eJournals Kolloquium Industrieböden 10/1

Kolloquium Industrieböden
kibo
2510-7771
expert verlag Tübingen
0301
2020
101 Littmann

Untersuchungen zu Prüfmethoden zur Messung des Verschleißwiderstandes

0301
2020
Kathrin Otten
Klaus Littmann
Kevin Maurer
Tade Schröder
Tobias Kries
Die Beurteilung der mechanischen Widerstandfähigkeit von Bau- und Werkstoffen, welche für Industrieböden eingesetzt werden, umfasst eine Vielzahl von physikalisch-mechanischen Kennwerten, deren Ermittlung von einer ebenso großen Anzahl von Prüfungen bestimmt wird. Klassische und größtenteils genormte Prüfungen wie die der Festigkeit und Härte sowie des Verschleißwiderstandstandes sind nur einige Beispiele, bedürfen jedoch oftmals eines erheblichen Aufwandes. Zudem beziehen sich die Prüfungen lediglich auf bestimmte Werkstoffe, sodass eine Vergleichbarkeit der Kenngrößen nicht gegeben ist. Daher wurden im Rahmen dieser Studie vergleichende Prüfungen zur mechanischen Widerstandsfähigkeit an unterschiedlichen Estrichmörteln mit der Verschleißprüfung nach Böhme und dem aus der Holztechnik bekannten HEMI-Test zur Bestimmung der strukturellen Integrität für Estrichmörtel durchgeführt. Die Auswertung der Verschleißprüfung nach Böhme lieferte für die untersuchten Estriche eine erhebliche Streuung der Abriebmengen. Die strukturelle Integrität ließ sich für die untersuchten Estriche eindeutig bestimmen und ließ Aussagen über den Gefügeverbund der Estriche zu. Insgesamt stellt der zur Bestimmung der strukturellen Integrität angewendete HEMI-Test eine einfache Methode zur schnellen Überprüfung der mechanischen Widerstandsfähigkeit von Estrichen dar. Die Methode kommt mit vertretbarem Aufwand und überschaubarer Apparatur aus und vereinigt eine Vielzahl unterschiedlicher mechanischer Beanspruchungen wie Schlag-, Scher- und Schleifbeanspruchungen, welche mithilfe lediglich einer Kenngröße dargestellt werden können.
kibo1010187
10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 187 Untersuchungen zu Prüfmethoden zur Messung des Verschleißwiderstandes Kathrin Otten Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen, Leibniz Universität Hannover, Deutschland Klaus Littmann Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen, Leibniz Universität Hannover, Deutschland Kevin Maurer Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen, Leibniz Universität Hannover, Deutschland Tade Schröder Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen, Leibniz Universität Hannover, Deutschland Tobias Kries Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen, Leibniz Universität Hannover, Deutschland Zusammenfassung Die Beurteilung der mechanischen Widerstandfähigkeit von Bau- und Werkstoffen, welche für Industrieböden eingesetzt werden, umfasst eine Vielzahl von physikalisch-mechanischen Kennwerten, deren Ermittlung von einer ebenso großen Anzahl von Prüfungen bestimmt wird. Klassische und größtenteils genormte Prüfungen wie die der Festigkeit und Härte sowie des Verschleißwiderstandstandes sind nur einige Beispiele, bedürfen jedoch oftmals eines erheblichen Aufwandes. Zudem beziehen sich die Prüfungen lediglich auf bestimmte Werkstoffe, sodass eine Vergleichbarkeit der Kenngrößen nicht gegeben ist. Daher wurden im Rahmen dieser Studie vergleichende Prüfungen zur mechanischen Widerstandsfähigkeit an unterschiedlichen Estrichmörteln mit der Verschleißprüfung nach Böhme und dem aus der Holztechnik bekannten HEMI-Test zur Bestimmung der strukturellen Integrität für Estrichmörtel durchgeführt. Die Auswertung der Verschleißprüfung nach Böhme lieferte für die untersuchten Estriche eine erhebliche Streuung der Abriebmengen. Die strukturelle Integrität ließ sich für die untersuchten Estriche eindeutig bestimmen und ließ Aussagen über den Gefügeverbund der Estriche zu. Insgesamt stellt der zur Bestimmung der strukturellen Integrität angewendete HEMI-Test eine einfache Methode zur schnellen Überprüfung der mechanischen Widerstandsfähigkeit von Estrichen dar. Die Methode kommt mit vertretbarem Aufwand und überschaubarer Apparatur aus und vereinigt eine Vielzahl unterschiedlicher mechanischer Beanspruchungen wie Schlag-, Scher und Schleifbeanspruchungen, welche mithilfe lediglich einer Kenngröße dargestellt werden können. Stichworte: Mechanische Widerstandsfähigkeit, strukturelle Integrität, Verschleißwiderstand 1. Einleitung Heutzutage existiert eine Vielzahl von Bau- und Werkstoffen, welche für Industrieböden eingesetzt werden. Neben Naturstein, Betonwerkstein und Holz finden vor allem Beton bzw. Estrich, ob nachbehandelt mit Beschichtungen oder nicht, Verwendung. Hierbei wird die Materialwahl maßgeblich durch die Anforderungen und Beanspruchungen von Industrieböden beeinflusst. Das Anforderungsprofil eines Industriebodens ist mannigfaltig; so resultieren allein mechanische Anforderungen aus einer Vielzahl von entsprechenden Beanspruchungen. Zu diesen zählen zum einen flächig oder punktförmig wirkende Lasten aus Lagergütern, Regallagern sowie Radlasten von Gabelstaplern usw. [1]. Zum anderen treten zusätzliche mechanische Beanspruchungen der Betonoberfläche in Erscheinung. Fahrzeuge mit relativ harter Bereifung führen zu einem Rollverschleiß, während weich bereifte Fahrzeuge, das Schleifen von Gütern sowie Fußgänger eher zu einem Schleifverschleiß führen. Ein Stoßverschleiß wird durch Absetzen von Gütern oder durch das Überfahren von Fugenkanten und Unebenheiten mit hart bereiften Fahrzeugen hervorgerufen [2]. In der Praxis auftretende Beanspruchungen sind hingegen Buch IB.indb 187 11.02.20 12: 53 188 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Untersuchungen zu Prüfmethoden zur Messung des Verschleißwiderstandes meist eine Kombination der gesamten Einwirkungsarten, welche jedoch in genormten Prüfungen einzeln und nach Material unterschiedlich geprüft werden. Dies führt zu einer Vielzahl von physikalisch-mechanischen Kennwerten, welche untereinander nur unzureichend oder gar nicht vergleichbar sind (Tabelle 1). Die Prüfung des Verschleißwiderstandes mit dem Prüfgerät nach Böhme hat sich in Deutschland als Standard für die Bestimmung der Verschleißeigenschaften rein mineralischer Systeme etabliert, steht jedoch häufig in der Kritik, keine umfangreiche praxisrelevante Beanspruchung abzubilden; zudem ist die Prüfung für Reaktionsharzsysteme ungeeignet. Normen Prüfung DIN 52108: 2010 [3] Prüfung anorganischer nichtmetallischer Werkstoffe - Verschleißprüfung mit der Schleifscheibe nach Böhme - Schleifscheiben-Verfahren DIN EN 13892-3: 2015 [4] Prüfverfahren für Estrichmörtel und Estrichmassen - Teil 3: Bestimmung des Verschleißwiderstandes nach Böhme DIN EN 13892-4: 2003 [5] Prüfverfahren für Estrichmörtel und Estrichmassen - Teil 4: Bestimmung des Verschleißwiderstandes nach BCA (British Cement Association) DIN EN 13892-5: 2003 [6] Prüfverfahren für Estrichmörtel und Estrichmassen - Teil 5: Bestimmung des Widerstandes gegen Rollbeanspruchung von Estrichen für Nutzschichten E DIN EN 14157: 2016 [7] Prüfverfahren für Naturstein - Bestimmung des Widerstandes gegen Verschleiß DIN V 18500: 2006 [8] Betonwerkstein - Begriffe, Anforderungen, Prüfung, Überwachung Tabelle 1: Auswahl genormter Prüfverfahren zur Bestimmung unterschiedlicher physikalisch-mechanischer Kennwerte Daher wurden im Rahmen dieser Studie vergleichende Prüfungen zur mechanischen Widerstandsfähigkeit an unterschiedlichen Estrichen durchgeführt. Zum einen wurde die Verschleißprüfung nach Böhme als Standard- und Vergleichsprüfung gewählt. Zum anderen wurde der aus der Holztechnik bekannte HEMI-Test zur Bestimmung der strukturellen Integrität in Anlehnung an Brischke et al. [9] durchgeführt. Hierbei wird der jeweilige Baustoff gleichzeitig Biege-, Druck-, Spalt-, Schlag-, Scher- und Schleifbeanspruchungen ausgesetzt. Somit kann die strukturelle Integrität als ein Maß für die allgemeine mechanische Widerstandsfähigkeit verstanden werden. Hierbei wird an eine Arbeit von Lüttge [10] angeknüpft, in welcher der HEMI-Test grundsätzlich als geeignet für Zementmörtel eingestuft wird. 2. Material und Methoden 2.1 Herstellung der Prüfkörper Die Prüfungen zur mechanischen Widerstandsfähigkeit wurden sowohl an vier handelsüblichen Zementestrichen, zwei Calciumsulfatestrichen als auch an vier Hartstoffestrichen durchgeführt (Tabelle 2). Die jeweiligen Estriche lagen als fertige Trockenmischung vor und wurden nach Herstellerangaben mit Wasser versetzt. Estrich PK- Bez. Beschreibung Zement C1 Estrichmörtel CT-C25-F4 0-4 mm Körnung C2 Nivelliermasse CT-C30-F7 0-0,5 mm Körnung, kunststoffvergütet C3 Betonestrichmörtel, CT-C40-F7 0-8 mm Körnung C4 Estrichmörtel CT-C45-F5 0-3 mm Körnung Calciumsulfat CA3 Fließestrich CA-C25-F5, Körnung 0-4 mm CA4 Fließestrich CA-C30-F6, Körnung 0-4 mm Zement mit Hartstoff HE1 Mineralischer Hartstoffestrich Gr. A CT-C40-F7-A5; 0-5 mm Körnung, HE2 Mineralischer Hartstoffestrich Gr. A CT-C70-F9-A5; 0-5 mm Körnung, HE3 Mineralischer Hartstoffestrich Gr. Ks CT-C70-F9-A1,5; 0-5 mm Körnung, HE4 Metallischer Hartstoffestrich Gr. M CT-C 80-F 11-A3; 0-4 mm Körnung, Tabelle 2: Übersicht der geprüften Estriche und Prüfkörperkennschlüssel Die Mörtelmischungen wurden in Schalungen gefüllt, mithilfe eines Vibrationstisches verdichtet, die verbleibende Oberfläche geglättet und zunächst für 48 h bis zum Buch IB.indb 188 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 189 Untersuchungen zu Prüfmethoden zur Messung des Verschleißwiderstandes Erreichen der Frühfestigkeit über Wasser in geschlossenen Behältern deponiert. Anschließend wurden die Prüfkörper ausgeschalt und bis zum Erreichen der Normfestigkeit in Anlehnung an DIN EN 13892-1 [11] über Wasser in geschlossenen Behältern gelagert. Die Dimensionen der Schalungen entsprachen der geforderten Prüfkörperdimension für die Verschleißprüfung nach Böhme in Anlehnung an DIN 52108: 2010 [3] (Tabelle 3). Für die Prüfkörper zur Prüfung der strukturellen Integrität wurden zunächst Prismen in den Abmessungen 200 mm x 20 mm x 20 mm hergestellt und anschließend mit einer Nasssteinsäge in die Prüfdimension zugeschnitten (Tabelle 3). Prüfung Prüfkörperdimension [mm x mm x mm] Anzahl Verschleißprüfung nach Böhme DIN 52108: 2010 [3] 71 x 71 x 71 3 HEMI-Test 10 x 20 x 20 50 Tabelle 3: Prüfkörperdimension und -anzahl pro durchgeführter Prüfung je Estrich 2.2 Prüfung des Verschleißwiderstandes nach Böhme Die Bestimmung des Verschleißwiderstandes nach Böhme in Anlehnung an DIN 52108: 2010 [3] wurde mithilfe eines Verschleiß-Prüfgerätes (Typ N1001, Form+Test Prüfsysteme, Riedlingen) durchgeführt. Obwohl diese Prüfung für kunststoffvergütete Estriche nicht zulässig ist, wurde diese aufgrund der Vergleichbarkeit mit dem darauffolgenden HEMI-Test an dem Estrich C2 durchgeführt. Zunächst wurde die Prüffläche Prüfkörper über vier Prüfperioden vorgeschliffen, um eine gleichmäßige Prüffläche zu gewährleisten. Danach wurden die Prüfkörper (jeweils drei Parallelen) 16 Prüfperioden unterzogen, wobei der Prüfkörper nach jeder Prüfperiode um 90° in der Einspannvorrichtung gedreht wurde. Eine Prüfperiode umfasste 22 Umdrehungen mit einer Drehzahl von (30 ± 1) min−1. Je Prüfperiode wurde 20 g Korund als Schleifmittel auf die Schleifbahn aufgebracht. Die Ermittlung des Schleifverschleißes erfolgte durch die Berechnung des mittleren, auf die Prüfkörperfläche bezogene Abriebmenge. Diese wurde aus dem mittleren Dickenverlust, welcher an 9 Messstellen auf der Prüffläche unter Verwendung einer Messuhr bestimmt wurde, berechnet. 2.3 Prüfung der strukturellen Integrität Die Prüfung der strukturellen Integrität erfolgte mit Hilfe des High-Energy Multiple Impact (HEMI)-Tests [9]. Hierzu wurde zunächst die Darrmasse aller Prüfkörper bestimmt. Im Anschluss wurde eine Probe (jeweils 10 Parallelen je Estrich), bestehend aus jeweils 5 Prüfkörpern (= 20 cm³ Gesamtprüfkörpervolumen) mit sieben Stahlkugeln unterschiedlicher Durchmesser (1 x 40 mm, 3 x 12 mm und 3 x 6 mm) in einen zylinderförmigen Edelstahl-Schlagbecher mit einem inneren Durchmesser von 140 mm und einer Höhe von 48 mm in eine Schwingscheibenmühle (Typ HSM 100 H, Herzog Maschinenfabrik, Osnabrück) eingesetzt und dort für 60 s mit einer Rotationsfrequenz von 23,3 s-1 und einem Hub von 12 mm beschleunigt. In Abbildung 1 ist die typische Rotationsbewegung sowie der Inhalt des Schlagbechers vor und nach Beanspruchung dargestellt. Abschließend wurden die fünf größten Bruchfragmente der Prüfkörper visuell ausgewählt, die übrigen Bruchfragmente wurden über einem Schlitz-Prüfsieb der Schlitzbreite 1,0 mm auf einem kreisförmig rotierenden Horizontalschüttler (Typ KM 2, Edmund Bühler GmbH, Hechingen) mit einem Hub von 20 mm und einer Rotationsfrequenz von 350 min-1 für 2 min fraktioniert. Anschließend wurde die Masse der resultierenden drei Fraktionen (Abbildung 2) gravimetrisch ermittelt. Abbildung 1: HEMI-Test. Links: Aufsicht mit Richtungspfeilen zur Verdeutlichung der typischen Rotationsbewegung des Schlagbechers; Rechts: Inhalt Schlagbecher vor und nach Beanspruchung Abbildung 2: Gesamtfraktion einer Probe Zementmörtel (CEM II, 42,5 R, w/ z 0,6) Buch IB.indb 189 11.02.20 12: 53 190 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Untersuchungen zu Prüfmethoden zur Messung des Verschleißwiderstandes Aus dem Verhältnis der Masse der Feinfraktion zur Masse aller drei Fraktionen wurde der Feinanteil der jeweiligen Probe berechnet. FA = m fine x 100 Gleichung 1 m all fragments FA Feinanteil [%] m fine Masse Feinfraktion [g] m all fragments Gesamtmasse aller Fraktionen [g] Des Weiteren wurde aus dem Verhältnis der Masse der fünf größten Bruchfragmente zur Masse aller drei Fraktionen der Integritätsgrad berechnet. I = m 5biggest x 100 Gleichung 2 m all fragments I Integritätsgrad [%] m 5biggest Masse der fünf größten Fragmente [g] m all fragments Gesamtmasse aller Fraktionen [g] Abschließend wurde mithilfe des Integritätsgrades sowie des Feinanteils die Resistance to Impact Milling (RIM) bestimmt. RIM = (I - 3 x FA + 300) Gleichung 3 4 RIM Resistance to impact milling (RIM) [%] I Integritätsgrad [%] FA Feinanteil [%] 3. Ergebnisse und Diskussion 3.1 Verschleißwiderstand nach Böhme Die Werte der Abriebmenge lieferten nur bedingt verlässliche Ergebnisse, da erhebliche Streubereiche der Werte festgestellt wurden. Beide Calciumsulfatestriche wurden der höchsten Verschleißwiderstandsklasse 22 zugordnet, die Verschleißwiderstandsklasse der Zementestriche variierten von 12 bis 15. Der kunststoffvergütete Zementestrich (C2) wurde formal der Verschleißwiderstandsklasse von 22 zugeordnet. Wie zu erwarten wurden bei den Hartstoffestrichen die geringste Abriebmengen und respektive niedrigste Abriebklassen festgestellt (Abbildung 3). Abbildung 3: Abriebmengen aus der Verschleißprüfung nach Böhme und Zuordnung zu Verschleißwiderstandsklassen für Zement-, Calciumsulfat- und Hartstoffestriche Nach Schnell [12] werden die Ergebnisse des Schleifscheibenverfahrens nach Böhme im Wesentlichen durch die Härte der Gesteinskörnung beeinflusst. Der wichtige Einfluss der Einbettung der Zuschläge im Bindemittel und des Bindemittels selbst gehe in das Ergebnis kaum ein. Demnach generiere die Verschleißprüfung nach Böhme keine Ergebnisse, mit welchen das Verschleißverhalten verschiedener Estricharten zu vergleichen sei. 3.2 Strukturelle Integrität Die Auswertungen der HEMI-Tests führten zu statistisch aussagekräftigen Ergebnissen, welches in Abbildung 4 die niedrigen Streubreiten der RIM-Werte bezeugen. Innerhalb der jeweiligen Estrichart lassen sich klare Abgrenzungen der Wertebereiche feststellen; augenscheinlich führt eine hohe Druckfestigkeit zu höheren RIM-Werten. Ebenso scheint die Kunststoffvergütung des Zementestrichs einen erheblichen Einfluss auf die strukturelle Integrität auszuüben, wie der sehr hohe RIM-Wert des Zementestrichs C2 zeigte. Abbildung 4: Resistance to Impact Milling (RIM) ermittelt durch den HEMI-Test an Zement-, Calciumsulfat- und Hartstoffestrichen Buch IB.indb 190 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 191 Untersuchungen zu Prüfmethoden zur Messung des Verschleißwiderstandes Die RIM-Werte der geprüften Hartstoffestriche zeigten ähnliche Werte zu denen der einfachen Zementestriche. Somit schien die Widerstandsfähigkeit der Gesteinskörnung keinen Einfluss auf die strukturelle Integrität zu nehmen. Durch den HEMI-Test ließ sich vielmehr die Widerstandsfähigkeit der Bettung (Feinmörtel) gegen das Herausreißen der Gesteinskörner abbilden. Diese nennt die Forschungsgemeinschaft Wohnen und Bauen [13] als maßgeblichen Einflussfaktor für den Verschleißwiderstand, da weniger das ein extrem hartes Einzelkorn, sondern vielmehr der widerstandsfähige Gefügeverbund des ganzen Estrichs für den Verschleißwiderstand entscheidend sei. 4. Folgerungen und Ausblick Zwar gilt die Verschleißprüfung mit der Böhmescheibe als Standardprüfung zur Bestimmung des Verschleißwiderstandes zumindest für mineralische Industrieböden, jedoch stellte sich die Prüfung aufgrund ihrer rein schleifenden Beanspruchung als nicht realitätsabbildend dar. Der Schleifverschleiß wird maßgeblich durch die Härte der Gesteinskörnung bestimmt, wodurch sich Aussagen über den Verschleißwiderstand des Mörtelgefüges nicht tätigen lassen. Demgegenüber zeigte sich der HEMI-Test zur Bestimmung der strukturellen Integrität als Maß für den allgemeinen mechanischen Widerstand als geeignet. Die Resistance to Impact Milling (RIM) wies lediglich kleine Streubereiche auf und erlaubte so eine verlässliche Differenzierung unterschiedlicher Estriche. Zudem prüft der HEMI-Test das gesamte Materialgefüge und eine Vielzahl von mechanischen Beanspruchungen, wodurch eine praxisnähere Simulation des Verschleißes generiert wird. Außerdem ist der HEMI-Test im Vergleich zur Verschleißprüfung nach Böhme weniger zeitintensiv, besticht durch seine einfache Durchführung und ist mit üblichen Gerätschaften (Kugelmühle, Sieb, Vibrationstisch) eines Baustofflabors durchzuführen. Trotzdem ist diese Arbeit insoweit als Zwischenbericht zu verstehen, als dass in zukünftigen Studien das Testdesign des HE- MI-Test überprüft werden muss. Die derzeitige Dimension der Prüfkörper nach Brischke et al. ist sehr klein und führt derzeitig häufig schon bei der Prüfkörperpräparation zu Zerstörungen an den Prüfkörpern. Bleiben diese unbemerkt, kommt es zu fehlerhaften Werten zur strukturellen Integrität. Ein neues, größeres Prüfkörperformat soll geprüft sowie eine Änderung der Prüfsiebweite in Anpassung an klassische Sieblinien von Gesteinskörnungen für Estriche vorgenommen werden. Der HEMI-Test sollte für weitere Materialien wie Natursteine und Betonwerkstoffe, welche für Industrieböden eingesetzt werden, auf dessen Eignung überprüft werden. Auch die Prüfung weiterer Zementmörteltarten unterschiedlicher Festigkeitsklassen, Betone und vor allem Kunstharzestriche ist von erheblichem Interesse. Literatur [1] DIN EN 1991-1-1. Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-1: Allgemeine Einwirkungen auf Tragwerke - Wichten, Eigengewicht und Nutzlasten im Hochbau. Beuth-Verlag, 2010 [2] Cziesielski, E.; Schrepfer, T. Industrieböden. In: Lehrbuch der Hochbaukonstruktionen, Springer Fachmedien Wiesbaden, 1997 [3] DIN 52108. Prüfung anorganischer nichtmetallischer Werkstoffe - Verschleißprüfung mit der Schleifscheibe nach Böhme - Schleifscheiben-Verfahren. Beuth-Verlag, 2010 [4] DIN EN 13892-3. Prüfverfahren für Estrichmörtel und Estrichmassen - Teil 3: Bestimmung des Verschleißwiderstandes nach Böhme. Beuth-Verlag, 2015 [5] DIN EN 13892-4. Prüfverfahren für Estrichmörtel und Estrichmassen - Teil 5: Bestimmung des Widerstandes gegen Rollbeanspruchung von Estrichen für Nutzschichten. Beuth-Verlag, 2003 [6] DIN EN 13892-5. Prüfverfahren für Estrichmörtel und Estrichmassen - Teil 5: Bestimmung des Widerstandes gegen Rollbeanspruchung von Estrichen für Nutzschichten. Beuth-Verlag, 2003 [7] E DIN EN 14157. Prüfverfahren für Naturstein - Bestimmung des Widerstandes gegen Verschleiß. Beuth-Verlag, 2016 [8] DIN V 18500. Betonwerkstein - Begriffe, Anforderungen, Prüfung, Überwachung. Beuth-Verlag, 2006 [9] Brischke, C.; Rapp, A.O.; Welzbacher, C.R.: High-energy multiple im-pact (HEMI)-test - Part 1: A new tool for quality control of thermally modified timber. The International Research Group on Wood Protection, IRG/ WP 06-20346, Stockholm, Schweden, 2006 [10] DIN EN 13892-1. Prüfverfahren für Estrichmörtel und Estrichmassen - Teil 1: Probennahme, Herstellung und Lagerung der Prüfkörper. Beuth-Verlag, 2003 [11] Schnell, W. Prüfmethoden für Estriche. In: Seidler, P. (Hrsg.) Handbuch Industrieböden. Planung, Ausführung, Instandhaltung, Sanierung. Expert, Renningen-Malmsheim, 1994 [12] Forschungsgemeinschaft Bauen und Wohnen. Estriche im Industriebau, Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, 1976 [13] Schießl, P., et al. (2012): Konstruktiver Ingenieurbau und Hochbau - Baustoffe. In: Handbuch für Bauingenieure. Technik, Organisation und Wirtschaftlichkeit. Springer, Heidelberg Buch IB.indb 191 11.02.20 12: 53