eJournals Kolloquium Erhaltung von Bauwerken 9/1

Kolloquium Erhaltung von Bauwerken
kevb
expert Verlag Tübingen
0225
2025
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Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Steigerung der Nachhaltigkeit bei energetischen Sanierungen – NaiS! Die Zukunft der intelligenten Sanierung

0225
2025
Hanna Bonekämper
In Deutschland besteht ein erheblicher Bedarf an Sanierungsmaßnahmen für Bestandsgebäude, der durch die „Renovation Wave“ in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird. Immobilienbestandshalter suchen nach effektiven Strategien zur Umsetzung dieser Maßnahmen. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) arbeiten daher mit der DGNB e.V., CAALA GmbH, Concular GmbH und Ed. Züblin AG an einer digitalen Austauschplattform, die quelloffene Standards nutzt, um nachhaltige und intelligente Ansätze für energetische Sanierungen zu entwickeln. Dieser Beitrag skizziert einen Einblick in die laufende Forschung und beleuchtet gegenwärtige Herausforderungen bei der energetischen Gebäudesanierung. Zudem werden erste Lösungen präsentiert, die darauf abzielen, Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) zur Digitalisierung und Anreicherung von analogen Daten von Bestandsgebäuden anzuwenden. Dadurch soll eine datenbasierte Entscheidungsfindung gefördert werden, die die Effizienz und Nachhaltigkeit von Sanierungsprojekten verbessert.
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9. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2025 21 Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Steigerung der Nachhaltigkeit bei energetischen Sanierungen - NaiS! Die Zukunft der intelligenten Sanierung Hanna Bonekämper, M. A. Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Zusammenfassung In Deutschland besteht ein erheblicher Bedarf an Sanierungsmaßnahmen für Bestandsgebäude, der durch die „Renovation Wave“ in den kommenden Jahren weiter zunehmen wird. Immobilienbestandshalter suchen nach effektiven Strategien zur Umsetzung dieser Maßnahmen. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) arbeiten daher mit der DGNB e.V., CAALA GmbH, Concular GmbH und Ed. Züblin AG an einer digitalen Austauschplattform, die quelloffene Standards nutzt, um nachhaltige und intelligente Ansätze für energetische Sanierungen zu entwickeln. Dieser Beitrag skizziert einen Einblick in die laufende Forschung und beleuchtet gegenwärtige Herausforderungen bei der energetischen Gebäudesanierung. Zudem werden erste Lösungen präsentiert, die darauf abzielen, Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) zur Digitalisierung und Anreicherung von analogen Daten von Bestandsgebäuden anzuwenden. Dadurch soll eine datenbasierte Entscheidungsfindung gefördert werden, die die Effizienz und Nachhaltigkeit von Sanierungsprojekten verbessert. 1. Einführung Da rund 75 Prozent der Gebäude in Deutschland vor 1978 errichtet wurden [1], liegen zu den meisten Bestandsgebäuden nur analoge und oft unvollständige Daten vor. Um zielführend und nachhaltig sanieren zu können, ist eine zuverlässige Datengrundlage jedoch essenziell. Daher liegt die Motivation des Forschungsprojektes „NaiS“ (Nachhaltige intelligente Sanierungsmaßnahmen) darin, analoge Daten von Bestandsgebäuden zu digitalisieren und diese mit weiteren Informationen, wie zum Beispiel Nachhaltigkeitskennwerten anzureichern. Die NaiS-Plattform wird voraussichtlich zwei Anwendungsfälle anbieten - zum einen die Bewertung des energetischen Ist-Zustands des betrachteten Bestandsgebäudes, so genannte „Quick Checks“. Zum anderen die Bewertung des konkreten Sanierungspotenzials mithilfe digitaler Analysewerkzeuge. Die NaiS-Plattform wird somit zu einem entscheidenden Instrument für die datenbasierte Transformation von Bestandsgebäuden, insbesondere für Zielgruppen wie Softwareunternehmen, die mit den digitalisierten Daten weiterarbeiten oder Immobilienbestandshalter, die erste Einschätzungen zum Sanierungspotenzial erhalten können. 2. Hauptkapitel 2.1 Die Relevanz von Sanierungen bei Bestandsgebäuden Im Jahr 2022 war allein der Gebäudesektor in Deutschland für 111 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente verantwortlich. Um die Dekarbonisierungsziele zu erreichen, ist geplant, die CO₂-Emissionen aus dem Gebäudebereich bis 2030 auf etwa 66 Millionen Tonnen in Deutschland zu reduzieren [2]. Eine besondere Herausforderung ist dabei, dass etwa 75 Prozent der deutschen Gebäude vor 1978 also vor der ersten Wärmeschutzverordnung errichtet wurden [1]. Dies führt zu der Notwendigkeit energetischer Sanierungsmaßnahmen aufgrund unzureichender Energieeffizienz [4]. Es wurden bereits diverse Tools entwickelt, darunter TOBUS [5], MEDIC [6] und weitere Entscheidungsunterstützungssysteme [7]. Trotz der Existenz dieser Werkzeuge und der globalen Relevanz von Nachhaltigkeit konnte bisher keine umfassende Verbreitung erreicht werden. 2.2 Herausforderung: Daten von Bestandsgebäuden sind nicht digitalisiert Die Tatsache, dass der Großteil der Gebäude in Deutschland vor 1978 errichtet wurde, führt oft zu einer unzureichenden Datenlage bei Bestandsgebäuden. Erst im Jahr 1982 wurde die Computer Aided Design (CAD)-Technologie durch das US-Softwareunternehmen Autodesk flächendeckend auf den Markt gebracht [8]. Durch die CAD-Technologie wurde das analoge Zeichnen obsolet und das Erstellen von digitalen Zeichnungen möglich. Dadurch wird deutlich, dass aufgrund des Alters heute viele Bestandsgebäude ausschließlich über analoge Daten verfügen. Die Verwendung vorwiegend analoger Daten erschwert jedoch die präzise Analyse der Bestandsgebäude. Um Sanierungen an Gebäuden effizient und erfolgreich durchzuführen, ist es daher essenziell, sich mit der Digitalisierung bereits vorhandener Bestandsdaten auseinanderzusetzen und diese mit weiteren Informationen anzureichern. 22 9. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2025 Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Steigerung der Nachhaltigkeit bei energetischen Sanierungen - NaiS! Die Zukunft der intelligenten Sanierung 2.3 Perspektive der Praxis Um die Herausforderungen der Praxis bei der Sanierung von Bestandsgebäuden zu verstehen, wurden zu Beginn des Forschungsprojektes 27 Experteninterviews durchgeführt. Die Methodik folgte einem strukturierten, vierstufigen Prozess: 1. Hierfür wurden durch das Board of Innovation (www. ai.boardofinnovation.com) zunächst KI-gestützte Hypothesen generiert (Abb.1). 2. Diese Hypothesen wurden in einem Expertenworkshop weiter verfeinert. 3. Dann folgten 27 Experteninterviews mit verschiedenen Stakeholdern, darunter Projektentwickler, Architekten und Immobilienbestandshalter. 4. Auswertung der Interviews zu den erstellten Hypothesen. Abb. 1: KI-generiertes Problemverständnis zu Nachhaltigkeitsbewertungen im Gebäudebestand (www.ai.boardofinnovation.com) Die Ergebnisse der Experteninterviews bestätigten, dass die Datenbasis für die Bewertung von Bestandsgebäuden begrenzt ist und oft unvollständige oder veraltete Informationen aufweist. Obwohl Dokumente wie Bestandspläne, Energieausweise und Verbrauchsdaten vorhanden sind, fehlen häufig entscheidende Details zu Raumhöhen oder zu Materialitäten. Aufgrund der Unentbehrlichkeit dieser Details für die Ableitung von Sanierungsmaßnahmen sind in vielen Fällen Begehungen der Gebäude notwendig. Die Experten nannten eine KI-getriebene Extraktion relevanter Informationen aus Bestandsdokumenten, ihre Plausibilisierung und die Überführung in ein erstes digitales Gebäudemodell als möglichen Lösungsansatz, um möglichst schnell eine erste Datengrundlage für Analysen oder als Grundlage für Vor-Ort- Begehungen zu erstellen. Schließlich gaben die Experten an, dass sie sich vor allem mit der Datenerhebung und deren digitaler Auf bereitung auseinandersetzen. Ein Interviewpartner erwähnte, dass in seinem Team fünf bis sechs Personen mit der Bestandsaufnahme und Digitalisierung beschäftigt sind. Die digitalisierten Daten werden für die Erstellung und Bewertung von Sanierungsszenarien verwendet. Es wurde jedoch auch darauf hingewiesen, dass aufgrund getroffener Entscheidungen zu Umbauten oder Abriss das Gebäudemodell stark angepasst werden muss, was zu einem erheblichen Aufwand für die Informationsdigitalisierung und -auswertung führt. Diese digitalisierten Daten finden jedoch im weiteren Prozess nur begrenzte Anwendung. Angesichts dieser Herausforderungen nannten die befragten Experten verschiedene Lösungsansätze: 1. Die KI-getriebene Extraktion relevanter Informationen aus Bestandsdokumenten, deren Plausibilisierung und Überführung in ein erstes IFC-Modell. 2. Die Ermittlung statistischer Kennwerte über eine Vielzahl abgeschlossener Projekte und das Füllen von Lücken mit diesen Kennwerten. 3. Erstellung eines Suchgenerators für geeignete Zertifizierungs- und Fördermöglichkeiten. 4. Die Entwicklung von „Quick-Checks“ bzw. Ersteinschätzungen, mit denen auf Basis der vorhandenen Daten erste Einschätzungen zu Sanierungsszenarien getroffen werden können. 9. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2025 23 Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Steigerung der Nachhaltigkeit bei energetischen Sanierungen - NaiS! Die Zukunft der intelligenten Sanierung 2.4 Digitalisierung analoger Grundrisse Daten zu Bestandsgebäuden wie Bestandspläne sowie Verbrauchs- und Bedarfsausweise sind meist nicht digitalisiert. Hier setzt das Forschungsprojekt NaiS an, in dem in einem ersten Schritt Grundrisse durch Künstliche Intelligenz digitalisiert werden. Es wurde ein KI-Modell entwickelt, das als Grundlage für die Digitalisierung von analogen Grundrissen dient. Der Trainingsdatensatz von [9] umfasst zum aktuellen Zeitpunkt 4.200 Bilder. Abb. 2: Typischer Grundriss als Grundlage für die Digitalisierung mit KI, Bildquelle [9] In Abbildung 2 ist ein typischer Grundriss dargestellt, der für die Evaluierung des KI-Modells verwendet wurde. Dabei wurde bewusst auf praxisnahe Elemente wie gekrümmte Wände oder handschriftliche Planergänzungen geachtet, um eine Annäherung an realistische Daten zu erreichen. Gegenstand der Untersuchungen ist es, ob das KI-Modell diesen Grundriss korrekt erkennen und in Pixel übersetzen kann. Abb. 3: Annotation bei der Digitalisierung von Grundrissen mit KI, Bildquelle [9] In Abbildung 3 befindet sich die Klassifizierung von Bildelementen, durchgeführt von einem Experten. Diese Annotation wird als Referenz für das Training der KI genutzt. Die annotierten Elemente umfassen Wände, Fenster und Türen. Abb. 4: Ergebnis bei der Digitalisierung von Grundrissen mit KI, Bildquelle [9] In Abbildung 4 ist die Vorhersage des KI-Modells dargestellt, welche die Genauigkeit der Grundriss-Erkennung durch das Modell veranschaulicht. Obwohl das Modell insgesamt akzeptable Ergebnisse liefert, sind vereinzelte Fehler zu verzeichnen, wie beispielsweise die Erkennung einer halbhohen Wand in der Mitte des Raumes. Mit einer durchschnittlichen IoU-Rate von rund 74 Prozent (IoU-Rate bezeichnet den Prozentsatz der übereinstimmenden Pixel zwischen Annotation und Vorhersage) übertrifft dieses Modell andere Forschungsarbeiten, die auf dem gleichen Datensatz lediglich 65 Prozent erreichten [9]. Analoge Grundrisse weisen den Nachteil auf, dass sie häufig nicht aktualisiert werden, wenn Änderungen am Gebäude vorgenommen werden. Dies kann zu einer Diskrepanz zwischen den digitalisierten Bestandsplänen und dem tatsächlichen Zustand des Gebäudes führen. Je nach Anwendungsfall ist ein Abgleich mit dem aktuellen Zustand des Bestandsgebäudes erforderlich. Dies erfordert die menschliche Beteiligung, insbesondere bei der Datenerfassung vor Ort, beispielsweise durch den Einsatz von Scanning Technologien. Im Rahmen des NaiS-Projekts wurden zwei Scan-Apps (PolyCam und MagicPlan), ein Faro Laserscanner und ein Lumoscanner getestet und evaluiert. Dabei wurde MagicPlan als die beste Methode bewertet. Es überzeugt durch folgende Vorteile: Kostenersparnis, effiziente Arbeitsprozesse und eine benutzerfreundliche Bedienung [10]. Die verwendeten Daten basieren auf Plänen im Maßstab 1: 100, wie aus der geschwärzten Grundrissstruktur ersichtlich. Im nächsten Schritt wird untersucht, ob ein Wechsel zum Maßstab 1: 50 sinnvoll und technisch umsetzbar ist. Grundrisse im Maßstab 1: 50 bieten den Vorteil, dass die verwendeten Materialien in der Regel durch Schraffuren kenntlich gemacht werden. Diese Materialangaben sind relevant für die Ableitung energetischer Sanierungsmaßnahmen. 2.5 Zusammenarbeit menschlicher und künstlicher Intelligenz Im Forschungsprojekt hat die Mensch-Maschine Kollaboration eine zentrale Rolle. Die beiden Formen von Intelli- 24 9. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2025 Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Steigerung der Nachhaltigkeit bei energetischen Sanierungen - NaiS! Die Zukunft der intelligenten Sanierung genz - menschlich und künstlich können sich gegenseitig ergänzen. Bei Fehlern der KI übernimmt der Mensch die Korrekturrolle, insbesondere wenn Kenntnisse über das spezifische Gebäude erforderlich sind. In Abbildung 5 ist beispielhaft dargestellt, wie fehlerhafte Bauteile durch einen Menschen erkannt werden. Hier agiert der Mensch als Korrekturfaktor, der die endgültige Beurteilung vornimmt. Der Mensch kann auch einen Blick auf die Verhältnismäßigkeit von Aufwand und Nutzen einbringen, der von KI nicht zwangsläufig berücksichtigt wird. Durch die enge Zusammenarbeit von Menschen und KI ist so eine effiziente und zielführende Datenerfassung möglich. Abb. 5: Grundrisserkennung ohne menschliche Interaktion, NaiS, Bildquelle [9] Abb. 6: Mensch-Maschine Kollaboration, NaiS, Bildquelle [9] 2.6 Interaktives Tool Eine häufige Fehlerquelle bei der Analyse von Bauplänen mittels KI liegt in der Heterogenität der Pläne hinsichtlich Alter, Stil, Detailgrad und Qualität. Obwohl das KI-Modell mit einer großen Menge an Dokumenten trainiert wurde, reicht diese Datenbasis oft nicht aus, um die Vielfalt realer Baupläne vollständig abzubilden. Dies äußert sich häufig in der Schwierigkeit, Bauteile wie Wände, Fenster und Türen von Störungen wie beispielsweise durch schlechte Dokumentenscans verursachtem „Rauschen“ zu unterscheiden. Während der semantischen Segmentierung ordnet das KI-Modell jedem Pixel eine Wahrscheinlichkeit für die Klassen „Wand“, „Fenster“ und „Tür“ zu und entscheidet sich für die Klasse mit dem höchsten Wert. Um fehlerhafte Klassifizierungen - etwa das Verwechseln von Rauschen mit Bauteilen - zu vermeiden, können Schwellenwerte für die Klassifikationswahrscheinlichkeiten definiert werden. Das präzise Festlegen dieser Schwellenwerte ist entscheidend für die Qualität der Ergebnisse. Zur Bewertung und Optimierung der Ergebnisse ist das kontextuelle und intuitive Denken eines Menschen von großem Vorteil. Nutzer haben die Möglichkeit, die Schwellenwerte für jede Klasse individuell anzupassen (Abb. 7). Auf diese Weise lassen sich die KI-Ergebnisse iterativ und interaktiv verbessern. Die Kombination aus menschlicher Expertise und KI führt dabei zu einer höheren Effizienz und Qualität. In diesem Prozess übernimmt der Mensch die Rolle der Supervision und Qualitätssicherung, wodurch ein synergetischer Ansatz zwischen Mensch und KI entsteht. Abb. 7: Interaktives Tool zur Digitalisierung von Grundrissen, NaiS 2.7 Weiterer KI Use-Case: Optical Character Recognition (OCR) Informationen zu Gebäuden werden nicht nur in Bildern oder Modellen, sondern auch in Texten gespeichert. Die Extraktion und Interpretation solcher Textelemente erweitert die Informationsbasis eines Gebäudes. So können beispielsweise Planköpfe, Legenden und Bemaßungen ausgelesen oder Energieausweise und Baubeschreibungen mithilfe von Optical Character Recognition (OCR) digitalisiert werden. Eine Herausforderung bei diesem KI-Use-Case ist die heterogene Auflösung der Texte sowie die oft begrenzte Datenqualität. Dadurch kann die Genauigkeit der Texterkennung beeinflusst werden. Nach der Digitalisierung werden Attribute des Textes extrahiert und in eine bestehende Datenstruktur integriert. Hierbei kommt Natural Language Processing (NLP) zum Einsatz, unterstützt von einem Large Language Model (LLM). Ein entscheidender Faktor in diesem Prozess ist die Überprüf barkeit der Daten: Ohne transparente Kontrollmöglichkeiten muss auf das System vertraut werden oder der Nutzer die Arbeit manuell wiederholen. Daher 9. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2025 25 Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Steigerung der Nachhaltigkeit bei energetischen Sanierungen - NaiS! Die Zukunft der intelligenten Sanierung sollten Verarbeitungsschritte dokumentiert und sinnvolle Eingriffsmöglichkeiten für den Nutzer geschaffen werden. So kann der Mensch an entscheidenden Stellen korrigieren und den Prozess optimieren. 2.8 Digitale Analysewerkzeuge zur Erreichung der Sanierungsziele Der Detaillierungsgrad der durch KI digitalisierten Grundrisse genügt meist nicht, um den Ansprüchen einer konkreten Sanierungsplanung gerecht zu werden. Jedoch eignen sich diese Grundrisse für energetische Bewertungen und Variantenbetrachtungen im Rahmen einer Portfolioanalyse durch Immobilienbestandshalter. Ziel ist die Entwicklung von energetischen Sanierungsmaßnahmen mit anschließender Priorisierung. Um die Entwicklung von geeigneten energetischen Sanierungsmaßmaßnahmen zu vereinfachen, wird ein Sanierungsvariantenkatalog entwickelt. In diesem werden energetische Sanierungsmaßnahmen systematisch aufgelistet. In einem nächsten Schritt wird der Katalog um spezifische Kostendaten ergänzt. Diese Kostenaufstellung ermöglicht eine fundierte Entscheidung über die wirtschaftliche Machbarkeit der einzelnen Sanierungsmaßnahmen und trägt zur Optimierung der Budgetierungsprozesse bei. Schlussendlich sollen so vorkonfigurierte, intelligente Sanierungspakete entstehen. Diese werden die wesentlichen Einflussfaktoren Energie, CO 2 -Emissionen, Ressourcen und Kosten berücksichtigen. Damit wird das Ziel verfolgt, die Entscheidungsfindung von Immobilienbestandshaltern für eine energetische Sanierung zu unterstützen. 2.9 Plattform Bei der technischen Umsetzung der NaiS-Plattform erarbeitet ein interdisziplinäres Team aus Softwareexperten, Nachhaltigkeitsspezialisten und Wissenschaftlern eine Plattform mit quelloffenen Standards und Schnittstellen. Die Gewährleistung von Benutzerfreundlichkeit und Datenintegrität steht im Mittelpunkt der Plattform. Die Benutzerfreundlichkeit wurde durch die Design- Thinking Methode [11] gewährleistet, indem die Benutzer in jeder Entwicklungsstufe v on Userflow bis Mock-Up eingebunden wurden. Dabei wurden zunächst Interviews geführt, um die Nutzerbedürfnisse zu erfassen. Später wurde in mehreren Testing-Sessions Feedback zur Gestaltung der Nutzeroberfläche und dem Nutzererlebnis gesammelt. Die Datenintegrität wird durch verschiedene Kennzahlen, wie z. B. der Datenqualität bestimmt. Indem die Vollständigkeit der hochgeladenen Daten (Abb. 8) übersichtlich dargestellt wird, wird dem Benutzer die Entscheidungsfindung zu verschiedenen Sanierungsanalysen vereinfacht. Abb. 8: Gesamtdatenqualität für das Beispiel Ökobilanzierung 26 9. Kolloquium Erhaltung von Bauwerken - Februar 2025 Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Steigerung der Nachhaltigkeit bei energetischen Sanierungen - NaiS! Die Zukunft der intelligenten Sanierung Literatur [1] Umweltbundesamt. (2019). „Wohnen und Sanieren. Empirische Wohngebäudedaten seit 2002.“ Zuletzt aufgerufen am 12.03.24: https: / / www.umweltbun desamt.de/ sites/ default/ files/ medien/ 1410/ publika tionen/ 2019-05-23_cc_22-2019_wohnenundsanie ren_hintergrundbericht.pdf [2] Umweltbundesamt. 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Haghsheno, „Evaluating Site Scanning Methods: An Assessment System for Quantitative Comparison and Selection“, gehalten auf der 41st International Symposium on Automation and Robotics in Construction, Lille, France, Juni 2024. doi: 10.22260/ ISARC2024/ 0175. [11] Uebernickel, F., Brenner, W., Pukali, B., Naef, T., & Schindlholzer, B. (2015). Design Thinking: Das Handbuch [The manual] [in German] (1st edition). Frankfurter Allgemeine Buch.