eJournals Kolloquium Industrieböden 10/1

Kolloquium Industrieböden
kibo
2510-7771
expert verlag Tübingen
0301
2020
101 Littmann

Das Stufenmodell der Flächendesinfektion - Praxis und praxisnahe Ansätze

0301
2020
Andre Tomczyk
Michael Lorenz
Normen stellen vielfältige, leistungsstarke Werkzeuge dar, mit dem Ziel reproduzierbare Ergebnisse zu gewinnen. Nicht nur im Bereich der Flächendesinfektion können verschiedene Prüfszenarien sicherstellen, dass diese entsprechend ihrer Anwendungsart in Laborversuchen geprüft und die Wirksamkeit bestätigt wurde.
kibo1010133
10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 133 Das Stufenmodell der Flächendesinfektion - Praxis und praxisnahe Ansätze Andre Tomczyk, Dr. Michael Lorenz Hohenstein Laboratories GmbH & Co. KG, Bönnigheim, Deutschland Normen stellen vielfältige, leistungsstarke Werkzeuge dar, mit dem Ziel reproduzierbare Ergebnisse zu gewinnen. Nicht nur im Bereich der Flächendesinfektion können verschiedene Prüfszenarien sicherstellen, dass diese entsprechend ihrer Anwendungsart in Laborversuchen geprüft und die Wirksamkeit bestätigt wurde. Erste wegweisende Erkenntnisse zu Übertragungswegen von Mikroorganismen und zu geeigneten Maßnahmen zur Keimreduktion wurden bereits Mitte des 19. Jahrhunderts gewonnen. Dazu zählt die Desinfektion als eine Maßnahme zur Inaktivierung potenziell pathogener Mikroorganismen. Ziel ist es, deren Anzahl deutlich zu reduzieren, um einen Zustand zu erreichen, in dem eine Infektion und Verbreitung unwahrscheinlich ist und Infektionsketten unterbrochen werden können. Eine wichtige Voraussetzungen für den Erfolg von Desinfektionsmaßnahmen ist eine vorangegangene Reinigung. Mit Hilfe von Wasser und reinigungsverstärkenden Zusätzen soll eine Beseitigung von Schmutz und anhaftendem organischem Material erzielt werden, welche die Wirkung von Desinfektionsmittel sonst erheblich reduzieren können. Das Spektrum an Desinfektionsmitteln ist äußerst umfangreich und umfasst neben chemischen auch physikalische Maßnahmen. Diese werden im Wesentlichen mit dem Ziel eingesetzt, die Struktur und somit die Funktion bzw. den Stoffwechsel von Mikroorganismen auf Protein- oder DNA-Ebene zu schädigen. Für eine vergleichende Beurteilung von Desinfektionsmitteln sind sowohl standardisierte als auch quantifizierbare Wirkungsnachweise erforderlich. Diese normativen Vorgaben werden in Gremien des Europäischen Komitees für Normung (CEN) in drei Arbeitsgruppen (WG1 - WG3) ausgearbeitet. Diese Arbeitsgruppen erarbeiten Normungsvorhaben für den humanmedizinischen (WG1), veterinärmedizinischen (WG2) und Lebensmittelsowie industriellen Bereich (WG3). Auf europäischer Ebene sind diese Normen zur Prüfung chemische Desinfektionsmittel und Antiseptika in drei Phasen unterteilt. Beginnend mit Basistests (Phase 1), gefolgt von quantitativen Suspensionsversuchen (Phase 2, Stufe 1) und anschließenden praxisnahen Versuchen (Phase 2, Stufe 2). Aufgrund individueller Gegebenheiten konnten bisher keine Feldversuche (Phase 3) normativ etabliert werden. Eine wesentliche praxisnahe Methode im Bereich der Flächendesinfektion stellt der 4-Felder-Test dar und ist im Methodenbuch des VAH, als auch in der europäischen Norm DIN EN 16615, beschrieben. Mit dieser Methode wird die Wirksamkeit einer Kombination aus Desinfektionsmittel und Tuchmaterialien gegenüber Mikroorganismen bestimmt. Dabei werden nicht nur Keimreduktionen nach erfolgter Desinfektion auf einem kontaminierten Prüffeld, sondern auch die Keimübertragung auf nichtkontaminierte Kontrollflächen bestimmt und bewertet. Abb. 1: Prüfung mittels des 4-Felder-Tests Neben der Bestimmung der Effektivität von Desinfektionsmitteln, können bestehende praxisnahe Prüfmethoden wie der 4-Felder-Test modifiziert werden. Es lassen sich so Fragen z.B. zur Desinfizierbarkeit verschiedenster Materialen und der Einfluss der jeweiligen Oberflächenstruktur, aber auch Übertragungsszenarien von kontaminierten Oberflächen auf sterile Oberflächen beantworten und näher betrachten. Je nach Fragestellung können aufschlussreiche Erkenntnisse auch durch die Kombination einzelner auch modifizierter Prüfmethoden erzielt werden. Es ergeben sich damit äußerst interessante Möglichkeiten zur Entwicklung bzw. Weiterentwicklung praxisnaher Versuche, da weiterhin erhebliche Lücken in der Phase 2-Stufe 2-Methodik bestehen und reine Reagenzglasversuche nur einen ungenügenden Anspruch auf Praxisnähe haben. 3.2 Tomczyk.indd 133 11.02.20 14: 43