eJournals Kolloquium Erhaltung von Bauwerken 8/1

Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
kevb
expert Verlag Tübingen
21
2023
81

Erprobung der Funktionsweise einer elektrochemischen Chloridbarriere auf Basis von Carbonfaser-Mörteln

21
2023
Konstantin Fache
Polina Voitenko
Jörg Harnisch
Annika Kunz
Jeanette Orlowsky
Till Büttner
Armin Faulhaber
Korrosionsbedingte Schäden an der Bewehrung von Stahlbetonbauwerken verursachen jährlich hohe Kosten. Um neue und junge Bauwerke bereits vor dem Eindringen von Chloriden und damit vor einer chloridinduzierten Korrosion zu schützen, wird im Rahmen eines vom BMWK geförderten Verbund-Forschungsprojektes eine vollflächige Chloridbarriere entwickelt. Diese basiert auf der Applikation eines durch die Zugabe von rezyklierten Carbonfasern leitfähigen Mörtels auf der Oberfläche von Stahlbetonbauwerken. Anschließend wird ein elektrisches Feld zwischen dieser Mörtelelektrode und der Bewehrung im Beton aufgebaut, das dem Chlorideindringen entgegenwirken soll. In dieser Veröffentlichung werden erste Ergebnisse aus Laborversuchen zur Untersuchung der für die Barrierefunktion erforderlichen Systemparameter vorgestellt. Im Fokus stehen dabei die notwendige Treibspannung sowie die stromverteilenden Eigenschaften des Barrieremörtels. Zudem werden erste Schritte zur vergleichenden numerischen Simulation der durchgeführten Laborversuche gezeigt.
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8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 59 Erprobung der Funktionsweise einer elektrochemischen Chloridbarriere auf Basis von Carbonfaser-Mörteln Ein System zum Schutz neuer und junger Stahlbetonbauwerke vor chloridinduzierter Korrosion Konstantin Fache, M. Sc. FH Münster, Labor für Baustoffe Polina Voitenko, M. Sc. FH Münster, Labor für Baustoffe Prof. Dr.-Ing. Jörg Harnisch FH Münster, Labor für Baustoffe Annika Kunz, M. Sc. TU Dortmund, Lehrstuhl Werkstoffe des Bauwesens Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Jeanette Orlowsky TU Dortmund, Lehrstuhl Werkstoffe des Bauwesens Dr.-Ing. Till Büttner Massenberg GmbH, Essen Dipl.-Ing. Armin Faulhaber instakorr GmbH, Darmstadt Zusammenfassung Korrosionsbedingte Schäden an der Bewehrung von Stahlbetonbauwerken verursachen jährlich hohe Kosten. Um neue und junge Bauwerke bereits vor dem Eindringen von Chloriden und damit vor einer chloridinduzierten Korrosion zu schützen, wird im Rahmen eines vom BMWK geförderten Verbund-Forschungsprojektes eine vollflächige Chloridbarriere entwickelt. Diese basiert auf der Applikation eines durch die Zugabe von rezyklierten Carbonfasern leitfähigen Mörtels auf der Oberfläche von Stahlbetonbauwerken. Anschließend wird ein elektrisches Feld zwischen dieser Mörtelelektrode und der Bewehrung im Beton aufgebaut, das dem Chlorideindringen entgegenwirken soll. In dieser Veröffentlichung werden erste Ergebnisse aus Laborversuchen zur Untersuchung der für die Barrierefunktion erforderlichen Systemparameter vorgestellt. Im Fokus stehen dabei die notwendige Treibspannung sowie die stromverteilenden Eigenschaften des Barrieremörtels. Zudem werden erste Schritte zur vergleichenden numerischen Simulation der durchgeführten Laborversuche gezeigt. 1. Einführung Die Korrosion der Bewehrung in Stahlbetonbauteilen führt häufig zu lebensdauerbegrenzenden Schäden an den betroffenen Bauwerken. Folglich entstehen jährlich hohe korrosionsbedingte Kosten für die Instandsetzung geschädigter Stahlbetonbauwerke - insbesondere von Infrastrukturbauwerken, deren Schädigung weitreichende volkswirtschaftliche Konsequenzen zur Folge hat [1]. Eine maßgebende Ursache für das Auftreten von Bewehrungskorrosion ist das Eindringen von Chloriden in den Beton, die in erster Linie in Form von Tausalzlösungen oder Meerwasser in Bauwerke eingetragen werden und beispielsweise bei Parkbauten zu massiven Schäden führen [2]. Um Stahlbetonbauwerke vor chloridinduzierter Korrosion präventiv zu schützen und damit ihre Lebensdauer signifikant zu verlängern, wird im Rahmen eines Verbund-Forschungsprojektes eine nachhaltige, elektrochemische Chloridbarriere für neue und junge Betonbauwerke entwickelt, die das Eindringen von Chloridionen in den Beton verhindern soll. Das Prinzip basiert auf der Applikation eines mit rezyklierten Carbonfasern versetzten und somit elektrisch leitfähigen Mörtels auf der Oberfläche von Stahlbetonbauteilen, der als flächige Anode wirkt. Durch den Auf bau eines elektrischen Feldes zwischen dieser Mörtelanode und der Bewehrung werden negativ geladene Chloridionen 60 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Erprobung der Funktionsweise einer elektrochemischen Chloridbarriere auf Basis von Carbonfaser-Mörteln daran gehindert, in das Bauteilinnere zu diffundieren und stattdessen in der Mörtelschicht gehalten. Der Transport von gelösten Chloriden im Beton kann vornehmlich durch die Mechanismen Diffusion, Konvektion und Migration erfolgen [3]. Ziel der Chloridbarriere ist es, dem konzentrationsbedingten Diffusionsprozess einen durch ein elektrisches Feld generierten Migrationsvorgang entgegenzusetzen, um das Chlorideindringen stark zu reduzieren und im besten Fall zu unterbinden. Der kathodische Korrosionsschutz zur Verhinderung chloridinduzierter Korrosion durch einen Schutzstrom zwischen der Bewehrung und einer Anode ist heutzutage bereits etabliert und wird weitläufig eingesetzt [4,- 5]. Dabei wird der Schutz der Bewehrung durch eine gezielte Verschiebung des elektrochemischen Potentials des Stahls in kathodische Richtung erreicht, die die Korrosionsaktivität auf vernachlässigbare Größenordnungen reduziert. Allerdings findet diese Art des Korrosionsschutzes nur im Falle bereits stattgefundener Depassivierung der Bewehrung bzw. beginnender Korrosion Anwendung [3]. Die dabei genutzten Stromdichten liegen im Bereich von etwa 4 bis 20- mA pro Quadratmeter zu schützender Stahloberfläche [5]. Demgegenüber bezieht sich der präventive kathodische Korrosionsschutz auf Bauwerke, bei denen mit einer chloridinduzierten Korrosion zu rechnen ist, ohne dass es bereits zur Korrosionsinitiierung gekommen ist. Bei diesem Verfahren wird durch die kathodische Polarisation der Bewehrung der kritische Chloridgehalt erhöht und so die chloridinduzierte Korrosion verhindert [3]. Um dies zu erreichen, sind deutlich geringere Stromstärken im Vergleich zum kathodischen Korrosionsschutz (˂-2-mA/ m 2 ) erforderlich [3]. Bei der hier vorgestellten Chloridbarriere handelt es sich ebenfalls um ein präventives System, das von Beginn an das Eindringen von Chloriden in ein Bauwerk verhindern soll, indem eine vollflächige Barrierefunktion aufgebaut wird. Es wird untersucht, ob durch die Nutzung einer hoch leitfähigen Mörtelanode die erforderlichen Stromdichten gegenüber den im präventiven Korrosionsschutz genutzten Stromdichten noch weiter reduziert und die Abstände der Stromeinspeisepunkte erhöht werden können. Neben der Verlängerung der Lebensdauer chloridexponierter Stahlbetonbauteile kann die Chloridbarriere zur effizienteren und nachhaltigeren Nutzung von Materialien beitragen, da durch den bereits zu Beginn vorhandenen Schutz vor chloridinduzierter Korrosion eine Reduzierung der Betondeckung oder der Betongüte denkbar sind und gleichzeitig rezyklierte Carbonfasern zur Erhöhung der Leitfähigkeit des Mörtels verwendet werden. Der Effekt einer Barrierefunktion für Brückenbauwerke aus Stahlbeton durch Erzeugung eines elektrischen Feldes zwischen zwei Elektroden ist bereits im Rahmen des Forschungsvorhabens „SMART- DECK“ untersucht worden [6,- 7]. Dabei wurde ein elektrisches Feld zwischen zwei Carbongelegen oder einem Gelege und der Bewehrung aufgebaut. Das hier gezeigte System der Chloridbarriere hingegen basiert auf einem elektrischen Feld zwischen einem carbonfasermodifizierten Mörtelanodensystem und der Bewehrung und beschränkt sich nicht auf bestimmte Bauwerkstypen. In dieser Veröffentlichung wird der Fokus auf die Charakterisierung der elektrischen und elektrochemischen Eigenschaften des Anodensystems gelegt. Dazu werden die in Laborversuchen untersuchte Abhängigkeit des Chlorideindringens von der verwendeten Treibspannung, die stromverteilenden Eigenschaften der Mörtelschicht sowie die Grundlagen zur numerischen Simulation der Chloridbarriere vorgestellt. 2. Durchgeführte Untersuchungen 2.1 Versuchskonzept Zur Erreichung der gesteckten Projektziele wurden zwei unterschiedliche Probekörperserien zur Untersuchung der Eigenschaften der Chloridbarriere entwickelt. Hierbei dient die Serie-1 der Untersuchung des Chlorideindringens in Beton in Abhängigkeit unterschiedlicher Treibspannungen. Die Serie-2 fokussiert die Stromverteilung innerhalb der Mörtelschicht des Anodensystems. Für die Serie-1 wurden Probekörper aus Stahlbeton hergestellt, auf deren Oberfläche eine Schicht aus mit Carbonfasern versetztem Mörtel mit eingebetteten Titanbändern als Stromeinspeisepunkte (im Folgenden als Einspeiseanoden bezeichnet) appliziert wurde. Die Oberfläche der Probekörper wurde anschließend dauerhaft oder intermittierend (einen Tag nass, sechs Tage trocken) einer Chloridexposition ausgesetzt. Durch die unterschiedlichen Chloridexpositionen werden einerseits dauerhaft mit chloridhaltigem Wasser beaufschlagte Bauwerke (z.- B. unter Meerwasser befindliche Teile von Betonbauwerken) und andererseits wechselhaft chloridhaltigem Wasser ausgesetzte Bauwerke (z.- B. Wasserwechselzonen oder jahreszeitlich beaufschlagte Infrastrukturbauwerke) simuliert. Hinsichtlich der untersuchten Treibspannungen für die Chloridbarriere ist zwischen den Versuchszeiträumen 1 (VZ- 1) und 2 (VZ- 2) zu differenzieren. Im ersten Zeitraum wurden zunächst extern angelegte Spannungen zwischen der Mörtelanode und der Bewehrung in Höhe von 0,5; 1,0 und 1,5 V genutzt. Nach sieben Monaten wurden die Spannungen aufgrund der Ergebnisse der ersten Chloridanalysen auf 1,2; 2,0 und 2,2-V erhöht [Tab.-1]. Eine maximale Spannung von 2,2- V wurde gewählt, um für den präventiven kathodischen Korrosionsschutz übliche Spannungen nicht zu überschreiten. Zudem haben Untersuchungen von Asgharzadeh [8] gezeigt, dass Carbonfasern bei einer Polarisation gegenüber einer Normalwasserstoffelektrode bis zu dieser Spannung nicht geschädigt werden. Diese Polarisation soll in den hier durchgeführten Untersuchungen in keinem Fall überschritten werden. Zum Prüfen der Wirksamkeit der unterschiedlichen Treibspannungen auf das Chlorideindringen in den Beton wurden stromlose Referenzproben ohne extern angelegtem elektrischem Feld hergestellt (P_0 und I_0), die ausschließlich ein natürliches, in erster Linie durch Diffusion bestimmtes Chlorideindringen erfahren. Da die Probekörper nahezu 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 61 Erprobung der Funktionsweise einer elektrochemischen Chloridbarriere auf Basis von Carbonfaser-Mörteln wassergesättigt sind, kann davon ausgegangen werden, dass der Effekt des kapillaren Saugens vernachlässigbar gering ist [9]. Zur Untersuchung des Chlorideindringens in den Beton in Abhängigkeit der Treibspannung werden in Abständen von sechs Monaten Chloridprofile sowohl mittels tiefengestaffelter Bohrmehlentnahme und anschließender potentiometrischer Titration als auch mittels laserinduzierter Plasmaspektroskopie (eng. Laser-Induced Breakdown Spectroscopy, kurz: LIBS) für jeweils einen Probekörper je Kombination aus Chloridbeaufschlagung und Treibspannung erstellt. Tab. 1: Probekörpermatrix für die Serie 1 Name Chloridexposition Treibspannung in V Anzahl VZ 1 VZ 2 P_0,5 permanent 0,5 1,2 3 I_0,5 intermittierend 0,5 1,2 3 P_1,0 permanent 1,0 2,0 3 I_1,0 intermittierend 1,0 2,0 3 P_1,5 permanent 1,5 2,2 3 I_1,5 intermittierend 1,5 2,2 3 P_0 permanent 0 0 3 I_0 intermittierend 0 0 3 Für die Serie-2 wurde auf die Oberfläche von Stahlbetonbalken eine Schicht des leitfähigen Mörtels appliziert und in die Mörtelschicht in regelmäßigen Abständen Einspeiseanoden in Band- und Drahtform eingebettet. Anschließend wurde analog zur Serie 1 ein elektrisches Feld zwischen der Bewehrung im Beton und der Mörtelanode aufgebaut und der Wirkungsbereich der so entstehenden Polarisation der Bewehrung und der Mörtelschicht mittels Differenzpotentialfeld- und Potentialfeldmessungen untersucht. Es wurden zwei unterschiedliche Probekörpervarianten hergestellt, die sich in Bezug auf die Betondeckung der Bewehrung und den w/ z-Wert der Betonrezeptur unterscheiden [Tab.-2]. Tab. 2: Probekörpermatrix für die Serie-2 Name Betondeckung in mm w/ z-Wert Anzahl 40_0,65 40 0,65 3 30_0,50 30 0,50 3 2.2 Materialien und Probekörperaufbau Die Probekörper der Serie-1 bestehen aus quaderförmigen Betonplatten mit den Maßen 40-x-40-x-10-cm 3 , in die mit einer Betondeckung von 40-mm eine rasterförmig angeordnete Bewehrung aus Betonstabstahl B500B mit einem Durchmesser von 12-mm eingelegt wurde [Abb.-1]. Dem oberen Bereich der Betonkörper wurden über eine Höhe von 1-cm während der Herstellung durch Einmischen von NaCl in das Zugabewasser Chloride mit einer Konzentration von c(Cl - )-=-0,58-M.-% bezogen auf die Betonmasse zugegeben. Auf die Oberfläche der Betonkörper wurde anschließend eine 2-cm dicke Schicht des faserhaltigen Mörtels, der mit Chloriden mit einer Konzentration von c(Cl)-=-0,58-M.% bezogen auf die Mörtelmasse versehen wurde, appliziert und an den Rändern mit einer Aufkantung versehen, um die Oberfläche der Probekörper mit einer NaCl-Lösung mit c(Cl)-=-3-mol/ l beaufschlagen zu können. Die Chloridkonzentration der chloridhaltigen Betonschicht entspricht bezogen auf den Zementgehalt 3,5-M.-%. Abb. 1: Probekörperauf bau und Chloridgehalte für die Serie 1 Die Probekörper der Serie 2 bestehen aus Betonbalken mit den Maßen 300 x 30 x 10 cm 3 , in die eine Bewehrung mit einem Durchmesser von 12 mm unter einer Betondeckung von 40 bzw. 30 mm eingebaut wurde [Abb. 2]. Der Mörtel wurde mit einer Schichtdicke von 2 cm auf der Oberfläche appliziert. 62 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Erprobung der Funktionsweise einer elektrochemischen Chloridbarriere auf Basis von Carbonfaser-Mörteln Für den Beton der Serie- 1 und den Beton der Serie- 2 für die Probekörper mit einer Betondeckung von 40-mm wurde ein w/ z-Wert von 0,65 gewählt, um Beton geringerer Güte mit hohem Kapillarporengehalt zu erzeugen. Durch diesen hohen Kapillarporenanteil und die direkte Zugabe von Chloriden zum Beton in der Randzone der Probekörper sowie der Mörtelschicht für die Serie-1 wird ein schnelles Chlorideindringen in den Beton provoziert, so dass die Funktion der Chloridbarriere in angemessener Zeit untersucht werden kann. Der Beton für diejenigen Probekörper der Serie 2 mit einer Betondeckung von 30-mm wurde mit einem w/ z-Wert von 0,50 ausgeführt, um zusätzlich einen Beton mit einem praxisüblichen Porenanteil untersuchen zu können. Die Betonzusammensetzungen sind in Tab.-3 angegeben. Der für die Serie-1 verwendete Mörtel („Pilotmörtel“) weist einen Gehalt an Carbonfasern von 0,6-Vol.-% und die für die Serie-2 verwendete weiterentwickelte Rezeptur von 1,5-Vol.-% auf [10]. Tab. 3: Betonzusammensetzungen Komponente Beton mit w/ z = 0,65 Beton mit w/ z = 0,50 Gesteinskörnung 0/ 8 in kg/ m 3 1613 1489 Zement in kg/ m 3 369 470 Wasser in kg/ m 3 240 235 2.3 Durchgeführte Messungen Serie 1 Unmittelbar nach Fertigstellung der Probekörper und Beaufschlagung der Oberflächen mit der NaCl-Lösung wurden die Treibspannungen gemäß Tab.-1 zwischen der Mörtelanode und der Bewehrung mittels einer externen Spannungsquelle angelegt. Der zwischen beiden Elektroden fließende Strom wird seitdem wöchentlich gemessen. Zusätzlich wird der Spannungsabfall innerhalb des Elektrolyten der Probekörper (IR-Drop) mittels Ausschaltmessungen bestimmt, da der Potentialabfall im Elektrolyten maßgebend für das elektrische Feld im Beton ist, das dem Eindringen von Chloriden entgegenwirkt. Im weiteren Verlauf wird aufgrund dessen auf den Potentialabfall im Beton statt auf die von außen angelegten Treibspannungen verwiesen. Nach einem Zeitraum von sechs Monaten wurde die Spannungsbeaufschlagung für jeweils einen Probekörper einer jeden Variation, vgl. [Tab.-1], gestoppt und Chloridprofile zur Untersuchung des Chlorideindringens erstellt. Dazu wurden mit einer Schrittweite von 5-mm Bohrmehlproben ausgehend von der Oberfläche der Probekörper bis in eine Tiefe von 80-mm entnommen und die Chloridgehalte der einzelnen Schichten nasschemisch mittels potentiometrischer Titration durch Kaltaufschluss mit Silbernitrat (c-=-0,02 mol/ l) bestimmt. Gleichzeitig wurde je Probekörper ein Bohrkern mit einem Durchmesser von 100-mm entnommen und an einer Bohrkernhälfte der Chloridgehalt mit Hilfe von LIBS über eine Breite von 50-mm und eine Tiefe von ebenfalls 80-mm ermittelt. Dabei wurde eine Rastereinteilung für die Abtastung von 0,50-mm-x-0,50-mm genutzt. Serie 2 Zur Untersuchung der Stromverteilungseigenschaften der leitfähigen Mörtelschicht wurden Differenzpotentialfeldmessungen mit einer stationären und einer beweglichen Aufsatzelektrode für die Mörtelanode durchgeführt, indem in Anlehnung an [11] die Potentialdifferenz zwischen zwei Bezugselektroden gemessen wurde. Gleichzeitig wurden Potentialfeldmessungen mit einer beweglichen Aufsatzelektrode und einem Bewehrungsanschluss für die Bewehrung vorgenommen. Dies erfolgte sowohl im unpolarisierten Zustand der Probekörper als auch während der Polarisation durch eine extern angelegte Spannung. Die dabei genutzte Treibspannung wurden auf Grundlage der Ergebnisse der Serie-1 gewählt. 3. Ergebnisse und Diskussion 3.1 Serie 1 In Abb.-3 ist der mittels potentiometrischer Titration ermittelte Chloridgehalt der nach sechs Monaten untersuchten Probekörper bezogen auf die Gesamtmasse dargestellt. Es ist erkennbar, dass alle Probekörper einen mit zunehmender Tiefe geringer werdenden Chloridgehalt aufweisen. Der Chloridgehalt im ursprünglich chloridfreien Beton (Bereich 4) fällt nur für einen Teil der mit einer Treibspannung beaufschlagten Probekörper geringer aus als bei den spannungslosen Referenzproben (P_0 und I_0). Dies deutet auf ein nicht ausreichend starkes elektrisches Feld, das der Chloriddiffusion entgegenwirkt, hin. Maßgebend für das elektrische Feld und die daraus resultierende Chloridmigration ist der Spannungsabfall im Elektrolyten, der durch den zwischen den Elek- Abb. 2: Probekörperauf bau für die Serie-2 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 63 Erprobung der Funktionsweise einer elektrochemischen Chloridbarriere auf Basis von Carbonfaser-Mörteln troden fließenden Strom und die Summe der vorliegenden Widerstände bestimmt wird. Die Wahl eines Betons mit einem hohen Porenanteil führt bei hohen Wassergehalten zu einem geringen elektrischen Widerstand, was den Spannungsabfall und somit die Stärke des für die Chloridmigration nutzbaren elektrischen Feldes verringert. Weiterhin weist ein poriges System einen geringeren physikalischen Widerstand gegenüber dem Eindringen von Chloridionen auf. Unter den gegebenen Randbedingungen wirkt einer starken Diffusion eine aufgrund des geringen Spannungsabfalls im Elektrolyten nur schwache Migration entgegen. Zudem lässt sich keine eindeutige Abhängigkeit des Chlorideindringens von der Expositionsart (ständig bzw. intermittierend) erkennen. Da eine intermittierende Chloridbeaufschlagung zu zweitweise trockenen Poren im Beton führen sollte, die anschließend erneut mit einer chloridhaltigen Lösung in Kontakt kommen, wäre ein stärkeres Chlorideindringen bei den intermittierend beaufschlagten Probekörpern zu erwarten gewesen [12]. Der nicht zu erkennende Unterschied kann darauf hinweisen, dass die intermittierend beaufschlagten Probekörper auch in den trockenen Phasen nahezu wassergesättigt verbleiben und somit vergleichbare Randbedingungen wie die ständig beaufschlagten Probekörper darstellen. Abb. 3: Durch potentiometrische Titration bestimmter Chloridgehalt der Probekörper bezogen auf die Gesamtmasse in Abhängigkeit der Treibspannung und der Expositionsart nach sechs Monaten Abb. 4: Vergleich des mittels potentiometrischer Titration und LIBS ermittelten Chloridgehaltes bezogen auf die Gesamtmasse für den Probekörper P_1,5 nach sechs Monaten Die Ergebnisse der parallel zur potentiometrischen Titration durchgeführten Chloridanalyse mittels LIBS sind in Abb.-4 exemplarisch für den Probekörper P_1,5 dem Titrationsergebnis gegenübergestellt. Dabei ist zu beachten, dass die LIBS-Ergebnisse nicht mit Bezug zu der Zement- oder der Gesamtmasse der Probe, sondern auf den Zementstein bezogen ausgegeben werden [13]. Daher enthält die Bezugsgröße neben dem in der Probe enthaltenen Zement das chemisch und physikalisch gebundene Wasser sowie Anteile nicht detektierter Gesteinskörnung. Die LIBS-Ergebnisse wurden mittels eines Umrechnungsfaktors, der den Anteil des gebundenen und ungebundenen Wassers sowie des Zementes in der Probe berücksichtigt, zunächst auf den Zementgehalt und anschließend auf die Gesamtmasse bezogen [13]. Es ist beim Vergleich der beiden Analyseverfahren zu beachten, dass sich die Ergebnisse der Titration jeweils auf ein schichtintegrales Volumen der Probe mit einer Stärke von 5-mm beziehen und ein Messwert jeweils die mittlere Konzentration dieser Schicht ausdrückt. Mittels LIBS hingegen werden Messwerte an der Querschnittsfläche der Probe mit einer Schrittweite von 0,5-mm gewonnen. Aufgrund dessen wurde für die Ergebnisse der LIBS-Untersuchung jeweils das Integral über Schichten mit einer Stärke von 5-mm gebildet und für diese der mittlere Chloridgehalt berechnet. Der Vergleich der beiden Chloridprofile zeigt, dass mittels Titration im Bereich der Mörtelschicht bis zu etwa 2-M.%/ m ges höhere Chloridgehalte im Vergleich zur LIBS-Analyse gemessen werden. Diese Abweichung kann auf die lokale Ansammlung von Chloriden auf der Oberfläche der Probekörper und in oberflächennahen Poren zurückgeführt werden, wodurch es zu Konzentrationsspitzen im oberen Bereich der Mörtelschicht kommen kann. Da die Probenentnahmen für die Titration und die LIBS-Untersuchung an unterschiedlichen Positionen erfolgten, können sich insbesondere in den oberflächennahen Schichten örtlich starke Konzentrationsunterschiede ergeben. In den folgenden Tiefenschichten ist die Abweichung der Ergebnisse beider Verfahren deutlich geringer, wobei LIBS ab einer Tiefe von 17,5-mm für alle weiteren Messpunkte zu höheren Chloridgehalten im Vergleich zur potentiometrischen Titration führt. Grund hierfür kann die Höhe des Umrechnungsfaktors zum Bezug des Chloridgehaltes auf die Gesamtmasse sein. Da dieser Faktor durch den Anteil des gebundenen Wassers, der nicht analytisch bestimmt, sondern nur angenommen wurde, beeinflusst wird, können sich durch die Umrechnung systematische Abweichungen zwischen den nasschemisch und mittels LIBS ermittelten Chloridgehalten ergeben. Ein maßgebender Vorteil der mittels LIBS möglichen hochauflösenden Bestimmung des Chloridgehaltes ist die Erkennung starker Konzentrationsänderungen innerhalb geringer Tiefenabschnitte. Um dies zu verdeutlichen, zeigt Abb.-5 den nach sechs Monaten mittels LIBS gemessenen Chloridgehalt bezogen auf den Zementstein für den Probekörper P_1,5 als farbskalierte Darstellung für alle Messpunkte innerhalb des Messrasters. Auffällig ist hierbei, dass im Tiefenbereich zwischen etwa 13-mm bis 17 mm eine über die gesamte Scanbreite deutlich höhere Chloridkonzentration als in den angrenzenden Bereichen 64 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Erprobung der Funktionsweise einer elektrochemischen Chloridbarriere auf Basis von Carbonfaser-Mörteln erkennbar ist. Diese Akkumulation von Chloridionen kann auf die Wirkung der stark anodisch polarisierten Einspeisebereiche als Anziehungspunkte für negativ geladene Ionen zurückgeführt werden. Aufgrund dessen ergibt sich die angestrebte Anhäufung von Chloridionen im Bereich der Mörtelanode. Dieser Effekt ist anhand der mittels Titration erstellten Chloridprofile nicht erkennbar, was auf das feinere Messraster der LIBS-Messung zurückzuführen ist. Die für die Titration genutzten Bohrmehlproben beziehen sich jeweils auf eine Schichtdicke von 5-mm, wodurch die Ausprägung lokaler Maxima und Minima der Chloridkonzentration geringer wird. Abb. 5: Farbskalierte Darstellung des mittels LIBS ermittelten Chloridgehaltes des Probekörpers P_1,5 bezogen auf den Zementstein (zst) nach sechs Monaten Aufgrund des nach sechs Monaten nicht merklich erkennbaren Effekts der unterschiedlichen Treibspannungen auf das Chlorideindringen im ursprünglich chloridfreien Beton wurde ein zweiter Versuchszeitraum (VZ-2) initiiert. In diesem wurden die Treibspannungen erhöht, um die elektrische Feldstärke im Beton zu steigern. Die neue minimale Treibspannung von 1,2-V liegt knapp unterhalb der zuvor genutzten maximalen Spannung von 1,5-V, so dass hier ein Anknüpfungspunkt an Versuchszeitraum-1 gegeben ist. Den Effekt dieser Spannungserhöhung zeigt der Verlauf des elektrischen Stromes zwischen der Mörtelanode und der Bewehrung gemittelt über die Anzahl der Probekörper je Treibspannung [Abb.-6]. Es ist eine deutliche Abhängigkeit der Stromstärke von der Höhe der Treibspannung erkennbar, wobei im Versuchszeitraum-1 höhere Treibspannungen erwartungsgemäß zu höheren Strömen führen. Im Versuchszeitraum-2 fällt auf, dass eine Treibspannung von 2,0-V entgegen der Erwartung zu merklich höheren Strömen führt als die höchste Spannung von 2,2-V. Abb. 6: Mittlere Stromstärke der Probekörper je Treibspannung Die Ergebnisse der Ausschaltmessungen zur Bestimmung der Stärke des Spannungsabfalls im Elektrolyten sind für den Beginn des Versuchszeitraumes 2 nach Erhöhung der Treibspannungen in Tab.-4 als Mittelwert für die Probekörper je Treibspannung dargestellt. Tab. 4: Mittels Ausschaltmessungen ermittelter Spannungsabfall im Elektrolyten Treibspannung in V IR in V in V/ m 1,2 0,071 1,018 2,0 0,308 4,393 2,2 0,319 4,557 Es lässt sich erkennen, dass eine höhere Treibspannung zu einem höheren Spannungsabfall im Elektrolyten führt, was in einer größeren elektrischen Feldstärke (d.-h. Spannungsabfall bezogen auf den Elektrodenabstand von 7-cm) resultiert. Für die elektrochemische Barrierefunktion ist ein möglichst großer Spannungsabfall im Elektrolyten anzustreben. Weiterhin lässt sich feststellen, dass bei der niedrigsten Treibspannung etwa 6-% und bei der höchsten Treibspannung etwa 14,5-% der jeweils extern angelegten Spannung effektiv für die Chloridbarriere genutzt werden können. 3.2 Serie 2 In Abb.-7a) ist das Ergebnis der Differenzpotentialfeldmessung für die Mörtelanode eines Probekörpers mit einer Betondeckung von 40-mm im unpolarisierten Zustand dargestellt. Dazu wurde die Potentialdifferenz zwischen einer entlang eines Messrasters von 10-cm-x-10-cm über die Mörteloberfläche bewegten Cu/ CuSO 4 -Elektrode und einer am rechten Ende des Probekörpers auf die Oberfläche aufgesetzten Elektrode gleichen Typs gemessen. In Abb. 7b) wird das Ergebnis der Differenzmessung während einer Polarisation des Probekörpers durch eine von außen angelegte Treibspannung von 2-V gezeigt. Es wurde eine Spannung von 2-V gewählt, da die bisherigen Ergebnisse der Serie-1 darauf hindeuten, dass mindestens der aus einer Spannung von 1,5-V resultierende Potentialabfall im Elektrolyten für eine wirksame Barriere erforderlich ist. 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 65 Erprobung der Funktionsweise einer elektrochemischen Chloridbarriere auf Basis von Carbonfaser-Mörteln Abb. 7: Ergebnis der Differenzpotentialfeldmessung für die Mörtelanode im a) unpolarisierten Zustand und b) während der Polarisation mit einer Treibspannung von 2-V Es ist erkennbar, dass die Potentialdifferenzen im unpolarisierten Zustand annähernd konstant in einem Bereich von etwa -100 mV liegen. Im Falle eines ideal leitfähigen Mörtels würde die Differenz konstant 0-mV betragen. Bei eingeschalteter Stromeinspeisung am linken Ende des Probekörpers ist die anodische Polarisation der Mörtelelektrode gut zu erkennen, da im Bereich der Stromeinspeisung die Potentialdifferenz zur ortsfesten Elektrode um über 400-mV höher als die Potentialdifferenz im unpolarisierten Zustand liegt. Diese Veränderung der Potentialdifferenz gegenüber dem unpolarisierten Zustand wird mit steigender Entfernung von der Stromeinspeisung geringer und lässt sich bis zu einer Entfernung von etwa 1-m ausgehend von der Stelle der Stromeinspeisung in die Mörtelschicht feststellen. In Abb. 8a) ist das Ergebnis der Potentialfeldmessung für die Bewehrung im unpolarisierten Zustand des Probekörpers und in Abb. 8b) während der Polarisation mit einer Treibspannung von 2-V dargestellt. Die Messung erfolgte mittels einer über die Oberfläche bewegten Elektrode und einem Anschluss an die Bewehrung. Eine Verschiebung des Bewehrungspotentials in kathodische Richtung durch die zwischen der Mörtelanode und der Bewehrung angelegten Spannung im polarisierten Zustand ist eindeutig erkennbar. Das Potential wird um bis zu 600- mV in kathodische Richtung verschoben. Der Einflussbereich des Stromeinspeisepunktes lässt sich auch hier auf etwa 1 m eingrenzen. Leicht positivere Potentialwerte im Randbereich des Probekörpers lassen sich sowohl im unpolarisierten als auch im polarisierten Zustand auf eine stärkere Austrocknung des Betons in den Randzonen zurückführen. Abb. 8: Ergebnis der Potentialfeldmessung für die Bewehrung im a) unpolarisierten Zustand und b) während der Polarisation mit einer Treibspannung von 2-V Anhand der Messergebnisse der Serie- 2 kann auf die Stromverteilungseigenschaften des leitfähigen Mörtels geschlossen werden. Bei einer verwendeten Treibspannung von 2-V ergibt sich demnach ein Einflussbereich einer Einspeiseanode von etwa 1 m. Um den erforderlichen Abstand einzelner Einspeiseanoden für eine flächenhafte Wirkung der Chloridbarriere benennen zu können, ist jedoch im Vorfeld die notwendige Potentialdifferenz zwischen beiden Elektroden festzulegen, die einen ausreichenden Potentialabfall im Elektrolyten bewirkt. Dies kann mit Hilfe der Ergebnisse der Serie- 1 zum derzeitigen Stand nicht abschließend beurteilt werden, da der mindestens aufzubringende Spannungsabfall im Elektrolyten und die daraus resultierende Treibspannung für eine ausreichende Verminderung der Chloriddiffusion noch nicht ermittelt ist. Zudem ist zu beachten, dass sich die Leitfähigkeit des Mörtels mit fortschreitender Zeit aufgrund des geringer werdenden Feuchtegehaltes verringert. Die zuvor gezeigten Ergebnisse basieren auf Messungen, die rund einen Monat nach Applikation des Mörtels und Lagerung bei 20-°C durchgeführt wurden. Anhand der fortlaufenden Messungen wird festgestellt werden, in welchem Maße sich der Einflussbereich eines Stromeinspeisepunktes aufgrund der Austrocknung des Mörtels noch verändert. 3.3 Numerische Simulation des Chlorideindringens Um die Laborergebnisse zur Wirkungsweise der Chloridbarriere auf andere Bauteilgeometrien übertragen zu können, wurde eine numerische Simulation der Probekörperserie- 1 in der FEM-basierten Software 66 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Erprobung der Funktionsweise einer elektrochemischen Chloridbarriere auf Basis von Carbonfaser-Mörteln COMSOL Multiphysics vorgenommen. In einem ersten Schritt wurde der Fokus auf die Simulation des diffusionsgesteuerten Chlorideindringens in die unpolarisierten Referenzproben gelegt. Dazu wurde zunächst die Probekörpergeometrie dreidimensional unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Schichten und deren Chloridgehalt modelliert [Abb.-9]. Die Oberfläche des Modells wurde gemäß den Laborversuchen mit einer NaCl-Lösung mit einer Konzentration an Chloridionen von 3 mol/ l beaufschlagt. Abb. 9: Modell des Probekörpers Da die ständig beaufschlagten Referenzproben als wassergesättigt angenommen werden können und kein externes elektrisches Feld zwischen den Elektroden angelegt ist, wird ausschließlich Diffusion als Transportmechanismus betrachtet. Der dabei genutzte Chloriddiffusionskoeffizient für den Beton wurde anhand der mittels potentiometrischer Titration ermittelten Chloridprofile für den ursprünglich chloridfreien Beton der Referenzproben der Serie 1 unter Anwendung des zweiten Fick´schen Diffusionsgesetzes zu 6,45-·-10 11 -m/ s 2 ermittelt. Die Ergebnisse der Simulation des Chlorideindringens sind in Abb.-10 als Chloridverteilung über den Querschnitt des Probekörpers nach einem Zeitraum von sechs Monaten dargestellt. Es ist ein gleichmäßiges Eindringen der Chloridionen über die Querschnittsbreite mit einer geringer werdenden Konzentration über die Tiefe und einem Konzentrationsmaximum im Bereich der Oberfläche des Probekörpers erkennbar. Dies entspricht einem diffusionsgesteuerten Eindringen der Chloride. Die Ansammlung von Chloriden oberhalb der Anodenbänder ist damit zu begründen, dass keine Diffusion der Chloridionen durch die als undurchlässig simulierten Anodenbänder stattfinden kann. Zum Vergleich der mittels der Simulation und der nasschemisch in den Laborversuchen ermittelten Chloridgehalte für die Referenzprobe P_0 sind die Chloridprofile für beide Verfahren in Abb.-11 gegenübergestellt. Beide Chloridprofile weisen einen übereinstimmenden Verlauf in ähnlicher Größenordnung auf, was darauf hindeutet, dass das Modell mit den ermittelten Eingangsparametern in guter Übereinstimmung mit den Kennwerten der Laborproben liegt. Zudem bestätigen die Ergebnisse die für die Laborversuche getätigte Annahme, dass das Chlorideindringen bei den Referenzproben maßgebend durch Diffusion bestimmt wird. Abb. 10: Simulation der Chloridverteilung über den Querschnitt der Referenzprobe nach sechs Monaten Abb. 11: Vergleich des mittels numerischer Simulation und potentiometrischer Titration ermittelten Chloridgehaltes bezogen auf die Gesamtmasse für den Probekörper P_0 nach sechs Monaten In einem nächsten Schritt gilt es, die Probekörper in der Simulation mit den effektiven Potentialdifferenzen, resultierend aus den Ausschaltmessungen der Serie-1, zu beaufschlagen und so ein elektrisches Feld zwischen der Mörtelanode und der Bewehrung zu erzeugen. Anschließend können die simulierten Chloridprofile mit den im Labor ermittelten Chloridprofilen für die polarisierten Probekörper verglichen werden. 4. Schlussfolgerungen und Ausblick Zusammenfassend lassen sich die folgenden Schlussfolgerungen ziehen: • Mit den in ersten Laborversuchen genutzten Treibspannungen von bis zu 1,5-V ist noch kein ausreichender Migrationseffekt, der der Chloriddiffusion entgegenwirkt, erreichbar. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass unter den vorliegenden Randbedingungen Potentialdifferenzen im Elektrolyten von mehr als 70-mV erforderlich sein werden, um eine feststellbare Barrierewirkung gegen Chloriddiffusion zu erreichen. • Untersuchungen zu den Stromverteilungseigenschaften des Mörtels zeigen, dass sich bei einer Treibspannung von 2-V der Einwirkungsbereich eines Stromeinspeisepunktes auf eine Länge von etwa 1-m erstreckt. Die Leitfähigkeit des Mörtels und somit auch der Ein- 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 67 Erprobung der Funktionsweise einer elektrochemischen Chloridbarriere auf Basis von Carbonfaser-Mörteln wirkungsbereich einer Einspeiseanode wird sich mit fortschreitender Austrocknung des Mörtels ändern. • Erste numerische Simulationen für die stromlosen Referenzproben zeigen eine gute Übereinstimmung zwischen dem in Laborversuchen ermittelten und dem simulierten Chloridprofil für einen Probekörper, dessen Chloridverteilung durch Diffusion bestimmt wird. Im weiteren Projektverlauf werden weitere Chloridprofile für die nächsten acht Probekörper der Serie-1 ermittelt, um den Einfluss der Erhöhung der Treibspannungen auf das Chlorideindringen zu untersuchen. Mit den daraus resultierenden Erkenntnissen zum erforderlichen Spannungsabfall im Elektrolyten wird der Einflussbereich eines Stromeinspeisepunktes mittels der Serie 2 genauer ermittelt. Mit Hilfe numerischer Simulationen für polarisierte Probekörper unter Verwendung der aus der Serie-1 resultierenden Spannungsabfälle im Elektrolyten wird die Übereinstimmung zwischen experimentell und simulativ ermittelten Chloridverteilungen geprüft sowie untersucht, welche Effekte bei der Übertragung der Chloridbarriere auf andere Bauteil-geometrien auftreten. Parallel wird die Mörtelrezeptur optimiert. 5. Danksagung Die Autor*innen bedanken sich beim BMWK für die Förderung des Projektes und bei der FILINA Innovation-+-Technik GmbH für die Unterstützung bei der Umsetzung. Folgende Partner sind an dem Projekt beteiligt: instakorr GmbH (Darmstadt), Massenberg GmbH (Essen), Mitsubishi Chemical Advanced Materials GmbH (Wischhafen), TU Dortmund, FH Münster. Literatur [1] Deniz Yilmaz, Ueli Angst: Korrosionsbedingte Kosten an Ingenieurbauwerken im Schweizer Straßennetz. In: Beton- und Stahlbetonbau- 6/ 2020, S.-448-458. [2] Christian Sodeikat, Till F. Mayer: Instandsetzung von Tiefgaragen und Parkhäusern. In: Konrad Bergmeister et al. (Hrsg.) Beton-Kalender 2015: Bauen im Bestand, Brücken. Berlin: Wilhelm Ernst & Sohn 2015, S.-115183. [3] Luca Bertolini et al.: Corrosion of Steel in Concrete: Prevention, Diagnosis, Repair. 2. - Aufl. Weinheim: Wiley-VCH Verlag 2013, S.-2148. [4] DIN (Deutsches Institut für Normung): EN ISO 12696 - Kathodischer Korrosionsschutz von Stahl in Beton (ISO 12696). Berlin: Beuth Verlag 2022. [5] Ulrich Bette, Markus Büchler: Taschenbuch für den kathodischen Korrosionsschutz. 8. Aufl. Essen: Vulkan Verlag 2012. [6] Carla Driessen-Ohlenforst, Michael Raupach: Application of electrical fields to reduce chloride ingress into concrete structures. In: Magazine of Concrete Research 12/ 2022, S.-623-632. [7] Till Büttner: SMART-DECK: Vom Konzept zum Demonstrator. In: Bautechnik - Zeitschrift für den gesamten Ingenieurbau 1/ 2020, S.-4756. [8] Amir Asgharzadeh: Durability of Polymer Impregnated Carbon Textiles as CP Anode for Reinforced Concrete. Dissertation, Aachen: RWTH Aachen, 2019. [9] Guillem de Vera et al.: Chloride Penetration Prediction in Concrete through an Empirical Model Based on Constant Flux Diffusion. In: Journal of Materials in Civil Engineering 8/ 2014, S.-139. [10] Jeanette Orlowsky et al.: Mortar with recycled carbon fibres as active chloride barrier for reinforced concrete structures. Gehalten auf dem fib International Congress, Oslo, 12. bis 16. Juni 2022. [11] Markus Stoppel: Differenzpotentialfeldmessung in der automatisierten Prüfung von Stahlbetonbauwerken. Dissertation, Saarbrücken: Universität des Saarlandes, 2011. [12] Heidi Ungricht: Wasserhaushalt und Chlorid-eintrag in Beton. Dissertation, Zürich: ETH Zürich, 2004. [13] DGZfP (Deutsche Gesellschaft für zerstörungsfreie Prüfung): Merkblatt B- 14 - Quantifizierung von Chlorid in Beton mit der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS) (Entwurf). Berlin: DGZfP, 2022.