eJournals Kolloquium Industrieböden 10/1

Kolloquium Industrieböden
kibo
2510-7771
expert verlag Tübingen
0301
2020
101 Littmann

FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1 – Warehouse floors: Neue Richtlinie für Lager- & Logistikböden Ebenheit in Hochregal- und Schmalganglager

0301
2020
Frank Behnisch
Walter Böhl
Seit Oktober 2018 ist der neue FEM Code of Practise FEM 4.103-1 / FEM 10.2.14-1 [1] offiziell veröffentlicht und kann auf der Web-Seite des FEM (https://www.fem-rands.org/publications) bezogen werden. Die Richtlinie beschreibt Anforderungen und Grenzwerte an Fußböden in Lager und Logistikzentren. Wesentliche inhaltliche Änderungen gegenüber den älteren Normen haben Einfluss auf Planung, Vertragsgestaltung, Ausführung und Überprüfung von Industrieböden für Logistikzentren und Lager. Der Vortrag gibt einen Überblick über die Inhalte der neuen FEM codes und fokussiert insbesondere auf Ebenheitstoleranzen und Grenzwerte, geeignete Messverfahren, sowie der Notwendigkeit sehr enger Grenzwerte für Schmalganglagern (VNA=Very Narrow Aisle) und den Besonderheiten bei der Realisierung solcher Böden. Im Wesentlichen gibt der Vortrag Antworten auf die wichtigsten Fragen: – Was beinhaltet und regelt die neue Richtlinie FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1? – Welche besonderen Regelungen gelten für Hochregal- und Schmalganglager (VNA)? – Warum reichen die Grenzwerte der DIN18202 [2] für VNA nicht aus? – Welche Auswirkungen haben die Richtlinien auf Realisierungsmöglichkeiten für Logistikböden?
kibo1010323
10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 323 FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1 - Warehouse floors: Neue Richtlinie für Lager- & Logistikböden Ebenheit in Hochregal- und Schmalganglager Frank Behnisch vib-services, Berlin Walter Böhl Sachverständigenbüro für Fußbodenbau, Waiblingen Zusammenfassung Seit Oktober 2018 ist der neue FEM Code of Practise FEM 4.103-1 / FEM 10.2.14-1 [1] offiziell veröffentlicht und kann auf der Web-Seite des FEM (https: / / www.fem-rands.org/ publications) bezogen werden. Die Richtlinie beschreibt Anforderungen und Grenzwerte an Fußböden in Lager und Logistikzentren. Wesentliche inhaltliche Änderungen gegenüber den älteren Normen haben Einfluss auf Planung, Vertragsgestaltung, Ausführung und Überprüfung von Industrieböden für Logistikzentren und Lager. Der Vortrag gibt einen Überblick über die Inhalte der neuen FEM codes und fokussiert insbesondere auf Ebenheits-toleranzen und Grenzwerte, geeignete Messverfahren, sowie der Notwendigkeit sehr enger Grenzwerte für Schmalganglagern (VNA=Very Narrow Aisle) und den Besonderheiten bei der Realisierung solcher Böden. Im Wesentlichen gibt der Vortrag Antworten auf die wichtigsten Fragen: - Was beinhaltet und regelt die neue Richtlinie FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1? - Welche besonderen Regelungen gelten für Hochregal- und Schmalganglager (VNA)? - Warum reichen die Grenzwerte der DIN18202 [2] für VNA nicht aus? - Welche Auswirkungen haben die Richtlinien auf Realisierungsmöglichkeiten für Logistikböden? 1. Übersicht FEM 4.103-1 / FEM 10.2.14-1 1.1 Inhalt Die neue europäische Richtlinie für Lager- und Logistikböden ist seit dem 01.10.2018 veröffentlicht und für jedermann verfügbar. Alle Bodenrelevanten Anforderungen an Deformationen, Ebenheitstoleranzen und deren Vermessungen wurden aus der DIN/ EN15620[3] herausgelöst und in einen eigenständigen “FEM - Code of Practise” (FEM 4.103-1 / FEM 10.2.14-1) zu-sammengefasst. Die EU-Norm DIN/ EN15620 verweist zukünftig auf diesen FEM code. Unter Federführung einer Liasion des FEM (European Materials Handling Federation) [4] der Europäischen Dachverbands der Flurförderfahrzeughersteller, und des ERF (European Racking Federation) [5] des Europäischen Dachverbands der Regalhersteller, wurde 2013 eine multinationale und interdisziplinäre Arbeitsgruppe gebildet um diesen FEM Code zu beschreiben. Im Folgenden befassen wir uns ausschließlich mit den Bodenrelevanten Anteilen der Norm, die in Form des FEM Codes aus der DIN/ EN15620 herausgelöst werden. Das Hauptdokument (FEM 4.103-1 / FEM 10.2.14-1) beinhaltet im Wesentlichen: • Deformation • Anforderungen an Logistikböden - Ebenheitsdefinition - Toleranzen und Grenzwerte • Anforderungen an VNA-Böden (Schmalgang) • Messmethoden und -Verfahren • Dehnfugen im Boden Im Nebendokument (FEM 1.403-2 / FEM 10.2.14-2) werden die für das Design des Bodens notwendigen Aspekte aus Staplersicht, respektive aus Regalbauersicht spezifiziert und Empfehlungen gegeben. Buch IB.indb 323 11.02.20 12: 54 324 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1 - Warehouse floors: Neue Richtlinie für Lager- & Logistikböden Ebenheit in Hochregal- und Schmalganglager 2. Ebenheitsdefinitionen Anders als bei der deutschen Gebäudenorm DIN18202 wird wird im FEM-code neben den bekannten Stichmassen unter einem Richtscheit zusätzlich der Höhenunterschied über ein festgelegtes Raster (1m / 3m) definiert. 2.1 Höhenunterschied (elevation difference) 2.2 Stichmaß unter Richtscheid (gap under straight edge) 3. Toleranzen & Grenzwerte Im FEM Code wird unterschieden zwischen “absoluten” Grenzwerten (Kapitel 8.2 limit values), die in jedem Fall und an jedem “Funktions-relevanten” Ort der Bodenfläche einzuhalten sind, und den “statistischen Grenzwerten“ (Kapitel 8.2.2 95-percentile values) zur qualitativen Bewertung von Böden im Rahmen von Abnahmeprüfungen. 3.1 Grenzwerte (Kap.8.2 Limit values) Der FEM Code spezifiziert sogenannte Ebenheitsklassen (FM1 bis FM4), ausgehend von den Anforderungen von Regallagern und deren Besonderheiten (z.B. Breitganglager, Verschieberegalanlagen, VNA,…) und Abmaßen (Lagerhöhen). Bei der Festlegung der Klassen wurde darauf geachtet, dass diese in Ihren Grenzwerten weitestgehend kompatibel mit den aus der DIN18202 bekannten “Zeilen” der Tabelle 3 sind. So entspricht ein FM2-Boden einem Zeile4-Boden, FM3 ist vergleichbar mit Zeile 3 und der als ‘Minimalanforderung” definierte FM4-Boden entspricht in etwa der Ebenheit eines Zeile2bis Zeile3- Bodens. Die Anforderungen an einen FM1- Boden sind nach heutigem Standard vergleichbar mit den Anforderungen an die Fahrgassen eines Schmalganglagers und somit nur mit hohem Aufwand realisierbar. Diese Klasse bleibt speziellen Sonderprojekten vorbehalten. 3.2 Grenzwerte (Kap.8.2.2 95-percentile values) Die in Kapitel 8.2.2 (Tabelle 3 und Tabelle 4) definierten Grenzwerte sind anwendbar bei Messung vollständiger Lagerflächen zum Zwecke einer Abnahme. Diese Anforderung stammt im wesentlichen aus UK und einigen Europäischen Ländern, in denen Abnahmeprüfungen der neu erstellten Fläche mittels Rastermessungen üblich sind. Achtung: Die folgende Beschreibung betrifft ausschließlich Lagerböden der Kategorie FM-2, FM3 und FM4. Die Fahrgassen von Schmalganglagern (VNA) sind explizit ausgenommen ! Da eine 100%-ig vollständige Vermessung der Gesamtfläche an jeder Stelle und in jede Richtung mit heutigen Mitteln nicht mit vertretbarem Aufwand realisierbar ist, hat sich als gängige Praxis in etlichen Ländern die flä- Buch IB.indb 324 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 325 FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1 - Warehouse floors: Neue Richtlinie für Lager- & Logistikböden Ebenheit in Hochregal- und Schmalganglager chendeckende Vermessung in definierten Rastermaßen etabliert. Man geht dabei davon aus, dass sich Ebenheitstoleranzen in der Fläche entsprechend der statistischen “Normalverteilung” um den Erwartungswert in der Fläche verteilen. Dementsprechend sind die festgeschriebenen Grenzwerte für diese messtechnisch erfassten Ebenheitswerte nicht die “100%-ige” Grenzwerte, die der Boden einhalten muss. Stattdessen erfolgt die Bewertung gegen die “Standardabweichung SD” der Grenzwerte (sogenannte “95-percentile”-Methode). Vereinfacht gesagt, werden zunächst alle Messwerte, die im Raster gemessen wurden ihrer Größe nach sortiert. Der Wert, der der 95%- Marke der Messwerte entspricht muss nun kleiner als der in der Tabelle definierte Grenzwert sein, dann gilt die Fläche als abgenommen. Da diese Methodik der Vermessung der gesamten Fläche lediglich entlang eines definierten Rasters er-folgt, stellt diese naturgemäß nur eine stichpunktartige Überprüfung dar. Ebenheitsabweichungen in der Fläche, die sich außerhalb der gewählten Rasterpunkte, bzw. Rasterlinien befinden werden logischerweise nicht erfasst (“fallen durchs Raster”). Da die heute gängigen Fertigungstechniken von Böden sehr vergleichbare Ergebnisse erzeugen, kann man auf Basis langjähriger Erfahrung mit den beschriebenen Verfahren davon ausgehen, dass die gewählte Methodik und die zugehörigen Grenzwerte heute ein recht zuverlässiges Mittel zur Beschreibung der Ebenheit einer Fläche darstellen. Selbstverständlich bleiben die 100%-Grenzwerte für alle funktionsrelevanten Stellen in der Fläche im Zweifel das entscheidende Kriterium. 3.2.2 Methode 1 und Methode 2 Aufgrund der gängigen Praxis in etlichen Europäischen Mitgliedsstaaten eine erstellte Fläche unmittelbar nach der Fertigung in Ihrer Gesamtheit auf Einhaltung der geforderten Ebenheitswerte hin zu überprüfen, wurden aus der DIN/ EN15620 zwei (statistische) Bewertungsmethoden übernommen. Bei vollständig zu vermessenden Hallen wird die zu messende Fläche in ein Messraster mit 3m-Punkten aufgeteilt (Methode 1). Gemessen werden nun jeweils die Höhendifferenzen der Raster Eckpunkte (3 m). Zusätzlich erfolgt eine Richtscheit- Überprüfung entlang der sich im Raster ergebenen Linien. Alternativ (und besonders für größere Flächen) werden Testfelder mit 10 m x 10 m Kantenlänge in der Fläche identifiziert (Methode 2), die dann in einem 1m-Raster vermessen werden. Gemessen werden nun jeweils die Höhendifferenzen der Rastereckpunkte (1 m). Zusätzlich erfolgt eine Richtscheit- Überprüfung entlang der sich im Raster ergebenen Linien. 4. Messmethoden Es wurde Wert darauf gelegt, dass ein Bodenbauer die Ergebnisse seiner Arbeit (Bodenebenheiten) unmittelbar und mit marktüblichen Methoden und Meßmitteln überprüfen und ggfs. korrigieren kann. Insofern wurden die weit verbreiteten und angewandten Messtechniken mittels Richtscheit & Messkeil, sowie Nivellierer, Wasserwaage und Rotationslaser (wie in der DIN18202 beschrieben) als Referenzmessmethoden in den FEM code übernommen. Einzig für die Messung der “Fx-Werte” in den Fahrgassen von Schmalganglagern ist ein spezieller “Fx-Meter” erforderlich, der seit Einführung der VDMA-Richtlinie [6] ebenfalls im Markt verfügbar ist. Da eine messtechnische Überprüfung nicht zwangsweise vorgeschrieben ist, wird hier die Vermessung der Fx-Parameter (wie es heute bereits Praxis ist) durch spezialisierte Vermesser im Falle eines begründeten Verdachts bei funktionalen Störungen, oder bei Projekten mit hohen Lagerhöhen und langen Gängen angewendet werden. Buch IB.indb 325 11.02.20 12: 54 326 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1 - Warehouse floors: Neue Richtlinie für Lager- & Logistikböden Ebenheit in Hochregal- und Schmalganglager Um der Entwicklung anderer Messmethoden und Techniken gerecht zu werden (z.B. 3D-scan o.ä.), wurden weitere Methoden explizit zugelassen, solange Sie geeignet sind die vorgeschriebenen Toleranzwerte mit geeigneter Genauigkeit zu ermitteln. Wichtig hierbei ist, dass die Messwerte mit den beschriebenen Mitteln jederzeit nachvollziehbar sein müssen. Obwohl auch die Vermessung der Gesamtfläche nach oben beschriebenen Methoden auch mit den eingangs beschriebenen Messmitteln (Nivellierer, Richtscheit und Messkeil) machbar ist, wird man aus rein praktischen- und aufwandstechnischen Gründen diese Art der Überprüfung in aller Regel ausschließlich mit sogenannten “Profilern” durchführen, bei denen die Messwerte elektronisch erfasst und ausgewertet werden. Wichtig bei der Wahl des geeigneten Equipments bleibt auch hier der Grundsatz, dass die Werte nachvollziehbar, replizierbar und mit den erwähnten ‘Standardmitteln’ jederzeit überprüfbar sein müssen. 5. Ebenheitstoleranzen Schmalganglager (VNA) Der wichtigste Parameter für die Sicherheit des Fahrbetriebs in Schmalganglager ist wohl unbestritten die Querneigung des Flurförderfahrzeugs im Gang. Um Grenzwerte für diesen Parameter festzulegen, wird der Höhenunterschied zwischen den beiden Fahrspuren der Lasträder des Staplers definiert und begrenzt. In Abhängigkeit von Einlagerungshöhe ergibt sich die maximal zulässige Steigung Z Slope quer zum Gang. Mit der tatächlichen Spurweite Z errechnet sich nun der maximal zulässige Höhenunterschied dZ zwischen linker und rechter Lastfahrspur. Zur Bestimmung der Fahreigenschaften in Längsrichtung der Fahrgasse wurde die aus der DIN18202 bekannte Definition der Ebenheit als Stichmaß unter einem Richtscheit (mit deutlich verschärften Toleranzwerten) festgelegt. Eine Besonderheit beim Betrieb von Schmalganglagern besteht in der Vermeidung von dynamischen Aufschaukeleffekten der Flurförderfahrzeuge beim Durchfahren der Schmalganggassen mit hoher Geschwindigkeit und dem sehr geringem Sicherheitsabstand zu den Regalen. Im Rahmen einer Forschungsarbeit an der Universität München wurde das Schwingungsverhalten von Hochregalstaplern in Abhängigkeit von Bodenunebenheiten in einem mathematischen Modell zu beschrieben. Die entscheidenden (Boden-)Parameter wurden definiert, entsprechende Grenzwerte festgelegt („Fx-Werte“) und die geeignete Messtechnik beschrieben. Diese Arbeit mündete dann im Jahre 2010 unter Federführung des VDMA [6] (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer) in Zusammenarbeit mit Spezialisten der Bodenindustrie aus dem Fachverband des BEB [7] (Bundesverband Estrich & Belag), in der VDMA- Richtlinie[8]. Hier wurden die Anforderungen an Schmalganglagergassen, die bis dahin in der DIN15185[9] festgelegt waren, neu definiert. Für die Ebenheitstoleranzen innerhalb der Fahrgassen eines Schmalganglagers wurden die Definitionen und Grenzwerte der heute existierenden VDMA-Richtlinie vollumfänglich und unverändert in den neuen FEM code übernommen. 6. DIN18202-Tabelle3-Zeile4 reicht nicht für VNA Bis heute werden die Ebenheitsanforderungen an Böden für Hochregalbzw. Schmalganglager sehr häufig unterschätzt und in der Planungsphase nicht ausreichend be- 8.2 Behnisch.indd 326 13.02.20 16: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 327 FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1 - Warehouse floors: Neue Richtlinie für Lager- & Logistikböden Ebenheit in Hochregal- und Schmalganglager rücksichtigt. Es wird hierbei der gravierende Unterschied zwischen der Definition der Ebenheit als “Stichmaß unter einem Richtscheid” und dem Höhenunterschied zwischen 2 Punkten auf der Bodenfläche verwechselt, bzw. nicht mit der gebotenen Ernsthaftigkeit betrachtet. Folgende Betrachtung eines relativ typischen Schmalganglagers soll diese Problematik verdeutlichen: Unter der Annahme, daß eine oberste Einlagrungshöhe von H=10m und eine Spurweite von Z=1,25m realisiert werden soll, ergibt sich für den maximal zulässigen Höhenunterschied zwischen linker und rechter Fahrspur ein Grenzwert von dZ max =1,875mm. Die sich in 10m Höhe ergebene Abweichung vom “Lot” beträgt 1,5cm, der üblicherweise empfohlene Sicherheitsabstand zwischen Regal und Stapler beträgt typischerweise 9cm bis 14cm. Betrachtet man allerdings, welche Höhenunterschiede im Gang auch bei eingehaltenen Grenzwerten der DIN18202-Tabelle3-Zeile4 möglich sind ergibt sich ein gravierend anderes Bild: Es sind Höhenunterschiede von bis zu 12cm möglich ohne daß die Toleranzwerte der DIN18202-T3-Z4 überschritten werden. Die hieraus resultierende Abweichung vom “Lot”, also di Auslenkung des Staplers in Querrichtung zum Gang in 10m Höhe beträgt in diesem Fall 9,6cm (! ). Anmerkung: Dies ist eine rein statische Betrachtung. Aufgrund der Fahrdynamik mit wechselnden Querneigungen und in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit und Last entstehen durch das “überschwingen” der Fahrzeuge oft noch kritischere Werte! 7. Realisierungsmöglichkeiten für VNA-Böden Eines ist sicher und war schon immer so: Schmalganglager bedeuten Mehraufwand in der Fertigung und damit Mehrkosten für den Boden. Die notwendigen Ebenheiten sind mit Beton und herkömmlichen Einbaumethoden nicht herstellbar (vergl. BEB Hinweisblatt[10]). Nur mit “erhöhter Sorgfalt” geht es nicht! Bauherren/ Betreiber/ Investoren für ein Schmalganglager sollten bereits in der Planungsphase darauf hingewiesen warden, daß die höheren Anforderungen einen erhöhten Herstellungsaufwand und dadurch zwangsläufig erhöhten Kosten bedeuten. Das Verharmlosen während der Planungsphase und die Methode “Probieren wir mal mit Zeile4 und sehen dann” ist ein schlechter Rat und führt fast immer zu erheblichen, zusätzlichen Kosten. Grundsätzlich gibt es heute 3 verschiedene Methoden mit denen sich die Anforderungen an einen VNA Boden realisieren lassen: 8.2 Behnisch.indd 327 13.02.20 16: 53 328 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1 - Warehouse floors: Neue Richtlinie für Lager- & Logistikböden Ebenheit in Hochregal- und Schmalganglager 1. Einbau eines Superflatfloors 2. Fahrgassenschliff 3. Automatische Lastachsenregelung des Staplers 7.1 Superflat floor Die sicherste Methode zur Erreichung der notwendigen Ebenheiten für Hochregalbzw- Schmalganglager besteht im Einbau eines sogenannten Superflatfloors. Hierbei wird ein Industrieestrich (typischerweise Magnesia- Nivellierestrich) mit entsprechend hoher Ebenheit auf der Betonsohle aufgebracht. Nachstehendes Bild zeigt beispielhaft den Einbau des Superflatfloors auf einen vorhanden Betonboden in einem Sanierungsfall. Bei Neubauplanungen lässt man üblicherweise den Regalbereich um 2cm tiefer als OFFB, so dass zwischen Regalboden und Restflächen keine Höhenunterschiede entstehen. Das Höhenprofil eines Superflatfloors bewegt sich typischerweise in einem Fenster von ca.5mm über die gesamte Gassenlänge hinweg. Der Superflatfloor erfüllt neben den hohen Ebenheitsanforderungen auch alle anderen VNA-typischen Anforderungen wie hohe Druck- und Abriebsfestigkeit, elektrostatische Ableitfähigkeit, Riss- und Staubfreiheit, etc. 7.2 Fahrgassenschliff Eine im Markt immer noch sehr verbreitete Methode zur Erreichung der Ebenheiten ist der Fahrgassenschliff. Neben dem vollflächigen Fahrgassenschliff, bei dem die gesamte Gassenbreite auf ein Höhenniveau geschliffen wird, verwendet man häufig auch noch den Fahrspurschliff, bei dem lediglich die beiden Lastfahrspuren, oder die drei Radspuren im Gang geschliffen werden. Der Anwendung dieser Methode beinhaltet jedoch einige technische Nachteile, die projektspezifisch betrachtet werden müssen. Wie im Beispiel in Kapitel 6 erläutert, sind die Ebenheitsunterschiede zwischen einem DIN18202- T3-Z4 Boden und einer VNA Fahrgasse so groß, dass bei einer Korrektur durch Schleifverfahren zwangsläufig sehr hohe Schleifkanten entstehen. Schleiftiefen von über 1 cm sind hierbei keine Seltenheit. Für diese Fälle eignet sich nur noch der sehr teure, vollflächige Fahrgassenschliff, der neben den typischen Nachteilen wie das Abschleifen der Hartkornschicht und die Schwächung der Bodenplatte, sehr hohe Schleifkanten an den Außenrändern produziert, was zum Beispiel eine Bodenkomissionierung mit Handhubwagen und “Ameisen” erschwert. Noch kritischer verhält es sich beim reinen Schleifen der Fahrspuren. Hohe Schleifkanten zwischen den Fahrspuren und dem Bestandsboden können hier zum Aufsetzen von Fahrzeugteilen führen, weshalb der FEM code die maximal zulässige Schleiftiefen begrenzt hat. Aus den Grenzwerten für die Ebenheiten in VNA Fahrgassen ergeben sich maximal zulässige Schleiftiefen von 3-4mm. Dies ist in den meisten Fällen zum Ausgleichen der Ebenheitsunterschiede jedoch nicht ausreichend. Im Beispiel aus Kapitel 6 müssten bis zu 10mm abgetragen werden. Eine Ebenheitskorrektur durch Fahrspurschliff würde in diesem Beispiel nicht funktionieren. 8.2 Behnisch.indd 328 13.02.20 16: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 329 FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1 - Warehouse floors: Neue Richtlinie für Lager- & Logistikböden Ebenheit in Hochregal- und Schmalganglager 7.3 Höhenregelung der Stapler Lastradachse Seit kurzem hat die technische Entwicklung der Flurförderfahrzeuge die Normung wieder überholt. Durch Verwendung einer elektronisch geregelten Lastachse im Stapler gleichen einige Geräte heute die Unebenheiten in Querrichtung des Ganges bereits selbstständig aus. Hierdurch können deutlich größere Unebenheiten toleriert werden. Streng genommen ist dies also keine Möglichkeit zur Realisierung der Ebenheitsanforderungen durch den Boden, sondern eine Umgehung dieser hohen Anforderungen durch das Flurförderfahrzeug. Die bisherigen Erfahrungen in den ersten Projekten zeigen, dass diese Lösung in vielen Fällen eine geeignete und kommerziell interessante Variante zur Korrektur des Bodens darstellt. Es ist allerdings wie so oft, auch hier kein Allheilmittel. Grenzen sind heute z.B. der Regelbereich dieser Höhenausgleichsregelung, der bei einigen Böden überschritten werden kann. Zudem sind die Geräte noch nicht für alle Abmaße im VNA Bereich verfügbar und auch ein Mischbetrieb (z.B. Schmalgangstapler und Komissionierer ohne Höhenregelung) stellen sich als Problematisch dar. Eine Projektbezogene Betrachtung ist also in jedem Fall angeraten. 8. Zusammenfassung • Die seit 10/ 2018 veröffentlichte europäische Richtlinie FEM 4.103-1 / FEM 10.2.14-1 legt die Anforderungen an den Boden in Lagern und Logistikzentren fest. • Sie beschreibt Grenzwerte und Messverfahren. • Im Falle von Schmalganglagern (VNA) sind deutliche Mehraufwände (und Kosten) gegenüber “herkömmlichen” Lagerböden einzuplanen. • Ebenheitsanforderungen nach DIN18202-Tabelle3 Zeile4 reichen NICHT aus, Korrekturmaßnahmen können gravierend sein. • Frühzeitige Planung bei Neubauten und Vorab-messungen für Sanierungsfälle reduzieren die zu erwartenden Projektkosten deutlich. Literatur [1] FEM4.103-1/ FEM10.2.14-1: Warehouse floors - Storage systems areas operated by Industrial Trucks [2] DIN 18202: Toleranzen im Hochbau - Bauwerke [3] DIN EN 15620: Ortsfeste Regalsysteme aus Stahl [4] siehe auch www.fem-eur.com [5] siehe auch www.fem-rands.org [6] siehe auch www.vdma.org [7] siehe auch www.beb-online.de [8] VDMA Richtlinie: Böden für den Einsatz von Schmalgang-Flurförderfahrzeugen [9] DIN 15185: Lagersysteme mit leitliniengeführten Flurförderfahrzeugen [10] BEB Hinweisblatt: Hinweise zu Toleranz- und Verformungsanforderungen an Böden durch verschiedene Regelwerke für Regalanlagen und Flurförderfahrzeuge 8.2 Behnisch.indd 329 13.02.20 16: 53