eJournals Kolloquium Erhaltung von Bauwerken 8/1

Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
kevb
expert Verlag Tübingen
21
2023
81

Nachhaltiger Oberflächenschutz und dauerhafte Abdichtung mittles UHFB-Anwendungen im Wasserbau und bei der Instandsetzung von Parkdecks

21
2023
Philipp Truffer
Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) ist ein moderner Baustoff mit vielfältigen Anwendungen. Im Bereich der Bauwerkserhaltung kann UHFB als Oberflächenschutz und/oder Abdichtung eingesetzt werden. Mittels UHFB sind statische Verstärkungsmaßnahmen und eine Erhöhung der Steifigkeiten möglich. Der Vortrag zeigt neuste Erkenntnisse bei der Anwendung von UHFB im Wasserbau als Maßnahme zum Schutz bei Abrasionseinwirkungen. Weiter werden Praxisanwendungen von UHFB als direkt befahrbarer Nutzbelag bei der Instandsetzung von Parkdecks vorgestellt. Das in Überarbeitung befindende schweizerische Merkblatt SIA 2052 bietet die Möglichkeit den Gehalt und die Orientierung von Mikrostahlfasern zerstörungsfrei am Bauobjekt nachzuweisen. Die Ergebnisse liefern Informationen zur Qualität des UHFB-Einbaus (Faserorientierung) und der mechanischen Eigenschaften (z. B. Zugfestigkeit) des verbauten UHFB. Es werden Resultate und Erfahrungen bei der Anwendung der Magnetoskopie-Prüfung an UHFB-Bauteilen vorgestellt.
kevb810291
8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 291 Nachhaltiger Oberflächenschutz und dauerhafte Abdichtung mittels UHFB - Anwendungen im Wasserbau und bei der Instandsetzung von Parkdecks Dipl. Bauing. (ETH/ SIA) Philipp Truffer Truffer Ingenieurberatung AG, Lalden, Schweiz Zusammenfassung Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) ist ein moderner Baustoff mit vielfältigen Anwendungen. Im Bereich der Bauwerkserhaltung kann UHFB als Oberflächenschutz und/ oder Abdichtung eingesetzt werden. Mittels UHFB sind statische Verstärkungsmaßnahmen und eine Erhöhung der Steifigkeiten möglich. Der Vortrag zeigt neuste Erkenntnisse bei der Anwendung von UHFB im Wasserbau als Maßnahme zum Schutz bei Abrasionseinwirkungen. Weiter werden Praxisanwendungen von UHFB als direkt befahrbarer Nutzbelag bei der Instandsetzung von Parkdecks vorgestellt. Das in Überarbeitung befindende schweizerische Merkblatt SIA 2052 bietet die Möglichkeit den Gehalt und die Orientierung von Mikrostahlfasern zerstörungsfrei am Bauobjekt nachzuweisen. Die Ergebnisse liefern Informationen zur Qualität des UHFB-Einbaus (Faserorientierung) und der mechanischen Eigenschaften (z. B. Zugfestigkeit) des verbauten UHFB. Es werden Resultate und Erfahrungen bei der Anwendung der Magnetoskopie-Prüfung an UHFB-Bauteilen vorgestellt. 1. Einführung Beim Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) handelt es sich um einen modernen Werkstoff. UHFB wurde in den letzten Jahren international in verschiedenen Bereichen des Bauwesens bei Instandsetzungen oder Ersatzneubauten erfolgreich eingesetzt (siehe hierzu u. a. [1] bis [7]). Im vorliegenden Beitrag sollen anhand von konkreten Beispielen eigene Erfahrungen des Verfassers bei der Anwendung und Qualitätskontrolle von UHFB vorgestellt werden. Die konkreten Beispiele aus der Praxis sollen die spezifischen Eigenschaften und die Fülle von möglichen Anwendungsmöglichkeiten von UHFB darlegen. 2. Was ist Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) ist ein Hochleistungswerkstoff mit sehr hohen Festigkeiten, einem extrem dichten Gefüge und ausgezeichneten Dauerhaftigkeitseigenschaften (siehe nachfolgende exemplarische Auslistung): charakteristische Materialkennwerte von UHFB: • Druckfestigkeiten mind. 120 N/ mm 2 in der Praxis werden durchaus Festigkeit bis gegen 200 N/ mm 2 erreicht • elastische Grenzzugfestigkeiten 7-12 N/ mm 2 • Elastizitätsmodul 40-60 kN/ mm 2 Diese Eigenschaften werden durch sehr hohe Zement-, Zusatzstoff- und Fliessmittelgehalte und gleichzeitig extrem niedrige Wasser-Bindemittelgehalte (ca. 0.20) erreicht. Die Bindemittelgehalte betragen z.T. bis gegen 1‘100 kg/ m 3 . UHFB-Anwendungen stellen insgesamt hohe Anforderungen an den Mischungsentwurf/ Konzeption, die Herstellung und die Verarbeitung des Baustoffs. Der UHFB wird im Normalfall direkt auf Platz in speziellen Hochleistungsmischern hergestellt. Die nachfolgenden Abbildungen zeigen die wichtigsten Arbeitsschritte: • In einen ersten Schritt wird der sogenannte Premix in den Mischer gegeben (siehe Abb. 2-1 und 2-2). Es handelt sich dabei um eine vorkonfektionierte Trockenmischung bestehend aus Zement, feiner Gesteinskörnung (Größtkörn im Normalfall kleiner 1 mm), Quarz- oder Kalksteinmehl sowie Zusatzstoffen wie z. B. Silikastaub. • Anschliessend erfolgt die Zugabe des Wassers und der Zusatzmittel (Hochleistungsverflüssiger). • Erst am Schluss werden die Mikrostahlfasern (Fasergehalt z.T. über 3 Vol-%) hinzugegeben (siehe Abb. 2-3). Die Zudosierung erfolgt dabei von Hand oder über Zudosiermaschinen. Bei der Zudosierung von Hand ist auf eine gleichmässige Faserverteilung zu achten (Vermeidung von sogenannter Igelbildung). In einigen Fällen sind die Mikrostahlfasern bereits dem Premix dazu gemischt. • Die gesamte Mischdauer beträgt dabei insgesamt zwischen 15 und 20 Minuten. 3. Anwendung von UHFB als Abrasionsmaßnahmen im Wasserbau Aufgrund seiner hohen Festigkeitswerte eignet sich UHFB auch beim Einsatz bei abrasionsgefährdeten Bauwerken, z. B. bei Hydroabrasionsbeanspruchungen von Verkehrswasserbauwerken. Um die entsprechende Wirkung von UHFB bei Abrasionsbeanspruchungen zu untersuchen wurden an der IMB MPA in Karlsruhe verschiedene Hydroabrasionsverschleißversuche an Betonproben durchgeführt. Zur Ermittlung der Verschleisswiderstandsfähigkeit der Betonprüfkörper wurde eine Prüfvorrichtung verwendet, 292 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Nachhaltiger Oberflächenschutz und dauerhafte Abdichtung mittels UHFB - Anwendungen im Wasserbau und bei der Instandsetzung von Parkdecks welche die den im Wasserbau vorzufindenden Hydroabrasionsverschleiß von Betonoberflächen wirklichkeitsnah abbildet. Die entsprechende Vorrichtung besteht aus einem horizontalen Stahlzylinder. Im Inneren des Zylinders befindet sich eine Welle, an der sich 18 Haltevorrichtungen für Prüfkörper sowie 24 Stahlpaddel zur Durchmischung des Verschleissstoff-Wassergemisches befinden (siehe Abb. 1). Abb. 1: Verschleissprüfvorrichtung mit eingebauten Probekörpern und eingefülltem Verschleissstoff-Wassergemisch (Bild Karlsruher Institut für Technologie KIT) Anhand eines Elektromotors mit Frequenzumrichter wird über eine Kette die Welle angetrieben. Die Drehzahl der Welle kann mittels Steuereinheit bis etwa 70 Umdrehungen pro Minute stufenlos eingestellt werden. In der Trommel befindet sich ein Wasser-/ Feststoff-Gemisch mit einem Massenverhältnis von Feststoff zu Wasser von 1: 1. Das Feststoff-Gemisch besteht aus Quarzsand bzw. -kies der Fraktionen 2 bis 4 mm, 4 bis 8 mm, 8 bis 16 mm. Die Standard-Prüfdauer für die durchzuführenden Verschleissversuche beträgt 22 Stunden. Die Umdrehungsgeschwindigkeit beträgt bis zu 50 Umdrehungen pro Minute. Dies entspricht einer Beanspruchungsenergie von ca. 3‘600 J/ m 3 . Im Rahmen der durchgeführten Verschleissprüfungen wurde der Materialabtrag an de Probekörpern als Massenverlust in Gramm durch Differenzbildung zwischen Anfangsmasse des Probekörpers von Prüf beginn sowie der Masse des Körpers nach der 22-stündigen Verschleissbeanspruchung ermittelt. Die Ermittlung der Masse erfolgte dabei mit einer Genauigkeit von 1 g. In der nachfolgenden Darstellung sind die Ergebnisse der Verschleissprüfung an entnommenen Probekörpern (Bohrkerne) aus einem Druckwasserstollen zusammengefasst. Abb. 2: Prüfkörper (Betonzylinder) vor und nach einer 22-stündigen Verschleissbeanspruchung Nachfolgend sind zum Vergleich die entsprechenden Ergebnisse bei den UHFB-Prüfkörpern mit Stahlfasern dargestellt. Abb. 3: UHFB-Prüfkörper (Würfel) vor und nach einer 22-stündigen Verschleissbeanspruchung In der Abbildung 4 ist die zusammenfassende Darstellung der verschiedenen untersuchten Prüfkörper dargestellt. 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 293 Nachhaltiger Oberflächenschutz und dauerhafte Abdichtung mittels UHFB - Anwendungen im Wasserbau und bei der Instandsetzung von Parkdecks Abb. 4: Darstellung der Mittelwerte des Materialabtrags und der Standardabweichungen der verschiedenen Prüfserien 4. Prüfverfahren Magnetoskopie Die Magnetoskopie ist ein zerstörungsfreies Messverfahren, mit welchem der Gehalt und die Orientierung von Mikrostahlfasern am Bauwerk detektiert werden kann. Das Verfahren ist im Entwurf des Merkblatts SIA 2052 [8] im Anhang F erläutert. Das Messverfahren nutzt dabei die elektromagnetische Leitfähigkeit der eingebauten Stahlfasern. Die Messtiefe kann gegenwärtig bei rund 30 bis 40 mm angegeben werden. Die Ergebnisse der Magnetoskopie werden im Wesentlichen durch die elektromagnetische Leitfähigkeit der Mikrostahlfasern bestimmt. Im vorliegenden Fall wurden gemäß Aussagen des Produzenten des UHFB folgende Mikrostahlfaser eingesetzt: • Steel fiber - Länge (L) 13 mm +/ -10 % - Durchmesser (D) 0.20 mm +/ -0.03 mm - Faserschlankheit (L/ D) 65 - Querschnittsfläche 0.0314 mm2 • nominelle Faserdosierung 280 kg/ m 3 bzw. 3.57 Vol.-% Abb. 5: Anwendung der Magnetoskopie auf einem UHFB-Trägerelement Abb. 6: elektromagnetische Sonde auf dem Prüfkörper Die elektromagnetische Sonde ist eine Induktionsspule mit welcher im Raster auf der Oberfläche der zu untersuchenden Fläche punktförmig abgemessen wird (siehe Abb. 5). Dabei wird die Induktivität in Henry als Verhältnis der elektrischen Spannung zur Änderungsrate des Stroms mit einem hochpräzisen LCR-Messgerät gemessen. Es besteht eine lineare Beziehung zwischen dem Fasergehalt im UHFB und dem Mittelwert der elektromagnetischen Leitfähigkeit. Die Resultate zeigen bereits die ausgewerteten Fasergehalte in Vol.-%. Die Beurteilung der Faserorientierung beruht auf dem Differenzwert des Fasergehalts in x- und y-Richtung ( r x r y ): Beurteilung: • Differenzwert r x r y nahe Null homogene isotrope Faserausrichtung • Differenzwert r x r y = 10 ca. 2/ 3 der Fasern sind in x-Richtung ausgerichtet • Differenzwert r x r y = 20 unidirektionale Faserausrichtung in x-Richtung • Differenzwert r x r y = -10 ca. 2/ 3 der Fasern sind in y-Richtung ausgerichtet • Differenzwert r x r y = -20 unidirektionale Faserausrichtung in y-Richtung Mittels der Magnetoskopie wird vor allem die oberflächennahe flächige Verteilung sowie der Fasergehalt im Oberflächenbereich bestimmt. Die bisher vorliegenden Erkenntnisse zeigen eine mögliche Detektionstiefe des Messverfahrens bis etwa 30-40 mm. Diese Einschränkung gilt es bei der Interpretation der Ergebnisse zu berücksichtigen. 294 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Nachhaltiger Oberflächenschutz und dauerhafte Abdichtung mittels UHFB - Anwendungen im Wasserbau und bei der Instandsetzung von Parkdecks Abb. 7: Messfeld (rot markiert) auf der Seitenfläche es UHFB-Prüfkörpers. Die grünen Linien markieren die visuell erkennbaren Betonierlagengrenzen. Messparameter: • Mess-Frequenz: 250 Hz • Spannung: 2.0 V • Messfeld: 40 x 70 cm • Messraster: 50 x 50 mm Abb. 8: Fasergehalt und Faserverteilung auf dem Messfeld gemäss Abb. 7 Abb. 9: Fasergehalt und Faserverteilung auf dem Messfeld gemäss Abb. 7 Abb. 10: Faserorientierung auf dem Messfeld gemäss Abb. 7 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 295 Nachhaltiger Oberflächenschutz und dauerhafte Abdichtung mittels UHFB - Anwendungen im Wasserbau und bei der Instandsetzung von Parkdecks Abb. 11: Faserorientierung auf dem Messfeld gemäß Abb. 7 Literatur [1] Brühwiler E., Oesterle C., Redaelli D.: 3. Fachtagung Ultra-Hochleistungs-Faserbeton 2019, Freiburg/ Schweiz ISBN 978-3-906878-07-2 [2] Brühwiler E. et al: Bau einer Bahnbrücke aus bewehrtem UHFB - Weltweit erste Bahnbrücke aus UHFB auf einer Hauptlinie Beton- und Stahlbetonbau 114 (2019) [3] Methner R., Müller R.: Brückeninstandsetzung, Ertüchtigung und Abdichtung mit Ultrahochfestem- Faserbeton (UHFB) Beton- und Stahlbetonbau 114 (2019) [4] Cuennet St.: Nutzung des Ultra-Hochleistungs- Faserbeton (UHFB) im ASTRA - Rückblicke und Perspektiven 4. Kolloquium Brückenbauten, September 2020, Technische Akademie Esslingen [5] Hadl P. et al: Anwendung von UHPC als direkt befahrener Aufbeton bei der Integralisierung eines bestehenden Brückenbauwerks in Österreich Beton- und Stahlbetonbau 110 (2015) [6] Orgass M. et al: Überführungsbauwerk der L 3378 bei Fulda-Lehnerz, Erster Einsatz von UHPC in Deutschland im Strassenbrückenbau, Teil 2: Betontechnologie und Qualitätssicherung Beton- und Stahlbetonbau 113 (2018) [7] Fischer O. et al: Deutschlandweit erstmalige Anwendung von UHPFRC im Eisenbahnbrückenbau, Beton- und Stahlbetonbau 114 (2019) [8] SIA 2052 Ultra-Hochleistungs-Faserbeton (UHFB) - Baustoffe, Bemessung und Ausführung Vernehmlassung [9] Erhaltungs- und Instandsetzungsprojekt mit UHFB - Anwendungen und Erfahrungen aus der Praxis Philipp Truffer, 7. Kolloquium «Erhaltung von Bauwerken», 2021, Technische Akademie Esslingen