Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
kevb
expert Verlag Tübingen
21
2023
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Zerstörungsfreie Messung der Carbonatisierungstiefe mittels einseitiger Wasserstoffkernspinresonanz – Potenziale und Anwendungsgrenzen
21
2023
Clarissa Glawe
Michael Raupach
Die Carbonatisierung von zementbasierten Baustoffen ist nicht nur ein häufiger Auslöser für die Korrosion der Bewehrung von Stahlbeton, sondern bewirkt auch verschiedene wesentliche Eigenschaftsänderungen im carbonatisierten Bereich. Die Korrosion resultiert aus der Abnahme der Alkalität der Porenlösung im Bereich der Stahlbewehrung im Beton, was zur Auflösung der korrosionsschützenden Passivschicht der Bewehrung führt. Die Carbonatisierung geht neben der Abnahme des pH-Werts der Porenlösung mit einer Änderung des Porengefüges einher, die auf einer Wechselwirkung von Lösungs- und Fällungsprozessen basiert. Zur Ermittlung des korrosionsrelevanten Carbonatisierungsfortschritts wird derzeit der Phenolphthaleintest angewendet, der die Reduktion der Alkalität der Porenlösung auf einen pH-Wert < 9 anzeigt. Dieser zerstörenden Prüfungsmethode unter Anwendung einer gesundheitsschädigenden Lösung gegenüber steht die einseitige Wasserstoffkernspinresonanz (1 H NMR). Am Institut für Baustoffforschung (ibac) der RWTH Aachen University konnte mithilfe dieser zerstörungsfreien Untersuchungsmethode der Carbonatisierungfortschritt von Mörteln ermittelt werden. Dabei wurde neben der Carbonatisierungstiefe ebenfalls die Änderung des Porengefüges ermittelt. Durch die Korrelation der 1 H NMR Ergebnisse mit bekannten Methoden zur Ermittlung des Carbonatisierungsfortschritts konnten die mithilfe der 1 H NMR ermittelten Carbonatisierungstiefen bestätigt und auf weitere Materialien übertragen werden.
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8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 69 Zerstörungsfreie Messung der Carbonatisierungstiefe mittels einseitiger Wasserstoffkernspinresonanz - Potenziale und Anwendungsgrenzen Clarissa Glawe, M.-Sc. Institut für Baustoffforschung (ibac) der RWTH Aachen University Univ.-Prof. Dr.-Ing. Michael Raupach Institut für Baustoffforschung (ibac) der RWTH Aachen University Zusammenfassung Die Carbonatisierung von zementbasierten Baustoffen ist nicht nur ein häufiger Auslöser für die Korrosion der Bewehrung von Stahlbeton, sondern bewirkt auch verschiedene wesentliche Eigenschaftsänderungen im carbonatisierten Bereich. Die Korrosion resultiert aus der Abnahme der Alkalität der Porenlösung im Bereich der Stahlbewehrung im Beton, was zur Auflösung der korrosionsschützenden Passivschicht der Bewehrung führt. Die Carbonatisierung geht neben der Abnahme des pH-Werts der Porenlösung mit einer Änderung des Porengefüges einher, die auf einer Wechselwirkung von Lösungs- und Fällungsprozessen basiert. Zur Ermittlung des korrosionsrelevanten Carbonatisierungsfortschritts wird derzeit der Phenolphthaleintest angewendet, der die Reduktion der Alkalität der Porenlösung auf einen pH-Wert < 9 anzeigt. Dieser zerstörenden Prüfungsmethode unter Anwendung einer gesundheitsschädigenden Lösung gegenüber steht die einseitige Wasserstoffkernspinresonanz ( 1 H NMR). Am Institut für Baustoffforschung (ibac) der RWTH Aachen University konnte mithilfe dieser zerstörungsfreien Untersuchungsmethode der Carbonatisierungfortschritt von Mörteln ermittelt werden. Dabei wurde neben der Carbonatisierungstiefe ebenfalls die Änderung des Porengefüges ermittelt. Durch die Korrelation der 1 H NMR Ergebnisse mit bekannten Methoden zur Ermittlung des Carbonatisierungsfortschritts konnten die mithilfe der 1 H NMR ermittelten Carbonatisierungstiefen bestätigt und auf weitere Materialien übertragen werden. 1. Einleitung Die Carbonatisierung von Beton spielt sowohl im Bereich des CO 2 -armen Bauens als auch bei der Erhaltung von Bauwerken eine wichtige Rolle. Einerseits hat Beton die Fähigkeit das CO 2 aus der Atmosphäre zu binden und damit eine verringerte Porosität bei gleichzeitiger Erhöhung der Festigkeit zu erreichen. Zum anderen führt die Umwandlung der C-S-H Phasen im Beton durch die Reaktion mit dem Treibhausgas zu u. a. Calciumcarbonat (CaCO 3 ) zu einer Absenkung des pH-Wertes der Porenlösung im carbonatisierten Bereich. Die pHAbsenkung durch die Carbonatisierung wirkt sich negativ auf die Dauerhaftigkeit von Stahlbeton aus, indem es zu einer Depassivierung der Stahlbewehrung und im späteren Verlauf zu Rissen und Abplatzungen an der Bauteiloberfläche aufgrund der Volumenzunahme des Stahls im Rahmen der Korrosionsreaktion kommt. Im Gegensatz dazu bewirkt die Verringerung der Gesamtporosität bei der Betrachtung von Portlandzementen einen verringerten Feuchtigkeitstransport innerhalb des Bauteils und ermöglicht damit eine Verringerung des Eindringens korrosionsfördernder Stoffe wie Chloride. Unabhängig davon, welcher der beiden oben genannten Veränderungsprozesse betrachtet wird, spielt die Veränderung der Transporteigenschaften des carbonatisierten Bereichs eine grundlegende Rolle für die Dauerhaftigkeit der Konstruktion [1]. Um diesen Phänomenen eine Einheit zu geben, wurde die Carbonatisierungstiefe eingeführt, die auch heute noch den Stand der Technik für die Bestimmung des Ausmaßes der Carbonatisierung darstellt. Derzeit wird die Carbonatisierungstiefe in der Regel mit dem chemischen Indikator Phenolphthalein (C 20 H 14 O 4 ) als 1 %-ige Lösung bestimmt, die den Übergangspunkt eines pHWerts unter 9 der Oberflächen anzeigt, auf die sie aufgetragen wird [2]. Es ist jedoch zu beachten, dass die Carbonatisierung kein Prozess ist, der durch eine scharfe Grenze gekennzeichnet ist, sondern eher durch eine Übergangszone [3, 4]. Ausgehend von einer hohen Alkalität (pH > 12 [5]) zeigt eine Porenlösung mit einem pH-Wert von z. B. 11 bereits einen Carbonatisierungsfortschritt an, der mit Phenolphthalein nicht angezeigt würde. Dies führt möglicherweise bei bestimmten Bindemittelsystemen und klimatischen Einwirkungen zu flachen pH-Gradienten und damit zu einer Unterschätzung des Fortschreitens der Carbonatisierungsfront, so dass Reparaturmaßnahmen nicht rechtzeitig eingeleitet werden können. Gerade bei der Anwendung alternativer Bindemittel als neue Baustoffe scheint der Phenolphthaleintest nicht uneingeschränkt anwendbar zu sein, wenn es um die Bestimmung der Carbonatisierungstiefe geht. Alternative Bindemittel, wie z. B. Geopolymere auf Basis von alkalisch aktiviertem Metakaolin, scheinen nach derzeitigem Stand einen anderen Carbonatisierungsprozess hinsichtlich der Entwicklung der Alkalität ihrer Porenlösung zu durch- 70 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Zerstörungsfreie Messung der Carbonatisierungstiefe mittels einseitiger Wasserstoffkernspinresonanz - Potenziale und Anwendungsgrenzen laufen [6]. Daher wird es in Zukunft vermutlich einen zusätzlichen Bedarf an neuen Untersuchungsmethoden für die Carbonatisierung von Bindemitteln geben. Während viele Untersuchungen zur Instandsetzung carbonatisierter Bauwerke durch Oberflächenbehandlungen oder durch Wiederherstellung der Alkalität der Porenlösung des Betons durchgeführt wurden, z. B. [7-10], gibt es noch keinen Ansatz, der die Veränderung der Porosität, die daraus resultierenden Transporteigenschaften und die Entwicklung der Phasenzusammensetzung des Materials miteinander verbindet. Durch die Verknüpfung dieser Eigenschaften kann ein verbessertes Verständnis des Carbonatisierungsprozesses erreicht und damit neue Bedingungen für Reparaturmaßnahmen formuliert und die Einsatzmöglichkeiten neuer Bindemittel erweitert werden. Ergänzend zu der Bestimmung der Carbonatisierungstiefe durch den Phenolphthaleintest, gibt es verschiedene Methoden, um die Veränderung von zementbasierten Materialien während des Carbonatisierungsprozesses zu untersuchen, wie z. B. XRD, TGA und FTIR [11, 12]. Neben ihrem zerstörenden Charakter beruhen sie alle auf der Analyse von aufwändig präparierten Pulverproben, die in ihrer Ergebnisgenauigkeit durch die Genauigkeit des Entnahme- und Präparationsprozesses begrenzt sind. Dies führt dazu, dass in den bisherigen Forschungsarbeiten mit den oben genannten Methoden oft nur eine Annäherung an die betrachteten Prozesse erfolgt. Erste Versuche wurden unternommen, beschleunigt carbonatisierte Strukturen auf Zementbasis mittels der Wasserstoffkernspinresonanz ( 1 H NMR) zu charakterisieren [3, 13, 14]. Die zerstörungsfreie Untersuchungsmethode hat bei der Untersuchung poröser Materialien und Polymere sehr gute Ergebnisse erzielt, was sie zu einem vielversprechenden Werkzeug für die In-situ-Beobachtung von Baumaterialien macht [15-22]. Es wurde festgestellt, dass die 1 H-NMR die Möglichkeit bietet, die Carbonatisierungstiefe von Zementsteinproben zu bestimmen, die in guter Übereinstimmung mit der Carbonatisierungstiefe steht, die mit dem Phenolphthaleintest ermittelt wurde. Darüber hinaus ermöglicht die NMR eine genauere Charakterisierung der Strukturveränderungen während des Carbonatisierungsprozesses im Hinblick auf die Porengrößenverteilung bei wassergesättigten Proben. Infolgedessen wurde der carbonatisierte Bereich des untersuchten Systems in zwei Schichten unterteilt, die als carbonatisierte Zone und Übergangszone bezeichnet werden. Die Unterscheidung dieser Bereiche basiert auf unterschiedlichen Oberflächenrelaxivitäten, die auf eine Abnahme der Gesamtporosität in der carbonatisierten Schicht hinweisen, begleitet von einer Verschiebung zu größeren Porengrößen. Es ist zu beachten, dass eine Carbonatisierung unter beschleunigten Bedingungen (CO 2 -Konzentration-> 3 %) im Vergleich zur natürlichen Carbonatisierung andere Veränderungen im Gefüge und in den Reaktionsprodukten bewirkt [23, 24]. 2. Materialien und Methoden Im ersten Ansatz wurde mit der Wahl der Materialien beabsichtigt die negativen Einflüsse auf die Signalqualität der 1 H NMR möglichst gering zu halten. Da das Messprinzip der 1 H NMR auf dem Verhalten der Wasserstoffkerne im untersuchten Material infolge eines induzierten Magnetfeldes basiert, gilt es, sonstige magnetische Einflüsse, wie z. B. den Eisengehalt des zu messenden Materials, zu minimieren [25]. Entsprechend wurde ein auf Portlandzement basierender Weißzement (WPC) der Firma Dyckerhoff (FACE) der Zementart CEM I gewählt, der u. a.. durch einen geringen Eisenoxidgehalt charakterisiert wird. Es wurden Proben mit einem w/ z-Wert von 0,5 in Form von Normprismen mit den Abmessungen 40-x-40-x-160-mm³ und Platten mit den Abmessungen 300-x-300-x-40-mm³ hergestellt. Als Proof-of-Concept wurden weitere 1 H NMR Messungen an zwei Betonen in Anlehnung an die Altbetonklasse A4 nach [26] durchgeführt. Tab. 1 umfasst die Rezepturen und Festigkeiten der zwei Betone sowie des Weißzementmörtels nach 28 Tagen. Tab. 1: Rezeptur und Festigkeiten nach 28 Tagen der untersuchten Proben WPC MC040 MC040MK w/ z-Wert 0.5 0.4 Zementart CEM I Weißzement CEM I Grauzement Zement kg/ m 3 455 455 318.5 Metakaolin - - 136.5 Wasser 228 182 Gesteinskörnung 1593 1771.5 1771.5 f c,28d N/ mm 2 52.0 79.6 82.3 Die Proben des WPC wurden 24-Stunden nach der Herstellung im Anschluss an eine Lagerung unter feuchten Tüchern ausgeschalt und anschließend für 6 Tage in Wasser gelagert, um den Einfluss der Nachhydratation innerhalb der Versuche zu minimieren. Auf die Wasserlagerung folgte eine Lagerung für 21 Tage bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 100-%. Aus den Platten wurden Bohrkerne mit einem Durchmesser von 50-mm bzw. 100-mm und einer Höhe von 40-mm präpariert und bei einer Temperatur (21-± 2)-°C und einer relativen Luftfeuchtigkeit (65-±-5)-%-zur natürlichen Carbonatisierung für 10 Monate gelagert. Nach 10 Monaten natürlicher Carbonatisierung wurde ein Bohrkern mit 50-mm Durchmesser zur Messung mithilfe der einseitigen 1 H NMR für 14-Tage in Leitungswasser bis zur Massekonstanz gelagert. Zur Messung mittels der einseitigen 1 H NMR wurde eine CPMG-Messsequenz gewählt, welche die Gewinnung eines tiefengestaffelten Messsignals in festgelegten Schrittweiten erlaubt. Im Experiment entsprach die Schrittweite von 500-µm bis zu einer Messtiefe von 10-mm insgesamt 21-Messtiefen. 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 71 Zerstörungsfreie Messung der Carbonatisierungstiefe mittels einseitiger Wasserstoffkernspinresonanz - Potenziale und Anwendungsgrenzen Abb. 1: Gegenüberstellung der Qualität des Messsignals einer einfachen Messung und einer Messung gemittelt aus 10 Experimenten. 1.0E-05 2.0E-01 4.0E-01 6.0E-01 8.0E-01 1.0E+00 0.00 2.00 4.00 6.00 8.00 10.00 12.00 14.00 16.00 Time in ms Amplitude in a.u. R² = 0.1899 R² = 0.9463 0.0E+00 1.0E-01 2.0E-01 3.0E-01 4.0E-01 1.00 2.00 3.00 4.00 5.00 1024 Scans 10 * 1024 Scans Abb. 2: Einseitige NMR MOUSE PM25 der Firma Magritek, maximale Messtiefe 25 mm.Abb. 3: Schematische Darstellung der Probenpräparation zur Gewinnung von tiefengestaffelten Pulverproben in 500 µm Schritten. Jededer 21 Messtiefen wurde mithilfe 1024 Scans und einer Anzahl von 200 Echoes mit einer Echozeit von 0.158- ms bei einem recycle delay von 500- ms gemessen. Diese Messsequenz wurde pro Tiefe 10 Mal wiederholt. Die Messungen wurden mithilfe einer einseitigen 1 H NMR MOUSE der Firma Magritek durchgeführt, die eine maximale Messtiefe von 25-mm erlaubt (vgl. Abb. 2) [27]. Gleiche Parameter wurden für die Messung der Betonproben in Form von Platten (100-x-100-x-50-mm³) verwendet, welche für 90 Tage bei 3-%iger-CO 2 Atmosphäre (T-=-(21-± 2)-°C; rel.-Luftf.-=-(65-±-5)-%) gelagert wurden.- Abb. 3: Schematische Darstellung der Probenpräparation zur Gewinnung von tiefengestaffelten Pulverproben in 500 µm Schritten. Die Wiederholung der Messsequenz ermöglicht eine Reduktion der Streuung des Messsignals und ein sich daraus ableitendes steigendes Signal-zu-Rausch Verhältnis. Abb. 1 zeigt dazu den Unterschied des Messsignals einer einzelnen Messsequenz verglichen zu einem Signal, welches aus 10 Messsequenzen gemittelt wurde. Zur Veranschaulichung wurden die unterschiedlichen Messsignale mit einer einfach exponentiellen Funktion unter Angabe des Bestimmungsmaßes R 2 gefittet. Im Hinblick auf die Auswertung des Messsignals hinsichtlich des Porengefüges, welche auf einem multiexponentiellen Fit des Messsignals basiert, bietet diese Methodik die Möglichkeit eines deutlich zuverlässigeren Ergebnisses. Die gemittelten Messsignale in Form von exponentiellen Zerfallskurven wurden unter Anwendung der Auswertungsroutine nach [28] ausgewertet, bei der das Signal anhand 4 einzelner Exponentialfunktionen gefittet wird. Jede der Funktionen entspricht einer der Bindungsformen des Wassers nach [29-32] im untersuchten Volumen und gibt Aufschluss über die Porenstruktur des Materials. Zur Korrelation wurden neben den 1 H NMR Untersuchungen weitere Untersuchungen zur Charakterisierung des Carbonatisierungsfortschritts und zur Ermittlung der Carbonatisierungstiefe an natürlich carbonatisiertem WPC durchgeführt. Dabei wurde neben dem Phenolphthaleintest, die Kohlenstoff-Schwefel-Analyse (CSA), Thermogravimetrie (TGA) sowie Lichtmikroskopie durchgeführt. Sowohl bei der CSA als auch bei den TGA Untersuchungen wurden Pulverproben aus einem Bohrkern mit einem Durchmesser von 100-mm in 500-µm Schritten ausgehend von der Bohrkernoberfläche bis zu einer Tiefe von 5-mm präpariert und analysiert. Abb. 3 zeigt dazu eine schematische Darstellung zur Probenpräparation der Proben zur Untersuchung mittels CSA und TGA. Um einen Einfluss der carbonatisierten Randbereiche auszuschließen, wurden die Bohrkerne (Ø-=-100-mm) mit einem Durchmesser von 80-mm überbohrt. Anschließend wurden die tiefengestaffelten Pulverproben mit einer Feinheit von 125-µm durch partielles Abschleifen der Probe in 500-µm Schritten erreicht. Ergänzend dazu wurden Dünnschliffe präpariert, welche den Querschnitt des Bohrkerns mit einem Durchmesser von 50-mm in 28-mm Breite und 48-mm Tiefe ausgehend von der Probenoberfläche umfassen. Die Dünnschliffe wurden in fluoreszierendem als auch nicht pigmentiertem Epoxidharz eingebettet und auf eine Dicke von 25-µm geschliffen und abgedeckt. Die Untersuchungen der Betonproben als Proof-of-Concept wurden auf 1 H NMR Messungen und Phenolphthaleintests zur Korrelation der ermittelten Carbonatisierungstiefen reduziert. 72 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Zerstörungsfreie Messung der Carbonatisierungstiefe mittels einseitiger Wasserstoffkernspinresonanz - Potenziale und Anwendungsgrenzen 3. Ergebnisse und Diskussion 3.1 Phenolphthaleintest Abb. 4: Ergebnis des Phenolphthaleintests an einer WPC-Probe nach zehnmonatiger, natürlicher Carbonatisierung. Die Ergebnisse des Phenolphthaleintests, der nach 10 Monaten natürlicher Carbonatisierung an der WPC-Probe durchgeführt wurde, ist in Abb. 4 dargestellt. Beide Proben weisen einen ungefärbten Rand auf, was auf eine Carbonatisierung der Proben in diesem Bereich hinweist, wie unter 1 erläutert. Die durch den Phenolphthaleintest ermittelte Carbonatisierungstiefe d c pH betrug im Falle des WPC 1,5 mm, ausgehend von der Luftseite. Die drei Schalseiten weisen eine scheinbar doppelt so hohe Carbonatisierungstiefe auf, die jedoch im weiteren Verlauf nicht berücksichtigt wird. 3.2 Einseitige 1 H NMR Die zylindrische Probe wurde mit den in 2.1 genannten Messparametern im trockenen und wassergesättigten Zustand mithilfe der einseitigen 1 H NMR gemessen. Das Signal wurde hinsichtlich der verschiedenen Arten von gebundenem Wasser gemäß [29, 30] unter Anwendung eines Multiexponentiellen Fits [28] ausgewertet. Abb. 5 bis Abb. 6 zeigen die sich ergebende Verteilung der Bindungsformen des gemessenen Wassers in Vol.% als Funktion der Messtiefe. Um den prozentualen Anteil der verschiedenen Arten von gebundenem Wasser zu erhalten, wurden die gemessenen Amplituden auf die maximal messbare Amplitude von reinem Leitungswasser normiert. Ausgehend von der Probenoberfläche ergeben die ersten 0,5 mm ein Mischsignal aus der Probe und der Luftschicht zwischen der Probenoberfläche und dem Messkopf der 1 H-NMR. Neben dem Mischsignal der ersten 500 µm zeigt das Gesamtsignal, das die Menge des im Messvolumen vorhandenen Wassers repräsentiert, einen charakteristischen Verlauf entsprechend dem Wert d c pH . Dabei zeichnet sich die carbonisierte Schicht durch einen geringeren Wassergehalt aus, verglichen zur nicht carbonatisierten Schicht (d > d c pH ). Beide Schichten sind durch eine Übergangszone verbunden, die einen mittleren Wassergehalt aufweist. Der nicht carbonatisierte Teil der Probe lässt sich neben dem höheren Signal durch eine konstante Steigung des Gesamtsignals definieren, was, wie im Folgenden beschrieben, als nicht veränderte Struktur des Mörtels interpretiert werden kann. Zusätzlich zum Wassergehalt kann das NMR-Signal ausgewertet werden, um die verschiedenen Arten des gebundenen Wassers zu ermitteln. Basierend auf den Ergebnissen von [27] können vier verschiedene Arten unterschieden werden. Es muss klargestellt werden, dass nur physikalisch (nicht- und teilkristallin) gebundenes Wasser mit 1 H-NMR gemessen werden kann, was darauf beruht, dass die Relaxationszeiten von kristallin gebundenem Wasser zu kurz sind, um nachgewiesen werden zu können. Aus diesem Grund werden in der bisherigen Forschung die verschiedenen Arten von gebundenem Wasser häufig als Porentypen mit zunehmender Größe bezeichnet [27, 28], entsprechend der Reihenfolge ihres Auftretens in Abb. 5. Wie aus Abb. 5 im nicht carbonatisierten Bereich zu entnehmen ist, ist das vorhandene Wasser hauptsächlich im Typ „Gel“ gebunden, gefolgt von dem Typ „Interlayer“, der sich auf den Raum zwischen den Schichten der Calciumsilikathydrate (C-S-H) bezieht. Die Typen „Interhydrat“ und „Kapillar“ wurden in dem nicht carbonatisierten Teil der Probe nicht nachgewiesen. Im Vergleich dazu wird der Bereich von der Luftseite der Probe bis zur Tiefe d c pH , von einer gröberen Struktur dominiert. Die gröbere Struktur ergibt sich aus den nachgewiesenen Formen, die als „Interhydrat“ und „Kapillar“ bezeichnet werden und größere Poren beschreiben. In Kombination mit dem geringeren Gesamtsignal im carbonatisierten Bereich lässt sich ableiten, dass die strukturelle Veränderung während der Carbonatisierung eine Verschiebung der Porengrößen hin zu größeren Poren bei gleichzeitiger Abnahme der Gesamtporosität ( ф NMR ) bewirkt. Diese Ergebnisse stimmen mit denen von [14] und [12] überein, bei denen eine Zunahme größerer Poren als Folge der Carbonatisierung von zementbasierten Materialien mittels 1 H-NMR und Quecksilberporosimetrie (MIP) festgestellt wurde. Es wird angenommen, dass die Zunahme größerer Poren in Kombination mit einer Verringerung des Porenraums insgesamt aus dem Abbau der CSH-Phasen (dargestellt durch „Interlayer“) entsteht. Dieser Abbau resultiert aus der Kristallisation des eingedrungenen CO 2 mit Calciumhydroxid (Ca(OH) 2 ) zu Calciumcarbonat (CaCO 3 ), wodurch es zu einer Verarmung an Calcium in der Porenlösung kommt. Dem aus der Verarmung entstandenem Konzentrationsgefälle zwischen Zementstein und Porenlösung wird durch die Lösung des Calciums aus den CSH-Phasen entgegengewirkt. Diese Reaktion geht mit der Freisetzung von Wasser und einer Volumenverringerung des Reaktionsprodukts einher, was zu einer Zunahme der größeren Porengrößen führt. Die Abnahme des Porenraums insgesamt ist eine Folge der Ausfällungsprozesse des CaCO 3 während der Carbonatisierungsreaktion, das sich im Raum zwischen den Hydratationsprodukten des Zements absetzt [12]. 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 73 Zerstörungsfreie Messung der Carbonatisierungstiefe mittels einseitiger Wasserstoffkernspinresonanz - Potenziale und Anwendungsgrenzen Abb. 5: Auswertung der tiefengestaffelten 1 H-NMR Messung mit der Verteilung der Bindungsformen des Wassers als Funktion der Tiefe einer wassergesättigten WPC-Probe, w/ z-=-0.5. Wie in den Abbildungen dargestellt und basierend auf den Ergebnissen der 1 H-NMR-Messung an wassergesättigten Proben, wurde der carbonatisierte Bereich in zwei Schichten unterteilt, die als „Carbonatisierter Bereich“ und „Übergangszone“ bezeichnet werden und insgesamt die Carbonatisierungstiefe in Bezug auf die 1 H-NMR ergeben. Diese Tiefe wird als d c NMR bezeichnet. Ein Vergleich von d c NMR und d c pH ergibt eine signifikante Differenz von 1-mm, was zu einer Unterschätzung der Carbonatisierungstiefe durch den Phenolphthaleintest von 75 % führt. Ausgehend von der Beobachtung, dass die carbonatisierte Schicht durch eine Vergröberung der Struktur aufgrund des Abbaus des C-S-H und damit einer Verschiebung des Anteils von chemisch gebundenem zu freiem und physikalisch gebundenem Wasser gekennzeichnet ist, kann die Grenzfläche zwischen der Übergangszone und der carbonatisierten Schicht als Trocknungsfront verstanden werden. Diese Trocknungsfront bei 1,5- mm entsteht durch die Hysterese des kapillar gebundenen Wassers, das so lange freigesetzt wird, bis der Wasserdampfdruck minimiert ist. Ein höherer Anteil größerer Poren führt daher zu einem geringeren Wasseranteil in einer Umgebung, die durch eine Luftfeuchtigkeit unterhalb der Wasserdampfkapazität der Luft gekennzeichnet ist [33, 34]. Diese Annahme wird durch die in Abb. 6 dargestellten Ergebnisse der Messungen an einer trockenen Probe bestätigt, die in gleicher Weise konditioniert wurden wie die im wassergesättigten Zustand gemessenen Proben. Die Messung zeigt, dass das Gesamtsignal hauptsächlich aus dem Signal des Wassers besteht, das teilkristallin im „Interlayer“-Raum gebunden ist. Die Änderung der Steigung des Gesamtsignals stimmt mit der des Gesamtsignals der wassergesättigten Proben überein. Diese Übereinstimmung lässt die Vermutung zu, dass die Carbonatisierungstiefe an trockenen Proben gemessen werden konnte, was für die Anwendung der 1 H-NMR vor Ort von Interesse ist. Auch wenn eine detaillierte Charakterisierung der Struktur anhand der verschiedenen Arten von gebundenem Wasser an trockenen Proben nicht möglich ist, könnte die Carbonatisierungstiefe auf zerstörungsfreie Weise bestimmt werden. Abb. 6: Auswertung der tiefengestaffelten 1H-NMR Messung mit der Verteilung der Bindungsformen des Wassers als Funktion der Tiefe einer trockenen WPC- Probe, w/ z-= 0.5. 3.3 Kohlenstoff-Schwefel-Analyse (CSA) Als Korrelationsmethode wurde die Kohlenstoff-Schwefel-Analyse (CSA) auf die gemäß 2.1 präparierten Pulverproben angewendet. Die Ergebnisse sind in Abb. 7 dargestellt. Zusätzlich zum CO 2 - und SO 3 -Gehalt ist im Diagramm der Bereich der Übergangszone gemäß den 1 H-NMRErgebnissen zwischen 1,5 und 2,5 mm Tiefe hervorgehoben. Abb. 7: Ergebnisse der tiefengestaffelten CSA, der graue Bereich markiert die Lage der Übergangszone nach den Ergebnissen der 1 H NMR. Die CSA-Ergebnisse zeigen eine Veränderung des Gehalts beider Spezies in Abhängigkeit der Tiefe, wobei der CO 2 -Gehalt mit zunehmender Tiefe abnimmt, während der SO 3 Gehalt steigt. Im Bereich der d c NMR zeigen die Anteile von CO 2 und SO 3 im Vergleich zum nicht-carbonatisierten Bereich der Probe in Tiefen von mehr als 2,5 mm umgekehrte Ergebnisse. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit [35], wo eine Entmischung von schwefel- und alkalienhaltigen Bestandteilen im Zementstein in Form einer Verarmung an Schwefel im carbonatisierten Bereich beobachtet wurde. 74 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Zerstörungsfreie Messung der Carbonatisierungstiefe mittels einseitiger Wasserstoffkernspinresonanz - Potenziale und Anwendungsgrenzen Abb. 8: Dünnschliffaufnahme im Durchlicht mit Markierung der verschiedenen Teilbereiche infolge der Carbonatisierung der WPC Probe nach natürlicher Carbonatisierung. Abb. 9: Mikroskopaufnahmen im linear polarisierten Licht mit den Teilbereichen B und C zum Vergleich der Zementmatrix im carbonatisierten und nicht carbonatisierten Bereich. 3.4 Lichtmikroskopie Für die Untersuchungen mittels Lichtmikroskopie im Durchlicht wurden die in 2 beschriebenen Dünnschliffe, welche in nicht pigmentiertem Epoxidharz eingebettet wurden, verwendet. zeigt einen Ausschnitt des Dünnschliffs, welcher die drei Teilbereiche basierend auf den 1 H NMR Ergebnissen, umfasst. Der nicht carbonatisierte Bereich unterscheidet sich vor allem durch eine heller erscheinende Matrix von den Bereichen „Übergangszone“ und „Carbonatisierte Schicht“. Zurückzuführen ist dies auf die Ausfällung von Carbonaten als Folge der Carbonatisierung, die mit einer Abnahme der Gesamtporosität einhergehen (vgl. 3.2). Die dunkler erscheinende Matrix resultiert entsprechend aus einem dichteren Gefüge im carbonatisierten Bereich und der Übergangszone, wodurch das Durchlicht reduziert wird. Zur genaueren Betrachtung der Gefügeänderungen durch die Carbonatisierung, wurden weitere Aufnahmen bei erhöhter Vergrößerung erstellt. Abb. 9 ist eine Zusammenstellung einer weiteren Übersichtsaufnahme der drei Teilbereiche bei linear polarisiertem Licht. Die Markierung B und C definieren die Bereiche, welche mit höherer Vergrößerung aufgenommen wurden. Die Zementsteinmatrix im carbonatisierten Bereich besteht zum Großteil aus feinkörnigem Material, das im linear polarisierten Licht in hellen, bunten Farben erscheint. Basierend auf diesem Erscheinungsbild kann von Carbonaten mikritischen Charakters gesprochen werden. Diese finden sich ebenfalls in der Grenzzone der Aggregate zur Zementmatrix (Interfacial Transition Zone - ITZ). Dem gegenüber steht eine deutlich dunklere Matrix im Bereich C, welcher dem nicht carbonatisierten Bereich entspricht. Aufgrund der in 3.2 ermittelten Komponentenverteilung, wurde das Erscheinungsbild der Matrix im nicht carbonatisierten Bereich den CSH-Phasen zugeordnet. 3.5 Thermogravimetrische Analyse (TGA) Zur abschließenden Bewertung der Möglichkeit zur Anwendung der 1 H NMR zur zerstörungsfreien Messung der Carbonatisierungstiefe und den daraus abgeleiteten Änderungen der strukturellen und mineralogischen Eigenschaften, wurde an den Pulverproben aus 3.3 thermogravimetrische Untersuchungen tiefengestaffelt durchgeführt. Die Analyse wurde mithilfe einer Thermowaage der Firma METTLER TOLEDO TGA/ DSC 1 Star e System in einem Temperaturbereich von 30 bis 890-°C und einer Auf heizrate von 10-K/ min durchgeführt. Abb. 10 zeigt den Masseverlust der Proben als Funktion der Temperatur. Auf Grundlage von [12] wurde der Kurvenverlauf in verschiedene Temperaturbereiche unterteilt. Mithilfe des kumulativen Masseverlusts in Abb. 11 konnten die Änderungen innerhalb verschiedener Temperaturbereiche den Bestandteilen der Probe zugeordnet und somit die prozentuale Phasenzusammensetzung ermittelt werden. Anhand der TGA Messungen kann die Abnahme der CSH-Phasen im carbonatisierten Bereich bestätigt werden. Dies kann durch einen erhöhten Masseverlust mit steigender Messtiefe im Bereich von 0 bis 300-°C im Vergleich zum oberflächennahen Bereich der Probe bis zu einer Tiefe von ca. 1,5-mm nachvollzogen werden. Der Abnahme der CSH- Phasen gegenüber steht die Zunahme der Carbonate, deren Zersetzung bei Temperaturen zwischen 500 und 800-°C stattfindet. Eine Unterscheidung der verschiedenen Carbonatmodifikationen wurde an dieser Stelle nicht vorgenommen. 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 75 Zerstörungsfreie Messung der Carbonatisierungstiefe mittels einseitiger Wasserstoffkernspinresonanz - Potenziale und Anwendungsgrenzen Abb. 10: DTG Kurve der tiefengestaffelten TGA zur Darstellung der Masseänderung pro 1-°C. Abb. 11: Kumulativer Massenverlust als Ergebnis der tiefengestaffelten TGA. Die berechneten Anteile der verschiedenen Phasen auf Grundlage des Massenverlustes in den jeweiligen Temperaturbereichen, wurden als Funktion der Tiefe in Abb. 12 abgetragen. Anhand eines Vergleiches des Kurvenverlaufes in Abb. 12 mit den Ergebnissen der CSA in Abb. 7, kann eine Übereinstimmung der Massenanteile der Carbonate festgestellt werden. 0.00 0.50 1.00 1.50 2.00 2.50 3.00 3.50 4.00 0.00 2.00 4.00 6.00 8.00 10.00 12.00 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 5 Carbonate C-S-H Portlandit Carbonatanteil [%] C-S-H-, Portlanditanteil [%] Messtiefe in mm Abb. 12: Berechnete Phasenanteile als Funktion der Tiefe auf Grundlage der TGA. Daraus ableitend kann mithilfe der TGA der absolute Anteil der verschiedenen Phasenbestandteile in den verschiedenen Tiefenlagen ermittelt werden. Ein Vergleich des Anteils der CSH-Phasen mit dem mittels 1 H NMR berechneten Anteil an CSH-Phasen in Form der „Interlayer“-Komponente, zeigt eine Abweichung der CSH- Phasen verglichen zur TGA. Dieser Abweichung liegt zugrunde, dass mithilfe der 1 H-NMR nicht die CSH-Phasen als Feststoff gemessen werden sondern lediglich das Wasser, welches in den CSH-Zwischenschichten gebunden wird [29]. Dabei kann es sich um eine mehrmolekulare Schicht handeln, wodurch sich ein von 1 abweichendes Verhältnis von CSH-Phasen zum gebundenen Wasser in dieser Struktur, ergibt. Die Betrachtung des tiefenabhängigen Anteils der Carbonate als Ergebnis der TGA zeigt, dass bis zu einer Messtiefe von 5-mm kein konstanter Carbonatanteil in der Probe erreicht wurde, was auf einen Carbonatisierungsfortschritt bis zu einer Tiefe größer 5-mm hinweist. 4. Proof of Concept Durch die Korrelation der Ergebnisse der 1 H-NMR mit weiteren Untersuchungsmethoden wie TGA, CSA und Mikroskopie, stellt die Carbo-natisierungstiefe d c NMR eine präzisere Bestimmung des Carbonatisierungsprozesses in Abhängigkeit von der Tiefe dar als d c pH , welche durch den Phenolphthaleintest bestimmt wird. Um die Anwendung der 1 H-NMR als Werkzeug zur Bestimmung der Carbonatisierungstiefe zu erweitern, wurden Messungen mit den gleichen Parametern wie in 2.1 an zwei verschiedenen Betonarten durchgeführt, deren Zusammensetzung und Konditionierung in Tabelle 2 angegeben bzw. in 2.1 beschrieben sind. 0 5 10 15 20 25 0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 5 5.5 6 6.5 7 7.5 8 8.5 9 9.5 Interlayer Gel Interhydrat Kapillar Gesamt Ф NMR in % Tiefe in mm Bindungsformen des Wassers (nach Jennings) MC040 wassergesättigt Signal durch Oberflächenanomalien beeinflusst 76 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Zerstörungsfreie Messung der Carbonatisierungstiefe mittels einseitiger Wasserstoffkernspinresonanz - Potenziale und Anwendungsgrenzen 0 5 10 15 20 25 0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 5 5.5 6 6.5 7 7.5 8 8.5 9 Interlayer Gel Interhydrat Kapillar Gesamt Tiefe in mm Ф NMR in % Bindungsformen des Wassers (nach Jennings) MC040MK wassergesättigt Signal durch Oberflächenanomalien beeinflusst Abb. 13: Ergebnisse der NMR Messungen an nicht und beschleunigt carbonatisiertem Beton gemäß (vgl. 2). Die abgeleitete Gesamtporosität als Funktion der Tiefe ist in Abb. 13 zu sehen. Die beiden Betone wurden vor und nach der beschleunigten Carbonatisierung gemessen. Damit können hydratationsbedingte strukturelle Oberflächenanomalien ausgeschlossen werden, die als Veränderungen infolge der Carbonatisierung interpretiert werden könnten. Die aus den Untersuchungen des Modellzementmörtels abgeleiteten Annahmen sind auf die beiden Betonsorten übertragbar. Obwohl die Gesteinskörnung eine Vergröberung des Gesamtgefüges bewirkt, ist die Abnahme der Porosität bei gleichzeitiger Zunahme der größeren Poren im Zementstein durch die 1 H-NMRErgebnisse nachvollziehbar. Die Korrelation der 1 H-NMRErgebnisse des WPC mit weiteren Untersuchungsmethoden (vgl. 3.3 und 3.4), die eine zerstörende Bestimmung der Carbonatisierungstiefe ermöglichen, geben Anlass, den charakteristischen Kurvenverlauf der verschiedenen Arten gebundenen Wassers, die mit der 1 H-NMR als Funktion der Tiefe beider Betone nachgewiesen wurden, als die durch die Carbonatisierung verursachten Alterierungsprozesse zu interpretieren. Die Überlagerung der Ergebnisse des Phenolphthaleintests mit den Ergebnissen der tiefengestaffelten 1 H-NMR-Messungen an den zwei Betonen vor und nach der beschleunigten Carbonatisierung zeigt den aus 3.2 abgeleiteten, charakteristischen Verlauf der Änderung der Gefügestruktur als Funktion der Tiefe. Dabei zeigen beide Betone im carbonatisierten Bereich eine Abnahme der Gesamtporosität, welche von einer Abnahme der den CSH-Phasen zugeordneten Komponente „Interlayer“ begleitet wird. Gleichzeitig wurde eine Zunahme der den größeren Poren zugeordneten Messsignalen „Interhydrat“ und „Kapillar“ festgestellt. Diese Ergebnisse stimmen mit den Ergebnissen der 1 H-NMR-Messungen am carbonatisierten WPC überein. Ebenfalls konnte bei beiden Betonen eine Übergangszone ermittelt werden, deren Grenze im Falle des MC040 Betons die maximale Messtiefe der einseitigen 1 H NMR übersteigt und eine Messung des nicht carbonatisierten Bereiches nicht möglich war. Verglichen dazu zeigt der Beton mit einer 30 %-igen Substitution des Zements mit Metakaolin (MC040MK) nach der beschleunigten Carbona-tisierung für 90 Tage den Kurvenverlauf, welcher durch zwei Plateaus verbunden durch einen Übergangsbereich charakterisiert wird. Die Plateaus repräsentieren den carbonatisierten Bereich im oberflächennahen Bereich bis zu einer Tiefe von 4-mm und zum anderen den nicht carbonatisierten Bereich ab einer Tiefe von 6,5-mm. Eine Gegenüberstellung der verschiedenen Signalkomponenten lässt auch bei diesem Beton eine Verschiebung zu einer gröberen Gefügestruktur im carbonatisierten Bereich ableiten, welcher vor allem durch die Zunahme der Messsignale der „Interhydrat“ und „Kapillar“ Komponente charakterisiert werden. Gleichzeitig kommt es zu einer Abnahme des in der „Interlayer“- Komponente gebundenen Wassers, das die CSH-Phasen im Gefüge repräsentiert. Die Korrelation der 1 H-NMR-Ergebnisse mit dem Phenolphthalientest resultiert auch hier in einer Abweichung der ermittelten Carbonatisierungstiefen mit d c pH < d c NMR . Berücksichtigt werden sollte hier jedoch die Schwierigkeit der Bestimmung von d c pH aufgrund der Gesteinskörnung, die zu einem unscharfen Grenzverlauf des Phenolphthaleintests führt. 5. Fazit Die beschriebenen Untersuchungen und die aufgeführten Ergebnisse zeigen, dass mithilfe der einseitigen 1 H NMR die Carbonatisierungstiefe zerstörungsfrei ermittelt werden kann. Darüber lassen sich folgende Ergebnisse zusammenfassen: • Die 1 H NMR bietet die Möglichkeit neben der Tiefe ebenfalls die strukturellen und z.T. auch mineralogischen Veränderungen zu erfassen. • Nicht nur anhand der Messung wassergesättigter Proben konnte die Carbonatisierungstiefe gemessen werden, sondern ebenfalls an Proben in einem bis zur Massekonstanz getrockneten Zustand. • Ein Vergleich der Ergebnisse mit der aktuell gängigen, zerstörenden Methode des Phenolphthaleintests zur Ermittlung der Carbonatisierungstiefe hat gezeigt, dass die strukturellen Veränderungen als Folge der Carbonatisierung keiner klaren Grenze folgen, wie es der Phenolphthaleintest vermuten lässt. Vielmehr kann der carbonatisierte Bereich in zwei Teilbereiche unterteilt werden, die in den vorliegenden Untersuchungen in Summe eine im Vergleich zum Phe- 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 77 Zerstörungsfreie Messung der Carbonatisierungstiefe mittels einseitiger Wasserstoffkernspinresonanz - Potenziale und Anwendungsgrenzen nolphthaleintest 75 % höhere Carbonatisierungstiefe zeigten. • Mithilfe der NMR wurde für die untersuchten Bindemittel die Abnahme der CSH-Phasen bei gleichzeitiger Zunahme der Carbonate und einer damit einhergehenden Reduzierung der Gesamtporosität und Vergröberung der Porenstruktur als Folge der Carbonatisierung gemessen. • Auch Materialien, die alternative Bindemittel wie z. B. Metakaolin enthalten, konnten mithilfe der NMR hinsichtlich ihre Gefügestruktur und den durch die Carbonatisierung hervorgerufenen Veränderungen untersucht werden. 6. Ausblick Im weiteren Verlauf der Untersuchungen der Carbonatisierung von mineralischen Baustoffen mithilfe der 1 H NMR gilt es die vorgestellte Methode auf weitere Materialien anzuwenden. Besonders interessant ist dabei die Untersuchung weiterer alternativer Bindemittel, um die dauerhaftigkeitsbezogene Charakterisierung dieser Materialien voranzutreiben. Quellen [1] Kropp J., Karbonatisierung und Transportvorgänge in Zementstein. (1983) Universität Karlruhe, [2] DIN EN 14630: 2007-01, Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerken-Prüfverfahren-Bestimmung der Karbonatisierungstiefe im Festbeton mit der Phenolphthalein-Prüfung. (2007) [3] Díaz-Díaz F., F. de Cano-Barrita P., Leon-Martinez F. M.,Castellanos F., Unilateral low-field magnetic resonance measurements of carbonation depth in unsaturated and saturated Portland cement mortars. 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