eJournals Kodikas/Code 23/3-4

Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2000
233-4

Die Modernität der transzendentalen Buffonerie. Zur ironischen Dimension im "Gestiefelten Kater" von Ludwig Tieck

121
2000
J. Ulrich Binggeli
kod233-40305
KODIKAS / CODE Ars Semeiotica Volume 23 (2000) · No. 3-4 Gunter Narr Verlag Tübingen Die Modernität der transzendentalen Buffonerie Zur ironischen Dimension im Gestiefelten Kater von Ludwig Tieck J. Ulrich Binggeli 1. Einleitung Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit ist die Frage nach der Brauchbarkeit und Leistungsfähigkeit der von Edgar Lappin seiner Dissertationsschrift Linguistik der Ironie von 1992 entwickelten sprechakttheoretisch-pragmatischen Ironietheorie für die Analyse literarischer Texte. Lapps Simulationstheorie ist ein repräsentatives Beispiel für die zahlreichen Versuche der modernen Linguistik, das Phänomen Ironie sprachwissenschaftlich überzeugend zu bestimmen. Als Untersuchungsgegenstand wurde mit Tiecks Gestiefeltem Kater bewusst auf einen Text zurückgegriffen, der zeitgleich mit Schlegels Lyceums-Fragmenten erschien und damit zu einem Zeitpunkt entstand, der in der Geschichte des Ironiebegriffs insofern als Wendepunkt gilt, als mit Schlegels Ideen zur Ironie die romantische Ironie geboren wurde. Diese Versuchsanordnung führt zwangsläufig auch zur Frage nach dem Verhältnis zweier grundverschiedener Ironiebegriffe. Nach einer Textanalyse des Gestiefelten Katers und einer Aufarbeitung des Ironiebegriffes von Friedrich Schlegel wird zunächst der Frage nachgegangen, inwiefern die Ironie des Katers mit den Ironiepostulaten Schlegels übereinstimmt. Im Anschluss daran werden diese Ergebnisse mit der Ironie-Perspektive verglichen, die Lapp in seiner Simulationstheorie entwickelt. Es geht dabei insbesondere um die Überprüfung der Arbeitshypothese, dass mit dem Prinzip der doppelten Simulation auch die für die romantische Ironie charakteristische und im Kater systematisch betriebene Technik der Illusionszerstörung anschaulich erfasst werden kann. 2. " ... dass es den Theoretikern viel Not machen wird, die Gattung zu bestimmen" 2.1 Der irritierende Kater Der Gestiefelten Kater erschien 1797 bei Nicolai in Berlin. Aus verlegerischen Gründen wurden nach der Erstpublikation im zweiten Band der Sammlung "Volksmährchen, hg. v. Peter Leberecht" [Pseudonym Tiecks] im gleichen Jahr zwei weitere textgleiche, aber anders betitelte Einzeldrucke nachgeliefert. Für die Aufnahme in den Phantasus1 1812 erstellte Tieck eine erweiterte Fassung. Die Beschäftigung mit dieser Version ist insofern sinnvoller, als die Rahmengespräche der Phantasus-Gesellschaft aufschlussreiche Zusatzinformationen zum Stück selber liefern. Zudem haben Tiecks Eingriffe die Fassung des Erstdrucks nicht substantiell verändert. 306 J. Ulrich Binggeli A.W. Schlegel gehörte zu den Lesern, die das Stück begeistert aufnahmen. In einer Rezension aus dem Erscheinungsjahr in der Jenaer Allgemeinen Literaturzeitung strich er insbesondere die Aufhebung der strikten Trennung von Publikum und Bühne hervor: Es spielt in der wirklichen Welt, ja mitten unter uns, und was nur bei der Aufführung des Stücks hinter und vor den Kulissen, im Parterre und den Logen Merkwürdiges vorgeht, ist mit auf den Schauplatz gezogen, so dass man das Ganze, wenn es nicht zu tiefsinnig klänge, das Schauspiel eines Schauspiels nennen könnte. Es ist zu befürchten, dass es den Theoretikern viel Not machen wird, die Gattung zu bestimmen, wohin es eigentlich gehört. (vgl. TF 1383)2 Schlegel hatte Recht: Wenn vom Kater die Rede ist, dann fallen alle möglichen Gattungsbezeichnungen. Schlegel spricht in seiner Besprechung zunächst von einer "komische[n] Laune", wenig später von einer "mutwillige[n] Posse", Eichendorff schlug "Spottkomödie" (vgl. TF 1384) vor und für K.W.F. Solger ist im Kater die "Satire zur reinsten Ironie erhoben" (vgl. TF 1355). In der Literaturwissenschaft des 20. Jahrhunderts ist von "satirische[r] Posse" (Behler 1972, 40), "Märchenkomödie" (Paulin 1987, 35), "Parodie vorromantischen Theaters in einem vielfältig satirischen Lustspiel" (Kreuzer 1980, 76), allen möglichen Varianten der Satire: "Philistersatire, Aufklärungssatire, Empfindsamkeitssatire, Literatursatire, politische Satire ect." (Pikulik 1992, 330) 3, dem "Prototyp einer bestimmten Ausprägung der Gattung Komödie" (Pestalozzi 1977, 110) und jüngst vom "Prototyp der parabatischen Komödie" (Japp 1999, 28) die Rede. Diese zweihundertjährige Expertendebatte zur Gattungsproblematik gleicht in etwa der Unterhaltung des Publikums im "Prolog" des Katers -dem "Extempore einer konventionellen Urteilsbildung" (Thalmann 1974, 32) -, das FISCHER mit der Frage eröffnet: "Lieber Herr Müller, was sagen Sie zu dem heutigen Stücke? " (TF 492/ 8f.) Im Gegensatz zu den Protagonisten im Kater streiten die Fischers, Müllers und Böttichers der Rezeptionsgeschichte zwar um die Bestimmung eines Gegenstandes, den sie bereits kennen. Dieser Unterschied ist jedoch irrelevant, zumindest für den EPILOGUS, jene Tiecksche Figur aus dem ein Jahr nach dem Kater entstandenen Werk Die verkehrte Welt, der noch vor dem eigentlichen Stück auftritt und spöttisch erklärt: Nun, meine Herrn, wie hat.Euch unser Schauspiel gefallen? [...] Ihr müsst Euch übrigens darüber nicht verwundern, dass Ihr das Stück noch gar nicht gesehn habt, denn hoffentlich seid Ihr doch in so weit gebildet, dass das bei Euch nichts zur Sache tut, um darüber zu urteilen. [... ] Wer wollte nur das beurteilen, was man kennt! (TF 570/ 15f.) Die Rezeptionsgeschichte dieses "charakteristische[n] Beispiel[s] der romantischen Ironie" (Behler 1972, 40) entbehrt ihrerseits nicht einer gewissen Ironie. Dem Text ist es offensichtlich gelungen, sich einer kanonischen Deutung zu entziehen. Verantwortlich dafür ist seine gewissermassen passive ironische Qualität: Er verführte dazu, als etwas genommen zu werden, was er nicht oder nur teilweise ist. Was er verhandelt, das Illudieren und Täuschen, tut er selber, wenn auch unabsichtlich. Die zitierten "Bötticher" haben zugleich Recht und Unrecht: Abgesehen davon, dass der Kater eine dramatisierte (Märchen-) Komödie, eine Satire, eine Theaterparodie und anderes mehr ist, ist er vor allem "eine lustige Komposition, die ganz Schaum und leichter Scherz ist" (TF 489/ 25f.). So kündigt Theodor der Phantasus- Gesellschaft den Vortrag des Katers an. Er knüpft daran die Bitte, dieses Stück nicht ernsthafter zu nehmen, als es gemeint sei: doch kann man wohl nicht leicht über das Theater scherzen, ohne zugleich über die Welt zu scherzen, denn beides fliesst, vorzüglich in unseren Tagen, sehr in einander. (TF 489/ 25f.) Die Modernität der transzendentalen Bujfonerie 307 Tieck hat sich im Vorbericht zur ersten Lieferung seiner Schriften vom Juli 1828 ausführlich zur Entstehung des Katers geäussert. Er kommt dort im Zusammenhang mit seiner Behandlung von Iffland und Kotzebue sowie des Iffland-Verehrers Karl August Böttiger im Kater ausführlich auf das Berliner Theaterleben dieser Jahre zu sprechen. August Wilhelm Iffland (1759-1814) war sowohl ein berühmter Charakterdarsteller wie auch seit 1796 Direktor des Berliner Nationaltheaters und ab 1811 Generaldirektor des Königlichen Schauspielhauses. Daneben popularisierte er durch eine immense Eigenproduktion "die Tradition des sogenannten 'Familiengemäldes' einer Spätform des in Kleinbürgerlich-Philiströse abgesunkenen Rührstücks, der Comedie larmoyante". (Frank 1985, 1385) Was die Aufführungszahlen eigener Stücke auf den Bühnen der Zeit anging, konnte es kein anderer zeitgenössischer Autor mit August von Kotzebue (1761-1819) aufnehmen. Er schrieb mehr als 200 Dramen, seine Palette reichte von der bürgerlichen Tragödie über Rühr- und Familienstücke bis zum Lustspiel, Singspiel und zur Posse. Sein Name bürgte für volle Häuser und Kassen, was unter anderem auch Goethe veranlasste, über achtzig Kotzebue- Stücke in Weimar aufzuführen. Das Gespann Iffland/ Kotzebue beherrschte um die Jahrhundertwende bis zum Tode Ifflands die Berliner Theaterszene fast vollständig. Dazu Tieck: Der Rüstigere und der Fleissige schrieben um die Wette; beide [... ] wurden immer mehr beliebt und beherrschten bald das Theater. Die Menge glaubte nun endlich ein wahres, nationales deutsches Theater errungen zu haben. (TF 1388) Tieck diagnostiziert demgegenüber einen regelrechten Niedergang der Berliner Theaterkultur. Für ihn verdarb Kotzebue mit seinen Stücken jeden Geschmack 4 "durch süssliche, falsche Moral, durch weichliche, nichtsnutzige Charaktere und dadurch das er der Menge im Verzärteln aller ihrer Schwächen schmeichelte". (TF 1388) Das Niveau der Schauspielkunst sank, ein gewisses matteres Spiel, ein willkürliches, unbedeutendes [trat] an die Stelle des charakteristischen [...], weil diese Dramen das Bedeutsame, Bestimmte, Kunstmässige nicht mehr forderten. (TF 1389) Als in dieser Situation Hofrat Karl August Böttiger unter dem Titel Entwicklung des Ijjlandschen Spieles in vierzehn Darstellungen auf dem Weimarschen Hoftheater im Aprilmonat 1796 auch noch eine überschwengliche Würdigung der Ifflandschen Schauspielkunst publizierte, muss Tieck schier der Kragen geplatzt sein: Wir erstaunten, dass alle diese Kleinigkeiten, diese Nebensachen, die höchstens einen kleinen epigrammatischen Witz aussprechen konnten, so hoch angeschlagen,ja für das Wesen der Kunst ausgegeben wurden. Alle meine Erinnerungen, was ich zu verschiedenen Zeiten im Parterre, in den Logen, oder den Salons gehört hatte, erwachten wieder, und so entstand und ward in einigen heitem Stunden dieser Kater ausgeführt. (TF 1389) Es ist aufschlussreich, den Kater aus dieser entstehungsgeschichtlichen Optik zu betrachten. Versteht man ihn als spontane, rasch und launig skizzierte Reaktion auf diese Lektüre, dann ist er nichts anderes als eine höchst eigenwillige Rezension der Böttiger-Schrift. Rezensionen sind im Normalfall keine Theaterstücke und Theaterstücke auch keine Rezensionen. Indes, auch Tiecks Kater ist, zumindest für diese Zeit, alles andere als ein literarischer Normalfall. Ausdruck davon sind die Schwierigkeiten, ihn gattungsmässig einzuordnen. Obwohl der Text wie ein Theaterstück daher kommt, ist seine Bühnentauglichkeit umstritten. Und man trifft ihn ja auch nicht auf der Bühne an. Weder die Uraufführung von 1844 noch die Inszenie- 308 J. Ulrich Binggeli rungsversuche im 20. Jahrhundert - 1963 inszenierte Tankred Dorst unter dem Titel Der gestiefelte Kater oder wie man das Stück spielt eine modernisierte Bearbeitung vermochten ihm einen Platz im Komödienrepertoire zu sichern. Karl Pestalozzi vertritt denn auch die These, dass der Kater gar nicht für die Bühne gedacht, sondern als "Lesedrama" (Pestalozzi 1977, 114) konzipiert sei. Das Stück ist für ihn nicht nur eine Komödie über, sondern auch eine gegen das Theater: "Tore Bühne ist das Buch, ihr Publikum der einsame Leser. Das macht sie zum 'Grenzfall der Gattung"' (Pestalozzi 1977, 126). 5 Tieck hat mit dem Kater einen Text produziert, der das Spiel mit den Gattungsnormen so weit treibt, dass am Schluss unklar ist, was er selber ist. Der Bühnenklamauk weist eigentlich in Richtung Komödie oder verwandter Formen wie Satire, Posse oder Schwank. Wie verortet man aber dann den expliziten Bezug auf die Oper, konkret die Singspielform der Z,a,uberflöte? Und was sollen die Anspielungen und Zitate aus Schillers Don Carlos und Shakespeares Hamlet? Der Ka_ter passt weder in eine der Untergattungen des komischen Fachs noch in dieses selber und am allerwenigsten jedenfalls auf den ersten Blick in die tragische Abteilung. Nicht einmal die grundsätzliche Zuordnung zu einer der beiden Grosskategorien Epik oder Dramatik ist gesichert, kann er doch dem äusseren Erscheinungsbild zum Trotz durchaus auch als Prosatext, als Lesedrama oder dramatisierte Rezension behandelt werden. 2.2 Die Gattungsproblematik als Ironiepotential Die skizzierte Gattungsproblematik erweist sich bei näherem Zusehen als der zentrale Aspekt bei der Erörterung der ironischen Dimension des Katers. Die Klassifizierungsschwierigkeiten machen deutlich, dass der Text mit formalen Kriterien nur unzulänglich erfasst werden kann, es sei denn, man betrachtet die fröhlich kultivierte "Gattungspluralität" als konstituierendes Strukturmerkmal. Aber selbst dann ist über Sinn und Zweck dieses anarchischen Gestaltungsprinzips noch nichts gesagt. Aufschluss gibt in dieser Hinsicht erst die Ironie. Geht man an dieser Stelle vorerst von einem Ironieverständnis aus, das Ironie letztlich als Bewusstsein und Ausdruck einer grundsätzlichen Labilität aller Bezüge begreift, dann kann die gattungsmässige Gebrochenheit oder Unbestimmbarkeit des Katers als direkter Ausdruck von Ironie bestimmt werden. Das heisst aber auch, dass die Schwierigkeiten mit der Gattungsfrage keineswegs mit künstlerischem Unvermögen zusammenhängen und als formale Mangelhaftigkeit zu qualifizieren sind; sie weisen vielmehr auf ein bewusst eingesetztes Irritationspotential hin, das auf dem Bauprinzip des Textes beruht. In Anlehnung an die vom Kater-Publikum lautstark verlangten "Familiengemälde" (TF 493) kann der Kater als "Theatergemälde" bezeichnet werden. Tieck extrahiert aus dem Dramentyp "Familiengemälde", der damals zu den ganz grossen Publikumsrennern gehörte, das dramatw; gische Muster und benutzt es als Strukturmodell für sein Stück. Seine Herkunft bleibtjedoch auch im veränderten Kontext immer noch erkennbar, seine Vergangenheit ist als Mitgift mit inbegriffen und funktioniert als Erinnerungszeichen. Dieses Verfahren provoziert einen charakteristischen Verfremdungseffekt, den Tieck im Kater systematisch einsetzt. Zu einem Theatergemälde, das den Theaterbetrieb, das Theaterleben als Ganzes abbilden will, gehört neben dem eigentlichen Theaterstück und seiner Inszenierung auch das Publikum, die Kritik, der Autor sowie der ganze Inszenierungsapparat. Das Phänomen Theater kann grundsätzlich aus drei Perspektiven betrachtet werden: aus der Produktions-, der Rezeptions- und der lnszenierungsperspektive. Der Kater ist nun nichts anderes als der Versuch, diese drei Perspektiven zu einer einzigen zu komprimieren. Er ist ein Labor, in dem Möglichkeiten durchgespielt werden, Betrachtungsstandpunkte zusammenfallen zu lassen, die in Wirklich- Die Modernität der transzendentalen Buffonerie 309 keit gar nicht zusammenfallen können. Tieck experimentiert mit einer Methode, die in ihrer radikalen Umsetzung später zu Ergebnissen führen wird, wie sie in der Bildenden Kunst der Kubismus ganz eindrücklich vorführt. Im Tieckschen Laboratorium repräsentiert der DICHTER sowohl die Produktionswie die Inszenierungsseite, da er zugleich als Regisseur agiert. Der Inszenierungsapparat ist nicht nur durch Schauspieler, sondern auch durch Bühnenpersonal, Requisiten und Kulissen vertreten. Die Rezeptionsseite schliesslich ist im Publikum, vertreten durch sechs Repräsentanten des "guten Geschmacks" sowie den Kritiker BöTIICHER, direkt anwesend. Das dramaturgische Grundkonzept ist einfach: Ein Bühnenpublikum verfolgt und kommentiert die laufende Uraufführung einer dramatisierten Version des Perraultschen Märchens vom Gestiefelten Kater. Wie der Untertitel ankündigt, handelt es sich bei der Märchenaufführung um einen Dreiakter, der in einen Rahmen aus Prolog, Zwischenspielen und Epilog eingebaut ist. Da, wo von Akten die Rede ist, Theater erwartet wird, stehen die entsprechend bezeichneten Teile ganz im Zeichen der Theateraufführung. Während diese Partien primär durch das Spiel der Bühnenfraktion dominiert sind, werden die restlichen Szenen vorallem durch das Publikum und seine Reaktionen beherrscht. Das ganze Spiel entfaltet sich aus der Wechselwirkung zwischen diesen beiden Polen. Das so erzeugte Spannungsfeld ist zugleich auch der Brennpunkt, auf den das ganze Stück fokussiert ist. Die Märchenaufführung hat lediglich die Funktion eines Skandalons, das die gewünschten Publikumsreaktionen provoziert. Sie löst als Katalysator jenen Prozess aus, der das gesuchte Spannungsfeld erzeugt. Der Kater ist weder eine Publikumssatire noch eine Theaterparodie; sein Stoff ist das konfliktuöse Verhältnis zwischen Rezeptions- und Produktionsseite des Theatergeschehens. Immerhin darf zumindest vermutet werden, dass die grandiose Idee, Iffland als Kater- Interpret ein spöttisches Andenken zu setzen, ein entscheidender Auslöser für die Entstehung des Katers gewesen sein dürfte. Die ungezügelte Mutwilligkeit, die überbordende, geradezu hemmungslose Lust, mit der Tieck Theaterkonventionen auf den Kopf stellt, bestätigt die Vermutung, dass er einen Heidenspass an der ganzen Sache gehabt hat. Jahre später merkt er dazu an, dass es ihm weniger um eine böse Personalsatire gegangen sei, als vielmehr darum, das für seine Begriffe "Alberne und Abgeschmackte[ ... ] als solches mit allen seinen Widersprüchen und lächerlichen Anmassungen" hinzustellen "und an einem eben so albernen, aber lustigen Kindermärchen deutlich" zu machen (vgl. TF 1389f.). 6 Möglicherweise ist Tieck durch die Böttiger-Schrift selber zur Kater-Idee angeregt worden, merkt doch dieser zu einer von Iffland gespielten Figur an, dass sie "die Rolle eines bald murrenden, bald schmeichelnden Katers spielt" (vgl. TF 1390). Vielleicht kam ihm die Märchenfabel auch nur als treffsicheres Gleichnis entgegen: Der Erfolg des Duos Iffland/ Kotzebue gleicht dem des Gespanns Hinze/ Gottlieb, eine Tellerwäschergeschichte wird wahr, der Erfolg ist trimphal, aber das Ganze ist doch nicht mehr als eine Seifenblase, ein Märchen eben. Die Wahl des Kater- Stoffes ist zugleich Ausdruck seiner kritischen Prognose für "Iffoland" 7, der die Nachgeschichte Recht gegeben hat: Iffland/ Kotzebue sind heute nur noch von historischem Interesse. 2.3 Der Dichter und der gute Geschmack Was der "Prolog" für das Stück exponiert, bildet vermutlich ziemlich genau die Entstehungsumstände des Katers selber ab. Was auf den Berliner Bühnen Urstände feierte, war nach Tiecks Dafürhalten nichts als eine billige Stilkopie sämtlicher grosser traditionellen Formen. 310 J. Ulrich Binggeli Die ungebrochene Popularität der Kotzebueschen Produktionen war für ihn Ausdruck der grundlegend veränderten Rezeptionsverhältnisse: Die Menge glaubte nun endlich ein wahres, nationales deutsches Theater errungen zu haben, und die Stimmen der Verständigen, welche gegen diesen Missbrauch redeten, verhallten in der Wüste [...] Die grösseren Schauspiele wurden jetzt nur selten gesehen; viele sind seitdem auf immer von der Bühne verschwunden. (TF 1388ff.) Der Erwartungshorizont des Kater-Publikums ist denn auch im wesentlichen durch die ominöse Chiffre "Geschmack" bestimmt. Im Namen des Geschmacks ist dieses Publikum argwöhnisch allem Neuen und Ungewohnten gegenüber. 8 Argumentiert wird mit einer Ästhetik, die unverkennbar durch den Erfahrungshintergrund des Kotzebue/ Ifflandschen Theaters geprägt ist: Gefragt ist nicht Kunst, sondern Geschmack: " ... wir wollen kein Stück, wir wollen guten Geschmack" (TF 495/ 30f.) Garanten dafür sind dem Publikum die beiden Genres "Familiengemälde" und "Oper". Unter diesen Bedingungen hat der Dichter einen schweren Stand. Entweder fügt er sich diesem Druck und bedient diese Bedürfnisse oder aber er riskiert den offenen Konflikt mit dem Publikum. Der DICHTER im Stück sieht sich mit letzterer Variante konfrontiert. Sujet und Fabel seines Stückes, das aufgeführt werden soll, liegen quer zu den Publikumserwartungen. Der Tumult ist somit vorprogrammiert. Der DICHTER ist sich sehr wohl bewusst, dass er mit seinem Theaterprojekt in eine unmögliche Situation hinein geraten ist. Mit einer geradezu servilen Captatio benevolentiae versucht er das Publikum zumindest bei Laune zu halten. 9 Wenn sich die Herrschaften schliesslich doch dazu bequemen, der Aufführung beizuwohnen, dann nicht aus Interesse an der Sache, sondern nur, weil der DICHTER sich den Verhältnissen beugt, das heisst, die Machtverhältnisse zwischen Publikum und Künstler im Kulturbetrieb akzeptiert: "Er hat doch Respekt vor dem Publikum." (TF 496/ 31) Jetzt erst kann der DICH- TER, wenn auch nur pro forma, sein Anliegen erläutern, das er mit dieser Märchenaufführung verbindet: Ich wollte einen Versuch machen, durch Laune, wenn sie mir gelungen ist, durch Heiterkeit, ja, wenn ich es sagen darf, durch Possen zu belustigen, da uns unsre neusten Stücke so selten zum Lachen Gelegenheit geben. (TF 497/ Sf.) Tieck hat zweifellos sich selber für die Figur des DICHTERS Modell gestanden. Was er ihm mit diesen Zeilen in den Mund legt, dürfte ziemlich genau seinen eigenen Absichten mit dem Kater entsprechen. 10 Auch die skizzierten Produktionsbedingungen, die Abhängigkeit von einem Publikum, dem die Kunst und ihr Verständnis abhanden gekommen ist, dürften genau nach der Wirklichkeit gezeichnet sein. So absurd wie die Konstellation, in die sein DICHTER hineingerät, muss Tieck seine eigene Situation vorgekommen sein. Er entgeht jedoch dem Schicksal seines fiktiven Doppelgängers, der an der Macht der Verhältnisse scheitert und am Schluss wie ein begossener Pudel von der Bühne schleicht, durch die Produktion des Katers. Indem er die eigene Situation zum Gegenstand der Fiktion macht, macht er sie zum Gegenstand der Betrachtung und sich selber, unabhängig von den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit, zum souveränen Regisseur der Verhältnisse. Er benutzt die so gewonnene Freiheit nun nicht dazu, diese antithetische Grundkonstellation aufzuheben. Ihre Unaufhebbarkeit ist im Gegenteil gerade die Voraussetzung für die Entfaltung der tumultuösen Kater-Szenerie, in deren chaotischer Hektik ein neues ästhetisches Ideal aufscheint. Die Fähigkeit, sich in dieser Art vom eigenen Tun zu distanzieren, vermittelt die Ironie. Die Ironie erlaubt es Tieck, seine eigenen Ansprüche und Hoffnungen im DICHTER überlegen Die Modernität der transzendentalen Buffonerie 311 zu parodieren. Er kann so die Figur nach seinem 'Ebenbild' schaffen, ohne befürchten zu müssen, mit ihr verwechselt zu werden. Während Tieck die Schauspieler-Figuren alle mit einem mehr oder weniger ausgeprägten Rollenbewusstsein ausstattet, fehlt dieses Bewusstsein sowohl dem DICHTER als auch den Publikumsrepräsentanten. Der DICHTER ist Dichter, das Publikum ist Publikum und sonst nichts. Sie stellen nichts dar, sie sind nur sie selber. Auf seiten des Publikums verstärkt diese Ungebrochenheit den Eindruck von absoluter Borniertheit. Borniertheit stellt sich nicht in Frage, für sie gibt es nur eine einzige Wirklichkeit und das ist ihre eigene. Tieck lässt diese Eindimensionalität in jener grotesken Szene kulminieren, in der der Zuschauer FISCHER seine eigene Existenz bestreitet, indem er sie zugleich dadurch, dass er sich artikuliert bekundet. 11 Beim DICHTER bewirkt die eindimensionale Gestaltung eine charmante Hilflosigkeit. Er repräsentiert den Typus des linkischen Idealisten, dem die Macht der Kulturlosigkeit übel mitspielt. Die Kunst scheidet Dichter und Publikum. Sie leben in zwei vollständig getrennten Welten. Die eindimensionale Konzipierung beider dient dazu, diese Andersartigkeit, die hermetische Abgeschlossenheit der Publikumswelt von der Künstlerwelt sinnfällig zu machen. Das Publikum ist Publikum, der Dichter ist Dichter, zueinander kommen können die beiden nicht. 2.4 Das Kater-Konzept Tieck braucht die Figur des zum vermeintlichen Schicksalsgenossen stilisierten DICHTERS nur, um am fiktiven Modell die Differenz zum eigenen Kater-Projekt zu markieren. Der DICHTER ist dem Erwartungshorizont des Publikums ausgeliefert, die Aufführung im Stück wird zum Fiasko, weil er mit den Rezeptionsbedingungen nicht umzugehen weiss. Auch Tieck ist vom Publikum abhängig, aber gerade weil er diese Abhängigkeit zum Gegenstand seines Stückes macht, setzt er sich souverän darüber hinweg. Er benutzt den Erwartungshorizont als Steinbruch spiessig-konventionalisierter Ansichten zum Theater, aus dem er sich das Baumaterial zu seinem eigenen Stück holt. Was im "Prolog" unter den drei Stichworten "Familiengemälde" (TF 493/ 10), "Revolutionsstück" (TF 493/ 17) und "Oper" (492/ 20) verhandelt wird, prägt in unterschiedlicher Art und Weise ganz direkt den Aufbau des Katers selber: Der Gesamtentwurf ist am eigentlichen Urbild aller "Familiengemälde" ausgerichtet, an der klassischen Tragödie. Das Kokettieren mit dem "Revolutionsstück" ist demgegenüber nur Mittel zum Zweck: HINZES Revolutionsparole liefert die nötige Provokation zur Inszenierung eines veritablen Publikumsaufruhrs, der wiederum nur durch den BESÄNFTIGER aus Mozarts Zauberflöte zu beruhigen ist, womit auch die Opern-Erwartung befriedigt werden kann. 3.4.1 Der Kater als Revolutionär HINZES revolutionäre Parole vom aufgefressenen Gesetz 12 macht aus dem Kater noch lange kein Revolutionsstück. 13 Tieck verfährt mit ihr wie mit den Gattungsmodellen: Er setzt sie als vielschillerndes, irritierendes Zeichen ein. Als solche markiert sie Triumph, offen bleibt indes, um welche Art Triumph es sich handelt. Triumphiert mit Iffland als HINZE das künstlerische Mittelmass, oder triumphiert im Gegenteil mit der radikalen lronisierung eine neue Ästhetik? 312 J. Ulrich Binggeli 3.4.2 Vom Triumph der Kulisse Während Tieck mit der Duftmarke "Revolutionsstück" mutwillig seinen Spass mit den entsprechenden Befürchtungen des Publikums im Stück treibt, mündet der Rekurs auf die Zauber: flöte in eine handfeste Karikatur der zeitgenössischen Dekorations- und Kulissenorgien namentlich im Opernbereich. Das Schlussbild des Katers bringt die Situation auf den Bühnen der Zeit anschaulich auf den Punkt: Umjubelter Star des Abends ist die Kulisse und notabene nicht einmal die zum aufgeführten Stück gehörige, sondern die notfallmässig beigezogene der Zauber: flöte (vgl. TF 561/ 28f.). Die Szene entlarvt in ihrer Absurdität den Leerlauf einer Inszenierungspraxis, die tendenziell zum reinen Bühnenspektakel verkommen war. Das Verhältnis zwischen Bühnentechnik und Aufführung hatte sich grundsätzlich verändert: Erstere hatte sich verselbständigt, das Werk und seine Aufführung diente gerade noch als willkommener Anlass zu seiner Selbstinszenierung. Getragen von der ungeheuren Popularität war die Maschine der Maschinenkomödie zum Selbstzweck geworden. Die Verhandlung des DICHTERS mit dem MASCHINISTEN zu Beginn des dritten Aktes steht ganz im Zeichen dieser Entwicklung. Genauso wie vom Publikum ist der Dichter auch vom Bühnentechniker abhängig. Weil dieser sehr genau um die Macht und den Erfolg der von ihm beherrschten Effekte weiss, hat sich die herkömmliche Hierarchie zu seinen Gunsten verändert, der Dichter ist zum Bittsteller degradiert. Die Technik stellt sich nicht mehr in den Dienst der Kunst, sondern umgekehrt die Kunst in den Dienst der Technik. Das Abhängigkeitsverhältnis der Kunst von der Technik ist wie jenes vom Publikum in eine groteske Schieflage geraten. 3.4.3 Der Kater als Tragödie Die These, dass Tieck den Kater vor allem nach dem Modell der Tragödie stilisiert habe, wird durch den ausdrücklichen Bezug auf Schillers Don Carlos nahegelegt. Dazu gehört auch der ominöse Begriff des "Familiengemäldes". Schiller schreibt am 7.6.1784 an den Mannheimer Theaterintendanten Dalberg, dass mit Don Carlos ein "Familiengemälde in einem fürstlichen Haus" entstehe (vgl. Schiller 1981, 1093). Wenn MÜLLER im "Prolog" des Katers auf ein "Familiengemälde" (TF 493/ 10) hofft und FISCHER schon kurz nach Beginn der Aufführung sich in genau dieser Erwartung getäuscht sieht: "Wo ist unsre Hoffnung auf ein Familiengemälde geblieben? " (TF 501/ l 7f.), dann reden die beiden nicht mehr vom gleichen wie Schiller. Für die beiden Zuschauer ist der Begriff nur noch mit der durch Iffland und Kotzebue popularisierten Tradition "des ins Spiessige abgesunkenen bürgerlichen Trauerspiels oder Rührstücks" (Frank 1985, 1395) verbunden. Der Kater spielt nun genau mit der Ambivalenz zwischen der grossen klassischen Form und eben dieser Pervertierung. Tiecks Kater ist ein mutwillig-karikierendes Abbild des kläglichen Abbildes der klassischen Tragödie. Er zitiert die Tragödie in ihrer abgewirtschafteten Form. Darauf beruht sowohl seine Komik wie seine kulturkritische Tendenz, oder, besser gesagt, seine Komik ist seine kulturkritische Tendenz. Was Iffland mit der Tragödie angestellt hat, ist in seiner ganzen Lächerlichkeit nur zum Lachen, als Stoff ein gefundenes Pressen füreine Komödie. Eine Komödie, die amüsiert das Schicksal tragischer Topoi in konfektionierter Dutzendware vorführt: ihre radikale Preisgabe an die Lächerlichkeit. Bereits die Grobgliederung des Katers kokettiert im Grunde genommen mit jener der Tragödie. Vernachlässigt man die Zwischenspiele, dann kommt der Kater daher wie ein nobler Fünfakter. Raffinierter sind indes die Spielereien mit der tragischen Klimax, der Katastrophe und dem Topos der unglücklichen Liebe. Die Modernität der transzerulentalen Buffonerie 313 3.4.3.1 Das verbrannte Kaninchen als tragische Klimax Die weibliche Protagonistin des Liebespaares ist die erste, die zu einem Schiller-Wort greift: Mit dem tragischem Pathos von Carlos' Ausruf im Gespräch mit seinem Vater Philipp: "Sein Aug ist trocken, ihn gebar kein Weib" (Schiller Don Carlos II, 2, V. 1078) massregelt sie Kater HINZE, der, durch das Liebesgeflüster in seiner Jagd behindert, versucht, die beiden höflich wegzukomplimentieren: Barbar, wer bist du, dass du es wagst, die Schwüre der Liebe zu unterbrechen? Dich hat kein Weib geboren, du gehörst jenseits der Menschheit zu Hause. (TF 518/ 20f.) Das zweite Schiller-Zitat fällt kurz darauf, als HINZE im Auftrag des Grafen CARABAS, wie er behauptet, dem König sein erstes Kaninchen bringt und sich damit Zutritt zum Schloss verschafft. Der König, hocherfreut, möchte den Auftraggeber kennenlernen, denn "Wenn solche Köpfe feiern, wie viel Verlust für meinen Staat! " (TF 522/ 34f.) Das ist eine wörtliche Sequenz von KÖNIG PHILIPP aus dem ersten Gespräch mit MARQUIS POSA (vgl. Schiller Don Carlos m, 10, V. 2992f.). Dank dem Kaninchen kommt HlNZE nicht nur in das Schloss, es ist auch das Mittel, das GOTILIEBS Konkurrenten NATHANAEL vertreibt. HlNZE wird schlussendlich GOTILIEB zum Mann der Prinzessin machen können, weil er die kulinarischen Sehnsüchte des König auszunutzen weiss. Hier wie beim ersten Schiller-Zitat fmdet sich der hohe Stil plötzlich nicht mehr im Dienste. des Erhabenen, sondern in jenem des Magens und seiner Wahrheit. Die nächsten Schiller-Zitate fallen in der vierten Szene des zweiten Aktes. Man schreitet zum Essen, der König kriegt endlich sein Kaninchen, und just in dem Moment bricht die Welt zusammen: "Das Kaninchen ist verbrannt! " (TF 532/ 17) Noch unter dem ersten Schock fällt zuerst ein Shakespeare-Zitat: "O Heer des Himmels" 1 4, dann aber wechselt der König zu Schiller: Wer ist das? Durch welchen Missverstand hat dieser Fremdling zu Menschen sich verirrt? - Sein Aug ist trocken! (TF 532, 21f.) Die entsprechende Stelle, von CARLOS gesprochen, lautet: Wer ist das? Durch welchen Missverstand hat dieser Fremdling Zu Menschen sich verirrt? - Die ewige Beglaubigung der Menschheit sind ja Tränen, Sein Aug ist trocken, ihn gebar kein Weib - (Schiller Don Carlos IT, 2 V. 1076-1079) Aus der tragisch-verzweifelten Anklage des Sohnes gegen den Vater bei Schiller wird bei Tieck jene des Königs gegen seinen Koch, der soeben das Kaninchen anbrennen liess. Das karikierte Pathos wird zusätzlich gesteigert durch die nachfolgenden Sätze des Königs: Gib diesen Toten mir heraus. Ich muss Ilm wieder haben! (TF 532/ 26f.) 314 sowie J. Ulrich Binggeli Die Toten stehen nicht mehr auf. Wer darf Mir sagen, dass ich glücklich bin? 0 wär er mir gestorben! Ich hab ihn lieb gehabt, sehr lieb. (TF 532/ 32f.) Beide Sequenzen sind wortwörtliche Äusserungen von KÖNIG PHILIPP in der neunten Szene des letzten Aktes, die dieser unter dem Schock der Nachricht vom Tod des MARQUIS POSA macht. (Vgl. V, 9, V. 5O14f.N. 5O38f.N. 5047f.) Tieck zitiert also im zweiten Akt des Katers aus drei verschiedenen Stellen des Don Carlos: Bei der ersten handelt es sich um die metaphorische Umschreibung unmenschlichen Verhaltens. Das von Schiller aus der parodistischen Umkehr der unbefleckten Empfängnis gewonnene Bildwer nicht von einem Weib geboren ist, ist kein Mensch wird in Carlos' Replik zu einer massiven Anklage seines Vaters. Im Kontext des Katers erscheint demgegenüber die von Schiller vorgenommene parodistische Umkehr wieder rückgängig gemacht: Die weibliche Protagonistin des Liebespaars greift eigentlich nur deshalb zum Schiller-Zitat, um HINZES Verhalten mit dem nötigen rhetorischen Gewicht als Taktlosigkeit disqualifizieren zu können. Da sie ihn der Unmenschlichkeit bezichtigt, wird der rhetorische Kraftakt für den Aussenstehenden lächerlich, weil sie ihn damit nur als das bezeichnet, was er ist, als Tier. 15 Die anderen Stellen stehen bei Tieck ganz im Dienst der Karikatur der tragischen Katastrophe. Wo in der Tragödie das Schicksal zuschlägt und Tote hinterlässt, kriegt im Kater der König seinen "Zufall" (TF 532/ 37f.) wegen eines verbrannten Kaninchens. Wie Schillers KÖNIG PHILIPP in MARQUIS POSA den Hoffnungsträger feiert, so feiert Tiecks Kater-König ihn im Kaninchenlieferanten. Während der Hoffnungsträger bei Schiller sterben muss, damit das Stück den dramaturgischen Erfordernissen der Tragödie entspricht, liefert HINZE bei Tieck ganz wortwörtlich nur das Futter für die Kater-Katastrophe und darf deshalb am Leben bleiben. Zudem ist an der Katastrophenstelle die Komödie noch nicht zu Ende, HlNzE wird für den weiteren Verlauf noch dringend gebraucht. Im übrigen geht es im Kater ja nicht wirklich um Leben und Tod, sondern in erster Linie um die Wirkung des tragischen Schicksalstopos. Die ganze Kater-Welt gerät denn auch tatsächlich für einen Moment ausser Rand und Band: Es entsteht ein gewaltiges Pochen und Pfeifen im Parterre; man hustet, man zischt, die Galerie lacht; der König richtet sich auf, nimmt den Mantel in Ordnung und setzt sich mit dem Zepter in grösster Majestät hin. Alles ist umsonst, der Lä,rm wird immer grösser, alle Schauspieler vergessen ihre Rollen, auf dem Theater eine fürchterliche Pause. - Hinze ist eine Säule hinan geklettert. (TF 533/ Sf.) Der König bleibt als einziger seiner Rolle treu: Dem entspricht im Tragödienmuster, dass der König als einziger überlebt. So wie die andern sterben, vergessen hier die Schauspieler ihre Rollen, während HlNzE sogar vergisst, dass er eine Rolle spielt und nachgerade zum Kater wird 16 • Aus der "häuslichen" Katastrophe am Hofe KÖNIG PHILIPPS ist eine "theatralische" geworden: sowohl auf dem Theater im Theater wie auch auf den Bühnen Berlins. In der Parodie KÖNIG PHILIPPS als vom Kater-König verfluchter KOCH PHILIPP, der "das Jubelgeschrei der Hölle [sei], wenn ein Undankbarer verbrannt wird! " (TF 532/ 29f.), bekommt Tiecks Karikatur nachgerade makabre Züge: Während Schillers KÖNIG PHILIPP noch Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrennen lässt und schliesslich auch seinen eigenen Sohn dem Grossinquisitor überantwortet, verbrennt Tiecks KOCH PHILIPP gerade noch ein Kaninchen. Die Modernität der transzendentalen Buffonerie 315 3.4.3.2 SIE und ER: Vom Verschwinden der Liebe Ähnlich virtuos wie die Katastrophe demontiert Tieck den anderen zentralen Topos der Tragödie: das Konzept der unglücklichen Liebe. Für diese Demontage wählt Tieck ein anderes Verfahren: Während er den Katastrophen-Topos als Strukturelement der Märchenaufführung in das Stück selber integriert, setzt er das Liebespaar wie einen Fremdkörper ein. Er inszeniert damit ein zusätzliches Minidrama als Theater auf dem Theater. Der erste Auftritt im zweiten Akt, zwei Szenen vor der Kulmination im Kaninchen-Debakel, ruft in Erinnerung, dass am Anfang jeder Tragödie die Liebe steht. Weil der Kater-Stoff selber das "echte" Liebespaar vorenthält, füllen die beiden Figuren diese Leerstelle aus. Allerdings mehr schlecht als recht: Tieck kennzeichnet ihre dramaturgische Funktion als lediglich anonyme, einen Rollentypus mimende Figuren vor allem über die Sprache: Das Geturtel der beiden ist von so pathetischer Künstlichkeit, dass es sich als leere Rhetorik entlarvt. Ihr zweiter Auftritt im dritten Akt dient nur noch dazu, die zwischenzeitlich beschlossene Trennung mitzuteilen. Das Liebesdrama ist im Blitzverfahren in zwei Szenen abgehandelt. Der sprachlichen Sterilität dieser beiden Liebespaar-Sequenzen entspricht die szenische: Der Auftritt des Paares ist im Rahmen der Märchenaufführung völlig willkürlich und unmotiviert. Ihr schemenhafter Auf- und Abtritt verliert auch dann nichts von seiner Künstlichkeit, wenn die beiden als eine Art Phantasmagorie dessen betrachtet werden, was Hinze mit seiner Jagd schlussendlich erbeuten möchte, nämlich das Liebesglück zwischen Gottfried und der Prinzessin. Die Liebe ist, zumindest als dramatischer Topos, auf den Hund gekommen - und das Kater-Publikum merkt es sowenig wie die Berliner Iffland-Gemeinde. 17 Ausgehend von der Gattungsproblematik und dem damit zusammenhängenden vielschichtigen Irritationspotential des Katers führten die bisherigen Überlegungen immer wieder zur Ironie. Ironie ist sowohl für strukturelle Eigentümlichkeiten wie für die Grundfärbung der ganzeri Stillage des Stückes verantwortlich. Die Bedeutung der Ironie wiederum wird erst sichtbar, wenn der Text im Tieckschen Sinn als literarische Laune behandelt wird, als dramatisch-dramaturgischer Spass, der souverän über den Fundus aller möglichen, auch gegensätzlichster Gestaltungsmittel verfügt. Dieser Befund präzisiert das Verhältnis zur Ironie: Voraussetzung zur adäquaten Bestimmung der ironischen Dimension des Stückes ist die Einsicht, dass das Programm des Katers gerade darauf beruht, quer zu allen Gattungen zu liegen. Der Kater will in dieser Beziehung gar nichts sein, er will nur etwas vorführen, oder mit Friedrich Schlegel zu reden, "gleichsam auf dem Dache der dramatischen Kunst" herumspazieren. (FS 217) 18 Er wühlt lustvoll in den Rumpelkammern der Theatergeschichte und bedient sich schamlos aller möglichen, zu leeren Konventionen verkommenen Muster zur Inszenierung eines Theaterbetriebs, der zwar an Theater erinnert, aber Theater vorenthält. Theater über das Theater in der Form von Theater auf dem Theater ist für Tieck ein genuin theatralischer, und das heisst, ironischer Akt: "mit der Entstehung des Theaters entsteht auch der Scherz über das Theater, wie wir schon im Aristophanes sehn, es kann es kaum unterlassen, sich selbst zu ironisieren" (TF 564/ 26ff.). Wenn bisher von Ironie die Rede war, dann wurde mit einer gewissen Selbstverständlichkeit auf ein umgangssprachliches Ironieverständnis rekurriert, das weiter oben behelfsmässig als Labilität aller Bezüge beschrieben wurde. Was aber versteht Friedrich Schlegel als Vater der romantischen Ironie unter Ironie? 316 J. Ulrich Binggeli 3. Schlegel und die romantische lronie 3.1 Die Rezeptionsproblematik Die Frage nach der ironischen Qualität von Tiecks Kater ist auch eine nach der romantischen Ironie. Die besondere Art des Tieckschen Lustspiels ist in der Forschung immer wieder als Exemplifikation der romantischen Ironie im Sinne von Friedrich Schlegel betrachtet worden, obwohl Schlegels Lyceums-Fragmente von 1797, der Schlüsseltext für die Entwicklung des romantischen lroniebegriffs, und Tiecks Kater im selben Jahr erschienen sind und demzufolge gar keine direkte Ableitung vorliegen kann. Es scheint vielmehr so zu sein, dass die spezifische Dramenform des Katers und das romantische Ironie-Postulat Schlegels unabhängig voneinander zur gleichen Zeit eine gleiche poetologische Intention zum Ausdruck bringen. 19 Es bereitet auch heute noch Schwierigkeiten, Schlegels Ideen zur Ironie begrifflich präzise zu bestimmen. Verantwortlich dafür ist in erster Linie die Form, die Schlegel zu ihrer Darstellung benutzt. Er findet zwar im Rahmen seiner Fragmentsammlungen ganz griffige und pointierte Formulierungen, entwickelt dabei aber keineswegs ein in sich kohärentes, systematisch fassbares Ironie-Konzept. Diese Offenheit hat durchaus Methode, insofern sie sich bewusst einer Darstellungsweise verweigert, die dem Gegenstand nicht angepasst ist. Allein schon durch die Fragmentform signalisiert Schlegel, dass die Ironie sich wesensmässig einer Systematisierung entzieht und deshalb einer anderen als einer systematischen Darstellungsform bedarf. Insofern aber die konsequente Fragmentarisierung mit System betrieben ist, sind die Fragmente Ausdruck der im 53. Athenäums-Fragment beschriebenen Notwendigkeit, System und Systemlosigkeit zu verbinden: "Es ist gleich tödlich für den Geist, ein System zu haben, und keins zu haben. Er wird sich also wohl entschliessen müssen, beides zu verbinden." (FS 2, 173) Die Fragmente präsentieren sich als "wogende Ideenmasse", die die Begriffe im Fluss hält und sie in immer neuen Ansätzen experimentell umspielt. (Pikulik 1992, 112) Weil das, was Schlegel mit dem Begriff der Ironie umkreist, sich einer eindeutigen Fixierung entzieht, dürfen Schlegels Ausführungen nicht als Definitionen gelesen werden. "Sie sind es im Grunde nicht, sondern nur perspektivische Annäherungen an etwas eigentlich Undefinierbares." (Pikulik 1992, 112) Schlegel kann deshalb behaupten, dass Ironie ebenso "logische Schönheit" wie auch die "Form des Paradoxen" sei, dass in ihr "alles Scherz und Ernst", "treuherzig offen" und gleichzeitig "tief verstellt" sei, dass ihr eine "erhabne Urbanität" ebenso eigne, wie "transzendentale Buffonerie". Diese schillernde Opazität der Schlegelschen lronieperiphrasen dürfte dafür verantwortlich sein, dass die Ironie seither eine ungebrochene Anziehungskraft hat. Das macht sie nicht eben verständlicher, im Gegenteil. Ein kurzer Blick auf die Rezeptionsgeschichte zeigt, dass diese den Zugang zu einem adäquaten Verständnis eher erschwert als erhellt. Bereits die Zeitgenossen haben höchst unterschiedlich auf Schlegels Ironie-Postulat reagiert. Schon nach kurzer Zeit drohte das Wort "im Vexierspiel begriffslüsterner romantischer Selbst- und Weltdeutung[ ... ] ins Schemenhafte abzusinken". (Strohschneider-Kohrs 1978, 78f.) Schlegel reagierte darauf mit Ironie. Im letzten Stück des dritten Athenäum-Bandes, im Essay Über die Unverständlichkeit, demonstriert er gleich selber ironische Kompetenz und Souveränität, indem er seinen eigenen Ironieentwurf im Namen des damit ausgelösten unsäglichen Ironiefiebers, ironisiert: Er beschreibt zunächst ein ganzes System von lroniearten: "die erste und vornehmste von allen ist die grobe Ironie". (FS 2, 369) Es folgen dann die feine, die delikate, die extrafeine, die redliche, die dramatische, die doppelte und schliesslich die Ironie der Ironie. Darunter kann wiederum laut Schlegel Verschiedenstes verstanden werden: Die Modernität der transzendentalen Buffonerie 317 Wenn man ohne Ironie von der Ironie redet, wie es soeben der Fall war; wenn man mit Ironie von einer Ironie redet, ohne zu merken, dass man sich zu eben der Zeit in einer andren viel auffallenderen Ironie befindet; wenn man nicht wieder aus der Ironie herauskommen kann, wie es in diesem Versuch über die Unverständlichkeit zu sein scheint; wenn die Ironie Manier wird, und so den Dichter gleichsam wieder ironisiert; [... ] wenn die Ironie wild wird, und sich gar nicht mehr regieren lässt. (FS 2, 369) Genutzt hat Schlegels Versuch, die Ironie über ihre Ironisierung zu bändigen, nichts, sie ist auch später immer wieder wild geworden: sei es bei den ersten grossen Antipoden der romantischen Kunstauffassung Hegel und Kirkegaard oder in dem Disput über die Kunst und Kunstbegriffe der deutschen Romantik in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts, der nicht zuletzt durch die Beunruhigung oder Faszination durch die zeitgenössische Kunst ausgelöst worden war, als deren Anfang und Ahne die Romantik betrachtet wurde. Die Schlegelschen Aphorismen wurden zu Freibriefen, um "alle möglichen 'Höllenfahrten der Selbsterkenntnis' dermodemenKunstmitdemNamen 'Ironie' zu verbinden". (Strohschneider-Kohrs 1978, 77) Um dieser Gefahr zu entgehen, soll im folgenden versucht werden, die gedanklichen Voraussetzungen der einschlägigen Fragmente zur Ironie zu rekonstruieren. Es geht dabei sowohl um die Frage nach ihrem Stellenwert in Schlegels eigenem Denken wie auch um die Bedeutung seiner Ironie~Konzeption in der Geschichte des Ironiebegriffs. Diese beiden Fragestellungen ergeben sich aus den zwei grundsätzlichen Untersuchungsperspektiven der Forschung zur romantischen Ironie: Entweder geht man von Schlegel aus und kommt so zur Ironie, oder man geht von der Ironie aus und fragt nach dem Beitrag Schlegels. Obwohl beide Betrachtungsweisen auf die gleichen Belegstellen rekurrieren, ergeben sich Akzentverschiebungen. Für die Schlegel-Forschung steht die Ironie in einem direkten Zusammenhang mit der geschichtsphilosophischen Prägung der Gedankenwelt Schlegels. Für sie taucht die Ironie in Schlegels Denkhorizont als Versuch des modernen Menschen auf, mit seiner existentiellen Situation zurechtzukommen. Die Ironie-Forschung betont demgegenüber den grossen Wandel in der Geschichte der europäischen lronieauffassung, der durch die Lyceums- Fragmente eingeleitet wurde. Aus dieser Optik hat der von Schlegel propagierte Bedeutungswandel weniger mit der persönlichen Befindlichkeit des Autors zu tun als vielmehr mit der Erkenntnis, dass sich in der literarischen Tradition des Abendlandes durch alle Epochen hindurch ein Stilmerkmal behauptet hat, das Schlegel mangels eines anderen Begriffs mit Ironie bezeichnet hat. 3.2 Zur Entwicklung des Ironie-Begriffs vor den Lyceums-Fragmenten Die Gedankenwelt des jungen Schlegel ist der Geschichtsphilosophie verpflichtet und als solche durch drei Aspekte geprägt: das Erlebnis der Antike, das reflektierte Leiden an der Modeme sowie die Hoffnung auf das kommende Reich Gottes. Diesen drei Schichten sind drei unterschiedliche Zeitdimensionen zugeordnet: die klassizistische der Vergangenheit, die zeitkritische der Gegenwart, die eschatologische der Zukunft. Die Gegenwart erscheint als antithetische Negativität zur idealisierten Antike. Diese ist zwar für die Gegenwart nicht reproduzierbar, geistert aber als erinnerte Thesis für die Zukunft durch die Gegenwart. Im Aufsatz Über das Studium der Griechischen Poesie von 1795 analysiert Schlegel die Antike und die Modeme streng antithetisch. Die Negativität der Gegenwart, verstanden als Zwischenzeit, ist nur als Antithese zur Vergangenheit und der geahnten Synthese der Utopie in der Zukunft sinnvoll. Der Studium-Aufsatz postuliert die Antike als natürliche Bildung, die Modeme als künstliche. Verantwortlich für die negative Einschätzung der Modeme ist die 318 J. Ulrich Binggeli Emanzipation des Verstandes, unter dessen Einfluss alle Bezüge zerstört oder fragwürdig und Gegenstand der Reflexion werden. Für den jungen Schlegel ist die Antike ihrem Wesen nach Zusammenhang, die Modeme dagegen Zerstückelung. Dem entspricht in ästhetischer Hinsicht die Verdrängung des Schönen durch das Interessante. Schlegels Frühwerk ist der Versuch, das durch den Verstand des isolierten Subjekts produzierte Negative zu denken und zu überwinden. Mit den Lyceums-Fragmenten von 1797 setzt eine Umwertung dieses Negativen ein: Es gibt auch negativen Sinn, der viel besser ist als Null, aber viel seltner. Man kann etwas innig lieben, eben weil mans nicht hat: das gibt wenigstens ein Vorgefühl ohne Nachsatz. Selbst entschiedne Unfähigkeit, die man klar weiss, [...] setzt wenigstens partiale Fähigkeit und Sympathie voraus. (FS 2, 155) Das Wissen um die Unfähigkeit und die im "Vorgefühl" angedeutete Zukunftsbezogenheit, oder anders ausgedrückt, die Reflexion und die Utopie sind demnach die beiden Faktoren, die das Negative, obwohl sie es zugleich auch mit verschulden und mit ausmachen, zu einem Positiven verwandeln. Verständlich werden diese beiden Aspekte erst, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Schlegels Überlegungen wesentlich durch die Sehnsucht bestimmt sind, die Gebrochenheit der modernen Existenz zu überwinden. Viele seiner Äusserungen kreisen um Möglichkeiten, die Gegensätze aufzuheben und zu vereinigen. Szondi sieht in diesem Drang zur Vereinigung die "Haupttendenz" des Romantischen bei Schlegel, die sich in allen Bereichen manifestiere: am bekanntesten in der Bestimmung der romantischen Poesie, dann aber auch in der Philosophie, in der Ästhetik, in der Ethik, im Problem der Ich-Welt-Beziehung oder in der Auffassung der Liebe. (Szondi 1978, 15f.) Szondi folgert daraus, dass die Hauptbewegung von Schlegels Denken, "das Streben nach Einheit, nach Kommunikation, Universalität, Unendlichkeit" (Szondi 1978, 16) sei. Für das moderne Subjekt ist Reflexion primär Selbstbewusstsein und Selbstbezogenheit. Wenn sie zunächst auch nur Ausdruck der Isolation des Subjekts zu sein scheint, führt die Reflexion aber schliesslich doch dazu, dass das auf sich zurückgeworfene, sich selbst Gegenstand gewordene Ich Distanz zu sich und der Welt gewinnt und aus diesem Bewusstsein die zunächst durch die Reflexion hervorgerufene Spaltung wieder aufzuheben vermag. Analog dazu fordert Schlegel eine Dichtung, die mit dem Objekt auch sich selber mitdichtet, sich selber zum Gegenstand macht, Poesie der Poesie wird. Im berühmten 116. Athenäums-Fragment, das die "romantische Poesie" als "progressive Universalpoesie" postuliert, formuliert Schlegel zu diesem Aspekt: Und doch.kann auch sie am meisten zwischen dem Dargestellten und dem Darstellenden, frei von allem realen und idealen Interesse auf den Flügeln der poetischen Reflexion in der Mitte schweben, diese Reflexion immer wieder potenzieren und wie in einer endlosen Reihe von Spiegeln vervielfachen. (FS 2, 182f.) Im gleichen Fragment kommt Schlegel auch auf die utopische Dimension der romantischen Poesie zu reden: Andere Dichtarten sind fertig, und können nun vollständig zergliedert werden. Die romantische Dichtart ist noch im Werden; ja das ist ihr eigentliches Wesen, dass sie ewig nur werden, nie vollendet sein kann. (FS 2, 183) Insofern die utopische Qualität gerade im ewig Unfertigen, in der Absage an Vollkommenheit gesehen wird, deutet Schlegel auch auf diese Weise das Zerstückelte der Modeme positiv um. Er betont das futuristische Element der fragmentarischen Gestaltungsweise explizit im 24. Athenäums-Fragment: "Viele Werke der Alten sind Fragmente geworden. Viele Werke der Die Modernität der transzendentalen Buffonerie 319 Neuem sind es gleich bei der Entstehung." (FS 2, 169) Schlegel sieht im Fragment die adäquate Ausdrucksform für die Darstellung und Gestaltung jenes Wissens um das Zukünftige, das das Sein im Negativen erleichtert, weil dieses so zum Vorläufigen wird. Fragt man nun nach Bedeutung, Stellenwert und Funktion der Ironie in diesem frühromantischen Kosmos transzendentaler Ernüchterung, so zeigt sich, dass ihr geradezu die Funktion eines Katalysators zukommt. Sie erst scheint die Begriffswelt des jungen Schlegel in jenen dialektischen Prozess verwickelt, die involvierten Ideen dafür verfügbar gemacht zu haben. Ein gewichtiges Indiz für diese These liefert eines der ersten Lyceums-Fragmente: Mein Versuch über das Studium der griechischen Poesie ist ein manierierter Hymnus in Prosa auf das Objektive in der Poesie. Das Schlechteste daran scheint mir der gänzliche Mangel der unentbehrlichen Ironie, und das Beste, die zuversichtliche Voraussetzung, dass die Poesie unendlich viel wert sei; als ob dies eine ausgemachte Sache wäre. (FS 2, 148) Die selbstkritische Würdigung seiner Frühschrift erfolgt ganz im Zeichen der fehlenden Ironie. Gleichzeitig wird aber auch das Verhältnis zwischen Poesie und Ironie deutlich: Allein die befriedigte Feststellung, dass er immerhin den Wert der Poesie von Beginn an erkannt habe, zeigt, .dass Schlegels Kernanliegen primär dem Entwurf einer neuen Poesie gilt. Die Ironie dagegen rückt von dem Moment an ins Blickfeld, da Schlegel glaubt, in ihr den Schlüssel zu dem gesuchten neuen Poesieverständnis gefunden zu haben. Der ironische Blick erst scheint ihm Betrachtungsweisen vermittelt zu haben, die den Weg zur romantischen Poesie aufzeigen. Insofern sind die Lyceums-Fragmente nicht nur in der Begriffsgeschichte der Ironie ein Wendepunkt, sondern auch in Schlegels eigener Entwicklung zum Vordenker der deutschen Romantik. 20 Gerade die Heterogenität der Äusserungen zur Ironie und die verwirrend-wuchernde Vielfalt der Bezugspunkte zeigen, dass der Denkhorizont der Schlegelsehen Fragmentsammlungen gänzlich durch die Ironie geprägt ist. Die Ironie bestimmt die Grundtonart und wird so zur Signatur des romantischen Geistes. 3.3 Schlegels Ironie-Begriff Was aber meint Schlegel, wenn er von Ironie spricht? Im 42. Lyceums-Fragment gibt Schlegel einen Aufriss seiner Ironie-Konzeption: Die Philosophie ist die eigentliche Heimat der Ironie, welche man logische Schönheit definieren möchte: denn überall wo in mündlichen oder geschriebenen Gesprächen, und nur nicht ganz systematisch philosophiert wird, soll man Ironie leisten und fordern; und sogar die Stoiker hielten die Urbanität für eine Tugend. Freilich gibts auch eine rhetorische Ironie, welche sparsam gebraucht vortreffliche Wirkung tut, besonders im Polemischen; doch ist sie gegen die erhabne Urbanität der sokratischen Muse, was die Pracht der glänzendsten Kunstrede gegen eine alte Tragödie in hohem Styl. Die Poesie allein kann sich auch von dieser Seite bis zur Höhe der Philosophie erheben, und ist nicht auf ironische Stellen begründet, wie die Rhetorik. Es gibt alte und moderne Gedichte, die durchgängig im Ganzen und überall den göttlichen Hauch der Ironie atmen. Es lebt in ihnen eine wirkliche transzendentale Buffonerie. Im Innern, die Stimmung, welche alles übersieht, und sich über alles Bedingte unendlich erhebt, auch über eigne Kunst, Tugend, oder Genialität: im Äussern, in der Ausführung die mimische Manier eines gewöhnlichen guten italiänischen Buffo. (FS II, 152) Schlegel ist sich natürlich bewusst, dass der Begriff der Ironie durch die Rhetorik besetzt und mit ganz bestimmten Inhalten konnotiert ist. Er ist deshalb gezwungen, deutlich herauszustreichen, dass er nicht von einer punktuell und zu ganz bestimmten Zwecken einsetzbaren 320 J. Ulrich Binggeli Redefigur spricht, sondern von einem Prinzip, das "überall" und "durchgängig im Ganzen" wirkt. Der Ursprung dieser Ironie liegt für ihn in der Philosophie beziehungsweise in der besonderen Art der philosophischen Argumentation, die von Sokrates praktiziert und von Platon zu einer literarischen Dialogkunst entwickelt worden ist. Schlegel postuliert letztlich nichts anderes als eine Rückbesinnung auf diese Denk- und Argumentationsweise. Dass er als ihr Wiederentdecker diese Ironie ungleich höher einschätzt als die rhetorische, ist nicht weiter erstaunlich. Aufschlussreich ist hingegen die Art und Weise, wie er das tut. Er illustriert den unterschiedlichen Gehalt der beiden Ironiebegriffe ästhetisch, mit dem Gefälle nämlich zwischen den zwei literarischen Gattungen der Kunstrede und der alten Tragödie. Dieser Vergleich bildet die Brücke, über die er auf die Poesie und damit auf sein zentrales Credo zu sprechen kommen kann: Erst in Verbindung mit der sokratischen Ironie erreicht die Poesie die philosophische Bedeutung und Grösse, die sie zum umfassenden Kunstprinzip nobilitiert. Diese Ironie ist die Voraussetzung dafür, dass möglich wird, was Schlegel im 115. Lyceums- Fragmentpostuliert: "Alle Kunst soll Wissenschaft, und alle Wissenschaft soll Kunst werden; Poesie und Philosophie sollen vereinigt sein." (FS 2, 161) Behler geht davon aus, dass Schlegel primär durch seine Literaturstudien zu einer Neukonzeption der Ironie angeregt worden sei. Er sieht diese These durch die Feststellung in diesem Fragment bestätigt, dass der Hauch der Ironie in alten und modernen Gedichten anzutreffen sei. Schlegel habe letztlich nichts anderes gemacht, als "ein entscheidendes Merkmal der europäischen Literatur mit dem Namen der l.[ronie]" bezeichnet. (Behler 1998, 609) 21 Die Entdeckung, dass in der europäischen Literatur quer durch alle Epochen hindurch ein Stilprinzip erkennbar ist, das eine starke Affinität zum Widersprüchlichen und Paradoxen hat, das eine tiefe Gebrochenheit, in der er seine eigene zu erkennen meint, im künstlerischen Ausdruck zu bewältigen sucht, muss Schlegel wie eine Offenbarung empfunden haben. 22 Während im zitierten Fragment vom "göttlichen Hauch" die Rede ist, nennt er die Ironie im Essay über Georg Forster "ein zartes, geflügeltes und heiliges Ding" (FS 90). Er versieht mit einem "Heiligenschein" (Pikulik 1992, 107), was er im 108. Lyceums-Fragment als "die einzige durchaus unwillkürliche, und doch durchaus besonnene Verstellung" (FS 160) bezeichnet. Schlegels Ironie wurzelt tief im sokratischen Gestus des Nichtwissens. Dieser Gestus ist seinem Wesen nach ein Akt der Verstellung, weil er höherer Einsicht entspringt und insofern wiederum Wissen anzeigt. Ein Wissen freilich von ganz anderer Qualität, Weisheit eben, die dazu befähigt, den Grossteil dessen, was sich als Wissen ausgibt, als Täuschung zu durchschauen und zu entlarven. Weisheit ist das Wissen, dass die Wahrheit nicht verfügbar ist, sondern in einem unendlichen Prozess gesucht werden muss. Sie ist als Ganzes nicht zu haben, nur partielle Einsichten sind möglich, jedes Verständnis ist letztlich bruchstückhaft, fragmentarisch. Und das ist für Schlegel auch gut so, denn: Wahrlich, es würde euch bange werden, wenn die ganze Welt, wie ihr es fodert, einmal im Ernst durchaus verständlich würde. Und ist sie selbst diese unendliche Welt nicht durch den Verstand aus der Unverständlichkeit oder dem Chaos gebildet? (FS 370) Diese Apotheose der Unverständlichkeit im Namen des sokratischen Nichtwissens aus dem Essay Über die Unverständlichkeit steht ganz im Zeichen der skizzierten Umwertung des Negativen. Das menschliche Unvermögen, die letzten Dinge zu begreifen, das "Unverständliche, Dunkle erscheint hier als Sacrum, dessen erhaltende Kraft verlorenginge, wenn der Verstand Zugang zu ihm erhielte [... ]. Und die Ironie ist der lächelnde Wärter, der den Zugang bewacht." (Pikulik 1992, 108) Der ironische Blick hebt das Unverständliche nicht nur Die Modernität der transzendentalen Buffonerie 321 ins Bewusstsein, er stiftet zugleich auch die Erkenntnis seiner Notwendigkeit als unergründliche und unerschöpfliche Quelle alles Werdenden. 3.4 Die "tranzendentale Buffonerie" Weil der ironische Blick ein Verzicht auf ein umfassendes metaphysisches Verstehen ist, stiftet er eine entspannte Überlegenheit, die im Widersprüchlichen und Paradoxen dieser existentiellen Spielvorgabe nichts weniger als eine "transzendentale Buffonerie" zu sehen vermag. Oder anders formuliert: Die Wünsche, die die Ironie im Bereich der metaphysischen Sinnstiftung (selbst)bewusst offen lässt, kompensiert sie durch die Vermittlung einer Disposition zti einem lustvollen Sprung in die Fülle des Lebens, in eine Buffonerie eben. Deren weitere Bestimmungdurch den Begriff"transzendental" macht zweifellos die Originalität und Eigentümlichkeit dieser vielleicht berühmtesten und meist· zitierten Wortschöpfung im Zusammenhang mit der romantischen Ironie aus. Hält man sich jedoch an die meisten Kommentare, könnte man meinen, Schlegel rede von 'buffonesker Transzendenz'. Selbst wenn "transzendental" in Schlegels Verwendung erläuterungsbedürftiger ist als "Buffonerie", sollte die grammatikalische Fügung insofern berücksichtigt werden, als Schlegel in diesem Zusammenhang den Akzent eindeutig auf die Betonung des Theatralisch-Komödiantischen oder ganz allgemein des Spielerischen setzt. Es geht um die Verführung zu einer Optik, die "die Begebenheiten, die Menschen, kurz das ganze Spiel des Lebens wirklich auch als Spiel" (FS 323) nimmt und darstellt. Die Fortsetzung dieser Passage aus dem Gespräch über die Poesie thematisiert genau jenes Verhältnis zwischen dem Idealen und dem Realen, das Schlegel anderenorts 23 zur Bedeutung des Begriffes transzendental angibt: LOTHARIO. Alle heiligen Spiele der Kunst sind nur ferne Nachbildungen von dem unendlichen Spiele der Welt, dem ewig sich selbst bildenden Kunstwerk. LUDOVIKO. Mit anderen Worten: alle Schönheit ist Allegorie. Das Höchste kann man eben weil es unaussprechlich ist, nur allegorisch sagen. (FS 324) In der Luft der Ironie wächst dem buffonesken Spiel eine transzendentale Dimension zu, Buffonerien dieser Art wohnt eine Tendenz auf das Utopische hin inne. Die Kunst erhält eine andere Verbindlichkeit. Als progressive Universalpoesie ist sie im Werden: ''ja, das ist ihr eigentliches Wesen, dass sie ewig nur werden, nie vollendet sein kann." (FS 183) Solche Kunst ist von einer eigentümlichen Spannung geprägt: Was von Aussen in der Maskerade eines "guten italiänischen Buffo" daherkommt, ist im Innern von einem überlegenen Geist durchdrungen, der insofern Transzendenz stiftet, als er "alles übersieht, und sich über alles Bedingte unendlich erhebt, auch über eigne Kunst, Tugend oder Genialität." (FS 152) "Transzendentalpoesie" stellt ihrem Wesen nach "das Produzierende mit dem Produkt" dar, ist "künstlerische Reflexion und schöne Selbstbespiegelung", sie ist "überall und zugleich Poesie und Poesie der Poesie". (FS 204) Schlegel macht aus einem erkenntnistheoretischen einen poetologischen Begriff, indem er "Transzendenz" zu "poetischer Reflexion" umprägt. Das ist nur möglich, weil er den reflexiven Anteil in der Wechselbeziehung zwischen Philosophie und Poesie auch auf die Poesie bezieht und damit die Unterscheidung zwischen beiden aufhebt. Es ist offensichtlich, dass die Bezeichnung "poetische Reflexion" für Schlegel gleichbedeutend mit Ironie ist. Ironie wird damit zur Bedingung der Möglichkeit von Erkenntnis. Nur mit Hilfe der Ironie ist das menschliche Dasein zu erkennen und zu ertragen. Das bedeutet jedoch nicht, dass auf diesem Wege das Unendliche im Endlichen auch tatsächlich fassbar wäre. 322 J. Ulrich Binggeli Die Ironie mutet der Kunst Zeichen der Reflexion zu, die nur auf das Verhältnis, den Widerstreit, die Grenze zwischen Endlichem und Unendlichem weisen. [...] Das Ironie-Postulat[...] beschränkt die Poesie nur auf das Verweisungszeichen [...], sie deutet nur hinaus auf ein Mögliches hinter dem Erscheinenden. (Strohschneider-Kohrs 1987, 87f.) 3.5 Die Ironie zwischen Dialektik und Polarität Spannungsverhältnisse sind die eigentliche Domäne der Ironie. Das ganze 108. Lyceums- Fragment charakterisiert die Sokratische Ironie als Medium, in dem Zwiespältigkeiten bewusst gemacht und als solche wahrgenommen, aufgehoben, aber nicht aufgelöst werden: In ihr ist alles Scherz und Ernst, offen und verstellt; sie vereinigt Lebenspraxis mit wissenschaftlichem Geist, Kunstmit Naturphilosophie, sie sensibilisiert für den "unauflöslichen Widerstreit des Unbedingten und des Bedingten, der Unmöglichkeit und Notwendigkeit einer vollständigen Mitteilung", sie ist zugleich die "freieste aller Lizenzen, denn durch sie setzt man sich über sich selbst weg; und doch auch die gesetzlichste, denn sie ist unbedingt notwendig" (FS 160). Die Ironie stiftet ein Klima, in dem die Gegensätze nicht als unvereinbare Pole erscheinen, sondern in einen dialektischen Prozess gebracht werden können. Dieser erfasst alles, insbesondere auch den Künstler selber: Mit der "freiesten aller Lizenzen" wird aus Selbstbeschränkung Selbstüberwindung, die erst den Raum wirklicher Freiheit erschliesst. Im 37. Lyceums-Fragment bezeichnet Schlegel diese Form der Selbstüberwindung als das Notwendigste und des Höchste: Das Notwendigste: denn überall, wo man sich nicht selbst beschränkt, beschränkt einen die Welt; wodurch man ein Knecht wird. Das Höchste: denn man kann sich nur in den Punkten und an den Seiten selbst beschränken, wo man unendliche Kraft hat, Selbstschöpfung und Selbstvernichtung. (FS 151) Indem die Ironie die Wechselwirkung zwischen Selbstschöpfung und Selbstvernichtung oder Enthusiasmus und Skepsis 24 als unabdingbare Voraussetzung des künstlerischen Schaffensprozesses einsichtig macht, vermag sie die beiden Antagonismen dialektisch in der Selbstbeschränkung aufzulösen. Die Selbstbeschränkung erscheint als "Meisterung des künstlerischen Schaffensdranges" (Behler 1972, 68), als "Vermögen besonnenen Selbstbewusstseins der künstlerischen Tätigkeit als solcher". (Strohschneider-Kohrs 1978, 86) Die Ironie generiert eine Kunst der buffonesken Heiterkeit mit transzendentaler Öffnung. Im vieldiskutierten 69. Ideen-Fragment ist letztlich nur die Voraussetzung dieses rastlosen Werdens und Vergehens formelhaft ausgedrückt, wenn Schlegel die Ironie als "klares Bewusstsein der ewigen Agilität, des unendlich vollen Chaos" (FS 263) bestimmt. Wo Bewegung, Beweglichkeit, Leben fehlt, ist der Tod. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet bildet auch das Vokabular Schlegels diese rastlose Bewegtheit ganz direkt ab: "Buffonerie", "transzendental", "progressiv" sind Ausdrücke der "Agilität". Schlegel hat die Ironie verschiedentlich formelhaft verkürzt beschrieben. "Ironie ist die Form des Paradoxen", "Ironie ist permanente Parekbase". Der Begriff selber scheint immer wieder in den dialektischen Umformungsprozess hineinzugeraten. Wenn Ironie zunächst überhaupt das Bewusstsein etwa von der Notwendigkeit "ewiger Agilität" vermittelt, wird in einem nächsten Schritt dieser Vermittlungscharakter obsolet, die Ironie wird zur Sache selber, sie ist das "Bewusstsein ewiger Agilität". Dem entspricht die Akzentverschiebung, die der Ironiebegriff selber durchmacht: Was zunächst als "Selbstbeschränkung" auf das Verhältnis Die Modernität der transzendentalen Buffonerie 323 des Autors zu seinem Werk bezogen war, wird in einem weiteren Schritt um den Aspekt der "poetischen Reflexion" vertieft (FS 182), um schliesslich in die symbolische Auffassung der Ironie im Gespräch über die Poesie zu münden, wo diese ''uns nur Zeichen, Mittel zur Anschauung des Ganzen" (FS 323) vermittelt. In dieser Optik lässt die Ironie als Bewusstsein des ''unendlich vollen Chaos" alles nur als Stück eines umfassenden Ganzen erscheinen. "Der eigentliche ironische Gehalt dieser Sehweise liegt demnach in einem symbolischen Verständnis alles einzelnen und notwendig begrenzten Seins als Teil der unendlichen Lebensfülle." (Behler 1972, 71) "Es ist gleich unmöglich, sie [die Ironie] zu erkünsteln, und sie zu verraten. Wer sie nicht hat, dem bleibt sie auch nach dem offensten Geständnis ein Rätsel." (FS 160) Diese Bemerkung aus dem 108. Lyceums-Fragment benennt wohl den tieferen Grund, weshalb Schlegel sich nach dem Ende des Athenäums nur noch spärlich zur Ironie geäussert hat. Der Essay Über die Unverständlichkeit im letzten Band gleicht einer Absage an die weitere öffentliche Erörterung der Ironie. Welche Bedeutung aber die Ironie auch weiterhin in seinem Denken hatte, veranschaulicht eindrücklich der Vergleich mit der Liebe in einer seiner letzten Vorlesungen: Die wahre Ironie[...] ist die Ironie der Liebe; Sie entsteht aus dem Gefühl der Endlichkeit und der eigenen Beschränkung, und dem scheinbaren Widerspruch dieses Gefühls mit der in jeder wahren Liebe eingeschlossenen Idee eines Unendlichen. (FS 10, 357) 4. Tiecks Kater und die Ironie Friedrich Schlegels Gemessen an Schlegels lroniebegriff ist Tiecks Kater ein Meisterwerk der Ironie. Ob er umgekehrt auch ein ironisches Meisterwerk ist, ist eine andere Frage. Um mit Schlegel zu reden: Der Kater ist exzellente Poesie der Poesie, ist er aber auch Poesie? Doch zunächst, inwiefern korrespondiert Tiecks ''Theatergemälde" mit Schlegels Ironie-Konzept? Viele seiner charakteristischen Merkmale lassen sich als Ausdruck eines Habitus erklären, der die Signatur des Schlegelschen lronieverständnisses trägt. Allen anderen voran ist die Grundkonzeption als Theater auf dem Theater dafür verantwortlich, dass der Kater den "göttlichen Hauch der Ironie" atmet. Mit der Emanzipation des in der Tradition vorgegebenen Topos vom Spiel im Spiel vom episodischen Motiv zur Grundkonstellation des ganzen Stücks macht Tieck die Dichtung zum Gegenstand ihrer selbst. Das Theater ist sich durch die permanenten Illusionsbrüche und das systematische Aus-der-Rolle-Fallen des Spielerpersonals in einem Grade gegenständlich geworden, dass es zwangsläufig dem Schlegelschen Rhythmus von Selbstschöpfung und Selbstvernichtung, von Enthusiasmus und Skepsis anheimfällt. Im Akt der systematisch betriebenen Desillusionierung entsteht eine neue Fiktion, die zerstörte Theaterwirklichkeit wird laufend und gleichzeitig durch eine neue ersetzt. Die konsequente Prägung des ganzen Stückes durch ein alle Ebenen und Schichten durchdringendes Prinzip der Gebrochenheit, entspricht dem Postulat, wonach Ironie nur ist, wo sie "durchgängig im Ganzen und überall" (FS 152) herrscht. Dass in diesem Ambiente keine geordneten Prozesse ablaufen können, versteht sich von selbst. Was Tieck im Kater als unglaublich turbulente und chaotische Szenerie zwischen Schein und Sein entwirft, heisst bei Schlegel "transzendentale Buffonerie" (FS 152). Die "mimische Manier eines gewöhnlichen guten italiänischen Buffo" (FS 152) ist unmittelbar einsichtig, die Komponente der Transzendenz25 nur dann, wenn man bereit ist zuzugeben, dass Tieck mit dem Kater tatsächlich 324 J. Ulrich Binggeli etwas Neues gelungen ist, das weit über sich hinausweist. Die Schlegelsche Ironie generiert in der Poesie das Utopische aus der Auseinandersetzung mit existentiellen Bedingungen, die essentiell aus unauflösbaren Spannungen bestehen. In diesem Horizont ist auch Tiecks experimenteller Ansatz zu verorten, im Kater die Produktions-, Darstellungs- und Rezeptionsperspektive zu vereinen. Unabhängig davon, wie gut ihm das gelungen ist, bewahrte gerade die transzendentale Dimension der Ironie Tieck selber vor dem Schicksal seines DICHTERS. Insofern das Ironie-Postulat die "Poesie nur auf das Verweisungszeichen" beschränkt und nur auf ein "Mögliches hinter dem Erscheinenden" deutet (vgl. Strohschneider-Kohrs 1987, 87f.), verweist der Kater auf ganz neue Dimensionen im dramatischen Fach. Der Kater ist eine Utopie der Komödie 26 , insofern ist Tieck weit mehr als der Erfinder nur der romantischen Komödie. In Tiecks Gebrauch wächst auch dem dramaturgischen Muster des Aus-der-Rolle- Fallens transzendentale Qualität zu. Weil er es wie die Spiel im Spiel-Konzeption nicht nur episodisch, sondern systematisch als durchgängiges Merkmal einsetzt, mutiert es vom Kuriosen zum Normalen. Normal ist, dass man ein Rolle spielt und sich dessen bewusst ist und deshalb auch souverän aus ihr herausfallen beziehungsweise umgehend wieder in sie hineinschlüpfen kann. Komisch,ja geradezu abseitig wirken demgegenüber jene Figuren, die, wie das Liebespaar, dieses Rollenbewusstsein nicht haben. Diese Inversion ist eine logische Konsequenz der romantischen Poesie, die "am meisten zwischen dem Dargestellten und dem Darstellenden, frei von allem realen und idealen Interesse auf den Flügeln der poetischen Reflexion in der Mitte" schwebt (FS 182). In einer so konzipierten Kunst, die als allumfassendes, im besten Sinne 'ganzheitliches' Programm das Weltganze künstlerisch durchdringen, in Kunst tränken, "das Leben und die Gesellschaft poetisch machen" (FS 182) will, gibt es keine Trennung von Fiktion und Realität. Der herkömmliche Sinn des Aus-der-Rolle-Fallens hat sich in sein Gegenteil verkehrt: Wer nicht aus der Rolle fällt, fällt aus der Rolle. Leben ist Spiel, und Spiel ist Leben: Selbst in ganz populären Arten wie z.B. im Schauspiel, fodem wir Ironie; wir fodem, dass die Begebenheiten, die Menschen, kurz das ganze Spiel des Lebens wirklich auch als Spielgenommen und dargestellt sei.[...] Alle heiligen Spiele der Kunst sind nur ferne Nachbildungen von dem unendlichen Spiele der Welt, dem ewig sich selbst bildenden Kunstwerk. (FS 323f.) Diese Passage aus dem Gespräch über die Poesie von 1800, steht zwar bereits ganz im Zeichen des symbolischen Ironiebegriffs des späteren Schlegel. Dessen ungeachtet darf die Spiel-Metapher zweifellos als Tertium comparationis des lronieverständnisses von Tieck und Schlegel betrachtet werden. Spiel ist ein Indikator sowohl für Scherz und Unernst wie auch für Bewegung, Beweglichkeit, Vitalität - Leben. In den zur gleichen Zeit wie das Gespräch über die Poesie entworfenen Ideen findet Schlegel die denkwürdige Formulierung: "Ironie ist klares Bewusstsein der ewigen Agilität, des unendlich vollen Chaos." (FS 263) Chaos ist für Schlegel nur "diejenige Verworrenheit, [... ]aus der eine Welt entspringen kann." (FS 263) Chaos als ewige Agilität ist die Signatur des Lebens. Die Ironie ist demnach als Bewusstsein dieser Agilität in ganz umfassenden Sinn Bewusstsein des Lebens. Wo keine Ironie ist, ist kein Leben. Tiecks Kater ist ein Chaos dieser Art: Aus dem Fiasko des Theaters im Stück steigt das Stück selber wie ein Phönix auf als neuartiges theatralisches Postulat, das der Bühnenkunst zukunftsweisende dramaturgische Möglichkeiten öffnet. Friedrich Schlegel hat den Kater weit weniger enthusiastisch begrüsst als sein Bruder. Er sei ihm nicht reich, nicht frech und nicht poetisch genug, liess er Wilhelm wissen. Schlegels Kritik der mangelnden Poesie ist eine am Umgang mit der Ironie. Tieck und Schlegel haben unabhängig voneinander die Ironie (wieder)entdeckt, bei beiden wirkte diese Entdeckung Die Modernität der transzendentalen Buffonerie 325 stimulierend auf das eigene Schaffen. Die Lyceums-Fragmente sind ebenso ein Kind dieser Goldgräbereuphorie wie der Kater. Was indes für Schlegel der absolut zentrale und lang gesuchte Faktor für die Entwicklung einer umfassenden Kunsttheorie war, führte bei Tieck zu einem Werk, das sein Genügen primär in seiner Verspieltheit fand. Tieck hat die 'undeutsche' Leichtigkeit, die für Heine massgeblich dafür verantwortlich war, in Tieck ungeachtet aller ideologischen Vorbehalte einen der wenigen deutschen Geistesverwandten zu schätzen, immer wieder betont und als konstituierendes Merkmal des Katers herausgestrichen. 27 Schlegel und Tieck sind zwar beide der Meinung, dass das Spiel der adäquate Ort für die Ironie sei. Anders als Schlegel verliess sich Tieck auf einen naiv-kindlichen Glauben an die Vermittlung einer höheren Wahrheit im Spiel, durch den spielerischen Umgang mit sich und der Welt. Schlegels Rede vom Spiel ist demgegenüber wesentlich sublimierter, es geht nicht um das Spiel selber, sondern um die Metapher, um das Symbol. Die durch den ironischen Blick vermittelte Spiel-Metapher wird für den Philosophen zum Verweiszeichen auf das Utopische, für den Spieler dagegen zur lustvollen Herausforderung, die Wirklichkeit gegen das Spiel auszuspielen. Die Ironie führt bei Tieck im Namen einer philosophischen Heiterkeit zu einem Plädoyer für die radikale Befreiung des Spieltriebs. 5. Der Kater im Spiegel der modernen Linguistik 5.1 "Wer Ohren hat zu hören, der höre" Tiecks Handhabung der Ironie im Kater ist beneidenswert brillant. Mit dem Theater, das im Theater und auf dem Theater zum Gegenstand seiner selbst wird, wird auch die Ironie zum Gegenstand ihrer selbst. Analog der Spiel im Spiel-Konzeption ist der Kater durch die zwei Perspektiven geprägt, die die unterschiedliche ironische Dimension des Stücks im Stück und des Stücks selber ausleuchten. Die Ironie im Stück wird durch die Ironie des Stückes reflektiert. Insofern das Fiasko der Theateraufführung im Stück als essentielles Versagen der Ironie Ausgangspunkt und Bedingung für die Entstehung des Stückes selber ist, ist der Kater auch ein Lehrstück über die Ironie. Diese Zusammenhänge werden deutlicher, wenn man davon ausgeht, dass Tieck im Kater genau das inszeniert, was aller Voraussicht-nach passiert wäre, wenn er wie sein DICHTER versucht hätte, dem Berliner Iffland-Publikum mit der Karikatur ihres Abgottes als Kater-Interpret einen heilsamen Schock zu versetzen. Die Botschaft wäre nicht angekommen, weil die Ironie der Karikatur nicht verstanden worden wäre. Tieck wäre wie sein DICHTER insofern Opfer der Ironie geworden, als er nicht kompetent mit ihr umgegangen wäre. Ironie wirkt nur, wenn sie erkannt wird. Wird eine ironisch gemeinte Rede nicht als solche begriffen, kehrt sich der Sinn des Gesagten tatsächlich analog der rhetorischen Definition der Ironie ins Gegenteil oder in etwas anderes. Eine absolute Sicherheit gibt es in ironischen Angelegenheiten nicht. Der Sprecher allein weiss,. ob seine Äusserung ironisch gemeint ist oder nicht; aber er kann sich nicht darauf verlassen, dass die ironische Prägung vom Hörer auch erkannt wird, selbst wenn er sie deutlich signalisiert. Der Hörer oder Leser wird umgekehrt nie genau wissen, ob er es mit Ironie zu tun hat, es sei denn, der Sprecher würde explizit durch einen Metakommentar entsprechende Unsicherheiten aus dem Weg räumen. An diesem Sachverhalt haben auch die zahlreichen Ironietheorien der modernen Linguistik nichts geändert. Für die grundsätzliche Entscheidung, ob ein Text ironisch zu verstehen sei oder nicht, bieten sie keine Hilfe. Uwe Japp etwa hält dazu in einem einschlägigen Lexikonartikel fest, dass es häufig nicht einfach sei, anderen gegenüber plausibel 326 J. Ulrich Binggeli zu begründen, dass ein Text sich einer ironischen Konzeption verdanke, auch wenn man selber davon überzeugt sei. In der Regel fehlten deutliche Ironiesignale in ironischen Texten: "Hier beginnt dann die Arbeit der Interpretation." (Japp 1992, 441) 28 Edgar Lapp meint dazu lapidar, dass man davon ausgehen könne, "dass ironische Äusserungen generell von einem Sprecher vollzogen und einem Hörer interpretiert werden" (Lapp 1997, 32). Das ist zweifellos richtig, funktioniert der Hörer aber nicht, wie er sollte, und interpretiert er nicht, dann steht der Sprecher so unverstanden da wie Tiecks DICHTER. Tieck macht nun dieses kommunikative Risiko der Ironie zum Ausgangspunkt und beherrschenden Thema des Katers. Und indem er das tut, setzt er zugleich das deutlichste Signal dafür, dass Ironie und nichts als Ironie angesagt ist. Der konzeptionelle Entscheid für eine Metaebene, die erlaubt, vorzuführen, dass die Ironie scheitert, wenn entweder ihre Signale versagen oder die Hörerinstanz taub für sie ist, macht deutlich, dass bereits Tieck sehr klar erkannt hat, was später vor allem die linguistischen Ironietheorien in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu erfassen versuchten: das Problem der Signalisation der Ironie. Das Interesse der Sprachwissenschaft dafür wurde massgeblich durch Harald Weinrichs These ausgelöst, dass das Ironiesignal konstitutiv zur Ironie gehöre: Es ist von solcher Art, dass es sowohl vernommen als auch überhört werden kann. Es gehört nämlich einem Code zu, der nicht mit dem allgemeinen Code der Grammatik identisch ist und an dem nur diejenigen Anteil haben, die Witz haben. Die Halbgebildeten und Süffisanten überhören es, und das Ironiesignal kommt nicht zum Ziel. Das ist aber nicht die Schuld des Sprechers, sondern die Schuld des Hörers. (Weinrich 1974, 63) Das Gelingen des ironisches Diskurses ist für Weinrich ganz elementar von zwei Faktoren abhängig: dem Ironiesignal und dem Code. Was Weinrich als Code bezeichnet, betrifft schlicht die Tatsache, dass die Ironie nichtjedermanns Sache ist. 29 Wo die Disposition und Empfänglichkeit für die ironische Stillage fehlt, stösst der Ironiker nur auf Unverständnis, was Schlegel in den Lyceums-Fragmenten zu der Bemerkung veranlasste: "Es ist unmöglich, sie [die Ironie] zu erkünsteln, und sie zu verraten. Wer sie nicht hat, dem bleibt sie auch nach dem offensten Geständnis ein Rätsel." (FS 160) Tiecks Zuschauer repräsentieren mustergültig jene Gemeinde von "Halbgebildeten und Süffisanten", denen der Ironie-Code mangels Witz völlig fremd ist. Indem Tieck im DICHTER die Machtlosigkeit des Dichters einem derartigen Publikum gegenüber vorführt, funktionalisiert er es zum grotesken Spielelement seiner Kater-Buffonerie um und rettet damit sich selber in die Ironie. Denn nur die Ironie befähigt ihn, die Ignoranz der Rezipienten nicht nur als Spielbedingung zu akzeptieren, sondern sie auch zu motivischen Zwecken auszunutzen. Das Verfahren, mit dem Tieck im Kater die Ironie signalisiert, lässt sich anschaulich mit dem Ansatz von Edgar Lapp beschreiben, der Ironie in seiner Ironie der Linguistik von 1992 als Simulation zweiter Stufe zu fassen versucht. Obwohl Lapp sein Modell ausdrücklich als Mittel zur Analyse ironischer Äusserungen, also verbaler Ironie, versteht, ist das Prinzip der doppelten Simulation auch ein taugliches Beschreibungsmuster für die spezifische, primär durch literarische Faktoren bestimmte Prägung der Tieckschen Ironie. Die Ironie ist im Kater nicht durch einzelne ironische Äusserungen konstituiert, sondern durch die besondere Tektonik und die Intertextualität des ganzen Textes. 30 · Die Modernität der transzendentalen Buffonerie 327 5.2 Lapps Simulationstheorie Lapp entwickelt seinen sprechakttheoretisch-pragmatischen Ansatz in einem ersten Schritt aus einer trennscharfen Unterscheidung zwischen Lüge, Unehrlichkeit und Heuchelei. Er ordnet diese drei Formen unaufrichtigen Sprechens den drei fundamentalen Sprechakttypen - Assertiven, Injunktiven und Expressiven zu, die ihrerseits durch unterschiedliche propositionale Einstellungen oder Aufrichtigkeitsbedingungen bestimmt sind. Wenn Aufrichtigkeit so verstanden wird, dass die propositionale Einstellung, die der Äussernde hat, die gleiche ist, die er ausdrückt, dann kann die grundlegende Struktur der Unaufrichtigkeit als jeweils spezifischer Konflikt zwischen einem psychischen Zustand und einer sprachlichen Handlung bezeichnet werden. Aus diesen Voraussetzungen ergeben sich folgende Zuordnungen: Die Lüge repräsentiert als intendierte Opposition von Behauptung und Glauben des Sprechers den assertiven Fall, die Unehrlichkeit als intendierte Opposition von Willensbekundung und Willen den injuriktiven Fall, die Heuchelei als intendierte Opposition zwischen dem bekundeten und dem wirklich empfundenen Gefühl den expressiven Fall. Die jeweils resultierenden Sprechakte sind im Fall der Lüge unwahrhaftig, im Fall der Unehrlichkeit leer und im Fall der Heuchelei unecht. Gemeinsam ist ihnen, dass sie hohl sind und insofern in Austins System der sprachlichen Unglücksfälle unter die Kategorie der Missbräuche fallen. In einem nächsten Schritt entwickelt Lapp eine Typologie der Simulation mit dem Ziel, die ganz spezifische Art der ironischen Simulation zu bestimmen. Er geht dabei vom traditionellen Konzept der Simulation oder Verstellung aus und bestimmt die Ironie im Sinne der simulatio, dem So-Tun-als-ob der Rhetorik, als Simulation der Unaufrichtigkeit. Als solche muss sie zwei Bedingungen erfüllen: Sie muss dem simulierten Gegenstand zugleich ähnlich und hinreichend verschieden sein. Diesem Kriterium entsprechen sprachliche Handlungen, die einen psychischen Zustand ausdrücken, den man nicht hat. Prototypisches Beispiel dafür ist die Lüge als Simulation einer Überzeugung, die man nicht hegt, aber trotzdem zum Ausdruck bringt. Den Unterschied von Lüge und Ironie bringt Lapp auf den Purikt: "Die Lüge ist eine Simulation der Aufrichtigkeit, die Ironie ist eine Simulation der Unaufrichtigkeit." (Lapp 1997, 146) Die Ironie ist also keine echte Lüge, sondern eine simulierte. Der Lappschen These liegen zwei Simulationstypen zugrunde, die sprechakttheoretisch auf verschiedenen Ebenen liegen. Während die Lüge eine verdeckte Simulation der Aufrichtigkeit auf der Ebene der propositionalen Einstellung ist, ist die Ironie eine offene Simulation der Unaufrichtigkeit auf der Ebene sprachlicher Handlungen. Der Lügner simuliert eine propositionale Einstellung, der Ironiker eine sprachliche Handlung. Diese um eine Simulationsstufe erweiterte Theorie der Ironie geht davon aus, dass der ironische Sprecher, um seinen kommunikativen Zweck zu erreichen, das heisst, um die Täuschung seines Gesprächpartners zu vermeiden, die Simulation der Aufrichtigkeit, also die Lüge, simuliert. Ironie ist also eine Simulation zweiter Ordnung. Die Ironie als bedingt durchschaubar vorgespielte Lüge ist dann am erfolgreichsten, wenn sie evident gegen die von den Gesprächspartnern geteilte Hintergrundinformation verstösst, wenn es offensichtlich ist, dass die Äusserung aufgrund des Kontextes unakzeptabel ist. Will man die betreffende Äusserung nicht als widersprüchlich, paradox oder unsinnig interpretieren, bleibt nur der Ausweg, sie als simulierte Lüge, als Ironie zu verstehen. Wenn der Sprecher den Hörer dabei im wörtlichen Sinne mehr oder weniger im Zweifel lässt, ob es sich um eine Lüge handelt oder nicht, erreicht die Ironie eine Subtilität, die sich dem ~iko aussetzt, als Lüge fehlinterpretiert zu werden. Auch das spricht für die Annahme einer Simulation zweiter Ordnung. Erst wenn die Interpretation im Rahmen der strikten wörtlichen 328 J. Ulrich Binggeli Rede, zu der auch die Lüge gehört, zu Widersprüchen führt, versucht der Hörer, die kommu~ nikative Absicht des Sprechers auf einer höheren Ebene zu erschliessen. Ironie ist also eine doppelte Simulation des mit dem Sprechakt verbundenen psychischen Zustandes. Der Ironiker tutrso, als simuliere er sowohl eine mit dem aktuellen Sprechakt verknüpfte Einstellung wie auch seine Täuschungsabsicht. Was für die Simulation der Lüge entwickelt wurde, gilt analog für jene der Unehrlichkeit und Heuchelei, so dass sich die Ironie als Simulation zweiter Stufe plausibel von allen anderen Formen unaufrichtigen Sprechens unterscheiden lässt. Über den Nachweis der für die Ironie spezifischen Form der Simulation in den verschiedenen den Sprechakt konstituierenden Komponenten kommt Lapp zum Schluss, dass ironische Äusserungen als simulierte Sprechakte angesehen werden können. Lapp versteht seine Theorie primär als Vorschlag zur "angemessenen Differenzierung und Analyse ironischer Äusserungen", als "eine Methode zur Beschreibung ihrer Funktionsweise". (Lapp 1997, 148) Er knüpft beim Konzept der Verstellung an und versucht über die Einführung einer weiteren Simulationsstufe das Problem zu lösen, "dass zwar alle Formen von Ironie auf die eine oder andere Weise als Verstellung analysiert werden können, aber umgekehrt nicht jede Verstellung notwendig ironisch sein muss". (Lapp 1997, 169) Die Ironie unterscheidet sich demnach von anderen Formen der Unaufrichtigkeit dadurch, dass sie eine Verstellung lediglich simuliert. 5.3 Die Ironie des Katers als Simulation von Theater Das Prinzip der doppelten Simulation kann nun so gut wie auf der Ebene des einzelnen Sprechaktes auch zur Erfassung der Ironie im ganzen Kater herangezogen werden. Diese ist nicht, wie bereits ausführlich erläutert, durch den ironischen Tonfall auf der Ebene der Figurenrede konstituiert, sondern durch die patchworkartige Konstruktion des Stückes, die bedenkenlos alle möglichen theatralischen Elemente und Topoi zu einem virtuosen Scherz zusammenmontiert. So wie dieser Scherz weiter oben als Abbild des Abbildes des Theaters bestimmt wurde, lässt sich seine Ironie als Simulation der Simulation von Theater beschreiben. Ganz im Lappschen Sinne haben die beiden Simulationsstufen unterschiedliche Ziele: "Die Simulation zweiter Ordnung hat nicht den Sinn des Verbergens oder Täuschens (dissimulatio), sondern einzig den des So-tun-als-ob, des Vorgehens (simulatio)." (Lapp 1997, 148f.) Indem der Kater die abgewirtschaftete Theaterkultur Berlins simuliert, übernimmt er scheinbar auch die Ästhetik der Ifflandschen Theaterpraxis. Diese ist insofern eine Simulation der ersten Stufe, als ihre Produktionen nach Tiecks Dafürhalten mit wahrem Theater nur noch am Rande etwas zu tun haben. Als Simulation zweiter Ordnung bezieht sich der Kater insofern "auf die Art und Weise der Simulation erster Ordnung" (Lapp 1997, 149), als er mit seiner Darstellung der des Publikums auf alle zeitgenössischen Ansprüche und Erwartungen bezüglich des Theaters eingeht. Für Lapp ist die "Annahme unterschiedlicher Simulationsebenen" ein wesentliches Kriterium zur "Analyse und korrekten Interpretation" von ironischen Äusserungen. (vgl. Lapp 1997, 148) Er folgert daraus optimistisch, dass die Ironie über diese Voraussetzung zwangsläufig erkannt werden müsse, weil die Ironie dann am erfolgreichsten sei, wenn sie evident gegen die von den Gesprächspartnern geteilte Hintergrundinformation verstosse, wenn es offensichtlich sei, dass die Äusserung aufgrund des Kontextes unakzeptabel sei: "Will man die betreffende Äusserung nicht als widersprüchlich, paradox oder unsinnig interpretieren, bleibt nur der Ausweg, sie als simulierte Lüge(= Ironie) zu verstehen." (Lapp 1997, 147) Tieck scheint diesbezüglich weit weniger zuversichtlich gewesen zu sein: Obwohl die Die Modernität der transzendentalen Buffonerie 329 Märchenaufführung in jeder Hinsicht gegen den Erwartungshorizont des Publikums verstösst, reagiert es keineswegs so, wie Lapp prognostiziert: Die Irritation und Ratlosigkeit des Publikums führt nicht zum Effekt, dass es analytisch daraus folgert, es müsse Ironie im Spiel sein; es sieht sich vielmehr in seinem Misstrauen allem Ungewohnten gegenüber bestätigt; was ihm zugemutet wird, ist eben "widersprüchlich, paradox oder unsinnig". Tieck neutralisiert dieses für die Ironie typische Risiko, nicht erkannt oder fehlinterpretiert zu werden, indem er die ganze Kater-Szenerie aus genau einem solchen Fehlschlag heraus entwickelt. Als selbstbezügliche Ironie wird die Ironie zum Signal ihrer selbst. 6. Fazit Mit der Propagierung der romantischen Ironie kam das Problem der Erkennbarkeit von Ironiesignalen in die Welt. Die Ironie Friedrich Schlegels bedarf einer grundsätzlich anderen Signalisation als jene der alten Rhetorik. Letztere kann mit den Methoden der modernen Linguistik analysiert werden, erstere nicht. Die Ironie der Rhetoriker und Linguisten ist eine berechenbare Grösse, sie ist klassifizierbar, mit geeigneten Methoden zu erkennen und zu erklären, die der Romantiker ist unberechenbar, irritierend, oft schwer zu erkennen und letztlich nicht wirklich zu erklären. Tiecks Kater ist ein Beispiel dieser Art. Seine Ironie wird durch die Gesamtkonzeption des Stückes konstituiert oder umgekehrt formuliert, die Gesamtkonzeption indiziert unmissverständlich Ironie. Die völlig neuartige Theatralik ist ohne den Einfluss der Ironie schwer vorstellbar, die Ironie erlaubt, ja provoziert einen völlig veränderten, bisweilen auch respektlosen Umgang mit sämtlichen traditionellen Elementen des schöpferischen Akts. Diese Dimension von Ironie ist mit der Lappschen Simulationstheorie nur unzulänglich zu erfassen, denn diese hat aufgrund eines anderen Erkenntnisinteresses einen beschränkteren Untersuchungsgegenstand, den des einzelnen Satzes bzw. des einzelnen Sprechaktes. Sie ist grundsätzlich nicht an der Frage der Erkennbarkeit der Ironie interessiert, sondern nur an ihrer Funktionsweise. 31 Es ist nur auf den ersten Blick überraschend, dass sich dennoch mit dem für Lapps Theorie charakteristischen Prinzip der doppelten Simulation auch die ganz anders geartete Ironie des Katers plausibel beschreiben liess. Der tiefere Grund dafür dürfte darin zu sehen sein, dass dieses Prinzip in dieser Verwendung letztlich wie ein etwas komplexeres Ironiesignal wirkt. Doppelte Simulation kann zum Bauprinzip ganzer Texte werden und ist dann ein Zeichen für Ironie. Das heisst aber auch, dass Ironie nur über ihre Signalisation erschlossen werden kann, und weiter, dass Weinrich mit seiner These der Abhängigkeit der Ironie vom Ironiesignal auf die zentrale Gesetzmässigkeit in ironischen Zusammenhängen verwiesen hat. Dass "praktisch alles Ironie signalisieren kann" (Lapp 1997, 30), ist nur dann ein Argument gegen das Ironiesignal, wenn man, wie Weinrichs Kritiker, meint, dieser - Begriff sei nur dann tauglich, wenn sich daraus ein Zeichensystem, eine Klassifikation Ironie signalisierender Indikatoren entwickeln liesse. Betrachtet man dagegen das Ironiesignal als eine Art Filter, dann wird aus Lapps kritischem Vorbehalt umgehend das stärkste Argument dafür, dass dieser Filter bzw. die Filterfunktion durch alles mögliche gebildet werden kann, unter anderem auch durch ein Prinzip wie das der doppelten Simulation. In diesem Horizont propagiert Lapp mit seiner Simulationstheorie über die Untersuchung der Funktionsweise ironischer Äusserungen nichts anderes als die Untersuchung einer von unzähligen anderen Signalisationsmöglichkeiten von Ironie. Betrachtet man das Ironiesignal metaphorisch als kostbaren, aus unterschiedlichsten Materialien gewirkten Schleier, der die Ironie wie eine 330 J. Ulrich Binggeli geheimnisvolle Schöne nur in ihren Konturen erahnen lässt, dann wirkt Lapps Simulationstheorie wie die Gebrauchsanweisung zur sorgfältigen und exakten Untersuchung einer der Verarbeitungstechniken, die bei der Herstellung dieses Schleiers zur Anwendung kam ohne bei diesem Geschäft weder für die Versuchung empfänglich zu sein, noch ihr zu erliegen, den Schleier auch einmal zu heben. Die Immunität vieler Interpreten den abgründigen Reizen der Ironie gegenüber verhinderte im Falle des Katers mit der adäquaten Rezeption seiner spezifischen Ironiequalität auch die Wahrnehmung der ganz erstaunlichen Modernität des Tieckschen lronieverständnisses: Lange bevor die moderne Linguistik die Abhängigkeit der Ironie von ihrer Signalisation als Problem entdeckte, verschleierte Tieck seinen ironischen Spott über die reale Theatermisere auf den Berliner Bühnen im komödiantisch-heiteren lroniesignal der Kater-Buffonerie. Anmerkungen 1 Integriert in eine selbständige, dialogisch strukturierte Rahmennovelle nach dem Vorbild von Boccaccios Decamerone versammelt der Phantasus insgesamt dreizehn Märchen, Erzählungen, Theaterstücke und Novellen. 2 Mit der Sigel ''TF...." werden Zitate nachgewiesen aus: Ludwig Tieck: Schriften, in 12 Bänden, hrsg. von Manfred Frank u.a., Bd. 6 Phantasus, hrsg. von Manfred Frank, Frankfurt a.M. 1985. 3 Pikulik meint aber: "Sein vornehmster Zug liegt in dem Spiel mit Fiktion und Wirklichkeit, Schein und Sein, zugleich ein Verfahren der Ironie". (Pikulik 1992, 300) 4 Für Tiecks Komödien ist es von grundsätzlicher Bedeutung, "dass sie als geistiges Niveau der Zuschauer die Aufgeklärtheit des kleinen Mannes voraussetzen, für den alles ein konkretes, möglichst messbares Produkt ist. Es sind Leute von ehrbarer Halbbildung, voll von Klischee und Konfektionsgeschmack, die den 'gesunden Menschenverstand' zum Hausgott erhoben haben und Kotzebue zum Hauspoeten. Und ihr Geschmack ist selbstredend der 'gute Geschmack', den sie in der Bejahung des Althergebrachten herangebildet haben." (Thalmann 1974, 30) 5 Pestalozzi greift auf Einschätzungen von Ingrid Strohschneider-Kohrs zurück, die bereits in ihrer 1961 erstmals publizierten Studie Die romantische Ironie in Theorie und Gestaltung bemerkte: "Mit dieser Möglichkeit, Mittel und Formen der Illusionsdurchbrechung nicht nur zuweilen sondern durchgängig zu verwenden, scheint bereits eine Veränderung in der Struktur des Lustspiels bewirkt.[ ... ] so ergibt sich ein neues Spielthema und eine gewiss eigenartige Struktur des Lustspiels, in dem ein Grenzfall von Bühnendarstellung erkennbar wird." (Strohschneider-Kohrs 1977, 290f.) 6 Böttiger und Iffland tauchen ja auch tatsächlich im Kater auf: Ifflands Name fällt zwar nicht, aber "der fremde Akteur, der grosse Mann", der den Kater spielt, ist unschwer als Iffland zu identifizieren, zumal Tiecks Bötticher (anstatt Böttiger) auf dieses Stichwort hin auch gleich zu einer grossen Lobeshymne auf den Verehrten ansetzt: "Da werden wir einen Göttergenuss haben. Ei, wie doch dieser Genius, der alle Charaktere so innig fühlt und fein nuanciert, dieses Individuum eines Katers heraus arbeiten wird! " (TF 494/ l7f.) 7 Die kulturpolitische Bedeutung des Tandems Iffland/ Kotzebue darf durchaus mit dem Kulturimperialismus von Disneyland verglichen werden. 8 vgl. dazu Strohschneider-Kohrs, die in der Publikumskarikatur eine Bloßstellung der "Trivialaufklärung mit ihrem Theatergeschmack und ihrer Theaterkritik" sieht: "Diese Satire richtet sich gegen die sentimentalen Rührstücke, gegen pathetische Tiraden und Spektakelsucht ebenso wie gegen den zu Norm erhobenen platten Alltagsverstand." (Strohschneider-Kohrs 1977, 297) 9 "Vergönnen Sie mir nur eine Minute Gehör, ehe Sie mich verdammen. Ich weiss, dass ein verehrungswürdiges Publikum den Dichter richten muss, dass vor Ihnen keine Appellation statt findet, aber ich kenne auch die Gerechtigkeitsliebe eines verehrungswürdigen Publikums, dass es mich nicht von einer Bahn zurück schrecken wird, auf welcher ich seiner gütigen Leitung und seiner Einsichten so sehr bedarf." (TF 496/ 21f.) 10 vgl. Tiecks Rede vom "albernen, aber lustigen Kindermärchen". (TF 1390) 11 vgl. dritte Szene im dritten Akt, wo LEANDER und HANSWURST über den Gestiefelten Kater selber disputieren. Während die beiden Figuren aufgrund ihres Rollenbewusstseins also zugleich als Figuren im Stück agieren, wie auch als Kontrahenten einen Disput über das Stück führen und damit einen Standpunkt ausserhalb des Stückes Die Modernität der transzendentalen Bujfonerie 331 einnehmen können, vermag das Publikum sich auch dann nicht als Mitspieler zu begreifen, wenn es, wie in dieser Situation, ausdrücklich in dieser Rolle behandelt und angesprochen wird. HANSWURSTS letzte Replik, LEANDER behaupte gegen seine Meinung, "das Publikum im gestiefelten Kater sei gut gezeichnet", ist gemäss Regieanweisung ausdrücklich "gegen das Parterre" gerichtet. Weil es aus FISCHERS Optik indes gar kein Publikum gibt, so dass das beschriebene Paradoxon, dass er seine eigene Existenz bestreitet. (vgl. TF 547) 12 "Freiheit und Gleichheit! -Das Gesetz ist aufgefressen! Nun wird ja wohl der Tiersetat Gottlieb zur Regierung kommen." (TF 556(35f.) 13 Diese Stelle wird immer wieder als Belege für die politische Dimension des Katers angeführt. Frank referiert im Kommentar ausführlich den Aufsatz von Jacques Wolf Les allusions politiques dans le "Chat hatte" de Ludwig Tieck aus dem Jahr 1909 (! ), der im Kater fünf Komplexe politischer Satire ausmacht. Der POPANZ ist für Wolf weniger der Inbegriff der vorbürgerlichen Feudalität, als die Inkarnation des anonymen Gesetzes-Terrors des Nationalkonvents. Er sieht in den Verwandlungskünsten des POPANZ das Abbild der Gesinnungsschnüffelei des Nationalkonvents. Weil Tieck unter dem Eindruck des Terrors vom Revolutionsbefürworter zu ihrem Gegner wurde, schlägt Wolf vor, "die Verschlingung des Popanz (unter Beibehaltung der Revolutionsparole) als eine selbst revolutionäre Überbietung des Terrors und der Tyrannei zu verstehen, die dem Tiers-etat Gottlieb seine Souveränität allererst schafft". (vgl. TF 1392ff.) Vergegenwärtigt man sich jedoch den Hintergrund, den Tieck zum Kater-Stoff greifen lässt, dann ist doch nur sehr schwer vorstellbar, dass er im Kater allen Ernstes eine Revolutions-Parabc; J sah. 14 Aus Shakespeares Hamlet: Hamlet in der Szene mit seines Vaters Geist I,5 15 In seiner zweiten Rolle ist er Jäger. Aber auch als Kater ist er nur eine Rolle, die von einem Schauspieler gespielt wird. Laut Tieck ist damit Iffland gemeint. Ist das Spiel mit dem Schiller-Zitat nicht nur parodistischer Spass, richtet er sich ganz direkt gegen Iffland? 16 Das ist gewissermassen die spöttische Vision der Ifflandschen Schauspielkunst: Der Schauspieler ist, was er spielt. 17 Vgl. den frenetischen Applaus, den das Liebespaar für seinen ersten Auftritt erhält. (TF 519/ 4f.) 18 Mit der Sigel "FS ... "werden Zitate von Friedrich Schlegel aus dem zweiten Band der Kritischen Friedrich- Schlegel-Ausgabe ausgewiesen, vgl. auch Bibliographie. 19 Diese Ansicht vertritt insbesondere Ingrid Strohschneider-Kohrs in der umfangreichen Studie Die romantische Ironie in Theorie und Gestaltung von 1960. 20 Der Bedeutungswechsel der Ironie zwischen Frühschriften und Lyceums-Fragmenten wird in der Forschung unterschiedlich beurteilt. Für Strohschneider-Kohrs führt Schlegel sowohl mit dem Begriff der Ironie wie mit jenem von der Kunst als einer Transzendentalpoesie genau die Frage "nach dem leitenden Prinzip und eigentümlichen Gesetz der 'modernen' Kunst" (Strohschneider-Kohrs 1978, 83) weiter, die ihn bereits im Studium- Aufsatz beschäftigt hatte. Die Fragestellung hatte sich für Schlegel aufgrund seiner eigenen Beschäftigung mit der modernen Kunst ergeben, die seiner damaligen Meinung nach im Zeichen des Interessanten aus künstlicher, absichtlicher Bildung entstanden war. Es ging letztlich um die Frage, ob die aus diesem Geiste hervorgegangene Kunst sich nach eigenem Gesetz entfalten könne, oder anders formuliert: "hat ,die mit dem Bewusstsein des unauflöslichen Zwiespalts lebende Kunst eine Chance, ihr Weltbegreifen und Selbstverständnis auszusprechen und in eine angemessene Form zu bannen? " (Strohschneider-Kohrs 1978, 83) Szondi demgegenüber betont bei den Lyceums-Fragmenten die "Umwertung" (Szondi 1978, 14) der klassizistischen Postulate der Frühschriften. Diese Sichtweise wird relevant für die Einschätzung der Ironie. Szondi sieht in der Ironie die Bezeichnung für den Versuch des isolierten, sich gegenständlich gewordenen Menschen, "seine kritische Lage durch Abstandnahme und Umwertung auszuhalten." (Szondi 1978, 24) Der Herausgeber der Lyceums-Fragmente in der jüngsten Kritischen Ausgabe, Hans Eichner, betont ebenfalls den Bruch; er vergleicht die Lyceums-Fragmente mit einem ''feierlichen Widerruf' (Eii: hner 1967, LI) der klassizistischen Postulate der früheren Schriften. Allerdings gibt er zu bedenken, dass sich der Wandel bereits in den Jahren zuvor abzeichnete. Der entscheidenden Anstoss zur Überwindung seiner "'Gräkomanie' von 1793-95" (Eichner 1967, L), die auch ganz wesentlich mit persönlichen Nöten und Schlegels eigene Zerrisseuheit zu tun hatte, ging von Schillers Schrift Über naive und sentimentalische Dichtung von 1795 aus, die ja im Gegensatz zu Schlegels damaliger Einstellung in einer glänzenden Rechtfertigung der Modemen gipfelt. Schlegel reagierte darauf in den folgenden Jahre mit intensivster Lektüre, er "las unermüdlich - und natürlich nicht nur die deutschen Zeitgenossen, sondern die grossen Meister der Vergangeuheit: Dante, Tasso und Ariost, Cervantes und, immer von neuem von den Übersetzungen seines Bruders angeregt, Shakespeare. Erst nun ging ihm der Sinn dafür auf, dass das, was von den Modemen seit Dante angestrebt und geleistet wurde, nicht nur anderen Zwecken diente, als die 'schöne' Kunst der Griechen, sondern dass es gerade auf diese Zwecke ankam." (Eichner 1967, LI) 332 J. Ulrich Binggeli 21 "Bei der Lektüre der europäischen Literatur seit dem Mittelalter und des Mittelalters sowie der Spätantike selbst wird auf überzeugende Weise deutlich, dass die romantische Bestimmung der 1., wie sie gegen Ende des 18. Jh. erfolgt, nicht etwas Neues zu erfinden suchte, sondern mit dem viel bescheideneren Anspruch auftrat, einem wesentlichen Charakterzug der europäischen Literatur, der sei langem in Übung war, seinen entsprechenden Namen zu geben." (Behler 1998, 607) 22 Zu den Kennzeichen dieser literarischen Ironie vor der Romantik gehört laut Behler das Zusammenspiel von zwei Realitätssphären, die Vermischung von erhabenen und trivialen Sujets, aber auch die Vorliebe für die Figur des weisen Narren, in dem die Verbindung von kontrastierenden Elementen, von Ernst und Scherz, Heiterkeit und Trauer ganz direkt verkörpert scheint. Der Reiz dieser Figur, ihre ironische Qualität, beruht für die Romantiker auf der eigentümlichen Mischung von Weisheit und Narrheit, Wissen und Ignoranz, bei der diese Gegensätze sich jedoch so sehr durchdringen, dass sie ein Ganzes werden. Ihr brillantester Vertreter ist zweifellos Cevantes Don Quijote, den Tieck 1799-1802 übersetzte. Aufgrund der als exemplarisch empfundenen Verkörperung der Ironie im Sinne eines Kontrastierens von Wirklichkeit und Dichtung avancierte dieser Roman für die Frührolllllfttiker zum Pretotyp der Kunst des Erzählens. In erzähltechnischer Hinsicht faszinierte sie vorallem die Durchbrechung der narrativen Atmosphäre im zweiten Teil des Romans, wo sich der Autor mit kritischen Fragen und Bemerkungen an seine Leser wendet oder wo Don Quijote und Sancho Pansa Personen begegnen, die sie aus dem ersten Teil bereits kennen und damit aus der aktuellen literarischen Wirklichkeit heraus- und in die Realität übertreten, die aber nur eine potenzierte literarische Sphäre ist. Diese Technik einer Illusionsbrechung über das Heraustreten des Autors aus seinem Werk und der damit erreichten potenzierten Darstellungsweise lässt sich unschwer in eine Traditionslinie stellen, die bis zurück in die Spätantike führt. Namentlich der einzige vollständig erhaltene Roman des Altertums, die Metamorphosen; beziehungsweise der Goldene Esel des Apuleius, behandelt das Problem der literarischen Mitteilung auf ganz drastische Weise, tritt doch der Autor in Eselsgestalt auf. lni 18. Jahrhundert war diese den europäischen Roman weithin bestimmende Technik der Ironie zu einer bewussten Kunst ausgebildet, ohne dass aber für sie die Bezeichnung der Ironie verwandt wurde. Sternes Tristam Shandy ist ein Meisterwerk dieser Art. Friedrich Schlegel sah nun in Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre (1794-96) einen vorläufig letzten Höhepunkt dieser Verfahrensweise. In seiner berühmten Rezension dieses Werkes von 1798 hebt Schlegel mit Nachdruck "die Ironie, die über dem ganzen Werk schwebt" (FS 137) hervor und bezieht sich dabei auf Goethes eigene Stellungnahmen zu seinem Roman, seiner Erzählweise und seinem Helden in dem Roman selbst. Unschwer erkennt man in dieser Formulierung jene aus dem 42. Lyceums- Fragment von 1797: "Es gibt alte und moderne Gedichte, die durchgängig im ganzen und überall den göttlichen Hauch der Ironie atmen". (FS 152) 23 Vgl. Athenäums-Fragmente 22 und 238. 24 Bereits in der Studie Vom ästhetischen Werle der griechischen Komödie von 1794 geht Schlegel davon aus, dass zwei antagonistische Triebkräfte den schöpferischen Prozess konstituieren. Der positive Pol lässt sich als "aufschäumende poetische Begeisterung, als Enthusiasmus" odereben "Selbstschöpfung" bezeichnen. Dem steht die "Selbstvernichtung" beziehungsweise die "rückwirkende, limitierende und korrigierende Skepsis gegen das eigene Produktionsvermögen" gegenüber. (vgl. Behler 1972, 67) 25 "lni Innern, die Stimmung, welche alles übersieht, und sich über alles Bedingte unendlich erhebt, auch über eigne Kunst, Tugend, oder Genialität" (FS 152) 26 In der Forschung wird immer wieder darauf hingewiesen, dass Tieck mit dem Kater den Weg sowohl zum absurden wie zum epischen Theater gewiesen habe. 27 Thalmann hat eindringlich darauf hingewiesen, dass nicht nur Schlegel Mühe mit Tiecks Verspieltheit hatte: "Die zünftige Kritik hat Tieck teils zur Oberflächlichkeit und teils zur Schwermut verurteilt, wie sie nicht honorieren wollte, 'dass es einen Witz geben könne, der in sich selber spiele und sich damit beruhige, dass es möglich, ja nothwendig sei, die ganze Zeit und Alles, was darin geschieht, für ein scherzhaftes Spiel anzusehen, und dass der rechte Spass eben der sei, an gar keinen Ernst zu glauben und so die ganze Welt gleichsam mit einerneuen Sonne zu beleuchten' (Nachr. Sehr. II, 48). [ ... ] Tieck geht von der 'Unschuld des Komischen' aus (Krit. Sehr. IV, 99), nicht von der Bitterkeit 'eines Aristophanes. Lachen ist für ihn der herzlichste Ausdruck zwischenmenschlicher Beziehungen. [...] Tiecks Lachen bleibt aber ohne das Unheimliche, da so oft durch die romantische Dichtung geht. Es bleibt für ihn ein ästhetischer Reiz, der nicht in eine tragikomische Weltangst umschlägt." (Thalmann 1974, 24ff.) 28 In seiner Theorie der Ironie von 1983 ordnet Japp das Problem der eindeutigen Bestimmbarkeit vor allem der literarischen Ironie zu: "Es ist etwas anderes, wenn wir sagen, in einem bestimmten Werk sei eine bestimmte Stelle ironisch zu verstehen, und wenn wir sagen, ein bestimmtes Werk sei ironisch. lni ersten Fall sprechen wir von verbaler Ironie, im zweiten Fall aber von literarischer Ironie oder Fiktionsironie. Hiermit ist zunächst ein Die Modernität der transzendentalen Buffonerie 333 eigentümlicher Stil gemeint, vor allem aber, dass dieser Stil ein durchgehender sei; [ ... ] Hier liegt aber zugleich die eigentliche Schwierigkeit der literarischen Ironie. Wenn wir sie nicht an einzelnen Stellen erkennen können, wie können wir dann überhaupt auf distinktive Weise von ihr sprechen? Das macht die literarische Ironie zum Problem der Interpreten, die darüber streiten, ob ein bestimmtes Werk ironisch sei oder nicht." (Japp 1983, 42) Mit Rekurs auf eine Bemerkung von B. Allemann aus dessen Buch Ironie und Dichtung von 1969, wonach im Anschluss an die Frühromantiker, für die die Ironie etwas ganz anderes als die Aneinanderreihung ironischer Bemerkungen gewesen sei, ein hochironischer Text denkbar sei, in welchem sich keine einzige ironische Bemerkung finde, resümiert Japp: " ... der Übergang von der verbalen Ironie zur literarischen Ironie ist der von einer vernachlässigenden Quantität zu einer unsichtbaren Qualität." (Japp 1983, 43) 29 Weinrichs These, dass ironische Kommunikation auf einen "Geheimcode" (Weinrich 1974, 65) angewiesen sei, der erst ermögliche, die Ironiesignale zu entschlüsseln, ist namentlich von linguistischer Seite heftig kritisiert worden. Lapp etwa meint, dass man Ironiesignale nicht als "konventionelle sprachliche oder aussersprachliche Zeichen im Sinne eines selbständigen Codes" systematisieren sollte, wie das Weinrich vorschlage. (vgl. Lapp 1997, 30) Geradezu überheblich disqualifiziert Engeler Weinrichs Arbeit: Weinrichs Begriffe seien viel zu vage und unpräzise, so dass seine Ergebnisse "für den Linguisten entsprechend uninteressant" seien, (Engeler 1980, llf.) Liest man die einschlägige Passage bei Weinrich nach, dann gibt es indes keine Hinweise dafür, dass Weinrich diesen Code als exaktes Zeichensystem bestimmen möchte, wie Lapp behauptet. Im Gegensatz zu Engeler halte ich gerade den essayistischen Zugang Weinrichs für die Stärke seines Textes, weil er dem Gegenstand immer noch am angepasstesten ist. Weinrich ist so präzise wie möglich und so unscharf wie nötig. 30 Hinsichtlich der Ironie ist der Kater ein Gegenentwurf zu Schillers Don Carlos, auf den er ja ausdrücklich Bezug nimmt. Don Carlos ist tragisch, Der gestiefelte Kater ist ironisch. Während Schiller in rhetorischer Manier die Ironie als punktuell einsetzbares Stilmittel benutzt und etwa in Regiebemerkungen ausdrücklich vermerkt, ob eine Passage ironisch gemeint sei oder nicht (z.B. "Carlos (mit ironischem Lächeln)" (II, 8, 1702) oder "Carlos (nicht mit Ironie)" (II, 8, 1367)), verlässt sich Tieck auf die entsprechende Signalwirkung seiner Textstruktur. Insofern ist der Kater der falsche Untersuchungsgegenstand für verbale Ironie, ganz abgesehen davon, dass der Text in dieser Hinsicht auch nicht besonders aufregende Beispiele bietet. 31 Lapp Interesse gilt ausschliesslich der Frage, was der Sprecher bewusst oder unbewusst tut, wenn er ironisch spricht; der Hörer kommt nur als Statist vor, von dem erwartet wird, dass er sich modellgerecht verhält: "Wie schon mehrfach erwähnt, und wie wir durch Winners (1988) Überlegungen zur Psycholinguistik ironischer Äusserungen wissen, gehört es zu den Erfolgsbedingungen ironischer Äusserungen, dass der Sprecher voraussetzen muss, dass der Hörer die wirkliche Einstellung des Sprechers kennt oder zumindest seinen kognitiven Fähigkeiten gemäss optimal erschliessen kann, um den intendierten Effekt zu erzielen." (Lapp 1997, 148) Literaturverzeichnis a) Primärtexte Schiller, Friedrich: Don Carlos. In: Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Bd. 2, hrsg. von Gerhard Pricke und Herbert G. 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