eJournals Kodikas/Code 25/1-2

Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/61
2002
251-2

Benjamin Humphrey Smart und die Sematologie

61
2002
Matthias Lange
Dieser Aufsatz faßt neuere Kenntnisse über Biographie und Bibliographie Benjamin Humphrey Smarts zusammen. Die bisher bekannten Bestandsaufnahmen des Gesamtwerkes konnten erweitert werden, und es ist nun möglich, die Publikationsgeschichte einzelner Titel genauer zu verfolgen. Durch die Untersuchung der wenigen biographischen Hinweise ergaben sich neue Perspektiven, um den Wissenschaftler Smart im Kontext der wissenschaftlichen Entwicklungslinien des späten achtzehnten und frühen neunzehnten Jahrhunderts zu verorten.
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Benjamin Humphrey Smart und die Sematologie Matthias Lange Dieser Aufsatz faßt neuere Kenntnisse über Biographie und Bibliographie Benjamin Humphrey Smarts zusammen. Die bisher bekannten Bestandsaufnahmen des Gesamtwerkes konnten erweitert werden, und es ist nun möglich, die Publikationsgeschichte einzelner Titel genauer zu verfolgen. Durch die Untersuchung der wenigen biographischen Hinweise ergaben sich neue Perspektiven, um den Wissenschaftler Smart im Kontext der wissenschaftlichen Entwicklungslinien des späten achtzehnten und frühen neunzehnten Jahrhunderts zu verorten. Bei der Titelperson handelt es sich um einen Wissenschaftler und Autoren, dessen semiotischer respektive sematologischer Forschungsansatz pragmatische Grundüberlegungen enthält, die auch im einundzwanzigsten Jahrhundert unveränderte Aktualität besitzen. Für die Aufarbeitung einer Theoriegeschichte “der” Semiotik ist es notwendig, auch solche Theorien und Ideen zu erfassen, die weder zu der Begründung einer spezifischen “Schule” noch zu einem radikalen Wandel in “der” Semiotik geführt haben. Es sind solche Werke, die oft über mehrere Jahrzehnte ungelesen in Bibliotheksregalen verweilen und irgendwann durch mehr oder minder Zufall wiederentdeckt werden. Oft stellt sich heraus, daß die in ihnen enthaltenen Ideen Lösungen für aktuelle Debatten anbieten oder bestimmte theoretische Entwicklungen schon längst vorweggenommen haben. Benjamin Smarts theoretisches Werk ist ein ebensolches. Die von ihm vorgestellten Ideen legen die Vermutung nahe, daß es zum ausklingenden achtzehnten Jahrhundert schon eine wissenschaftliche Strömung gab, die als pragmatisch bezeichnet werden muß. An zahlreichen Stellen lassen sich Berührungspunkte zu intensiver rezipierten Philosophen und Semiotikern wie Wittgenstein, Bühler, Jakobson oder Peirce finden. Wie es sich herausgestellt hat, wurde B.H. Smart zu seiner Lebzeit durchaus rezipiert und oft auch wohlwollend. Sein Wirkungskreis erstreckte sich sogar über den englischen Sprachraum hinaus. Möglicherweise findet sich mit der Wiederentdeckung von Smarts Werk ein fehlendes Verbindungsglied, das die philosophischen Bestrebungen im achtzehnten Jahrhundert mit denen des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts in eine kontinuierliche Entwicklungslinie setzt. Biographisches “Benjamin H. Smart Esq. / Author of several Works on Metaphysics and Grammar” (Wahlbogen zur Mitgliedschaft im Athenæum Club, 1850) “B.H. Smart, esq., aged 85, author of an English dictionary, and other works on metaphysics and English Literature” (Todesanzeige in der Londoner Times vom 28.2.1872) K O D I K A S / C O D E Ars Semeiotica Volume 25 (2002) No. 1-2 Gunter Narr Verlag Tübingen Matthias Lange 130 “a theorist who is now little known, Benjamin Humphrey Smart, a prolific writer on grammar, logic, rhetoric, and “sematology.”“ (Bartine, 1989, 131) Benjamin Humphrey Smart ist heute in Vergessenheit geraten, und so ist es beinahe unmöglich, eindeutige oder überprüfbare Daten über ihn zu finden. Außer, daß B.H. Smart ein Buchautor war, der sich den Themen Grammatik, Logik, Rhetorik und Sematologie widmete und heute wenig bekannt ist, lassen sich nur wenige weitere Hinweise zu seiner Biographie finden. Benjamin Humphrey Smart wurde vermutlich um etwa 1786 in London geboren, wo er den Großteil seines Lebens verweilte. Er arbeitete dort als Rhetoriklehrer, Autor von Lehrbüchern und veröffentlichte eine große Zahl wissenschaftlicher Schriften. Mit knapp vierundsechzig Jahren wurde er am 4.2.1850 ein gewähltes Mitglied des elitären Londoner Athenæum Clubs, den er am 1.1.1869 offiziell wieder verließ. Drei Jahre später, am 24.2.1872 verstarb Benjamin Humphrey Smart in London. 1 Benjamin H. Smart und das elocutionary movement Wenn auch die Namen Thomas Sheridan, John Walker oder Richard Whately öfter mit dem elocutionary movement in Zusammenhang gebracht werden, wird auch Smart heutzutage als ein wichtiger Vertreter aufgefaßt (s. Haberman, 1947; Bartine 1989). “The most complete account of the theory of elocution, the best correlated account, and the most philosophical one of the period is to be found in the works of Benjamin Humphrey Smart. Smart wrote not only The Theory of Elocution and The Practice of Elocution but, in addition, numerous books on composition, grammar, logic, pronunciation, and spelling, all of which were, in a sense, interrelated. Smart had a philosophical turn of mind; he was a linguist, a logician, and a pedagogues. His books and his teachings made him one of the most influential elocutionists of his time.” (Haberman, 1947, 360 -1) Elocution (engl.) bezieht sich auf einen der fünf Kanones der Rhetorik (inventio, dispositio, elocutio, memoria, pronunciatio). Elocutio (lat.) wurde ursprünglich verwendet, um “Stil”, die Art und Weise des Sprechens zu bezeichnen und umfaßte die Aspekte Wortwahl, Satzstruktur, Sprachfiguren. Seit dem achtzehnten Jahrhundert bezieht sich das englische Wort elocution aber auf den Kanon der pronunciatio (engl.: delivery). So ist elocution das Studium der mündlichen Darstellung und ihrer Anwendung, einschließlich der Kontrolle von Atmung, Stimme, Haltung und Geste. 2 Das elocutionary movement ist zu verstehen als eine wissenschaftliche Strömung, unter die auch unterschiedliche, sich widersprechende Theorien gefaßt werden, denn als eine homogene Schule. So entstanden im späten achtzehnten Jahrhundert erstmals Lehrwerke und Studien über die Aussprache der englischen Sprache. Die Wörterbücher aus dem mittleren achtzehnten Jahrhundert (u.a.: Johnson, Dyche/ Pardon) behandelten marginal die Betonung und Akzentuierung einzelner Wörter. Im späten achtzehnten Jahrhundert wandte sich die Aufmerksamkeit der Wörterbuchautoren stärker diesen Aspekten und vor allem der Aussprache zu. John Walker’s Critical Pronouncing Dictionary of the English Language (1791) war zu dieser Zeit ein weit verbreitetes Standardwerk, das auch im neunzehnten Jahrhundert in überarbeiteter Form noch weit verbreitet war. 3 Smart überarbeitete später dieses bekannte und weit ver- Benjamin Humphrey Smart und die Sematologie 131 breitete Aussprache-Wörterbuch, ließ seine eigenen Theorien mit einfließen und legte es neu auf (1837: 1. Aufl., 1874: 8. Aufl.) Den Ausgangspunkt und die Legitimation für die Forschungsunternehmungen fand das elocutionary movement im Kratylos-Dialog von Plato, da dieser behauptete, daß die Betonung (eng.: delivery) von Wörtern und Sätzen die Bedeutung, die ein Sprecher vermitteln wolle, bestimme. Die Substanz ihrer Philosophie war die Konzentration auf den Aspekt der pronunciatio, der Art und Weise, wie ein Sprecher verbal und physisch seine Nachricht kommuniziert. Das elocutionary movement begann in England besonders aufgrund der Notwendigkeit, die wachsende Bevölkerungszahl des englischen Empire an eine standardisierte englische Aussprache “anzupassen”. Zum anderen dienten ihre Ergebnisse als Lehrmaterial beispielsweise für Schauspielunterricht, so daß der Beitrag dieser wissenschaftlichen Strömung oft vornehmlich in der Vorarbeit zu den heutigen Theater- oder Schauspielwissenschaften gesehen wird. 4 Benjamin H. Smart konnte sich stets durch seine Lehr- und Praxisbücher sowie seine Standardwerke profilieren, er verfaßte beispielsweise Lehrbücher zum Vortrag von Stücken Shakespeares und auch generell zum mündlichen Vortrag. Er erarbeitete allerdings auch eine semiotische Theorie, deren Kenntnisse wiederum auf Theater, Schauspiel, Tanz und andere kulturelle Phänomene angewendet werden können. Smarts Theorie charakterisiert sich besonders dadurch, daß sie eine pragmatische Theorie zwischenmenschlicher Kommunikation darstellt. Smart interessierte sich für die Beziehung zwischen sprachlichen Ausdrücken (sprachliche, gestische, mimische) und ihrer jeweiligen Verwendung, indem er die Beziehung von Zeichen (signs) zu Ideen (ideas) untersuchte. Er verwarf schon damals die Auffassung, daß jedes einzelne Wort einer Sprache das Zeichen für eine bestimmte Idee sei und daß Fortschritt und die Anordnung der geäußerten Wörter im Sprechvorgang mit dem Fortschreiten und der Ordnung der Gedanken respektive Ideen korreliere. Es sei aber gerade nicht so, daß ein Gedanke, eine Idee, aus mehreren Teilen bestehen würde und wir viele Wörter entwickeln würden, um diese auszudrücken, sondern Sprache liefere gerade kein einzelnes Wort, um diese Aufgabe zu erfüllen. Wir müssen die Wörter aneinander anpassen, bis das Ganze (der Satz) kollektiv dem Ausdruck entspricht, der benötigt wird. (Haberman, 1947, 371- 4) Auch wenn Smart für seine Ideen Originalität beansprucht, behauptet er nicht, der Erste oder Einzige zu sein, der eine solche Auffassung von Sprache vertritt. Er bezieht sich beispielsweise in einer Fußnote explizit auf Dugald Stewart, von dem das folgende Zitat stammt: ‘In reading the enunciation of a proposition, we are apt to fancy that for every word contained in it, there is an idea presented to the understanding; from the combination and comparison of which ideas, results that act of mind called judgement. So different is all this from fact, that our words, when examined separately, are often as completely insignificant as the letters of which they are composed; deriving their meaning solely from the connection or relation in which they stand to others .’ (zitiert nach: Haberman, 1947, 372) Haberman zieht das Fazit: “Whether or not Smart was original in devising this philosophical conception of language, it is clear that he was original in his application of it to the study of elocution. His insistence upon treating a sentence as a word, for example, gave Smart a conception of connected discourse held by few men.” (ibd.) Angesichts der Tatsache, daß eben solche Theorien heute in modifizierter, alter oder neuer Form wieder auftauchen und sich unter dem Begriff Pragmatik zusammenfassen lassen, kann Matthias Lange 132 nicht davon gesprochen werden, daß das elocutionary movement außer für die Theaterwissenschaft/ Schauspielwissenschaft nutzlos geblieben sei. Diese Aussage trifft nur auf bestimmte Schulen innerhalb dieser Strömung zu. “Why did movement towards a discipline stop in 1840? Why did a rich one-hundred-thirty-year tradition of questions, answers, and debates about reading disappear in the twentieth century? The answer lies deeply embedded in the history of nineteenth century education in England and America and in the histories of linguistics, literary criticism, and rhetoric.” (Bartine, 1989, 141) Der Entwicklung einer einheitlichen pragmatischen Theorie standen zwei starke Positionen entgegen: die Logik auf der einen und einige nicht-analytische Theorien auf der anderen Seite. Als Beispiele für letzteren “Romantizismus” nennt Bartine John Dennis, John Mason, James Burgh, Thomas Sheridan, Lord Kames (alias Henry Home) 5 oder Hugh Blair. Diesen attestiert er eine “belletristische” Sichtweise menschlicher Kommunikation. Diese Theorien hatten Überhand gewonnen und ließen Vorstöße wie den Smarts in Vergessenheit geraten, so folgert Bartine. (ibd.) Eine philosophische “Schule”, der Smart in einigen Aspekten nahe stand, war die schottische Common-Sense-Bewegung. Smart ist ihr nicht zuzurechnen, dennoch stellt das Common-Sense-Prinzip, “dem zufolge grundlegende Überzeugungen, die allen Menschen gemeinsam sind, als letzte Wahrheitskriterien aufgefaßt werden”, bei Smart einen integrierenden Faktor seiner Überlegungen dar (Eschbach, 1978, 20). Smart näherte sich dieser Denkrichtung aufgrund des Einflusses Dugald Stewarts (s.o., s.a.: Bartine, 1989, 132ff.). Smarts Werk Die Überprüfung zahlreicher Bibliothekskataloge und einiger Referenzen hat zu Ergänzungen der bisherigen Kurzbiographien und Bibliographien (Allibone, Boase) beigetragen. Die neu erstellte Bibliographie enthält dreiunddreißig Publikationen. S.A. Allibone (1871) schlägt eine systematische Dreiteilung der Publikationen Smarts in 1. Abhandlungen zur Verteidigung der Prinzipien, auf denen seine Arbeiten über Grammatik, Logik und Rhetorik basieren, 2. Arbeiten, welche Lockes Philosophie erläutern, korrigieren und fortführen und 3. “A Course of English” vor, allerdings ergibt sich aus der Analyse der bibliographischen Daten ein ganz anderes Bild, das auf diese Dreiteilung nicht paßt. Im Rückgriff auf Allibone (ebd.) ließ sich der Großteil der bibliographischen Angaben nicht überprüfen, bzw. bestätigen, so ist es naheliegend, daß beispielsweise die Erscheinungsjahre in der sehr kurz gehaltenen Liste teilweise inkorrekt und einige der Werkstitel falsch zitiert sind. Ein anderer Biograph, Boase (1965), macht es sich dabei einfacher, er zählt sieben Titel korrekt auf und fügt lediglich hinzu: “and many other books”. Die ersten bekannten Publikationen Smarts sind den Themen Grammatik und Aussprache (pronounciation) bzw. Phonologie gewidmet ( Smart, 1810, 1811, 1813). Zwischen 1820 und 1836 brachte Smart drei Standardwerke heraus, zum einen The Theory of Elocution (1819,1826), The Practice of Elocution (1820: 1. Aufl., 1851: 6. Aufl.) und zuletzt das Aussprache-Wörterbuch Walker Remodelled bzw. Walker’s Pronouncing Dictionary (1836: 1. Aufl., 1874: 8. Aufl.). Zwischen 1831 und 1842 brachte Smart einige anonyme Schriften heraus (1831, 1837, 1839a, 1839b, 1842). Nach seiner Aufnahme im Athenæum Club, im Alter von ungefähr 64 Jahren, verfaßte Smart zwei weitere Werke unter Pseudonym [diese haben auch einen Benjamin Humphrey Smart und die Sematologie 133 inhaltlichen Bezug zu den ersten anonymen Schriften]. Alle diese Schriften befassen sich mit dem Thema “Metaphysik” bzw. geraten in Konflikt mit den traditionellen Theorien. Es folgten in den Jahren 1839 und 1842 zwei Veröffentlichungen über den Vortrag von Shakespearetexten. Zwischen 1841 und 1849 veröffentlichte Smart noch eine zusammenhängende Reihe von Schriften. Auf The Accidence and Principles of English Grammar (1841) folgte als Ergänzung Grammar on its True Basis. A Manual on Grammar … (1847), welches wiederum durch A Manual of Rhetoric (1848) und A Manual of Logic (1849) fortgesetzt wurde. Einige Jahre später veröffentlichte B.H. Smart noch einen zusammenfassenden Band über Grammatik, Logik und Rhetorik (1858). 1852 veröffentlicht Smart eine Polemik bzw. Diskussion der Theorien Dr. Richard Whatelys, dessen Werk er schon mindestens seit der Veröffentlichung des Bandes Practical Logic, in dem er die Whatelysche Logik diskutiert, kennt (Ders., 1852). Eine letzte (vereinzelte) Schrift befaßt sich mit einer ausführlicheren Kritik an Locke bzw. an dessen Philosophie (Ders.,1855). Die anonymen Schriften Smart veröffentlichte den Sammelband Beginnings of A New School Of Metaphysics anonym. Trotz der Tatsache, daß die drei Einzelbände (1831,1837,1839) und der Sammelband (1839b) anonym und teilweise auch nur privat publiziert wurden, war und ist es doch kein Geheimnis, daß es sich bei dem Autor um Benjamin Humphrey Smart handelt. Zumindest gibt er sich in dem zweiten Band, Sequel to Sematology, als Autor von Walker remodelled (1836) zu erkennen. Wie kommt Smart dazu, sein späteres Werk wiederum anonym zu verlegen, wo es doch nun klar ist, daß er der Autor ist? Smart kommentiert seine Vorgehensweise folgendermaßen: “Es steht ihm [,dem Leser, - M.L.] frei anzunehmen, daß ich aufgrund mangelnder Wichtigkeit oder Reputation […] meinen Namen deshalb nicht auf die Titelseite setze, weil das unvermeidlich dieses Schicksal heraufbeschwören könnte. Wenn er will, kann er sich aber auch ein besseres Motiv vorstellen. Er könnte mich für den berühmten Autor von +++++ halten, mit dem halben Alphabet in Großbuchstaben am Ende meines Namens, und meinen, daß ich deshalb ein Inkognito vorziehe, damit er, “mein geneigter Leser”, keinen weniger strengen Maßstab anlegt und nicht wegen der Autorität eines Namens eine Theorie als wahr annimmt, die falsch sein könnte.” (Smart, 1978, 37) Im Vorwort zu Sequel to Sematology führt er seine Erläuterungen weiter aus: “1. Über den Verfasser (…) Die Abwendung von der Metaphysik (…) und die am öffentlichen Geschmack orientierte kritische Presse unterstützen wahrscheinlich den unglücklichen Denker nicht, wenn er - wie ich - keinen Namen hat (…). Ich empfand die Schwierigkeit dieser Situation, als ich es in dem vorangegangenen Fall versuchte und sie durch einen Kunstgriff bewältigen wollte. Ich publizierte die Arbeit anonym in der Hoffnung, fälschlicherweise für einen Lord oder einen Doktor mit hohem Universitätsansehen oder einen Politiker gehalten zu werden, der seine Fähigkeiten auf einem Nebengebiet erprobt. Diese Hoffnungen waren sicherlich nicht sehr überspannt, wenn meine literarische Spielerei nicht weiterginge. Der Trick wurde zweifellos beargwöhnt, und ich nehme an, daß ich genausogut meinen Namen in all seiner Unbedeutsamkeit hätte nennen können. [Fußnote: Ich habe deshalb meinen früheren Versuch auf dem Titelblatt eines englischen Wörterbuches eingestanden, das kürzlich erschienen ist (es handelt sich um eine Matthias Lange 134 neuartige Arbeit, insoweit ein Wörterbuch neuartig sein kann oder sollte, obwohl es Walker Remodelled betitelt ist), und wenn ich meinen Namen auf die Titelseite des vorliegenden Buches nicht setze, so geschieht das deshalb, weil der Beruf, in dem mich das Londoner Publikum teilweise kennt, für mich keine Empfehlung für die Fähigkeit sein kann, die ich mir hier anmaße.] Meine Absicht bei dieser Ausflucht bestand darin, die Aufmerksamkeit zu gewinnen, von der ich mir ziemlich bewußt war, daß ich sie durch eine schlichte Verfahrensweise nicht fesseln könnte. Ich stellte mir vor, daß dann, wenn ich nur die Aufmerksamkeit auf meine Abhandlung lenken könnte, ein Hinweis für den Beginn zahlreicher Verbesserungen in einem Bereich der Wissenschaft gegeben wäre. (…)” (Smart, 1978, 110) 1857 publizierte Smart das Werk The Metaphysicians - Memoir of Harold Fremdling unter dem Pseudonym Francis Drake, eine Wiederveröffentlichung der Memoir of a metaphysician, die ebenfalls unter dem Namen Francis Drake veröffentlicht wurde, allerdings vier Jahre zuvor. Wiederholt möchte sich Smart, mittlerweile Mitglied des Athenæum Clubs, nicht als Autor seines Werkes zu erkennen geben, wählt als Pseudonym Francis Drake und verleiht dem Werktitel noch eine humoristische Note, da Francis Drake auch der Name eines berühmten britischen Admirals und Seehelden war, einem der Begründer der englischen Seeherrschaft (1539 -1596). The Metaphysicians ist ein philosophischer Roman, der nochmals Smarts philosophische Ansichten zum Ausdruck bringen sollte. Der Athenæum Club Der Sachverhalt, daß Benjamin Humphrey Smart zum Mitglied des Athenæum Clubs gewählt wurde, verlangt die Berücksichtigung der Umstände, daß zum damaligen Zeitpunkt der Athenæum Club einer der angesehensten Clubs Großbritanniens war und sich aus der “geistigen Elite” des Landes zusammensetzte. Die Mitgliederzahl war auf 300 begrenzt. Smart wurde 1850 zum Mitglied gewählt und hatte ein Jahr zuvor die dritte Auflage seiner Bearbeitung von Walkers Dictionary sowie den zweiten Ergänzungsband zu Grammar on its True Basis herausgebracht. 1851 kam schon die sechste Auflage des Werkes The Practice of Elocution heraus. Der Wahlbogen des Athenæum Clubs läßt darauf schießen, daß nicht nur Smarts Lehrtätigkeit, sondern auch sein theoretisches Werk vom Athenæum zur Kenntnis genommen wurde. Als “author of several books on Metaphysics and Grammar” bekannt, mußten den Mitgliedern des Athenæum Clubs seine anonym verfaßten Arbeiten (1831, 1837, 1839a, 1839b, 1842) ebenso geläufig gewesen sein wie seine damals stark verbreiteten Lehr- und Praxisbücher. Es ist kaum etwas bekannt über Smarts Herkunft oder seinen sozialen Status, außer zweier Londoner Wohnadressen, die wiederum darauf schließen lassen, daß er eher aus dem mittelständischen Bürgertum stammte, denn adeliger oder klerikaler Herkunft war. Wie ein Werbeprospekt des Athenæum beschreibt, wurden auch gerade Autoren wissenschaftlicher oder literarischer Publikationen als Mitglieder des Clubs gesucht (s.u.). Die Aufnahme Smarts in den Club belegt eindrucksvoll, daß er nicht einfach von anderen Denkern oder Denkströmungen verdrängt wurde, sondern eher “in den Olymp” der englischen Autoren und Denker aufgenommen wurde, also daß seinem Werk hohe Wertschätzung entgegengebracht wurde. Benjamin Humphrey Smart und die Sematologie 135 Athenæum Club Was ist so besonderes an seiner Mitgliedschaft im Athenæum Club? Ein kurzer Exkurs über das Clubwesen in England und speziell eine Charakterisierung des Athenæum Clubs sollen die Besonderheit der Mitgliedschaft Smarts aufzeigen. Das neunzehnte Jahrhundert war - zumindest in Großbritannien - das Zeitalter der Clubs. Das Westend von London war zu dieser Zeit eine große Clublandschaft. Die Clubs bedienten unterschiedliche Gruppen und wurden mit bestimmten sozialen Kreisen identifiziert, so hatte der Athenæum Club beispielsweise Verbindungen zu Kirche und Literatur. Zuerst nur bekannt als “Die Gesellschaft” und mit einer Mitgliedschaft, die nur aus Künstlern, Literaten und Wissenschaftlern bestand, genoß das Athenæum den Ruf, “die intellektuellste Elite aller Londoner Clubs” zu sein. Der Athenæum Club wurde auch als der “mental” club bezeichnet, was je nachdem “geistig” oder “verrückt” heißen kann. Tatsächlich ist die witzige, nach F.R. Cowell zitierte, Beschreibung, wohl nicht weit von der Wahrheit entfernt: “There’s first the Athenæum Club; so wise, there’s not a man of it That has not sense enough for six (in fact that is the plan of it); The very waiters answer you with eloquence Socratical, And always place the knives and forks in order mathematical.” Das Athenæum war um 1860 repräsentativ für die besseren Clubs dieser Dekade. Unter den Einrichtungen, die den Mitgliedern des Athenæums zugänglich war, war die vermutlich beste Club-Bibliothek in London, die, zusätzlich zu Büchern und Karten, eine große Spanne englischer und ausländischer Zeitungen und Zeitschriften bot. Es waren immer Schreibmaterialien verfügbar und Bedienstete anwesend (Rosen). In einem Werbeprospekt, der 1823 zur Gründung des Clubs versendet wurde, wurde die Mitgliedschaft von “Autoren, bekannt durch ihre wissenschaftlichen oder literarischen Matthias Lange 136 Publikationen; Künstler von hohem Rang in jeglicher Klasse der schönen Künste; und Ehrenmänner und Gentlemen, ausgezeichnet (berühmt) als liberale Mäzenen der Wissenschaft, Literatur oder der Künste” gesucht. 6 Die ursprüngliche Mitgliederzahl von 300 wurde 1924 auf 1000 erhöht (Whalert, 1998). Unter den Gründern des Clubs waren die Earls von Liverpool und Aberdeen, der Marquise von Lansdowne, Sir Walter Scott, Sir Humphry Davy (1778 -1829), Michael Faraday (1791-1867), John Wilson Croker 7 (1780 -1857), Sir Thomas Lawrence (1769 -1830), und T. Moore. Weitere Mitglieder waren John Murray (1778 -1843) und Henry Crabbe Robinson (1775 -1867). 8 Als weitere Gründungsmitglieder werden auch William Blake, Robert Peel MP, Lord John Russell, Rev T.R. Malthus und William M.Turner genannt. Ein weiterer prominenter Wissenschaftler, Charles Darwin, benutzte das Athenæum als Adresse in seinen Briefen aus dem Jahr 1838. In einem, datiert vom 9. August, schreibt er an Charles Lyell 9 : “Ich gehe ins Athenæum und diniere dort wie ein Gentlemen, oder eher wie ein Lord, und ich bin sicher, daß ich mich am ersten Abend, als ich in dem großen Gesellschaftszimmer selbst auf dem Sofa saß, ich mich einfach wie ein Duke fühlte. Ich bin voller Bewunderung für das Athenæum, man trifft so viele Menschen dort, die man sehen möchte …daß Du mir ins Athenæum geholfen hast war keine verschwendete Hilfe, und ich genieße es um so mehr, weil ich ganz und gar erwartet hatte, es zu verabscheuen.” Zurück zu Smart. Der Wahlbogen des Athenæums liest sich folgendermaßen 10 : Benjamin Humphrey Smart und die Sematologie 137 Matthias Lange 138 Smart wurde zur Mitgliedschaft im Athenæum Club von Rev. Richard Jones vorgeschlagen. Jones (1790 -1855) war politischer Ökonom, lehrte 1833 als Professor für politische Ökonomie am King’s College, London, und trat 1835 die Nachfolge von Malthus 11 am Lehrstuhl für politische Ökonomie und Geschichte des East India College in Haileybury an. Er stand in Beziehung zum Erzbischof von Canterbury, der den von Smart zur Mitgliedschaft im Athenæum Club vorgeschlagenen William Howslip Dickinson sekundierte. Michael Faraday unterstütze den Aufnahmeantrag Smarts, so wie es die Aufnahmeregeln des Clubs verlangten. Bei Michael Faraday handelt es sich um den bekannten Physiker. Dieser war übrigens der erste Sekretär des Athenæum Clubs, vom November 1823 bis zum Juni 1824, und blieb Zeit seines Lebens Mitglied des Clubs. Smart selber schlug vor seinem Austritt William Howslip Dickinson, MD, im Jahre 1867 vor, dessen Mitgliedschaft von Charles Thomas Longley, dem Erzbischof von Canterbury, sekundiert wurde. 12 Die Gruppe der Mitglieder des Athenæums, die Smarts Aufnahmevorschlag unterstützten ist eine Mischung aus prominenten Künstlern und Akademikern der damaligen Zeit: W.H. Smyth (Admiral, Wissenschaftler, Gründer der Royal Geographical Society), W.H. Sykes (Naturforscher, Soldat, Leiter der East India Company), T.J. Pettigrew (Chirurg, Altertumsforscher), Thomas Mayo (Präsident des Royal College of Physicians), H. Bulwar (alias Bulwar Lytton, Autor), Henry Hallam (Historiker), R.W. Jelf (Direktor des King’s College London), Octavian Blewitt (Sekretär des Royal Literary Fund), W. Brockedon (Künstler, Autor), James Hall (Advokat, Amateurmaler), R.W. Browne (Autor), Henry Crabbe Robinson (Autor), James Prior (Autor). Über die verbleibenden Mitglieder konnte leider nichts in Erfahrung gebracht werden. Die Rezeption des Smartschen Werkes Websters Dictionary kennt Smart als den Schöpfer des Terminus “sematology”, der “Doktrin der Zeichen” (Websters Dictionary, 1913), und John Stuart Mill, dem James einst seine Vorlesungssammlung Der Pragmatismus widmete, erwähnt ihn lobend für seine Locke- Kritik in einer Fußnote: “Der immer scharfsinnige und oft tiefsinnige Verfasser von An Outline of sematology (B.H. Smart) sagt mit Recht: “Locke wird viel verständlicher werden, wenn wir an der Mehrzahl der Stellen statt der Worte ‘die Idee von’, die er gebraucht (…), die Worte setzen: ‘das Wissen von’”. Unter den zahlreichen kritischen Bemerkungen über Lockes Verwendung des Wortes “Idee” ist dies die einzige, die, wie es mir scheint, den Nagel auf den Kopf trifft; und ich führe dieselbe noch aus dem weiteren Grunde an, weil sie den unterscheidenden Punkt betreffs des Gehalts von Sätzen zwischen meiner eigenen Ansicht und dem, was ich als die conceptualistische Auffassung desselben bezeichnet habe, genau zum Ausdruck bringt. Wo ein Conceptualist sagt, daß ein Name oder ein Satz unsere Idee von einem Ding ausdrückt, würde ich zumeist anstatt: unsere Idee, sagen unser Wissen (oder Glauben) von dem Dinge selbst.” (Mill, 1968) Über die weitere Rezeption des Smartschen Werkes zu seinen Lebzeiten kann nur spekuliert werden (s.o.). Auf die erste deutsche Übersetzung von An Outline of Sematology (Eschbach (Hg.), 1979) folgte, trotz der damals erkannten Aktualität, keine weitere Rezeption des Smartschen Werkes, allerdings untersucht Buzzetti (1983) in einem Referat den Zusammenhang zwischen Benjamin Smarts und John Stuart Mills Überlegungen, und an anderer Stelle findet Smart zumindest als historischer Vertreter der Semiotik Erwähnung (Nöth, 2000). Unabhängig davon beschäftigte sich Bartine (1989) mit dem Zusammenhang zwischen Benjamin Humphrey Smart und die Sematologie 139 modernen pragmatischen Überlegungen und den Ideen, die Smart in seinen Schriften vorstellt. Auch Eschbach weist darauf hin, daß Smart in seiner Auseinandersetzung mit John Locke und durch die Auflösung dessen Theorie, nicht nur eine Zusammenfassung der damaligen Diskussionen über Semiotik liefert, sondern gerade den pragmatischen Aspekt des Zeichens in den Vordergrund stellt. Dadurch zeigt Smarts Sematologie “Maximen einer möglichen Entwicklung der Zeichentheorie auf, die zum größten Teil erst in neuesten Überlegungen aufgenommen und eingelöst werden.” (Eschbach, 1978). Ähnlich äußert sich Bartine, der in Smarts Abhandlung der Semiotik die Entwicklung einer heute sehr modernen Sichtweise sieht, die nur von wenigen anderen Vorgängern Smarts innerhalb der pragmatischen Theorie angedeutet wurde: Daß nämlich das Verstehen der Funktionsweise der Sprache die Grundlage sein muß, auf der epistemologische und psychologische Theorien konstruiert werden, und: “Smart was clearly working in the direction of modern attempts to displace the dictionary mentality that finds words meaningful by virtue of the ideas they contain and to trace meanings by exploring “use” and the rules governing acts performed in and through language.” (Bartine, 1989, 131) Hatten Smarts Schriften einen bleibenden Einfluß auf vermeintlich moderne Theorien? Diese Frage ist Aufgabe einer Wissenschaftsgeschichte. Eschbach bemerkt, daß ein “treffender” theoretischer Ansatz derjenige sei, der versucht, “eine kontinuierliche Fortsetzung nachzuweisen” und die Vorstellung zurückweist, “historisch weit voneinander entfernte Individuen hätten in genialen Entwürfen ‘Zeichentheorie’ jeweils neu begründet.” (Eschbach, 1978) Er wehrt sich sowohl gegen beispielsweise die Betrachtungsweise, Zeichentheorien seien “plötzlich” ab Ende des 19. Jahrhunderts entstanden, als auch gegen Annahmen, daß Zeichentheorie (als Disziplin) besonders weit zurückverfolgt werden könnte. Es kommt ihm gerade auf die “Rekonstruktion wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritts” (edb., 1978, 7f.) an, und nicht auf die Identifizierung des Ursprungs der Semiotik. Diese Annahme des kontinuierlichen Wissenschaftsfortschritts wird durch folgende Feststellung Bartines gestützt, daß “it is clear that by 1840 there existed in England a pragmatic theory of reading that had evolved through several generations of scholars and teachers.” (Bartine, 1989, 140) Ein weiterer Grund für die Notwendigkeit historischer Forschung besteht auch darin, daß “die semiotische Forschung in einigen Aspekten nur geringe Fortschritte erzielt hat, bzw. hinter bereits errungene Positionen häufig genug wieder zurückfiel.” (Eschbach, 1978, 9) Die Funktion der Theorie Benjamin H. Smarts als Bindeglied einer kontinuierlichen Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnis wird durch viele Hinweise angedeutet, allerdings nie ausreichend belegt. Bartine zieht in diesem Zusammenhang Vergleiche zu moderneren Theorien, wie z.B. der von Roman Jakobson, Ludwig Wittgenstein, I.A. Richards oder der Sprechakttheorie (Bartine, 1989, 133ff.), während Eschbach auf Parallelen zur Peirceschen Semiotik (systematische Funktion des Wahrnehmungsurteils) und der de Saussureschen Semiologie (relationslogische Wertbestimmung eines Sems) aufmerksam macht (Eschbach, 1978, 18, 20). Wenn wir die Entwicklung pragmatischer Ideen als kontinuierlichen Prozeß betrachten wollen, dann müssen wir davon ausgehen, daß es wie auch immer geartete Beziehungen der hier bereits aufgeführten Personen und Schulen zu Smarts Werk gegeben haben muß. Die Tatsache, daß Smart den Begriff “sematology” im englischen Wissenschaftsraum geprägt hat, führt uns indirekt zu einem weiteren Wissenschaftler, der eben diesen Terminus in gleicher Verwendung ca. 100 Jahre später im deutschen Sprachraum eingeführt hat: Karl Bühler und seine “Sematologie”. Nehmen wir Bühler mit in die Aufzählung pragmatisch Matthias Lange 140 orientierter Autoren hinein, so können wir ihn als möglichen Wegpunkt einer Entwicklung von Smarts Ideen hin zu den Ideen Jakobsons oder Wittgensteins verzeichnen. Vachek (1984) und Horálek (1984) verweisen auf den Einfluß Bühlers auf die Theoretiker der Prager Schule, unter anderem auch Roman Jakobson, während Eschbach auf den Zusammenhang zwischen dem Bühlerschen Zeichenbegriff und den Theorien des späteren Wittgenstein hinweist und sogar vermutet, daß gerade Bühlers Einfluß zu dem entscheidenden Wandel in Wittgensteins Überlegungen geführt hat. (Eschbach, 1984). Ein weiterer inhaltlicher Zusammenhang mit Smart besteht mit dem bereits erwähnten I.A. Richards, der später mit C.K. Ogden, dem Übersetzer von Wittgensteins Tractatus, zusammenarbeitete. Bartine sieht in Richards Theorie einer kontextuellen Bedeutung (contextual meaning) die Widerspiegelung der Smartschen Konzeption von Sprache. (Bartine, 1989,133ff.) Die genauen Verbindungslinien zu Smart sind allerdings ungewiß. Wir wissen nur, daß Bühler knapp hundert Jahre nach B.H. Smart den selben Terminus für einen sehr ähnlichen Begriff einführt. Das beweist zunächst noch nichts, aber es ist naheliegend, daß Karl Bühler zumindest einmal in seinem Leben den Namen Benjamin Humphrey Smart gelesen hat, nämlich während seines Studiums der Werke John Stuart Mills. Dort könnte er auch die Idee für den Terminus Sematologie aufgenommen haben oder zur Lektüre des Smartschen Werkes angeregt worden sein. In der Universitätsbibliothek Heidelberg lag beispielsweise ein signiertes Exemplar der Outline of Sematology, das allerdings erst nach 1970 - noch nicht aufgeschnitten (! ) - entdeckt wurde. Möglicherweise schickte Smart auch an andere Universitäten innerhalb des deutschen Sprachraums Exemplare seiner Werke, doch ist das bloß eine Spekulation. Es gab jedoch mehrere Auflagen der deutschen Adaptation von Walker remodelled und zusätzlich hatte sich Bühler verstärkt mit dem Werk Lord Kames (alias Henry Home) beschäftigt, welcher der schottischen Philosophenschule des “Common-Sense” zuzurechnen ist, der Smart nahestand. An diesen Punkten rückt eine Verbindung zwischen den beiden Theoretikern in greifbare Nähe. Smarts Werk läßt viele mögliche und naheliegende Verbindungen zu aktuellen Diskussionen erkennen und die Lektüre ist mehr als eine historische Studie, da die Inhalte unverändert “modern” sind. Trotz des unsicheren Charakters des Wissens um die Rezeption von Smarts Werk und des partiellen Mangels einer umfassenden Synthese bzw. der fragmentarischen Behandlung einzelner Gesichtspunkte, betrachtet Eschbach Smarts Sematologie von 1831 als “einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung der Semiotik” (Eschbach, 1978, 27) oder wie Bartine es formuliert: “Smart did not anticipate these modern studies, but the historical record should show that it was Smart, now almost forgotten, who isolated the combinational principle that the later studies developed in detail.” (Bartine, 1989, 134 ). Anmerkungen 1 Allibone (1871), Times (1872) 2 McArthur (1992) 3 McArthur (1992) 4 Littlefield (1999) 5 Über diesen habilitierte Karl Bühler im Fache Philosophie. 6 Wedgwood (1992) Benjamin Humphrey Smart und die Sematologie 141 7 John Wilson Croker wird an anderer Stelle auch als Gründer des Clubs besonders herausgestellt. 8 Drabble (1995) 9 Wedgwood (1992) 10 Athenæum / / The attention of Proposers and Seconders is particularly called to Article III. of the Rules and regulations: - “Each Candidate for admission must be proposed by one Member, and seconded by another, and the Candidate’s names and usual place of residence, his rank (if in the Navy or Army,) his profession, occupation, or other description, shall be inserted, at the time of proposition, in the Book of Candidates.” / / No.2054/ For Ballot/ February 4 th , 1850. / / Benjamin H. Smart Esq. / / Author of several Works on Metaphysics and Grammar / / 55 Connaught Terracep. / / PROPOSED BY / / Reverend Richard Jones / / SECONDED BY / / M. Faraday Esq. / / Those Members who think proper to certify to the eligibilty of a Candidate, from personal aquaintance or knowledge of his works, may subscribe their names during the week previous to the Ballot. / / W.H. Smyth / / W.H. Sykes / / T.J. Pettigrew / / Thomas Mayo / / Thomas Amyott / / H. Bulwar / / Henry Hallam / / A.M. Campbell / / R.W. Jelf / / Octavian Blewitt / / W. Brockedon / / A.F. Mayo / / James Hall / / Henry Stile / / R.W. Browne / / Henry Crabbe Robinson / / James Prior. 11 - welcher selber Mitglied des Athenæums war - 12 Quelle: Athenaeum-Club. Bibliographie Smart, Benjamin Humphrey, 1810: Grammar of English Pronunciation, A Practical Grammar of English Pronunciation, on Plain and Recognised Principles, Calculated to Assist in Removing Every Objectionable Peculiarity of Utterance, Arising either from Foreign, Provincial, or Vulgar Habits. London Ders., 1811: Rudiments of English Grammar Eludicated. 1. Aufl., London Ders., 1813: Grammar of English Sounds, 1. Aufl., London Ders., 1819: The Theory of Elocution, Exhibited in Connexion with a New and Philosophical Account of the Nature of Instituted Language, 1. Aufl., London Ders., 1820: The Practice of elocution … Arranged to correspond with “The Theory of Elocution.” (Smart’s Course of English), London: Printed for the author Ders., 1823: Practical Logic: or, Hints to Young Theme- Writers: to which are now added some prefatory remarks on Aristotelian Logic, with Particular Reference to a Late Work of Dr. Whately’s., 1. Aufl., Whittaker, London: Treacher, and Co. Ders., 1826: The practice of elocution, or A course of exercises for acquiring the several requisites of a good delivery; and an outline course of English poetry., 2., London: John Richardson … G.B. Whittaker … Seeley and Son … Thomas Hookham Ders., 1826: The Theory of Elocution, to which are now added practical aids for reading the Liturgy., 2. Aufl., London: J. Richardson Ders., 1831: An Outline of Sematology; or, an essay towards establishing a new theory of grammar, logic and rhetoric. [By B.H. Smart.], 1. Aufl., London: J. Richardson + unpublished copies. Ders., 1832: The Practice of Elocution … Third edition. [With plates.], 3. Aufl., London: J. Richardson Ders., 1836: Walker remodelled. A new critical pronouncing dictionary of the English language, adapted to the present state of literature and science … By B.H. Smart., 1. Aufl., London: Cadell Ders., 1837: Sequel to Sematology. An attempt to clear the way for the regeneration of metaphysics; comprising strictures on Platonism, materialism, Scotch intellectual philosophy, and phrenology; Brougham’s additions to Paley … By the author of “An Outline of Sematology,” etc. [B.H. Smart.], London: unpublished Ders., 1839a: A Way out of Metaphysics, in which the most important points connected with the science, … Are briefly discussed: being the appendix of two essays formerly published [viz. “An Outline of Sematology” and “A Sequel to Sematology”]., 1. Aufl., London: J. Richardson Ders., 1839b: Beginnings of a New School of Metaphysics: three essays in one volume. Outline of Sematology, 1831.- Sequel to Sematology, 1837.- An Appendix, now first published., 1. Aufl., London: , J. Richardson Ders., 1839c: (Selections and Extracts) Shakespearian Readings; selected and adapted for young persons and others, by B.H. Smart. First series, illustrative of English and Roman history. (Historico- Shakespearian Readings), 1., London: J. Richardson, et al. Ders., 1841, The Accidence and Principles of English Grammar., 1. Aufl., London Matthias Lange 142 Ders., 1842: (Selections and Extracts) Shakespearian Readings, embodying the most interesting parts of English and Roman history; and intended also as Exercises in elocution, etc. (Historico- Shakespearian Readings), 2. Aufl., London: , J.G. & F. Rivington Ders., 1842: The Practice of Elocution … Third edition. [With plates.] Fourth Edition, augmented., 4. Aufl., London Ders., 1842: Beginnings of a New School of Metaphysics: three essays in one volume. Outline of Sematology, 1831. - Sequel to Sematology, 1837. - An Appendix, now first published., 2. Aufl., London: Longman & Co. Ders., 1845: The Practice of Elocution … Fifth Edition., 5. Aufl., London: Longman & Co. Ders., 1846: Walker’s Pronouncing Dictionary … By B.H. Smart. Second edition, to which are added an enlarged Etymological Index, and a Supplement., 2. Aufl., London Ders., 1847: Grammar on its true basis. A manual of grammar, containing examination questions, exercises, etc. auxiliary to the Accidence and Principles of English Grammar., 1. Aufl., London Ders., 1847: Grammar on its true basis. A manual of grammar, containing examination questions, exercises, etc. auxiliary to the Accidence and Principles of English Grammar. A Key to the Exercises for writing, contained in the Manual of English Grammar., 1. Aufl., London Ders., 1848: A Manual of Rhetoric, with exercises for the improvement of style or diction, subjects for narratives, familiar letters, school orations, etc., 1. Aufl., London Ders., 1849: A Manual of Logic: being one of two sequels to “Grammar on its true basis.”, 1. Aufl., London: Longman & Co., Ders., 1849: Walker’s Pronouncing Dictionary of the English Language, adapted to the present state of literature and science., 3. Aufl., London Ders., 1851: The practice of elocution: a series of exercises for acquiring the several requisites of a good delivery; and an outline course of English poetry … Sixth edition., 6. Aufl., London: Longman & Co. Ders., 1852: A letter to Dr. Whately, … On the effect which his work, “Elements of Logic,” has had, in retarding the progress of English metaphysical philosophy, begun, but left imperfect, in Locke’s Essay., 1. Aufl., London Ders., 1853: Memoir of a Metaphysician. By F.D., Esquire. Edited [or rather written] by the author of “Beginnings of a new school of metaphysics.” [B.H. Smart.], 1. Aufl., London Ders., 1855: Thought and Language: an essay, having in view the revival, correction, and exclusive establishment of Locke’s Philosophy., 1. Aufl., London Ders., 1857: The Metaphysicians: being a memoir of Franz Carvel, brushmaker, written by himself: and of Harold Fremdling, Esquire, written and now republished by Francis Drake, Esq. [or rather, by B.H. Smart under this pseudonym.] With discussions and revelations relating to speculative philosophy, morals and social progress., 2. Aufl., London: Longman & Co. Ders., 1858: An Introduction to Grammar on its true basis, with relation to logic and rhetoric, etc., 1. Aufl., London Ders., 1874: Walker’s Pronouncing Dictionary of the English Language, adapted to the present state of literature and science., 8. Aufl., Simpkin, Marshall, et al., London Ders., unbekannt: Guide to Parsing, London Übersetzungen und Überarbeitungen Benecke, Albert, 1873: English Vocabulary and English Pronunciation. Deutschenglisches Vocabular und methodische Anleitung zum Erlernen der englischen Aussprache. Nach Smart und Worcester mit Anwendung der Walker’schen Ziffern … Zweite neu bearbeitete Auflage, 2. Aufl., Potsdam Benecke, Albert, 1877: English Vocabulary and English Pronunciation. Deutschenglisches Vocabular und methodische Anleitung zum Erlernen der englischen Aussprache. Nach Smart und Worcester mit Anwendung der Walker’schen Ziffern, 4. Aufl., Potsdam Benecke, Albert, 1888: English Vocabulary and English Pronunciation. Deutschenglisches Vocabular und methodische Anleitung zum Erlernen der englischen Aussprache. Nach Smart und Worcester mit Anwendung der Walker’schen Ziffern, 6. Aufl., Potsdam Eschbach, Achim (Hg.), 1978: Benjamin Humphrey Smart: Grundlagen der Zeichentheorie: Grammatik, Logik, Rhetorik, Frankfurt a.M.: Syndikat. Geelmuyden, Ivar, 1855: Engelsk Ordbog. Udarbejdet fornemmelig efter B.H. Smart’s Pronouncing dictionary of the English language … Med Angivelse af Ordenes Udtale efter Walker’s Methode, 1. Aufl., Christiania: P.T. Mallings Forlagsboghandel Benjamin Humphrey Smart und die Sematologie 143 Quellen Allibone, Samuel A., 1871: A Critical Dictionary of English Literature and British and American Authors Living and Deceased, from the Earliest Accounts to the Latter Half of the Nineteenth Century. 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