Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
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expert Verlag Tübingen
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Reparaturmörtel für gipshaltiges Mauerwerk
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Petra Egloffstein
Die Reparatur von gipshaltigem Mauerwerk stellt vor allem in Mittel- und Norddeutschland ein großes Problem dar. In der Vergangenheit wurden diese Bauwerke in Unkenntnis der Materialien Gips bzw. Kalk/Gips mit hydraulischen Bindemitteln ertüchtigt, die nach einiger Zeit zu schädlichen Treibmineralneubildungen von Ettringit und Thaumasit geführt haben. Da es sich oft um statische Probleme handelte, wurden Injektionen ausgeführt, welche im Mauerwerksinneren zu Treibmineralen führten, die zu einem Mauerwerksaustausch zwangen oder einen vollständigen Verlust der historischen Substanz bedeuteten. Um dies zu verhindern, wurde 2018 ein WTA Merkblatt [1] herausgegeben, das über die Verbreitung und Erkennung gipshaltigen Mauerwerks informiert,
insbesondere über statisch-konstruktive Eigenschaften sowie über die chemisch-mineralogischen Prozesse bei der Bildung von Treibmineralen.
Anhand von Praxisbeispielen sollen verschiedene Instandsetzungen mit unterschiedlichen Materialien oder Materialkombinationen gezeigt werden,
welche sich beim Einsatz von gipshaltigem Mauerwerk bewährt haben.
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7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 559 Reparaturmörtel für gipshaltiges Mauerwerk Dr. Petra Egloffstein Sievert Baustoffe GmbH & Co. KG, Marke tubag, Kruft Zusammenfassung Die Reparatur von gipshaltigem Mauerwerk stellt vor allem in Mittel- und Norddeutschland ein großes Problem dar. In der Vergangenheit wurden diese Bauwerke in Unkenntnis der Materialien Gips bzw. Kalk/ Gips mit hydraulischen Bindemitteln ertüchtigt, die nach einiger Zeit zu schädlichen Treibmineralneubildungen von Ettringit und Thaumasit geführt haben. Da es sich oft um statische Probleme handelte, wurden Injektionen ausgeführt, welche im Mauerwerksinneren zu Treibmineralen führten, die zu einem Mauerwerksaustausch zwangen oder einen vollständigen Verlust der historischen Substanz bedeuteten. Um dies zu verhindern, wurde 2018 ein WTA Merkblatt [1] herausgegeben, das über die Verbreitung und Erkennung gipshaltigen Mauerwerks informiert, insbesondere über statisch-konstruktive Eigenschaften sowie über die chemisch-mineralogischen Prozesse bei der Bildung von Treibmineralen. Anhand von Praxisbeispielen sollen verschiedene Instandsetzungen mit unterschiedlichen Materialien oder Material-kombinationen gezeigt werden, welche sich beim Einsatz von gipshaltigem Mauerwerk bewährt haben. 1. Gipshaltige Mörtel und ihre Verbreitung In dem WTA Merkblatt [1] ist neben der Verbreitung der gipshaltigen Mauermörtel in historischen Bauwerken auch die geologische Verbreitung (Abb. 1) der Gipse dargestellt. Die Grenzen der Darstellung sind fließend und es ist dringend notwendig, in diesem Bereich, aber auch angrenzend, Mörteluntersuchungen vorzunehmen, um Gipsmörtel (> 50 M.-% Gipsgehalt im Festmörtel), als auch gipshaltige Mörtel (Gipsgehalte zwischen 5-50%) erkennen zu können. Abb. 1: Karte der oberflächennahen Gipsvorkommen in Deutschland und Verbreitung historischer gipshaltiger Mauermörtel in Bauwerken nach [1] 560 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Reparaturmörtel für gipshaltiges Mauerwerk Gipsbelastete Mörtel werden hierbei unterschieden, da sich hier Calciumsulfatphasen nicht im Ausgangsstoff befinden, sondern sich Gips infolge von Stoffeinträgern gebildet hat. Diese befinden sich dann meist in der Nähe der Bauwerksoberfläche. Diese Mörtel werden als gipsbelastet bezeichnet und sind nicht Gegenstand dieses Artikels. Abb. 2: Treibmineralneubildung (weiße Minerale) zwischen den Mauerwerksschalen, aufgrund von Zementinjektionen im Mauerwerk Gerade durch Injektionsmaßnahmen, bei welchen auch ausreichend Wasser in das Mauerwerk eingebracht wird, bilden sich mit den Jahren Ettringit- und Thaumasitminerale, die das Mauerwerksgefüge so auseinandertreiben können, um neue statische Eingriffe notwendig zu machen. 2. Reparatur von Bauwerken mit Gips- und gipshaltigen Mörteln 2.1 Gipsmörtel V5 und V15 Eine Reparatur mit Gipsmörteln ist natürlich die sinnvollste Lösung, um die Unverträglichkeiten zwischen Alt und Neu zu vermeiden. Hierbei werden die Eigenschaften der Reparaturmörtel möglichst auf die historische Substanz abgestimmt. Aus dem Bindemittel Spezialgips nach [2] und auch Kalk in geringen Mengen sowie entsprechenden speziellen Zusätzen zur Regulierung der Abbindezeit und Verbesserung der Verarbeitungseigenschaften wurden im DBU- Projekt [3] Gipsmörtel für den Innen- und Außenbereich entwickelt, um als Werktrockenmörtel für die Instandsetzung von gipshaltigen Mauerwerk zur Verfügung zu stehen. Hierbei wurden zwei Festigkeitsstufen V5 (Mörtelgruppe M 5), als auch V15 (Mörtelgruppe M 10) eingestellt, so dass, je nach Beschaffenheit des historischen Bestands, eine entsprechende Auswahl getroffen werden kann. Am Beispiel der Ev. Johannes-Servatius-Kirche in Pöhlde wurde dieser Gipsmörtel V15, tubag eingesetzt und im Zeitraum von 2012-2020 vom Fachbüro für Denkmalpflege IFKR-Gerd Belk, Fulda überwacht eingebaut und begutachtet. In der Abbildung 3 ist die Kirche dargestellt. Die Abbildung 4 zeigt den Vorzustand, während die Abbildung 5 den Nachzustand darstellt. Abb. 3: Ev. Kirche in Pöhlde Bild: Gerd Belk Abb. 4: Vorzustand des Turmeingangs ild: Gerd Belk Abb.5: Nachzustand nach Verwendung von V15 Bild: Gerd Belk 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 561 Reparaturmörtel für gipshaltiges Mauerwerk Der Gipsmörtel wurde aus Mauer- und Fugenmörtel sowie Anböschmörtel für die Randzonen, als auch zur Hinterfüllung von losen Putzschalen verwendet. Nach 8 Jahren Standzeit ist der Reparaturmörtel in einem sehr guten Zustand. An manchen Fugen zeigen sich leichte Absandungen an der Oberfläche, welche jedoch für einen Gipsmörtel im Außenbereich sehr gut akzeptiert werden können. Neben dem sehr gut überwachten Objekt Pöhlde wurden zahlreiche Objekte mit Gipsreparaturmörtel ausgeführt, die ebenfalls sehr gute Erfolge zeigen. Bei der Verwendung der beiden Mörtel muss darauf geachtet werden, dass in exponierten Stellen immer der V15 eingesetzt werden muss, da die geringere Festigkeit des V5 Mörtels zur deutlich schnelleren Gefügeauflockerung führt und damit einhergehende beschleunigte Verwitterung im Außenbereich zeigt. Der Gipsmörtel V5 sollte nur an geschützten Bauwerksbereichen eingesetzt werden. 2.2 Gipsbeständige Mörtel mit patentiertem Bindemittel Diese gipsbeständigen Mörtel enthalten ein Spezialbindemittel gemäß Patent PA 3437680 [4], entwickelt nach der Grundlagenforschung mit dem Institut für Gesteinshüttenkunde der RWTH Aachen. Diese Mörtel werden in dem WTA Merkblatt [1] nicht erwähnt. Hier muss ganz klar eine Abgrenzung von hoch sulfatbeständig und gipsbeständigen Mörtel erfolgen, da der Einsatz von RS-Zementen (früher HS-Zement) allein, eine nicht ausreichende Gipsbeständigkeit aufzeigt. Zahlreiche Beispiele können die Grenzen dieser Zemente im Gipsmauerwerk belegen [5]. Es ist wichtig, dass die gesamte Rezeptur der Mörtel die Gipsbeständigkeit auch nach mehreren Jahren nachweisen kann. In den Langzeitstudien an der Materialforschungs- und Prüfanstalt (MFPA) an der Universität Weimar sind diese Mörtel nach Patent [4] mit unterschiedlichen Gipsgehalten auf ihre Längenänderungen und somit bestandener Gipsbeständigkeit in der Prüfung. Im Untersuchungsbericht [6] sind die Versuchsaufbauten, als auch die Ergebnisse dargestellt. Für die Modellmörtel (gipshaltige Mörtel) erfolgte die Abstufung der Gipsgehalte systematisch. Aus den Mörtelmischungen mit jeweils 5, 10, 15, 20, 30 und 50 M.-% Gipsanteil wurden Prismen hergestellt. Nach einer > 28 Tagen Lagerung bei 20°C und 65% rel. Luftfeuchtigkeit wurden diese mechanisch zerkleinert (Größtkorn 8 mm). Danach wurden mit diesem Mörtelbruch in einem Verhältnis 40% zu 60% mit Restaurierungsmörtel HSM 2a und Verpressmörtel HSV-p Versuchsprismen hergestellt, welche in einer Nebelkammer mit Sprühnebeleinwirkung 20°C und > 95 % rel. Luftfeuchtigkeit gelagert wurden. Die Ermittlung der Längenänderung erfolgte in Anlehnung an [7] und an das Mörtelprüfverfahren nach [8]. Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in Abbildung 6 und 7 dargestellt. Abb. 6: Längenänderung der Proben mit HSM 2a mit gipshaltigem Mörtelbruch R5-R50 -Lagerungsdauer 1463 Tage (4 Jahre) Abb. 7: Längenänderung der Proben mit HSM 2a mit gipshaltigem Mörtelbruch R5-R50 -Lagerungsdauer 1463 Tage (4 Jahre) Bei beiden Proben liegen die Dehnungen im Bereich < 2 mm/ m. Aus den Erfahrungen an Untersuchungen von Probekörpern, die bis zu 11 Jahre an der MFPA lagern, wurde eine Wertekategorie für die 1-dimensionierte Längenänderung festgelegt. Bei Längenänderung von < 2 mm/ m ist die Stufe grün erreicht, d. h. es sind noch keine signifikanten Schäden aufgetreten. Im Bereich 2-10 mm/ m zeigen sich in der gelben Kategorie Anzeichen für beginnende Schäden. Bei Mörteln > 10mm/ m Längendehnung ist die Stufe rot erreicht, es kommt zur Schädigung und völliger struktureller Zerstörung. Eine ausführliche Darstellung, auch anderer Materialien in diesem Prüfzyklus ist in [5] dargestellt. Aus diesem patentierten Bindemittel gibt es zahlreiche Produkte für unterschiedliche Anwendungsgebiete wie Mauer- und Fugenmörtel (HSM 2, HSM 2a, HSM 3, HSP Porenfugmörtel), Putzmörtel (HSP-(L) Grundputz (Leichtputz) und Verpressmörtel (HSV-p). Sie können in unterschiedlichen Festigkeitsvarianten sowie Körnungen und farblich an den historischen Bestand angepasst, eingesetzt werden. Auf die Kombination von Gipsmörtel mit gipsbeständigem Mörtel kann sinnvoll angewendet werden. In Ab- 562 7. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Juli 2021 Reparaturmörtel für gipshaltiges Mauerwerk bildung 8 ist ein geschädigter Bereich eines Sockels, bestehend aus Gipsmörtel, dargestellt. Auch die Sockelverfugung (Abbildung 9) ist mit einem historischen Gipsmörtel ausgeführt. Das Mauerwerk zeigt deutliche Schäden durch Ausbrüche und Auswaschungen. Abb. 8: Ausbruch einer Sockelecksituation, bestehend aus Gipsmörtel und Feldsteinen (Bild: Thorsten Hitsch, Sievert Baustoffe) Abb. 9: Sockelbereich mit Gipsmörtelverfugung und starken Ausbrüchen und Auswaschungen (Bild: Thorsten Hitsch, Sievert Baustoffe) Der Eckausbruch wurde mit einem Gipsmörtel V15 und den Bestandsgesteinen mauerwerkstechnisch geschlossen. Im Sockelbereich wurde der Mauer- und Unterfugenmörtel mit einem gipsbeständigem Restaurierungsmörtel HSM 2a geschlossen. Dieser Mörtel soll die Pufferschicht vom historischen Bestand zum anschließenden Deckfugenmörtel aus Trass-Kalkmörtel darstellen. Aufgrund der Feuchteproblematik sollte die Deckverfugung mit einem farblich angepassten Trass- Kalk-Fugenmörtel erfolgen. Man hätte sicherlich auch den Restaurierungsmörtel HSM 2a bis an die Oberfläche verwenden können, aber ein Trass-Kalk-Fugenmörtel zeigt bei höherer Feuchte- und Salzbelastung eine höhere Dauerhaftigkeit. 3. Fazit Sollte der Verdacht als gipshaltiges Bauerwerk bestehen, ist eine Voruntersuchung unabdinglich notwendig. Historische Gipsmörtel können vielfältig zusammengesetzt sein und sehr unterschiedliche Eigenschaften aufzeigen. Die Kenntnis des historischen Bestands ist für die Auswahl der Festigkeiten, als auch des Bindemittels notwendig. Auf dem Markt stehen mittlerweile viele Gipsmörtel verschiedener Hersteller für unterschiedliche Einsatzgebiete zur Verfügung. Diese zeigen gute Erfolge bei der Instandsetzung von gipshaltigem Mauerwerk. Alternativ können auch patentierte, gipsbeständige Mörtelsysteme eingesetzt werden, welche allein und in Kombination mit Gips- und Trass- oder NHL-Kalken verwendet werden können. Die Beständigkeit ist gegenüber Gipsmörtel deutlich besser und eine Abgrenzung zum historischen Gipsbestand oftmals erwünscht. Die Beständigkeit gegenüber Treibmineralneubildungen haben sie seit 4 Jahren bewiesen und werden sie auch sicherlich weiter in der Zukunft zeigen. Literaturverzeichnis [1] WTA Merkblatt 2-11/ 18 D: Gipsmörtel im historischen Mauerwerksbau und an der Fassade, Wissenschaftlich-Technischer Arbeitskreis für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e. V. [2] DBU-Projekt AZ 18320: Optimierung und Erprobung dauerhafter Gipsmörtel für die Instandsetzung umweltgeschädigter, nationaler, wertvoller Kulturgüter u. a. am Beispiel des Klosters Walkenried, 2001-2004 [3] DIN EN 13279-1: 2008-11: Gipsbinder und Gips- Trockenmörtel; Deutsche Fassung EN 13279- 1: 2008 [4] Patent 3437680: Binder for restoration mortar [5] Zier, H.-W., Dreuse, H. & Zeuch, S.: Schäden an der Stadtmauer neben dem Inneren Frauentor in Mühlhausen- Ursachen und Konsequenzen. In: IFS Bericht 57/ 2019: Gipshaltiges Mauerwerk am Denkmal, Erhalten-Instandsetzen-Ersetzen? , 2019 [6] Untersuchungsbericht Nr. B 16.18.113.01: Messtechnische Erfassung und wissenschaftliche Auswertung an Prismensätzen (Mauer- und Injektionsmörtel im Kontakt mit Modellmörtel sowie Injektionsmörtel in Kontakt mit einer Modellmischung), nicht veröffentlicht [7] DIN 52450 „Prüfung anorganischer nicht-metallischer Baustoffe- Bestimmung des Schwindens und Quellens an kleinen Probeköpern“ Ausgabe August 1985 [8] Knöfel, D. & Schubert, P.: Handbuch Mörtel und Steinergänzungsstoffe in der Denkmalpflege, Verlag Ernst & Sohn Berlin, 1993