Kolloquium Industrieböden
kibo
2510-7771
expert verlag Tübingen
0301
2020
101
LittmannFunktionalisierung von Fasern für zementgebundene Materialien - ausgewählte Prüfmethoden
0301
2020
Julia von Werder
André Gardei
Johannes Hoppe
Birgit Meng
Die geringe Zugfestigkeit von zementgebundenen Materialien kann durch die Zugabe von Fasern maßgeblich verbessert werden. Ziel eines gemeinsamen Verbundprojekts mit einem Industriepartner war die Erhöhung der Leistungsfähigkeit von kurzen Polymer- und Carbonfasern durch eine Verbesserung des Verbundes zwischen Faseroberfläche und Zementsteinmatrix. Von der IONYS AG wurde dazu eine spezielle Funktionalisierung entwickelt, die über eine Hydrophilisierung der Faseroberfläche eine chemische Anbindung an die Zementsteinmatrix gewährleistet. Aufgabe der BAM war es, die Effizienz der neuen Beschichtung bezüglich der Erhöhung der Nachrissbiegezugfestigkeit und der Reduzierung der Schwindrissbildung während der Erhärtungsphase zu quantifizieren. Die Ergebnisse zeigen, dass die Funktionalisierung die Neigung zur Schwindrissbildung für die Carbonfasern und in noch stärkerem Maße für die Polymerfasern reduziert. Eine Erhöhung der Nachrissbiegezugfestigkeit konnte dagegen nur für die deutlich steiferen Carbonfasern nachgewiesen werden.
kibo1010173
10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 173 Funktionalisierung von Fasern für zementgebundene Materialien - ausgewählte Prüfmethoden Julia von Werder, André Gardei, Johannes Hoppe und Birgit Meng Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Unter den Eichen 87, 12205 Berlin, Deutschland Zusammenfassung Die geringe Zugfestigkeit von zementgebundenen Materialien kann durch die Zugabe von Fasern maßgeblich verbessert werden. Ziel eines gemeinsamen Verbundprojekts mit einem Industriepartner war die Erhöhung der Leistungsfähigkeit von kurzen Polymer- und Carbonfasern durch eine Verbesserung des Verbundes zwischen Faseroberfläche und Zementsteinmatrix. Von der IONYS AG wurde dazu eine spezielle Funktionalisierung entwickelt, die über eine Hydrophilisierung der Faseroberfläche eine chemische Anbindung an die Zementsteinmatrix gewährleistet. Aufgabe der BAM war es, die Effizienz der neuen Beschichtung bezüglich der Erhöhung der Nachrissbiegezugfestigkeit und der Reduzierung der Schwindrissbildung während der Erhärtungsphase zu quantifizieren. Die Ergebnisse zeigen, dass die Funktionalisierung die Neigung zur Schwindrissbildung für die Carbonfasern und in noch stärkerem Maße für die Polymerfasern reduziert. Eine Erhöhung der Nachrissbiegezugfestigkeit konnte dagegen nur für die deutlich steiferen Carbonfasern nachgewiesen werden. 1. Einleitung Aufgrund ihres hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnisses kommt den zementgebundenen Baustoffen eine große Bedeutung zu. Um Ihre Einsatzmöglichkeiten weiter auszubauen und ihre Dauerhaftigkeit zu erhöhen, werden sie immer häufiger mit Fasern ausgerüstet. In Abhängigkeit der von den Fasern zu übernehmenden Funktion reicht das Materialspektrum von Stahl-, über Carbonbis zu Polymerfasern. In Putzen als Bestandteil von Wärmedämmverbundsystemen übernehmen Fasern zum Beispiel die Zug- und Biegezugspannungen in Folge thermisch-hygrischer Lasten [1]. In anderen Fällen ist ihre Funktion die Reduzierung von Schwindrissen während der Erhärtungsphase [2,3] oder die Vermeidung von Abplatzungen im Brandfall [4]. Die Wirksamkeit der Fasern beruht auf der Dissipation der Bruchenergie durch Haftreibung zwischen der in der Regel hydrophoben Faseroberfläche und der hydrophilen Zementsteinmatrix. Durch die rein physikalische Bindung ist für den Lastabtrag in Abhängigkeit des Lastfalls eine gewisse Mindestmenge an Fasern erforderlich. Für filigrane Querschnitte mit hohen Anforderungen an die Festigkeit (ultra-hochfester Beton) führen zu große Fasermengen oder -längen jedoch zu einer unzulässigen Verschlechterung der Verarbeitbarkeit und somit zu technischen Beschränkungen. Zielstellung eines gemeinsamen Forschungsprojekts mit der IONYS AG war es deshalb, die Leistungsfähigkeit der Fasern durch eine Funktionalisierung zu erhöhen. Aufgabe von IONYS war es, einen Präparationsprozess zu entwickeln, der über eine Hydrophilisierung der Faseroberfläche eine chemische Anbindung der Fasern an die Zementsteinmatrix ermöglicht. Das Arbeitspaket der BAM beinhaltete, die Effizienz der Funktionalisierung bezüglich der Reduzierung von Schwindrissen und der Verbesserung der mechanischen Eigenschaften durch Erhöhung der Duktilität zu quantifizieren. 2. Untersuchungen 2.1 Materialien Voraussetzung für die Untersuchung der Leistungsfähigkeit der Fasern war die Rezeptierung eines geeigneten Mörtels, der gute Verarbeitungseigenschaften aufweist und zu einer homogenen Faserverteilung führt. Um eine Differenzierung zu ermöglichen zwischen den Referenzproben mit den Standardfasern und den Proben mit den funktionalisierten Fasern, musste die Festigkeit gezielt angepasst werden. So konnte nur nach einer Erhöhung des Feinanteils (Kalksteinmehl) zu Lasten des Sandanteils eine ausreichende Anzahl von Schwindrissen im Windkanalversuch an den Prüfkörpern mit den Standardfasern erreicht werden (Tabelle 1). Buch IB.indb 173 11.02.20 12: 53 174 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Funktionalisierung von Fasern für zementgebundene Materialien - ausgewählte Prüfmethoden Bestandteil Masse [g] CEM I 32,5 R 270 Kalksteinmehl 1145 Normsand 1350 Wasser 550 Tabelle 1: Rezeptur der Mörtelproben zur Überprüfung der Funktionalisierung Die Wirksamkeit der Funktionalisierung wurde an Fasern aus Polyacrylnitril (PAN), Polypropylen (PP) und Carbon getestet. Die verwendeten Carbonfasern stammten dabei aus zwei verschiedenen Chargen und waren werksmäßig bereits mit einer Epoxidharzschlichte versehen (Bild 1, Tabelle 2). Die Faserzugabe erfolgte auf zwei unterschiedliche Arten: Im ersten Fall wurden die Fasern unmittelbar nach der Behandlung mit der Funktionalisierung im feuchten Zustand beigemischt. Alternativ erfolgte die Faserzugabe erst nach Trocknung des Behandlungsmittels. a: PAN b: PP c: Carbon Bild 1: Fotografien der verwendeten Fasertypen PAN- Fasern PP-Fasern Carbonfasern Länge [mm] 4, 6, 8, 12 4.6, 6 6 Durchmesser [μm] 15 15,4 7 Oberfläche [cm²/ g] 2250 Zugfestigkeit [N/ mm²] 330-530 320-560 4000 E-Modul [kN/ mm²] 15-20 4-18 240 Rohdichte [g/ cm³] 1,18 0,9 Tabelle 2: Physikalische Eigenschaften der getesteten Fasern 2.2 Methoden Die Bestimmung der Konsistenz des Frischmörtels in Abhängigkeit der Faserart und -menge erfolgte nach DIN EN 1015-3 [5]. Für die Analyse der zweidimensionalen Verteilung der Polymerfasern in der Mörtelmatrix wurde ihre Fluoreszenz unter UV-Licht im Lichtmikroskop genutzt. Die Analyse erfolgte an polierten Querschnitten von Normprismen (40 x 40 x 160). In einem zweiten Schritt wurde die dreidimensionale Faserverteilung mittels Mikro-3D-Computertomografie (CT) bestimmt. Dafür wurden aus verfestigten Prismen Bohrkerne von 10 mm Durchmesser und 20 mm Länge entnommen. Das Messprinzip der 3D- CT beruht auf der Radiografie einer Probe aus unterschiedlichen Winkeln während der schrittweisen Rotation um 360 Grad. Mit Hilfe spezielle Rekonstruktionsalgorithmen kann die räumliche Verteilung des Koeffizienten für Röntgenabsorption α aus der Vielzahl der Aufnahmen berechnet und in Graustufen dreidimensional dargestellt werden (Bild 2). Bild 2: Messprinzip 3D-Computertomografie Die Verteilung der Carbonfasern konnte nur zweidimensional mittels Lichtmikroskopie analysiert werden, da der Unterschied in der Röntgenabsorption zwischen Mörtelmatrix und Faser für eine Differenzierung nicht ausreichte. Für die Quantifizierung der Nachrissbiegezugfestigkeit wurde ein 3-Punkt-Biegezugversuch durchgeführt und aus dem Flächeninhalt unter der Last-Verformungs-kurve das Arbeitsvermögen ermittelt. Um Effekte, die sich aus einer inhomogenen Faserverteilung und -orientierung ergeben, ausschließen zu können, wurde die Stärke des Verbunds zwischen Fasern und Mörtelmatrix zusätzlich mit Faserdurchzugsversuchen bestimmt. Dazu wurden eine Reihe von einzelnen Fasern mit etwas größerem Durchmesser (PAN: 80 μm, PP: 72 μm) und einer Länge von 2 cm in frische Mörtelproben der Dicke 2, 3 und 4 mm eingebettet (Bild 3). Die Faserdurchzugsversuche konnten nur für die elastischen Polymerfasern durchgeführt werden, da die spröden Carbonfasern bereits bei der Einbettung brachen. Buch IB.indb 174 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 175 Funktionalisierung von Fasern für zementgebundene Materialien - ausgewählte Prüfmethoden Bild 3: In die Mörtelproben eingebettete Fasern für den Einzelfaserdurchzugstest Die Untersuchungen des Schwindverhaltens wurde in Anlehnung an den „Prüfplan für die Zulassungsprüfung von Polymerfasern zur Verwendung in Beton nach DIN EN 206-1 [6] in Verbindung mit DIN 1045-2 [7] mit nachgewiesener Wirksamkeit“ des Deutschen Instituts für Bautechnik [8] durchgeführt. Dazu wurden mit einem dünnlagigen Putz beschichtete Betonplatten der Größe 30 × 30 cm im herstellungsfrischen Zustand zur beschleunigten Austrocknung in einen speziellen Windkanal verbracht, um so Schwindrisse auf der Oberfläche zu provozieren (Bild 4). Die Windgeschwindigkeit betrug 5 m/ s und das Umgebungsklima wurde auf 30°C und 50 % relative Luftfeuchte geregelt. Bild 4: Windkanal mit frisch verputzten Prüfkörpern Für die Analyse der Schwindrisse wurden 3 repräsentative Flächen von 16 x 16 cm² ausgewählt und mit hoher Auflösung eingescannt. Mit Hilfe eines Bildbearbeitungsprogramms wurde anschließend die Länge und Breite aller Risse mit einer Breite größer 100 μm erfasst und daraus die Rissöffnungsfläche berechnet. 3. Ergebnisse und Diskussion Erwartungsgemäß wird die Verarbeitbarkeit des Mörtels durch die Faserzugabe reduziert [9]. Die Verringerung des Ausbreitmaßes mit steigendem Fasergehalt ist dabei am deutlichsten für die Carbonfasern ausgeprägt. Ob die Fasern im nassen oder trockenen Zustand beigemengt werden, spielt keine Rolle (Bild 5). Bild 5: Ausbreitmaß in Abhängigkeit des Fasergehalts Die Auswertung der zweidimensionalen Faserver-teilung zeigt, dass höhere Fasergehalte zu Agglo-merationen führen (Bild 6). a b Bild 6: Querschnitte von Mörtelprismen mit PAN-Fasern (Länge: 4 mm) unter UV-Licht a) 0,5 Vol.-%, b) 1,0 Vol.-% Fasergehalt Die Ergebnisse der Mikro-CT-Messung verdeutlichen, dass durch die Funktionalisierung eine homogenere Faserverteilung erreicht wird (Bild 7). Die aus den Ergebnissen abgeleitete Faserorientierungsfunktion kann weiterhin für die Berechnung der elastischen Kennwerte von polymerfaserverstärktem Beton herangezogen werden [10]. a b Bild 7: Dreidimensionale Faserverteilung im Zementmörtel ermittelt durch Mikro-CT Messungen (PP-Fasergehalt: 0,5 Vol.-%, Faserlänge: 4,6 mm) a) unbehandelte Fasern, b) funktionalisierte Fasern Buch IB.indb 175 11.02.20 12: 53 176 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Funktionalisierung von Fasern für zementgebundene Materialien - ausgewählte Prüfmethoden Die Berechnung des Arbeitsvermögens erfolgte jeweils aus den Minimal- und Maximalwerten der einhüllenden Last-Verformungskurven aus einem Set von 3 Mörtelprismen. Für den Prüfmörtel mit 0,05 Vol.-% Carbonfasern (6 mm) in den Varianten unbehandelt, funktionalisiert und in feuchtem bzw. trockenem Zustand zugemischt ist die Auswertung beispielhaft in den Bildern 8 und 9 dargestellt. In Bild 8 ist gut zu erkennen, dass nach Erreichen der Maximallast die Lastabtragung über die Faserbewehrung erfolgt. Je höher die Kraft im Verhältnis zur Verformung ist, desto größer ist die Kraftübertragung über die Komponenten Haftung und Reibung. Aus der Berechnung des Flächeninhalts unter der Last-Verformungskurve bis zu einer Durchbiegung von 1,5 mm ergibt sich das Arbeitsvermögen. Bild 9 verdeutlicht, dass sich das Arbeitsvermögen bei einer Funktionalisierung der Carbonfasern ungefähr verdoppelt, wobei die Art der Verarbeitung nur eine untergeordnete Bedeutung hat. Die Tatsache, dass für die zweite Charge an Carbonfasern ein deutlich geringeres Verbesserungsmaß festgestellt wurde, weist auf ein komplexes Zusammenspiel der bereits vorhandenen Schlichte mit der Funktionalisierung hin. Für die PAN- Fasern und PP-Fasern konnte keine Steigerung des Nachrissbiegezugverhaltens durch die Funktionalisierung nachgewiesen werden. Ursächlich ist vermutlich die Querkontraktion der elastischen Fasern unter Zugbeanspruchung, die zu einer Lösung des chemischen Verbundes zwischen hydrophilisierter Faseroberfläche und Zementsteinmatrix führt. Die Messergebnisse der Einzelfaserdurchzugsversuche für die funktionalisierten PAN- und PP-Fasern korrespondieren mit den Ergebnissen zur Nachrissbiegezugfestigkeit. In beiden Versuchsanordnungen konnte für die funktionalisierten Fasern im Vergleich zu den unbehandelten Fasern keine Verbesserung der statischen Wirksamkeit nachgewiesen werden. Bild 10a zeigt ein typisches Ergebnis eines Einzelfaserdurchzugversuchs an einer 4 mm tief in der Zementmörtel M Putz eingebetteten PAN- Faser. Nach Erreichen der Maximalkraft (eingekreist) löst sich die Faser ruckartig von der Matrix und wird dann durch den Probekörper ausgezogen. Im Rahmen der Versuche konnte festgestellt werden, dass die aus neun Einzelwerten gebildeten mittleren Maximalkräfte der PAN-Fasern deutlich über den PP-Fasern liegen. Unterschiede zwischen den Maximalkräften der unbehandelten und funktionalisierten Fasern konnten dagegen nicht festgestellt werden (Bild 10b). Die Untersuchung der Schwindrissbildung im Windkanal zeigte sich sehr empfindlich gegenüber kleinsten Veränderungen in der Versuchsanordnung. So führt eine simultane Prüfung von mehreren, in unterschiedliche Höhe gelagerten Platten zu nicht vergleichbaren Ergebnissen. Auch Platten, die nicht sofort nach Herstellung, sondern erst nach Fertigung einer zweiten Platte mit einer 10-minütigen Verzögerung in den Windkanal verbracht wurden, wiesen eine nicht vergleichbare Rissfläche auf. Um zwischen den funktionalisierten und unbehandelten Fasern differenzieren zu können, musste der Gehalt der unbehandelten Fasern systematisch verringert werden. Erst nach Reduktion der Zugabemenge auf 0,05 Vol.-% für die PAN-Fasern und 0,025 Vol.-% für die Carbonfasern konnte im Windkanalversuch für beide Faserarten eine Wirkung der Funktionalisierung auf die Reduzierung der Schwindrissneigung nachgewiesen werden. Werden dem Prüfmörtel 0,05 Vol.-% PAN-Fasern zugegeben, zeigt sich im Vergleich zur Referenz ohne Fasern keine Reduktion, sondern sogar eine geringfügige Erhöhung der Rissöffnungsfläche. Wird dagegen dieselbe Menge an funktionalisierten Fasern im trockenen Zustand zugegeben, beträgt die mittlere Rissöffnungsfläche nur noch 49% des Referenzwertes ohne Faserzugabe, wobei die Risslänge stärker abnimmt als die Rissbreite (Bild 10). Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Funktionalisierung der Carbonfasern, wobei hier schon eine Fasermenge von 0,025 Vol.-% ausreichend ist. Während die Zugabe unbehandelter Fasern nur zu einer geringfügigen Reduktion der mittleren Rissöffnungsfläche von 10 % führt, sinkt die mittlere Rissöffnungsfläche bei Zugabe der funktionalisierten Fasern auf 57 % des Referenzwertes ohne Faserzugabe. Auch bei den Carbonfasern wird durch die Funktionalisierung die Risslänge stärker begrenzt als die Rissbreite (Bild 11). Eine Erhöhung der Umgebungstemperatur im Windkanal von 30 °C auf 40 °C führte bei der Prüfmörtelmischung ohne Faserzugabe nicht wie erwartet zu einer Erhöhung der mittleren Rissöffnungsfläche, sondern im Gegenteil zu einer Reduktion des Wertes. 4. Schlussfolgerungen Für die Untersuchung der Wirkung der Funktionalisierung auf die Reduzierung der Schwindrissneigung während der Erhärtung musste der Prüfmörtel durch Erhöhung des Feinanteils gezielt abgemagert werden. Mit Hilfe der Mikro-CT konnte nachgewiesen werden, dass die Funktionalisierung eine homogenere Faserverteilung begünstigt. Die Ableitung einer Faserorientierungsfunktion zur Berechnung der elastischen Kennwerte erfordert jedoch eine ausreichende Statistik und ist damit sehr aufwändig. Die Berechnung des Arbeitsvermögens erwies sich als geeigneter Parameter, um die Verbesserung der mechanischen Eigenschaften zu quantifizieren. Eine Erhöhung der Nachrissbiegezugfestigkeit durch die Funktionalisierung konnte dabei nur für die sehr viel steiferen Carbonfasern festgestellt werden. Das Maß der Verbesserung zeigte sich abhängig von der Charge der Fasern und erreichte Maximalwerte von bis zu 100 %. Die Faserdurchzugsversuche bestätigten, dass die Funktionalisierung bei den elastischen Polymerfasern den Verbund zwischen Faseroberfläche und ausgehärtetem Prüfmörtel bei Zugbeanspruchung nicht erhöht. Anders verhält es sich, wenn die Fasern Zugspannungen während des Aushärtens aufnehmen. Im Windkanalver- Buch IB.indb 176 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 177 Funktionalisierung von Fasern für zementgebundene Materialien - ausgewählte Prüfmethoden such in Anlehnung an den Prüfplan für die Zulassungsprüfung von Polymerfasern zur Verwendung in Beton des DIBt [8] konnte der Einfluss der Funktionalisierung auf die Reduzierung der Schwindrissneigung sowohl für die elastischen PANals auch in etwas geringerem Maß für die spröden Carbonfasern nachgewiesen werden. Für reproduzierbare Prüfergebnisse müssen die Prüfkörper einzeln getestet werden. Bild 8: Einhüllende der Maximal- und Minimalwerte für den mit jeweils 0,05 Vol.-% Carbonfasern versetzten Mörtel in den Varianten Fasern unbehandelt (untere Kurven), Fasern modifiziert und trocken zugemischt (mittlere Kurven), Fasern modifiziert und feucht zugemischt (obere Kurven) Bild 9: Minimales und maximales Arbeitsvermögen in Nm berechnet bis zu einer Durchbiegung von 1,5 mm für den mit jeweils 0,05 Vol.-% Carbonfasern versetzten Mörtel in den Varianten Fasern unbehandelt (links), Fasern modifiziert und trocken zugemischt (Mitte) sowie Fasern modifiziert und feucht zugemischt (rechts) a bBild 10: a) Last-Verformungskurve einer unbehandelten PAN-Faser mit einer Einbindetiefe von 4 mm b) Mittelwerte der Maximallasten (n=9) für die unbehandelten und funktionalisierten PAN-Fasern Bild 11: Schwindverhalten von mit dem Prüfmörtel verputzten Betonplatten der Größe 30 x 30 cm (Putzdicke 5 mm) bei verschiedenen Faserarten und Konzentrationen im Vergleich zur Referenz Literatur [1] T. Schrepfer: Faserbewehrte Putze auf hochdämmenden Untergründen. Bauphysik 30 (2008), Heft 2, S. 117-122. [2] P. Balaguru: Contribution of Fibers to Crack Reduction of Cement Composites During the Initial and Final Setting Period, ACI Materials Journal 91 (3) (1994), 280-288. Buch IB.indb 177 11.02.20 12: 53 178 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Funktionalisierung von Fasern für zementgebundene Materialien - ausgewählte Prüfmethoden [3] N. Banthia, R. Gupta, Influence of polypropylene fiber geometry on plastic shrinkage cracking in con-crete, Cement and Concrete Research 36 (2006), 1263-1267. [4] Pistol, K., Weise, F., Meng, B., Diederichs, U.: Polypropylene fibres and micro cracking in fire exposed concrete. Advanced materials research 897 (2014), 284-289; Trans Tech Publ. [5] DIN EN 1015-3: Prüfverfahren für Mörtel für Mauerwerk - Teil 3: Bestimmung der Konsistenz von Frischmörtel (mit Ausbreittisch); Deutsche Fassung EN 1015-3: 1999+A1: 2004+A2: 2006 [6] DIN EN 206-1: Beton - Teil 1: Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität. Beuth Verlag GmbH, Berlin Juli 2001. [7] DIN 1045-2: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton - Festlegung, Eigenschaften. Herstellung und Konformität. Beuth Verlag GmbH, Berlin August 2008. [8] Prüfplan für die Zulassungsprüfung von Polymerfasern zur Verwendung in Beton nach DIN EN 206-1 in Verbindung mit DIN 1045-2 mit nachgewiesener Wirksamkeit. Deutsches Institut für Bautechnik, Mai 2012. [9] H. Hähne: Eigenschaften von mit Polyacrylnitril-Fasern verstärktem Beton. Beton und Stahlbetonbau 88 (1993), H. 1, S. 5-9 [10] T. Mishurova, N. Rachmatulin, P. Fontana, T. Oesch, G. Bruno, E. 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