Kodikas/Code
kod
0171-0834
2941-0835
Narr Verlag Tübingen
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2004
273-4
Der Selbstbeobachter - ein deutsches Phänomen? Selbstreflexionsprozesse und ihre kulturspezifische Ausprägung
121
2004
Ulrike Schröder
Die vorliegende Untersuchung fokussiert die Frage, in welchem Maße Selbstreflexionen, insofern sie als Epiphänomen kommunikativer Prozesse betrachtet werden, eine kulturspezifische Ausprägung aufweisen. Exemplifiziert wird diese Fragestellung entlang der deutschen Kultur und Sprache, die, so die These, in einem reziproken Verhältnis zueinander stehend, eine starke Tendenz zur Selbstbeobachtung innerhalb der deutschen Kommunikationsgemeinschaft hervorbringen. Zur Illustration dieses Wechselverhältnisses wird entlang von Redebeispielen auf syntaktische Phänomene wie Kausal- und Konditionalkonstruktionen, lexikalische Phänomene wie das deutsche Kompositum und auf den deutschen Wissenschaftsstil eingegangen. Diese sprachlichen Charakteristika werden im Anschluss daran mit kulturgeschichtlichen wie der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung seit der Renaissance und den Einflüssen der Individualisierung sowie des Protestantismus verflochten.
kod273-40201
Der Selbstbeobachter - ein deutsches Phänomen? Selbstreflexionsprozesse und ihre kulturspezifische Ausprägung Ulrike Schröder Die vorliegende Untersuchung fokussiert die Frage, in welchem Maße Selbstreflexionen, insofern sie als Epiphänomen kommunikativer Prozesse betrachtet werden, eine kulturspezifische Ausprägung aufweisen. Exemplifiziert wird diese Fragestellung entlang der deutschen Kultur und Sprache, die, so die These, in einem reziproken Verhältnis zueinander stehend, eine starke Tendenz zur Selbstbeobachtung innerhalb der deutschen Kommunikationsgemeinschaft hervorbringen. Zur Illustration dieses Wechselverhältnisses wird entlang von Redebeispielen auf syntaktische Phänomene wie Kausal- und Konditionalkonstruktionen, lexikalische Phänomene wie das deutsche Kompositum und auf den deutschen Wissenschaftsstil eingegangen. Diese sprachlichen Charakteristika werden im Anschluss daran mit kulturgeschichtlichen wie der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung seit der Renaissance und den Einflüssen der Individualisierung sowie des Protestantismus verflochten. This article examines the cultural dimension of selfreflection, regarded as an epiphenomenon of communicative processes. As an exemplification of this problem, the reciprocity of the German culture and language which is responsible for a certain tendency to auto-observation in the German speech community, is analysed. In order to illustrate this reciprocity there are presented syntactic phenomena like causal and conditional constructions in everyday speech, lexical phenomena like the German compound and the German scientific speech style. Subsequently, these linguistic characteristics are linked with cultural ones like the differentiation of the society and the influence of the individualization and the Protestantism. 1. Einleitung Der Deutsche sei nicht gerne deutsch, ist immer wieder zu hören. So antwortete in einer Umfrage des Gallup-Instituts ein Viertel der Deutschen auf die Frage “Was ist Ihrer Meinung nach typisch deutsch? ” spontan mit negativen Eigenschaften. Fast die Hälfte ist sicher, die Deutschen seien im Ausland unbeliebt. 1 Auch im Hinblick auf den ‘Nationalstolz’ zeigen sich die Deutschen etwa im Vergleich zu US-Amerikanern weitaus zurückhaltender: Während mehr als zwei Drittel aller US-Amerikaner in einer Umfrage bekennen, stolz auf ihre nationale Zugehörigkeit zu sein, ist es in Deutschland lediglich ein Drittel. 2 Besonders in Fernsehdiskussionen und einschlägigen Tageszeitungen findet sich immer wieder die Debatte über das Verhältnis der Deutschen zu sich selbst, wobei im Kontext des jeweils diskutierten Themas vorrangig der Zusammenhang zwischen dieser hohen Reflexionstätigkeit auf nationaler Ebene und der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus fokussiert wird. K O D I K A S / C O D E Ars Semeiotica Volume 27 (2004) No. 3-4 Gunter Narr Verlag Tübingen Ulrike Schröder 202 Im Folgenden soll eine kommunikationswissenschaftliche Perspektive herangezogen werden, die sich nicht darauf beschränkt, diese Tendenz zur Selbstbetrachtung monokausal auf den Nationalsozialismus und den Holocaust zurückzuführen, sondern bemüht ist, ein tiefer verwurzeltes Korrelationsgeflecht zutage zu fördern. Schließlich muss das Bekenntnis “nicht stolz darauf, ein Deutscher zu sein” nicht zwangsläufig implizieren, dass den Befragten die eigene Nation zuwider ist; ebenso vorstellbar ist eine mit dieser Antwort zum Ausdruck kommende kritische Distanzierung im Hinblick auf die gestellte Frage. 3 Genau an diesem Punkt soll angesetzt werden. Im Zentrum der nachfolgenden Überlegungen stehen kulturspezifische, genauer, deutschspezifische Ausprägungen von Selbstreflexionsprozessen. Dabei richtet sich der Blick auf die Wechselwirkung zwischen kultureller Mikro- und Makroebene, indem gefragt wird: 1. Wie kommen Selbstbeobachtungsprozesse überhaupt zustande? 2. Welche Einflussfaktoren begünstigen ihre Ausdifferenzierung dergestalt, dass sie in der einen Kultur stärker sind als in der anderen? Zur Beantwortung der ersten Frage bietet sich ein Rückgriff auf Theorien an, die das Zustandekommen solcher Mechanismen auf der Grundlage von Kommunikationsprozessen als deren Epiphänomen beschreiben, ebenso, wie sie Wirklichkeitskonstruktion als Nebenprodukt kommunikativer Interaktion begreifen. Der Vorteil solch konstruktivistischer Theorieansätze liegt in ihrer in vielen Konzeptionen leider oft vernachlässigten Einbeziehung alter egos, wobei der Kommunikationsprozess zwischen ego und alter ego zum Apriori der Ausbildung von Reflexion und Selbstreflexion wird. Im Anschluss daran werden verschiedene kulturelle Einflussfaktoren aufgezeigt, denen die Rolle von ‘Abstandsbegünstigern’ zukommt, indem sie die Distanz des Menschen zu sich selbst befördern und damit maßgeblich für die stärkere Ausbildung von Selbstbeobachtungsprozessen innerhalb der deutschen Kulturgemeinschaft im Vergleich zu anderen verantwortlich sind. Um diese Einflussfaktoren - der Prozess der Literalisierung, der Individualismus und Protestantismus deutscher Ausprägung, die Bildung der deutschen Nation als ‘Sonderweg’ sowie Eigentümlichkeiten der deutschen Sprache an sich, aber auch der deutschen Wissenschaftssprache im Speziellen - besser nachvollziehen zu können, werden einige Ergebnisse der von mir im Jahre 2000/ 2001 durchgeführten kulturkontrastiven Studie Brasilianische und deutsche Wirklichkeiten - eine vergleichende Fallstudie zu kommunikativ erzeugten Sinnwelten herangezogen. 2. Die Entstehung von Selbstreflexion in Kommunikationsprozessen Erst die Unterscheidung eines Beobachters grenzt eine Entität von ihrer Umwelt ab. Folglich gibt es keine Realität an sich, denn das primär Gegebene ist der Beobachter, der die Objektwelt durch den Akt des Unterscheidens überhaupt erst hervorbringt. In der biologischen Epistemologie des Chilenen Humberto Maturanas (1978a: 55) wird dieser weltschaffende Beobachter dennoch nicht als unhinterfragbarer Grund an den Anfang seiner Theorie gestellt, sondern ist Anfangs- und Endterminus eines sprachlichen Zirkels: Human beings can talk about things because they generate the things they talk about by talking about them. (Maturana 1978a: 56) Der Selbstbeobachter - ein deutsches Phänomen? 203 Jeder Beobachter bzw. jeder Mensch durchläuft im Verlauf seiner Ontogenese 4 Interaktionen mit seinem Milieu, die rekursiven Charakter besitzen und reziproke Perturbationen bilden können. 5 Ist dies der Fall, liegt eine strukturelle Koppelung als Geschichte wechselseitiger Strukturveränderungen vor. Findet eine solche Interaktion nun nicht zwischen Organismus und Milieu, sondern zwischen zwei Organismen statt, spricht Maturana von dem Auftauchen eines neuen Phänomenbereichs: dem konsensuellen Bereich. In ihm greifen die Verhaltensweisen der Organismen ineinander (vgl. Maturana 1978b: 47). Das Zustandekommen eines solchen konsensuellen Bereichs ist die Voraussetzung für die Entstehung von Sprache als “koordinierter Verhaltenskoordination” (Maturana 1997: 118), wobei auch die sprachlichen Interaktionen im Verlauf der Ontogenese der beteiligten Organismen rekursiven Charakter annehmen (vgl. Maturana/ Varela 1987: 85ff). 6 Wirklichkeit wird in der hier eröffneten Sicht folglich in konsensuellen Sprachbereichen als Konzept entworfen. Ihre Erzeugung muss als Nebenprozess verstanden werden, der sich parallel zum Verlauf institutionalisierter Kommunikationsprozesse entwickelt. Erst in einer solchermaßen “ontierten” (Maturana/ Varela 1987: 13) Welt entsteht wiederum durch einen weiteren Unterscheidungsakt der Beobachter selbst als eine unterschiedene Einheit, über die sich sprechen lässt. Denn tritt der Beobachter aus den Umständen seiner Beschreibung heraus, kann er seine eigenen Beschreibungen selbst zum Objekt weiterer Beschreibungen machen. Durch diese rekursive Anwendung von Beschreibungen auf Beschreibungen wird ein konsensueller Bereich zweiter Ordnung erzeugt: If an organism is capable of consensual conduct and of recursively interacting with its own states (through internal interactions of its closed nervous system), and applies the descriptive operation to itself by developing a consensual domain with itself through interactions with its own consensual states, a new phenomenological domain is generated that is indistinguishable from that which we call our domain of self-consciousness. (Maturana 1975: 323) Das bedeutet, der Beobachter ist fähig, dank der Selbstreferentialität seiner Beschreibungen Beobachter seines eigenen Beobachtens werden und mit den Repräsentationen seiner eigenen Beschreibung so zu interagieren, als ob diese selbstständige Größen wären: Er kann sich selbst als beschreibend beschreiben. In solchen Selbstbeschreibungen entsteht Ich-Bewusstsein als Epiphänomen eines rekursiven Beschreibungsprozesses, das vollständig im sprachlichen Bereich liegt (vgl. Maturana 1998: 53f). Zu ähnlichen Ergebnissen gelangt der Sozialpsychologe George Herbert Mead, der die Entstehung von Selbstreflexion ebenfalls in sprachlicher Interaktion verortet und diesem Grundgedanken eine noch stärker gesellschaftliche Wendung gibt, indem er die Entstehung von Ich-Identität im Zusammenhang mit der Übernahme der Haltungen anderer sich selbst gegenüber beschreibt: The self acts with reference to others and is immediately conscious of the objects about it. In memory it also reintegrates the self acting as well as the others acted upon. But besides these contents, the action with reference to the others calls out responses in the individual himself - there is then another “me” criticizing, approving, and suggesting, and consciously planning, i.e., the reflective self. (Mead 1913: 376) Unentwegt lösen wir in uns selbst die Reaktionen aus, die wir auch in anderen auslösen, und nehmen auf diese Weise die Haltungen der anderen in unser eigenes Verhalten hinein (vgl. Mead 1967: 154ff). Parallel dazu entwickelt sich die egozentrische Sprache eines Menschen über die soziale und nicht umgekehrt: Das Kind spricht nicht für sich, sondern mit sich selbst, und zwar so, als ob es ein anderer wäre. 7 Die Identität eines Individuums innerhalb einer Ulrike Schröder 204 Gruppe umfasst im Verlauf wiederkehrender und sich allmählich institutionalisierender Kommunikationsprozesse eine individuelle Spiegelung der allgemeinen systematischen Muster des Gruppenverhaltens, denn so wie alter ego typisierend erfasst wird, so erfasst sich durch die Reizrückkopplung nun auch der Einzelne selbst typisierend (vgl. Mead 1967: 192). Dieser Beobachter, der unser Verhalten begleitet, ist jedoch nicht das tatsächliche Ich, das für das Verhalten in propria persona verantwortlich ist, sondern stellt eine Reaktion auf unser eigenes Verhalten dar. Es handelt sich um eine reflexive Ich-Identität (Mead 1913: 376) den Selbstbeobachter, der seinerseits nur im modo praeterito entstehen kann, da er der reflexiven Einstellung bedarf. Demgegenüber können wir alter ego im stream of consciousness erfassen, sodass dieser in zeitstruktureller Hinsicht vor dem Ich erscheint (vgl. Schütz 1973: 175). Selbstbewusstsein als Resultat der Übernahme der Haltung Anderer ist damit auch in dieser sozialkonstruktivistischen Perspektive kein emotionelles, sondern ein kognitives Phänomen, das durch Kommunikationsprozesse zwischen ego und alter ego ausgelöst wird: […] and to be self-conscious is essentially to become an object to one’s self in virtue of one’s social relations to other individuals. (Mead 1967: 172) 3. Zur kulturgeschichtlichen Bedingtheit deutscher Selbstreflexion und ihren Erscheinungsformen im Alltagsstil Mit Einführung der Schrift kommt es zu einer Institutionalisierung von Zeitrahmen, innerhalb derer sich der Abstand zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vergrößert. Die Distanz zum Geschriebenen hat auch eine Distanz zum jeweiligen Situationsablauf zur Folge. An die Stelle des bloßen Erfahrungsflusses treten Relationen, die zwischen verschiedenen Erfahrungen und Erfahrungsmodi von einer Metaebene aus hergestellt werden, was sich sprachlich besonders in der Subordination niederschlägt. So kommt es in Deutschland im Zuge der in der frühneuhochdeutschen Periode (1350-1650) aufkommenden soziokulturellen Innovationen - Stadtentwicklung, Buchdruck, Reformation, Universitätsgründungen, Humanismus und Renaissance - zu einer Syntaxerweiterung durch Hypotaxe. Haupt- und Nebensatz werden zunehmend durch Mittel der Satzverknüpfung und feste Verbstellungsregeln formal genau unterschieden. Das Satzrahmenprinzip etabliert sich, und das Schreiben selbst wird im Vergleich zur mündlichen Kommunikation zu einem solipsistischen Vorgang, mit dem sich zugleich der semantische Apparat der Innerlichkeit erweitert, der bis auf das 13. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann, in dem die Sprache der Mystik und mit ihr die Metaphern der Innerlichkeit erblühen (vgl. Polenz 1991: 202; Wolff 1994: 104ff). Durch neue Abstraktbildungen mit den Suffixen -heit, -keit und -ung sowie substantivierten Infinitiven wie Sein - Wesen - Tun wird hier der Grundstein für den ontologisierenden Charakter der deutschen Sprache gelegt (vgl. Stedje 1994: 104). Diese Tendenz setzt sich im Pietismus, später im Sturm und Drang und schließlich in der Romantik fort, mit der die wachsende Interiorisierung ihren Höhepunkt erreicht. Der Pietismus begründet eine literatursprachliche Entwicklungslinie, die den Seelen- und Gefühlswortschatz durch selbstreflexive Ausdrücke wie Selbstbetrug - das Selbst - Selbstverleugnung etc. und Präfixoidbildungen mit räumlicher Dynamik wie hin-, her-, nach,entgegenetc. fördert und damit den ersten “Schritt auf dem Weg von der höfisch-repräsentativen zur bürgerlich-individualistischen Literatursprache” (Polenz 1991: 312) markiert. Mit der Literalisierung kommt es außerdem zur Einführung der epistemischen Modalwörter und assertiven Sprechakte, die die Syntax erweitern und eine wachsende Distanz zum Aussageinhalt befördern. Die eigenen Aussagen werden durch solche Der Selbstbeobachter - ein deutsches Phänomen? 205 sprachlichen Hilfsmittel nachhaltiger reflektiert und gewinnen an Eigendynamik (vgl. Àgel 1999: 181ff). Nachfolgend sollen einige Sprachbeispiele vorgestellt werden, die diese mit der Literalisierung einhergehende Selbstdistanzierung gegenüber einer stärker oralisierten Kultur wie z.B. der brasilianischen illustrieren. Sie entstammen der erwähnten kulturkontrastiven Untersuchung zu deutschen und brasilianischen Sinnwelten, die 2000/ 2001 durchgeführt wurde. 8 3.1 Syntaktische Ebene: Kausal- und Konditionalkonstruktionen Für mich ist Deutsch die Sprache der Klarheit. Sie ist klar, exakt und monumental. Man kann mit dieser deutschen Sprache ja beinah Monumente bauen! (Saldaña 2001: 74) Die Schaffung von Kausallogiken ist darauf ausgerichtet, mit Hilfe der Subjunktoren da und weil eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu schlagen, wobei die sprachliche Organisation von Kausalzusammenhängen besonders deutlich auf bereits vorausgegangene Interpretationen und Reflexionen verweist. Der Soziologe Hans-Georg Soeffner (1992: 50) betrachtet das Kreieren biographischer Kausalzusammenhänge vor dem Hintergrund der zunehmenden Selbstreflexion seit Beginn der Neuzeit. An der Stelle Gottes steht im Relevanzsystem des modernen Subjekts das Ich, das nun zum Subjekt und Objekt der Auslegung wird und den Einzelereignissen einen sie begründenden Hintergrund zuweist. Auf diese Weise entsteht ein Kausalitätsmuster mit weil- und um-zu-Motiven, auf deren Grundlage eine Autobiographie erzählbar wird. Im folgenden Beispiel aus einem Interview mit einem deutschen Studenten gibt der Befragte eine Antwort, die er sich zumindest selbst schon einmal gegeben haben muss: I: Wie bist du darauf gekommen, den Studiengang zu wechseln und BWL zu studieren? P: Ja, es hat mehrere Gründe. Einmal kam’ne neue Studienordnung, was mich zurückgeworfen hätte, weil ich das nicht mehr bis zu dem Zeitpunkt geschafft hätte, zu dem ich hätte fertig sein müssen. Und dann hätte ich die Scheine neu machen müssen. Es wär nicht alles anerkannt worden. Und ich hätte dadurch viel Zeit verloren. Und da ich sowieso schon Zeit verplempert hab und hab dann’n paar Wochen später noch’n Schreiben gekriegt, dass mein Studium eingestellt wird zum gleichen Zeitpunkt und da hab ich mir schon gedacht: Das pack ich wohl nicht, also, wenn ich richtig reingehaun hätte, dann hätt ich’s vielleicht geschafft, aber auch nur vielleicht. Aber man kann ja immer mal durch’ne Klausur fallen, vor allem, wenn ich durch’ne große gefallen wär, dann hätt ich das überhaupt nicht geschafft. Jo, und dann hab ich mir gedacht: Jo, was machste jetzt? Entweder du machst jetzt das, oder du siehst das jetzt als neue Chance, weil ich sowieso nicht so glücklich war damit. Jo, und hab das jetzt dann einfach als neue Chance gesehn - jetzt mehr oder weniger mein Hobby zum Beruf zu machen. (zitiert nach Schröder 2003: 140f) 9 Durch solche übergeordneten Motivbzw. Kausalzusammenhänge verfügt der Einzelne über ein kommunizierbares Repertoire an Geschichten, das ihm erlaubt, sich in ein “sich selbst beobachtendes, sich selbst auslegendes, ein erzähltes und ein erzählendes Subjekt” (Soeffner 1992: 62) zu verwandeln. Das Konditional stellt eine auf alternative Wirklichkeiten ausgerichtete Bedingungsform dar, mit der vergangene, gegenwärtige und fiktive Handlungsentwürfe verglichen und gegeneinander abgewogen werden können. Sprache dient in dieser Gestalt der Handlungsorientierung, die Vor-Gewichtungen bereitstellt und für die “Kalibrierung handlungsrelevan- Ulrike Schröder 206 ter Einstellungen” (Luckmann 1992: 101) verantwortlich ist. Das aktuell Gegebene erscheint als Folge der Umsetzung eines rationalen, gut durchdachten Handlungsplanes. Das nachstehende Beispiel illustriert, wie eine deutsche Interviewpartnerin mit Hilfe von Subjunktoren zur Einleitung eines Konditionalsatzes Handlungsentscheidungen im Verhältnis zu fiktiven Alternativoptionen trifft: Wenn man’n Kind hat - nun arbeite ich ja nicht voll, aber wenn man voll arbeiten würde, dann müsste ich morgens sehr früh anfangen, bis nachmittags sehr schwer arbeiten, dann hätte ich erstens nichts von meiner Familie, großes Haus, großer Garten, das würd ich also, glaub ich, nicht schaffen, weil man dann ja auch sechs Tage arbeiten muss. Ja gut, man hat dann einen Tag frei, aber an dem freien Tag machste dann auch nur das, was dann gemacht werden muss, ne? (zitiert nach Schröder 2003: 143) 3.2 Lexikalische Ebene: Das deutsche Kompositum Die Deutschen sind längst ein zutiefst ironisches Volk. Irgendwann hat sich ihre Trauer, die Bitterkeit, die sie vermitteln, zu Ironie sublimiert. Sie vertreten weniges wirklich und nehmen an nichts echten Anstoß, sie haben zu ‘Weltschmerz’, ‘Innerlichkeit’ und all den anderen Attrappen alter deutscher ‘Seele’ längst ein uneigentliches Verhältnis. (Willemsen 2001: 8) Insbesondere gegenüber den romanischen Sprachen zeigt sich eine Spracheigentümlichkeit des Deutschen in der hohen Zahl der Komposita, denen durch die Möglichkeit zur spontanen Bildung sog. ad-hoc-Komposita keine Grenzen gesetzt sind und die durch die semantische Relation zwischen ihren Konstituenten Wertungen, Ironie oder Witz enthalten können. Eine deutliche Zunahme an Komposita innerhalb der deutschen Sprache ist im Zusammenhang mit der seit der Renaissance einsetzenden Literalisierung zu verzeichnen. So steigt der durchschnittliche Anteil der Substantivkomposita am Gesamt des Substantivwortschatzes eines Textes von 6,8% in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts auf 18,4% in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts an (vgl. Solms 1999: 234). Das Kompositum ist in besonderem Maße Ausdruck der Literalisierung, weil es entkontextualisiert und objektiviert, sodass die Bedeutung eines Ausdrucks nicht länger an einer bestimmten Situation haftet, sondern in das Wort selbst hineinverlagert wird: In der konkreten Wortbildung und ihrer internen hierarchischen Struktur wird zugleich auch das Verstehen des Wortes sowie das Verstehen des dahinterliegenden Konzept präskribiert. Ganz anders funktioniert die Attribuierung. Es gehört zu ihrem Wesen, im Rahmen der kollokativen Möglichkeiten kontext-, situations- und sprechergebunden zu sein. In der Attribuierung werden vom Sprecher jeweils auf einen konkreten Kontext bezogen zwei oder mehrere an sich selbständige Begriffseinheiten zueinander in Beziehung gesetzt; solche Verbindungen gehören aber nicht zum sozialen Wissensvorrat der Sprecher […] sie sind quasi flüchtig wie der Kontext, in dem sie genannt sind, sie sind zudem subjektiv wie der Sprecher, der sie gebraucht. Beides, Attribuierung und Komposition, sind im Sinne der sprachlichen Symbolisierung verschiedene Formen kulturellen Handelns. (Solms 1999: 241) Bezogen auf die exemplarisch herangezogene Studie wird dieser Unterschied schon alleine durch die doppelte Länge der brasilianischen Interviews signalisiert: Die abstrakteren Typisierungen von Erfahrungen reduzieren als “passive synthesis of recognition” (Schütz 1970: 59) in Deutschland das Wortmaterial, das nötig ist, um eine bestimmte Idee auszudrücken. Der deutsche Rede- und Schreibstil wird durch diese Kondensierung, Komprimierung und Der Selbstbeobachter - ein deutsches Phänomen? 207 Verdichtung intellektueller, abstrakter und damit zugänglich für Selbstreflexion. 10 So fällt in den deutschen Fragebögen und Interviews gegenüber den brasilianischen eine höhere Tendenz zur Typisierung und Klassifizierung auf. Die nachstehende Liste von Antworten auf die Frage “Glaubst du, dass deine Kollegen/ Kommilitonen andere Vorstellungen vom Leben haben als du? Wenn ja, welche? ” gibt Komposita aus den Fragebögen wieder, die eine wertende Eigenbedeutung implizieren und insofern Reflexionen zweiter Ordnung 11 darstellen: rosarote Brille / Lotterleben / Notlösung / Null-Bock-Einstellung / Familienplanung / Stammhalter / Stubenhocker / eingefahren / Superspießer / Tagträumer / Eigenheim / Familienmensch / Scheißbeziehungen / Schaumschlösser / Pseudointellektualismus (zitiert nach Schröder 2003: 103) 3.3 Der Wissenschaftsstil Im Arabischen reden oder handeln die Leute zuerst und dann denken sie nach. Und entdecken, dass alles falsch war. Hier lernt man, erst zu denken und dann zu sprechen. Das liegt auch an der Struktur der deutschen Sprache, an diesen Trennverben wie “auf-nehmen”, “an-nehmen”, “zu-nehmen”. Dann sagst du eins von diesen Wörtern, aber ohne das Ende versteht man nicht, was du meinst. Man muss also genau wissen, was man sagen will, bevor man es ausspricht. (Chadat 2001: 111) Neben den Komposita zeugen auch das Funktionsverbgefüge, die Satzklammer und die trennbaren Verben im Deutschen von einem dreidimensional geprägten Vorstellungsvermögen, bei dem Sprech- und Schreibstil nicht linear vorantreiben, sondern durch Rückbezug und vertikale Ebenenbildung stärker verräumlichen und objektivieren, was seinerseits, wie gezeigt wurde, selbstreferentielle Prozesse freisetzt und begünstigt. Den Untersuchungen des norwegischen Soziologen Johan Galtung (1995: 179) und des australischen Linguisten Michael Clyne (1991: 376ff) zufolge sind wissenschaftliche Texte aus Deutschland im Vergleich zu britischen und nordamerikanischen weniger linear und symmetrisch. Galtung unterscheidet zwischen teutonischen, sachsonischen, gallischen und nipponischen Stilen. Demnach zeichnet sich der sachsonische Stil durch Datenorientierung, horizontale Strukturierung, Offenheit, Integration und Induktion aus, während für den teutonischen Stil Theorieorientierung, vertikale Strukturierung, Polarisierung und Deduktion signifikant sind. In englischen Texten spielt die Linearität eine wichtige Rolle, wobei die Reflexion auf die vorangegangene Ebene, die charakteristisch für das deduktive Verfahren ist, einen eher untergeordneten Stellenwert einnimmt (vgl. Schröder 1995: 156ff). Hinsichtlich ihrer Entstehungsbedingungen führt Galtung diese Merkmalsausprägungen u.a. auf den Einfluss wissenschaftlicher Denktraditionen wie den Empirismus bzw. den Rationalismus, auf unterschiedliche Gesellschaftsstrukturen und unterschiedliche Einflüsse religiöser Traditionen zurück. Für den teutonischen Stil sei demnach merkmalsprägend, dass gerade das Selbstverständnis, im 19. Jahrhundert Zentrum der Wissensentwicklung gewesen zu sein, ein Bewusstsein kultureller Identität schafft, das einerseits zur Verbindlichkeit entsprechender Wertperspektiven führt, andererseits aber auch in permanenter Selbstreflexion qua Fortschreibung, Auslegung, Kritik etc. auf sich selbst Bezug nimmt, um sich dieser Identität zu vergewissern. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangen die Studien von Bolten et al. (1994; 1999) über deutsche, US-amerikanische, französische und britische Geschäftsberichte aus der Automobilindustrie: Besonders gegenüber dem deutschen Stil zeichnet sich der der US-amerikanischen Geschäftsberichte durch einen höheren Verbanteil sowie einen lineareren Argumentations- Ulrike Schröder 208 aufbau unter weitgehendem Ausschluss von komplizierteren Nebensatzkonstruktionen aus, so das Fazit. Die Autoren stellen nun eine Relation zwischen der den teutonischen Stil prägenden deduktiven Form der Theoriebildung, wie sie von Kant über Hegel bis hin zu Marx praktiziert wurde, und den Nachwirkungen solcher Diskurstradition in den untersuchten Geschäftsberichten von Ford her. Der Soziologe Richard Münch kommt in seiner Betrachtung intellektueller Stile im Kontext von Wissensproduktion und sozial-kulturellem Milieu zu folgendem Ergebnis: In England vermitteln die wissenschaftlichen Gemeinschaften und die methodische Untersuchung dem Wissen vor allem normative Geltung. In Frankreich vermitteln der Salon, das Café und der Essay dem Wissen vor allem Expressivität. In Deutschland vermitteln die Studierstube, das Universitätsseminar und das Werk dem Wissen vor allem Abstraktion. In den Vereinigten Staaten vermitteln das Meeting und der Zeitschriftenaufsatz dem Wissen vor allem eine hohe Wandlungsgeschwindigkeit. (Münch 1990: 55) Den Grundstein zu einer nicht nur auf syntaktischer, sondern auch auf lexikalischer Ebene manifestierten Selbstreflexion im philosophischen Wissenschaftsstil legt der Deutsche Idealismus, allen voran Fichte, 12 aber auch Hegels “Ansichsein”, “Ansichselbstsein”, “Für-essein-dieses-Ansich” und “In-sich-selbst-sein” beschleunigen eine Ausdifferenzierung des selbstreferentiellen Vokabulars (vgl. Hegel 1986). Am eigenwilligsten zeigen sich die sprachlichen Neubildungen schließlich in der heideggerschen Variante des Existenzialismus in Substantivierungen wie “Sich-an-ihm-selbst-zeigende” oder “An-sich-sein des Seienden” etc. (vgl. Heidegger 1960: 28ff). 3.4 Mikroebene: Das Individuum als selbstreflexives Projekt “Als wir jung waren, hatten wir Kollegen vom französischen Theater ein Vorbild, nämlich die Schaubühne in Berlin. Wie es da wirklich um etwas Ernsthaftes ging, verstehen Sie? Die haben ganze Bücher gelesen, bevor sie einen Satz gesagt haben! Wir in Frankreich dagegen haben einen kleinen Komplex, denn wir machen die Dinge meistens so nebenbei.” “Sie meinen, die Franzosen sind zu elegant, zu oberflächlich? ” “Ja, zu oberflächlich. Deswegen sind wir, glaube ich, fasziniert von dieser Ehrlichkeit, von dieser Tiefe und Gründlichkeit der Deutschen. Das hat uns immer beeindruckt.” (Wilms 2001: 127f) Durch die kantische Wende von der philosophischen Erkundung einer objektiven Welt zur Transzendentalität des Bewusstseins ausgelöst und von dem Übergang von der stratifikatorischen zur funktionalen Gesellschaftsdifferenzierung begleitet, stellt sich das Individuum zunehmend auf eigene Sicherheitsgrundlagen und lässt sich nicht länger mit äußeren Faktoren wie Eigentum oder Abstammung gleichsetzen. Damit ist es erstmals auf sich selbst zurückgeworfen, was den Beginn der Selbstbeobachtung markiert. Die Menschen formen sich mit größerer Bewusstheit und beginnen damit, sich und andere in Augenschein zu nehmen, wodurch das Schamgefühl genährt wird, das seinerseits die Sublimierung der Triebe einläutet (vgl. Elias 1997a: 194). Der Einzelne konstituiert sich zunehmend über die Idee, die er von sich selbst hat und rekurriert infolgedessen in permanenter Selbstbeobachtung auf sich selbst (vgl. Luhmann 1989: 211ff). Darüber hinaus hinterlässt die Ausdifferenzierung der Funktionssysteme nach Auflösung der mittelalterlichen Ständegesellschaft ein Vakuum an übergeordnetem Gesellschaftsbezug der nunmehr in den einzelnen Funktionssystemen angesiedelten Interaktionen. In dieses Vakuum fließt Moral ein, wie u.a. die Integrationsversuche von Der Selbstbeobachter - ein deutsches Phänomen? 209 Religion und Moral bei den Freimaurern ankündigen. Nach und nach wird der Ruf nach echten moralischen Qualitäten laut, die einen Gegenpol zu den Finessen und Verstellungen bieten sollen, die der soziale Verkehr dem Menschen in der Öffentlichkeit abverlangt. Authentizität wird gefordert (vgl. Luhmann 1989: 130). Diese Entwicklung spiegelt sich par excellence im Übergang von der passionierten Liebe der französischen Klassik zur romantischen Liebe in Deutschland wider: Vor der Individualisierung der Liebesbeziehung im 18. Jahrhundert wird das Anziehende im anderen mit Hilfe von Allgemeinbegriffen präsentiert, das demnach auch bei anderen Menschen zu finden ist. Der Partner ist austauschbar, die Liebe vergänglich. Mit der Romantik jedoch wird dieses ausschließlich durch gesellschaftliches Regelwerk konstituierte plaisir moralisch fragwürdig. Das Frivole und Obszöne der passionierten Liebe disqualifiziert sich durch seine Oberflächlichkeit und sein fehlendes Interesse an der anderen Person, die jetzt selbst als wandelbar begriffen wird, womit sich die Liebe auf Dauerhaftigkeit umstellt (vgl. Luhmann 1996: 151). Richard Sennett (1977: 16ff) sieht in dieser gesellschaftlichen Umkehr von Außen nach Innen den Übergang vom öffentlichen zum privaten Leben. Theatralität steht jetzt in einem feindlichen Verhältnis zur Intimität. 13 Unter dem Einfluss der Romantik wird somit dem quantitativen Individualismus der Aufklärung, die noch ein ästhetisches und heroisches Menschenbild proklamiert, ein qualitativer gegenübergestellt, der auf die Einmaligkeit des Einzelnen abzielt (Simmel 1901: 400). Entscheidenden Anteil an der zunehmenden Selbstgerichtetheit des Einzelnen hat neben diesen Individualisierungsprozessen die Reformation, da sie grundsätzlich jedem die Fähigkeit zur persönlichen und unmittelbaren Interpretation biblischer Texte zubilligt: Die Bewegung Martin Luthers stellt erstmals die Herrschaft Roms und die Autorität von Papst und Kirche in Frage. Anstelle der Kirche soll nun die Bibel Grundlage christlicher Lebenspraxis sein, womit - das ist das Entscheidende - die Moralinstanz von außen in das Innere des Menschen verlegt wird. Auch in religiöser Hinsicht wird der Mensch daher auf Selbstreferentialität umgestellt, die Dualisierung von gut und böse in ihn selbst hineinverlagert. Selbstliebe, Selbsterkenntnis und Selbststeuerung werden zu zentralen Konzepten, die zeigen, dass das neue Grundverhältnis nicht mehr das von Gott zum Menschen, sondern das des Menschen zu sich selbst ist (vgl. Luhmann 1989: 179). Die Frömmigkeitsbewegung des Pietismus folgt dieser protestantischen Grundidee besonders in der Auffassung, dass man mit sich selbst im Reinen sein müsse, womit eine antibarocke, jede Affektiertheit, Heuchelei und Pedanterie ablehnende Haltung zum Ausdruck kommt. Die “deutsche Innerlichkeit” (Polenz 1991: 315) wird geboren. Die auferlegten Regeln von außen, die zur Hochblüte der katholischen Kirche besonders vermögenden Menschen den Schlupfwinkel der Doppelmoral offen ließen, werden in strenge Selbstdisziplin überführt. Das wiederum führt zu einer gesteigerten Selbstbeobachtung, die ihrerseits eine erhöhte Selbstkontrolle von Passion, Konversation und Triebbeherrschung nach sich zieht (vgl. Luhmann 1989: 180). Dem freudschen Über-Ich wird der Weg gebahnt: Die puritanische - wie jede “rationale” - Askese arbeitete daran, den Menschen zu befähigen, seine “konstanten Motive”, insbesondere diejenigen, welche sie selbst ihm “einübte”, gegenüber den “Affekten” zu behaupten und zur Geltung zu bringen - daran also, ihn zu einer “Persönlichkeit” in diesem, formal-psychologischen Sinne des Worts zu erziehen. Ein waches, bewußtes, helles Leben führen zu können, war, im Gegensatz zu manchen populären Vorstellungen, das Ziel - die Vernichtung der Unbefangenheit des triebhaften Lebensgenusses die dringendste Aufgabe -, Ordnung in die Lebensführung derer, die ihr anhingen, zu bringen, das wichtigste Mittel der Askese. (Weber 1991: 136) Ulrike Schröder 210 Selbstdisziplin, Selbstzügelung und Selbstbeherrschung führen aber noch zu einem weiteren Wandel im Leben des Einzelnen: zur aktiven Mitgestaltung des eigenen Lebens. Schon mit der italienischen Renaissance wird der homo faber kreiert, der sich seiner Passivität entledigt und die Welt frei schafft, was ebenfalls dem traditionellen katholischen Dogma zuwider läuft (vgl. Mirandola 1990: 11ff). Der selbstgestalterische Aspekt der Individualisierung schlägt sich in Deutschland besonders markant im humboldtschen Bildungsideal nieder, das die menschliche Bestimmung in einer allumfassenden Bildung sieht, die ganzheitlich geprägt sein müsse und die Persönlichkeit eines Individuums als Ganzes überhaupt erst forme (Humboldt 1980: 64). Im Anschluss daran stellt der deutsche Bildungsroman den konfliktreichen Selbstbildungsprozess des Einzelnen in seiner Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Realität dar, wobei das sich in bestimmten Stufen vervollkommnende Individuum stets den Handlungsmittelpunkt bildet. 14 Hier gewinnt das selbstreflexiv entworfene biographische Projekt seine ersten Konturen: […] mich selbst, ganz wie ich da bin auszubilden, das war dunkel von Jugend auf mein Wunsch und meine Absicht. (Goethe 1997: 306) Gerade die Figur des Wilhelm Meister zeigt, wie der Held des Romans letztlich ein Beobachter des Geschehens bleibt, in das er gleichzeitig involviert ist, sodass den Leser unentwegt das Gefühl beschleicht, Wilhelm sei nicht wirklich Teil der herumziehenden Theatertruppe. Auch in der deutsch-brasilianischen Vergleichsstudie finden sich Belege für den Rückzug des Einzelnen aus dem gesellschaftlichen Verband und die sich bildende Beobachtungsgabe, die damit einhergeht: Die Aussagen der deutschen Probanden werden nicht wie die der brasilianischen auf der Bühne gemacht, 15 sondern von der Zuschauerloge aus vorgenommen. 16 Der nüchtern-sachliche (auto)reflexive Beobachterstandpunkt dominiert das Antwortverhalten und bringt in seiner kritischen Distanz auch die Einmaligkeit des eigenen Ichs gegenüber den Anderen zum Ausdruck. So erfolgen beispielsweise die Abgrenzungen zu den anderen in Deutschland subtiler: Im Gegensatz zu den brasilianischen Probanden vermeiden die deutschen, durch die aktive und direkte Zur-Schau-Stellung der eigenen positiven Charakterzüge Punkte zu sammeln; die Abgrenzung vollzieht sich indirekt über den wohl dosierten Gebrauch wertender Ausdrücke zweiter Ordnung, in denen ein weiteres Mal die reflexive Macht der Komposita zur Geltung kommt. Hier spricht der Kritiker, der das Bühnenstück verfolgt und anschließend die Akteure zerreißt: So distanzieren sich die Befragten etwa von “Klischee- Informatikern”, die “dicke Knete machen” oder “Prestigepositionen bekleiden” wollen und von anderen Studenten oder Arbeitskollegen, die “gutbürgerlichen Urlaub” lieben und das “ganze Jahr nur” sparen, “um in den Urlaub zu fahren”, was “völliger Schwachsinn” ist (zitiert nach Schröder 2003: 189). Allerdings werden auch selbstkritische oder selbstironische Bemerkungen laut, an denen abzulesen ist, dass sich die Probanden von einer weiteren Beobachterebene aus selbst begutachten: Ein Interviewpartner hält sich für “zu spießig”, um einer unsicheren Arbeit nachzugehen, die ihm aber mehr Spaß machen würde; eine andere Befragte hält sich nicht “für so straight”, dass sie den Anforderungen eines Journalismus-Studiums genügen könnte; eine weitere macht sich über ihre “Selbstmitleidsphasen” lustig und bezeichnet sich als “Dickkopf”. Viele schwächen ihre eigenen Äußerungen mit Bemerkungen wie “das hört sich vielleicht ein bisschen arrogant an” oder “Das klingt jetzt zwar blöd, aber…” ab (zitiert nach Schröder 2003: 189). Solche Einschübe verkörpern eine vorweggenommene Antwort auf eine lediglich imaginierte mögliche Reaktion des Gegenübers auf das vom Redner zuvor Gesagte. Der Selbstbeobachter - ein deutsches Phänomen? 211 Die Kommentare von der Metaebene aus können sich auch auf die Eingliederung der eigenen Worte in eine bekannte Typisierung beziehen. In diesem Fall wird das Gesagte objektiviert und einer - durchaus auch kritischen - Reflexion unterzogen. Auf die Frage, ob es denn eines Tages mit seiner Freundin zusammenwohnen wolle, antwortet ein Student das Folgende: Also ich mach mir da jetzt keine konkreten Gedanken, - also find ich nicht unattraktiv den Gedanken - ich wüsst jetzt auch nicht, welche Lebensform, also getrennt, zusammen, bla bla […] (zitiert nach Schröder 2003: 191) Der Befragte imitiert sich in diesem Beispiel vorbeugend selbst, wodurch eine Distanz zum Gesagten hergestellt wird. Damit kann schon präventiv der eventuell aufkommende Verdacht aus dem Weg geräumt werden, der Befragte könne ein ‘Schwätzer’ sein. Häufig finden sich in den deutschen Antworten auch mehrfach gedoppelte Reflexionen, z.B. auf Fragen nach den Einflüssen aus der Kindheit: Ja, also als Kind hab ich viel gelesen und viel Fernsehen geguckt. Also das waren so zwei Sachen. Und ansonsten viel mit meinen Geschwistern gemacht. Meine Eltern waren nicht ganz so präsent. Die waren beide berufstätig und selbstständig und irgendwie am Arbeiten. (zitiert nach Schröder 2003: 192) Der erste und der dritte Satz repräsentieren Reflexionen auf erster Ebene. Der zweite Satz ist bereits ein zusammenfassender Kommentar, der sich auf den ersten bezieht, diesem eine geschlossene Endform verleiht und ihn als Antwort auf die gestellte Frage etikettiert. Der vierte und der fünfte Satz beziehen sich nun bereits auf die stillschweigende Annahme, dass an dieser Stelle eigentlich die Eltern genannt werden müssten, die aber - entgegen der Norm - keine Rolle gespielt haben. Die beiden Sätze repräsentieren damit wiederum eine völlig andere Reflexionsebene, die auf nicht Ausgesprochenes, sondern lediglich auf unterstellte Annahmen des Gegenübers referieren. Ein Vergleich der Antworten auf zwei Kernfragen bezüglich der kulturspezifischen Ausprägung von Selbstreflexion sollen die Tendenz zu einer differenzierteren Selbstbeobachtung in der deutschen gegenüber der brasilianischen Kulturgemeinschaft veranschaulichen: Die Frage, ob es Momente gebe, in denen man über sich lachen müsse, wird von den deutschen Probanden häufiger bejaht als von den brasilianischen. 17 Bei der nachfolgenden Frage, in welchem Kontext man über sich lachen müsse, referieren die deutschen Nennungen eher auf etwas von ihnen Gesagtes, während die brasilianischen Probanden sich vornehmlich auf Handlungen beziehen. Die nachfolgende Gegenüberstellung zeigt die vier am häufigsten genannten Antworten im Vergleich (vgl. Schröder 2003: 108ff): Brasilianische Probanden Deutsche Probanden - wenn ich etwas Lustiges mache - wenn ich etwas falsch mache - wenn etwas Witziges passiert - wenn ich glücklich bin - Selbstironie - Wortverdreher/ Versprecher - Witze von mir - Alberne Kommentare von mir Sartre sieht in der Erfahrung von Scham und in dem Gefühl der Verlegenheit ein entscheidendes Erlebnis für die existentielle Erfahrung, dass ich nicht Herr der Welt bin, sondern dass ich - so wie der Andere für mich - auch für ihn Gebrauchsgegenstand bin, mit dem er, der Andere, umgeht und auf den er einwirkt. Ich bin nicht uneingeschränkt Meister meiner Ulrike Schröder 212 Situation, sondern erlebe zeitweise auch Situationen, die meinem Zugriff entgleiten. Das führe, so Sartre, zum Bruch meines einheitlichen Weltentwurfs, bei dem nicht mehr nur meine Position die Lage der Dinge bestimmt, sondern auch die des Anderen. Im Blick des Anderen sehe ich mich plötzlich selbst: Le regard que manifestent les yeux, de quelque nature qu’ils soient, est pur renvoi à moi-même. (Sartre 1969: 316, Hervorh. i.O.) Scham ist demnach unauflöslich mit der Ausbildung von Selbstreflexion verzahnt. Deshalb zielte die zweite Frage darauf ab festzustellen, ob es im Leben der Befragten Momente gebe, in denen sie sich schämen. Die Antworten zeigen, dass im Gegensatz zu den brasilianischen Probanden nur wenige deutsche die Frage verneinten (vgl. Schröder 2003: 127ff). Hierbei zeigt sich in einem Vergleich der Nennungen zu der nachfolgenden Frage, in welchen Momenten man sich schäme, eine viel stärkere Ausformung selbstreflexiver Individualscham als Resultat subjektiver Introspektion auf deutscher Seite im Gegensatz zur brasilianischen Kollektivscham, wobei die Antworten häufig die in der Frage geforderte Selbstbezüglichkeit ignorieren. Die nachfolgende Gegenüberstellung zeigt die vier am häufigsten genannten Antworten im Vergleich (vgl. Schröder 2003: 127ff): Brasilianische Probanden Deutsche Probanden - wenn ich etwas falsch mache - der sozialen Ungerechtigkeit - der brasilianischen Politik - der schlimmen Zustände in unserem Land - wenn ich andere verletzt habe - wenn ich etwas Falsches gesagt habe - wenn ich mich blöd angestellt habe - wenn ich etwas nicht weiß 3.5 Makroebene: Selbstreflexionen der deutschen Nation So wie der Deutsche nicht Deutscher sein will, so erträgt er es auch nicht, wenn andere ihn porträtieren. Als deutsche Filmemacher, sehr gute Filmemacher, in den sechziger Jahren den Kommandanten Heß mit Götz George in der Hauptrolle porträtiert haben, ist dieser Film, wie viele andere seiner Art auch, vom deutschen Publikum und den Medien abgewiesen worden. Kommt jetzt aber “Holocaust” oder “Schindlers Liste” ins Kino, dann identifizieren wir uns auf einmal mit dem Bild, das die Amerikaner von uns entwerfen. Und meistens gelingt es uns dann sogar, von der Rolle des Täters in die Rolle des Opfers zu schlüpfen. Und diese Haltung ist meines Erachtens nicht nur durch den Nationalsozialismus bedingt, sondern das wird schon von Stendhal auf Deutschlandreisen und anderswo beschrieben, als man in Preußen noch Französisch sprach. Das ist ein deutsches Urübel, ein Unwohlsein mit uns selbst. (Schlöndorff 2001: 22) Die Beziehung der Deutschen zu sich selbst als Nation ist, seit es die Idee von Nation überhaupt gibt, von Anfang an keine natürliche, unmittelbare, unreflektierte: Im Vorfeld der Französischen Revolution und unter dem Eindruck der ersten Teilung Polens 1772 taucht in Europa erstmals der Gedanke auf, ein nationales Bewusstsein als Besinnung auf besondere Eigenschaften und Wertvorstellungen einer Nation sei unabdingbar, um diese - allen politischen Widerständen zum Trotz - zu erhalten oder aber zu schaffen. Die Stoßkraft des Napoleonischen Heeres ist schließlich Auslöser für das Erblühen solch nationaler Gefühle in Deutschland. Während sich aber der Nationenbegriff in Frankreich unabdingbar mit politi- Der Selbstbeobachter - ein deutsches Phänomen? 213 scher Mitbestimmung durch den dritten Stand (vgl. Sieyés 1988: 34ff) und in England mit dem radikalen Liberalismus millscher Prägung verbindet (vgl. Mill 1971: 241ff) zeigt schon der deutsche Nationalstaat von 1871 schwere demokratische Defizite, die bis in die Weimarer Republik hinein nicht überwunden werden und schließlich im nationalsozialistischen Staatsgebilde aufgehen. Demgegenüber ist die Nationwerdung in Westeuropa mit der Ausweitung persönlicher und politischer Freiheits- und Mitwirkungsrechte verbunden, sodass in einem Land wie Frankreich z.B. Nation auch historisch gesehen ein viel größeres und unhinterfragbares Selbstverständnis genießt. Dass das Verhältnis der Deutschen zu sich selbst von Beginn an gerade ob der starken ausländischen Einflüsse auf Deutschland zu der damaligen Zeit ein stark reflektiertes und disputiertes ist, bezeugen Zeitdokumente verschiedenster Epochen wie etwa die Rede Bismarcks im preußischen Landtag 1863, 18 oder die Ode Klopstocks von der Überschätzung der Ausländer (1781). Selbst Kurt Tucholsky beklagt die “übertriebene Nachahmung der etablierten Ordnung im Westen” (1975: 295); schließlich schreibt Thomas Mann: Die Tatsache besteht, daß die deutsche Selbstkritik bösartiger, radikaler, gehässiger ist, als die jeden anderen Volkes; eine schneidend ungerechte Art von Gerechtigkeit, eine zügellose, sympathielose, lieblose Herabsetzung des eigenen Landes nebst inbrünstiger, kritikloser Verehrung anderer. (Mann 1993: 289f) Der Schriftsteller und Politiker Julius Fröbel, der sich der national-revolutionären Bewegung des Vormärz anschließt, sieht parallel zu dieser Präsenz permanenter Selbstbespiegelung auch einen entsprechenden semantischen Apparat im Entstehen, der anderen Kulturen fehlt: Der Mangel eines den Kräften und Bedürfnissen entsprechenden Verkehrs mit der Außenwelt hat für Nationen wie für Individuen eine unfruchtbare Beschäftigung mit sich selbst zur Folge, welche zu einer Krankheit des Geistes führen müßte, wenn sie nicht schon selbst eine wäre. Diese Beschäftigung mit sich selbst wird umso auffallender und närrischer, je größer die Disharmonie zwischen den nach innen und außen gehenden Lebensrichtungen ist. Welches Volk hat wie das deutsche das Beiwort immer im Munde, welches seinen eigenen Charakter bezeichnet? “Deutsche Kraft”, “deutsche Treue”, “deutsche Liebe”, “deutscher Gesang”, “deutscher Wein”, “deutsche Tiefe”, “deutscher Ernst”, deutsche Gründlichkeit”, “deutscher Fleiß”, “deutsche Frauen”, “deutsche Jungfrauen”, “deutsche Männer” - welches Volk braucht solche Bezeichnungen außer das deutsche? […] Der deutsche Geist steht gewissermaßen immer vor dem Spiegel und betrachtet sich selbst. (Fröbel 2002: 71) Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg nimmt die Selbstreferentialität der deutschen Kulturgemeinschaft im Rahmen der intellektuellen und medial omnipräsenten Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit zu. Mit der Wiedervereinigung kommt es schließlich zu einer Revision der Nationenfrage, wobei die ihr innewohnende Selbstreferentialität in ausufernde Kontroversen mündet wie sie u.a. in der zwischen Martin Walser (1988: 65; 1991: 40ff) und Günther Grass (2003: 106), in der Walser-Bubis-Diskussion, 19 den empörten Auslegungen des Botho Strauss-Pamphlets Anschwellender Bocksgesang (1993: 202ff) oder in der Debatte um das Streitgespräch zwischen Gerhard Schröder und Martin Walser anlässlich des Themas Nation - Patriotismus - Demokratische Kultur hervortreten (Walser 2002). Der nordamerikanische Lyriker Charles Kenneth Williams (2002) bezeichnet die Deutschen in diesem Zusammenhang als ein “symbolisches Volk”, dem die Normalität schon alleine dadurch abhanden gekommen sei, dass es unter permanenter Außen- und Innenbeobachtung stehe. Ulrike Schröder 214 4. Schlussbetrachtung Wie die Untersuchung gezeigt hat, sind Denken und Sprechen auf Mikrowie auf Makroebene in der deutschen Kultur von beträchtlicher Selbstreflexion geprägt, die eine spezifische kulturell verankerte und durch verschiedene Einflussfaktoren bedingte Ausdrucksform hervorbringt. Im Kontext dieser ‘Abstandsbegünstiger’ - der zunehmenden Gesellschaftsdifferenzierung, der Individualisierung, des Protestantismus und der Entwicklung der deutschen Sprache im Zuge umgreifender Literalisierungsprozesse -, ist die Geschichte des ‘deutschen Sonderwegs’ zu sehen, der in den Nationalsozialismus mündet, durch den die distanzierte Beobachterposition für viele Emigranten nicht nur geistige, sondern auch realräumliche Tatsache wird, was den Blick von außen ein weiteres Mal schärft. Vor dem Hintergrund der hier illustrierten Wechselwirkung von kulturellen Einflussfaktoren und der Ausbildung von Selbstreflexionsmechanismen zeigt sich, dass das Sonderverhältnis der Deutschen zu sich selbst also keineswegs ausschließlich aus der jüngsten Vergangenheit heraus zu erklären ist, sondern in einem größeren Kontext von Prädispositionen gesehen werden muss. So ist letztlich nicht entscheidbar, inwieweit die starke Tendenz zur Selbstbeobachtung, wie sie entlang des Redestils der deutschen Interviewpartner in der deutsch-brasilianischen Vergleichsstudie zutage gefördert wurde, ein Reflex der Metadiskussionen auf Makroebene darstellt, und inwieweit gerade umgekehrt die spezifische Konstitution der deutschen Kulturgemeinschaft überhaupt erst den Rahmen schafft, innerhalb dessen eine solch autoreflexive Behandlung der Nationenfrage möglich wird. Sicher jedoch ist, dass diesem Phänomen eine kaum zu bremsende Eigendynamik inne wohnt, sodass das Beobachten von Beobachtungen selbstreferentielle Prozesse freisetzt, die bis in die Alltagssprache hinein ihren Niederschlag finden. Anmerkungen 1 Dies ergab eine repräsentative Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Gallup in Wiesbaden unter 1008 Erwachsenen mit Wohnsitz in Deutschland; vgl. Gallup Organization 1998. 2 So die Ergebnisse einer Emnid-Umfrage im März 2001; zitiert nach Beste/ Hildebrandt in: DER SPIEGEL 2001. 3 Einer Internet-Umfrage vom 9.3.2004 zufolge sind ähnlich den Ergebnissen der Emind-Umfrage 30% stolz auf ihre nationale Zugehörigkeit und begründen ihre Einstellung mit der Aussage, das Land sei gut. 12,2% hingegen schämen sich für Deutschland, aber 37,3% verneinen die Frage mit dem Verweis, man könne nur auf eigene Leistungen stolz sein (vgl. Single.de 2004). 4 Ontogenese wird hier im Sinne Maturanas verstanden als die in jedem Moment stattfindende Geschichte des strukturellen Wandels einer Einheit ohne Verlust ihrer Organisation (vgl. Maturana/ Varela 1987: 84). 5 Perturbationen sind sie, da sie keine Informationen darstellen, die wir im Wahrnehmungsakt ‘empfangen’, wie gemeinhin angenommen wird. Das, was ein Organismus von ‘draußen’ empfängt, sind keine vorgefertigten Bedeutungen, sondern lediglich Störeinwirkungen, die der jeweilige Organismus erst systemintern zu einer Information konstruiert (vgl. Maturana 1978a: 42). 6 Die Autoren sprechen in diesem Fall auch von Ko-Ontogenesen als einem gemeinsamen strukturellen Driften. Ko-Ontogenesen wären demnach Grundlage für die Entstehung von Kulturgemeinschaften. 7 Darauf hat besonders der russische Sprachpsychologe Vygotsky (1972: 135f) in seiner Kritik an Piaget hingewiesen. 8 Die Untersuchungseinheiten dieser Studie stellten die Gruppe deutscher Studenten, die Gruppe brasilianischer Studenten, die Gruppe brasilianischer Nicht-Studenten und die Gruppe deutscher Nicht-Studenten dar. Bedingung für die Gruppe der Nicht-Studenten war, dass sie weder studieren oder studiert haben, noch über Abitur oder Fachabitur verfügen. Die Befragten waren zwischen 20 und 30 Jahre alt. Im Zentrum der Untersuchung stand die wissenschaftliche Rekonstruktion der Sinnwelten dieser vier Gruppen auf der Grundlage der alltags- Der Selbstbeobachter - ein deutsches Phänomen? 215 weltlichen Erfahrung ihrer Teilnehmer. Dabei sollte das mit Hilfe von Fragebögen und Tiefeninterviews ermittelte Konzept zunächst sinnhaft nachvollzogen werden, um anschließend im Vergleich mit den anderen Gruppen - zunächst intrakulturell, dann interkulturell - ein typisches Konzept systematisieren zu können. Insgesamt wurden in beiden Ländern je 400 Fragebögen verteilt und je 20 Interviews durchgeführt (vgl. Schröder 2003: 63ff). 9 In den brasilianischen Interviews herrscht demgegenüber ein eher rhapsodierender, sukzessiver Erzählstil vor (vgl. Schröder 2003: 135ff). 10 Vgl. zur Sprachökonomie durch Komposition auch Stedje 1994: 171. 11 Zweiter Ordnung deshalb, weil das Kompositum über die Bedeutung seiner Konstituenten hinausgeht, indem es eine Wertung enthält, die sich aus einer Reflexion auf die Konstituenten in Verbindung mit einem soziokulturellen Kontext - oft im Hinblick auf den Lebensstil einer bestimmten Gesellschaftsgruppe - ergibt. 12 Fichte formuliert am radikalsten ein unaufhörlich selbstreferentiell wirkendes, in der Tathandlung prozessierendes Subjekt: Das Selbstbewusstsein wird für ihn absolutes Apriori jeglicher intellektuellen Anschauung und bleibt damit letztlich solipsistisch: “Das Ich setzt ursprünglich schlechthin sein eigenes Sein.” (Fichte 1970: 18) 13 Dass sich diese Bestrebungen nach wahrer Innerlichkeit besonders gegen den französischen Lebensstil abgrenzen und viele heute noch anzutreffende Stereotype zur deutschen und französischen Nation auf eben diesen Umbruch zurückgehen, bezeugen zahlreiche Zeitdokumente, so wie die Nouvelle Grammaire Royale française et allemande (Neue und vollkommene Königliche Französische Grammatica), in der u.a. zu lesen ist, dass dem Franzosen die Höflichkeit, dem Deutschen hingegen die Aufrichtigkeit zueigen seien (Weidinger 2002: 67f). Auch Kant unterscheidet den Franzosen gerade in dieser Hinsicht vom Deutschen: Die französische Nation sei gekennzeichnet von “Konversationsgeschmack”, sie ist “höflich […] nicht aus Interesse, sondern aus unmittelbarem Geschmacksbedürfnisse, sich mitzuteilen.” Demgegenüber stünden die Deutschen “im Ruf eines guten Charakters, nämlich dem der Ehrlichkeit und Häuslichkeit.” (Kant 2002: 68f) 14 Hierzu zählen u.a. Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre (1795), Wielands Geschichte des Agathon (1766/ 67), Kellers Grüner Heinrich (1854/ 55), Stifters Nachsommer (1857) sowie Thomas Manns Der Zauberberg (1924). 15 In Brasilien ist sowohl der Einfluss der beschriebenen Individualisierung wie auch des Protestantismus ausgesprochen gering (vgl. Schröder 2003: 222ff). 16 Goffman (1959: 19) differenziert in seiner metaphorischen Deutung zwischenmenschlicher Kommunikation als Bühnenspiel zwischen zwei Haltungen, die der Einzelne im Hinblick auf seine Rolle im sozialen Diskurs sich selbst gegenüber einnehmen kann: Er kann von seinem eigenen Spiel getäuscht werden oder ihm zynisch gegenüber stehen. Durch die starke Ausbildung von Selbstdistanzierung und Selbstbewusstsein gehören die Deutschen nach dieser Klassifikation eher zur zweiten Gruppe, die Brasilianer dagegen eher zur ersten. Erst der Glaube an die eigene Rolle kann überhaupt den dramaturgischen und pathetischen Stil hervorbringen, der die sprachliche Interaktion in Brasilien beherrscht; vgl. zum rhetorischen Sprechstil der Brasilianer auch Schröder 2005. 17 125 von 400 der brasilianischen und 42 der 400 deutschen Befragten verneinen die Frage (vgl. Schröder 2003: 108). 18 “Die Neigung, sich für fremde Nationalitäten und Nationalbestrebungen zu begeistern, auch dann, wenn dieselben nur auf Kosten des eignen Vaterlandes verwirklicht werden können, ist eine politische Krankheitsform, deren geographische Verbreitung leider auf Deutschland beschränkt ist.” (Bismarck 2004) 19 Die Diskussion begann mit der Dankesrede Walsers anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels in der Frankfurter Paulskirche am 11. Oktober 1998. Literatur Àgel, Vilmos 1999: “Grammatik und Kulturgeschichte. Die raison graphique am Beispiel der Epistemik”, in: Sprachgeschichte als Kulturgeschichte, hg. von Andreas Gardt, Ulrike Haß-Zumkehr u.a., Berlin, New York: Walter de Gruyter, 171-223 Bolten, Jürgen 1999: “Kommunikativer Stil, kulturelles Gedächtnis und Kommunikationsmonopole”, in: Wirtschaftskommunikation in Europa, hg. von Hellmuth. K. Geißner und Albert F. 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