Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
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2002
253-4
Sind Worte für bare Münze zu nehmen?
121
2002
Walter Schmitz
kod253-40259
Sind Worte für bare Münze zu nehmen? Ferdinand Tönnies über Geld als Zeichen und Zeichen als Werte H. Walter Schmitz 1. Einleitung Soziologen ebenso wie Philosophen haben sich bis heute stets sehr schwer getan in ihren nur selten intensiven Bemühungen um ein Verständnis des Werks von Ferdinand Tönnies. Sicher, Tönnies’ Ersteditionen einiger Schriften von Hobbes und seine Studien über diesen lange unterschätzten Philosophen (vgl. etwa Tönnies 1912) sowie vor allem das für die Begründung der Soziologie in Deutschland bedeutsame Werk “Gemeinschaft und Gesellschaft” (Tönnies 1887/ 1979) haben allen wissenschaftlichen und politischen Wechselfällen zum Trotz eine anhaltende Beachtung und Wirkung gefunden (vgl. Clausen/ von Borries et al. 1985). Doch ein Text von Tönnies, von dem - allerdings eher klandestin denn offen - wissenschaftsgeschichtlich sehr wichtige Wirkungen auf den Wiener Kreis und die frühe signifische Bewegung in den Niederlanden ausgegangen sind (vgl. Schmitz 1985a: cxvii-cxli; 1985b; 1985c), ist dabei zumeist vollständig übersehen worden; in jüngerer Zeit haben lediglich Haller (1959: 141) und Van Nieuwstadt (1978: 342) ihn erwähnt, während E.G. Jacoby, der sich allgemein um eine Aufarbeitung und Würdigung der Schriften Tönnies’ verdient gemacht hat (vgl. Jacoby 1970: 14, 23; 1971: 43-51; Tönnies 1974: 217-247, 267-269), ihn zumindest ansatzweise berücksichtigte: “Philosophische Terminologie in psychologisch-soziologischer Ansicht” (Tönnies 1899/ 1900; 1906). Tönnies verfaßte diese Schrift im Herbst 1897 (vgl. Tönnies/ Paulsen 1961: 334; Tönnies 1922: 221) in Bewerbung um den Welby Prize, der ihm 1898 dafür zugesprochen wurde von einem international besetzten “committee of award”, dem u.a. Oswald Külpe angehörte. Der Text erschien dann zuerst in englischer Übersetzung in “Mind” (1899/ 1900) und wurde 1906, ergänzt durch eine wissenschaftshistorisch erhellende Einleitung und drei Anhänge, in seiner ursprünglichen deutschen Fassung von Tönnies als Buch herausgegeben. In der deutschsprachigen Version, auf die ich mich im weiteren beziehe 1 , gibt es eine Gliederung in drei Teile mit insgesamt 99 Paragraphen; der erste Teil (§§ 1-63) enthält eine eigenständige Zeichentheorie, die Tönnies dann ab 1915 etwa in seine systematische Soziologie einzubauen begann. In § 56 unterbricht Tönnies den systematischen Aufbau seiner Zeichentheorie kurz vor ihrem Abschluß, um “von den Bedeutungen eines höchst wichtigen anderen Zeichens” zu handeln. § 57 hebt dann mit den folgenden Sätzen an: “Es ist beinahe ein philosophisches Herkommen, Worte (oder ‘Begriffe’, an denen nur ihre Bezeichnung dann gemeint ist) mit dem Gelde zu vergleichen, wie es auch in dieser Abhandlung schon geschehen ist, u.a. als erwähnt wurde, daß konventionelle Redensarten zuweilen für ‘bare Münze’ genommen werden. In der Tat ist die Analogie durchgehend.” (Tönnies 1906: 36) K O D I K A S / C O D E Ars Semeiotica Volume 25 (2002) No. 3 - 4 Gunter Narr Verlag Tübingen H. Walter Schmitz 260 Tönnies knüpft also bewußt an eine Tradition an, die ihm zumindest in Stücken sehr gut bekannt gewesen ist und die ihren berühmten Anfang bei Quintilian 2 nimmt. In Vergleich, Analogie oder Metapher wurden Wort und Münze dann später wieder zusammengebracht: u.a. von Bacon, Hobbes 3 , Leibniz (vgl. Dascal 1976) und Locke; zu Beginn des 19. Jahrhunderts von Louis-Gabriel-Ambroise de Bonald 4 ; in der Mitte des 19. Jahrhunderts von Robert South, Richard Chevenix Trench (vgl. Aarsleff 1967: 233f.) und auch M. Bréal (1879; vgl. Aarsleff 1982: 307f.); und in jüngerer Zeit hat Rossi-Landi (1972, insbes. pp. 25, 192-196) die ausgedehntesten Parallelen zwischen Sprache und Geld gezogen. Weniger häufig scheinen sich Kritiker dieser Tradition gefunden zu haben. Zu nennen sind aber immerhin Lady Welby (1901) und vor allem Karl Bühler (1978a: 54; 1978b: 60ff.). Bei den genannten Autoren hat der Vergleich von Wort und Geld z.T. sehr verschiedene Funktionen und beileibe nicht allein und durchgängig die, wie Aarsleff (1982: 307) unterstellt, Worte als arbiträre Zeichen darzustellen (vgl. z.B. Dascal 1976). Dies gilt auch für die von Tönnies hergestellte Analogie. Sie dient ihm einerseits zur nochmaligen Erläuterung des Sinnes, in dem gemäß seiner Theorie Zeichen Bedeutung zukommt, und damit zugleich der Verdeutlichung seines Verständnisses von Geld als Zeichen. Andererseits schafft sie in Tönnies’ Gesamtwerk die argumentative Brücke, über die die spätere Subsumierung der Zeichen der Kategorie der Werte ermöglicht wird, womit dann die Einordnung seiner Zeichentheorie in die systematische Soziologie vollzogen ist. 2. Tönnies’ Zeichentheorie - eine Skizze “Philosophische Terminologie” muß vor dem Hintergrund von “Gemeinschaft und Gesellschaft” gelesen werden; und zwar nicht nur, weil Tönnies selbst sie “eine Tochter jenes Werkes” (1906: XII) genannt hat. Viel eher noch, weil Tönnies hier - d.h. insbesondere in Teil I - tatsächlich an den Ideen aus “Gemeinschaft und Gesellschaft” - bei geringer Differenz der Termini - festhält. Ein Kernstück davon ist seine Willenstheorie und die in deren Konsequenz liegende, aber häufig übersehene oder unverstandene Festlegung der Soziologie auf “die Verhältnisse gegenseitiger Bejahung” (Tönnies 1979: 3). Ein anderes ist die konstruktive und axiomatische Vorgehensweise, die Ebene der reinen Theorie, auf der er sich bewegt. Reine Theorie oder reine Wissenschaft aber, die ebenfalls schon zu den Gegenständen der konstruktiven und axiomatischen Philosopheme in “Gemeinschaft und Gesellschaft” gehört, ist für Tönnies - durchaus in der Nachfolge von Hobbes (vgl. Tönnies 1912: 93, 156f.) - nur von Dingen möglich, die der Wissenschaftler selbst konstruiert hat, also von abstrakten Gegenständen, Gedankendingen, mit denen unabhängig von Leben und Natur operiert werden muß (vgl. Jacoby 1971: 43). Derartige Gedankendinge wie der Begriff der Gemeinschaft oder der der Gesellschaft hat Tönnies in den 20er Jahren “Normaltypen” (vgl. Tönnies 1979: XLII) genannt, während Max Weber hier von “Idealtypen” sprach. Die äußerst dichte und konzentriert geschriebene “Philosophische Terminologie” setzt gleich in § l mit einer Reihe grundlegender Definitionen ein: “Wir nennen einen Gegenstand (A) Zeichen eines anderen Gegenstandes (B), wenn die Wahrnehmung oder Erinnerung A die Erinnerung B zur regelmäßigen und unmittelbaren Folge hat. Als Gegenstand verstehen wir hier alles, was in eine Wahrnehmung oder Erinnerung eingehen kann, mithin sowohl Dinge als Vorgänge. Wahrnehmung ist alle Auffassung durch Sinne; Erinnerung umfaßt außer Reproduktion von Wahrnehmungen Reproduktion aller anderen Empfindungen, sofern sie einen Gegenstand oder doch einen als Gegenstand setzbaren Inhalt Sind Worte für bare Münze zu nehmen? 261 haben. Menschliche Erinnerung ist gleich Denken. Denken, wie es hier verstanden wird, ist selber zum größten Teile Erinnerung an Zeichen und durch Zeichen an andere, bezeichnete Dinge. Wahrnehmungen und Erinnerungen werden im Folgenden gelegentlich unter dem Namen ‘Ideen’ zusammengefaßt, welcher Name aber auch Gefühle mitbezeichnen kann.” (Tönnies 1906: l) Ist hierin schon Tönnies’ Verhaftung in der Assoziationspsychologie seiner Zeit klar erkennbar - an verschiedenen späteren Stellen bezieht er sich vor allem auf Herbart, Steinthal und Wundt -, so gilt dies erst recht für die folgende Behandlung der “natürlichen Zeichen”, die er klassischen Vorbildern folgend der Klasse der “künstlichen Zeichen” gegenüberstellt. “Natürliche Zeichen” werden solche genannt, “[…] bei denen jene Folge durch das natürliche Verhältnis zwischen Zeichen (A) und Bezeichnetem (B) begründet ist.” (§ 2, 1906: l) Denn Tönnies gliedert die mannigfaltigen natürlichen Verhältnisse, ausgehend und abgeleitet vom Idealfall der Identität von A und B, implizit nach den Assoziationsgesetzen der Ähnlichkeit, der Kontiguität und des Kontrastes, die er offensichtlich auch in den “höheren Arten des Erkennens als Vergleichungen” - nämlich als “Identifikation”, “Folgerung” und “Unterscheidung” - wiederfindet, wo sie Grundlage für alle “Urteile” sind, die damit ebenfalls auf Zeichen gegründet sind (vgl. § 8, 1906: 4). Die natürlichen Verhältnisse, die als Zeichenfundierungen dienen können, sind für Tönnies einerseits von solcher Vielfalt, daß er allgemein bestimmen kann: “Zeichen ist, was als Zeichen wirkt.” (§ 8, 1906: 4) Andererseits betrachtet er Sprache als einen Ausdruck dieses natürlichen Denkens und sieht in ihr eine Reduktion der Annahme der Zeichenhaftigkeit des ‘Äußeren’ für ‘Inneres’, die ebenfalls im genannten Sinne von der Identitätsrelation abgeleitet ist. Entsprechend Tönnies’ anschließender Klassifikation der “natürlichen Zeichen” hinsichtlich ihrer Entstehungsbedingungen ergibt sich, daß “natürliche Zeichen” entweder “in dem vom menschlichen Wollen unabhängigen Naturverlaufe” erscheinen oder aber vom Menschen “‘gemacht”’ werden. Im letzteren Fall sind sie entweder als solche, also als Zeichen, “unwillkürlich” (alle “Ausdrucksbewegungen” z.B.) oder sie sind zum Zwecke der Bezeichnung gemacht, und zwar entweder für den Zeichenproduzenten selbst oder für andere (§ 9, 1906: 4f.). Zum Zwecke der Bezeichnung gemachte natürliche Zeichen sind dabei u.a. die “Geberdensprache” und die “Lautsprache”, d.h. eine Menge natürlicher akustischer Zeichen. Die “natürlichen Zeichen” insgesamt dienen einerseits der von Malinowski später so benannten “phatic communion” andererseits aber auch dem “gegenseitigen Verständnisse” (§§ 11-13,1906: 5). Aus der durch ein hohes Maß an “Bildsamkeit des Materials” gekennzeichneten “Lautsprache” schließlich entsteht fast ausschließlich die Gattung der “künstlichen Zeichen”, deren wichtigste Gruppe die der Worte ist. Als Worte, Buchstaben oder Schrift sind die “künstlichen Zeichen” allein Produkte des menschlichen Willens, also arbiträr; dieser “[…] stellt das Verhältnis der Ideen-Association her, wodurch das Wort Zeichen des Dinges wird, ebenso das Verhältnis, wodurch die Schrift Zeichen des Wortes, die Einheit des Buchstabens Zeichen der Einheit des Lautes wird.” (§ 14,1906: 6) Worte haben Bedeutungen, d.h. sie sind Zeichen eines wahrnehmbaren oder denkbaren Objektes, gemäß dem Willen einer Person (“individuelle Zeichen”) oder mehrerer Personen (“soziale Zeichen”). Nicht zuletzt aufgrund der möglichen Übergänge zwischen individuellen H. Walter Schmitz 262 und sozialen Zeichen ergibt sich für Tönnies folgende nach wie vor aktuelle psychologischsoziologische Bestimmung von “Verstehen”: “Verstehen ist selbst eine Art des Willens, ist der Wille der Anerkennung, der Annahme, d.h. Aneigung, und so wird gemeinsames Verstehen einem gemeinsamen Besitze ähnlich. Durch das Verstehen wird also aus dem individualen ein sozialer Wille. Je weniger aber das Wort soziale Geltung hat, desto mehr bedarf es für das Individuum der Anstrengung, sich verstanden zu machen; den Sinn, den er dem Worte geben will, unterstützt er dann durch natürliche Zeichen: Töne und Geberden.” (§ 15, 1906: 6f.) Da die Worte einer Sprache nach Tönnies essentiell und entsprechend ihrem Entwicklungsgesetz soziale Zeichen sind und da sich der soziale Wille in ihnen ausdrückt, folgt die weitere Unterteilung dieser Klasse der “künstlichen Zeichen” für ihn aus den verschiedenen Arten des sozialen Willens, während die individuellen “künstlichen Zeichen” nach den entsprechenden Arten des individuellen Willens eingeteilt werden. Unter “individuellem menschlichem Willen” versteht Tönnies “[…] jede Verbindung von Ideen (Gedanken und Gefühlen), welche für andere sich bildende Verbindungen von (ebensolchen) Ideen erleichternd, beschleunigend, oder erschwerend und hemmend wirkt (sie wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher macht).” (§ 24, 1906: 10) Der menschliche Wille läßt sich danach als Ursache menschlicher Tätigkeiten oder bewußter Unterlassungen denken, denn diese sind, psychologisch betrachtet, für Tönnies nichts anderes als Aufeinanderfolgen von Ideen (vgl. § 25, 1906: 10f.). Als “sozialen Willen” bestimmt Tönnies “[…] den für eine Mehrheit von Menschen gültigen, d.h. ihre Individual-Willen in gleichem Sinne bestimmenden Willen, insofern als sie selber als Subjekte (Urheber oder Träger) dieses ihnen gemeinsamen und sie verbindenden Willens gedacht werden.” (§ 23,1906: 10) Tönnies geht es bei dieser und den folgenden Einteilungen von Willensarten darum, “[…] den verschiedenen Sinn zu analysieren, worin von Wörtern oder anderen sozialen Zeichen gesagt werden kann, daß sie ‘Bedeutung haben.” (§ 23, 1906: 10; Hervorh. H.W. Sch.) Und genau hierin liegen die Besonderheiten von Tönnies’ Zeichentheorie im Vergleich mit anderen semiotischen Theorien und zugleich ihr Schwerpunkt. Denn sie zielt im Bereich der “künstlichen Zeichen” auf eine idealtypische Bestimmung und Differenzierung der zumindest denkbaren Fundierungsarten von Zeichen-Bedeutung-Relationen. Bezogen auf individuellen wie auf sozialen Willen wird zu diesem Zweck zunächst festgestellt, daß in den Ideenabfolgen, in die der Wille in Form von bestehenden Ideenverbindungen als Ursache von Tätigkeiten und bewußten Unterlassungen eingeht, die “Gefühle” (Bejahung und Verneinung) die relativ konstanten Elemente sind, die “Gedanken” aber die relativ variablen. Dies führt zur weiteren Gliederung der Willensformen, nämlich: “Natürlich nennen wir den Willen, in dem die Gefühle, künstlich den Willen, in dem die Gedanken überwiegen.” (§ 26, 1906: 11) Der “natürliche Wille” (in “Gemeinschaft und Gesellschaft”: “Wesenwille” (Tönnies 1979: 73ff.)) bildet sich “auf natürliche Art” (1906: 7); die Beziehung auf Tätigkeiten, in denen er sich äußert oder verwirklicht, ist eher “vorausgefühlt” (§ 26, 1906: 11), wird “als objektiv vorhandene Tendenz empfunden” und entwickelt sich von allgemeinen zu besonderen Beziehungen; im “Gefühlswillen” dominiert der “Grundzweck”, so daß z.B. die Idee eines allgemeinen Gutes Gefühle und Gedanken auf ein besonderes Gut richtet; im “Gefühlswillen” Sind Worte für bare Münze zu nehmen? 263 H. Walter Schmitz 264 herrscht das “Unbewußte” vor, und in ihm werden dem Menschen “seine Aufgabe, sein Beruf offenbar”: sein Sollen. Der “künstliche Wille” (in “Gemeinschaft und Gesellschaft”: “Willkür” bzw. “Kürwille” (Tönnies 1979: 112ff.)) wird “auf bewußte Art gemacht” (1906: 7); die Beziehung auf Tätigkeiten, in denen er sich verwirklicht, ist “vorausgedacht” (§ 26, 1906: 11) und geht von einzelnen Bestimmungen in allgemeinere, aus jenen zusammengesetzte über; im “künstlichen Willen” herrscht der “Endzweck”, so daß die Idee eines besonderen Gutes alle übrigen Ideen leitet und sich unterordnet; das “Bewußte” dominiert, und ein Plan wird gemacht: das Müssen. Zusätzlich sind diese beiden Willensformen nach der ihnen gemeinsamen Beziehung auf Tätigkeiten zu unterscheiden. “Je nachdem nämlich darin, d.h. in der entsprechenden Sukzession von Ideen, das sinnliche Element (Empfindungen, Wahrnehmungen) oder aber das intellektuelle Element (Vorstellungen, Gedanken) überwiegt, […]” (§ 27, 1906: 11) Zwischen diesen beiden Extremen “des Anfangs und der Vollendung” siedelt Tönnies die Mischformen an. Somit resultieren jeweils für den individuellen und den sozialen Willen insgesamt sechs rein begrifflich konstruierte Klassen von Willensformen, wie ich sie in der Abbildung zusammengestellt habe. Angewendet auf das Gebiet der individuellen Zeichen heißt dies z.B.: “Ein Gegenstand (A) wird durch individualen, z.B. meinen Willen Zeichen eines anderen Gegenstandes (B) […] ich will bei Wahrnehmung von A - obwohl sie mit B in keinem natürlichen Zusammenhange steht - an B denken.” (§ 29, 1906: 12) Dies kann für die Gegenwart oder die Zukunft, einmalig oder immer gelten. Die Erinnerung ist dann wesentlich an die Wahrnehmung (s) oder an die Vorstellung (i) gebunden, d.h. die Erstellung der Zeichen-Bedeutung-Relation ist entweder von der Wahrnehmung von A abhängig oder auf Wahrnehmung und Vorstellung (si), d.h. vor allem Gewohnheit, oder schließlich auf eine Vorstellung, nämlich eine Überzeugung oder intellektuelle Gewißheit, gegründet (§ 29, 1906: 12f.). Dabei ist aus Tönnies’ Formulierung von Beispielen zu erschließen, daß er unterstellt, die Zeichen-Bedeutung-Relation gewinne über die sechs Willensformen von WFs bis WDi vermittels Übung oder Gewohnheit, Lernen und schließlich definitorischer Festlegung an Dauerhaftigkeit und Stabilität. Bezogen auf die Formen des sozialen Willens und die ihnen entsprechenden sprachlichen Zeichen hieße dies, daß Tönnies sechs Sprachstufen unterscheidet, die hinsichtlich Fundierungsart, Dauerhaftigkeit und Stabilität ihrer Zeichen-Bedeutung-Relationen differieren. Die näheren Charakterisierungen dieser Stufen gewinnt er dabei durch Herstellung von Analogien zwischen den in “Gemeinschaft und Gesellschaft” ausgearbeiteten “Formen des verbundenen Willens”: “Eintracht” oder “Harmonie”, “Sitte”, “Glaube”, “Kontrakt” bzw. “Konvention”, “Gesetzgebung” und schließlich “Lehrmeinung” oder “Wissenschaft” einerseits und Formen der Zuordnug von Bedeutung zu sprachlichen Zeichen andererseits (vgl. Schmitz 1985b). Tönnies scheint mir mit dieser Skizze einer Sprachstufentheorie, die weitreichende Übereinstimmungen mit der von niederländischen Signifikern entwickelten Theorie der “taaltrappen” aufweist (vgl. Schmitz 1985c), einen theoretisch wichtigen sowie für die noch ausstehenden empirischen Forschungen orientierenden Weg aufzuzeigen, die Gesamtheit der sprachlichen Zeichen (als signifiant-signifié-Einheiten) nach ihren semantischen und kommunikativen Eigenarten zu strukturieren und die Möglichkeiten der Trennung wie der Vermischung von solchen oder ähnlichen Sprachstufen auf ihre zeichentheoretischen und ihre kommunikativen Konsequenzen hin zu analysieren. Sind Worte für bare Münze zu nehmen? 265 Tönnies selbst hat - trotz seines ansonsten eher extrakommunikativen wortsemantischen Ansatzes - in der Zusammenfassung zu seiner Zeichentheorie (§§ 58-61) schon einige kommunikative Konsequenzen aufgeführt. Davon kann an dieser Stelle (ausführlicher dazu Schmitz 1985a: cxxvff; 1985b: 81-84) lediglich soviel mitgeteilt werden: Tönnies stellt fest, daß Worte und andere soziale Zeichen zunächst einmal Bedeutung haben - und zwar subjektive Bedeutung - gemäß der Verwendungsintention eines Individuums, das sich ihrer bedient; daß diese Bedeutung aber wesentlich durch die “objektive Bedeutung” bedingt ist, die diese Worte oder anderen Zeichen im “regelmäßigen Gebrauch haben” (§ 58, 1906: 39). Die objektive Bedeutung schließlich variiert je nach der Klasse der Willensformen, gemäß der den jeweiligen Worten oder anderen “gültigen Zeichen” Bedeutung zukommt. Je nach Klasse der Willensformen differieren auch die Voraussetzungen und Möglichkeiten kommunikativer Verständigung unter Verwendung der den Klassen zugeordneten Sprachebenen. 3. Geld als Zeichen Diese Grundzüge und Elemente der Tönnies’schen Zeichentheorie ermöglichen nun auch ein Verständnis seiner Wort-Geld-Analogie und ihrer Funktionen. Vorbereitet hat Tönnies diese Analogie dadurch, daß er schon in § 50 bei der Entwicklung der vierten Stufe sozialer Zeichen erwähnt, Maßstäbe, Gewichte und Münzen seien Zeichen einer verabredeten oder sonstwie festgesetzten Maßeinheit, die zunächst nur in Gedanken existiere (1906: 25). Nun aber geht er einige Schritte darüber hinaus, indem er die Gleichartigkeit der Fundierung von Worten und Geld als Zeichen behauptet: “Dem Worte wie dem Gelde ist es wesentlich, daß sie Zeichen sind, und daß sie - wonach im Deutschen das Geld genannt ist - ‘gelten’, d.h. daß sie durch sozialen Willen die Gegenstände, deren Zeichen sie sind, vertreten.” (§ 57, 1906: 36) Während das Wort nämlich “Zeichen von Gegenständen als Vorstellungen oder Ideen” ist, ist das Geld “Zeichen von Gegenständen als Werten”, von Gegenständen also, die als “nützlichangenehm empfunden oder gedacht werden”, kurz: die “bejaht werden”. - In dieser allgemeinen Umschreibung von “Werten” deutet sich bereits die Möglichkeit der späteren Bestimmung von Zeichen als Werte an. - Und wie von der Art des individuellen oder sozialen Willens abhängig ist, in welchem Sinne und auf welche Weise Worten Bedeutung zukommt, so gilt auch für das Geld: aufgrund natürlichen sozialen Willens kommt allem gemünztem Geld “Bedeutung” zu; durch künstlichen sozialen Willen allem Papiergeld. Das Papiergeld schließlich entspricht nach Tönnies in einer zweifachen Weise den Namen theoretischer Begriffe, die ja als sprachliche Zeichen der sechsten Stufe (WDi) zugehören. Wie nämlich Begriffsnamen meist nur insofern empirisch gegeben sind, als sie auf die natürliche Sprache zurückführbar sind, so hat auch das Papiergeld empirisch nur Bedeutung durch seinen Bezug auf ‘natürliches’, also gemünztes Geld - denn in Tönnies’ Geldtheorie hat jedes Papiergeld den “Charakter einer Anweisung auf metallenes Geld” (Tönnies 1926: 44). 5 Und wie sich die Namen theoretischer Begriffe “direkt auf fingierte, konstruierbare und daher gleiche Gegenstände beziehen” (1906: 36), so ist auch das Papiergeld der Idee nach direkt auf “gleiche Werte”, etwa gleiche Arbeitsstunden, bezogen. Die Analogie wird schließlich weiter ausgebaut, indem auch zwischen den sechs Sprachstufen und sechs verschiedenen Geldarten bzw. -funktionen Entsprechungen hergestellt H. Walter Schmitz 266 werden (vgl. die Abbildung), d.h. den jeweiligen Sprachstufen und Geldarten liegt jeweils dieselbe Willensform als Fundierung der Zeichen-Bedeutung (Wert)-Relation zugrunde: a) Das “ursprüngliche Geld”: Es ist zunächst von anderen Werten nicht, als Geld dann nur wenig verschieden, denn der soziale Wille, eines der vielen dafür in Betracht kommenden Güter in der Funktion des Geldes zu verwenden, ist hier von der “sozialen Praxis” kaum verschieden, so wie der individuelle Wille dieser Stufe “nur das Gefühl der Tätigkeit” ist (§ 57, 1906: 36f.). Entsprechend entstehen Worte aufgrund des “Sprachbildungstriebs” durch Differenzierung und “Auslese” aus “natürlichen Zeichen”, die selbst noch keine Worte sind (vgl. § 44, 1906: 19). b) “Allgemein gültige Tauschmittel” (“Metalle”): Übung und Gewohnheit lassen das “absatzfähigste Gut” zum allgemein üblichen, d.h. “gültigen” Tauschmittel werden (1906: 37), so wie sie andererseits den “Sprachgebrauch” etablieren, und “der Wille des Gebrauchs involviert den Willen der Bedeutungen”, wenn auch in der Gewohnheit der Wille nicht als wirksam erkannt wird (§ 35, 1906: 14f.). c) Die (garantierte) Münze: Das Gemeinwesen garantiert für ein bestimmtes Gewicht und einen bestimmten Gehalt des Metallgeldes, wozu häufig eine spezielle Prägung als eine Art Garantiestempel genutzt wird. Da solche Garantie wesentlich eine moralische ist, ist sie empirisch religiöser Art, eine “Garantie durch öffentlichen Glauben” (1906: 37). Die gleiche Rolle spielt der “gemeinsame Glaube” als Form des sozialen Willens im Erlernen und Lehren der Sprache, also in ihrer Tradierung, zudem in der Auffassung, Einführung und Wirkung religiöser Sprache und der ihr verwandten poetischen Sprache. Und wie auf dieser Ebene der Geldentwicklung die Täuschung, also die Falschmünzerei und damit die Münzverschlechterung zum ersten Mal hervortreten (1906: 37), so sprachlich die Lüge, in der die Worte zu einem ihnen fremden, d.h. dem ihnen zugrundeliegenden sozialen Willen fremden individuellen Zweck verwendet werden (§ 48,1906: 23). d) “Konventionelles Papiergeld” (Wechsel, Anweisungen, Coupons, Briefmarken etc.): Ihm liegt wie überhaupt jeglicher “Geltung von Geldsurrogaten” der kaufmännische Kredit zugrunde, indem hier der Kredit möglichst weitgehend dem Geld “angeähnlicht” wird (1906: 37f.; 1926: 44f; 1979: 42); und Kredit beruht auf Verabredung, Vertrag oder Konvention, ganz so wie die Zeichen konventionellen Charakters: Schriftzeichen, Privatzeichen, internationale Hilfssprachen, die alle schon eine Sprache voraussetzen als Bezugssprache und Sprache der Vereinbarung (§§ 50-52,1906: 24-29). e) “Gesetzliches Zahlungsmittel”: Der Staat verleiht zunächst den Münzen, dann der Papierwährung (“bedruckte Zettel”) durch Zwang ihre Geltung, doch ihr wirklicher Wert ist nicht durch den moralischen, sondern durch den “kaufmännischen Kredit” der Staatsregierung bedingt (1906: 37). 6 Dem entspricht die möglichst rationale Gesetzgebung, die sich einerseits mit der Bestimmung von Wortbedeutungen befassen muß, andererseits sich an den Sprachgebrauch anzulehnen sucht. Auf ähnliche Weise bilden “Grammatiker und Lexikographen”, Akademien und anerkannte Schriftsteller die Sprache weiter (§§ 31-41, 1906: 14-17) und verschaffen neuen Worten oder neuen Bedeutungen für alte Worte Geltung. f) “Banknote” (einer Monopol-Zettelbank): Da die Verwaltung einer großen Bank nach wissenschaftlichen Prinzipien ausgeübt wird, kann man die Banknote “(ihrer Idee gemäß) das wissenschaftliche Geld” nennen, die sich in einer reinen Kreditwirtschaft, vermittelt über komplexe Berechnungen, nicht mehr auf Geld (“das halb-natürliche Zeichen aller Werte”), Sind Worte für bare Münze zu nehmen? 267 sondern direkt auf alle Werte bezöge, etwa durch Zurückrechnung auf die durchschnittliche Arbeitszeit (1906: 38). Entsprechend ist Wissenschaft “[…] gesetzgebend für die Bedeutungen von Wörtern, die sie für ihre bestimmten Zwecke aus dem Sprachgebrauch ablöst und definiert, d.h. die Bedeutungen als sein-sollende setzt; […]” (§ 42, 1906: 17). Ihre wahre Unabhängigkeit und Macht tritt jedoch erst da hervor, wo sie ihre Gegenstände unabhängig von sonstigen Vorstellungen und Gedanken selbst konstruiert und ihnen alte oder neue Worte als Namen gibt (“reine Theorie” oder “reine Wissenschaft”). Spätere zusätzliche Hinweise Tönnies’ auf Möglichkeiten, die Wort-Geld-Analogie auch auf Arten der Mitteilung unter Verwendung von Zeichen auszudehnen (z.B. Wort- und Geldentwertung durch “Inflation”), können wir hier übergehen, da er selbst sie nicht für sonderlich weitgehend hält (§ 62, 1906: 43f.). Dies verwundert auch nicht, denn schon der Schwerpunkt seiner Überlegungen zu sprachlichen Zeichen liegt auf der Zeichen-Bedeutung- Relation entkontextualisierter, eher extrakommunikativ betrachteter Worte. Die Individuen gehen in diese Betrachtungsweise lediglich ein als Träger eines sozialen oder individuellen Willens, der die jeweilige Relation schafft, aufrecht erhält und als gegeben unterstellt. 4. Zeichen als Werte Ehe ich mich der Kritik an Tönnies Analogie und der Ermittlung ihrer Hauptfunktion in seiner Welby-Preisschrift zuwende, sei zunächst noch erläutert, wie Tönnies den Einbau der sozialen Zeichen in die Systematik der Soziologie vorgenommen hat. Schon im ersten nachweisbaren Versuch, Zeichen innerhalb seiner Systematik der Soziologie zu berücksichtigen, ordnet er sie den Werten zu. In “Soziologie im System der Wissenschaften” von 1915/ 16 (vgl. Tönnies 1926: 236-242) betont er zunächst nochmals, daß der Gegenstand der Soziologie die sozialen Tatsachen “im strengeren und engeren Sinne” seien, nämlich das soziale, zumindest friedliche Verhalten der Menschen zueinander. Tönnies fährt dann fort: “Sie macht aber ferner die gegenseitige Bejahung, die sich darin ausdrückt, zum Gegenstande ihrer Untersuchung, insofern als daraus eigentümliche Gebilde entstehen, die wie Objekte angeschaut werden können und als solche von den zusammenlebenden Menschen selber gesetzt und behauptet werden.” (1926: 241; Hervorh. H.W. Sch.) Neben den “sozialen Verhältnissen” und den “sozialen Verbindungen” bilden die “sozialen Werte” eine der “Gattungen dieser Objekte”. Die sozialen Werte, die - wohlgemerkt - ebenso wie die sozialen Verhältnisse und Verbindungen als “Gebilde” und von Menschen gesetzte und behauptete “Objekte” eingeführt worden sind, werden dann folgendermaßen definiert: “Als soziale Werte verstehe ich alle mit den Menschen verbundenen Sachen und Gegenstände, insofern als sie ihnen gemeinsam zugehörig empfunden und gedacht werden; daher auch alle von Menschen erkannten und anerkannten Zeichen, insofern als sie ihnen etwas bedeuten; […]; kurz: den gesamten Inhalt sozialen Wollens, insofern als dieser Inhalt für die Individuen verbindlich sein will, ihnen also maßgebend gegenübersteht.” (1926: 242) Die sozialen Zeichen - und nur um sie geht es hier - sind also aufgrund der Tatsache als soziale Werte anzusehen, daß sie Inhalt des sozialen Wollens und damit für alle Individuen gültige und verbindliche Objekte sind, die als gemeinsamer Besitz betrachtet werden. Da die H. Walter Schmitz 268 Zeichen-Bedeutung-Relation ebenfalls Produkt des sozialen Wollens ist, implizieren Geltung und Verbindlichkeit der Zeichen als Objekte auch deren Bedeutungen. Tönnies’ Aufsatz “Einteilung der Soziologie” von 1924 (vgl. Tönnies 1926: 430-443), der in den wesentlichen Punkten zugleich das Gerüst für die lockerer und weitschweifiger geschriebene “Einführung in die Soziologie” von 1931 abgegeben zu haben scheint, handelt die sozialen Zeichen als soziale Werte etwas ausführlicher ab, wie es zudem der weiter ausgearbeiteten Systematik der Soziologie insgesamt entspricht. Dort umfaßt die “spezielle Soziologie” als ersten von drei Teilbereichen die “reine Soziologie” (1926: 432). Diese wiederum gliedert sich in fünf Gebiete, deren zweites “die Lehre von den Verbundenheiten oder den sozialen Wesenheiten” genannt wird, die die sozialen Verhältnisse, Samtschaften, Körper und Körperschaften zum Gegenstand hat. Das vierte Gebiet der “reinen Soziologie” heißt schließlich: “die Lehre von den sozialen Werten, als den Gegenständen des Besitzes der sozialen Wesenheiten” (1926: 433). Die später folgende Definition der sozialen Werte unterscheidet sich nur darin von der aus den Jahren 1915/ 16, daß der gemeinsame Besitz der gewollten Gegenstände stärker hervorgehoben wird, und zwar Besitz im Sinne von: sich der Gegenstände “mächtig” fühlen und wissen (vgl. 1926: 439). Die sozialen Werte werden nun eingeteilt in “ökonomische Werte”, “politische Werte” und “ideelle und geistige Werte”. Diese hier relevante dritte Gruppe wird nochmals aufgegliedert in a) “Personen”, b) “Sachen” und c) “die sozialen Zeichen”. Schon unter die “Sachen” fällt kennzeichnenderweise neben Werken der Künste und der Wissenschaft sowie den “heimischen Sitten und Gewohnheiten” etc. die “gemeinsame Sprache”. Zu der vielfältigen und bedeutsamen Gruppe der sozialen Zeichen heißt es dann: “Das Wesen des Zeichens besteht darin, daß es nicht ist, sondern bedeutet und gilt. Sein Wert besteht eben in seiner Geltung. Ich teile die sozialen Zeichen ein in: A. die Zeichen für soziale Werte selbst. Dazu gehört auch die Sprache als ein System von Zeichen für den ideellen Wert des Sichverstehens, also Mitteilenkönnens; und die Schrift, der Druck usw. wiederum als Zeichen der Zeichen. Es gehören aber ferner dazu alle insbesondere sog. Wertzeichen, unter denen das Geld das wichtigste ist; als Zeichen materieller Werte gehören sie zu diesen selbst, auch außer dem, daß sie - wie das Metallgeld - es zugleich sind.” (1926: 440) Als weitere Untergruppe folgt die der “Zweckzeichen” geltender Ordnung, geltenden Rechts und geltender Moral. Diese stehen für den Willen, “daß etwas sein oder geschehen soll”, und umfassen “Signale” (wohl auch Verkehrszeichen), gerichtliche Formeln und Formen (vgl. 1931: 181) und vorgeschriebene Gesetzesformen als Zeichen ihrer Rechtsgültigkeit etc. Die dritte Untergruppe bilden die “Symbole”, nämlich “[…] in Worten, Handlungen oder Gegenständen ausgeprägte Zeichen von Verhältnissen, Zuständen, Normen, die entweder als seiend, d.i. schon Gültigkeit habend, oder als sein sollend, d.i. solche Gültigkeit haben sollend gedeutet werden.” (1926: 440) In dieser Einteilung kommt die gemeinsame Sprache gleich zweimal vor: einmal als “Sache”, die als solche gewollt und geschätzt wird, also - wie auch der Zusammenhang zeigt- als Gebilde oder System von Gebilden im Sinne Bühlers; sodann als ein “System von Zeichen für den ideellen Wert des Sichverstehens”, womit die Sprache in ihrer positiven Funktionalität für ihre “Besitzer” bestimmt wird, und zwar in vollkommener Entsprechung zu Tönnies’ Umschreibung von “Verstehen” in “Philosophische Terminologie”. Einerseits verbindet diese zweite Bestimmung der Sprache diese auf eine weitere Art mit dem Geld, das ebenfalls Zeichen für Werte Sind Worte für bare Münze zu nehmen? 269 ist, andererseits wird ebenso die Verschiedenheit von Sprache und Geld betont. Denn als Zeichen gehören Geld und Sprache (als System von Zeichen) zwar zu den “ideellen und geistigen Werten”, da sie beide gelten, doch die Sprache steht für einen ideellen Wert, das Geld aber für einen materiellen Wert. Und vor allem, die sprachlichen Zeichen sind nur Zeichen, die gelten, während das Geld nicht nur Zeichen ist, sondern zugleich materieller Wert. Dennoch, den letztlich entscheidenden Unterschied zwischen sprachlichen Zeichen und Geld faßte Tönnies auch 1931 noch nicht begrifflich. Dazu fehlten ihm vor dem Hintergrund seiner Zeichentheorie die theoretische Notwendigkeit ebenso wie die begrifflichen Voraussetzungen. Die begriffliche Differenzierung dieser Art ist also gar nicht Tönnies’ Ziel, da sich ihm innerhalb seiner fast ausschließlichen Betrachtung der Sprache unter dem Aspekt eines sozialen Gebildes dies nicht als Problem stellt. Liegt einerseits in der Einseitigkeit dieser Sprachbetrachtung eine Schwäche, so ist sie doch in anderer Hinsicht die Stärke des Ansatzes. Denn Tönnies erfaßt als erster Soziologe überhaupt - und dies sogleich recht umfassend - Sprache zeichentheoretisch und als ein gesellschaftliches Produkt; und dabei spürt er dort, wo andere mit dem meist nur hingeworfenen Ausdruck “Arbitrarität des Zeichens” häufig mehr verdecken als klären, den unterschiedlichen Arten von Zeichen-Bedeutung-Relationen nach und setzt diese in Beziehung zu bestimmten sozialen Funktionen der jeweiligen sprachlichen Zeichen und zu spezifischen Erfordernissen sozialer Organisationen und Handlungsformen. Das Verständnis von sprachlichen und anderen sozialen Zeichen als soziale Werte schließlich führt ihn zu einem tieferen Einblick in die Funktionalität sozialer Zeichen für Herstellung und Erhaltung normativer Regelungen des gesellschaftlichen Lebens. Zum Teil erst Jahrzehnte später sind einige Soziologen und Soziolinguisten unabhängig von Tönnies’ vergessenen Schriften zu ähnlichen Einsichten vorgedrungen. 5. Lady Welbys Kritik an Tönnies’ Wort-Geld-Analogie Nach der Publikation von Tönnies’ Preisschrift hat Lady Welby sich in einem Aufsatz in “Mind” ausführlich damit auseinandergesetzt (Welby 1901). Zu den wenigen Stücken aus “Philosophische Terminologie”, denen sie nicht zuzustimmen bereit ist, gehört Tönnies’ Wort-Geld-Analogie. Wie Tönnies in seiner Entgegenung darauf (Tönnies 1901; 1906: 97-103) richtig bemerkt, sieht Lady Welby in dem relevanten Textstück nicht in erster Linie die Herstellung einer (Proportionalitäts-)Analogie, sondern den Ausbau einer traditionellen Metapher. Zudem mißversteht sie den Stellenwert der Analogie innerhalb des Gesamttextes als eine figurative Defintion von Sprache (Welby 1901: 194). Für Tönnies nämlich hat die Analogie nach seiner eigenen Auskunft allein die Funktion, “das Wesen und die Macht verschiedener Formen von sozialem Willen zu illustrieren” (Tönnies 1906: 101). Das heißt, die Wort-Geld-Analogie ist weder in erster Linie ein Mittel, die Arbitrarität sprachlicher Zeichen zu betonen, noch eines, nur den Zeichencharakter des Geldes zu verdeutlichen. Es geht hier vielmehr erneut um das Kernstück der gesamten Zeichentheorie, nämlich die sechs verschiedenen Willensformen als Grundlagen unterschiedlicher Zuordnungen von Bedeutung und Zeichen generell; Sprachstufen und Geldformen sind lediglich zwei bedeutsame Realisierungen dieser allgemeinen Prinzipien der Konstitution von Zeichen-Bedeutung-Einheiten. Trotz der genannten Mißverständnisse Lady Welbys lohnt es, ihre Argumente gegen die Geldmetapher näher zu betrachten. Sie führt an: Im Gegensatz zu Worten werden Geldstücke nicht nach stilistischen, ästhetischen oder rhetorischen Gesichtspunkten arrangiert; aus ihnen H. Walter Schmitz 270 können keine Komplexionen gebildet werden; sie sind nicht abkürzbar und bestehen nicht aus Einheiten, die wie Sprachlaute in Klang und Schrift modifizierbar wären; Geldstücken fehlt die Vielfalt variierender Assoziationen der Worte bei verschiedenen Personen und die Fähigkeit, häufig trotz ‘äußerer’ Verschiedenheit gegenseitig einzeln austauschbar zu sein; Geldstücke einer Klasse sind alle Objekte mit genau demselben Wert, Worte einer Klasse jedoch nicht; Geldstücke sind Zeichen einer Standardmaßeinheit, Worte nicht; schließlich gibt es beim Geld keine Entsprechung zu der Möglichkeit, die Bedeutung von Worten durch Wärme oder Kälte des Tons, durch weinendes, ernstes oder lächelndes Gesicht oder durch Unterstreichung oder Großdruck 7 zu ändern (Welby 1901: 195). Dieser wesentlichen Unterschiede wegen lehnt Lady Welby die Geldmetapher und die Wort-Geld-Analogie als für wissenschaftliche Zwecke ungenügend fundiert ab. Sie hält sie lediglich innerhalb der Alltagssprache für akzeptabel, während sie ihr innerhalb wissenschaftlicher Texte gefährlich und irreführend erscheinen. 6. Karl Bühler zum Wort-Geld-Vergleich In Bühlers Erläuterungen zum Vierfelderschema enthält der Teil über die Sprachgebilde (1978b: 57ff.) zwei Seiten über eventuelle Entsprechungen zwischen “Zeichenverkehr” und “Güterverkehr” und dabei zwischen Geld und Wort. Ganz anders als Tönnies und durchaus näher dem vermutlichen Ursprung der gesamten Tradition des Wort-Münze-Vergleichs bei Quintilian sieht Bühler die wesentliche Korrespondenz zwischen dem “phonematische(n) Gepräge am Klangbild” und dem “Münzgepräge” (1978b: 61). Denn hieran sei - rein logisch - eine “Verkehrskonvention geknüpft”, die den Symbolwert des Wortes fixiert bzw. den Geldwert der Münze sowie die Gleichwertigkeit dieses einen Geldstückes mit anderen gleichen Gepräges. Gegen eine weitergehende Vergleichbarkeit von Wort und Münze sprechen jedoch nach Bühler: 1. Worte fungieren einerseits noch “stoffgleichgültiger (entstofflichter, abstrakter)” (1978b: 60) als Geldstücke, denn man kann auch eine “phonematisch schlecht geprägte Wortmünze” akzeptieren, wenn man weiß, was sie nach der Intention des Sprechers sein soll. 2. Worte sind andererseits mit von Fall zu Fall variierenden Qualitäten ausgestattet, mit “Ausdrucks- und Appellvalenzen”, die verkehrsrelevant sind und beachtet werden (ebenda). Dies ist nun in der Tat eine eher begrifflich abstrakte Fassung der meisten Einwände Lady Welbys gegen Tönnies’ Analogie. Bühler geht jedoch noch einen Schritt über Lady Welbys Kritik hinaus und zielt dabei auf die prinzipielle Verschiedenheit von Wort und Geld. Das konkrete Wort ist ihm nämlich ein “Zeichending”, doch “der Dollar ist und bleibt, so sehr er sich in seiner Papierform den Zeichendingen nähern mag, den Gütern verhaftet” (1978b: 61). Oder anders ausgedrückt: Um Geldwert zu haben, muß Geld jedweder Art stofflich genau das Objekt sein, das von einer dazu befugten Stelle produziert und ausgegeben worden ist. Die “reinen Zeichendinge” dagegen sind - bis auf einige Ausnahmefälle - stoffgleichgültig und darüber hinaus ablösbar von den Dingen, für die sie als Zeichen stehen. Bühler schließt die Betrachtung mit dem Satz: “Das alles scheint mir von der Sematologie her gesehen die Gründe derer zu stützen, welche die unerläßliche Verhaftung auch der sekundär und tertiär mit einem Geldwert versehenen Papier- Sind Worte für bare Münze zu nehmen? 271 stücke (also des sogenannten Zeichengeldes im engeren Wortsinn), ihre Verhaftung im Reiche der Güter theoretisch stark unterstreichen und zum Definitionsmerkmal des Geldbegriffes erheben.” (1978b: 61) Einer derjenigen, die Bühler hier meint und von dessen Überlegungen er für seinen eigenen Vergleich von Wort und Geld profitiert hat, ist Georg Simmel. In seiner “Philosophie des Geldes” (3. Auflage, 1920) hat Simmel nicht nur die fortschreitende Entwicklung des Geldes “aus der Form der Unmittelbarkeit und Substanzialität […] in die ideelle” (1920: 123) als einen der Idee des Geldes adäquaten Prozeß beschrieben, sondern zugleich ein ganzes Kapitel (1920: 129-150) den Gründen gewidmet, aus denen das Geld niemals seinen “substanziellen Eigenwert” vollkommen verlieren und “in seinem Symbolcharakter völlig aufgehen” kann (1920: 139), “weil bei absoluter Vollendung dieser Entwicklung auch der Funktions- und Symbolcharakter des Geldes seinen Halt und seine zweckmäßige Bedeutung einbüßen würde” (1920: 149). Warum Simmel? Nun, Bühler nennt ihn in der “Sprachtheorie” nicht, wohl aber in “Die Krise der Psychologie”, wo er nach Abschluß der Betrachtung der Bienensprache auf die Entwicklung des Geldes aus dem Tausch bis hin zum Papiergeld eingeht, um daran nochmals die “Entstofflichung der Verkehrsmittel” und die “prinzipielle Ablösbarkeit von den Dingen” als die beiden Symptome für das Vorliegen einer Semantik zu erläutern, die der sprachlichen vergleichbar ist. - Diese Passagen stehen übrigens nicht ganz in Einklang mit der Betrachtung des Geldes in der späteren “Sprachtheorie”. - An dieser Stelle der “Krise” zitiert Bühler Simmel, ohne aber eine Stelle zu nennen, mit einer Formulierung, die die Eigenart der menschlich-geistigen Stufe in der Evolution charakterisieren soll, also der Stufe, auf der die “reinen Zeichen” erstmals auftreten. Simmel soll danach von der “‘Wendung zur Idee’” gesprochen haben (Bühler 1978a: 54). Es gibt viele Stellen in Simmels Werk, die diesen Gedanken zum Gegenstand haben. Doch die Textumgebung, in der das angebliche Simmel-Zitat bei Bühler steht, scheint auf die “Philosophie des Geldes” von Simmel zu verweisen, und dort findet sich eine ähnliche Formulierung - Bühler zitierte offenbar häufiger aus dem Gedächtnis -, mit der die Voraussetzung für die zunehmende Entstehung und Verwendung “reiner Zeichen” benannt wird: “eine prinzipielle Wendung der Kultur zur Intellektualität” (Simmel 1920: 128). Ob dies die Stelle war, an die Bühler dachte, ist weniger wichtig als die sehr weitgehenden terminologischen 8 und inhaltlichen Entsprechungen zwischen Bühlers Behandlung des Wort- Geld-Vergleichs und dem ersten Teil von Simmels “Philosophie des Geldes”. Bekannt war dieses Buch allenthalben, auch unter Bühlers Kollegen. August Messer zitiert es z.B. in seiner 0. Külpe gewidmeten “Einfuhrung in die Erkenntnistheorie” von 1909 (vgl. Messer 1909: 192). Damit schließt sich der Kreis der Betrachtungen. Denn auch Simmel hat das Geld hinsichtlich seiner “symbolischen Funktion” mit den Sprachlauten verglichen (vgl. Simmel 1920: 87) und rückt damit in die Nähe seines Fachkollegen Tönnies. 7. Resümee Der in der Geschichte der Semiotik häufig anzutreffende Wort-Geld-Vergleich, sei es als Basis einer Geldmetapher, sei es als Verfahren der Analogiekonstruktion, dient in seiner Behauptung von Ähnlichkeiten wie in der Feststellung von Unterschieden auf je verschiedene Weise der Verdeutlichung jeweils spezifischer zeichentheoretischer Grundannahmen. Von daher verwundert es nicht, daß Lady Welbys und Bühlers kritische Anmerkungen zu diesem H. Walter Schmitz 272 traditionellen Vergleich weniger als Kritik an Tönnies’ Wort-Geld-Analogie verstanden werden können, deren Kern, Funktion und Grundlage sie verfehlen, denn als Offenlegung der Verschiedenheiten jeweiliger zeichentheoretischer und auch geldtheoretischer Positionen. Tönnies’ Zeichenbegriff ist so weit gefaßt, daß er das, was Bühler die Ablösbarkeit der Zeichen nennt, erst durch die traditionelle Differenzierung zwischen natürlichen und künstlichen Zeichen einbringt. Bühlers weiteres Merkmal der Zeichen, die Entstofflichung oder Stoffgleichgültigkeit, dessen durchgängige Handhabung auch Bühler Schwierigkeiten bereitet, geht dagegen bei Tönnies nur am Rande in seine Zeichentheorie ein, und zwar, wie die Wort-Geld-Analogie zeigt, über die zunehmend abstrakter und zweckrationaler werdenden Stufen der Relationierung von Zeichen und Bedeutung. Zudem zielt Tönnies’ Interesse auf rein begrifflich konstruierte Gebilde, deren mögliche empirische Entsprechungen ihn erst in zweiter Linie beschäftigen, während Lady Welby und Karl Bühler sich auf das konkrete “Zeichending” in zwischenmenschlicher Kommunikation konzentrieren, dessen Merkmalsfülle und Variabilität sie weder in Tönnies’ noch in der linguistischen Theorie berücksichtigt finden können, da diese die sprachlichen Phänomene als subjektentbunden und zugleich auf einer höheren Formalisierungsstufe betrachten. Bei Tönnies heißt es dementsprechend ausdrücklich, er wünsche, seine Theoreme in “Philosophische Terminologie” zu denen W. Wundts, B. Delbrücks und M. Bréals in Beziehung zu setzen (vgl. Tönnies 1906: IX). Um schließlich zur Frage im Titel dieses Beitrags zurückzukehren: Alle hier behandelten Autoren stimmen darin überein, daß man Worte für bare Münze nehmen kann. Für Tönnies (vgl. 1906: 26f.) und Lady Welby (1901: 196) heißt dies, z.B. konventionelle Höflichkeitsformeln ‘wörtlich’ und als ernst gemeint verstehen. Für Bühler (1978b: 61) mag dies heißen, Worte so zu nehmen, wie sie lautlich geäußert werden oder werden sollten. Alle drei Autoren sind aber ebenso der Auffassung, daß man Worte nicht für bare Münze nehmen muß. Denn dies setzte eine metaphorische Sprachauffassung voraus, die Konsequenzen impliziert, welche weder durch die sehr begrenzten Ähnlichkeiten von Wort und Geld zu stützen wären noch der Natur der Sprache und der Verwendung sprachlicher Zeichen in Kommunikationsprozessen gerecht werden könnten. Gerade dies macht die Geldmetapher in Lady Welbys Augen so gefährlich, weshalb sie sie aus der Wissenschaftssprache verbannt sehen möchte. Berechtigt ist ihr Anliegen insofern, als die Geldmetapher zusammen mit anderen Redeweisen durchaus ein adäquater Ausdruck falscher, irreführender, aber doch zugleich potentiell handlungsorientierender alltagsweltlicher Theorien der Kommunikation (Austausch- und Transportmodelle) ist. Anmerkungen 1 Die englische Übersetzung ist vielfach ungenau oder sogar irreführend, weshalb Jacoby den von ihm erneut publizierten zweiten Teil von “Philosophische Terminologie” selbst neu ins Englische übertragen hat (vgl. Tönnies 1974: 217-247). 2 “Consuetudo vero certissima loquendi magistra, utendumque plane sermone ut nummo, cui publica forma est.” (Quintilian, Inst. Orat. I, 6) 3 Vgl. dazu Tönnies (1912: 156). 4 “La parole est donc, dans le commerce de pensées, ce que l’argent est dans le commerce des marchandises, expression réelle de valeurs, parce qu’elle est valeur elle-même. Et nos sophistes veulent en faire un signe de convention, à peu prés comme le papier-monnoie, signe sans valeur.” (L.-G.-A. de Bonald: Legislation primitive, 3 vols., Paris 1817 (zuerst: 1802), I, p. 99; zit. nach Aarslefl 1967: 234). Sind Worte für bare Münze zu nehmen? 273 5 Hieran wird deutlich, daß eine angemessene Aufschlüsselung von Funktion und Bedeutung von Geldmetaphern oder -analogien voraussetzt, daß man auch die ‘Geldtheorie’ des jeweiligen Autors berücksichtigt. Dies scheint mir von Dascal (1976), vor allem bei seiner Behandlung der Geldmetapher bei Hobbes, nicht geleistet worden zu sein - zum Nachteil der resultierenden Interpretation. 6 Dieser Gedanke läßt sich gelegentlich in heutigen Diskussionen wiederfinden - trotz des Wandels der Geldtheorie seit 1906. So schreibt etwa F. Wilkens in einem Leserbrief an “Die Zeit” (Nr. 35, 23.8.1985): “Man sollte die Amerikaner ruhig gewähren lassen, wenn sie im Weltraum militärisch experimentieren und ihr Geld los sein wollen, vielmehr das Geld der Kapitalisten aus aller Welt, die das reiche Amerika per Geldanleihen so reichlich alimentieren. Die dummgläubigen Gläubiger Amerikas werden schon merken, was sie davon haben, an einen Staat Dollars auszuleihen, der Dollarscheine drucken darf und im Notfall alle äußeren Schulden damit bezahlen kann. Man gab in kaufkräftigem Geld Leistungsäquivalente gegen Papier.” 7 Hierzu meint Tönnies in seiner Entgegnung (1901: 207f., 1906: 101f.) doch noch eine Entsprechung finden zu können, die z.B. im “Indossieren von Wechseln” bestehen könnte oder in einer besonderen Bürgschaft, die jemand dafür übernimmt, daß das von ihm bezahlte Geld echt ist oder das erforderliche Gewicht hat. 8 Simmel verwendet z.B. ebenfalls die terminologische Differenzierung von “Stoff” (auch “Inhalt”, “Materie”) und “Form”, wie wir sie bei Bühler finden. Literatur Aarsleff, Hans (1967): The study of language in England, 1780-1860. Princeton, N.J.: Princeton University Press. Aarsleff, Hans (1982): From Locke to Saussure. Essays on the study of language and intellectual history. London: Athlone. Bréal, Michel (1879); La science du langage, in: Revue scientifique de la France et de l’étranger, 2. ser., 8,1005-1011. Bühler, Karl (1978a): Die Krise der Psychologie. Mit einem Vorwort von Hubert Rohracher. 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