Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2001
243-4
net.art. Neue Aufgaben der Medienästhetik und Tele-Semiotik
121
2001
Ernest W. B. Hess-Lüttich
kod243-40159
net art. KODIKAS / CODE Ars Semeiotica Volume 24 (2001) · No. 3-4 Gunter Narr Verlag Tübingen Neue Aufga: tJen der Medienästhetik und Tele-Semiotik Emest W. B. Hess-Lüttich Discourse studies have recently turned their attention to changes in language use caused by changes in the media environment. They analyse, for instance, the impact of technical innovation on the resources of daily information, the new design of poly-coded texts and their functions in science and education, the development of traditional media such as press or television from the age of industry to that of digital information, the visualisation of linguistic content in other codes, the transfer of knowledge and production of meaning with modern machines of communication. But among their manifold interests is also the aesthetic dimension of semiotic change influenced by the typological expansion and technological innovation of the media system as a whole. The role of the author is put into question, when looking at new forms of literary production on computer screens. The automat defines the textual structure of their works, which they create jointly on the net. Routines of perception will change audio-visual structures of literature competing with film, television, video, hypertext. The project of media aesthetics will be complementedby a yet tobe drafted tele-semiotics of audio-visual media and digital art. This chapter aims to take a closer look at new gemes of aesthetics: net literature, hyperfiction, computer animation in film, interface design of video games, electronic novel, etc. They ask for new models of reading which are to be designed and investigated with new methods of textual analysis and comparative tools across all the media of aesthetic expression and across all cultures of verbal art. In den Text-, Kommunikations- und Medienwissenschaften gewinnt in jüngster Zeit ein Thema an Resonanz, das von den Medien selbst längst schon vorgegeben wurde: Sprachwandel im Zeichen des Medienwandels. Den damit einhergehenden und teilweise wohl auch dadurch bedingten Veränderungen in den Gepflogenheiten unseres kommunikativen Gebarens im Alltag gilt daher, beispielsweise, das Interesse der Beiträge zu dem Sammelband Medien, Texte und Maschinen (Hess-Lüttich ed. 2001 a), der die ersten Umrisse einer zu entwick~lnden Angewandten Mediensemiotik zu zeichnen strebt. Zu ihren Aufgaben gehören freilich nicht nur die Sichtung der dort vorgestellten theoretischen Ansätze, terminologischen Vereinbarungen, methodischen Instrumentarien, nicht nur die Beobachtung der Konsequenzen technischer Innovationen für den Umgang mit den gewohnten Ressourcen täglicher Information, nicht nur die Analyse der neuartigen Gestalt polycodierter Texte und ihrer Funktionen in Bildung und Wissenschaft, nicht nur die Rekonstruktion von Entwicklungslinien traditioneller Medien etwa der Presse oder der Werbung im Übergang vom Industriezum Informationszeitalter, nicht nur die Veranschaulichung versprachlichter Gehalte in anderen Codes, nicht nur die Entfaltung von Perspektiven des Wissenstransfers durch Computervisualistik oder der Sinnkonstruktion an den modernen Maschinen der Kommunikation. Zu den Aufgaben einer solchen Angewandten Mediensemiotik gehört zweifellos auch die Reflexion auf die ästhetische Dimension des Zeichenwandels unter dem Einfluss der ty- 160 Ernest W.B. Hess-Lüttich pologischen Expansion und technologischen Innovation des Mediensystems (cf. Hess-Lüttich 2000). Die Rolle der Autoren steht in Frage bei neuartigen Formen der Literaturproduktion am Bildschirm des Computers; die Automaten bestimmen die Textur ihrer Werke, an denen sie gemeinsam arbeiten im Verbund der Netze; ihre Wahrnehmungsgewohnheiten verändern die Audiovisionen in der Konkurrenz von Literatur, Film, Fernsehen, Video, Hypertext. Deshalb wurde dem oben genannten Sammelband ein zweiter zur Seite gestellt, in dem die Autoren für die Fortschreibung des Projekts einer Medienästhetik (Schnell 2000) plädieren, die auch den neuen Aufgaben einer noch zu entwerfenden Tele-Semiotik audiovisueller Medien und digitaler Kunst Rechnung trägt (Hess-Lüttich ed. 2001 b). Aus den einleitenden Bemerkungen zu diesem Band sollen im folgenden einige Anregungen zusammengefasst werden, um den neuen Genres germanistische Neugier zu widmen: Netzliteratur, Hyperfiction, Computeranimation im Film, Bildschirmästhetik im Fernsehen, Interface- und Textdesign und E-Book-Roman, denn all dies erfordert neue Lektüre-Modelle, zu deren Entwurf und theoretischer Grundlegung es einer textwissenschaftlich systematischen Erforschung der vielfältigen und sich wechselseitig befruchtenden Formen künstlerischen Ausdrucks in allen Medien und über die kulturellen Grenzen hinweg bedarf (cf. Knoblauch & Kotthoff eds. 2001). Print oder Pixel? Von Autoren, Lesern und Leser-Autoren Für eine bekennende Leserin wie die erfolgreiche Autorin Elke Heidenreich (2001: 3) sind die Prioritäten klar: ''Zuerst kommt das Sprechen, dann kommt das Lesen, dann kommt alles Elektronische ohne Lesen auch kein Internet", schreibt sie in ihrem engagierten Plädoyer für das schon ältere Medium Buch, dem das Kursbuch (Nr. 133 v. September 1998) ein viel beachtetes Themenheft widmete. Sie dachte dabei vornehmlich an das literarische Buch, dessen Fortbestehen als Massenmedium nicht wenige in Frage stellen in Zeiten immer knapperer Zeitbudgets, die für das herkömmlich 'kulinarische' Lesen als Teil des täglichen Medienkonsums in einem rasch expandierenden und sich ausdifferenzierenden Mediensystem noch zur Verfügung stehen (SPIEGEL Spezial 10/ 1999). Die Statistiken des Buchhandels (der allein in Deutschland zur Zeit noch jeden Tag weit über zweihundert Bücher auf den Markt wirft, Tendenz steigend) lassen die Sorge einstweilen verfrüht erscheinen; und die Möglichkeit der Lektüre literarischer Texte am Bildschirm des E-Book scheint selbst wohlwollende Tester wie Peter Glotz (1999) oder Uwe Timm (1999) noch nicht recht überzeugt zu haben. 1 Doch immer häufiger stellen Autoren Literatur 'ins Netz'. Seit die Hamburger Wochenzeitung DIE ZEIT 1996 den 1. Internet-Literaturwettbewerb im deutschsprachigen Raum veranstaltete, drängen immer mehr Literaten ins neue Medium, um den Lesern die Produkte ihrer kreativen Anstrengung in 'Echt-Zeit' zu präsentieren (Stöbener 1999). Die österreichische Schriftstellerin Marlene Streeruwitz lehrte die neue Kunst im Netz; anerkannte Buchautoren wie Joseph von Westphalen, Matthias Politycki oder Ilija Trojanow beteiligten sich 1998 am Novel-in-progress-Projekt, das die Redaktion der Kultursendung des ZDF Aspekte ins Leben rief; Rainald Goetz ließ seine Leser via elektronischem Tagebuch, das er unter dem Titel Abfall für alle. Mein tägliches Textgebet ins Netz stellte, an seinem Leben teilhaben: als Buch gedruckt (1999 bei Suhrkamp erschienen) wirkte es seltsam banal. Im Gemeinschaftsprojekten wie Am Pool oder NUU fanden sich junge Autoren wie Christian Kracht, Elke Naters, Georg M. Oswald, Moritz von Uslar oder Alban Nikolai Herbst zusammen und füllten ihre Internet-Seiten täglich mit fortlaufenden Texten, die mal net art. Neue Aufgaben der Medienästhetik und Tele-Semiotik 161 mehr, mal weniger Bezug aufeinander nahmen. 2 Als Leser den Zugangscode zu Am Pool knackten und Texte unter den Namen der Autoren beisteuerten, wäre das fast niemandem aufgefallen, wenn diese das nicht höchst 'uncool' gefunden und die eingeschleusten Hacker- Texte schnell wieder gelöscht hätten. Das fand der Internet-Autor Alban Nikolai Herbst, der unter 15 verschiedenen Namen und Identitäten im Netz präsent ist, seinerseits wiederum kleinlich, weil gerade die Durchlässigkeit der Autor-Leser-Rollen das ästhetisch Interessante sei an der Netz-Literatur. Nicht nur die Rolle des Lesers wandle sich also, sondern auch die des Autors. Die Netzwerk-Struktur des elektronischen Textes, heißt es (cf. Rieger 1994), erlaube dem Leser, bei dessen Lektüre den vom Autor in den Text eingeschriebenen Verknüpfungsinstruktionen zu folgen oder eben nicht oder auch selbst zum Autor zu werden, indem er neue Verknüpfungen herstelle und Knoten der Datenbasis manipuliere oder ergänze oder neu kreiere. Die Verknüpfungen oder Verweisfunktionen könnten zudem über mehrere Ebenen hinweg erfolgen und zu einem assoziativ verzweigten Lektüreprozess führen, der den Leser wie beim Blättern in einer Enzyklopädie möglicherweise weit vom Ausgangstext fortführe. Je nach Verweisebene entscheide der Leser selbst über seine Lesestrategie nach Maßgabe seiner Interessen und Prioritäten. So kann er beispielsweise auf der Internet-Seite des renommierten DuMont-Verlages das von demjungen Autor und Robert-Walser-Preisträger Thomas Hettche betreute NULL-Projekt anklicken und dort unter Autoren wie John von Düffel, Burkhard Spinnen, Dagmar Leupold, Thomas Meinecke, Judith Kuckart oder Helmut Krausser wählen, deren oft in Briefform verfasste Texte und Fragmente von den Herausgebern 'vernetzt' wurden und auch hin und wieder aufeinander Bezug nehmen. Der Autor wird hier so etwas wie "ein Reiseleiter in künstlichen interaktiven Umgebungen, der die Navigation durch thematische Räume anleitet und Orientierung bietet während des Aufenthalts in einem Tableau von Erlebnismöglichkeiten", zitiert der schweizerische Schriftsteller und Informatiker Emil Zopfi (2001: 1) aus einem Essay von Wolfgang Neuhaus in Telepolis, dem "Magazin der Netzkultur" (www.heise.de/ tp). Mittlerweile beteiligen sich so viele Leser-Autoren an solchen virtuellen Schreibwerkstätten wie, zum Beispiel, dem deutschen "Webring" (www.bla2.de), daß Oliver Gassner schon Ende 1999 mehr als 4000 Einträge bzw. Links zu Autoren von Amman bis Zopfi zu einem literarischen Reiseführer von über 800 Seiten versammeln konnte; heute ist die Sammlung mit dem Namen "Carpe" das größte deutschsprachige Literaturverzeichnis im Internet (Stillich 1999: 41). Die Gemeinde der "Online-Literaten" wächst. Die Leser-Autoren experimentieren mit den neuen Formen der Chats und Textbausteine, der Zitate und Verknüpfungen, der Text-Bild- Collagen und eingebauten Video-Animationen. Etliche elektronische Literaturzeitschriften bieten für die Diskussion der neuen ästhetischen Formen ein intensiv genutztes Forum. 3 Die 23. Solothurner Literaturtage vom 23. bis 25. Mai 2001 haben ihren Themenschwerpunkt der Netz-Literatur gewidmet. Der Deutsche Taschenbuch Verlag (dtv) hat den Literaturpreis "Literatur.digital 2001" ausgelobt (www.dtv.de,), der im Jahre 2002 erneut stattfinden soll. Nicht immer freilich fördert die 'Entmachtung des Autors' und die 'Geburt des Lesers als Ko-Autor' die Lust am Lesen. Den wenigsten vom 'Zwang zum linearen Erzählen• befreiten Hypertext-Romanen (wie Autopol von Ilija Trojanow) war anhaltender Erfolg beschieden. Literatur im Netz ist zudem nicht dasselbe wie Netzliteratur: die Experten unterscheiden da genau zwischen Texten, die genauso gut am Bildschirm wie im Buch gelesen werden könnten, und solchen, die medienspezifisch konzipiert und strukturiert sind. "Netzliteratur" im eigentlichen Sinne sei nicht druckbar, sondern "flüchtig wie die Pixel auf dem Schirm", erläutert Zopfi (2001: 1), sie sei eher ein Angebot an die Leser als ein fertiges Produkt, eine 162 Ernest W.B. Hess-Lüttich Einladung, "sich beim Surfen durch eine Struktur von verlinkten Wörtern, Textbausteinen, Bildern und Klängen die Geschichte selbst zu bauen" (ibid.). Manchmal auch eine Aufforderung zum Mit-Schreiben wie beim "Assoziations-Blaster" von Alvar Freude und Dragan Espenschied. In solchen 'kollaborativen Schreibprojekten' wie jenen der Berliner Netz- Autorin Claudia Klinger (Human Voices, Missing Link), sind die mit-schreibenden Autoren die hauptsächlichen Leser, räumt die schweizerische Netz-Autorin Regula Erni unbefangen ein (www.star-net.ch/ schreibstuben). Die Entwicklung kam bekanntlich nicht über Nacht. Sie bahnte sich seit langem an und hat historische Vorläufer. Medien wurden seit jeher immer auch ästhetisch genutzt (Hiebel et al. 1999). Nach der Erfindung des Buchdrucks zur Verbreitung der Bibel wurden alsbald auch Flugschriften und Dramen gedruckt. Nach der Entwicklung des Radios zur Verbreitung von Nachrichten schrieben literarische Autoren Hörspiele für das neue Medium. Bei den Telefondiensten der Post konnte, wen danach dürstete, unter einer speziellen Service-Nummer professionell deklamierten Gedichten lauschen. Gedichte finden sich nicht nur in Anthologien, sondern auch auf den Plakatwänden der Londoner U-Bahn. Und im April 2001 wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben zur Prämierung des besten literarischen Textes, der auf dem Display eines Handy (160 Buchstaben) Platz findet. Literarische Texte sehen sich am Anfang des neuen Jahrhunderts einer zunehmenden Konkurrenz zu den neuen Medien ausgesetzt. Für Kunst als Ware erzeugen sie einen hohen Anpassungsdruck man denke nur an das eher ökonomische als ästhetische Kriterium der 'Verfilmbarkeit' von Büchern, an die Buch-zum-Film-Projekte des Verlegers Eichhorn oder die multimediale Mehrfachverwertung literarischer Stoffe als Buch, als Film, als CD-Rom, als Hypertext und wieder zurück (wenn Kunstfiguren von Computerspielen wieder zu Helden von Filmen werden wieLara Croft in The Tomb Raider 2001). Die klassischen Grenzen zwischen den Medien beginnen in solchen Fällen zu verschwimmen, die Hybridisierung von Kino und Computer schreitet voran: computergenerierte Kino- Helden erfüllen den Maschinentraum des Publikums von jenen digitalisierten Kunstwelten, die von den Computerspielen her vertraut sind; traditionelle Spielfilme enthalten immer häufiger die Tricks des 'computer-generated imagery' (CGI), das nicht nur die Welt der Saurier wiederbelebt (Jurassic Park) oder künstliche Wellen auftürmt (Der Sturm) und historische Bomberangriffe simuliert (Pearl Harbour), sondern die Fälschung zum Standard erhebt. Synthetische Schauspieler, die sog. 'synthespians' (synthetic thespians), ersetzen in Großproduktionen wie Titanic (1997) oder Gladiator (2000) mühelos teure Statistenheere und stehen neuerdings gar als Cyborg-Stars im Mittelpunkt von Phantasy- und Science-Fiction- Filmen (Shrek, Final Fantasy, A.I. etc.). Dabei geht es selten um die Erfindung neuer Welten des so noch nie Gesehenen, oft wird nur das aus den 'alten Medien' Vertraute technologisch neu ausstaffiert. Die Erzählmuster folgen zäh auch im neuen Medium meist den Bahnen der gewohnten Lektüre-Routinen. Aber nicht selten wirken die Erkundungen der Autoren im neuen Medium der Automaten kreativ zurück auf die Erzählweisen im alten des Buches. Einer kritischen Medienästhetik wachsen hier neue Aufgaben zu in der genauen Analyse intermedialer Wechselwirkungen zwischen Literatur und Film, Fernsehen und Video, Computer und Internet (cf. Müller 1996; Helbig ed. 1998; Schnell 2000). Semiotisch und ästhetisch sind die neuartigen Kommunikationsformen für moderne Literatur insofern stets Leitgrößen gewesen, als moderne Autoren ihre Schreibstrategien häufig an den Codes und Wirkungsweisen der neuen Medien gemessen und ausgerichtet haben. Schon die Montageformen des modernen Großstadtromans bieten dafür ein anschauliches Beispiel (cf. Löser 1999). net art. Neue Aufgaben der Medienästhetik und Tele-Semiotik 163 net art: Hypertext - Hyperfiction - Hypermedia Seit Theodor Holm Nelsons opus magnum über die Literary Machines (1987) erschien, gewinnen die Stimmen an Kraft und Gehör, die für die literaturtheoretische Fundierung des Hypertext-Konzepts plädieren (z.B. Bolter 1991; Delany & Landow eds. 1991; Landow 1992). Dabei wird zuweilen in amerikanischer Unbefangenheit ins Volle gegriffen und Heterogenes großzügig zusammengerührt. Ob Roland Barthes in den beschaulich PC-freien 60er Jahren viel von den Rechnern verstand oder nichtantizipiert habe er sie jedenfalls, als er Texte sah, soweit das Auge reicht ("as far as the eye can reach", Barthes 1974: 11; cf. Bolter 1991: 161; Landow 1992: 3). Nach der Erfindung der Schrift, das muss er gespürt haben, stehe nun die zweite geistesgeschichtliche Revolution bevor, die alle traditionellen Vorstellungen von Kultur, Literatur oder Gesellschaft über den Haufen werfe (Bolter 1991: 233ff.). Kühn wird der Bogen geschlagen von der jüdischen Mishnah bis zur literarischen Avantgarde (Landow 1992), von der ars poetica des Horaz zur ars combinatoria des Hypertext, vom Mythos der Antike zur Maschine der Modeme (cf. Bolter 1991: 35ff.), wenn es gilt, Hypertext als "an essentially literary concept" zu erweisen (Slatin 1988: 112) und dafür Vorläufer zu benennen und Parallelen zu (er-)finden. Gemach, möchte man sagen, aus alteuropäischer Sicht. Landow hat sich die Poetik des Aristoteles vorgenommen - und siehe da: Hypertext setze sie außer Kraft. Nichts mehr von ''fixed sequence, definite beginning and ending, a story's 'certain definite magnitude', and the conception of unity or wholeness" (Landow 1992: 102). Nun sind die Regeln der aristotelischen Poetik schon häufiger verletzt worden, auch von Autoren, die sich beim Verfertigen ihrer Texte noch des Federkiels bedienten. Sie gehören zur schnell wachsenden Gemeinde der "Vorläufer" von Hypertext. Laurence Steme's Tristram Shandy wird hier gern genannt mit seiner Kunst der Digression oder James Joyce's Ulysses und erst recht Finnegans Wake mit seinen enzyklopädisch verzweigten Assoziationsketten und subtilen Verweisungsnetzen (cf. Eco 1987: 72; id. 1990: 138), Alain Robbe-Grillet oder Jorge Luis Borges oder Vladimir Nabokov: Ihre Werke seien Belege für den Versuch der Autoren, "to divorce themselves from imposing a particular reading of their texts on their readers, attempting to eliminate linearity oftexts" (Ledgerwood 1997: 550). Genau dies war das literarästhetische Programm französischer Autoren wie George Perec oder Raymond Queneau und anderer, die sich in der ÜULIPO (OUvoir de la Lltterature POtentielle) zusammengeschlossen hatten und Texte darboten, deren Sinn sich dem Leser erst erschloss, wenn er die nicht-linearen Textteile selbst zu einem kohärenten Ganzen verschmolz. Queneaus Cent mille milliards de poemes etwa bedürfe eines aktiven Lesers, der sich als Co-Autor verstünde (cf. Fendt 2001: 107). Zugegeben: Bücher im landläufigen Sinne haben einen Anfang und ein Ende, aber zwingt uns das zur Linearität der Lektüre? Waren es nicht gerade die reputablen Schriften alter Kulturen, die uns aus diesem Zwang entließen, die Zeichen des Lao Tse, die Qumran-Rollen, der Talmud, die Bibel der Christen? Wurden für graphische 'Benutzeroberflächen' nicht längst mittelalterliche Vorbilder ausgemacht (Clausberg 1994; Coy 1994)? Man vergegenwärtige sich nur einen Traktat aus dem Talmud, die Seite kunstvoll gestaltet mit Kopfzeile und Fußnote, mit dem Text der hebräischen Mishnah in der Mitte, eingerahmt vom Kommentar der aramäischen Gemara, erweitert durch erläuternde Haggadah, assoziativ angeschlossene Parabeln und rnnemo-technisch hilfreiche Merkworte und Wortspiele, Querverweise auf andere Textstellen, auf die Bibel oder mittelalterliche Schriften, Einschübe, Marginalien, Korrekturen, Kommentare aus Jahrhunderten angelagert so entstand im Laufe der Zeit "ein 164 Ernest W.B. Hess-Lüttich dichtes Geflecht von Texten über Texte, mit unzähligen Verweisen und Beweisführungen, das gerade durch die verschiedenen Lesarten, konkretisiert in den zahlreichen Kommentaren, zu immer neuer, 'unendlicher' Interpretationsarbeit auffordert" (Fendt 1995: 93; cf. id. 2001: 106f.). Was sich im verständigen Umgang mit Handschriften wir haben die klösterlichen Skriptorien des Mittelalters vor Augen über die Jahrhunderte an Spuren ihres kritischen Gebrauches niederschlug und in Interlinear- oder Randglossen sedimentierte, zeuge von der Pluralität einer anonymen Autorschaft, die beitrug zum Werden und Wachsen des Textes. Nicht anders, im Prinzip, verführen die user von Hypertext, wenn sie Fenster um Fenster öffnen und sehen, was Autoren, über die Zeit und weit verstreut, zu seinem Ausgangspunkt zusammengetragen haben. So werde das 'Textgedächtnis' fortgeschrieben und erweitert ins Unermessliche und vielleicht Undurchschaubare, und es finde seine Grenzen nur in denen des Speichers. Wer sich verläuft im Irrgarten der Texte, erinnert sich vielleicht zum Troste, gebildet wie er (sie) hoffentlich ist, der seit der Antike beliebten und im 17. Jahrhundert zur Blüte reifenden Gattungs-Tradition der Text-Labyrinthe, durch die der Ariadnefaden linearer Lektüre keineswegs immer sicheres Geleit verhieß. Mehr-Linearität, Leser-Aktivität, lntertextualität, Pluralität der Lesarten und Offenheit der Lesewege: für jedes dieser Merkmale von Hypertext ließen sich unschwer literarische Vorbilder finden, resumiert Fendt (1995: 108; id. 2001: 107) die einschlägigen Bemühungen, Texte von Autoren, die "das Experimentieren mit literarisch-ästhetischen Mustern zum Programm erhoben [haben] und in einer erstaunlichen Fülle der Kriterien, die auch für Hypertext gelten, aufihre Texte" anwenden. Andererseits unterläuft den Jüngern der postmodernen "Literary Theory" im Überschwang auch die eine oder andere metaphorische Ungenauigkeit, wenn sie mit Derrida oder Bataille oder auch Sebeok die 'unlimited semiosis in the semiotic web' beschwören. Die chunks und links im Hypertextsystem sind immerhin bezifferbar; die Zahl möglicher Verknüpfungen stößt an physikalische Grenzen der Rechnerkapazität (und physische Grenzen der Perzipierbarkeit); jemand muss die Verbindungen herstellen zwischen von ihnen definierten und selegierten Texteinheiten im Rahmen der Möglichkeiten des Programms; die Einheiten (Texte, Knoten, chunks) müssen sinnvolle (nicht notwendigerweise vom Erstautor als solche intendierte) Anschlussstellen für weitere Verknüpfungen enthalten; mit der Zahl der Verbindungen verliert die Rede vom Text als einer semantischen Funktionseinheit an Sinn; nicht alle Verbindungen sind von gleicher Plausibilität, es sei denn, man verstummt vor der Einsicht vieler Intertextualitätstheoretiker, nach deren schwer widerlegbarem Befund alles mit allem zu tun habe, und lauscht der Polyphonie der Stimmen im 'chambre d'echos' der 'Bibliotheque generale' (Barthes). Wären alle Verbindungen gleich gültig, würden sie gleichgültig gegenüber dem Anspruch ihrer Rechtfertigung. Gegen diese Beliebigkeit hat Eco (1990) die Grenzen der Interpretation markiert und gegen Derrida oder Bataille Plausibilitätsansprüche geltend gemacht. Unter Rückgriff auf Peirce erinnert er daran, dass auch bei theoretischer Unbegrenztheit potentieller Verbindungen gegebener Interpretanten mit Zeichen(komplexen) die Zahl der faktisch gewählten Verbindungen endlich und begrenzt sei. Nicht alle Metatexte zu Texten seien gleich-wertig, einige setzten sich durch, andere würden mit Fug verworfen, bestimmte Verbindungen machten mehr Sinn als andere, manche Wege führten auch in Sackgassen. Dies gilt es bei der Fortentwicklung nicht nur der Literaturtheorie, sondern auch von Maßstäben ästhetischer Wertung im Zeitalter elektronischer Medienkonkurrenzen im Auge zu behalten. Hinter der neuen Genre-Bezeichnung 'Hyperfiction' verbirgt sich ja in noch laxer Redeweise durchaus Unterschiedliches: neben den oben beschriebenen kollaborativen Schreibnet art. Neue Aufgaben der Medienästhetik und Tele-Semiotik 165 projekten, zu denen Autoren-Leser ('Wreader') gemeinsam ihre linear konzipierten Textbausteine zusammentragen, werden darunter oft auch noch die multilateralen Dialog-Rollenspiele der so genannten Chats oder MUDs (Multi User Dungeons bzw. Dimension) verstanden, in denen im schnell geschriebenen Gespräch so etwas wie ein gemeinsamer Text entsteht, der mit der dazu nötigen Geduld linear sich verfolgen ließe. Von 'Hyperfiction' im engeren und strengeren Sinne dagegen kann eigentlich erst dann die Rede sein, wenn sie den medienspezifischen Regeln der hypertextuellen Textproduktion und Textkonstitution folgt, also systematisch Gebrauch macht von den neuen Möglichkeiten des Mediums zur Vernetzung von Textblöcken durch entsprechend markierte digitale Hyperlinks. Sie sind die konstitutiven Einheiten von Hyperfiction, mittels deren die narrativen Pfade geschlagen werden durch den Dschungel des Corpus im Speicher. Diese Pfade können verschlungene Wege sein mit immer neuen Verzweigungen, die dem Leser Entscheidungen abverlangen, aber auch gerade Einbahnstraßen, die ihn lähmend leiten, oder eben auch Sackgassen, die ihn zur Rückkehr zwingen und zu neuem Versuch. Der Autor verwebt die Fäden der Textur und behält, im Glücksfalle, die Übersicht; der Leser knüpft sie neu, nach eigenem Gusto, und montiert sich so den ihm vielleicht gemäßen Text. Die Montage bleibt freilich im vom Autor definierten Rahmen des Programms, dessen Beschreibung und Bewertung einer neuen "Narratologie holistischer Textualität" obliegt (cf. Hess-Lüttich 1999a). Es ist zugleich eines der entscheidenden Kriterien für die Beurteilung einer literarischen Gattung, deren Qualität sich durch Sprache und Stil allein nicht mehr verbürgt. Hinzu treten Kriterien des gefälligen Textdesigns (Bucher 1996; Hess-Lüttich 1999c; Lobin ed. 1999) und der stimmigen Integration polycodierter Textelemente (Hess- Lüttich 1994) wie Grafiken und Tabellen, Töne, Geräusche, musikalische Sequenzen, Photos, Bilder, Videos, multimodale Animationen. Erst aus der Summe solcher Kriterien ergibt sich das Spezifische des neuen Gemes und der komplexere Maßstab seiner Beurteilung. Es überschreitet zugleich die Grenzen des Literarischen. Roberto Simanowski, der das online-Magazin für digitale Dichtung (www.dichtung-digital.de) ediert, hat deshalb zu Recht für eine Erweiterung des ästhetischen Instrumentariums zu seiner Beschreibung plädiert (hier zit. n. Mazenauer 2001: 2; cf. Simanowski 1996): Die Ästhetik der digitalen Literatur ist in hohem Masse eine Ästhetik der Technik, denn die künstlerischen Ideen müssen in die Materialität des Stroms überführt werden, ehe sie auf der Ebene sinnlicher Vernehmbarkeit erscheinen können. Die erfordert vom Autor eine weitere bisher nicht notwendige Qualifikation: neben der ästhetischen - und zwar multimedial ist die technische nötig. Sind die polycodierten Hypermedia noch Literatur? Wird das ästhetische Vergnügen an der Kunst sprachlicher Gestalt überlagert, ja verdrängt von dem am Raffinement der Textüberfläche? Das 'Oberflächliche' so mancher Versuche digitaler Literatur ist ja nicht zufiillig Gegenstand pointierter Kritik von am hergebrachten Kanon geschulten Experten. 'Net art', Netz-Kunst ist deshalb vielleicht in der Tat das unverfänglichere Gefäß für 'Werke' wie die von Jenny Holzer oder Barbara Kruger, in denen Sprache, Bild und Ton sich stimmig vereinen und die ein Terrain sondieren, auf dem wir das Gedeihen neuer Kunst-Formen jenseits der bewährten (auch bewehrten zuweilen und verbissen verteidigten) Schutzwälle tradierter Feldverteilung und Gebietsansprüche beobachten können. Das Vergnügen an der Lektüre von Büchern im gewohnten Verstande steht dabei einstweilen nicht ernsthaft in Gefahr. Die Technik garantiert ja nicht schon von selbst ästhetische Qualität, die schöpferische Kraft heischt und eine ordnende Hand. Entsprechend gelassen äußert sich der Hamburger Verleger (und zeitweilige Staatsminister für Kultur in Berlin) 166 Emest W.B. Hess-Lüttich Michael Naumann im SPIEGEL-Gespräch mit Stephan Burgdorff und Johannes Saltzwedel (SPIEGEL Spezial 10/ 1999: 30-34): mit den elektronischen Stilmitteln des Hypertextes werde versucht, "das Gehirn des Lesers auszuräumen und zu ersetzen durch alle vorstellbaren Assoziationsketten bis hin zu Absurditäten. Es ist der vergebliche Versuch, Phantasie durch Technik zu ersetzen, letztlich ein Verlust von Freiheit im Namen von Vielfalt." Die von den Hypertext-Apologeten behauptete Aufhebung der Herrschaft des Autors halte er ungefähr für so naiv "wie das alte Renaissance-Ideal, jeder könne sein eigener Autor sein". Und die Mit- Entscheidung des Lesers darüber, wie ein Handlungsfaden weitergesponnen werden solle, habe es schließlich auch schon bei Charles Dickens gegeben, der seine frühen Romane als Zeitungsserie veröffentlichte. Im übrigen kann sich nicht nur der Leser leicht verirren in den Labyrinthen des Netzes ('lost in cyberspace'), sondern auch der Autor: Harold Brodkey etwa hinterließ in seinem Rechner gut 36000 Seiten seines Romanprojekts The Runaway Soul, die sich nicht mehr zu einem Manuskript sortieren ließen er habe sich, sagt Naumann, "in seinem Computer verlaufen, wie Robert Musil in seinem Mann ohne Eigenschaften sich in der Überfülle der Notizen verloren hat." Entsprechend reserviert bleibt die etablierte Literaturkritik gegenüber den ihr bislang präsentierten 'Werken': in Solothurn stellte die Internet-Autorin Susanne Berkenheger unter dem gewiss interessierte Anteilnahme weckenden Titel HILFE! einen "Hypertext für vier Kehlen" vor, der nach dem harschen Urteil des in der Schweiz renommierten Literaturkritikers Charles Linsmayer (in DER BUND 152.122 v. 27.5.2001: 5) "sprachlich-inhaltlich allen interaktiven Collage-Möglichkeiten zum Trotz die Stufe eines (schlechten) Pennäler- Aufsatzes nicht überstieg." Die sonstigen Präsentationen digitaler Literatur ('Lesungen' passt ja nicht mehr recht für das Genre, und über die Namen gehen wir gnädig hinweg) vermochten ihn jedenfalls ebenso wenig zu überzeugen wie die theoretischen Reflexionen der Experten für experimentelle Poesie auf den Podien der Literaturtage, denn, resümiert er ohne Umschweife, "wenn aus der heillosen Verwirrung in Sachen Hyperfiction überhaupt etwas Berichtenswertes hervorging, dann die Tatsache, dass die Hyperfiction ein neues Leseverhalten erfordert, dass von einer Konkurrenzierung der geschriebenen Literatur derzeit noch keine Rede sein kann und dass aus einem missglückten Text durch die Transponierung in eine Hyperfiction noch lange kein geglückter wird" (ibid.). Umso nachdrücklicher wäre demnach die Literaturwissenschaft gefordert. Aber die hat sich bislang auffallend bedeckt gehalten. "Warum interessieren sich die Literaturwissenschaftler nicht für das Internet? ", fragt der Netz-Autor Dirk Schröder, "die haben doch die Aufgabe, Literatur aufzuspüren, wo es geht" (Stillich 1999: 42). Nur scheinen die in ihrer überwiegenden Mehrheit einstweilen noch eher ratlos. Der Geschäftsführer des schweizerischen Schriftstellerverbandes Peter A. Schmid hält eine Diskussion der neuen ästhetischen Formen von Netz-Literatur, von digitaler Dichtung, von Hyperfiction oder Cyberfiction für dringend geboten. Es gebe ja nicht einmal Kriterien dafür, ob die Online-Literaten überhaupt als Schriftsteller zu gelten hätten und etwa in den PEN oder in den Schriftstellerverband aufzunehmen wären. Freilich habe sich "bisher auch noch keiner darum bemüht" (zit. n. Zopfi 2001: 2). Mit Studien wie den in diesem Themenheft versammelten wird das sicher bald anders werden. net art. Neue Aufgaben der Medienästhetik und Tele-Semiotik 167 Anmerkungen 1 Aktuelle Links zum Thema E-Book (2001): www.rocket-ebook.de, www.openebook.org, www.eink.com, 2 Mittlerweile erschien eine Auswahl als Buch: Sven Lager & Elke Naters (eds.) 2001: The Buch: Leben am Pool, Köln: Kiepenheuer & Witsch. 3 Neben Internet Foren wie dem von Roberto Simanowski betreuten online-Magazin für digitale Ästhetik (www.dichtung-digital.de) oder der kommentierten Database über Hyperfiction-Projekte (www.cyberfiction.ch) oder dem aktuellen Wegweiser durch das mittlerweile unüberschaubar gewordene Literatur-Angebot im Internet (www.netz-literatur.ch) oder anderen (www.carpe.com, www.claudia-klinger.de, www.hyperfiction.de, www.netz-literatur.de, www.bla2.de.) cf. zu dieser Diskussion auch die CD-ROM pegasus 1998 mit den Beiträgen des Internet-Wettbewerbes von DIE ZEIT, ARD, IBM und Radio Bremen 1996-98 oder das CD-ROM Archiv der Ausgaben von dichtung-digital von Juni 1999 bis November 2000 sowie das Projekt von Johannes Auer & Reinhard Döhl 2000: 'kill the poem '. Digitale visuell konkrete Poesie und Poem Art, Zürich: update. Verwiesen sei außerdem auf Suter & Böhler (eds.) 1999 und Suter 2000. Literatur Barrett, Edward (ed.) 1988: Text, ConText, and Hypertext. Writing with andfor the Computer, Cambridge/ Mass.: MIT Press. Barthes; Roland 1974: s/ z, New York: Hili & Wang. Bolter, Jay David 1991: Writing Space: The Computer, Hypertext, and the History of Writing, Hillsdale/ NJ: Lawrence Erlbaum. Bolz, Norbert 1990: Theorie der neuen Medien, München: Raben. Bucher, Hans-Jürgen 1996: "Textdesign - Zaubermittel der Verständlichkeit? Die Tageszeitung auf dem Weg zum interaktiven Medium", in: Hess-Lüttich et al. (eds.) 1996: 31-58. Clausberg, Karl 1994: "Gummiband und Gummilinse: Mittelalterliche Vorbilder für graphische Benutzungsoberflächen", in: Zeitschrift für Semiotik 16.1-2 (1994): 5-9. Coy, Wolfgang 1994: "Gutenberg & Turing: Fünf Thesen zur Geburt der Hypermedien", in: Zeitschrift für Semiotik 16.1-2 (1994): 69-74. Delany, Paul & George P. 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