Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
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expert Verlag Tübingen
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2023
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Denkmalgerechte Schadstoffsanierung: Quartier am Havelufer Berlin
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2023
Till Büttner
Robert Unger
Die Knappheit von Wohnraum wird ein immer präsenteres Thema in Politik, Medien und Bauwirtschaft. Im Großraum Berlin ist dieses Thema allzeit sichtbar. Wohnraumneubau in ausreichendem Maß ist nur schwer realisierbar. Die Entwicklung und Umnutzung von ehemaligen Produktions- und Gewerbeimmobilien zu verfügbarem Wohnraum sind bereits seit langem ein praktikabler Umgang mit der Situation. Bereits seit vielen Jahren ist Massenberg neben der Instandsetzung von Infrastruktur und Ingenieurbauwerken, Tiefgaragen und Parkdecks auch ein starker Marktteilnehmer in der Sanierung von Gewerbe- und Wohnimmobilen.
PATRIZIA und KAURI CAB entwickeln auf dem insgesamt rund 107.000 Quadratmeter umfassenden historischen Hertlein-Areal, auch als Carossa-Quartier bekannt, im Berliner Bezirk Spandau Hakenfelde ein ganzheitliches Quartier. Ziel dieser Entwicklung ist, einen campusartigen Mix aus Leben, Wohnen und Arbeiten mit überörtlicher Attraktivität zu entwickeln. Eine wichtige Richtschnur ist dabei der Life-Circle-Gedanke: die Quartiersentwicklung berücksichtigt aktuelle Lebensmodelle, indem sie integrative neue Wohnformen schafft und einen generationsübergreifenden Ansatz verfolgt. Erbaut wurde das Quartier „Carossa“ während des Zweiten Weltkriegs als Luftfahrtgerätewerk für Siemens & Halske, benannt nach dem bayerischen Arzt, Lyriker und Autor Hans Carossa. Heute steht der Komplex unter Denkmalschutz. Auf dieser in großen Teilen brachliegenden ehemaligen Industriefläche sollen nach der Ansiedlung von Handelseinrichtungen, gemischte Nutzungsstrukturen aus Wohnen und wohnverträglichem Gewerbe entstehen.
Die Mischung aus Industrie- und Fertigungsanlage aus den 1930iger Jahren und heutigen Denkmalschutzanforderungen stellt die Sanierung vor anspruchsvolle Aufgaben. Neben verschiedenen Schadstoffbelastungen (EOX, Blei, Zink und Sulfat) im 4-geschossigen und ca. 200 m langen Betonskelettbauwerk „Hammerstiel“, dem mit einer bleimennighaltigen Beschichtung korrosionsgeschütztem Stahltragwerk der „Sheddachhalle“, sind auch denkmalspezifische Aufgaben bei der Instandsetzung zu realisieren. Alle Leistungen werden unter dem Gesichtspunkt der Qualitäts- und Termintreue mit entsprechenden Schutzkonzepten und einem hohen Anteil an modernem Equipment und ausgebildetem Personal ausgeführt.
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8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 341 Denkmalgerechte Schadstoffsanierung: Quartier am Havelufer Berlin Dr.-Ing. Till Büttner Massenberg GmbH, Essen Dipl.-Ing. Robert Unger Massenberg GmbH, Moritzburg Zusammenfassung Die Knappheit von Wohnraum wird ein immer präsenteres Thema in Politik, Medien und Bauwirtschaft. Im Großraum Berlin ist dieses Thema allzeit sichtbar. Wohnraumneubau in ausreichendem Maß ist nur schwer realisierbar. Die Entwicklung und Umnutzung von ehemaligen Produktions- und Gewerbeimmobilien zu verfügbarem Wohnraum sind bereits seit langem ein praktikabler Umgang mit der Situation. Bereits seit vielen Jahren ist Massenberg neben der Instandsetzung von Infrastruktur und Ingenieurbauwerken, Tiefgaragen und Parkdecks auch ein starker Marktteilnehmer in der Sanierung von Gewerbe- und Wohnimmobilen. PATRIZIA und KAURI CAB entwickeln auf dem insgesamt rund 107.000 Quadratmeter umfassenden historischen Hertlein-Areal, auch als Carossa-Quartier bekannt, im Berliner Bezirk Spandau Hakenfelde ein ganzheitliches Quartier. Ziel dieser Entwicklung ist, einen campusartigen Mix aus Leben, Wohnen und Arbeiten mit überörtlicher Attraktivität zu entwickeln. Eine wichtige Richtschnur ist dabei der Life-Circle-Gedanke: die Quartiersentwicklung berücksichtigt aktuelle Lebensmodelle, indem sie integrative neue Wohnformen schafft und einen generationsübergreifenden Ansatz verfolgt. Erbaut wurde das Quartier „Carossa“ während des Zweiten Weltkriegs als Luftfahrtgerätewerk für Siemens & Halske, benannt nach dem bayerischen Arzt, Lyriker und Autor Hans Carossa. Heute steht der Komplex unter Denkmalschutz. Auf dieser in großen Teilen brachliegenden ehemaligen Industriefläche sollen nach der Ansiedlung von Handelseinrichtungen, gemischte Nutzungsstrukturen aus Wohnen und wohnverträglichem Gewerbe entstehen. Die Mischung aus Industrie- und Fertigungsanlage aus den 1930iger Jahren und heutigen Denkmalschutzanforderungen stellt die Sanierung vor anspruchsvolle Aufgaben. Neben verschiedenen Schadstoffbelastungen (EOX, Blei, Zink und Sulfat) im 4-geschossigen und ca. 200 m langen Betonskelettbauwerk „Hammerstiel“, dem mit einer bleimennighaltigen Beschichtung korrosionsgeschütztem Stahltragwerk der „Sheddachhalle“, sind auch denkmalspezifische Aufgaben bei der Instandsetzung zu realisieren. Alle Leistungen werden unter dem Gesichtspunkt der Qualitäts- und Termintreue mit entsprechenden Schutzkonzepten und einem hohen Anteil an modernem Equipment und ausgebildetem Personal ausgeführt. 1. Einleitung Erbaut wurde das Quartier „Carossa“ in Berlin Hakenfelde während des Zweiten Weltkriegs als Luftfahrtgerätewerk für Siemens & Halske, benannt nach dem bayerischen Arzt, Lyriker und Autor Hans Carossa. Heute steht der Komplex unter Denkmalschutz. Auf dieser in großen Teilen brachliegenden ehemaligen Industriefläche sollen nach der Ansiedlung von Handelseinrichtungen gemischte Nutzungsstrukturen aus Wohnen und wohnverträglichem Gewerbe entstehen. Auf dem Gelände befinden sich unter anderem die Teilbauwerke „Sheddach Halle“, „Hammerstiel“ und „Kasino“. Der Schwerpunkt der Vorstellung der Arbeiten in der vorliegenden Veröffentlichung liegt bei den am Bauwerk „Sheddach Halle“ ausgeführten Korrosionsschutzarbeiten. Das Bauwerk „Sheddach Halle“ stammt wie der Gesamtkomplex aus den 1930iger Jahren und diente während des zweiten Weltkriegs als Rüstungsproduktionsstätte in der Siemensstadt. Die Halle wurde in Massivbauweise als Stahltragwerk mit Mauerwerksausfachungen errichtet. Zusätzlich ist die Halle zu ca. 1/ 3 unterkellert. Das Tragwerk gründet auf Fundamente sowie Stahlbetonstützen in Kellerbereich. Die Hauptabmessungen der Halle betragen in der Länge 160-m, in der Breite 55-m und in der Höhe ca. 8,0-m. 2. Instandsetzung der Sheddach Halle 2.1 Allgemeines Im Zuge der Quartiererrichtung finden umfangreiche Abbrucharbeiten der Ein- und Ausbauten des Bauwerks Sheddach Halle statt, sodass lediglich das Dachtragwerk, auf den Stahlstützen ruhend, erhalten bleibt. Bei den verbleibenden Bauteilen ist bei den Fundamentstützen der Beton instand zu setzen, das Stahltragwerk ist mit einem neuen Korrosionsschutz zu versehen. Dabei ist eine der Herausforderungen der bleimennighaltige Altanstrich, welcher vor der Applikation des neuen Korrosionsschutzes zu entfernen ist. Im Anschluss an die Instandsetzung der Sheddach Halle sollen im Inneren der Halle zweibis dreigeschossige Neubauten mit Wohn- und Gewerbeeinheiten entstehen. 342 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Denkmalgerechte Schadstoffsanierung: Quartier am Havelufer Berlin Die nachfolgenden Bilder zeigt die Sheddach Halle während der Instandsetzungsarbeiten durch die Fa. Massenberg sowie den geplanten Endzustand. Bild 1: Ansicht der Sheddach Halle von außen während der Instandsetzungsarbeiten Bild 2: Ansicht der Sheddach Halle von innen während der Instandsetzungsarbeiten Bild 3: Längsschnitt durch die Sheddach Halle. Bild 4: Rendering der geplanten Sheddach Halle - Außenansicht/ Bollinger + Fehling Architekten BDA/ Bild 5: Rendering der geplanten Sheddach Halle - Außenansicht/ Bollinger + Fehling Architekten BDA/ Die Instandsetzung des Stahltragwerks umfasst die komplette Einrüstung und Einhausung des Bauwerks, inkl. Witterungsschutz, die Strahlarbeiten zum Entfernen der Altbeschichtung sowie die Applikation des neuen Korrosionsschutzes in den Teilbereichen „Innenanstrich“, „Außenanstrich“ und „Brandschutzbeschichtung“. Die Ausführungsplanung wurde durch das Architekturbüro BOLLINGER + FEHLING Architekten für alle Bereiche erstellt und ist Grundlage für die Ausführung der Arbeiten. Das nachfolgende Bild zeigt einen Auszug aus den unterschiedlichen Bereichen für den Korrosionsschutz. Dabei sind - rote Flächen - Bereiche in denen ein F30-Brandschutzanstrich mit dem Korrosionsschutz appliziert werden muss. - blaue Flächen - Bereiche die später Innenräume sind, d. h. hier handelt es sich um Stahlträger, die nach Fertigstellung in Wohnungen eingebaut sind. - grüne Fläche - Bereiche die später Außenbereiche darstellen. 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 343 Denkmalgerechte Schadstoffsanierung: Quartier am Havelufer Berlin Bild 6: Darstellung der unterschiedlichen Korrosionsschutzbereiche/ Bollinger + Fehling Architekten BDA/ Die Arbeiten zur Erneuerung des Korrosionsschutzes umfassen die folgenden wesentlichen Leistungen: - Errichtung von ca. 3.000-m² Fassadengerüst inkl. vier Treppentürmen als Zugang zu den unterschiedlichen Gerüstebenen. - Errichtung eines Raumgerüstes auf der Gesamtfläche der Sheddach Halle von 6.750-m² der Dachneigung in Längsrichtung folgend unter Berücksichtigung der abwechselnden Hoch- und Tiefpunkte der Dachkonstruktion. Von den in Summe ca. 50.000-m³ Raumgerüst wurden 2/ 5 und 3/ 5 nacheinander in zwei Bauabschnitten gestellt. - Wetterschutzdach für die Arbeitsbereiche. - Einbau von ca. 3.800-m² Folieneinhausung entlang des Fassadengerüstes, - Einbau einer dichten Folienabdichtung des Hallenbodens mit Randaufkantung auf einer Fläche von 6.750-m², - Strahlen der Bestandskonstruktion und Applikation des ausgeschriebenen Korrosionsschutzes auf ca. 9.000-m² mit Dämmschichtbildner in Teilflächen, in Summe ca. 1.400-m². Bild 7: Darstellung der unterschiedlichen Arbeitsbereiche in der Aufsicht/ Bollinger + Fehling Architekten BDA/ Bild 8: Ausschnitt des Längsschnitts mit Darstellung des für die Arbeiten erforderlichen Gerüste - Fassadengerüst, Raumgerüst und Witterungsschutzdach/ Bollinger + Fehling Architekten BDA/ Eine weitere Herausforderung bei der Baumaßnahme war der vergleichsweise enge Zeitplan, der eine Fertigstellung des 1. Bauabschnitts vor Weihnachten 2022 vorsieht. Um die für die Arbeiten erforderlichen klimatischen Randbedingungen vorliegen zu haben, wurde die gesamte Einhausung bauseits beheizt. 2.2 Arbeits- und Umweltschutz Infolge des bleibelasteten Altanstrichs der Stahlkonstruktion ist für den Arbeits- und Umweltschutz die TRGS 505 maßgebend / TRGS505/ . Basierend auf den Anforderungen der TRGS 505 wurde von der Wesseling-GmbH (Berlin) ein Konzept für die Durchführung der Instandsetzungsarbeiten am Korrosionsschutz erstellt. Dieses Konzept dient zum einen dem Schutz des eingesetzten Personals als auch der Umgebung vor einer Schadstoffbelastung. Das Schutzkonzept sieht als Einhausung der Arbeitsbereiche eine doppelte Folienverkleidung sowie ein zusätzliches Schutznetz gegen Beschädigungen durch direkte Strahlmitteleinwirkung vor. Des Weiteren muss, um zu vermeiden das Schadstoffe, Strahlmittel und Staub in die Umgebung gelangen, die komplette Einhausung mit einer sogenannten Unterdruckhaltung versehen werden. Um einen einwandfreien Betrieb der Unterdruckhaltung auch im Zuge der Stahlarbeiten (Druckluftstrahlen mit festem Strahlmittel) sicherstellen zu können, muss für die 344 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Denkmalgerechte Schadstoffsanierung: Quartier am Havelufer Berlin Bemessung der Unterdruckanlage die in die Einhausung eingebrachte Luftmenge ermittelt werden. Die Stahlarbeiten werden mit 3 Kolonnen mit je einem Kompressor mit einer Luftleistung von 11,4-m³/ min mit angeschlossenem Stahlkessel und einem Silo für das Strahlmittel parallel durchgeführt. Infolge der eingesetzten Kompressoren kommt es zu einem Gesamtvolumenstrom von 11,4 m³/ min x 3 = 684,00 m³/ h x 3 = 2.052,00 m³/ h. Eine Minderung des Volumenstroms durch Strahldüsen wird aus Sicherheitsgründen nicht betrachtet. Zur Unterdruckhaltung werden 2 Absauganlagen mit H3-Filtereinheit Typ KLEFFLER KLP 7000 mit einem maximalen Volumenstrom von 7.000 m³/ h (mit Filter 5.000 m³/ h) sowie vier Unterdruckhalteanlagen DECONTA UHG D 910 mit einem maximalen Volumenstrom von 6.000 m³/ h (mit Filter 4.800 m³/ h) eingesetzt. Bild 9: Unterdruckhalteanlagen eingebaut in die Einhausung Damit kann ein Gesamtvolumenstrom von ~ 30.000 m³/ h erreicht werden. Für eventuelle Fehlstellen in der Einhausung (Schleussen, Rüstungsdurchbrüchen, Bauteildurchbrüchen, etc.) wird ein Sicherheitsfaktor von FS = 0,5 integriert. Dieser Sicherheitsfaktor wurde zusammen mit der internen Fachkraft für Arbeitssicherheit der Fa. Massenberg definiert und trägt dem Umstand Rechnung, dass eine Einhausung unter Baustellenbedingungen nie vollständig dicht sein kann und somit das Risiko einer zu geringen Dimensionierung vermieden werden soll. V aus = 30.000 m³/ h x 0,5 = 15.000 m³/ h >> 2.052 m³/ h = V ein Die Unterdruckhaltung kann somit sicher gewährleistet werden. Neben der rechnerischen Betrachtung wird immer zu Beginn der Arbeiten ein sogenannter Rauchtest durchgeführt, der die Wirksamkeit der Maschinentechnik in Bezug auf den Unterdruck innerhalb der Einhausung belegt. Dieser Rauchtest ist eine eigene Entwicklung von Massenberg. Für den Rauchtest werden alle Lufterzeuger in Betrieb genommen und die Unterdruckerzeugung aktiviert. Die Einplanung muss sich sichtbar an die Gerüste anlegen und in kritischen Bereichen (Schleusen, Rüstungsdurchbrüchen, Bauteildurchbrüchen, etc.) wird zusätzlich mit Rauchbomben geprüft, ob die Zugluft in den eingehausten Bereich erzeugt werden kann. Bild 10: Einhausung von außen Bild 11: Einhausung mit Wetterschutzdach von Innen Zu den Schutzmaßnahmen zählen als weiterer wesentlicher Bestandsteil des Schutzkonzeptes (neben den aufgeführten Unterdruckhaltemaßnahmen) der persönliche Schutz der Mitarbeiter. Begonnen wurde hier vor den Arbeiten mit einem entsprechenden Biomonitoring mit Feststellung der Nullbelastung und einer regelmäßigen Kontrolluntersuchung zur Überwachung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen nach TRGS 505 / TRGS505/ . Die Schutzmaßnahmen während der Strahlarbeiten umfassen das Arbeiten unter Vollschutz mit Strahleranzug, Schutzoverall, Handschuhen sowie Vollgesichtsmasken mit Atemschutzfiltern. Der Zugang zum Arbeitsbereich erfolgt ferner durch eine entsprechende 3-Kammer-Schleuse in einem abgeschotteten Vorraum mit angeschlossener Unterdruckhaltung. Das im Rahmen der Ausführung durchgeführte Biomonitoring hat gezeigt, dass die realisierten Arbeitsschutzmaßnahmen alle wirksam waren und kein Mitarbeiter infolge der Arbeiten im Schwarzbereich erhöhte Belastungswerte aufwies. 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 345 Denkmalgerechte Schadstoffsanierung: Quartier am Havelufer Berlin Nach Abschluss der Stahlarbeiten wurde der gesamte Arbeitsbereich mit einer entsprechenden Absauganlage gereinigt und die Stahlmittelrückstände in BigPacks verpackt und auf der Baustelle bis zur fachgerechten Entsorgung sicher gelagert. Zur Reinigung sowie Feinreinigung aller Bauteile - in Summe rd. 7.500-m² Oberfläche - im Schwarz-Bereich wurden u.a. Industriesauger der Klasse H verwendet. 2.3 Ausführung der Korrosionsschutzmaßnahmen Die Korrosionsschutzmaßnahmen umfassen, neben der Untergrundvorbereitung, in die folgenden Teilschritte: - Entfernen von alten Ausfachungen aus Mauerwerk und Eisenbeton im Bereich der Trägereinbindung, - Strahlen des Untergrundes bis zu einem Reinheitsgrad SA 2 1/ 2, - Applikation des Korrosionsschutzes in Schichtdicken von 2- x- 80- µm (alle Bereiche) sowie in den Brandschutzbereichen ergänzt um eine Schicht Dämmschichtbildner mit einer Sollschichtdicke von 650-µm zwischen Grund- und Deckbeschichtung. Das nachfolgende Foto zeigt exemplarisch das Entfernen der vorhandenen Mauerwerkausfachungen im Sockelbereich der aufgehenden Stahlträger. Im Zuge der Arbeiten war eine Beschädigung der Träger unter allen Umständen zu vermeiden. Da bei dieser Arbeit der bleihaltige Altanstrich zwar freigelegt aber nicht bearbeitet wurde, konnten diese Arbeiten außerhalb des Schwarzbereiches durchgeführt werden. Bild 12: Entfernen von Ausfachungen des I-Trägers im Sockelbereich Nach Auf bau der Einhausung wurden die Stahlarbeiten unter den in Kapitel 2.2. beschriebenen Schutzmaßnahmen durchgeführt und die Altbeschichtung restlos entfernt. Nach dem Entfernen der Altbeschichtung wurden infolge des Alters und der Exposition der Konstruktion unterschiedliche Herausforderungen für die nachfolgende Applikation des Korrosionsschutzes festgestellt. Ausgewählte Herausforderungen werden im Folgenden näher erläutert. Da es sich bei den Stahlprofilen um Profile aus dem 1930iger Jahren handelt, waren alle Kanten nicht gerundet und der auszuführende Kantenschutz musste nicht nur mit großer Sorgfalt, sondern auch in deutlich größerem Umfang als ursprünglich geplant ausgeführt werden. Im Bereich von Knotenpunkten musste teilweise massive Blattrostbildung instandgesetzt werden. Vor dem Strahlen wurden diese Bereiche mittels Nadelpistole freigelegt, der Restquerschnitt durch den zuständigen Tragwerksplaner begutachtet und sofern keine statische Ertüchtigung erforderlich war, der Untergrund gestrahlt, grundiert und die Kanten vor Applikation der Endbeschichtung dauerelastisch verschlossen. Bild 13: Massive Blattrostbildung im Bereich eines Knotenbereichs Bild 14: Unvollständige Heftschweißungen zwischen zwei Bauteilen Ebenfalls wurden in Teilbereichen fehlerhafte oder unvollständige Heftschweißungen zwischen Stahlbauteilen 346 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Denkmalgerechte Schadstoffsanierung: Quartier am Havelufer Berlin nach dem Entfernen der Altbeschichtung sichtbar. Diese Stellen wurden nach einer statischen Begutachtung (sofern keine Ertüchtigung erforderlich war) vollumfänglich gestrahlt, grundiert und vor der Applikation der Deckbeschichtung die Fugen dauerelastisch verschlossen. Sofern eine statische Ertüchtigung erforderlich wurde, erfolgte diese zwischen der Applikation der Grundierung und der Deckbeschichtung durch ein (weiteres) qualifiziertes Fachunternehmen. Diese Arbeiten erfolgten in enger Abstimmung mit Massenberg, so dass sich die statische Ertüchtigung und die Korrosionsschutzarbeiten nicht gegenseitig behinderten. Bild 15: Kriegsschäden an den Sheddachträgern, die in den Denkmalschutz aufgenommen wurden Bei einigen Trägern wurden Einschusslöcher aus dem zweiten Weltkrieg festgestellt. Sofern auch hier der Restquerschnitt der Träger ausreichend für die Tragfähigkeit war, wurden diese für den Denkmalschutz des Gebäudes erhalten. Neben den hier gezeigten Ertüchtigungsmaßnahmen mussten teilweise auch Bestandsträger verstärkt oder ersetzt sowie zusätzliche Windverbände in das Stabtragwerk eingebaut werden. Bild 16: Gelöste, bzw. unvollständige Schraubverbindungen Alle Schraubverbindungen wurden im Rahmen der Arbeiten überprüft und sofern notwendig wurden die Verbindungen nachgezogen, so dass die jeweilige Schraubverbindung auch die erforderliche Tragfähigkeit aufweist. Ein Auswechseln von Schraubverbindungen war nicht erforderlich und es konnten die vorhandenen Schraubverbindungen weiterverwendet werden. Um eine Bewertung des optischen Erscheinungsbildes des fertigen Korrosionsschutzes in Bezug auf die farbliche Wirkung vornehmen zu können, wurden Musterflächen in sechs unterschiedlichen NCS-Farbtönen angelegt. NCS-Farben bzw. das NCS-Natural Color System zeichnen sich dadurch aus, dass die Farben auf den sechs Elementarfarben basieren. Diese Elementarfarben werden vom menschlichen Auge als „rein“ empfunden, so dass z. B. ein reines Grün weder als bläulich noch als gelblich wahrgenommen wird / NCS/ . Dabei wurden die folgenden Farbtöne als Muster angelegt: - NCS S 3005-B20G (mittleres blaugrau) - NCS S 4005-B20G (dunkleres blaugrau) - NCS S 1002-Y (helles beige) - NCS S 2002-Y (mittleres beige) - NCS S 2502-Y (mitteldunkles beige) - NCS S 3005-G80Y (beige uni) Die Musterflächen wurden durch das Denkmalschutzamt der Stadt Berlin begutachtet. Hierbei wurde der Glanzgrad, die Farbintensität, die Reflexion des Tages- und Sonnenlichts sowie der Grad der „Lebendigkeit“ der Farben bewertet und für die unterschiedlichen Bereiche (Innen- und Außenbereich) festgelegt und es wurde sich auf den folgenden Farbton geeinigt: NCS S 3005-G80Y (beige uni). 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 347 Denkmalgerechte Schadstoffsanierung: Quartier am Havelufer Berlin Bild 17: Herstellung einer Musterfläche zur optischen Begutachtung an einer ausgewählten Stütze Bild 18: Unterschiedliche Musterfarbtöne auf Musterplatten Ein Bild der fertiggestellten Flächen für den ersten Bauabschnitt kann im Rahmen der vorliegenden Veröffentlichung noch nicht gezeigt werden, da die Arbeiten zur Fertigstellung noch laufen und der Abschluss für Ende 2022 geplant ist. Das nachfolgende Bild zeigt den aktuellen Stand der Arbeiten am Korrosionsschutz der Dachkonstruktion, dabei ist die Grundierung dunkelrot und die Brandschutzbeschichtung weiß. Die Applikation der Brandschutzbeschichtung erfolgte händisch mittels Pinsel und Rolle. Bild 19: Ansicht der teilfertiggestellten Fläche Neben den anspruchsvollen Korrosionsschutzarbeiten war bei dieser Baustelle eine weitere Herausforderung die Einbindung der Arbeiten in die Gesamtbaumaßnahme „Carossa Quartier“. Parallel zu den Arbeiten an der Sheddach Halle wurden auf dem gesamten Gelände des Carossa Quartiers Arbeiten an allen umliegenden Gebäuden durchgeführt, so dass seitens des Auftraggebers ein umfangreiches Baulogistikkonzept erarbeitet wurde. Dieses Konzept wurde im Rahmen eines Handbuchs mit den Ausschreibungsunterlagen allen Bietern zur Verfügung gestellt und enthält u. a. verbindliche Angaben zu den einzuhaltenden Verkehrswegen auf dem Gelände. Das nachfolgende Bild zeigt die Verkehrswege exemplarisch für das Bauwerk Sheddach Halle. Bild 20: Auszug aus dem Baulogistikhandbuch mit Darstellung der Zufahrts- und Abfahrtswege für das Bauwerk Sheddach Halle/ SiteLog GmbH/ 3. Zusammenfassung Im Rahmen der vorliegenden Veröffentlichung haben die Autoren die Instandsetzungsarbeiten am schadstoffbelasteten Korrosionsschutz des Bauwerks „Sheddach Halle“, die im Gesamtkontext der Entwicklung des Carossa- 348 8. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2023 Denkmalgerechte Schadstoffsanierung: Quartier am Havelufer Berlin Quartiers in Berlin durchgeführt wurden, vorgestellt. Die Erneuerung des Korrosionsschutzes der Sheddach-Halle des Carossa-Quartiers war aufgrund der Schadstoffbelastung des Altanstrichs, der Bauwerkshistorie und der Einbindung in eine große städtebauliche Gesamtmaßnahme eine anspruchsvolle Baustelle. Die fachgerechte Ausführung war nur im Zusammenspiel mit allen am Bau Beteiligten möglich. Nur so konnten und können die ausgeführten Leistungen unter dem Gesichtspunkt der Qualitäts- und Termintreue mit den vorgestellten Schutzkonzepten und modernen Equipment sowie hochqualifiziertem Personal zur vollsten Zufriedenheit aller ausgeführt werden. 4. Danksagung Die Firma Massenberg, NL Moritzburg, bedankt sich bei allen Projektbeteiligten - Mitarbeitenden, Auftraggebern, Nachunternehmern und Lieferanten - für die partnerschaftliche Zusammenarbeit im Rahmen des hier vorgestellten Projektes. Literaturverzeichnis [1] https: / / ncscolour.com/ de [2] Technische Regeln für Gefahrstoffe „Blei“ - https: / / www.baua.de/ DE/ Angebote/ Rechtstexte-und- Technische-Regeln/ Regelwerk/ TRGS/ TRGS-505. html