintensiv gewesen wäre. Die gesamte Zone 2 wurde mit der Hammer-Tast-Methode nach vorhandenen Hohllagen untersucht, welche dann farbig gekennzeichnet wurden. Diese Methode hat sich bei vielen Kühlturminstandsetzungen bewehrt, um den geschädigten Beton zu detektieren. Unterstützend wurde die Fläche thermografisch visualisiert, um etwaige nicht erkannte Hohllagen zu detektieren. Diese Hohllagen im Beton werden analog zu Zone 1 freigelegt und instandgesetzt. Zone 3 Die Zone 3 wies keine großflächigen strukturellen Beton- oder Bewehrungsschädigungen auf. Jedoch lagen bereichsweise hohe Chloridwerte mit an die 1,0 M.-% vor. Die Schutzbeschichtung war vollflächig vollständig abgewittert, so dass kein Schutz der Betonoberfläche gegenüber Umgebungsbeanspruchungen vorliegt. In dieser Zone wurde die Altbeschichtung entfernt. Die dabei sehr selten auftretenden Hohllagen wurden konventionell instandgesetzt. Zone 4 Nach allen durchgeführten Maßnahmen wurde die Schalenoberfläche gesäubert und mit zwei Lagen einer Oberflächenschutzbeschichtung versehen. Diese Beschichtung auf Dispersions-Acrylat-Basis besitzt erstens hohe Diffusionsdurchlässigkeit für Wasserdampf, um die von Innen beschichtete Schale nach Außen trocknen zu lassen. Zweitens hat sie ein CO 2 -Diffusionswiderstand von größer als 50 m, um den Prozess der Carbonatisierung zu stoppen. Drittens weist die Beschichtung eine Rissüberbrückungsklasse von mindestens B3.1 auf, um die Oberfläche bei eventuell im Zusammenhang mit AKR-Treiben aufkommender Rissbildung vor Wassereintritt zu schützen. 3. Monitoringsystem 3.1 Allgemeines Gewählt wurde ein System nach dem zuvor beschriebenen Zulagekathodenprinzip. Es wurden insgesamt 5 Messfelder angeordnet, welche den Instandsetzungserfolg repräsentativ für die unter 2.4 definierten Zonen überwachen sollen. Die Lage der Messfelder zeigt Bild 6. Bild 6: Lage der Messtellen 492 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Überwachung des Korrosionszustandes der Bewehrung an einem Kühlturm im Meerwasserbetrieb mittels polymerer Zulagekathoden Je Messfeld wurden 8 Sensoren über eine Fläche von ca. einem Quadratmeter verteilt. Die Verteilung erfolgte zufällig. Einzig die Lage der Bewehrung wurde zuvor zerstörungsfrei bestimmt, um beim Setzen der Bohrungen Bewehrungstreffer zu vermeiden. Es wurden jeweils 5 Sensoren vom neuen Polymersensor, vgl. Bilder 3 und 4 verbaut. Zusätzlich wurden jeweils 3 „klassische“ Zulagekathoden, vgl. Bild 1, in Bohrlöcher eingemörtelt. Dies sollte zum einen eine vergleichende Betrachtung der beiden Sensortypen ermöglichen, aber auch die Dauerhaftigkeit des Monitoring Systems gewährleisten, da mit der etablierten Form der Zulagekathode bereits Langzeiterfahrungen bestehen, während die Polymer Sensoren bislang nur im Labormaßstab erprobt wurden. 3.2 Installation Die Installation der Sensoren erfolgte von Fahrbühnen aus. Bild 7 zeigt beispielhaft die Injektion eines Polymersensors. Alle Kabelverbindungen wurden sensorseitig vorkonfektioniert und in Verteilerboxen geführt, gekürzt und auf ein mehradriges Kabel aufgelegt. Dieses wurde dann jeweils entlang einer Windrippe bis zum oberen Umgang des Turms geführt. Da eine spätere Revisionsmöglichkeit der Technik an der Schalenaußenseite nicht gegeben ist, sollten alle aktiven Bauteile an einer leicht erreichbaren Stelle auf dem oberen Umgang, welcher mittels einer Treppe jederzeit zu erreichen ist, angebracht werden. Bild 7: Injektion Polymersensor Bild 8: Messfeld M20/ R110 nach erfolgter Sensorapplikation Einen beispielhaften Eindruck eines fertigen Messfeldes gibt Bild 8. Die Injektionslöcher der Polymersensoren wurden vor der Injektion im Kopfbereich mittels Bohrer aufgeweitet und nach der Applikation mit einer UV-beständigen Dichtmasse auf PU-Basis verschlossen. Dies soll das Eindringen von Feuchtigkeit durch die entstandene Schadstelle der Beschichtung verhindern und gleichzeitig den Korrosionsschutz der Kabelverbindung vom Sensor auf das Kupferkabel sicherstellen. Das Klebeband, Bild 8, sollte ein zu schnelles Austrockenen der eingemörtelten Zulagekathoden verhindern, da für eine ordnungsgemäße Nachbehandlung nicht lange genug an der jeweiligen Messstelle verweilt werden konnte. 3.3 Inbetriebnahme Die zuvor beschriebenen Arbeiten wurden kurz vor Abschluss der Instandsetzungsarbeiten, wenige Tage vor der Demontage der Fahrbühnen durchgeführt. Daher war es zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich, die Verkabelung auf dem oberen Umgang fertigzustellen und eine Erstmessung durchzuführen, da dieser durch die Oberwagen, bzw. das Schienensystem der Fahrbühnen blockiert war. Aus diesem Grund konnte die Fertigstellung und Inbetriebnahme erst in der nächsten Wartungsunterbrechung, ca. 8 Monate später erfolgen. Dazu wurden auf dem oberen Umgang Messkästen installiert und die Kabel auf vorkonfektionierte Steckverbinder aufgelegt. Ebenfalls wurden die für die Messung notwendigen Bewehrungsanschlüsse, vgl. Bild 1, erstellt. Die Durchführung der Erstmessung, noch vor Verschließen des Bewehrungsanschluss, zeigt Bild 9 exemplarisch. Bild 9: Messkasten bei Erstmessung 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 493 Überwachung des Korrosionszustandes der Bewehrung an einem Kühlturm im Meerwasserbetrieb mittels polymerer Zulagekathoden Bei der Erstmessung zeigte sich, dass trotz der herausfordernden Randbedingungen durch Wind, Höhe und die teilweise größeren Abstände der Schale auf den Fahrbühnen nur eine einzige Messstelle funktionslos war. Ob dies auf einen Fehler bei der Verkabelung zurückzuführen war, oder der Bruch eines Kabels oder Anschlusses vorliegt kann nicht aufgeklärt werden. Die übrigen 39 Sensoren lieferten Messwerte im erwartbaren Bereich. Da das Messsystem primär die relative Entwicklung der Messwerte verfolgen soll, ist an dieser Stelle noch keine abschließende Bewertung des Instandsetzungserfolges oder der Leistungsfähigkeit des Monitoring Systems selbst möglich. Die grundsätzliche Funktionalität unter erschwerten Baustellenbedingungen konnte jedoch gezeigt werden, wodurch nun die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Langzeitbetrieb des Systems gegeben sind. 4. Zusammenfassung und Ausblick Ein am ibac entwickeltes neuartiges Monitoring System auf Basis von polymeren Zulagekathoden wurde erstmals im Rahmen eines Praxisobjekts eingesetzt. Das System wurde unter den erschwerten Randbedingungen an der Schalenaußenseite eines Kühlturms im Meerwasserbetrieb erfolgreich installiert und in Betrieb genommen. Die Installation zeigte folgende Vorteile der Polymeren Sensoren auf: • Schnelle und einfache Applikation durch 2k-Injektionstechnik ohne Notwendigkeit einer Nachbehandlung erlaubt höheren Arbeitsfortschritt • Schwere Ausrüstung wie Kernbohrgerät, Einbettmörtel, Anmachwasser, etc. muss nicht mitgeführt werden. Auch wenn zu diesem frühen Zeitpunkt noch keine direkten Schlüsse zur Bewertung des Erfolges der Instandsetzungsmaßnahme gezogen werden können, so wird die vorgestellte Anlage dennoch in den kommenden Jahren wichtige Daten über die Entwicklung des Korrosionszustandes der Bewehrung im Zusammenhang mit den gewählten Instandsetzungskonzepten liefern und eine Bewertung des Monitoringkonzeptes im Ganzen ermöglichen. Von Interesse hierbei sind insbesondere: • Die Vergleichbarkeit der Messdaten der „klassischen“ und polymeren Zulagekathoden • Dauerhaftigkeit des Sensorpolymers unter Baustellenbedingungen In Zukunft ist beabsichtigt, polymere Zulagekathoden im Rahmen weiterer Instandsetzungsmaßnahmen einzusetzten. Im Fokus sind dabei insbesondere Parkhäuser und Straßentunnel. Aktuell wird am ibac im Rahmen eines Folgeprojektes daran geforscht, die bekannte Multiringelektrode ebenfalls auf Basis injizierbarer Kunststoffe umzusetzen. Literatur [1] Kosalla, M. ; Raupach, M.: Aktueller Stand zum kritischen korrosionsauslösenden Chloridgehalt - Stellungnahme des DAfStb. Ostfildern : Technische Akademie Esslingen, 2016. - In: Parkbauten. 7. Kolloquium, Esslingen, 26. und 27. Januar 2016, (Gieler-Breßmer, S. (Ed.)), S. 205-208 ISBN 978- 3-943563-22-1 [2] Raupach, M. ; Gulikers, J. ; Reichling, K.: Condition Survey with Embedded Sensors Regarding Reinforcement Corrosion: Bauwerksüberwachung mit eingebetteten Sensoren hinsichtlich der Korrosion von Stahl in Beton. In: Materials and Corrosion 64 (2013), Nr. 2, S. 141-146 ISSN 1521-4176 [3] Lay, S.: Praxisbericht zum Korrosionsmonitoring in Rissen mit Behandlung nach dem Prinzip W-Cl. Esslingen : Technische Akademie Esslingen, 2012. - In: 5. Kolloquium Verkehrsbau Schwerpunkt Parkhäuser, Ostfildern, 24.-25.01.2012 [4] Helm, C.; Raupach, M. ; Haupts, A.: Neuartige Sensoren auf Polymerbasis zur Überwachung des Korrosionsverhaltens der Bewehrung. Ostfildern: Technische Akademie Esslingen, 2017. - In: 5. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken, Esslingen, 24. und 25. Januar 2017, (Raupach, M. (Ed.)), S. 265- 270 ISBN 978-3-943563-28-3 [5] Eisenkrein-Kreksch, H.; Bavendiek, F.; Mager, T.: Schädigung an der Schalenaußenseite eines Naturzugkühlturms infolge Chloridkontamination und AKR, Untersuchungen und Instandsetzungsplanung. Ostfildern: Technische Akademie Esslingen, 2017. - In: 5. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken, Esslingen, 24. und 25. Januar 2017, (Raupach, M. (Ed.)), S. 495-500 [6] DAfStb-Richtlinie, Instandhaltung von Betonbauteilen (Instandhaltungs-Richtlinie, IH-RL), Gelbdruckentwurf (Stand: 2016-06-14), Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Beuth Verlag, Berlin