Kolloquium Industrieböden
kibo
2510-7771
expert verlag Tübingen
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2020
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Littmann20 Jahre schleiftechnische Optimierung mineralischer Industrieböden - Erfahrungsstand und Ausblick
0301
2020
Andreas Funke
Die schleiftechnische Industrieboden-Optimierung hat sich in den letzten 20 Jahren in Produktion und Logistik etabliert. Sie wird auf neuen Böden und im Bestand bei der Sanierung von mineralischen Industrieböden ausgeführt. Die Optimierung der Oberflächenstruktur senkt dauerhaft die Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung der Oberfläche. Gleichzeitig bedeutet sie für den Betreiber eine signifikante Reduzierung der Reinigungskosten bei gleichzeitig höherer Sauberkeit der Böden. Damit leisten schleiftechnisch optimierte Böden einen erheblichen Beitrag zum ressourcenschonenden und nachhaltigen Betrieb von Industrie- und Logistikflächen. Nicht zuletzt bilden diese Böden aufgrund ihrer Eigenschaften und des positiven Einflusses auf die Gesamtlebenszykluskosten (LCC/Life Cycle Cost) in vielen Anwendungsbereichen eine technisch wie betriebswirtschaftlich sinnvolle Alternative zu Industrieböden aus Reaktionsharzen.
Um Kostensenkungen und Nachhaltigkeitseffekte tatsächlich dauerhaft im Betrieb erbringen zu können, sollte ein geschliffener und polierter Industrieboden bestimmten Kriterien entsprechen. Der Vortrag stellt neben diesen Kriterien die Möglichkeiten vor, die Qualität der Oberflächenoptimierung messbar zu machen und stellt aktuelle und künftige Entwicklungen zur Diskussion.
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10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 109 20 Jahre schleiftechnische Optimierung mineralischerIndustrieböden - Erfahrungsstand und Ausblick Dipl.-Ing. (FH) Andreas Funke c/ o MKS Funke GmbH Im Fisserhook 28 46395 Bocholt Deutschland Tel.: +49 (0) 28 71/ 24 75 0 E-Mail: andreas.funke@mks-funke.de Zusammenfassung Die schleiftechnische Industrieboden-Optimierung hat sich in den letzten 20 Jahren in Produktion und Logistik etabliert. Sie wird auf neuen Böden und im Bestand bei der Sanierung von mineralischen Industrieböden ausgeführt. Die Optimierung der Oberflächenstruktur senkt dauerhaft die Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung der Oberfläche. Gleichzeitig bedeutet sie für den Betreiber eine signifikante Reduzierung der Reinigungskosten bei gleichzeitig höherer Sauberkeit der Böden. Damit leisten schleiftechnisch optimierte Böden einen erheblichen Beitrag zum ressourcenschonenden und nachhaltigen Betrieb von Industrie- und Logistikflächen. Nicht zuletzt bilden diese Böden aufgrund ihrer Eigenschaften und des positiven Einflusses auf die Gesamtlebenszykluskosten (LCC/ Life Cycle Cost) in vielen Anwendungsbereichen eine technisch wie betriebswirtschaftlich sinnvolle Alternative zu Industrieböden aus Reaktionsharzen. Um Kostensenkungen und Nachhaltigkeitseffekte tatsächlich dauerhaft im Betrieb erbringen zu können, sollte ein geschliffener und polierter Industrieboden bestimmten Kriterien entsprechen. Der Vortrag stellt neben diesen Kriterien die Möglichkeiten vor, die Qualität der Oberflächenoptimierung messbar zu machen und stellt aktuelle und künftige Entwicklungen zur Diskussion. 1. Geschliffene Industrieböden Die Oberflächenoptimierung stellt auf mineralischen Industrieböden eine dichte und kompakte Oberfläche mit flächendeckend gleichmäßiger und gleichzeitig definierter Feinst-Rauigkeit her. Lasten aus der Nutzung (vor allem aus Befahren und Begehen) werden dauerhaft ohne wesentliche Veränderungen der Oberflächenstruktur (Stauben, Feinstausbrüche) abgetragen. Die für den Micro-Lastabtrag optimierte Oberflächenstruktur bleibt somit dauerhaft erhalten. Die langfristige Widerstandsfähigkeit der optimierten Oberfläche gegenüber Verschleißspuren aus der Nutzung, gewährleistet den technisch und wirtschaftlich optimalen Betrieb der Flächen und damit die positive Entwicklung der Gesamtlebenszykluskosten (LCC): - Reduzierung von Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten durch funktionalen Micro-Lastabtrag und dadurch dauerhaft intakte Oberflächenstruktur - Erhebliche Vereinfachung und starker Kostenvorteil in der Betriebs- und Unterhaltsreinigung - Optimierung der Produktionsbedingungen durch Vermeidung von Unterbrechungen und Nutzungseinschränkungen für Sanierung und Instandhaltung der Industrieböden - Hervorragende Grundlage für Qualitätsmanagements und Audits (Staubfreiheit, Hygiene, Verlustkontrolle) - Skalierbarkeit von Reinigungs-, Boden- und Nutzungssicherheits-bezogenen Betriebskosten - Schonung der Mitarbeiter vor muskulo-skelettalen Erkrankungen (MSE) durch geringere Vibrationsexposition (Fahrer von Flurförderfahrzeugen) sowie reduzierte Geräuschbelastungen und verbesserte Akustik - Minimierung der Feinstaubbelastung in der Atemluft - Geringerer Verschleiß an beweglichen Teilen und Reifen von Flurförderfahrzeugen - Positive Effekte in der Nachhaltigkeitsbewertung Buch IB.indb 109 11.02.20 12: 53 110 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 20 Jahre schleiftechnische Optimierung mineralischer Industrieböden - Erfahrungsstand und Ausblick 1.1 Grundlagen der Bearbeitung Kern der Optimierung mineralischer Industrieböden ist die Kombination des eigentlichen Schleifvorganges mit der Applikation bestimmter Alkalisilikate zur Vergütung des Feinstporengefüges. Bei mangel- oder fehlerhafter Bearbeitung droht ein Nichterreichen der dichten Oberflächenstruktur und daraus resultierend der stetig fortschreitende Verlust des optimalen Micro-Lastabtrags mit daraus wiederum resultierenden permanenten Mehrkosten für Reinigung und Instandhaltung sowie einer qualitativ schlechteren Produktionsumgebung. Die für eine dauerhaft einwandfreie Funktion notwendige Qualität der Oberfläche, wird durch eine flächendeckend homogene und auf den Boden abgestimmte Rautiefe definiert, die üblicherweise mit Diamantwerkzeugen und Bodenschleifmaschinen im Nass- oder Trockenschliff erzeugt wird. In der Praxis geht man von Rautiefen aus, die z.B. bei mineralischen Indu-strieböden mit der Körnung 400 beim Schleifen mit Diamantwerkzeugen mit gebundener Schleifrichtung durch Einbettung der Schleifkörper in eine Kunstharzbindung erzeugt werden. Unverzichtbarer Bestandteil der Oberflächenoptimierung von Industrieböden ist die Vergütung des Feinporengefüges mit Alkalisilikaten (“Wasserglas“). Durch die sich ausbildenden Calciumsilikate werden die Feinstporen verfüllt und dadurch am Micro-Lastabtrag beteiligt. Ohne die fachlich korrekt ausgeführte Porenvergütung durch Alkalisilikate bleibt die schleiftechnische Optimierung eines Industriebodens ein Verfahren mit nur kosmetischer Wirkung, bei dem der Reinigungsaufwand nach kurzer Zeit wieder ansteigt und die nachhaltigen Kosten- und Nutzungsvorteile einer fachgerecht optimierten Oberfläche nicht eintreten. 2. Erfahrungsstand In den ersten Jahren der stärkeren Verbreitung der schleiftechnischen Optimierung in Europa trugen natürlich auch die die positiven Erfahrungen des US-amerikanischen Marktes mit sehr großen Flächen dieser Art dazu bei, dass sich die schleiftechnische Oberflächenoptimierung zu einem Stand der Technik ent-wickelte. In Deutschland wurden zuerst neu erstellte PCC-Industrieestriche in größerem Volumen geschliffen und poliert. Hartstoff-Industrieestriche mit Schicht oder Einstreu schlossen sich zusammen mit Betonböden mit und ohne Stahlfasern an. Neben der überzeugenden Optik waren vor allem Staubfreiheit und optimale Reinigungsfähigkeit die Gründe für den anfänglich ungewohnten Einsatz der Schleiftechnik als Oberflächenfinish. Nach den nahezu ausschließlich sehr positiven Erfahrungen in Bezug auf die Performance der Flächen, kommt es nun jedoch auch häufiger zu Mängelrügen von Auftraggebern oder Flächenbetreibern. In vielen Fällen wird ein Delta moniert zwischen der versprochenen Performance des Industriebodens und der sich in der Nutzung tatsächlich zeigenden Reinigungsfähigkeit, Optik und Kostenentwicklung. Die Mängel lassen sich hauptsächlich in zwei Kategorien einteilen: - Vom Soll abweichende bzw. nachlassende optische Qualität - Mangelnde Reinigungsfähigkeit Bei der Begutachtung der Flächen und den begleitenden Gesprächen fällt vor allem auf, dass bei nahezu allen bemängelten Böden für die Wahl des Auftragnehmers der Preis entscheidend war. Zusätzlich konnte festgestellt werden, dass Musterflächen im Objekt fehlten oder, bei Vorhandensein, deutliche Abweichungen von Musterund/ oder Referenzflächen auftraten. 3. Glänzendes Geschäft? Geschliffene / polierte Industrieböden werden offensichtlich bislang zu einem sehr hohen Maße aufgrund ihrer optisch hochwertigen und oftmals auch glänzenden Oberfläche geschätzt und beauftragt. Unterstützt wird diese mehr auf der Optik basierende Wahrnehmung und Wertschätzung geschliffener Industrieböden durch zahlreiche Industrieestriche, die als „Leuchttürme“ mit hohen dekorativen Ansprüchen und großer Perfektion bearbeitet wurden und beispielsweise in Museen, Veranstaltungs- und Präsentationsbauten oder auch im Industriebau einen Teil des Bildes geschliffener Industrieböden bei Architekten, Planern und Auftraggebern geprägt haben. Die Vorteile im Bereich der Kostenentwicklung für Reinigung und Instandhaltung werden zwar in der Vermarktung kommuniziert und nehmen auch an Bedeutung zu, beeinflussen aber vor allem die Entscheidungen von Auftraggebern, die schon Erfahrungen mit diesen Böden haben oder in ihrem Netzwerk auf Erfahrungen zurückgreifen können. Weil der Glanz also eine hohe Bedeutung hat bei der Entscheidung für oder gegen die schleiftechnische Bearbeitung von Industrieböden, ist es wichtig zu schauen, ob sich der Glanz als möglicherweise alleiniges Qualitätskriterium für die Oberflächenoptimierung eignet. 3.1 Zusammenhang zwischen Glanz und Oberflächenstruktur Die gute Optik fachgerecht geschliffener und polierter Industrieböden beruht auf einem hohen Maß an Lichtreflexion des Bodens. Die Lichtreflexion wird wesentlich durch die minimale Rautiefe der geschliffenen Oberfläche, die Kompaktheit der Oberfläche, die Porenarmut und damit durch die Kernansprüche an dauerhaft optimierte Oberflächen bestimmt. Buch IB.indb 110 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 111 20 Jahre schleiftechnische Optimierung mineralischer Industrieböden - Erfahrungsstand und Ausblick 3.2 Bausoll „Glanz“? Geschliffene und vergütete Industrieböden beweisen in USA seit den frühen 1990er Jahren und in Europa seit den späten 1990er Jahren, dass sie den Ansprüchen an optimale Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit dauerhaft voll entsprechen. Voraussetzung für diese einwandfreie dauerhafte Funktion ist eine fachlich korrekte Bearbeitung. Entsprechend ihrer Verwendung, weisen die Bestandteile der Industrieböden insgesamt eine hohe Verschleißfestigkeit auf. Die Verschleißwiderstände von z.B. Bindemittel und Zuschlag können dennoch deutlich unterschiedlich sein. Diese Unterschiede können an den verwendeten Zuschlägen und/ oder der Zementgüte liegen. Aber beispielsweise auch die altersbezogene Festigkeit des Bindemittels (zu frühe Bearbeitung) oder eine partiell unzureichende Oberflächenfestigkeit (Überwässerung, Anreicherung mit Zementleim) oder Einflüsse aus der Nutzung (Chemie / Mechanik) können für unterschiedliche Verschleißfestigkeit unmittelbar nebeneinander liegender Bestandteile des Bodens verantwortlich sein. Auf diese Unterschiede im Verschleißwiderstand unmittelbar benachbarter Bestandteile eines Industriebodens sind Diamantwerkzeuge mit gerichteter Schleifwirkung abgestimmt. Schleifwerkzeuge mit ungerichteter Schleifwirkung (Diamant-Pads) sind hingegen ungeeignet, denn sie tragen die Bestandteile mit geringerem Verschleißwiderstand stärker ab, als die Bestandteile mit höherem Verschleißwiderstand. Das Resultat ist eine ausgewaschene Oberfläche mit dem Charakter einer Orangenhaut. Die Fläche glänzt häufig zwar, aber schon bei geringer Belastung aus Befahren und Begehen versagt der Micro-Lastabtrag, was wiederum zu Microausbrüchen, also zur Errosion der Oberfläche und den daraus resultierenden Symptomen wie Staubbildung, Glanzgradverlust und erhöhtem Reinigungsaufwand führt. Das Ergebnis zum Zeitpunkt der Abnahme sieht aber auch bei mangelhafter Schleifleistung, ungeeigneter Schleiftechnik oder Fehlern bei der Vergütung, erst einmal relativ gut aus. Zudem kann der fehlende Eigenglanz einer Fläche zum Zeitpunkt der Abnahme auf vielfältige Arten künstlich erzeugt werden. Dazu werden beispielsweise Polymerfilme, Copolymere etc. appliziert, die sich nicht immer mit dem nachhaltigen Anspruch an eine fachgerechte Oberflächenoptimierung decken. In der Summe bestätigt die glänzende Oberfläche dem Auftraggeber jedoch die scheinbar ordnungsgemäße Leistungserbringung. Nach einiger Zeit der Nutzung verliert die Oberfläche nicht fachgerecht hergestellter Optimierungen jedoch das gute Aussehen, die Fläche wird matt, schmutzt an und/ oder beginnt zu Stauben. Die Investition in die Oberflächenoptimierung bringt dem Auftraggeber / Nutzer in der Folge keinen Ertrag. Der Aufwand und die Kosten für Reinigung, Instandhaltung und Betrieb steigen deutlich gegenüber der versprochenen bzw. geschuldeten Senkung der LCC. Als Folge fachlich unzureichender Schleifleistung und/ oder fehlerhaft ausgeführter Vergütung ist dieses Szenario nicht so selten und die Unzufriedenheit von Betreibern mit der geschliffenen Oberfläche ihrer Industrieböden nimmt seit einigen Jahren definitiv zu. Die Technik verliert durch diese Entwicklung teilweise ihre Reputation, mindestens aber einen Teil ihres Potentials. Erhebliche Möglichkeiten zum nachhaltigen Betrieb von Industrieböden bleiben ungenutzt. In den letzten Jahren hat sich mit der wachsenden Zahl „enttäuschender“ Böden herausgestellt, dass rein optische Kriterien wie z.B. “Glanz” für die Definition des geschuldeten Bausolls keine große Rolle spielen sollten. Großer Schwachpunkt in der Definition des Bausolls für die Oberflächenoptimierung ist das Nichtvorhandensein von allgemein anerkannten und verbindlichen technischen Regeln und bewerteten messbaren technischen Parametern, welche die Feinebenheit und Rautiefe der Bodenoberfläche erfassen, die im Rahmen der Abnahme auf tatsächliche Leistungserbringung hin abgeprüft werden können und evtl. über eine Bestätigungsprüfung zu Wartungs- und Instandhaltungsmodellen herangezogen werden könnten. 4. Ausblick auf die Zukunft Seit der Ausführung der ersten größeren oberflächenoptimierten Flächen um die Jahrtausendwende wird in der Regel eine bestimmte Anzahl von auszuführenden „Schleifgängen“ = Schleifstufen und deren Intensität als Leistung beschrieben. „Schleifen mit vier Schleifgängen im Kreuzgang“ ist eine beispielhafte Beschreibung, die üblicherweise noch durch Angaben zur Silikatisierung, Schutz angrenzender Bauteile, Randbearbeitung, (Zwischen-)Reinigung etc. ergänzt wird. Die hier beispielhaft beschriebenen vier, immer feiner werdenden, Schleifstufen erzielen bei fachgerechter Ausführung ein Ergebnis, welches in allen Punkten der Zielsetzung oberflächenoptimierter Industrieböden entspricht. Gleichzeitig bedeutet die fachgerechte Ausführung auch einen bestimmten und unvermeidbaren zeitlichen Aufwand, der maßgeblich durch die Leistung der eingesetzten Maschinen, das Können der Mannschaft und den Zuschnitt der bearbeitbaren Flächen bestimmt wird. Grundlage für die Entscheidung des Auftraggebers für einen Anbieter ist jedoch vor allem auch der Preis. Auch die versprochene Leistung zählt. Oft in Verbindung mit einem Leistungsversprechen, welches „laienkompatibel“ durch den Glanz definiert wird. Vor allem für Laien ist es jedoch kaum möglich zu entscheiden, ob die beispielsweise auf Musterflächen erzielten Glanzbilder auf der korrekten Optimierung des Bodens beruhen oder ob mittels chemischer Produkte eine Art glänzende „Verkaufspolitur“ erzeugt wird, die relativ schnell wieder Buch IB.indb 111 11.02.20 12: 53 112 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 20 Jahre schleiftechnische Optimierung mineralischer Industrieböden - Erfahrungsstand und Ausblick verschwindet und somit mit den nachhaltigen Zielen der Industriebodenoptimierung nicht viel zu tun hat. Der im Wettbewerb um den Auftrag so bedeutende Preis wird hauptsächlich durch den Bearbeitungsaufwand, sprich durch die Lohnkosten je qm, bestimmt. Maschinen- und Werkzeugkosten spielen im Zusammenhang der Gesamtkalkulation eine eher untergeordnete Rolle. Löhne und lohnbedingte Kosten sind bei der schleiftechnischen Bearbeitung in Deutschland mit zwischen 70% und 85% der bestimmende Kostenfaktor. Niedrige Schleifpreise werden vor allem dadurch erzielt, dass der Zeitaufwand gekürzt wird. Der, zur Erzielung des optimalen Micro-Lastabtrags jedoch notwendige, abgestimmte Aufbau der einzelnen Rautiefen über die einzelnen Schleifgänge hinweg, kann bei der Reduzierung des Zeitaufwandes kaum eingehalten werden. Zeit- und damit kostensenkende Optionen gibt es gleich mehrere: Größere und/ oder leistungsfähigere Technik hilft Potentiale zu heben. Gleiches gilt für die Optimierung von Verfahrensweisen und Arbeitsabläufen auf der Baustelle, die teilweise für einen erheblichen Produktivitätsgewinn sorgen und die Kosten je qm teils deutlich nach unten bringen. Auch die „Schnell-Schleif-Option“ (zu große Sprünge in den Schleifstufen, beispielsweise beim Überspringen einzelner Schleifgänge) wirkt kostensenkend, auch wenn sie eine Oberflächenstruktur (Orangenhaut) begünstigt, die den optimalen Lastabtrag gefährdet und den Verschleiß des Bodens fördert. Werkzeuge mit ungerichteter Schleifwirkung erlauben oft durch ihren Aufbau bedingt eine schnellere Bewegung der Maschine und eine höhere Drehzahl. Diese Werkzeuge sind zwar schnell und dadurch für die Senkung der Lohnkosten geeignet, für den planmäßigen Abtrag und die Erstellung einer definierten Rautiefe vor allem in den unteren Schleifgängen bis zum Feinschliff ungeeignet sogar stark kontraproduktiv. Und auch der bereits erwähnte Einsatz von Polymeren stellt eine häufig genutzte Beschleunigungsmaßnahme dar. Ziel ist es hierbei, die mechanische Bearbeitung (Schleifen) zugunsten von schneller und kostengünstiger zu verarbeitenden Chemieprodukten zur Erzielung des gewünschten Glanzes zu reduzieren. Durch die letzten drei Optionen wird der eigentlich notwendige Umfang an handwerklicher Bearbeitung zur Herstellung einer dauerhaft optimierten Oberfläche auf ein minimal notwendiges Maß zur Erzeugung eines bestimmten Glanzbildes reduziert. Das Ergebnis auf dem Boden ist in der Folge ein qualitativ anderes. So etabliert sich zunehmend ein Qualitäts- und Preisgefüge, welches den eigentlichen qualitativen Ansätzen der mechanischen Industriebodenoptimierung zuwider läuft. Sie widerspricht den originären Interessen leistungswilliger und leistungsfähiger Auftragnehmer sowie denen der Auftraggeber an nachhaltiger Qualität. In der Konsequenz zeichnet sich bereits jetzt ein Trend ab, in dem sich der Markt weiter in mehrere Segmente auseinander dividieren werden wird. Diese Marktsegmente werden durch die unterschiedlichen Ansprüche der Auftraggeber, die Motivationen der Auftragnehmer, die verschiedenen Aufwandslevel, die Preislevel und die, anhand von Motivation, Qualifikation, Ausrüstung und Entlohnung tatsächlich leistbare Arbeit, definiert. In einem der Marktsegmente werden weiter primär optisch motivierte Leistungen über den Preis verkauft werden. Die Anforderungen an die nachhaltige Optimierung der Betriebskosten werden in diesem Marktsegment also in der Regel nicht oder nur leidlich erfüllt und preislich werden sich diese Leistungen vor allem in einem sehr niedrigen Preisbereich bewegen. Ein weiteres Marktsegment wird sich primär für die Auftraggeber weiterentwickeln, die einen maximal funktionalen Boden benötigen, bei dem die dauerhafte Senkung von Betriebskosten der wichtigste Anspruch ist und eine qualitativ entsprechende Leistung bewerten können und die Investition in die Industriebodenoptimierung als einen Beitrag für künftige Senkungen der Betriebskosten erkennen. Selbstverständlich wird die Preisstruktur aller Marktsegmente vorerst auch weiterhin durch den Arbeitsaufwand und damit durch die Lohnkosten definiert. Das betrifft den Niedrigpreisbereich wie den Qualitätsbereich. Vor allem die Leistungen an der unteren Qualitäts- und Preisschwelle werden vorerst entweder durch nicht so weit professionalisierte Betriebe erbracht, die das erforderliche geringe Kostengefüge durch Einsparungen an der Schleifleistung und bei dem Vergütungsrahmen und der Qualifikation des Personals realisieren. In der Folge werden im Rahmen der weiteren Professionalisierung vor allem auf großen und mittleren Flächen immer leistungsfähigere Großgeräte bedient werden. Die handwerkliche Professionalisierung wird ebenfalls eine immer größere Rolle spielen. Maximal leistungsfähig ausgerüstete und professionalisierte Unternehmen werden sämtliche Qualitätskategorien, Leistungs- und Preisbereiche anbieten und ausführen. Hier wird es sicherlich soweit kommen, dass die Spitzenanbieter den Lohnkostenanteil je qm auf Großflächen von mehreren tausend qm aufwärts so stark reduzieren können, dass er sich mit vielleicht 25 bis 40 % in die Maschinen-, Werkzeug-, und Allgemeinkosten einreiht. Diese Optimierungen können dazu führen, dass sich branchenweit ein allgemeiner Qualitätsstandard für Großflächen und vielleicht auch Projekte mittlerer Größen entwickelt, der die Ansprüche an einen dauerhaft optimierten Industrieboden berücksichtigt und sich aufgrund seiner günstigen Kostenstruktur als selbstverständlicher Teil des Industriebodenbaus etabliert. Buch IB.indb 112 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 113 20 Jahre schleiftechnische Optimierung mineralischer Industrieböden - Erfahrungsstand und Ausblick 5. Qualität definieren und messbar machen Da die Qualität einer schleiftechnischen Industriebodenoptimierung nur mit einiger Erfahrung und oft genug auch erst in der Nutzung bewertet werden kann, wären objektive technisch messbare Kriterien ein großer Schritt nach vorne für die systemunabhängige Definition und die Vergleichbarkeit von Leistungen. Das Bausoll könnte präzise formuliert werden und die Erfüllung des Bausoll neutral und objektiv ermittelt und geprüft werden. Aufgrund der fragmentierten Landschaft aus Systemanbietern für Schleiftechnik, systemfernen Anbietern von Werkzeugen und chemischen Produkten sowie der großen Bandbreite der bearbeitbaren mineralischen Böden und deren individueller Mischungs-, Förder- und Einbau-bedingter Zustände ist es in Deutschland bislang noch zu keinem Ansatz messbarer Kriterien gekommen, der den Weg in eine breitere Diskussion gefunden hätte. Weil technisch messbare Parameter also (noch) fehlen, und um Risiken aus mangelhafter Bearbeitung möglichst auszuschließen, hat sich mittlerweile die verbindliche Einbeziehung von Referenzflächen als zusätzliche Rückversicherung in Bezug auf die Qualität der anbietenden Unternehmen bewährt. Mangels messbarer technischer Alternativen wird jedoch, wie bereits zuvor beschrieben, vor allem der Glanz einer Fläche als Leistungskriterium gewählt. Solange der Glanz das Ergebnis eines sorgfältig ausgeführten mechanischen Bearbeitungsprozesses ist und nicht das Ergebnis eines wenig dauerhaften Polymerfilms, kann man zum einen ableiten, dass der Glanz gratis mit der Oberflächenoptimierung geliefert wird und ein Beweis der geringen Rautiefe und der Porenarmut ist. Zum anderen könnte man den Glanz als Gradmesser für die Funktionalität der Oberfläche verwenden. In der Praxis bedeutet das, dass nachlassender Glanz z.B. in stark frequentierten Bereichen, Laufstraßen etc. darauf hinweist, dass die Optimierung der Oberfläche nicht mehr den Anforderungen an die nachhaltige Optimierung entspricht. Teilweise wird das auch schon so gehandhabt. So werden bei der Abnahme Glanzmessungen mit einem Glanzmessgerät an einer statistisch repräsentativen Menge von Punkten einer Fläche erstellt. Diese Werte können dann im Rahmen der Qualitätssicherung in Bestätigungsmessungen mit dem Ist-Zustand abgeglichen werden. Stellt man dann einen Bezug beispielsweise zum konkreten Reinigungsaufwand her, lassen sich objektspezifische Parameter ableiten, die über den Zustand der Flächen mittels Glanzmessung Auskunft geben. Auch ein Abgleich mit der Entwicklung der Feinstaubbelastung in der Luft oder der Lichtintensität bzw. dem Verbrauch an Beleuchtungsenergie ist denkbar. Glanzmessgeräte werfen den Prozentsatz des im Gegenwinkel aufgefangenen Lichtstrahles auf, der in einem spezifischen Winkel auf die Fläche trifft. Diese Messungen geben zwar einen Indikator für die Dichte der Oberfläche, können jedoch nicht für die Bewertung der Feinebenheit der Oberfläche herangezogen werden. Hier bietet sich die Verwendung des sogenannten DOI-Verfahrens an. Der sogenannte „Distinction of image“ - Wert wird mit breiteren Linsen erfasst und berücksichtigt den Anteil an Streulicht durch fein raue Oberflächen. Dieses Verfahren wird beispielsweise für lackierte Oberflächen verwendet. Hier würde eine reine Glanzmessung auf einer glänzenden Fläche mit Orangenhaut-Struktur auf der einen Seite und einer polierten Glasoberfläche ohne jegliche wahrnehmbare Oberflächenstruktur auf der anderen Seite ein und denselben Wert ergeben. Die DOI-Messung ergibt hier unterschiedliche Messungen, die eine Bewertung der Feinebenheit der Oberfläche möglich macht. Eines der wesentlichen Kriterien, welches ausschlaggebend ist für das Micro-Lastabtragsverhalten und damit für die Haltbarkeit der Oberflächen-Optimierung. Weitere messtechnisch erfassbare Werte könnten auch das mechanische Abtasten der Oberflächenrauigkeit ergeben. In der Metallindustrie wie auch in Bereichen des Korrosionsschutzes werden solche Techniken bereits eingesetzt. Fazit In den größten schleiftechnischen Märkten der Welt, den USA und Asien, werden optisch wie mechanisch erfasste messtechnische Werte für geschliffene Oberflächen bereits erfasst. Einheitliche Standards, in welchem Umfange auch immer, sind daraus bislang noch nicht entstanden, werden jedoch diskutiert. Die Nutzung messtechnischer Verfahren und auch das Vorantreiben dieser Techniken bis hin zu einem branchenweit einheitlichen und möglichst verbindlichen Standard würde eine einheitliche Qualitätsdefinition befördern, zu einer Harmonisierung in der bislang sehr unterschiedlichen Definition des Bausolls bei Schleifarbeiten führen und deren Überprüfung im Sinne von Auftraggebern und Auftragnehmern möglich machen. Letztendlich würden alle Marktteilnehmer von messtechnischen Parametern profitieren, eine entsprechend positive Marktentwicklung wäre die Folge. Buch IB.indb 113 11.02.20 12: 53