eJournals Kolloquium Erhaltung von Bauwerken 8/1

Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
kevb
expert Verlag Tübingen
21
2023
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Die Bedeutung von wasserdichten Fugensystemen für die Erhaltung von Bauwerken

21
2023
Stephan Sinz
Fugen sind Schwachstellen eines Bauwerks, in der Bauausführung aber unumgänglich. Fehler in der Planung oder Ausführung von Fugen führen jedoch zu beträchtlichen Schäden. Deshalb ist der Einsatz von wasserdichten Fugen-Profilsystemen in Bauwerken, wie z.B. Parkbauten, Schwimmbädern, Großküchen zwingend erforderlich. Bei wasserdichten Fugensystemen ist insbesondere darauf zu achten, dass das gesamte Fugensystem dauerhaft wasserdicht an die angrenzende Oberflächenabdichtung, sei es ein OS-System oder eine bituminöse Bauweise, angeschlossen wird. Besondere Aufmerksamkeit ist dabei der richtigen Ausbildung von Formteilen entlang des Fugenverlaufs zu widmen. In diesem Beitrag werden neben Hinweisen zur Planung von Fugen wichtige Hinweise zur Ausführung, insbesondere dem Anschluss an die verschiedenen Abdichtungsarten, gegeben.
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8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 191 Die Bedeutung von wasserdichten Fugensystemen für die Erhaltung von Bauwerken Grundlagen der Planung, Bemessung und Auswahl von Fugenprofilen Dipl.-Ing. Stephan Sinz Migua Fugensysteme GmbH, Wülfrath Zusammenfassung Fugen sind Schwachstellen eines Bauwerks, in der Bauausführung aber unumgänglich. Fehler in der Planung oder Ausführung von Fugen führen jedoch zu beträchtlichen Schäden. Deshalb ist der Einsatz von wasserdichten Fugen-Profilsystemen in Bauwerken, wie z.B. Parkbauten, Schwimmbädern, Großküchen zwingend erforderlich. Bei wasserdichten Fugensystemen ist insbesondere darauf zu achten, dass das gesamte Fugensystem dauerhaft wasserdicht an die angrenzende Oberflächenabdichtung, sei es ein OS-System oder eine bituminöse Bauweise, angeschlossen wird. Besondere Aufmerksamkeit ist dabei der richtigen Ausbildung von Formteilen entlang des Fugenverlaufs zu widmen. In diesem Beitrag werden neben Hinweisen zur Planung von Fugen wichtige Hinweise zur Ausführung, insbesondere dem Anschluss an die verschiedenen Abdichtungsarten, gegeben. 1. Planung Eine Bewegungsfuge ist eine geplante Unterbrechung einer Konstruktion zur Vermeidung von Rissen. Eine Fuge hat zahlreiche wesentliche Aufgaben im Bauwerk zu übernehmen, wird aber im laufenden Baubetrieb oft wenig beachtet. So kommt es teils zu verheerenden Fehlern, die mit der richtigen Vorgehensweise zu verhindern sind. Alle Bewegungsfugen des Rohbaus sind entlang des Fugenverlaufs bis in die Oberkante des Fußbodens mit Hilfe von Fugenprofilsystemen so zu übernehmen, dass die Gebrauchstauglichkeit dauerhaft gegeben ist. Basis ist die richtige Planung. Dazu gehört zu allererst die Aufnahme der wesentlichen Anforderungen für ein passendes Fugensystem. Das Bauordnungsrecht fordert bei wasserdichten Fugensystemen den Nachweis eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses (AbP). Nur mit diesem Nachweis, einer fachgerechten Planung und dem ordnungsgemäßen Einbau kann ein (erneuter) Chlorideintrag im Bereich einer Parkhausfuge dauerhaft ausgeschlossen werden. Chloride, die in unseren Breitengraden mit jedem Winter in befahrene Bauwerke eingetragen werden, zerstören nachweislich die Bausubstanz. Aber auch in anderen Baukörpern, wie Küchen, Schwimmbädern u.dgl. sind Wasser oder Chemikalien aus dem Bauwerk heraus zu halten. Bild 1: Wasserschaden durch nicht fachgerechte Fugenausbildung Deshalb ist es absolut wichtig, ein Fugenprofil wasserdicht an die jeweilige Oberflächenabdichtung anzuschließen, sei es ein OS-System oder eine bituminöse Bauweise. Eine sogenannte dauerelastische Verfüllung mit Fugenmassen ist für befahrene Flächen absolut ungeeignet. Die Abdichtungsnormen unterscheiden zwischen Fugentyp I und II hinsichtlich der Häufigkeit der Bewegungen. Fugentyp I gilt für Fugen mit kleinen Bewegungen, die einmalig ablaufen. Da diese einmaligen Bewegungen aber bereits bei Tag-Nacht-Wechsel und stärker noch bei Sommer-Winter-Wechsel tatsächlich wiederkehrende Bewegungen sind, sollte sinnvollerweise generell Fugentyp II als Grundlage für die verantwortungsbewusste Planung herangezogen werden. 192 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Die Bedeutung von wasserdichten Fugensystemen für die Erhaltung von Bauwerken Im Folgenden sind eine Reihe von Merkmalen für die Auslegung eines Fugensystems festzulegen. Dies ergibt sich aus der geplanten Nutzung sowie der Tragkonstruktion. Bild 2: Einflussfaktoren auf die Profilbemessung 2. Bemesssung Zu den festzulegenden Bemessungsdaten gehören zunächst die Fugenbreite sowie die Fugenbewegung in allen drei Dimensionen, also Öffnung, Scherung und Setzung. Für die Bewegungsaufnahme im Profil ist die vektorielle Addition der drei Bewegungsrichtungen entscheidend. Für diese Bewegungsdaten ist ein Profil passgenau zu dimensionieren. Dabei sind alle Lastzustände einzuplanen und zu berücksichtigen, dass die Bewegungen nicht immer symmetrisch ablaufen. Bild 3: Bemessungsdaten für Fugenprofilsysteme Achtung: auch wenn keine Scherung rechnerisch zu erwarten ist, kann durch die vorhandene Geometrie - z.B. bei einem Z-Versatz oder 90°Winkeldie Bewegung quer zur Fuge zu einer Scherung des Profils führen. Die Vielzahl der möglichen Fugenverläufe muss durch passgenaue Formteile des Fugensystems abgebildet werden können. Dabei ist die durch den Baukörper vorgegebene Fugengeometrie mit dem Fugenprofil zwingend zu übernehmen. Es müssen sowohl die Formteile untereinander, als auch das Profil mit der angrenzenden Abdichtung wasserdicht verbunden werden. Wenn dies nicht berücksichtigt wird, können die Bauteilbewegungen nicht im Profil aufgenommen werden. Schäden und Abrisse wären die Folge. Bild 4: Beispielhafte Formteile für Fugenprofilsysteme Gleiches gilt für Endstücke, Endaufkantungen. Da ein bewegliches stumpf an eine Wand geführtes Bewegungselement nicht dicht abschließen kann, sind Endstücke für die Dichtigkeit und Bewegungsaufnahme an den Profilenden zwingend notwendig. Die Höhe der Aufkantungen ist individuell festzulegen. Bild 5: Formteil/ Endaufkantung an Türdurchgang Fugenprofile, sollten in der Fugenbreite und Fugenbewegung anpassbar sein, um bei ungeplanten, großen Bewegungen, dennoch Lösungen zu bieten. Dies kann z.B. durch die Austauschmöglichkeit der mittleren Bewegungseinlage sichergestellt werden. Bild 6: verschiedene Bewegungseinlagen 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 193 Die Bedeutung von wasserdichten Fugensystemen für die Erhaltung von Bauwerken Bild 7: Bemessungsdaten für Fugenprofilsysteme Die Profilhöhe ist von dem Bodenauf bau abhängig und sollte in Abhängigkeit der Ebenheitstoleranzen festgelegt werden. Dabei wird das Profilsystem immer auf einen dünnen, ausgleichenden Fugenglattstrich gesetzt und benötigt einen lastabtragenden Untergrund, meist die Geschossdecke. Besondere Berücksichtigung bedarf die Festlegung der einwirkenden statischen oder dynamischen Lasten. Die Profilbemessung erfordert die Angabe von Linienlasten oder den direkten Bezug auf die DIN 1991. Bei Einsatz von Staplern und Hubwagen mit harten Rollen sind unbedingt Einzelfallbetrachtungen der Radlasten durchzuführen. Bild 8: Wasserdichte Formteilausbildung Ein maschinell gefertigtes Fugenprofil hat eine sehr viel höhere Genauigkeit und Geradheit, als ein handwerklich gefertigter, flächiger Boden mit den erlaubten Ebenheitstoleranzen. Deshalb sind Absprachen zu treffen, damit Höhenversätze zwischen Profil und Belag vermieden werden. Sofern ein Gefälle vorgesehen ist, sind Hoch- und Tiefpunkte beim Fugenprofil zwingend zu übernehmen. Bild 9: Fugenverlauf mit ausgeprägten Hoch- und Tiefpunkten Auch wenn Fugenprofile nicht zum konstruktiven Brandschutz eingesetzt werden, gibt es Profilsysteme, die nach Brandschutzrichtlinien zertifiziert wurden. So sollte eine Klassifizierung mit Bfl,s1 standardmäßig gefordert werden. 3. Anpassung an die Oberflächenabdichtung Wenn ein wasserdichtes Fugenprofil eingesetzt werden soll, muss zwingend ein geprüftes wasserdichtes Fugensystem mit der Möglichkeit des Anschlusses an Oberflächenschutzsysteme geplant und ausgeführt werden. Die sogenannten Anschlussfolien laufen beidseitig entlang des eigentlichen Profils und binden in die jeweilige Abdichtung ein. Ohne diese Folien kann zwar das Profil an sich dicht sein, nicht aber das Gesamtsystem, bestehend aus Profil und Flächenabdichtung. Bild 10: verschiedene Anschlussmöglichkeiten von Fugenprofilen an Abdichtungsarten Für Beschichtungen, bituminöse Abdichtungen, als auch für Anschlüsse an die verschiedenen Flüssigkunststoffabdichtungen müssen angepasste Anschlussfolien zum Fugenprofil existieren, um den Erfordernissen der Baustelle nachkommen zu können. Migua bietet dabei auch die Möglichkeit der Kombination, z.B. auf der einen Seite des Profils eine OS-Beschichtung anzudichten und auf der anderen Seite an einen Gussasphalt. Diese Kombination ist oft im Übergang von Rampen zum Freideck zu finden und bedarf einer fachgerechten Lösung. 194 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Die Bedeutung von wasserdichten Fugensystemen für die Erhaltung von Bauwerken Bild 11: Profilübergang zwischen OS-System und bituminöser Abdichtung Eng verbunden mit dem Wassermanagement ist auch die Frage der Ableitung des Wassers, also dem Einsatz von Rinnen. Bei der Planung von Rinnen sind, ergänzend zu den vorab genannten, weitere Aspekte zu beachten. So ist die anfallende Wassermenge festzulegen, Abläufe nach Größe und Lage festzulegen und ein gewünschtes Gefälle zu planen. Dieses ist aus statischen Gründen oft nicht umsetzbar, so dass eine vorgegebene Topologie übernommen werden muss. Bei der Wassermenge ist nach Lage der Rinne zu unterscheiden, ob mit einem Regenereignis oder z.B. mit Schleppwasser, das durch Fahrzeuge eingetragen wird, gerechnet werden muss. Bild 12: Bemessungsdaten für Rinnen Rinnen sind nach DIN EN 1433 in Lastklassen eingeteilt. Gitterroste müssen die vorgesehenen Lasten gefahrlos abtragen. Sofern optische Aspekte wichtig sind, stehen als Alternative zu Gitterrosten hochwertige Abdeckungen aus Edelstahl in unterschiedlichen Rutschhemmklassen zur Verfügung. Da Rinnensysteme planmäßig mit teils korrosivem Medien in Kontakt kommen, sind medienberührte Materialien in V2A- oder besser V4A-Qualität auszuwählen. Der Wasserlauf selber ist bei dieser einzigartigen Konstruktion aus einem nichtrostenden Kunststoff eingehängt, so dass auf der Baustelle sogar die Schweißarbeiten entfallen. Bild 13: Rinne mit Designabdeckung, Klasse R10 V10 Gleichzeitig muss eine Rinne an ein Oberflächenschutzsystem wasserdicht anschließbar sein. Dies erfolgt analog zu dem bewährten Verfahren, das bei Migua-Fugenprofilen seit 30 Jahren erfolgreich umgesetzt wird, mit sogenannten Anschlussfolien. Formteile sind bei Rinnen in gleicher Weise wie bei Fugenprofilen nach Bedarf vorzusehen. Bild 14: Rinne mit Anschluss an Gussasphalt auf dem Freideck eines Parkhauses Bild 15: Wasserdichter Anschluss einer Rinne an eine bituminöse Abdichtung 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 195 Die Bedeutung von wasserdichten Fugensystemen für die Erhaltung von Bauwerken Eine fachgerechte Planung wird Baukörperfugen möglichst an Hochpunkten und Entwässerungsrinnen an Tiefpunkten der Baukonstruktion vorsehen. In der Praxis ist dies jedoch nicht immer umsetzbar, so dass die Entwässerung von Parkbauten manchmal neben einem Fugenprofil oder in Extremfällen über ein Fugenprofil erfolgt. Für diese parallellaufenden Rinnen und Fugen gibt es spezielle Kombinationen in verschiedenen Varianten. Bild 16: Beispiel einer Fugen-Rinnen-Kombination mit Formteil „Stützenumfahrung“ Bild 17: Beispiel einer Fugen-Rinnen-Kombination Sofern sich jedoch Fuge und Rinne kreuzen, entstand bisher das Problem, dass der Rinnenkörper vor der Fuge enden und ein eigenständiger, zusätzlicher Ablauf angeordnet werden musste. Teilweise ist sogar eine Umkehr der Fließrichtung mit allen seinen Folgen erforderlich. Mit der Entwicklung dieser einzigartigen Fugen-Rinnen- Kreuzung kann nun direkt der Rinnenkörper an das Fugenprofil angeschlossen und über dieses entwässert werden. Dieses zum Patent angemeldete System kann mit allen bekannten Abdichtungssystemen kombiniert werden. Bild 18: Neu entwickelte Fugen-Rinnen-Kreuzung 4. Sichtfläche gleich Dichtfläche Migua bietet mit dem System Sichtfläche = Dichtfläche die Besonderheit für Fugenprofile wie auch Rinnen an, dass direkt an der sichtbaren Oberfläche des Profils abgedichtet wird. Im Unterschied zu anderen Herstellern wird die Dichtebene nicht unter dem Fugenprofil durchgeführt. Somit entsteht kein Wasseraufstau im Profil mit den damit verbundenen Nachteilen. Durch die einzigartige Konstruktionsart kann auch bei bituminöser Abdichtung das Wasser komplett außerhalb des Profils gehalten werden und die Dichtigkeit des Profils schon an der Oberfläche erkannt werden. Der Einsatz fachgerecht geplanter und eingebauter wasserdichter Profilsysteme ist in Bauwerken zwingend. Ein auf diese Weise passgenaues, mit Formteilen versehenes Profilsystem, welches mit angepassten Anschlussfolien dauerhaft dicht mit der Oberflächenabdichtung verbunden ist, sichert eine lange Nutzungsdauer. Kontakt zum Autor: Stephan Sinz sinz@migua.de Mobil: +49 162-907 59 25