eJournals Kolloquium Industrieböden 10/1

Kolloquium Industrieböden
kibo
2510-7771
expert verlag Tübingen
0301
2020
101 Littmann

Ablösungen, Hohllagen und Rissbildungen bei geglätteten Industriefußböden

0301
2020
Karl-Heinz Wiegrink
In der Praxis kommt es in den vergangenen Jahren regelmäßig zu massiven Schäden an Betonböden infolge großräumiger Ablösungen. Die Ablösung findet in der Regel in einer Tiefe von 3 – 10 mm unterhalb der Oberfläche statt, in einigen Fällen bis zu einer Tiefe von mehreren Zentimetern. In diesem Beitrag werden verschiedene Beispiele gegeben und Schadensmechanismen dargestellt und erläutert.
kibo1010387
10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 387 Ablösungen, Hohllagen und Rissbildungen bei geglätteten Industriefußböden Dr.-Ing. Karl-Heinz Wiegrink Sachverständigenbüro Dr. Wiegrink, Tutzing, Deutschland Zusammenfassung In der Praxis kommt es in den vergangenen Jahren regelmäßig zu massiven Schäden an Betonböden infolge großräumiger Ablösungen. Die Ablösung findet in der Regel in einer Tiefe von 3 - 10 mm unterhalb der Oberfläche statt, in einigen Fällen bis zu einer Tiefe von mehreren Zentimetern. In diesem Beitrag werden verschiedene Beispiele gegeben und Schadensmechanismen dargestellt und erläutert 1. Einleitung Industrieböden zählen zu den schadensträchtigsten Gewerken am Bau. Einer der Gründe ist, dass anders als bei anderen Betonbauteilen die Oberfläche des Industriefußbodens im Übergang vom Anstreifen zum Erstarren noch behandelt werden muss durch Einstreu- oder Glättarbeiten. In den vergangenen Jahren kommt es dabei immer wieder zu einer „neuen“ Art von Schaden. Die Glättarbeiten können aus Sicht der Glättmitarbeiter häufig ohne erkennbare Auffälligkeiten durchgeführt werden. Die Oberflächen weisen nach dem Ende der Nachbehandlung keine oder nur vereinzelte Schäden auf. Mit fortschreitender Austrocknung der oberflächennahen Zone treten dann nach rd. 3 bis 6 Monaten großflächig Hohllagen auf, die bisweilen eine Sanierung der vollständigen Bodenplatte auf vielen Tausend m² erfordern. Derartige Schäden waren früher nur bei der falschen Anwendung von LP-Beton bekannt. Sie werden seit der Entwicklung der Fließmittel der dritten Generation auf PCE-Basis ebenfalls beobachtet. Aus diesem Grunde gibt es Industriefußbodenfirmen, die die Verarbeitung von PCE-Fließmitteln ablehnen. 2. Erhärten von Beton Nach der Zugabe von Anmachmasser sind im Zementleim die einzelnen Zementkörner von einer Wasserhülle umgeben und gegeneinander verschiebbar. Die Steife des Zementleims wird überwiegend über den w/ z-Wert bestimmt. Mit steigendem w/ z-Wert wird der Zementleim dünnflüssiger. Ein weiterer Einfluss ist die Mahlfeinheit (Granolumetrie) des Zementes. Sie bestimmt den Wasseranspruch für eine bestimmte Steife [1]. Mit zunehmender Zeit geht der flüssige Zementleim in den festen Zementstein über. Diese Zustandsänderung von flüssig zu fest geschieht nicht schlagartig. Es werden drei Phasen (Ansteifen, Erstarren und Erhärten) unterschieden 2.1 Ansteifen Im plastischen Zementleim bilden sich kurz nach dem Anmachen zunächst nur Calciumhydroxid und Trisulfat. Das Trisulfat bildet einen dünnen Film auf den Zementkörnen und hemmt die weitere chemische Reaktion. Die Konsistenz wird nur wenig steifer. Im weiteren Verlauf wird das plattenförmige Trisulfat zu längeren Nadeln umgebaut, die ein Ansteifen des Leims bewirken. Dieses Ansteifen kann durch eine mechanische Energie wieder weitestgehend aufgehoben werden, so dass der Leim wieder weich wird (thixotropes Verhalten) [1]. 2.2 Einfluss von Fließmitteln Durch die Zugabe von Fließmitteln werden die einzelnen Zementkörner je nach Zusammensetzung auf Abstand gehalten, so dass es eine verflüssigende Wirkung gibt und eine verzögernde Wirkung geben kann. Bis zur Jahrtausendwende wurden Fließmittel auf der Basis von Lignin-, Melamin- und Naphtalinsulfonat verwendet. Seitdem werden im häufiger Fließmittel der 3. Generation auf der Basis von Polycarboxylatether (PCE) eingesetzt. Mittlerweile werden auch Mischprodukte angeboten. Die Wirkungsweise der Fließmittel unterscheidet sich grundsätzlich. Während die verflüssigende Wirkung der klassischen Fließmittel auf elektrostatischer Abstoßung beruht, bewirken PCE darüber hinaus eine sterische (räumliche) Trennung der Zementpartikel. Buch IB.indb 387 11.02.20 12: 54 388 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Ablösungen, Hohllagen und Rissbildungen bei geglätteten Industriefußböden Bild 1: Leistungscharakteristiken von Fließmitteln PCE bieten dem Chemiker eine nahezu unbegrenzte Variationsmöglichkeit, da sowohl die Länge der Haupt- und Seitenketten sowie die Anzahl der Carboxylatgruppen und Seitenketten variiert werden können. Die Wirkweise kann daher aus der Wirkstoffgruppe PCE allein nicht abgeschätzt werden (s. Abb. 1). PCE können eine Verflüssigung ähnlich wie klassische Fließmittel aufweisen (PCE2), aber auch sehr kurze Wirkzeiten (PCE1) oder sehr lange Wirkzeiten (PCE3), sogar mit einer Nachverflüssigung (PCE4) aufweisen. PCE-Fließmittel werden daher häufig auch aus mehreren Komponenten zusammengesetzt, so dass auch bisher gegenläufige Betoneigenschaften wie lange Verarbeitungszeit und hohe Frühfestigkeit gezielt eingestellt werden können. Abb. 1: Bandbreite der Wirkung von verschiedenen PCE (Quelle: MC-Bauchemie) PCE können somit auf die jeweiligen Rohstoffe und gewünschten Eigenschaften maßgeschneidert werden. Es führt aber auch dazu, dass dasselbe PCE sich bei verschiedenen Rohstoffen (Zementen) unterschiedlich verhält (s. Abb. 2). Bei der Produktion ist daher eine besondere Sorgfalt durch den Betonhersteller erforderlich. Abb. 2: Einfluss der Zementart auf die Wirkung eines PCE (Quelle: MC-Bauchemie) Bei PCE-Fließmitteln kann zudem das thixotrope Verhalten verstärkt werden. PCE-Fließmittel können auch ein sehr gutes Zusammenhaltevermögen des Zementleims erwirken, dass sich bis zu einer negativen Klebrigkeit entwickeln kann. PCE weisen grundsätzlich eine stark schäumende Eigenschaft auf. Diese Nebenwirkung muss bei der Verwendung als PCE-Fließmittel im Beton durch die Zugabe sogenannter Entschäumer beseitigt werden. 2.3 Erstarren Die Trisulfat-Umbildung, die für das Erstarren maßgebend ist, setzt sich fort. Diese hat jedoch keinen Einfluss auf die spätere Festigkeit. Durch die Umbildung setzt jedoch die Hydration der Calciumsilikate verstärkt ein. Es bilden sich langfaserige, ineinander verschlungene Kristalle, die das Gefüge verfestigen [1]. Nach DIN EN 197-1 darf unter Normbedingungen der Erstarrungsbeginn je nach Zementfestigkeitsklasse zwischen 45 und 75 Minuten eintreten. Das Erstarrungsende muss spätestens 12 Stunden nach dem Anmachen erreicht sein. In dieser Übergangphase müssen die Glättarbeiten durchgeführt werden, da der Beton auf der einen Seite steif genug sein muss, um ihn mit Glättmaschinen zu befahren und auf der anderen Seite noch verformbar sein muss, um eine glatte Oberfläche zu erreichen. Das Glätten des Betons ist dabei kein einmaliger Vorgang, sondern besteht aus den folgenden Schritten: - Reiben/ Scheuern der weichen Oberfläche Die Oberfläche wird mit Glätttellern gerieben. Der Zementleim wird wieder weich, wodurch einzelne Zuschlagkörner geringfügig nach unten gedrückt werden können und eine feinmörtelreiche Schicht auf der Oberfläche entsteht - Einstreuen von Hartstoff (In der Regel) - Erneutes Reiben/ Scheuern mit Glättteller, zur Sättigung des Hartstoffs und inniger Verbindung mit der feinmörtelreichen Schicht Buch IB.indb 388 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 389 Ablösungen, Hohllagen und Rissbildungen bei geglätteten Industriefußböden - Ggfs. wiederholtes Reiben mit Glättteller zur Beseitigung von Wülsten - Mehrmaliges (4 - 7-maliges) Glätten der Oberfläche mit Glättflügeln, wobei die Flügel der Glättmaschine im Verlauf immer steiler gestellt werden. Hierdurch steigt der Anpressdruck und die Oberfläche wird intensiv verdichtet und erhält die geforderte dichte und glatte Oberfläche. Diese Vorgänge dauern je nach Erstarrungsverhalten des Betons (Zement, Temperatur, w/ z-Wert, verzögernde Wirkung des Zusatzmittels) bis zu mehreren Stunden. 2.4 Erhärten In die noch vorhandenen Zwischenräume wachsen zunächst langfaserige und später kurzfaserige C 3 S und C 2 S-Kristalle, die die Festigkeit ausbilden. Die Betonoberfläche kann in dieser Phase nicht mehr bearbeitet werden. 3. Typische Schadensbilder 3.1 Kleinteilige Hohllagen Kleinteilige Hohllagen sind in der Regel auf Verabeitungsfehler des Glättpersonals zurückzuführen. Ursächlich hierfür sind in der Regel Verdichtungsfehler an der Oberfläche, die zu einer haufwerksporigen Betonoberfläche führen oder Vertiefungen, z.B. Fußtritte, s. Bild 2. Bild 2: Typischer Fußtritt, der aufgrund des fehlenden Aufreibens der Betonoberfläche später zu lokaler Hohllagen führt. In beiden Fällen wird die Betonoberfläche nicht ausreichend vorbereitet und der Feinmörtel wird aus angrenzenden Bereichen beim Reiben auf diese Bereiche gezogen, ohne eine innige Verbindung eingehen zu können. 3.2 Lokale Hohllagen Lokale Hohllagen sind in der Regel auf Konsistenzschwankungen der Betonlieferung zurückzuführen (s. Bild 3). Im Übergangsbereich zwischen einer steifen und einer weichen Lieferung bleibt dem Glättmitarbeiter nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Entweder der steife Bereich wird zu spät geglättet, wodurch es zu einer rauen Oberfläche kommt oder zu lange, wodurch es zu erheblichen Schwarzverfärbungen kommt (s. Bild 4), oder der Glättmitarbeiter „weckt“ diesen Bereich mit Wasser auf mit dem Risiko dünnschichtiger Hohllagen (s. Abschnitt 3.3), oder er bearbeitet die zu weiche Lieferung nicht lange genug, wodurch die Oberfläche rau bleibt, oder zu früh, wodurch es zu Vertiefungen/ Unebenheiten und bei Einstreuungen zu Hohllagen kommt (s. Bild 5). Hierbei handelt es sich um einen Folgefehler einer mangelhaften oder für Industrieböden ungeeigneten Betonlieferung ohne Zielmaß, da bei einer Lieferung nach Konsistenzklassen Unterschiede in den Einzellieferungen von bis zu 12 cm zulässig sind (z.B. F3 mind. 42 - 2 cm und max. 48 + 4 cm). Bild 3: Konsistenzschwankung, die zu unterschiedlichem schnellen Ansteifen und Erstarren führt Bild 4: Folgen der Konsistenzschwankungen sind Schwarzverfärbungen. Buch IB.indb 389 11.02.20 12: 54 390 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Ablösungen, Hohllagen und Rissbildungen bei geglätteten Industriefußböden Bild 5: Folgen der Konsistenzschwankungen sind Hohllagen. 3.3 Dünnschichtige Hohllagen Dünnschichtige Hohllagen zeichnen sich dadurch aus, dass sich eine reine Zementleimschicht ablöst. Derartige Schichten weisen ein helles Erscheinungsbild und eine stark erhöhte Porosität auf. Sie sind darauf zurückzuführen, dass die Oberfläche mit Wasser geglättet wurde. Bild 6: Dünnschichtige Hohllagen mit erhöhter Porosität (Hier Einglätten von Wasser bei einem Regenschaden). 3.4 Großflächige „neue” Hohllagen Die Glättarbeiten konnten bei diesem Schadenstyp aus Sicht der Glättmitarbeiter häufig ohne erkennbare Auffälligkeiten durchgeführt werden. Die Oberflächen weisen nach dem Ende der Nachbehandlung keine oder nur vereinzelte Auffälligkeiten/ Schäden auf. Mit fortschreitender Austrocknung der oberflächennahen Zone treten nach 3 bis 6 Monaten großflächig Hohllagen auf, die bisweilen eine Sanierung der vollständigen Bodenplatte auf vielen Tausend m² erfordern. Das typische Schadensbild besteht dabei aus einer Unzahl kleinerer und größerer Hohllagen, s. Bild 7, ohne erkennbare Verarbeitungsfehler auf der Oberfläche. Bild 7: Typisches Schadensbild. Unzahl kleinerer und größerer Hohlstellen. 3.4.1 Typische Erscheinungsbilder Typisch für die diese Art von Schäden ist, dass die Ablösung in einer gewissen Tiefe unterhalb der Einstreuung im Betongefüge selbst stattfindet, s. Bild 8 f. Bild 8: Ablösungen bei einem geglätteten Beton mit Luftporen (PCE) und Einstreuung. Ablösung im Betongefüge. Bild 9: Ablösungen bei einem geglätteten Beton mit unerwünschter Porenbildung (PCE) und Einstreuung. Ablösung (rot) unterhalb der Einstreuung (gelb) im Betongefüge. Poren mit Graphit eingefärbt. Buch IB.indb 390 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 391 Ablösungen, Hohllagen und Rissbildungen bei geglätteten Industriefußböden Häufig werden sehr geringe Oberflächenzugfestigkeiten (< 1 N/ mm²) trotz sehr guter Druckfestigkeit (≥ C30/ 37) beobachtet, die eine Sanierung mittels Fräsen nur schwer möglich machen. Typisch ist ferner, dass eine unerwünschte Porenbildung beobachtet wird. 3.4.2 Unerwünschte Porenbildung Gemeinsam für diese unerwünschten Porenbildung ist, dass der Großteil der Poren eine Größenordnung zwischen 0,3 mm und 1,0 mm aufweist. D.h. die Poren sind zu groß, um die Frost-Tausalz-Beständigkeit zu erfüllen, aber gleichzeitig zu klein, um beim baustellenüblichen Verdichten insbesondere sehr weicher (F4) Betone ausgetrieben werden zu können, s. Bild 10. Bild 10: Typische Porenverteilung bei unerwünschten Luftporen (PCE). Die Ursachen für eine unerwünschte Luftporenbildung sind noch nicht abschließend geklärt. Mögliche Ursachen sind in Tab. 1 genannt. Fließmittel Entschäumung unzureichend bzw. mangelhaft Zuschlag Waschhilfen/ Flockungsmittel Aluminiumabrieb Wasser Tensidhaltige Wässer Recyclingwasser (z. B. Mischerschutz, Mörtelzusätze Zement Mahlhilfsmittel Sekundärbrennstoffe Hoher Glühverlust Verschmutzung Silofahrzeug Zusatzstoffe SF-Zugabe (Klebstoff) Verpackungen (Zellulosebeutel) Unbeschichtete PP-Fasern Ungeeignete Eignungsprüfung Verdichtung ist auf Konsistenzklasse abzustimmen Tab. 1: Ursachen für unerwünschte Luftporenbildung Werden bei Einsatz von PCE-Fließmitteln Aspekte wie Verträglichkeit der eingesetzten Ausgangsstoffe, ausreichender Leimgehalt, Mindestmischzeiten oder Fließmitteldosierung nicht in angemessener Weise berücksichtigt ist eine mangelnde Mischungsstabilität beobachtet worden [2]. Die fehlende Robustheit gegenüber Rohstoffschwankungen wird häufig über die Aussteuerung des Wassergehaltes korrigiert, wenn die Sandsonden - wie häufig - auf Festwert eingestellt sind. Bild 11: Aussteuerung des Wassergehaltes in der Betonproduktion bei 30 Betoniertagen bei Verwendung eines PCE-Fließmittels. Durch bewusstes Weglassen der Entschäumer wurde in [3] beobachtet, dass der Gesamtluftporengehalt auf bis zu 7,4 Vol.-% ansteigt, der Mikroluftporengehalt erhöhte sich nur geringfügig von 1,0 auf 1,7 Vol.-%. Im Bauteil zeigte sich, dass auch eine sachgerechte Verdichtung mittels Innenrüttler zu keiner Verringerung des Gesamtluftporengehaltes führte. 4. Schadensmechanimus Bei Normalbetonen bilden sich mehr oder weniger homogene Betoneigenschaften über die Höhe aus. Die Einstreuung führt zu einer oberflächennahen Verfestigung und das Glätten zu einer weiteren Verringerung des geringen Porenraumes (s. Bild 12). Das Glätten von Luftporenbetonen (XF4) mit Einstreuungen ist nach Auffassung vieler Autoren z.B. / 4, 5, 6; 9/ nicht zielsicher möglich, da es dort zu Abplatzungen und Hohllagen kommt. Wie auch bei XF4-Betonen bildet sich bei ungeeigneten oder mangelhaften Betonen (mit PCE-Fließmitteln) eine oberflächennahe Schicht aus, die sich in ihren Eigenschaften im jungen (grünen) Alter vom darunterliegenden Kernbeton unterscheidet, ähnlich wie die Haut eines Vanillepuddings. Der Schadensmechanismus ist noch nicht abschließend wissenschaftlich geklärt. Aus den zahlreichen Schadensfällen, die der Autor bearbeitet hat, ergeben sich folgende Hinweise: - Es liegt ein Steifigkeitsunterschied vor zwischen der oberflächennahen Zone und dem Kernbeton (durch unterschiedliche Porengehalte; Verfestigung durch Buch IB.indb 391 11.02.20 12: 54 392 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Ablösungen, Hohllagen und Rissbildungen bei geglätteten Industriefußböden Einstreuung, Verdichtung durch Glätten, Austrocknung nach oben) - Betone mit erhöhtem Porengehalt weisen eine verstärkte ungleichmäßige Austrocknung der oberflächennahen Zone auf. - Betone mit sehr gutem Zusammenhalt (klebrige Konsistenz) weisen häufig gar kein Bluten auf, was zu einer verstärkten ungleichmäßigen Austrocknung der oberflächennahen Zone führt (Elefantenhaut). - Beim dynamischen Glätten mit Duo-Glättern werden dynamische Kräfte aufgebracht - Die horizontalen Schubkräfte können zu Verschiebungen der oberflächennahen Zone in der Grenzschicht führen (s. Bild 13) - Die vertikalen Kräfte führen zum Austreiben der Poren im oberen Bereich und zum wiederholten Komprimieren und Expandieren in der Grenzschicht. - Der Kernbeton weist (noch) ein thixotropes Verhalten auf und verflüssigt beim Einbringen der Glättenergie, wodurch Verschiebungen möglich sind. - Dies alles führt zur Ausbildung einer schwachen Zone im Betongefüge, deren Verschiebungen bereits vor dem eigentlichen Erhärten entstanden sind. Bild 12: Schematische Darstellung des Glättens von Normalbeton und Beton mit unerwünschten Luftporen oder LP-Beton Bild 13: Rissbildungen durch horizontalen Schub beim Glätten von LP-Beton 5. Empfehlungen Im Allgemeinen wird Transportbeton verwendet. Die Bestellung nur nach Expositionsklassen (Beton nach Eigenschaften) ist für Industriebodenbeton nur bedingt zielführend. Neben den Expositionsklassen sollten daher die in Tab. 2 genannten Grenzwerte eingehalten werden. Aus dem Betonsortenverzeichnis kann dann eine entsprechende Betonrezeptur ausgewählt werden. Eine Eignungsprüfung ist stets durch das Betonwerk durchzuführen. Bei ausreichender Erfahrung des Betonwerks hinsichtlich der Festigkeitsentwicklung können bereits Frischbetonprüfungen die wesentlichen Informationen liefern und daher auch noch kurz vor Ausführung durchgeführt werden. Um Produktionsschwankungen rechtzeitig entdecken zu können, sollten Lieferscheine mit Soll-/ Ist-Angabe der Einwaagen (ZTV-K-Lieferscheine) verwendet werden. Die nachträgliche Wasserzugabe auf der Baustelle (auch mit entsprechendem Vorhaltemaß) sollte ausgeschlossen werden. Zement CEM I (CEM II; CEM III) 320 kg/ m³, ≤ 350 kg/ m³ Wasser ≤ 165 kg/ m³ w/ z-Wert ≤ 0,55 (0,50) Mehlkorngehalt ≤ 360 kg/ m³ Feinstsandgehalt ≤ 430 kg/ m³ Zuschlag 0/ 2 ≤ 30 M.-% Sieblinie A/ B LP-Gehalt < 1,5 Vol.-% Erstprüfung < 2,5 Vol.-% Baustelle Konsistenz (T Ende) 48 +- 2 cm (Zielmaß) Frischbetontemperatur 10 - 25 °C Bluten 2 - 3 (5) ltr/ m² Ansteifen (Glättbeginn) 3 - 6 h (20°C/ 65 % r.F.) Tab. 2: Empfohlene Betonzusammensetzung für Industrieböden Buch IB.indb 392 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 393 Ablösungen, Hohllagen und Rissbildungen bei geglätteten Industriefußböden Eine Überwachung des Betons auf der Baustelle ist zu empfehlen. Dabei sollte neben dem Ausbreitmaß und der Druckfestigkeit auch folgende Eigenschaften kontrolliert werden: - Bluten - LP-Gehalt (auch bei Normalbeton) - Wassergehalt mittels Darren Der Schutz des jungen Betons vor Witterungseinflüssen für Industrieböden sehr wichtig. Hierzu gehören ausreichende Temperaturen und r.F. und die Vermeidung von Zugluft sowie direkte Sonneneinstrahlung (Fensterfronten und Lichtkuppen). Je nach Umgebungsbedingungen und Verhalten des Betons (Bluten, Zeit bis Glättbeginn) kann eine Zwischennachbehandlung erforderlich sein. Im Schadensfall sieht das Lieferwerk die Verantwortlichkeit in der Regel bei den Betoneinbauern, da diese den Beton nicht ausreichend verdichtet hättet oder bei den Glättmitarbeitern, weil diese nicht zum richtigen Zeitpunkt geglättet oder unzureichend zwischen- und nachbehandelt hätten. Zumindest ersteres lässt sich durch einen Verarbeitungsversuch verifizieren, bei dem der Beton wie auf der Baustelle geliefert und a. gar nicht, b. gemäß Baustellenangaben und c. ggfs. gemäß Auffassung eines Sachverständigen sach- und fachgerecht verdichtet wird. Entstehen auch bei a) keine unerwünschten Poren wies die damalige Lieferung eine mangelhafte Nebenwirkung auf. Entstehen unerwünschte Poren und lassen sich gemäß b) und c) nicht austreiben, weist der Beton immer eine mangelhafte Nebenwirkung auf. Wenn sich die Poren bei üblicher Verdichtung austreiben lassen, lag ein Verarbeitungsfehler vor. Literatur [1] Weigler, H. Beton, Arten - Herstellung - Eigenschaften, 1989 [2] Bundesanstalt für Wasserbau: BAW Brief 01/ 2015 Probleme mit der Mischungsstabilität von Beton [3] Krell, J.; Fischer, P.: Glätten von Industrieböden aus Beton mit erhöhten Luftgehalten, beton 12/ 2017 [4] Deutsche Bauchemie: Anwendung von Fließmitteln auf PCE-Basis im Industriebodenbau, 2011 [5] Wiegrink, K.-H.: Einsatz von Zusatzmitteln im Industriebodenbau, TA Esslingen, 2010 [6] Wiegrink, K.H.; Roos, F.: Schäden bei Betonböden aus LP-Beton, TA Esslingen, 2007 [7] Breitenbücher, R.; Siebert, B.: Zielsichere Herstellung von Industrieböden mit Hartstoffschichten. Schlussbericht DBV 249, Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e.V., 2005 [8] DBV-Merkblatt Besondere Verfahren zur Prüfung von Frischbeton (Special testing methods for fresh concrete), Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e.V., 2007 [9] Lohmeyer, G.; Ebeling, K.: Betonböden für Produktions- und Lagerhallen [10] VÖZ: Leitfaden monolithische Bodenplatten Buch IB.indb 393 11.02.20 12: 54