eJournals Kolloquium Industrieböden 10/1

Kolloquium Industrieböden
kibo
2510-7771
expert verlag Tübingen
0301
2020
101 Littmann

Industrieböden im WHG-Bereich: Spannungsfeld AwSV - TRwS - Richtlinie DAfStb

0301
2020
Thomas Richter
An Industrieböden können wasserrechtliche Anforderungen gestellt werden, wenn sie als Sekundärabdichtung zum Schutz des Grundwassers vor wassergefährdenden Flüssigkeiten eingesetzt werden. Der Beitrag beschreibt die aktuellen gesetzlichen Vorgaben bei der Erstellung sogenannter Dichtflächen oder befahrbarer Auffangwannen. Bau- und betontechnische Anforderungen aus den wasserrechtlichen Vorgaben werden vorgestellt. Dazu gehören die FD- und FDE-Betone. Besondere Sorgfalt ist der Fugenausbildung und der Nachbehandlung des Betons zu widmen. Diskutiert werden Widersprüche zwischen technischen und wasserrechtlichem Regelwerk. Den Abschluss bilden Ausführungen über Besonderheiten beim Bau von Tankstellenbefestigungen und beim Bau von landwirtschaftlichen Fahrsilos und Festmostplatten.
kibo1010315
10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 315 Industrieböden im WHG-Bereich: Spannungsfeld AwSV - TRwS - Richtlinie DAfStb Dr.-Ing. Thomas Richter InformationsZentrum Beton GmbH, Berlin Zusammenfassung An Industrieböden können wasserrechtliche Anforderungen gestellt werden, wenn sie als Sekundärabdichtung zum Schutz des Grundwassers vor wassergefährdenden Flüssigkeiten eingesetzt werden. Der Beitrag beschreibt die aktuellen gesetzlichen Vorgaben bei der Erstellung sogenannter Dichtflächen oder befahrbarer Auffangwannen. Bau- und betontechnische Anforderungen aus den wasserrechtlichen Vorgaben werden vorgestellt. Dazu gehören die FD- und FDE-Betone. Besondere Sorgfalt ist der Fugenausbildung und der Nachbehandlung des Betons zu widmen. Diskutiert werden Widersprüche zwischen technischem und wasserrechtlichem Regelwerk. Den Abschluss bilden Ausführungen über Besonderheiten beim Bau von Tankstellenbefestigungen und beim Bau von landwirtschaftlichen Fahrsilos und Festmostplatten. 1. Einleitung Wasser bildet die Grundlage sämtlichen Lebens auf unserem Planeten. Sauberes Grundwasser in ausreichender Menge ist Grundvoraussetzung unseres Wohlergehens. Produktions-, Lager- und Abfüllprozesse in Gewerbe und Industrie erfordern in vielen Bereichen den Umgang mit Stoffen, die die Wasserqualität stark beeinträchtigen können oder sogar für die weitere Nutzung unbrauchbar machen. Industrieböden als Produktions-, Lager- und Umschlagflächen sind folgerichtig planerisch und baulich so zu gestalten, dass von dort keine Gefahr für das Grundwasser ausgehen kann. Befahrbare Industrieböden werden i. d. R. als sekundäre Dichtflächen (Rückhalteflächen) gegenüber wassergefährdenden Stoffen eingesetzt, die bei Leckagen der Primäranlagen zeitlich begrenzt beaufschlagt werden. Nach ihrer Funktion werden Ablaufflächen, Stauflächen und Tiefpunkte unterschieden. Z. B. in der Landwirtschaft werden Industrieböden auch als Primärabdichtung eingesetzt (Fahrsilos, Festmistplatten, Räumerlaufbahnen). Die wasserrechtliche Regelungskompetenz ist im Rahmen der Föderalismusgesetzgebung von den Ländern auf den Bund übergegangen. Auf Grundlage des Wasserhaushaltgesetzes [1], insbesondere §62, sind die früheren teilweise unterschiedlichen Länderregelungen zu Anlagen beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen durch eine bundeseinheitliche Verordnung AwSV ersetzt worden [2]. Zur Harmonisierung werden die bisher vorhandenen technischen Regelungen aus Länderverordnungen, Verwaltungsvorschriften, Erlassen, Merkblättern und Handlungsempfehlungen als Stand der Technik im Regelwerk der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall DWA in Technischen Regeln wassergefährdender Stoffe TRwS zusammengefasst [3 bis 7]. Auf der anderen Seite stehen bautechnische Regelungen, insbesondere die DAfStb-Richtlinie Betonbau beim Umgang mit wassergefährdenden Flüssigkeiten [8]. Der Anwender der Regelwerke muss unbedingt beachten, dass wasserrechtliche und bautechnische Regelwerke speziell bei Dichtflächen und Tankstellen nicht vollständig übereinstimmen. Die TRwS verschärfen zum Teil die in [8] gestellten Anforderungen. 2. Grundlagen Für die Planung von Ableitflächen von wassergefährdenden Flüssigkeiten ist auch die Größe des Auffangraumes von Bedeutung. Im Grundsatz gilt, dass im Havariefall die gesamte Menge im Auffangraum aufgenommen werden muss. Dabei zählt nicht allein der austretende Gefahrstoff, vielmehr ist es denkbar, dass z.B. Schnee, Regenwasser oder Löschwasser einen Teil des Auffangraumes im Außenbereich reduziert. Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die Auffangräume selbst. So ist auszuschließen, dass verschiedene Gefahrenstoffe im Havariefall sich vermischen und miteinander reagieren können. Diesbezüglich sind die Lastfälle zu prüfen und gegebenenfalls getrennte Auffangräume zu planen. Die Auffangräume besitzen eine Barrierewirkung und sollen mit einem speziell zusammengesetzten Beton das Eindringen von wassergefährdenden Stoffen in den Beton möglichst gering halten. Im Grundsatz muss man davon ausgehen, dass Beton von einer wassergefährdenden Flüssigkeit mehr oder weniger penetriert wird. Die zeitabhängigen Eindringtiefen sowie die erforderlichen Prüfverfahren für das Eindringverhalten sind in der DAfStb-Richtlinie [8] geregelt. Buch IB.indb 315 11.02.20 12: 54 316 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Industrieböden im WHG-Bereich: Spannungsfeld AwSV - TRwS - Richtlinie DAfStb Die Beispiele für Dichtflächen und Auffangräume sind vielfältig. Sie reichen von flächigen, wannenartigen Konstruktionen bis hin zu siloartigen Behältern. Im Grundsatz darf die Bauweise so verstanden werden, dass ein dichter Behälter als primäre Barriere den wassergefährdenden Stoff umhüllt. Zusätzlich funktioniert eine Dichtfläche oder Auffangwanne im Havariefall als Sekundärbarriere, die im Regelfall auch befahrbar ist. Bildhaft kann man sich dies vorstellen wie Tasse und Untertasse, nur dass die Untertasse die gesamte Flüssigkeitsmenge vorübergehend aufnehmen kann. - Das Wasserhaushaltgesetz spricht vom sogenannten Besorgnisgrundsatz, d. h. die technischen Anlagen müssen so geplant, errichtet und betrieben werden, dass nach menschlichem Ermessen keine Verunreinigung des Grundwassers möglich ist. Die bedeutet dann in der Umsetzung - Doppelwandigkeit mit Leckerkennung bzw. Sekundärbarriere mit Auffangraum - Errichtung der Anlage durch einen Fachbetrieb nach AwSV - Abnahme und regelmäßige Prüfung der Anlage durch einen Sachverständigen nach AwSV - Bauprodukte und Bauarten bei LAU-Anlagen mit Verwendbarkeitsnachweis - wasserrechtliche Eignungsfeststellung der Anlage möglich. Wasserrechtlich unterscheiden sich Anlagen zum Herstellen, Behandeln und Verwenden wassergefährdender Stoffe (HBV-Anlagen) und Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen wassergefährdender Stoffe (LAU-Anlagen). Während Bauprodukte in LAU-Anlagen einen Verwendbarkeitsnachweis erbringen müssen (eingeführte Norm oder Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung) können bei HBV-Anlagen auch auf den Einzelfall bezogene Nachweise geführt werden. Die Einordnung des Gefahrstoffes erfolgt nach der AwSV [2], wobei von der Wassergefährdungsklasse (WGK) ausgegangen wird. Zusätzlich ist die Lagermenge zu berücksichtigen. Aus beiden Parametern ergibt sich eine Gefährdungsstufe der jeweiligen Anlage. In § 39 der AwSV „Gefährdungsstufen von Anlagen“ wird das Vorgehen beschrieben, siehe Tabelle 1. 3. Festlegungen zu flüssigkeitsdichten Betonen 3.1 Bauliche Festlegungen Im Ergebnis soll ein dichtes bzw. flüssigkeitsundurchlässiges Betonbauwerk erzielt werden. Dazu ist es notwendig, sich zunächst dem Baustoff Beton zu widmen. Dieser soll eine ausreichende Flüssigkeitsundurchlässigkeit und zudem eine entsprechende chemische Beständigkeit bei Beaufschlagung aufweisen. Konstruktiv sind dazu vor allem die Nachweise der Zugspannungen infolge zentrischem Zwangs (früher / später Zwang) als auch durch Biegung zu ermitteln. Im Weiteren muss bei der baulichen Durchbildung die Frage nach Fugen und Durchdringungen beantwortet werden. In der gesamten Prozesskette obliegt es der Bauausführung, alle Prozesse zu Überwachen und zu dokumentieren. 3.2 Begriffe und Definitionen Dichtheit bedeutet, dass eindringende wassergefährdende Stoffe die der Beaufschlagung abgewandte Bauteilseite nachweislich nicht als Flüssigkeit erreichen. Der Nachweis wird nach [6] geführt. Der Entwurf der TRwS 786 [5] verwendet auch den Begriff Flüssigkeitsundurchlässigkeit auf Grundlage von § 18 AwSV [2]. Dicht- und Tragfunktion dürfen während der Beanspruchungsdauer durch wassergefährdende Flüssigkeiten nicht verloren gehen. FD-Beton (flüssigkeitsdichter Beton) ist Beton mit optimiertem Widerstand gegen das Eindringen von wassergefährdenden Stoffen. Das Eindringverhalten kann Teil 2 der DAfStb-Richtlinie [8] entnommen werden, ohne für jeden Anwendungsfall neu geprüft zu werden („vorweggenommene“ Eindringprüfung) Für alle bekannten Stoffe beträgt die mittlere Eindringtiefe in FD-Beton max. 40 mm in 72 h bzw. die Schädigungstiefe beim chemischem Angriff max. 5 mm. . FDE-Beton (flüssigkeitsdichter Beton nach Eindringprüfung) ist Beton, der in seiner Zusammensetzung vom FD-Beton abweicht und ein geringeres oder gleiches Eindringverhalten aufweist. Im Unterschied zu FD-Beton wird das Eindringverhalten wassergefährdender Stoffe stets in Eindringprüfungen im Rahmen der Erstprüfung als zusätzliche Anforderung nachgewiesen. Ein FD-Beton ist ein Beton mit besonderen Eigenschaften, welche auf dem Lieferschein entsprechend zu vermerken ist. Der Hersteller übernimmt die Gewährleistung für die zugesicherte Leistungsfähigkeit des Betons und seiner Eigenschaften, die neben Expositionsklassen und Druckfestigkeitsklasse auch die besondere Eigenschaft FD beinhaltet. Zudem werden weitere Parameter im Lieferschein eingedruckt, welche zunächst für diese Betrachtung von untergeordneter Bedeutung sind. Der FDE-Beton hingegen wird über seine Zusammensetzung geprüft und muss die Gleichwertigkeit bzw. das verbesserte Eindringverhalten zu einem FD-Beton über die schon angesprochene Erstprüfung nachweisen. Für einen FD-Beton gelten Festlegungen hinsichtlich der Zusammensetzung, um das geregelte Eindringverhalten zu gewährleisten. Dies sind unter anderem der Wasserzementwert und die Betondruckfestigkeitsklasse. Der zulässige äquivalente Wasserzementwert beträgt sowohl für FDals auch FDE-Beton ≤ 0,50. Bei der Betondruckfestigkeitsklasse gilt für FD-Betone ≥ C30/ 37. Für FDE-Beton gibt es keine Festlegungen für die Druckfestigkeit. Für FD-Betone gilt ein Zement- Buch IB.indb 316 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 317 Industrieböden im WHG-Bereich: Spannungsfeld AwSV - TRwS - Richtlinie DAfStb leimgehalt von ≤ 290 l/ m³ inklusive angerechneter Zusatzstoffe, um das Schwinden des Betons zu begrenzen. Auch diese Einschränkung wird bei FDE-Betonen nicht gefordert. Eine Übersicht enthält Tabelle 2. 4. Beanspruchung als Sekundärbarriere Zunächst unterscheidet man zwei Fälle. Dabei wird der Lastfall ohne chemischen und mechanischen Angriff auf den Beton unterstellt. Im zweiten Fall wird sowohl ein chemischer als auch ein mechanischer Angriff auf die Betonoberfläche angenommen. Zusätzlich wird geprüft, inwieweit für den jeweiligen Lastfall der Beton in ungerissenem oder gerissenem Zustand ist. Demzufolge ergeben sich nach Fall 1 Kennwerte zur Eindringtiefe und im Fall 2 zur Schädigungstiefe. Entsprechend dieser Festlegungen werden die Nachweise der Dichtheit nach DAfStb-Richtlinie geführt. Im Fall 2 wird zunächst der Nachweis der Mindestdruckzonendicke erbracht, wobei zwischen Bauteilen ohne und mit wechselnden Momenten differenziert wird. Durch das Bauteil durchgehende Risse sind nach Entwurf TRwS 786 [5] nicht zulässig. 5. Bauliche Besonderheiten 5.1 Befestigungen, Verankerungen und Einbauteile Im Bereich der Beaufschlagung sollten so wenig wie möglich Verankerungen (Verankerungskörper) und Einbauteile verwendet werden. Insbesondere von linienförmigen Einbauteilen, wie z. B. Ankerschienen, sollte wegen der erhöhten Kerbgefahr Abstand genommen werden. Als Verankerungen und Einbauteile dürfen Verbunddübel, Ankerschienen und Kopfbolzen mit Verwendbarkeitsnachweis (allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassungen oder europäischer technischer Bewertung) verwendet werden. Allerdings existieren derzeit noch keine solchen Zulassungen / Bewertungen. Einzelne Hersteller haben sachverständige Nachweise für Ihre Dübel / Verankerungen geführt. Hier ist dann eine Bewertung der vorgesehenen Lösung durch einen Sachverständigen nach AwSV auf Grundlage § 16(3) AwSV (Ausnahmen) oder § 63(1) WHG (Eignungsfeststellung) notwendig. Da bei Verbunddübeln ein Bindemittel zum Einsatz kommt, ist zusätzlich dessen Eignung in Bezug auf das wassergefährdende Medium abzuklären. Werden Dübel eingesetzt, gilt es zwingend, den Restquerschnitt von 50 mm nicht zu unterschreiten [8]. Generell bedeutet eine Schwächung des Querschnitts durch Dübellöcher immer auch eine potentielle Gefahr für das Eindringen von Stoffen und letztlich auch die Möglichkeit der Durchdringung. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass selbst bei lokalen Schädigungen der Klebefuge zwischen Dübel und Ankerlochwandung das Eindringen deutlich behindert ist. Der verbleibende ungestörte Restquerschnitt ist dann mit 50 mm als ausreichend anzusehen. In der grafischen Darstellung, Bild 1, ist schematisch das zulässige Ausbilden eines Ankerloches dargestellt. Ausgehend vom Gesamtquerschnitt h darf der verbleibende Restquerschnitt das Maß von 50 mm nicht unterschreiten. Bild 1: Schematische Darstellung der Ankerlochausbildung 5.2 Fugen Fugen unterbrechen den Regelquerschnitt einer Konstruktion und bedürfen einer besonders sorgfältigen Betrachtung. Die Verwendung sollte auf das notwendige Mindestmaß begrenzt werden. Für die Fugenausführung werden im Folgenden zwei Varianten diskutiert. Bei der ersten Variante versucht man die Fuge über eine Aufkantung auszubilden, deren Höhe über die zu erwartende Füllhöhe reicht. Diese Variante stellt zumindest für die Fuge und den Fugendichtstoff die geringste Belastung dar. Nachteile dieser Konstruktion sind ein erhöhter Aufwand bei der Herstellung und im Weiteren auch Einschränkungen hinsichtlich der Nutzung, wenn eine ebene Fläche für den Betrieb erforderlich ist. Die für den Nutzer komfortabelste Lösung sieht eine ebene Dichtfläche mit integriertem Fugenblech vor. Dabei sind Lösungen für Raumals auch Arbeitsfugen möglich. Bild 2: Fugenblech in Sohlfuge (Raumfuge) [8] Buch IB.indb 317 11.02.20 12: 54 318 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Industrieböden im WHG-Bereich: Spannungsfeld AwSV - TRwS - Richtlinie DAfStb Bild 3: Fugenblech in Sohlfuge (Arbeitsfuge) [8] Die Anordnung der Fugenbleche ist dabei an feste Vorgaben geknüpft. Generell sollte der Einbau der Fugenbleche wie in den Bildern 2 und 3 dargestellt erfolgen. Hinsichtlich der Einbautiefe sind genaue Festlegungen zu treffen, das Fugenblech sollte im mittleren Drittel des Bauteilquerschnitts liegen. Für Fugenbleche gilt der Grundsatz des Nachweises der Dichtheit am Fugenstoß. Es werden Blechdicken von 1,5 mm gefordert, wenn diese durch eine Schweißverbindung aneinandergefügt werden. Neben dem Schweißen sind andere Fügemethoden möglich. Entscheidend sind dabei deren Eignung und ein dem Fügeverfahren entsprechendes dauerhaftes Funktionsprinzip. Dazu zählen das Verkleben und das Klemmen mit einer elastomeren Zwischenlage auf mindestens 150 mm Länge. Ebenfalls zulässig ist der Überlappungsstoß. Dieser ist aufgrund seiner spezifischen Anforderungen im Baustellenalltag nur mit großem Aufwand herstellbar und birgt ein hohes Fehlerpotenzial. Diese Abdichtungsvariante ist immer an ein Injektionssystem geknüpft. Grundsätzlich wird an Fugenbleche in Bewegungsfugen die Forderung gestellt, dass diese ausschließlich in einer Abdichtungsebene liegen sollen. Außerdem müssen diese Fugenbleche eine leichte V-Form aufweisen und an den Enden eine 20 mm hohe Aufkantung besitzen, wie im Bild 3 dargestellt. Zur Aufnahme von Bewegungen muss in der Längsachse eine Schlaufe ausgebildet werden. Die Lösung, diese Bleche ausschließlich über eine Schweißverbindung zu verbinden, ist gerade im Bereich der Schlaufenführung schwierig umzusetzen. Um Verschmutzungen zu vermeiden, wird die Fuge meist durch ein Abdeckprofil bzw. einen Fugendichtstoff zur Oberseite abgeschlossen. 5.3 Abdichtungsmaterialien mit Verwendbarkeitsnachweis Für die Verwendung von Fugenabdichtungsmaterialien müssen die Einsatzkriterien bekannt sein. Dabei muss außerdem -wenn notwendigvon eventuellen späteren Nutzungsänderungen ausgegangen werden. Für den Fall, dass diese Option nicht vorgesehen ist, müsste sonst unter Umständen eine wasserrechtliche Neubewertung der gesamten Anlage bzw. der Anlagenteile oder Dichtflächen erfolgen. Für LAU-Anlagen gilt für alle Fugendichtungen außer den in Abschn. 5.2 beschriebenen Fugenblechen die Nachweispflicht über Allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen (z. B. für beschichtete Fugenbleche, Fugenbänder, Fugendichtstoffe). In HBV-Anlagen können anlagenspezifische Belastungen auftreten, die ggf. spezifische Nachweise erfordern. Planerisch unterschätzt werden oft die Bewegungen von WHG-Flächen im Außenbereich. Durch die hohen Temperaturunterschiede und Schwinden ergeben sich große Horizontalverformungen. Demnach muss bei der Wahl der Fugenfüllstoffe oder -profile darauf geachtet werden, welcher maximale Dehnweg bei entsprechender Fugenspaltbereite möglich ist. 6. Bauausführung Bei der Bauausführung ist auf sorgfältigen Einbau des Betons zu achten. Besonders gilt dies bei sehr sonnigen, warmen und windigen Witterungseinflüssen im Sommer oder bei niedrigen Temperaturen im Winter. Wird ein eher weicher Beton der Konsistenzklasse F4 oder höher eingebaut, besteht die Gefahr des Setzens des Betons. Daher sind die Flächen ggf. nachzuverdichten. Besonders wichtig ist dies, wenn die Plattenhöhe deutlich mehr als 30 cm beträgt. Die Folge können Setzrisse oberhalb der oberen Bewehrungslage und Hohlstellen unter der oberen Bewehrung mit verringertem Verbund zwischen Beton und Bewehrung sein. Bei ungünstigen Witterungsbedingungen ist das Betonierkonzept im Vorfeld festzulegen. Dazu gehört auch, einen möglichen Ausfall von den an der Prozesskette beteiligten Maschinen z.B. durch Ersatzlieferwerke, Ersatzfahrzeuge, ggf. Ersatzpumpe und Einbaugräten zu berücksichtigen. Damit soll vor allem sichergestellt werden, dass keine unplanmäßigen Arbeitsfugen entstehen und Fehlstellen im Beton entstehen. 7. Nachbehandlung gemäß DAfStb-Richtlinie Die Nachbehandlung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Qualität der Betonoberfläche und maßgeblichen Einfluss auf die oberflächennahen Festbetoneigenschaften. Dabei muss neben der Oberflächentemperatur des Betons in den ersten Erhärtungstagen auch die Festigkeitsentwicklung des Betons Berücksichtigung finden. Für Betone nach DAfStb-Richtlinie müssen die im Hochbau üblichen Nachbehandlungszeiten verlängert werden. Es ist mindestens sieben Tage lang nachzubehandeln, die Mindestnachbehandlungszeiten sind zu verdoppeln, wie es auch für verschleißbeanspruchte Oberflächen für die Expositionsklasse XM gefordert wird, Tabelle 3. Für die Nachbehandlung flächiger Bauteile eigenen sich sowohl Flüssignachbehandlungsmittel als auch eine klas- Buch IB.indb 318 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 319 Industrieböden im WHG-Bereich: Spannungsfeld AwSV - TRwS - Richtlinie DAfStb sische Foliennachbehandlung. Jedoch muss bei Verwendung von Flüssignachbehandlungsmitteln diese einer Nachbehandlung mit dichtanliegender 0,3 mm dicker Folie entsprechen. Im Weiteren ist zu beachten, dass grundsätzlich im Bereich von Fugen keine Flüssignachbehandlungsmittel zulässig sind. Wird die Nachbehandlung mit Flüssignachbehandlungsmitteln durchgeführt, sollte man auf den richtigen Auftragszeitpunkt (i. d. R. mattfeuchter Beton) achten. Normativ ist dieser nicht definiert, da er von vielen Randbedingungen abhängig ist. Einflussgrößen wie Lufttemperatur, Bindemittelart, Windgeschwindigkeit und das Blutverhalten des Betons bestimmen den günstigsten Auftragszeitpunkt. 8. Tankstellen TRwS 781 vom Dezember 2018 enthält überraschend und zum Ausgabezeitpunkt von der betontechnologischen Fachwelt weitgehend unbemerkt nur noch FDE-Betone für Tankstellenabdichtungen. Die in der Vorgängerfassung und im Gelbdruck enthaltenen FD-Betone wurden im Einspruchverfahren gestrichen. Hintergrund waren Befürchtungen zur Fugenumläufigkeit. Fugen von Tankstellenbefestigungen werden mit zugelassenen Fugendichtstoffen abgedichtet, die eine Dichtungstiefe von 30 mm bzw. 42 mm haben. Bei einer Beaufschlagungsdauer von 144 Stunden, wie sie als analog zur intermittierenden Tröpfchenbeanspruchung durch Kraftstoffe bzw. Harnstofflösungen („ad blue“) vorgegeben wird, könnten für den kritischen Ottokraftstoff 64 mm Eindringtiefe auftreten, der Fugendichtstoff also umläufig werden. Betontechnologen sehen diese Gefahr nicht. Das Eindringen von Flüssigkeiten in Beton geschieht durch kapillares Saugen, so dass die eingedrungene Flüssigkeit nicht wieder entweicht, außerdem erfolgt eine Verdampfung entgegen der Beaufschlagungsrichtung. Zur Abklärung der Zusammenhänge wurde ein Forschungsvorhaben in Auftrag gegeben. Die bisher bekannten Zwischenergebnisse geben Hoffnung, dass zukünftig wieder FD-Betone für den Tankstellenbau genutzt werden können. 9. Landwirtschaft Für Jauche-, Gülle-, Silagesickersaft- und Festmistanlagen (JGS-Anlagen) in der Landwirtschaft gilt eine nach Wasserhaushaltgesetz formal abgeminderte Anforderung nach dem „bestmöglichen“ Schutz des Grundwassers. Auch für landwirtschaftliche Biogasanlagen wird der Besorgnisgrundsatz in einigen Teilen abgemindert. Befahrbare Böden mit besonderen wasserrechtlichen Anforderungen werden für Fahrsilos (Gärfuttersilos) zum Silieren landwirtschaftlicher Produkte (z. B. Mais, Gras) sowie für Festmistplatten benötigt. - Wasserrechtlich zeichnen sich Fahrsilos und Festmistplatten aus durch - wasserrechtliche Anzeigepflicht vor Baubeginn bei größeren Anlagen - Anforderungen an einen flüssigkeitsdichten Beton nach DIN 11622-5 [11] - Bauprodukte bzw. Bauarten mit bauaufsichtlichem Verwendbarkeitsnachweis - dichte Fugen mit zugelassenen Fugenabdichtungen - keine Leck- oder Leckageerkennung erforderlich - Errichtung größerer Anlagen durch AwSV-Fachbetrieb - Abnahme größerer Anlagen durch einen AwSV-Sachverständigen, aber keine wiederkehrenden (regelmäßigen) Kontrollen. Zudem unterliegen Fahrsilos und Festmistplatten kombinierten Beanspruchungen durch organische Gärsäuren und Frost sowie durch mechanische Beanspruchungen beim Befüllen und Entleeren. Im Falle der landwirtschaftlichen Anlagen ist es gelungen, bautechnische und wasserrechtliche Regelwerke in Übereinstimmung zu bringen. Bei der Tragwerksplanung von Fahrsilos ist insbesondere zu berücksichtigen, welche Arbeitsgeräte zur Verdichtung des eingebrachten Silierguts und zur Entnahme des fertigen Gärfutters eingesetzt werden (im Regelfall durch Rad- oder Achslasten). Unter anderem kommen heute bei der Verdichtung von Gärfutter für Biogasanlagen schwere Baumaschinen (Radlader, Walzen) zum Einsatz, deren Einsatzgewicht 20 t erreicht oder sogar überschreitet. DIN 11622 unterscheidet mehrere Füllgutklassen je nach Futterart und Trockenmassegehalt. Die Bodenplatten können mit Deckschichten aus Ortbeton, Gussasphalt oder Walzasphalt ausgeführt werden. Bei der Bemessung der Bodenplatte ist je nach Belastung die Belastungsklasse Bk0,3 oder Bk1,0 nach RSTO 12 [12] unter Berücksichtigung der Baugrundverhältnisse zu Grunde zu legen. Die Bodenplatte ist mit einem Gefälle, das die Ableitung der Sickersäfte sicherstellen soll, auszubilden (sinnvoll ≥ 2 %). Ableitungslängen > 15 m funktionieren erfahrungsgemäß nicht zuverlässig, in Verbindung mit hoher Verdichtung des Futterstocks kann es zu einem Aufstau von Silagesickersäften kommen. In DIN 11622-5 wird eine Gegenmaßnahme gefordert, z. B. Drainage an den Silorändern, oder Auflockerung der Silage in den Randbereichen. Bei unbewehrten Bodenplatten aus Beton sollte die Kantenlänge 25 * Plattendicke, max. 6,0 m, nicht überschreiten. Trennrisse > 0,1 mm sind zu schließen. Bei bewehrten Bodenplatten aus Beton ist die rechnerische Rissbreite auf 0,2 mm zu begrenzen. Bei vollständig abgedeckten Futterstöcken sind insbesondere folgende Betone geeignet [6, 11] - C 35/ 45 XC4, XA3, XF3, WF, ÜK2 mit Schutz des Betons - C 30/ 37(LP) XC4, XA3, XF4, WF, ÜK2 ohne zusätzlichen Schutz des Betons. Buch IB.indb 319 11.02.20 12: 54 320 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Industrieböden im WHG-Bereich: Spannungsfeld AwSV - TRwS - Richtlinie DAfStb Die zweite Möglichkeit ergibt sich daraus, dass Sickersäfte sowohl einen chemischen (Säure-)Angriff als auch einen Angriff ausüben, der einem Frost-Taumittel-Angriff entspricht. Hochkonzentrierte Gärsäuren, wie sie im Sickersaft vorliegen, üben als schwach dissoziierende Säuren nur einen mäßigen Angriff auf den Beton aus. Der Frost-Taumittel-Angriff überwiegt [13]. Geringfügige Abwitterungen des Zementsteins beinträchtigen die Gebrauchstauglichkeit des Gärfuttersilos nicht und stellen keinen Mangel dar. Bei nicht oder nur teilweise abgedeckten Silagelagern (wie manchmal bei Biogasanlagen anzutreffen) kann Regenwasser in den Futterstock eindringen. Die verdünnten Sickersäfte besitzen dann durch die größere Dissoziation der Gärsäuren eine höhere Betonaggressivität. Der Beton muss in diesem Fall unbedingt mit geeigneten Beschichtungen (Zulassung erforderlich) geschützt werden. Der Verzicht auf einen zusätzlichen Schutz des Betons ist möglich bei: - Höhe des Futterstocks ≤ 3 m - Füllgutklasse 1 und 2a (trockene Futtersilagen, keine Nasssilagen) - luft- und wasserdichte Abdeckung des Silos während des Silierens - Expositionsklasse XF4 Damit wird insbesondere den hohen Sickersaftmengen bei Silagen mit geringem Trockenmassegehalt sowie den erhöhten Sickersaftmengen bei hohen Silos Rechnung getragen, wie sie bei Gärfuttersilos für Biogasanlagen häufig vorkommen. Der Erfahrungsbereich beim Verzicht auf einen Schutz des Betons bezieht sich auf für die Tierhaltung genutzte Silos mit geringen Wandhöhen, deren Silagen im Regelfall hohe Trockenmassegehalte aufweisen und bei denen eine dichte Abdeckung zur Erzielung einer hohen Futterqualität sehr wichtig ist. Literatur [1] Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts. WHG. Fassung 4.12.2018 [2] Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen. AwSV, 18.4.2017, Novellierung in Vorbereitung [3] Technische Regel wassergefährdender Stoffe TRwS 779: Allgemeine Technische Regelungen. Ausgabe 4.2006, Entwurf 12.2018 [4] Technische Regel wassergefährdender Stoffe TRwS 781: Tankstellen. Ausgabe 12.2018 [5] Technische Regel wassergefährdender Stoffe TRwS 786: Ausführung von Dichtflächen. Ausgabe 5.2010, Entwurf 5.2018 [6] Technische Regel wassergefährdender Stoffe TRwS792: Jauche-, Gülle und Silagesickersaftanlagen (JGS-Anlagen). Ausgabe 8.2018 [7] Technische Regel wassergefährdender Stoffe TRwS 793: Biogasanlagen. Entwurf 8.2017 [8] DAfStb-Richtlinie Betonbau beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen. Ausgabe 3.2011 [9] DIN EN 206-1. Beton - Festlegungen, Eigenschaften, Herstellung und Konformität. Ausgabe 7.2001 [10] DIN 1045-2. 8 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität - Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1. Ausgabe 8.2008 [11] DIN 11622. Gärfuttersilos, Güllebehälter, Behälter in Biogasanlagen, Fahrsilos. Teil 5: Fahrsilos. Ausgabe 9.2015 [12] RSTO 12. Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus . Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen. Ausgabe 2012 [13] Richter, T.: Chemischer Angriff auf landwirtschaftliche Bauwerke. Bauen für die Landwirtschaft 49(2011) Heft 2, S. 15 - 19 [12] Biscoping, M.; Beck, M.; Oesterheld, R.; Middel, M.: Auffangbauwerke. Schriftenreihe der Zement- und Betonindustrie. Düsseldorf: Verlag Bau+Technik, 2016 Ermittlung der Gefährdungsstufe Volumen in Kubikmetern (m³) oder Masse in Tonnen (t) Wassergefährdungsklasse (WGK) ≤ 0,22 m³ oder 0,2 t Stufe A Stufe A Stufe A > 0,22 m³ oder 0,2 t ≤ 1 Stufe A Stufe A Stufe B > 1 ≤ 10 Stufe A Stufe B Stufe C > 10 ≤ 100 Stufe A Stufe C Stufe D > 100 ≤ 1.000 Stufe B Stufe D Stufe D > 1.000 Stufe C Stufe D Stufe D Tabelle 1: Einstufung der Gefährdungsstufen nach [2] Buch IB.indb 320 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 321 Industrieböden im WHG-Bereich: Spannungsfeld AwSV - TRwS - Richtlinie DAfStb FD-Beton FDE-Beton (w/ z) eq ≤ 0,50 Festigkeitsklasse ≥ C 30/ 37 Zementleim inkl. Zusatzstoffe ≤ 290 l/ m³ Gesteinskörnung D max = 16 … 32 mm, Sieblinie AB D max ≤ 32 mm, Sieblinie AB Konsistenz F3 (weicher möglich, wenn keine Entmischungen beim Einbringen) Überwachung ÜK 2/ 3, zusätzlich Abnahme Bauwerk durch Sachverständigen nach AwSV Besondere Betone LP-Beton Leichtbeton, Faserbeton, Hochfester Beton, LP-Beton Tabelle 2: Anforderungen an FD- und FDE-Betone nach [8] Oberflächentemperatur des Betons ϑ [°C] Mindestdauer der Nachbehandlung [Tage] Festigkeitsentwicklung des Betons r = f cm2 / f cm28 schnell r ≥ 0,50 mittel r ≥ 0,30 langsam r ≥ 0,15 sehr langsam r < 0,15 ϑ ≥ 25 7 (1) 7 (2) 7 (2) 7 (3) 25 > ϑ ≥ 15 7 (1) 7 (2) 8 (4) 10 (5) 15 > ϑ ≥ 10 7 (2) 8 (4) 14 (7) 20 (10) 10 > ϑ ≥ 5 7 (3) 12 (6) 20 (10) 30 (20) Tabelle 3: Nachbehandlungsdauer für Betone nach DAfStb-Richtlinie [8] im Vergleich zur Mindestnachbehandlungszeit nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 (Klammerwert) [9, 10] Buch IB.indb 321 11.02.20 12: 54