eJournals Kolloquium Erhaltung von Bauwerken 8/1

Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
kevb
expert Verlag Tübingen
21
2023
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Mittels LIPS wissen, was drin ist: Qualitativ hochwertige Ergebnisse bei der Zustandserfassung von Bauwerken und Schadensanalyse mittels laserinduzierter Plasmaspektroskopie (LIPS)

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2023
Matthias Bernhard Lierenfeld
Philipp Truffer
Die differenzierte Abschätzung der Bauteilwiderständen anhand von leistungsbezogenen d. h. performancebasierten Konzepten und Anwendungshilfen hat sich in den letzten Jahren immer mehr etabliert. Somit können u. a. mittels am bestehenden Bauwerk ermittelten Kennwerten, wie z. B. dem scheinbaren Diffusionskoeffizienten, fundierte Kennwerte für die Dauerhaftigkeitsbemessungen bestimmt werden können. Diese werden z. B. aufgrund von gemessenen Chlorideindringprofilen mittels Curve-Fittings bestimmt. Im vorliegenden Bericht werden die Ergebnisse der ermittelten Kennwerte aus einer engmaschigen Untersuchungskampagne mittels laserinduzierte Plasmaspektroskopie (LIBS) präsentiert. Mit einem Messraster von minimal 0.1 x 0.1 mm können sehr präzise Daten für die Chlorideindringprofile ermittelt werden. Bei den weitergehenden Analysen wurde zudem der kritische korrosionsauslösenden Chloridgehalts gemäß eines an der ETH Zürich entwickelten Verfahrens, objekt- bzw. bauteilspezifisch bestimmt und für die Berechnung der Restnutzungsdauer angesetzt. Im vorliegenden Beitrag wird hierauf unter Einbezug von Messdaten und -auswertungen aus LIBS -Untersuchungen eingegangen.
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8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 257 Mittels LIPS wissen, was drin ist: Qualitativ hochwertige Ergebnisse bei der Zustandserfassung von Bauwerken und Schadensanalyse mittels laserinduzierter Plasmaspektroskopie (LIPS) Dr. Matthias Bernhard Lierenfeld Valtest AG, Lalden, Schweiz Dipl. Bauing. (ETH/ SIA) Philipp Truffer Valtest AG, Lalden, Schweiz Zusammenfassung Die differenzierte Abschätzung der Bauteilwiderständen anhand von leistungsbezogenen d. h. performancebasierten Konzepten und Anwendungshilfen hat sich in den letzten Jahren immer mehr etabliert. Somit können u. a. mittels am bestehenden Bauwerk ermittelten Kennwerten, wie z. B. dem scheinbaren Diffusionskoeffizienten, fundierte Kennwerte für die Dauerhaftigkeitsbemessungen bestimmt werden können. Diese werden z. B. aufgrund von gemessenen Chlorideindringprofilen mittels Curve-Fittings bestimmt. Im vorliegenden Bericht werden die Ergebnisse der ermittelten Kennwerte aus einer engmaschigen Untersuchungskampagne mittels laserinduzierte Plasmaspektroskopie (LIBS) präsentiert. Mit einem Messraster von minimal 0.1 x 0.1 mm können sehr präzise Daten für die Chlorideindringprofile ermittelt werden. Bei den weitergehenden Analysen wurde zudem der kritische korrosionsauslösenden Chloridgehalts gemäß eines an der ETH Zürich entwickelten Verfahrens, objektbzw. bauteilspezifisch bestimmt und für die Berechnung der Restnutzungsdauer angesetzt. Im vorliegenden Beitrag wird hierauf unter Einbezug von Messdaten und -auswertungen aus LIBS -Untersuchungen eingegangen. 1. Einführung Bauwerke müssen tragsicher, gebrauchstauglich und im Normalfall auch dauerhaft sein. Unter der Voraussetzung, dass er fachgerecht hergestellt und verarbeitet sowie optimal nachbehandelt wurde, ist Stahlbeton eigentlich ein dauerhafter Baustoff. Stark und Wicht definieren in [1] die Dauerhaftigkeit von Beton dementsprechend, dass Bauteile aus Beton bei Beanspruchungen durch Einwirkungen aus Betrieb und Umwelt über die vorgesehene Nutzungsdauer bei ausreichender Wartung und Instandhaltung genügend beständig sind. Der Nachweis der Tragsicherheit und Gebrauchstauglichkeit wird durch Bemessungs- und normenbasierte Nachweisverfahren gewährleistet. Die Anforderungen an die Dauerhaftigkeit werden jedoch über erfahrungsbasierte, empirische Regeln abgehandelt. Je nach Exposition des Betonbauteils muss der Beton z. B. eine Mindestzementmenge, einen maximalen Wasser-Zementwert und eine minimale Bewehrungsüberdeckung aufweisen. Mit der Einhaltung dieser deskriptiven und rein empirischen Regelungen aus der Betonnorm SN EN 206 [2] wird davon ausgegangen, dass damit eine Nutzungsdauer von 50 bzw. 100 Jahren erreicht wird. Betonbauteile unterliegen vielfältigen und hohen Beanspruchungen aus nutzungs- und umweltbedingten Einwirkungen. Die dadurch ausgelösten Schäden nehmen über das Bauteilalter progressiv zu, wodurch erhebliche Kosten verursacht werden. Bei Fragen z. B. zur Restnutzungsdauer, geben die oben erwähnten deskriptiven Ansätze jedoch vielfach nur unzureichende Antworten. Bei Einwirkungen auf Betonbauteile infolge Chloridbeaufschlagung liefern leistungsbezogene d. h. performancebasierte Konzepte und Anwendungshilfen fundiertere Lösungsansätze. 2. Bemessung der Dauerhaftigkeit und Lebensdauerprognose Grundsätzlich bestehen bei semiprobabilistischen Dauerhaftigkeitsbemessungen keine Unterschiede, ob diese bei einer Dauerhaftigkeitsbemessung (Neubau) oder Lebensdauerprognose (Bestandsbau) angewendet werden. Es finden die gleichen Schädigungs-Zeit-Gesetze, probabilistischen Methoden und Grenzzustandsdefinitionen Verwendung. Nachfolgend wird vermehrt auf die Lebensdauerprognose bei bestehenden Bauwerken eingegangen. Eine nachhaltige Instandsetzungsplanung erfordert gemäß der DAfStb-Instandsetzungsrichtlinie [3] eine detaillierte Zustandserfassung des betroffenen Betonbauwerks. Mit dem heutigen deskriptiven Ansatz sind verlässliche Aussagen jedoch nicht bzw. nur bedingt möglich. Trotzdem sehen sich Fachleute gezwungen, fundierte Aussagen zur weiteren Entwicklung der Schädigung am Bauwerk (Lebensdauerprognose) und über mögliche einzuleitende Maßnahmen zu machen, damit die angestrebte Nutzungsdauer erreicht wird. Aussagen und Einschätzungen zur Restnutzungsdauer oder zu Instandsetzungsmaßnahmen sollten nicht willkürlich getätigt 258 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Qualitativ hochwertige Ergebnisse bei der Zustandserfassung von Bauwerken und Schadensanalyse mittels laserinduzierter Plasmaspektroskopie (LIPS) werden, sondern auf der Berechnung des fortschreitenden d. h. zeitabhängigen Dauerhaftigkeitsverlusts beruhen. 3. Dauerhaftigkeitsrelevante Schädigungen Im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit von Stahlbetonbauteilen sind die karbonatisierungs- und chloridinduzierte Bewehrungskorrosion bei zahlreichen Bauwerken die wesentliche Schadensbeanspruchung. Für die Beurteilung dieser beiden Schädigungsmechanismen sind semiprobabilistische Nachweiskonzepte zur Dauerhaftigkeitsbemessung und -bewertung bereits vorhanden. Im weiteren Verlauf wird vermehrt auf die chloridinduzierte Bewehrungskorrosion eingegangen. Der Stahl im Beton ist durch die Alkalität der Porenlösung (pH-Wert 12.5 bis 13.5) vor Korrosion geschützt. Die mikroskopisch dünne Passivschicht unterbindet dabei die anodische Eisenauflösung. Wenn der Chloridgehalt des Betons einen charakteristischen kritischen korrosionsauslösenden Chloridgehalts (C crit ) überschreitet, wird die Passivschicht und damit auch der Korrosionsschutz der Bewehrung degradiert. Der Schädigungsablauf bei chloridinduzierter Bewehrungskorrosion läuft grundsätzlich gleich ab (Abb.3-1): (I) In der Einleitungsphase dringt die Chloride zur Oberfläche der Bewehrung vor, ohne, dass es zu einer eigentlichen Schädigung am Bauwerk kommt. Am Ende dieser Phase ist die Passivschicht nicht mehr stabil, d. h. die Bewehrung ist depassiviert. (II) In der Schädigungsphase beginnt die eigentliche Schädigung der Bewehrung aufgrund der einsetzenden Korrosion, welche sich je nach Grad der Schädigung zuerst in Form von auftretenden Rissen und anschliessend fortschreitend mit Betonabplatzungen zeigt. Am Ende dieser Phase ist der Grenzzustand der Tragfähigkeit erreicht. 4. Semiprobabilistisches Bemessungsmodell 4.1 Modellansatz Im Bereich der Tragsicherheit und der Gebrauchstauglichkeit hat sich das semiprobabilistische Sicherheitskonzept basierend auf Grenzzuständen durchgesetzt. Zufallsverteilten Einwirkungen (E) werden zufallsverteilten Tragwiderstände (R) gegenübergestellt. Da für beide Zufallsgrössen vielfach unzureichende empirische Kenntnisse vorliegen, wird der Ansatz dementsprechend so gewählt, dass zwischen den Bemessungswerten der jeweiligen Verteilungsfunktionen ein genügend grosser Sicherheitsabstand vorliegt. Ein Versagen des Tragwerks, d. h. Überschreiten des Grenzzustands wird vermieden, solange folgende Bedingung gilt: R - E > 0 (1) Abb. 1: Zeitliche Entwicklung der Bauteilschädigung durch Bewehrungskorrosion [4] Für leistungsbezogene Dauerhaftigkeitsbemessung wird das gleiche Grundprinzip herangezogen: Möglichen Beton- und Bauteilwiderständen werden die zu erwartenden umgebungsbedingten Beanspruchungen aus der jeweiligen Exposition gegenübergestellt. Als Grenzzustand gilt hierbei eine Depassivierung der Betonstahloberfläche durch eindringende Chloride. Es wird eine mögliche Depassivierung des Betonstahls durch das Erreichen eines kritischen korrosionsauslösenden Chloridgehalts C crit auf Höhe der Betonstahloberfläche zugrunde gelegt [5]. Mit dem Erreichen dieses Werts ist der Grenzzustand für die chloridinduzierte Betonstahlkorrosion erreicht [6], sodass folgende Grenzzustandsgleichung gilt: g(X, t) = C crit - C(c, t SL ) (2) C crit kritischer korrosionsauslösender Chloridgehalt [M- %/ Z] C(c, t SL ) Chloridgehalt an der Betonstahloberfläche zum Zeitpunkt t SL [M-%/ Z] c Bewehrungsüberdeckung [m] t SL Nutzungsdauer (Service Life) [Jahr] Die Zustandsprognose erfolgt durch eine Zuverlässigkeitsanalyse mit Hilfe der Grenzzustandsgleichung (2) und durch Festlegung eines Zielwertes des Zielzuverlässigkeitsindex ß 0 , mit welchem die Anforderungen an die Sicherheit des Bauwerks für den betrachteten Zeitpunkt ausgedrückt wird. Bei der vorliegenden Modellbetrachtung gilt es zu beachten, dass sich die Aussagen ausschliesslich auf den Zeitpunkt der Korrosionsinitiierung d. h. den Beginn der Schädigungsphase (Abb. 1) beziehen. 4.2 Widerstand In der Grenzzustandsgleichung (2) stellt C crit den Widerstand dar. Es handelt es dabei sich um einen angenommenen Schwellenwert, der u. a. von Dicke und Qualität der Betondeckung abhängig ist. In der Wis- 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 259 Qualitativ hochwertige Ergebnisse bei der Zustandserfassung von Bauwerken und Schadensanalyse mittels laserinduzierter Plasmaspektroskopie (LIPS) senschaft ist man sich im Grundsatz einig, dass es nicht einen fixen gleichbleibenden C crit gibt, sondern er ist von einer Vielzahl von Parametern abhängig. [7]. Die Schweizer Norm SIA 269/ 2 besagt, dass bei Chloridgehalten < 0.4 M-%/ Z kaum Korrosion vorhanden und bei Chloridgehalten zwischen 0.4 und 1.0 M-%/ Z Korrosion möglich ist. Verschiedene Untersuchungen zeigten, dass C crit bauteilbezogen sehr stark streuen kann. Laut Angst et al. [8] lagen die entsprechenden Werte bei einem konkreten Bauwerk zwischen 0.04 und 8.34 % M-%/ Z. Bei der vereinfachten Methode der semiprobabilistischen Dauerhaftigkeitsbemessung wird für C crit eine statistische Betaverteilung mit einem Mittelwert von 0.6-M-%/ Z angenommen [5]. Es handelt sich daher um eine Zufallsgrösse mit einer entsprechenden Streuung, ohne die lokalen oder materialtechnologischen Gegebenheiten zu berücksichtigen. In [8, 9] wird ein standardisiertes Verfahren zur bauteilspezifischen Bestimmung des C crit im Labor beschrieben. Dabei werden Probekörper aus einem chloridbelasteten Bauwerk entnommen und nach einer entsprechenden Präparation ausgelagert (Chloridexponierung). Durch einen gesteuerten Chlorideintrag durch den Überdeckungsbeton wird rein über Diffusion ein Chloridtransport bis zur Bewehrung ausgelöst. Die Detektion der Korrosionsinitiierung erfolgt mittels Potenzialmessung. Sobald das Potenzial ausgehend von einem ursprünglich definierten Passivlevel innerhalb von 24 Stunden um 150 mV abfällt und anschliessend das Potenzial während mehrerer Tage auf diesem Niveau verweilt, wird dies als der stabile Anfang der Korrosionsinitiierung angenommen. Die Untersuchungen von Angst et al. [8] zeigten, dass teilweise sehr hohe Chloridgehalte tolerierbar sind, ohne das Korrosion einsetzte. Auf der anderen Seite kann jedoch bereits bei Chloridgehalten unter den bekannten Grenzwerten Korrosion ausgelöst werden. Insgesamt steht folglich ein Instrument zur Verfügung, welches es ermöglicht bauteilbezogen C crit zu bestimmen. 4.3 Einwirkung Der vorhandene Chloridgehalt an der Betonstahloberfläche zum Zeitpunkt t repräsentiert die Einwirkung [6]. Die Grenzzustandsgleichung (2) kann somit auch wie folgt beschrieben werden: g(X,t) = c x crit (t SL ) (3) c Bewehrungsüberdeckung [m] x crit (t SL ) Tiefenlage des kritischen korrosionsauslösenden Chloridgehalts zum Zeitpunkt t SL [m] Zur Abschätzung des Zeitraums vom Beginn der Chloridbeaufschlagung bis zur Depassivierung des Betonstahls (Initiierungsphase) wird der zeit- und tiefenabhängige Chlorideindringverlauf im Beton bestimmt. Es handelt sich dabei um einen Diffusionsprozess gemäss des zweiten Fick’schen Diffusionsgesetz [5]. (4) C(x,t) Chloridgehalt [M-%/ Z] in der Tiefe x von der Bauteilbzw. Probekörperoberfläche [mm] zum Zeitpunkt t C S,Δx Chloridgehalt an der Bauteiloberfläche (bei Δx=0) bzw. in der Tiefe Δx zum Beobachtungszeitpunkt in Abhängigkeit der anstehenden Chloridquelle, welche als konstante Einwirkung angenommen wird (Oberflächenchloridgehalt) [M-%/ Z] Δx Tiefenbereich, in dem ggf. das Chlorideindringverhalten durch intermittierende Chlorid einwirkung vom Fick’schen Diffusionsverhalten abweicht [mm] C 0 Eigenchloridgehalt des Betons [M-%/ Z] D app(t) scheinbarer Chloriddiffusionskoeffizient des Betons [mm 2 / Jahr] zum Zeitpunkt t t Zeitdauer vom Beginn der Beaufschlagung bis zur Inspektion bzw. die Lebensdauer [Jahr] erfc Komplementäre der Gauss’schen Fehlerfunktion (=1-erf) Abb. 2: Ermittlung von D test(t0) und C s,0 bzw. C s,Δx anhand von nasschemischen Chloridprofilen aus bestehenden Bauwerken oder Laborkurzzeitversuch [6]. 260 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Qualitativ hochwertige Ergebnisse bei der Zustandserfassung von Bauwerken und Schadensanalyse mittels laserinduzierter Plasmaspektroskopie (LIPS) Abb. 3: a) Schematische Darstellung des verwendeten Messprinzips des LIBS-Messgeräts bei der Valtest AG. b) Foto eines erzeugten Plasmas auf einer Betonoberfläche. c) Typisches Messspektrum eines Betons im Wellenlängenbereich von 276 nm zu 322 nm. Für die Ermittlung der Restnutzungsdauer werden folgende Parameter mittels Curve-Fittings bestimmt: • scheinbarer Chloriddiffusionskoeffizient D app(t0) • der Altersexponent α app • der Oberflächenchloridgehalt bzw. der Chloridgehalt in der Tiefe Δx (Konvektionszone; Nasschemie Annahme von 10 mm) und C S, Δx (Abb.-2) • die Mindestdeckung c min (5 %-Quantil der am Bauteil gemessenen Betondeckung) Weitere Eingangsparameter werden aus dem Chloridprofil durch eine Regressionsanalyse unter Verwendung der Gleichung (4) berechnet [5]: Der scheinbare Chloriddiffusionskoeffizient zum Zeitpunkt der Inspektion D app(tinsp) sowie der Oberflächenchloridgehalt bzw. der Chloridgehalt in der Tiefe Δx (Konvektionszone) C S, Δx,insp . 5. Bestimmung des Chloridgehalts mittels Laserinduzierte Plasmaspektroskopie (LIBS) LIBS ist ein berührungsloses Analyseverfahren zur Untersuchung von Baustoffen. Das Resultat ist eine zweidimensionale Darstellung der Elementverteilung der untersuchten Baustoffoberfläche. Bei der Messung kann die Probenoberfläche mit einem minimalen Raster von 0.1 x 0.1 mm automatisiert abgescannt werden (schematischer Auf bau in Abb. 3). Mit einem hochenergetischen gepulsten Laserpuls werden kleinste Materialmengen an der Oberfläche der Probe verdampft und in ein Plasma (Temperaturen von > 10.000° K) überführt. Dabei werden die chemischen Bindungen aufgebrochen. Nach Beendigung der Energiezufuhr kühlt das Plasma ab und zerfällt wieder («breakdown»), wobei element-charakteristische Strahlung emittiert wird. Durch Spektralanalyse des vom Plasma emittierten Lichts können in Abhängigkeit der Wellenlänge Spektrallinien identifiziert werden, wodurch ein Nachweis von einzelnen Elementen ermöglicht wird. Durch dieses Messprinzip sind grundsätzlich alle Elemente des Periodensystems zeitgleich nachweisbar. Es können alle für die Zusammensetzung des Zements und der Gesteinskörnung sowie die für die Schädigungsprozesse im Beton relevanten Elemente (z. B. Chlor, Schwefel, Natrium, und Kohlenstoff) bestimmt werden. Durch die Verwendung von Standards kann eine Kalibrierung und somit auch eine Quantifizierung der Ergebnisse ermöglicht werden. Das LIPS-Verfahren bietet dabei folgende Vorteile: • Die Probe wird zweidimensional abgescannt und die Elementverteilung ortsaufgelöst dargestellt. Die Heterogenität des Betons wird bei der Ergebnisdarstellung berücksichtigt, da die Gesteinskörnung durch die Verwendung von bestimmten Algorithmen ausgeschlossen wird. • Die Elementgehalte werden quantifiziert. • Durch die simultane Detektion von unterschiedlichen Elementen werden mehrere für eine mögliche Schädigung in Frage kommende Einflussgrößen gleichzeitig analysiert (Multi-Element-Analyse). • Die Probenvorbereitung/ -präparation ist einfach und schnell. Durch das automatisierte Messverfahren liegen die Resultate innert kürzester Zeit vor. LIBS kann u. a. bei den folgenden Fragestellungen angewendet werden: • Nachweis der Chlorverteilung und des -gehalts in der Bindemittelmatrix sowie der Karbonatisierungsfront inkl. Visualisierung von Transport- und Umverteilungsvorgängen innerhalb des Betons • Kennwertermittlung (scheinbarer Chloriddiffusionskoeffizient) bei semiprobabilistischen Dauerhaftigkeitsbemessungen (Ermittlung von Restnutzungsdauern oder Bemessung von Schichtdicken für Betonersatz bei Chloridbeaufschlagung) • u.v.m. 6. Anwendungen Nachfolgend sollen einige konkrete Anwendungen von LIBS-Analysen aufzeigen, wie sehr C crit a) innerhalb des gleichen Bauwerks schwanken kann und b) wie stark C crit Auswirkung auf die Restnutzungsdauerberechnung eines Bauwerks hat. In den Jahren 2020-2022 fand eine großflächige Zustandsuntersuchung eins 13-stöckigen Parkhauses, welches besonders in den Wintermonaten aufgrund seiner Lage in einem renommierten Walliser Skiort sehr hohen Chloridbelastungen ausgesetzt ist, statt. Im Rahmen dieser Zustandsuntersuchung wurde eine Vielzahl an Bohrkerne zur Bestimmung der Chloridbelastungen 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 261 Qualitativ hochwertige Ergebnisse bei der Zustandserfassung von Bauwerken und Schadensanalyse mittels laserinduzierter Plasmaspektroskopie (LIPS) und -eindringtiefen mittels LIPS-Analysen entnommen und anschließend an der ETH Zürich mit der in Kapitel 4.2 beschriebenen Methode der C crit bestimmt. Zur Lokalisierung geeigneter Orte für die Bohrsondagen wurde eine vollflächige Potentialmessung eines jeden Parkdecks durchgeführt. Somit konnten vorgängig Bereiche mit hohem, mittlerem und niedrigen Korrosionsrisiko identifiziert werden, um gezielt Bohrkern zu entnehmen. Im weiteren Verlauf wurde die Bewehrungsüberdeckung mittels Ferroscan (Hilti PS 300) bestimmt und mittels Sondagen verifiziert. Mit Hilfe der Sondage konnte zusätzlich der Fortschritt der Bewehrungskorrosion aufgenommen werden. Anschließend folgte die eigentliche Probennahme mittels Bohrsondagen. Insgesamt wurden seitens der Valtest AG 83 Bohrkerne gezogen (Dachgeschoss, 2. - 9. Untergeschoss und die Rampenauffahrten), wobei bei den Parkdecks 7-8 und auf der Rampe 13 Bohrkern gezogen wurden. Anschliessend wurden die Bohrkerne parallel zur Längsachse halbiert (trocken geschnitten) und mittels LIPS die Chloridverteilung bestimmt. Hierbei gilt es zu beachten, dass sich die LIBS-Messwerte auf den Zementstein (CP) beziehen. Die LIBS-Messergebnisse wiesen teils sehr hohe (bis zu > 4 M-%/ CP; Abb. 4) und tiefreichende Chloridbelastungen auf (> 80 mm Tiefe). Weniger kritisch gestaltete sich das Bild auf dem Dachgeschoss sowie den Rampenauffahrten, welche größtenteils von tiefreichenden Chlorideinträgen verschont geblieben sind. Da es sich bei dem LIBS-Messverfahren um eine Multi-Element-Analyse handelt, kann gleichzeitig noch die Tiefe der Karbonatisierung ermittelt werden. Diese war in den meisten Fällen nicht signifikant und dort, wo sie auftrat, lag sie im Bereich < 10 mm und stellte somit das geringere Korrosionsrisiko im Vergleich zur chloridinduzierten Korrosion dar. Abb. 4: Flächige Darstellung der Chlorverteilung mit Ausschluss der Gesteinskörnung mit dazugehörigem Tiefenprofil Zur Ermittlung von C crit wurden anschließend zusätzlich 22 weitere Bohrkerne auf sechs Parkdecks gezogen. Pro Parkdeck wurden mindestens zwei Bohrkerne für die Bestimmung von C crit mit der an der ETH Zürich in Kapitel 4.2 beschriebenen Methode verwendet. Der Mittelwert pro Parkdeck schwankt zwischen 0.05 und 0.89 M-%/ Z, wobei der maximale Einzelwert für einen Bohrkern mit 2.05 M-%/ Z mehr als doppelt so groß ist. Zusätzlich weisen die Werte nicht nur zwischen den einzelnen Parkdecks massive Schwankungen auf, sondern auch innerhalb eines Parkdecks konnte Unterschiede von 0.1 zu 2.05 M-%/ Z pro Bohrkern festgestellt werden (siehe Abb. 5). Nach dem Erhalt der Ergebnisse wurden eine semiprobalistische Dauerhaftigkeitsbemessungen durchgeführt. Hierbei werden die Modellvariablen nicht als rein statistische Parameter berücksichtigt, sondern mit Teilsicherheitsbeiwerten definiert. Diese werden durch den Zuverlässigkeitsindex bestimmt. Ein höherer Zuverlässigkeitsindex bedeutet eine konservativere Abschätzung der Restnutzungsdauer des Bauteils (kleinere Restnutzungsdauer). Üblicherweise wird der Zuverlässigkeitsindex bei 1.5 festgelegt. Im konkreten Fall wurde pro Parkdeck die Berechnung der Restnutzungsdauer mit einem theoretischen C crit von jeweils 0.6 M-%/ Z durchgeführt. Anschliessend wurde der Mittelwert von C crit , beruhend auf den Daten von der ETH Zürich berechnet und die Restnutzungsdauer erneut ermittelt und miteinander verglichen. Beispielhaft werden nun einige Bohrkerne vorgestellt. Abb. 5: Auswertung der bauteilspezifisch ermittelten kritischen korrosionsauslösenden Chloridgehalte Ccrit Der Bohrkern 4.1 weist eine erhöhte Chloridkontamination auf (Abb. 6a). Mit dem theoretisch bestimmten C crit von 0.6 M-%/ Z (Abb. 5b und d) wird die Restnutzungsdauer schon bei Weitem überschritten bzw. erreicht. Der von der ETH Zürich bestimmte C crit ist mit 0.23 M-%/ Z sehr viel geringer als der theoretisch bestimmten C crit , sodass die Restnutzungsdauer weiterhin überschritten bzw. erreicht wird (Abb. 6c und e). Der Bohrkern 4.4 weist eine moderate Chloridkontamination auf (Abb. 7a). Mit dem theoretisch bestimmten C crit von 0.6 M-%/ Z (Abb. 7b und d) wird eine verbleibende Restnutzungsdauer von 26 Jahren errechnet. Da der von der ETH Zürich bestimmte C crit mit 0.23 M-%/ Z gerin- 262 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Qualitativ hochwertige Ergebnisse bei der Zustandserfassung von Bauwerken und Schadensanalyse mittels laserinduzierter Plasmaspektroskopie (LIPS) ger ausfällt als der theoretisch bestimmten C crit wird die Restnutzungsdauer überschritten bzw. erreicht (Abb. 7c und e). Der Bohrkern 7.8 weist eine moderate Chloridkontamination auf (Abb. 8a). Mit dem theoretisch bestimmten C crit von 0.6 M-%/ Z (Abb. 8b und d) wird eine verbleibende Restnutzungsdauer von 31 Jahren errechnet. Da der von der ETH Zürich bestimmte C crit mit 0.89 M-%/ Z sehr viel höher ausfällt als der theoretisch bestimmten C crit wird die Restnutzungsdauer eine verbleibende Restnutzungsdauer von 31 Jahren errechnet, womit die geplante Nutzungsdauer von 100 Jahren erreicht werden würde (Abb. 8c und e). 7. Fazit Bei LIBS handelt es sich um ein hochpräzises Nachweisverfahren zur Untersuchung und anschließender zweidimensionalen Darstellung der Elementverteilung an Oberflächen von Baustoffen. Geeignet ist LIBS zur Visualisierung von Transport- und Umverteilungsvorgängen innerhalb des Betons und bei Zustandsuntersuchungen u. a. zum Nachweis des Chloridgehalts in der Bindemittelmatrix. Im Hinblick auf semiprobabilistische Dauerhaftigkeitsbemessungen erhält man, gegenüber nasschemisch ermittelten Chloridprofilen, präzisere Datengrundlagen. Wenn zusätzlich noch effektiv vorhandene kritische korrosionsauslösende Chloridgehälter am Bauwerk bestimmt werden, sind gute d. h. fundierte Aussagen hinsichtlich einer Restnutzungsdauer des Bauwerks möglich. Dabei gelten jedoch folgende Einschränkungen: • Die Auswertungen beruhen auf punktuell ermittelten Probenahmen am Bauwerk. Hierzu folgendes Zitat aus [6]: «Die Lage der Probestellen sowie der Ablauf der Probenahme sind vor großer Bedeutung. Die Chloridproben müssen expositionsgerecht und aus repräsentativen Stellen entnommen werden und keine Singularitäten z. B. Risse beinhalten. » • Die Aussagen beziehen sich auf ungestörte bzw. unbeschädigte Betonbauteile. So sind beispielsweise bei Rissen separate Betrachtungen erforderlich. • Die Ergebnisse beziehen sich auf das Ende der Einleitungsphase bzw. den Beginn der Schädigungsphase. Wie und in welcher Zeitspanne der anschließende Korrosionsprozess abläuft, kann mit dem vorliegenden semiprobabilistischen Bemessungsmodell nicht vorhergesagt werden. Literatur [1] Stark J., Wicht B.: Dauerhaftigkeit von Beton, Springer Vieweg, 2013 [2] SN EN 206: 2013+A2: 2021 Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität [3] DAfStb Deutscher Ausschuss für Stahlbeton: DAfStb-Richtlinie Instandhaltung von Betonbauteilen, Gelbdruckentwurf (Stand: 2016-06-04) [4] Tuutti, K.: Corrosion of Steel in Concrete. CBI Research No. Fo 4: 82, 1982 [5] BAW Bundesanstalt für Wasserbau, Karlsruhe: Dauerhaftigkeitsbemessung und -bewertung von Stahlbetonbauwerken bei Carbonatisierung und Chlorideinwirkung (MDCC), BAW-Merkblatt Ausgabe 2017 [6] Rahimi A.: Semiprobalistisches Nachweiskonzept zur Dauerhaftigkeitsbemessung und -bewertung von Stahlbetonbauteilen unter Chlorideinwirkung, DAfStb Deutscher Ausschus für Stahlbeton, 2017, Heft 626 [7] SIA 269/ 2: 2011 Erhaltung von Tragwerken - Betonbau [8] Angst U. et al: Methode zur Bestimmung des kritischen Chloridgehaltes an bestehenden Stahlbetonbauwerken, Forschungsauftrag AGB 2012/ 010 Bundesamt für Strassen, Bern [9] Boschmann Käthler C., Angst U.: Die objektspezifische Bestimmung des kritischen Chloridgehalts und die Auswirkungen auf die Restlebensdauer, 4. Brückenkolloquium 2020, Technische Akademie Esslingen 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 263 Qualitativ hochwertige Ergebnisse bei der Zustandserfassung von Bauwerken und Schadensanalyse mittels laserinduzierter Plasmaspektroskopie (LIPS) Abb. 6: a) Flächige Darstellung der Chlorverteilung mit Ausschluss der Gesteinskörnung mit dazugehörigem Tiefenprofil mit Fitting nach dem zweiten Fickschen Gesetz; b) und d) Prüfresultate der Berechnung der Restnutzungsdauer mit einem theoretisch bestimmten Ccrit von 0.6 M-%/ Z und dazugehöriger Modellierungen der quantitativen, zementsteinbezogenen Chlorverteilung; c und e) Prüfresultate der Berechnung der Restnutzungsdauer mit einem Ccrit von 0.23 M-%/ Z und dazugehöriger Modellierungen der quantitativen, zementsteinbezogenen Chlorverteilung 264 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Qualitativ hochwertige Ergebnisse bei der Zustandserfassung von Bauwerken und Schadensanalyse mittels laserinduzierter Plasmaspektroskopie (LIPS) Abb. 7: a) Flächige Darstellung der Chlorverteilung mit Ausschluss der Gesteinskörnung mit dazugehörigem Tiefenprofil mit Fitting nach dem zweiten Fickschen Gesetz; b) und d) Prüfresultate der Berechnung der Restnutzungsdauer mit einem theoretisch bestimmten Ccrit von 0.6 M-%/ Z und dazugehöriger Modellierungen der quantitativen, zementsteinbezogenen Chlorverteilung; c und e) Prüfresultate der Berechnung der Restnutzungsdauer mit einem Ccrit von 0.23 M-%/ Z und dazugehöriger Modellierungen der quantitativen, zementsteinbezogenen Chlorverteilung 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 265 Qualitativ hochwertige Ergebnisse bei der Zustandserfassung von Bauwerken und Schadensanalyse mittels laserinduzierter Plasmaspektroskopie (LIPS) Abb. 8: a) Flächige Darstellung der Chlorverteilung mit Ausschluss der Gesteinskörnung mit dazugehörigem Tiefenprofil mit Fitting nach dem zweiten Fickschen Gesetz; b) und d) Prüfresultate der Berechnung der Restnutzungsdauer mit einem theoretisch bestimmten Ccrit von 0.6 M-%/ Z und dazugehöriger Modellierungen der quantitativen, zementsteinbezogenen Chlorverteilung; c und e) Prüfresultate der Berechnung der Restnutzungsdauer mit einem Ccrit von 0.89 M-%/ Z und dazugehöriger Modellierungen der quantitativen, zementsteinbezogenen Chlorverteilung