Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
kevb
expert Verlag Tübingen
71
2021
71
Kunstharzbeschichtungen auf feuchten Untergründen - Herausforderungen und Lösungen in der Praxis
71
2021
Eva-Maria Ladner
Patricia Gimeno
Stefan Kühner
Im Zuge von Betoninstandsetzungen ist das Applizieren von Kunstharzbeschichtungen auf mineralischen Untergründen regelmäßig ein Problemfall, da häufig die Feuchtigkeit des Untergrunds zu Verzögerungen im Bauablauf führt. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob dies auf aufsteigende Feuchtigkeit aus dem Untergrund zurückzuführen ist oder es sich um die Tatsache handelt, dass ein frisch appliziertes und noch nicht aushydratisiertes Betonersatzsystem überbeschichtet werden
soll. Verzögerungen im Bauablauf bis zum Erreichen einer Oberflächenfeuchte <4 M.-% können schnell teuer werden. Wird die Oberflächenfeuchte missachtet, so führt dies zunächst zu kleinen Blasen, die wasserführend sind, welche später in großflächigen Ablösungen der Kunstharzbeschichtungen münden.
Neben der Möglichkeit, den Untergrund vor, während und für die Dauer der Aushärtung der Kunstharzbeschichtung aufwendig trocken zu legen, kann die Verwendung eines ECCs bzw. epoxidharzvergüteten Mörtels als temporäre Feuchtigkeitssperre eine schnellere und kostengünstigere Lösung sein. Der 3-komponentige Mörtel ist bereits seit vielen Jahren in der Praxis wiederzufinden, aber wie funktioniert dieser eigentlich? Warum kann mit einem epoxidharzvergüteten Mörtel die Osmose verhindert werden und ist dies eine dauerhafte Lösung? Gibt es Anwendungsgrenzen und wo liegen diese?
kevb710497
7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 497 Kunstharzbeschichtungen auf feuchten Untergründen - Herausforderungen und Lösungen in der Praxis Osmotische Blasenbildung - ein Schreckensgespenst, das in der Betoninstandsetzung immer wieder auftaucht und verhindert werden kann Eva-Maria Ladner Sika Deutschland GmbH, Stuttgart, Deutschland Patricia Gimeno Sika Deutschland GmbH, Stuttgart, Deutschland Dr. Stefan Kühner Sika Deutschland GmbH, Stuttgart, Deutschland Zusammenfassung Im Zuge von Betoninstandsetzungen ist das Applizieren von Kunstharzbeschichtungen auf mineralischen Untergründen regelmäßig ein Problemfall, da häufig die Feuchtigkeit des Untergrunds zu Verzögerungen im Bauablauf führt. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob dies auf aufsteigende Feuchtigkeit aus dem Untergrund zurückzuführen ist oder es sich um die Tatsache handelt, dass ein frisch appliziertes und noch nicht aushydratisiertes Betonersatzsystem überbeschichtet werden soll. Verzögerungen im Bauablauf bis zum Erreichen einer Oberflächenfeuchte <4 M.-% können schnell teuer werden. Wird die Oberflächenfeuchte missachtet, so führt dies zunächst zu kleinen Blasen, die wasserführend sind, welche später in großflächigen Ablösungen der Kunstharzbeschichtungen münden. Neben der Möglichkeit, den Untergrund vor, während und für die Dauer der Aushärtung der Kunstharzbeschichtung aufwendig trocken zu legen, kann die Verwendung eines ECCs bzw. epoxidharzvergüteten Mörtels als temporäre Feuchtigkeitssperre eine schnellere und kostengünstigere Lösung sein. Der 3-komponentige Mörtel ist bereits seit vielen Jahren in der Praxis wiederzufinden, aber wie funktioniert dieser eigentlich? Warum kann mit einem epoxidharzvergüteten Mörtel die Osmose verhindert werden und ist dies eine dauerhafte Lösung? Gibt es Anwendungsgrenzen und wo liegen diese? 1. Anlass EpoCem-Technologie Mehrlagige Beschichtungen müssen für einen optimalen Haftverbund auf einem trockenen, nicht verunreinigten mineralischen Untergrund appliziert werden, sodass eine geschlossene, porenfreie polymere Beschichtung realisiert werden kann. Bei jungem Beton oder Estrich im Neubau, aber auch in Bestandsbauwerken kann aufsteigende Feuchtigkeit von unten bei einer anschließenden vollflächigen polymeren Beschichtung zur osmotischen Blasenbildung führen. Als weitere Folge wird ein Ablösen der Beschichtung nicht ausbleiben (Abb. 1). Drei Faktoren begünstigen die Entstehung von Osmose: • Wasser: Bei einer fehlenden Abdichtung kann das Eindringen von Wasser von der erdberührten Seite in das Bauwerk nahezu nicht verhindert werden und ist dann mit hohen Kosten verbunden. • Gelöste Salze: Osmose ist weiterhin nur möglich, wenn Salze oder andere Stoffe in gelöster Form im Beton vorhanden sind. Geringe Chloridgehalte lassen sich bautechnisch nicht verhindern, sodass die Reduktion der Salzgehalte zur Verhinderung von Osmose keine Option darstellt. 498 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Kunstharzbeschichtungen auf feuchten Untergründen - Herausforderungen und Lösungen in der Praxis • Semipermeable Schichten (Reaktionsharzbeschichtungen): Diffusion von Flüssigkeiten durch eine semi-permeable Trennwand. Verhindert werden kann dies nur, wenn die Feuchtigkeit bei <4 %, gemessen mit dem CM-Verfahren, liegt. Dieser Wert hat sich in der Praxis bewährt - Osmose tritt hier üblicherweise nicht auf. Eine Alternative dazu stellt die EpoCem-Technologie als Zwischenschicht und Feinspachtelung dar, bei der in Abhängigkeit von Lufttemperatur und relativer Feuchtigkeit auch bei höheren Feuchtigkeiten des Untergrundes hochwertige Beschichtungen möglich sind. Diese Technologie hat sich nunmehr seit 30 Jahren bewährt und wird nachfolgend weiter erläutert Abb. 1: Osmotische Blasenbildung 2. Wirkungsweise Die EpoCem-Technologie basiert auf einem wässrigen 2K-Epoxy das mit einem zementären Pulver gemischt wird. Auf diese Weise ist es möglich, die chemischen Eigenschaften des Epoxidharzes mit den physikalischen Eigenschaften des Zementgemisches zu kombinieren. Die Polyaddition des Epoxidharzes erfolgt dabei mit einem Beschleuniger, während die Hydratation des Zementes mit dem Wasseranteil des Epoxidharzes stattfindet. Die Wechselwirkung der beiden unterschiedlichen Bindemittelsysteme führt zu einem Einwachsen der Zementkristalle in das zuvor gebildete Epoxidharzgerüst. Dies ermöglicht die Bildung einer temporären Feuchtigkeitssperre, die beim Überbeschichten mit polymeren Beschichtungen für die Aushärtezeit dieser genutzt wird, da die Dichtigkeit des Mörtels durch das Epoxidharz erhöht wird. Die Symbiose aus Epoxidharz und Zement bietet weitere Vorteile: • Alkalienschutz • Erhöhung der Dichtigkeit • Ganzheitliches Aushärten • Chemisch und physikalisch Widerstandsfähigkeit Zusammengefasst kann die Wirkungsweise von EpoCem folgendermaßen beschrieben werden: • Entwicklung einer temporären Feuchtigkeitssperre mit - einer parallel ablaufenden Zement- und Epoxidharzreaktion - Bildung eines vernetzten Epoxid-Molekularsiebes (Wabenstruktur) in das die Zementkristalle hineinwachsen und damit zu höheren Festigkeiten führen (Abb. 2) - Reduzierung der ursprünglichen Untergrundfeuchte auf <4 % gemessen mit dem CM-Verfahren innerhalb von 24 Stunden bei 23 °C • Diffusion des voremulgierten Materials an die Oberfläche des Betons oder Estrich - ohne den Transport von Salzen oder anderen löslichen Stoffen aus dem Beton in das EpoCem • Gleichzeige Aufkonzentration des reinen Harzes auf der Beschichtungsoberfläche - Verhinderung übermäßigen Austrocknens, was zu einer hohen Festigkeit Reduktion des Schwindens führt - Nahezu keine Carbonatisierung durch die Luft - Verbesserung der Haftung für nachfolgende Beschichtungen (chemisch und physikalisch) Die Dauer der Wirkungsweise ist abhängig vom jeweiligen EpoCem-System und den Umgebungsbedingungen. Die Beschichtung sollte innerhalb von sieben Tagen appliziert werden, um die Vorteile der EpoCem-Technologie ausnutzen zu können. Ein späteres Überbeschichten (ggf. nach vorherigem Anstrahlen der EpoCem-Oberfläche) ist zwar möglich, bietet dann aber den Vorteil der temporären Feuchtigkeitssperre nicht mehr. Abb. 2: Graphische Darstellung der Wabenstruktur des Epoxidharzes mit hineinwachsenden Zementkristallen 3. Ablauf der Applikation von EpoCem Für die Applikation von EpoCem ist eine herkömmliche Untergrundvorbereitung notwendig. Alle losen Teile müssen entfernt werden und die Oberfläche muss öl- und fettfrei sein. Weiterhin muss die Oberfläche über eine Haftzugfestigkeit von >1,5 N/ mm² verfügen. 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 499 Kunstharzbeschichtungen auf feuchten Untergründen - Herausforderungen und Lösungen in der Praxis Die EpoCem-Technologie besteht aus drei Bestandteilen, eine zusätzliche Zugabe von Wasser ist nicht erforderlich: • A: Epoxidharzemulsion • B: Härteremulsion • C: Zement- und zuschlaghaltige Pulverkomponente Im ersten Arbeitsschritt wird die mineralische Oberfläche mit dem wässrigen Epoxidharz aus den Komponente A und B vorgrundiert, sodass die Feuchtigkeit aus dem Untergrund darin einemulgiert werden kann. Als zweiter Arbeitsschritt wird anschließend auf die frische Grundierung das 3-komponentige EpoCem-System (ABC) appliziert. Durch das Absetzen des Zuschlags entsteht an der Oberfläche erneut ein höherer Reinharzanteil. Während der parallel ablaufenden Aushärtereaktionen entsteht bei der Abbindung des Zementes eine höhere Temperatur, die die Reaktion des Epoxidharzes beschleunigt. Die Schichtdicke des 3-komponentigen Systems ist abhängig vom jeweiligen Produkt und Anwendungsfall. Da es sich um eine temporäre Feuchtigkeitssperre handelt, erreicht man eine Oberflächenfeuchte unter 4 % (CM-Verfahren) bei einer 2 mm starken EpoCem-Beschichtung bei 23 °C und 75 % r.F. innerhalb von ca. 24 Stunden. Ein Vergleich zwischen einem herkömmlichen grünen Beton und der Applikation von EpoCem auf diesem hinsichtlich der Oberflächenfeuchte ist in Abb. 3 dargestellt. Abb. 3: Reduktion der Oberflächenfeuchte in Abhängigkeit vom Alter, dargestellt im Vergleich zwischen konventionellen Beton und unter Anwendung der EpoCem- Technologie 4. Vorteile gegenüber PCC Gegenüber PCC bietet die EpoCem-Technologie folgende Vorteile: • Chemische und physikalische Haftung nachfolgender Beschichtungen, bei PCCs ist nur eine physikalische Haftung möglich • Gefahr des Schwindens ist bei PCC-Produkten deutlich höher, da durch den höheren Reinharzanteil an der Oberfläche des EpoCems ein übermäßiges Austrocknen reduziert wird • PCCs sind weniger widerstandsfähig gegenüber Chemikalien • PCCs verfügen über Poren, die einen Salztransport zur Oberfläche ermöglichen Ein weiterer Vorteil ergibt sich in dem voreingestellten Mischverhältnis, sodass eine zusätzliche Wasserzugabe auf der Baustelle nicht mehr erforderlich ist. 5. Notwendigkeit Beispiele für Notwendigkeit der EpoCem-Technologie: • Zerstörte oder fehlende Abdichtungsmembran • Keine ausreichende Wartezeit für die Aushärtung von frischen Beton oder Estrich (Abb. 4) • Beschichtung mit wasserdampfdiffusionsdichten Beschichtungen bei rückseitiger Feuchteeinwirkung 6. Praxisbeispiele In der Regel findet die EpoCem-Technologie Anwendung, wenn eine rückwärtige Feuchteeinwirkung vorliegt oder ein zeitlicher Druck, sodass die Beschichtungsarbeiten schnell durchgeführt werden müssen. Nachfolgend sind Anwendungsfälle und die geeigneten Produkten aufgezeigt, die sich in ihrer Schichtstärke unterscheiden. Bei Industrieböden und Parkhäusern werden am Boden üblicherweise Fließmörtel verwendet, die eine Schichtstärke von bis zu 7 mm aufweisen. Unter Zugabe von Quarzsand können diese zusätzlich auch als Reparatur- und Reprofiliermörtel eingesetzt werden. Eine weitere Besonderheit bei diesen Fließmörteln ist die Prüfung des Verbundverhaltens über 34 Monate (1.000 Tage) bei rückseitiger Feuchteeinwirkung. Vorwiegend in der Kläranlagensanierung findet die Epo- Cem-Technologie als Feinmörtel Anwendung. Dieser zeichnet sich dahingehend aus, dass er auch sulfatbeständig ist und auf vertikalen wie horizontalen Flächen bei Wasserdrücken bis zu 5 bar eingesetzt wird. Hier wird die EpoCem-Technologie sowohl als Endbeschichtung aufgrund der Expositionsklasse XA3 verwendet als auch als Feinspachtel unter einer XBSK-beständigen Epoxidharzbeschichtung. 500 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Kunstharzbeschichtungen auf feuchten Untergründen - Herausforderungen und Lösungen in der Praxis Abb. 4: Bauzeitenverkürzung durch Anwendung der EpoCem-Technologie 7. Zusammenfassung Osmose ist primär verantwortlich für die Blasenbildung bei der Beschichtung von Betonuntergründen. Osmotische Blasenbildung kann bei rückwärtiger Feuchteeinwirkung auf die Reaktionsharzbeschichtung durch vorherige Applikation eines Mörtels basierend auf der EpoCem-Technologie verhindert werden. Die Einsatzmöglichkeiten dieser Technologie sind daher vielfältig. So ermöglicht die EpoCem-Technologie eine Bauzeitenverkürzung von mind. 2 Wochen gegenüber Bauzeiten einer konventionellen Ausführung. Bei einer rückwärtigen Feuchteeinwirkung gibt es neben der EpoCem-Technologie keine vergleichbare Lösung, die in der Praxis so erfolgreich eingesetzt wurde. Diese Technologie hat sich seit über 30 Jahren auf vielen Millionen Quadratmetern ohne osmotische Blasen als Fließmörtel und Feinspachtel bewährt.
